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Erwin Müller bereitet Nachfolge vor

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lz-net.de, 28. Juni 2008<br />

<strong>Erwin</strong> <strong>Müller</strong> <strong>bereitet</strong> <strong>Nachfolge</strong> <strong>vor</strong><br />

Firmenchef will sich schrittweise zurückziehen - Gerhard Kramer soll Einkauf<br />

und Vertrieb leiten - Reinhard <strong>Müller</strong> im Beirat<br />

Von Tanja Trenz und Mathias Vogel<br />

Aufbruchstimmung bei <strong>Müller</strong> in Ulm: Nach einem gut zweijährigen Führungschaos an der<br />

Unternehmensspitze legt sich Inhaber <strong>Erwin</strong> <strong>Müller</strong> auf eine <strong>Nachfolge</strong>regelung fest.<br />

Designierter Kronprinz ist Ex-Einkaufsleiter Gerhard Kramer. Unter seiner Ägide soll der<br />

Drogeriemarktbetreiber im In- und Ausland in neue Wachstumsdimensionen <strong>vor</strong>stoßen.<br />

Die Nachricht hat in der Drogeriemarktbranche eingeschlagen wie eine Bombe: Der Ulmer<br />

Unternehmer <strong>Erwin</strong> <strong>Müller</strong> holt seinen ehemaligen Einkaufsleiter Gerhard Kramer, zuletzt für das<br />

Osteuropa-Geschäft bei A.S. Watson zuständig, zurück nach Ulm.<br />

Kramer wird nach LZ-Informationen vom 1. Oktober dieses Jahres an in der Geschäftsführung die<br />

Ressorts Einkauf und Vertrieb verantworten. An der Trennung des Parfümeriebereiches vom<br />

restlichen Warengeschäft will <strong>Müller</strong> festhalten: Geschäftsführerin Elke Menold soll weiterhin für<br />

die Depot-Kosmetik zuständig sein.<br />

Einer kommt noch<br />

Zudem soll in absehbarer Zeit ein dritter, externer Geschäftsführer nach Ulm kommen, um die<br />

Bereiche Finanzen und Controlling zu übernehmen, heißt es in Industrie-Kreisen.<br />

Dem Vernehmen nach will <strong>Erwin</strong> <strong>Müller</strong> zunächst weiterhin die Expansion <strong>vor</strong>antreiben und sich<br />

um sein Immobilienportfolio kümmern.<br />

Intern soll der Inhaber verkündet haben, die Firmenleitung so lange mitzubegleiten, bis die neue<br />

Führungsriege richtig eingearbeitet sei. Danach wolle er kürzer treten und in den Beirat wechseln.<br />

Ein konkretes Datum für den Schritt nennt er nicht.<br />

Damit ringt sich der 75-jährige Inhaber nach mehreren gescheiterten Versuchen zu einer<br />

<strong>Nachfolge</strong>regelung durch, der Branchenkenner durchaus gute Chancen einräumen.<br />

Von der Pike auf<br />

Kramer, der bereits 14 Jahre lang bei <strong>Müller</strong> gearbeitet hat, kennt die Unternehmenskultur sowie<br />

den impulsiven Firmeninhaber von der Pike auf. Enge Vertraute und ehemalige Weggefährten<br />

trauen dem 46-Jährigen zu, an der Spitze des Unternehmens in enger Abstimmung mit dem<br />

Inhaber echte Akzente setzen zu können.<br />

Unter anderem soll die Nummer 4 im Drogeriemarkt hinter Schlecker, dm und Rossmann unter<br />

seiner Ägide in neue Wachstumsdimensionen <strong>vor</strong>stoßen. 2007 setzte <strong>Müller</strong> in Deutschland nach<br />

LZ-Informationen knapp 1,9 Mrd. Euro um.<br />

Das jüngst ausgebaute Logistik-Lager der Ulmer soll jedoch ausreichend Kapazitäten haben, um<br />

eine Verdreifachung des Filialnetzes im In- und Ausland stemmen zu können. Allein in<br />

Deutschland will <strong>Müller</strong> offenbar die Anzahl der Standorte von derzeit knapp 440 auf 800 bis 1 000<br />

erhöhen.<br />

Dabei dürfte <strong>vor</strong> allem der Norden der Republik im Fokus stehen. In Herstellerkreisen wird<br />

vermutet, dass Kramer das einzigartige Konzept mit dem Sortimentsmix aus Drogerie, Parfümerie,<br />

Tonträgern, Spiel- und Schreibwaren weiterentwickeln und schnell neue Umsatz- und<br />

Ertragsmarken überspringen will.


Aufbruchstimmung<br />

Die Entscheidung <strong>Müller</strong>s sorgt in der durch personelle Querelen verunsicherten Belegschaft für<br />

Aufbruchstimmung. Monatelang war es in der Führungsetage von <strong>Müller</strong> zugegangen wie im<br />

Taubenschlag.<br />

Wolgschaft, Scheible, <strong>Müller</strong>, Anding, Buntz: Die Liste der Spitzenmanager, die das Handtuch<br />

warfen oder vom Firmeninhaber ad hoc beurlaubt wurden, ist lang. Hinzu kommen zahlreiche<br />

Abgänge in den einzelnen Fachabteilungen, insbesondere Einkäufer und IT-Experten suchten das<br />

Weite.<br />

Anfang dieses Jahres dann folgte der <strong>vor</strong>läufige Höhepunkt: Mit Liselotte Tegethoff, Wolfgang<br />

Bongen und Klaus-Dieter Laidig legten drei von fünf Beiratsmitgliedern mit sofortiger Wirkung ihre<br />

Mandate nieder. Die drei waren zum Teil über Jahrzehnte hinweg aufs Engste mit <strong>Müller</strong><br />

verbunden. "Ein herber Schlag", urteilen Unternehmenskenner.<br />

Immer wieder habe es Streit über <strong>Müller</strong>s Personalentscheidungen gegeben, heißt es in gut<br />

informierten Kreisen. Insbesondere die Rolle seiner langjährigen Lebensgefährtin Anita Burghardt,<br />

die seit Juni 2006 seine Ehefrau ist und in Ulm das Chefsekretariat sowie den Kundenservice<br />

leitet, soll für Zündstoff gesorgt haben.<br />

Irritationen<br />

Dem Vernehmen nach sei die Führungsriege von ihren Versuchen, Einfluss auf strategische<br />

Geschäftsentscheidungen zu nehmen, mehr als irritiert gewesen. Nach LZ-Informationen soll der<br />

Beirat <strong>Erwin</strong> <strong>Müller</strong> sogar schriftlich aufgefordert haben, sie aus dem operativen Geschäft heraus<br />

zu halten.<br />

Im Februar dann eskalierte der Streit: Der Beirat zog mehrheitlich die Konsequenzen und kehrte<br />

<strong>Müller</strong> den Rücken.<br />

Derzeit sind nur noch der Ulmer Unternehmer Ulf Kaufmann sowie <strong>Müller</strong>s Sohn Reinhard im<br />

Beirat. In gut informierten Kreisen heißt es zwar, das Verhältnis zwischen Vater und Sohn habe<br />

sich in der jüngsten Zeit merklich verbessert.<br />

Reinhard <strong>Müller</strong> soll jedoch keinen Zweifel daran lassen, dass für ihn eine aktive Rolle im<br />

operativen Geschäft nicht mehr zur Verfügung stehe nach allem, was in den vergangenen fünf<br />

Jahren <strong>vor</strong>gefallen sei.<br />

Handfester Streit<br />

Ende 2003 hatte es zwischen Vater und Sohn einen handfesten Streit gegeben. Der damals<br />

bereits über 70-Jährige Firmenpatriarch hatte sich geweigert, seinem Sohn die volle<br />

Verantwortung für das Familienunternehmen zu übertragen.<br />

Immer wieder soll er deutlich gemacht haben, dass er nicht daran denke, die Zügel aus der Hand<br />

zu geben. Unterschiedliche Auffassungen über die damalige Allianz mit dem Drogerieunternehmen<br />

Rossmann sorgten zusätzlich für Sprengstoff in der Familie.<br />

2004 dann kam es zum Bruch: <strong>Müller</strong> wandelte die Gesellschaftsform seines Unternehmens in<br />

eine Ltd. & Co. KG um, sein Sohn Reinhard verlor seine Komplementäranteile. Mit dem<br />

Schachzug sicherte sich <strong>Müller</strong> Senior wieder den vollen Durchgriff im Unternehmen.<br />

In dieser Gemengelage hatte damals auch Gerhard Kramer, der sich dem Vernehmen nach auf die<br />

Seite von Reinhard <strong>Müller</strong> geschlagen hatte, das Unternehmen verlassen.<br />

Im Oktober trifft er auf die "alte" Konstellation, die gleichwohl unter neuen Vorzeichen steht. Ein<br />

hochrangiger Industrie-Manager: "<strong>Erwin</strong> <strong>Müller</strong> weiß, dass dieser Schuss sitzen muss."

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