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Auf den Spuren der „urbs, quae dicitur Gana“, der ... - in Seerhausen

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<strong>Auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Spuren</strong> <strong>der</strong> <strong>„urbs</strong>, <strong>quae</strong> <strong>dicitur</strong> <strong>Gana“</strong>, <strong>der</strong> Hauptburg<br />

<strong>der</strong> Dalem<strong>in</strong>izier. Erste archäologische Untersuchungen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

slawischen Befestigung von Hof/Stauchitz<br />

Von Judith Oexle und Michael Strobel<br />

Im ersten Buch se<strong>in</strong>er res gestae Saxonicae berichtet Widuk<strong>in</strong>d<br />

von Corvey, Benedikt<strong>in</strong>ermönch aus sächsischem<br />

Hochadel, dass König He<strong>in</strong>rich I nach Abschluss e<strong>in</strong>es<br />

neunjährigen Waffenstillstandes mit <strong>den</strong> Ungarn gegen die<br />

slawischen Heveller gezogen sei und <strong>der</strong>en Hauptburg,<br />

die Brennaburg – das heutige Bran<strong>den</strong>burg – erobert, sich<br />

dann weiter nach Sü<strong>den</strong> gegen die Dalem<strong>in</strong>izier gewandt<br />

und nach zwanzigtägiger Belagerung die Burg Gana e<strong>in</strong>genommen<br />

habe, um schließlich Prag, die Burg <strong>der</strong> Böhmen,<br />

anzugreifen und Wenzel I. zur Unterwerfung zu zw<strong>in</strong>gen 1 .<br />

Diese Ereignisse <strong>in</strong> <strong>den</strong> W<strong>in</strong>ter 928/929 zu datieren, hat sich<br />

weith<strong>in</strong> durchgesetzt 2 . Wo <strong>in</strong>dessen jene <strong>„urbs</strong> <strong>quae</strong> <strong>dicitur</strong><br />

<strong>Gana“</strong> zu suchen sei, ist bis heute Gegenstand <strong>der</strong> Diskussion.<br />

Nachdem viele Lokalisierungen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e des<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts, mit guten Grün<strong>den</strong> ausgeschie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong><br />

konnten 3 , rückten zwei Anlagen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Vor<strong>der</strong>grund,<br />

<strong>der</strong> von Werner Radig favorisierte Burgberg bei Zschaitz<br />

(Geme<strong>in</strong>de Zschaitz-Ottewig, Lkr. Döbeln) 4 e<strong>in</strong>erseits<br />

und die sog. Zötha<strong>in</strong>er Schanze südlich von Lommatzsch<br />

(Stadt Lommatzsch, Lkr. Meißen) an<strong>der</strong>erseits, die mit<br />

dem Ort Kietni (statt Gana) <strong>der</strong> Altzellaer Handschrift <strong>der</strong><br />

Sachsengeschichte Widuk<strong>in</strong>ds i<strong>den</strong>tifiziert wor<strong>den</strong> ist 5 .<br />

Ohne sich abschließend festlegen zu wollen, hat sich<br />

Werner Coblenz schließlich für e<strong>in</strong>e dritte Wallanlage<br />

ausgesprochen, die bis dah<strong>in</strong> weitgehend unbeachtet <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Jahnaaue zwischen <strong>den</strong> Ortschaften Hof (Geme<strong>in</strong>de<br />

Naundorf, Lkr. Torgau-Oschatz) und Stauchitz (Geme<strong>in</strong>de<br />

Stauchitz, Lkr. Riesa-Großenha<strong>in</strong>) lag (Abb. 1). Er hat<br />

dafür fünf Gründe geltend gemacht 6 , nämlich die zentrale<br />

Lage im Gau Dalem<strong>in</strong>zien, weiterh<strong>in</strong> die <strong>in</strong> die sumpfige<br />

Nie<strong>der</strong>ung des Jahnatales vorgerückte Position, die <strong>den</strong><br />

Beschreibungen slawischer Burgen des spanischen Kaufmannes<br />

und Diplomaten jüdischer Abstammung Ibrahīm<br />

ibn Ya’qub aus Tortosa <strong>in</strong> Katalonien, <strong>der</strong> im <strong>Auf</strong>trage des<br />

Kalifen von Córdoba im 10. Jahrhun<strong>der</strong>t Zentraleuropa<br />

bereiste, entspreche, die Größe von 2–5 ha, „umfangreiche“<br />

Brandschichten am Südrand, die mit e<strong>in</strong>er Zerstörung<br />

<strong>der</strong> Burg <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen seien, sowie zahlreiche<br />

Lesefunde 7 .<br />

Tatsächlich war schon im Laufe <strong>der</strong> 1920er Jahre <strong>der</strong><br />

Riesaer Lehrer und ehrenamtliche Leiter des Heimatmuseums<br />

Riesa Alfred Mirtsch<strong>in</strong> auf die Wallanlage aufmerksam<br />

gewor<strong>den</strong>, die <strong>in</strong> <strong>den</strong> sächsischen Meilenblättern (Oberreitsche<br />

Karte) als „Burgberg“ e<strong>in</strong>getragen ist (Abb. 2).<br />

Er konnte aus e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Kiesgrube am Nor<strong>den</strong>de dieses<br />

„Burgberges“ slawische Scherben bergen und zahlreiche<br />

Oberflächenfunde auflesen. In e<strong>in</strong>er aufgelassenen Kiesgrube<br />

am Sü<strong>den</strong>de sei ca. 1 m unter <strong>der</strong> Oberfläche e<strong>in</strong>e<br />

5 cm mächtige Holzkohleschicht zu beobachten gewesen 8 .<br />

1938 gelang es Mirtsch<strong>in</strong> sogar, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wand <strong>der</strong> nörd lichen<br />

Kiesgrube unter e<strong>in</strong>er schwarz-braunen, slawischen Kulturschicht,<br />

die viele Scherben sowie Knochen von Schwe<strong>in</strong><br />

und Pferd lieferte, e<strong>in</strong>e bronzezeitliche Siedlungsgrube<br />

zu dokumentieren. Dazwischen schoben sich e<strong>in</strong>e 20 cm<br />

mächtige „rotgebrannte“ Sand- und e<strong>in</strong>e 2 cm dicke ver-<br />

1 A. Bauer/R. Rau (Bearbeiter), Quellen zur Geschichte <strong>der</strong><br />

sächsischen Kaiserzeit. Widuk<strong>in</strong>ds Sachsengeschichte, Adalberts<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> Chronik Reg<strong>in</strong>os, Liudprands Werke (Darmstadt<br />

1992).<br />

2 Vgl. dazu W. Lippert, Die <strong>Auf</strong>richtung <strong>der</strong> deutschen Herrschaft<br />

im Meißner Lande 929. In: W. Lippert (Hrsg.), Meißnisch-<br />

Sächsische Forschungen. Zur Jahrtausendfeier <strong>der</strong> Mark Meißen<br />

und des Sächsischen Staates (Dres<strong>den</strong> 1929) 13 ff.; R. Kötzschke,<br />

Die Anfänge <strong>der</strong> Markgrafschaft Meißen. In: W. Lippert (Hrsg.),<br />

Meißnisch-Sächsische Forschungen. Zur Jahrtausendfeier <strong>der</strong><br />

Mark Meißen und des Sächsischen Staates (Dres<strong>den</strong> 1929) 31 ff.<br />

3 Lippert (Anm. 2) 17; J. Leipoldt, Tausend Jahre Geschichte<br />

Jahnas und se<strong>in</strong>er Umgebung. Mitt. Landesver. Sächs. Heimatschutz<br />

21, 1932, 13 f.; W. Coblenz, Archäologische Betrachtungen<br />

zur Gana-Frage im Rahmen <strong>der</strong> älterslawischen Besiedlung<br />

des Gaues Dalem<strong>in</strong>zien. In: R. Groß/M. Kobuch (Hrsg.), Beiträge<br />

zur Archivwissenschaft und Geschichtsforschung (Weimar<br />

1977) 358.<br />

4 W. Radig, Der Burgberg Meißen und <strong>der</strong> Slawengau Dalem<strong>in</strong>zien<br />

(Augsburg 1929) 48 ff.<br />

5 Ablehnend Kötzschke (Anm. 2) 32 Anm. 32; Coblenz (Anm. 3)<br />

360 f. mit Anm. 17<br />

6 Coblenz (Anm. 3) 369.<br />

7 Ebd. 369 f.<br />

8 Tagebuch A. Mirtsch<strong>in</strong> vom 4. 9. 1927, OA Hof, Landesamt<br />

für Archäologie. Sachsen (LfA); A. Mirtsch<strong>in</strong>, Der Burgberg von<br />

Hof-Stauchitz. Unsere Heimat, Beilage zum Riesaer Tagblatt<br />

3. Jg., Nr. 21 vom 17. 5. 1930, 27.<br />

253


254<br />

Abb. 1. Die Befestigung von Hof/Stauchitz aus <strong>der</strong> Luft.<br />

Abb. 2. Ausschnitt aus dem Sächsischen Meilenblatt mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>tragung e<strong>in</strong>es „Burgberges“<br />

im Bereich <strong>der</strong> Befestigung von Hof/Stauchitz.


Abb. 3. Hof/Stauchitz. Auszug aus <strong>der</strong> Orig<strong>in</strong>aldokumentation<br />

von Alfred Mirtsch<strong>in</strong>, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1920er und 1930er Jahren die<br />

Überlagerung spätbronze-/früheisenzeitlicher Gruben durch<br />

e<strong>in</strong>e slawische Kulturschicht im Bereich e<strong>in</strong>er Kiesgrube im<br />

Nor<strong>den</strong> <strong>der</strong> Anlage beobachten konnte.<br />

brannte Lehmschicht (Abb. 3) 9 . In ger<strong>in</strong>ger Entfernung<br />

schloss sich e<strong>in</strong>e slawische Grube an, die Ste<strong>in</strong>e, Scherben<br />

und Tierknochen enthielt.<br />

Die Geländeaktivitäten mussten sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong><br />

Jahrzehnten auf e<strong>in</strong>e topographische <strong>Auf</strong>nahme (1970/71)<br />

und mehrfache Begehungen beschränken. Neue Impulse<br />

g<strong>in</strong>gen von <strong>der</strong> Luftbildprospektion aus, die <strong>in</strong> Sachsen<br />

seit 1993 systematisch praktiziert wird und zur Entdeckung<br />

zahlreicher Details <strong>der</strong> Burganlage von Hof/Stauchitz<br />

geführt hat 10 : <strong>Auf</strong> dem Luftbild geben sich nicht nur<br />

die äußere Befestigung, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong>e dichte Innenbebauung<br />

und drei Gräben zu erkennen, von <strong>den</strong>en <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>nerste e<strong>in</strong>e wohl annähernd quadratische Fläche umgab<br />

(Abb. 1). Als dunkle, runde Verfärbungen sche<strong>in</strong>en sich<br />

Siedlungsgruben abzuzeichnen. Das Luftbild offenbart<br />

gleichzeitig <strong>den</strong> schlechten Erhaltungszustand <strong>der</strong> archäologischen<br />

Strukturen im Zentrum <strong>der</strong> Anlage; scharf<br />

umgrenzt heben sich die Befunde vom hellen Kiesgrund<br />

ab. Wo im Nor<strong>den</strong> die Gräben abrupt zu en<strong>den</strong> sche<strong>in</strong>en,<br />

darf jene Kiesgrube vermutet wer<strong>den</strong>, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mirtsch<strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>e Beobachtungen anstellen konnte. Ebenso s<strong>in</strong>d im<br />

Sü<strong>den</strong> die dunkelhumosen Verfüllungen <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Kiesgruben unschwer zu erkennen.<br />

Decken sich die Ergebnisse <strong>der</strong> geomagnetischen Messungen,<br />

die Krzysztov Misiewicz 1997 und 1998 durchgeführt<br />

hat, im Innenbereich weith<strong>in</strong> mit <strong>den</strong> Luftbildbefun<strong>den</strong>,<br />

löst sich die äußere Befestigung im Magnet-<br />

bild <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Abfolge von Wall und mehreren Gräben<br />

(bis h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em äußersten im Sü<strong>den</strong>) auf (vgl. Beitrag<br />

Misiewicz). Mit <strong>den</strong> Messungen im Frühjahr 2003 ist e<strong>in</strong>e<br />

Trennschärfe erreicht wor<strong>den</strong>, die sogar E<strong>in</strong>zelheiten <strong>der</strong><br />

Wallkonstruktion sichtbar macht. Zum<strong>in</strong>dest im Sü<strong>den</strong><br />

und Südwesten deutet alles auf e<strong>in</strong>e Kastenkonstruktion<br />

h<strong>in</strong>, die sich auch im Westen, zugegebenermaßen weniger<br />

deutlich, fortzusetzen sche<strong>in</strong>t. Mit Nachdruck hat<br />

K. Misiewicz außerdem darauf h<strong>in</strong>gewiesen, wo verbrannte<br />

Konstruktionselemente e<strong>in</strong>erseits, rezente Störungen<br />

an<strong>der</strong>erseits erwartet wer<strong>den</strong> dürfen.<br />

Von e<strong>in</strong>em schmalen Streifen im Nor<strong>den</strong> abgesehen,<br />

<strong>der</strong> auch durch ergänzende geoelektrische Messungen im<br />

Sommer 2003 nicht besser zu durchschauen ist, konnte mit<br />

<strong>der</strong> flächendecken<strong>den</strong> geophysikalischen Prospektion e<strong>in</strong>e<br />

hervorragende Planungsgrundlage für weitere archäologische<br />

Untersuchungen geschaffen wer<strong>den</strong>, um erstens <strong>den</strong><br />

allgeme<strong>in</strong>en Erhaltungszustand <strong>der</strong> Befunde nach jahrzehntelanger<br />

<strong>in</strong>tensiver landwirtschaftlicher Nutzung zu<br />

klären, zweitens die Genauigkeit <strong>der</strong> geomagnetischen<br />

Messungen zu überprüfen, drittens erste Datierungsanhaltspunkte<br />

für e<strong>in</strong>zelne Befunde zu gew<strong>in</strong>nen, viertens<br />

<strong>den</strong> <strong>Auf</strong>bau <strong>der</strong> Befestigung zu erkun<strong>den</strong> und fünftens<br />

Licht <strong>in</strong> die „Gana-Frage“ zu br<strong>in</strong>gen. Dazu wurde mit<br />

e<strong>in</strong>em Bagger e<strong>in</strong> 150 m langer und 2 m breiter Suchschnitt<br />

geöffnet, <strong>der</strong> im Kern <strong>der</strong> Anlage auf e<strong>in</strong>e 6 x 7 m große<br />

Fläche erweitert, vom Zentrum aus <strong>den</strong> gesamten südöstlichen<br />

Teil <strong>der</strong> Burg bis über <strong>den</strong> äußersten Graben h<strong>in</strong>aus<br />

<strong>in</strong> Nordwest-Südost-Richtung quert (Abb. 4). Die Ausgrabung<br />

erfolgte im Rahmen e<strong>in</strong>er Kooperation zwischen<br />

<strong>der</strong> Katholischen Universität Warschau (Prof. Kobyliński)<br />

und dem Landesamt für Archäologie, Sachsen 11 .<br />

1. Die heute stark verschliffene, gleichwohl im Gelände im<br />

Sü<strong>den</strong> als Wall, im Westen und Nordwesten als Geländestufe<br />

ausgeprägte Befestigung umschließt e<strong>in</strong>e nach Nor<strong>den</strong><br />

<strong>in</strong> die Nie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Jahna vorgeschobene elsterzeitliche<br />

Kies- und Sandzunge, die auf drei Seiten, im Westen,<br />

Nor<strong>den</strong> und Osten, von sumpfigem Gelände begrenzt<br />

wor<strong>den</strong> se<strong>in</strong> dürfte; lediglich von Sü<strong>den</strong> her bestand e<strong>in</strong>e<br />

„feste“ Anb<strong>in</strong>dung an das H<strong>in</strong>terland. Fast überall bil<strong>den</strong><br />

fluviatile, z. T. sortierte und schräg geschichtete eiszeitliche<br />

Sand- und Kieslagen <strong>den</strong> Untergrund, <strong>in</strong> <strong>den</strong> die archäo-<br />

9 OA Hof, LfA Sachsen; Riesaer Tagbl. vom 1. 4. 1938.<br />

10 Arch. aktuell Freistaat Sachsen 1, 1993, 52 f. mit Abb. 37.<br />

11 Örtliche Grabungsleitung: M. Rummer. Ihm und <strong>den</strong> polnischen<br />

Fachstu<strong>den</strong>ten H. Sztaba, A. Sierostavski, L. Szcze panowski,<br />

D. Bugiewicz, A. und G. Burek, J. Marczuk, M. Jakobielska,<br />

I. Iwanicka, E. Janus, K. Gawor, M. Sokl<strong>in</strong>ski sei an dieser<br />

Stelle für ihr außeror<strong>den</strong>tliches Engagement herzlich gedankt.<br />

Unser beson<strong>der</strong>er Dank gilt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Naundorf, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

dem Bürgermeister Herrn Re<strong>in</strong>hard, für die große Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Untersuchungen.<br />

255


256<br />

Abb. 4. Hof/Stauchitz. Suchschnitt durch die Innenfläche und <strong>den</strong> Wall.<br />

Abb. 5. Hof/Stauchitz. Der Wall lässt sich auch nach jahrzehntelanger <strong>in</strong>tensiver ackerbaulicher<br />

Nutzung des Areals noch als Erhebung bzw. Stufe im Gelände verfolgen.


logischen Befunde e<strong>in</strong>getieft s<strong>in</strong>d. Lediglich <strong>der</strong> Wall sitzt<br />

auf e<strong>in</strong>er Lehmschicht mit Resten e<strong>in</strong>er Bo<strong>den</strong>bildung. Der<br />

Wallkörper ist noch 1–1,5 m hoch und wird bei je<strong>der</strong> Feldbestellung<br />

weiter e<strong>in</strong>geebnet (Abb. 5). Je weiter die Befunde<br />

vom Wall entfernt im Inneren s<strong>in</strong>d, desto schlechter ist<br />

ihr Erhaltungszustand. Als beson<strong>der</strong>s gefährdet haben<br />

sich jene Strukturen im Zentrum erwiesen, wo <strong>der</strong> grau<br />

humos-sandige Oberbo<strong>den</strong> direkt auf <strong>den</strong> gelbbraunen<br />

Kiesen und San<strong>den</strong> liegt. Insbeson<strong>der</strong>e die ger<strong>in</strong>gen Tiefen<br />

spätbronzezeitlicher Kegelstumpfgruben (25–45 cm)<br />

lassen e<strong>in</strong>en erheblichen Schwund befürchten. E<strong>in</strong>e spätneolithische<br />

Hockerbestattung dürfte <strong>der</strong> Zerstörung durch<br />

<strong>den</strong> Pflug nur deshalb entgangen se<strong>in</strong> (Abb. 6), weil die<br />

Grabgrube beson<strong>der</strong>s tief <strong>in</strong> <strong>den</strong> Kiesgrund h<strong>in</strong>abreichte.<br />

Zwischen dem ca. 20 cm mächtigen Pflughorizont und<br />

dem Anstehen<strong>den</strong> bestan<strong>den</strong> Erhaltungschancen für die<br />

Reste e<strong>in</strong>er graublauen, mit Ste<strong>in</strong>en, Knochen und Keramik<br />

durchsetzten slawischen Kulturschicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

leichten Senke zwischen dem dritten <strong>in</strong>neren Graben und<br />

unter e<strong>in</strong>er rampenartig ansteigen<strong>den</strong> Schüttung auf <strong>der</strong><br />

Wall <strong>in</strong>nenseite. Jenseits des Walles überlagert <strong>der</strong> Oberbo<strong>den</strong><br />

wie<strong>der</strong> direkt die glazialen Sande und Schotter.<br />

Abb. 6. Hof/Stauchitz. Spätneolithische Hockerbestattung e<strong>in</strong>es<br />

jugendlichen Individuums.<br />

2. Überraschend exakt decken sich die ausgegrabenen<br />

Befunde mit <strong>den</strong> Strukturen des Magnetbildes. Nicht<br />

nur Gräben, son<strong>der</strong>n auch größere Gruben fallen nahezu<br />

zusammen (vgl. Beitrag Misiewicz Abb. 6). Wo sich Anomalien<br />

abschwächen und Grenzen verschwimmen, gehen<br />

auch Grabungsbefunde <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> über. So zeichnet sich<br />

<strong>der</strong> äußerste <strong>der</strong> drei <strong>in</strong>neren Gräben als durchgehen<strong>der</strong><br />

Streifen auf dem Luftbild und im Magnetometerplan zwar<br />

deutlich ab, im schmalen Suchschnitt jedoch verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

an<strong>der</strong>e Befunde e<strong>in</strong>e zweifelsfreie Festlegung <strong>der</strong> Grenzen.<br />

Unter <strong>den</strong> run<strong>den</strong> Anomalien dürften sich hauptsächlich<br />

fast kreisrunde, kegelstumpfförmige Gruben prähistorischer<br />

Zeitstellung verbergen, während unscharfe und unre-<br />

17 Sächs. Bo<strong>den</strong><strong>den</strong>kmalpflege<br />

gelmäßige größere Strukturen Überschneidungen o<strong>der</strong><br />

Grubenhäuser abbil<strong>den</strong> könnten. Da Pfostengruben erst<br />

nach <strong>der</strong> Entfernung des Oberbo<strong>den</strong>s ersche<strong>in</strong>en, wären<br />

Pfostenbauten nicht nachzuweisen ohne die <strong>Auf</strong>deckung<br />

größerer Flächen. Ebenso wenig Anhaltspunkte bietet das<br />

geomagnetische Messbild für e<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>eare Anordnung von<br />

Befun<strong>den</strong>, die auf e<strong>in</strong>em mehrphasigen Platz ohneh<strong>in</strong> nur<br />

nach e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zeldatierung Bestand haben könnte. Sich<br />

E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die <strong>in</strong>nere Struktur <strong>der</strong> slawischen Burg alle<strong>in</strong><br />

auf Basis <strong>der</strong> geophysikalischen Prospektion zu erhoffen,<br />

wäre aus diesen Grün<strong>den</strong> trügerisch. Nicht e<strong>in</strong>mal die<br />

Zeitstellung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Befestigungsteile durfte bis vor<br />

Ausgrabungsbeg<strong>in</strong>n als gesichert gelten.<br />

3. Die Vermutung, die drei <strong>in</strong>neren Gräben (1–3) könnten<br />

vorgeschichtlich se<strong>in</strong>, hat sich nicht bestätigt; auch im<br />

Wallbereich deutet vorerst nichts auf e<strong>in</strong>e prähistorische<br />

Vorgängerbefestigung h<strong>in</strong>, <strong>der</strong>en Reste später überbaut<br />

wor<strong>den</strong> wären. Vielmehr überlagert <strong>der</strong> slawische Wall<br />

zwei spätbronze-/früheisenzeitliche Kegelstumpfgruben.<br />

Die rechteckige <strong>in</strong>nerste Grabene<strong>in</strong>fassung (1) ist durch<br />

ihre charakteristisch graublaue Verfüllung und slawische<br />

Keramik ebenfalls sicher zu datieren. Bemerkenswert s<strong>in</strong>d<br />

zahlreiche Tierknochen, die sich zu Lagen zu verdichten<br />

sche<strong>in</strong>en (Abb. 7). Der zweite, mittlere Graben (2) hat<br />

allerd<strong>in</strong>gs so viel spät-/bronzezeitliche Keramik geliefert,<br />

dass e<strong>in</strong>e ältere Zeitstellung nicht völlig auszuschließen<br />

ist, wenngleich durch Störungen auch größere Mengen<br />

älteren Materials <strong>in</strong>trusiv se<strong>in</strong> können. Der dritte, äußerste<br />

<strong>der</strong> drei <strong>in</strong>neren Gräben (3) schließlich wird im Sü<strong>den</strong> von<br />

e<strong>in</strong>em grubenhausartigen Befund, im Nor<strong>den</strong> von e<strong>in</strong>er<br />

unklaren Struktur ohne scharfe Grenzen überschnitten;<br />

diese Beobachtungen stehen <strong>in</strong> gutem E<strong>in</strong>klang mit dem<br />

Magnetbild, das vor allem östlich des Suchschnittes so<br />

diffus ist, dass e<strong>in</strong>e Grabenunterbrechung nahe liegt. Aus<br />

diesen Befun<strong>den</strong> stammen durchweg slawische Scherben.<br />

Gleichwohl müssen die drei <strong>in</strong>neren Gräben nicht gleichzeitig<br />

angelegt wor<strong>den</strong> se<strong>in</strong>.<br />

Soweit alle drei <strong>in</strong>neren Gräben untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> parallel<br />

geführt s<strong>in</strong>d und auf <strong>den</strong> Wall Bezug nehmen, darf von<br />

e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Befestigungssystem ausgegangen wer<strong>den</strong>,<br />

auch wenn die Zeitstellung des mittleren Grabens<br />

nicht gesichert ist. Bei e<strong>in</strong>er Breite von 3 m und e<strong>in</strong>er Tiefe<br />

von 0,75 m Tiefe für <strong>den</strong> <strong>in</strong>neren (1), 2,4 m Breite und<br />

1,15 m Tiefe für <strong>den</strong> mittleren (2) sowie 1,9 m Tiefe und<br />

0,6 m Tiefe für <strong>den</strong> äußeren (3) kommt ke<strong>in</strong>er als ernst zu<br />

nehmendes Annäherungsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis <strong>in</strong> Betracht; <strong>in</strong>dessen<br />

fehlen vorläufig auch alle H<strong>in</strong>weise auf Palisa<strong>den</strong>reihen.<br />

In welchem Verhältnis e<strong>in</strong> äußerster, im Querschnitt<br />

spitzförmiger, ca. 1,85–2 m tiefer und 5,1 m breiter Graben,<br />

<strong>der</strong> dem Wall <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Entfernung von etwa 20 m<br />

außerhalb im Sü<strong>den</strong> vorgelagert ist, zu <strong>der</strong> slawischen<br />

257


Abb. 7. Hof/Stauchitz. Konzentration von Tierknochen im<br />

Graben 1.<br />

Burganlage steht, muss mangels datieren<strong>der</strong> Funde offen<br />

bleiben. Der wallparallele Verlauf im Westen spräche möglicherweise<br />

wie<strong>der</strong>um für e<strong>in</strong>en Teil des Gesamtsystems.<br />

Wie eng die Grenzen <strong>der</strong> Interpretation des geomagnetischen<br />

Planes gezogen s<strong>in</strong>d, verdeutlicht oben erwähnte<br />

spätneolithische annähernd ost-west-orientierte, nach<br />

Sü<strong>den</strong> blickende Hockerbestattung, die mit e<strong>in</strong>em verzierten<br />

Henkelgefäß, e<strong>in</strong>er Silexpfeilspitze mit konkaver<br />

Basis und weiteren Silexgeräten ausgestattet war (Abb. 6).<br />

Es ist durchaus <strong>den</strong>kbar, dass das Grab zu e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />

spätneolithischen Friedhof gehörte, dessen Umfang und<br />

Ausdehnung sich nur bestimmen ließe, wenn tatsächlich<br />

auch alle Bestattungen noch vorhan<strong>den</strong> wären. Der Nutzung<br />

als Bestattungsplatz im Spätneolithikum sche<strong>in</strong>t<br />

e<strong>in</strong>e Besiedlung <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ienbandkeramik vorausgegangen<br />

zu se<strong>in</strong>; zum<strong>in</strong>dest liegen sowohl von <strong>der</strong> Kieszunge als<br />

auch dem südwestlich anschließen<strong>den</strong> Bereich Lesefunde<br />

dieser Zeit vor.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Unterbrechung von mehr als zwei Jahrtausen<strong>den</strong><br />

wurde das Areal während <strong>der</strong> späten Bronzezeit<br />

bzw. frühen Eisenzeit erneut besiedelt. Die Nutzung<br />

sche<strong>in</strong>t sich über die gesamte Kieszunge bis weit nach<br />

Sü<strong>den</strong> zu erstrecken, wobei Luftbild und geomagnetischer<br />

Plan die größte Dichte am nördlichen Ende ausweisen.<br />

E<strong>in</strong>e spätkaiser- bzw. völkerwan<strong>der</strong>ungszeitliche Phase<br />

ist vor allem durch Lesefunde belegt, ohne dass bislang<br />

e<strong>in</strong>zelne Befunde diesem Abschnitt sicher zuzuordnen<br />

wären. Die slawischen Gruben und Grubenkomplexe s<strong>in</strong>d<br />

nicht nur durch <strong>den</strong> Fund<strong>in</strong>halt, son<strong>der</strong>n gleichermaßen<br />

durch e<strong>in</strong>e typische graublaue Verfüllung von <strong>den</strong> älteren<br />

Befun<strong>den</strong> unschwer zu unterschei<strong>den</strong>. Keramik, Sp<strong>in</strong>nwirtel,<br />

Tonwannenfragmente, Ste<strong>in</strong>e, Mühlenfragmente<br />

sowie Schlacht- und Speiseabfälle dürfen als typischer<br />

slawischer Siedlungsabfall gelten, dem bislang ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise<br />

auf handwerkliche Aktivitäten, etwa Metallverarbeitung<br />

o<strong>der</strong> Pechgew<strong>in</strong>nung, gegenüberstehen. Die meisten<br />

258<br />

Befunde s<strong>in</strong>d im Suchschnitt allerd<strong>in</strong>gs so ausschnitthaft<br />

erfasst, dass verallgeme<strong>in</strong>ernde Aussagen <strong>in</strong> je<strong>der</strong> H<strong>in</strong>sicht<br />

verfrüht wären. Immerh<strong>in</strong> macht e<strong>in</strong>e slawische Grube<br />

südlich des Walles, aber <strong>in</strong>nerhalb des äußersten Grabens<br />

e<strong>in</strong>e Art Vorburgareal wahrsche<strong>in</strong>lich. Aus diesem Befund<br />

stammen auch zahlreiche Tonwannenfragmente.<br />

4. So tief die geomagnetische Prospektion <strong>in</strong> Details des<br />

Wallaufbaues e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gt, so viele Überraschungen bot <strong>der</strong><br />

Suchschnitt (Abb. 8): Nicht zu rechnen war mit e<strong>in</strong>em<br />

ersten, ca. 2–2,5 m tiefen und 5 m breiten Graben (Phase 1)<br />

mit mul<strong>den</strong>förmiger Sohle, <strong>der</strong> die erste Befestigungsphase<br />

darstellt. Reste e<strong>in</strong>es zugehörigen Walles mögen<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 0,5 m mächtigen dunklen Kulturschichtpaket<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Schichten e<strong>in</strong>er von <strong>in</strong>nen angeschütteten<br />

Rampe verbergen, waren je<strong>den</strong>falls nicht mit <strong>der</strong> notwendigen<br />

Klarheit zu i<strong>den</strong>tifizieren. Möglicherweise war die<br />

Anlage am Anfang auch nur durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Palisade<br />

o. ä. geschützt.<br />

Nach geraumer Zeit, repräsentiert durch Schwemmschichten<br />

über <strong>der</strong> Grabensohle, wurde dieser erste Graben<br />

mit dunkelhumosem, dann lehmigem Material bis<br />

zum Rand verfüllt und planiert, um, z. T. mit Brettern<br />

belegt, e<strong>in</strong>e stabile Oberfläche für e<strong>in</strong>e zweite Befestigung<br />

zu schaffen (Phase 2a). Bei dieser handelt es sich um e<strong>in</strong><br />

dreiteiliges, im Magnetbild sichtbares Kastenwerk, dessen<br />

Außen- und Innenseite aus ca. 2 m breiten Kästen<br />

bestand, die man vermutlich <strong>in</strong> Blockbautechnik errichtet<br />

und mit e<strong>in</strong>em Humus-Lehm-Sandgemisch gefüllt hatte<br />

(Abb. 9). Von <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Reihe waren im Profil waagerechte<br />

Holzlagen, von <strong>der</strong> äußeren die fleckige Verfüllung<br />

angeschnitten. Offenbar hatte man die Kästen alternierend<br />

angeordnet. Die Holzlagen gaben sich durch braunhumose<br />

2–5 cm mächtige Bän<strong>der</strong> zu erkennen. Die <strong>der</strong><br />

Außenfront zugewandte Seite des <strong>in</strong>neren Kastens bestand<br />

Abb. 8. Hof/Stauchitz. Die Befestigung weist mehrere Ausbaustadien<br />

auf.


Abb. 9. Hof/Stauchitz. Das Holzkastenwerk <strong>der</strong> zweiten Ausbauphase.<br />

aus Rundhölzern. Zwischen bei<strong>den</strong> Kastenreihen sche<strong>in</strong>t<br />

über e<strong>in</strong>er dunkelgrauen-humosen Basis e<strong>in</strong>e dichte Lehmpackung<br />

e<strong>in</strong>gebracht wor<strong>den</strong> zu se<strong>in</strong>, die zum<strong>in</strong>dest mit<br />

dem <strong>in</strong>neren durch waagrechte Hölzer verzahnt war. Die<br />

Kastenkonstruktion besaß an <strong>der</strong> Basis e<strong>in</strong>e Breite von <strong>in</strong>sgesamt<br />

15 m und erreicht noch e<strong>in</strong>e Höhe von 1,2 m. Die<br />

Außenfront sche<strong>in</strong>t mit waagrecht geschichteten Hölzern<br />

verblendet gewesen zu se<strong>in</strong>, von <strong>der</strong> Teile brennend <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Abb. 10. Hof/Stauchitz. Versturz <strong>der</strong> hölzernen Außenfront<br />

<strong>der</strong> zweiten Ausbauphase <strong>in</strong> Graben 2.<br />

unmittelbar vorgelagerten 2–2,4 m tiefen Graben verstürzt<br />

waren (Abb. 10), die im Prospektionsplan als dunkle Stellen<br />

hervortreten (vgl. Beitrag Misiewicz). Bemerkenswerterweise<br />

ist diese Anomalie ansche<strong>in</strong>end auf e<strong>in</strong>en ca. 40 m<br />

langen Grabenabschnitt begrenzt; ebenso wenig dürfen<br />

E<strong>in</strong>zelheiten für die gesamte Befestigung verallgeme<strong>in</strong>ert<br />

wer<strong>den</strong>. Das Magnetbild lässt nämlich für Abweichungen<br />

durchaus Spielraum.<br />

259


Abb. 11. Hof/Stauchitz. Im Wallversturz s<strong>in</strong>d sogar die Querschnitte<br />

e<strong>in</strong>zelner Hölzer auszumachen.<br />

So scharf sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Profilwand sogar e<strong>in</strong>zelne schwarze,<br />

z. T. rötlich schillernde Holzquerschnitte (Spaltbohlen,<br />

bebeilte Bohlen), abzeichnen (Abb. 11), so sehr lässt die<br />

Holzsubstanz zu wünschen übrig. Von e<strong>in</strong>em Eichenrundl<strong>in</strong>g<br />

abgesehen, <strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest außen vollständig verkohlt<br />

war, schienen alle an<strong>der</strong>en mehr zersetzt als verbrannt zu<br />

se<strong>in</strong> und ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>nenstruktur zu besitzen, die Holzartbestimmungen<br />

o<strong>der</strong> gar Jahrr<strong>in</strong>gdatierungen zuließe. Da<br />

es allen Erfahrungen wi<strong>der</strong>spräche, dass verkohlte Hölzer<br />

ihre Struktur synsedimentär verlieren, ist e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

Möglichkeit <strong>in</strong>s Auge zu fassen: Sollten weite Teile <strong>der</strong><br />

Holzverkleidung nicht komplett verbrannt se<strong>in</strong>, weil das<br />

Feuer z. B. gelöscht wer<strong>den</strong> konnte? <strong>Auf</strong> die mangelnde<br />

Feuchtigkeit <strong>der</strong> Grabenverfüllung wäre dann zurückzuführen,<br />

dass die angebrannten Hölzer weitgehend pulverisiert<br />

s<strong>in</strong>d. Unmittelbar am Fuß <strong>der</strong> äußeren Kastenreihe<br />

könnte e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s große Bohle die <strong>Auf</strong>lagefläche <strong>der</strong><br />

Holzwand markieren.<br />

260<br />

Auch wenn sich auf <strong>der</strong> Grabensohle bereits e<strong>in</strong>e bis zu<br />

0,8 m dicke Schicht e<strong>in</strong>geschwemmten Materials abgelagert<br />

hatte, sche<strong>in</strong>t für e<strong>in</strong>e Grabenräumung bzw. -erneuerung<br />

erst das Bran<strong>der</strong>eignis <strong>den</strong> Ausschlag gegeben zu haben<br />

(Phase 2b). Je<strong>den</strong>falls wer<strong>den</strong> die Versturzschicht und<br />

liegende Sedimente von dieser Ausräumung mit scharfer<br />

Grenze geschnitten. Ob damit auch Ausbesserungen am<br />

Kastenwerk e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>gen, ist anzunehmen, aber nicht am<br />

Profil abzulesen. In diesem Stadium war <strong>der</strong> Graben ca.<br />

2 m tief und wohl fast 7 m breit (Abb. 12).<br />

Wenig später entschloss man sich abermals zu e<strong>in</strong>em<br />

Ausbau <strong>der</strong> Befestigung. Der Graben wurde verfüllt und<br />

verebnet, streckenweise offenbar ebenfalls mit Hölzern<br />

abgedeckt und darauf <strong>in</strong> Stufen das Material <strong>der</strong> nächsten<br />

Wallphase angeschüttet, wobei sandig-lehmige mit humosen<br />

Paketen zu wechseln sche<strong>in</strong>en. Wahrsche<strong>in</strong>lich g<strong>in</strong>g<br />

die Außenböschung ohne Berme <strong>in</strong> die Innenwand des<br />

vorgelagerten Grabens (Phase 3a) über, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e bei<strong>den</strong><br />

Vorgänger an Breite (ca. 15 m) und Tiefe (ca. 4,8 m) bei<br />

weitem übertrifft. Auch dieser letzte Graben sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>mal<br />

wie<strong>der</strong>hergestellt wor<strong>den</strong> zu se<strong>in</strong>, ist doch die Nordhälfte<br />

mit schräg e<strong>in</strong>fallen<strong>den</strong> Kies- und Sandschichten<br />

verfüllt, die vom Wall herabgerutscht se<strong>in</strong> dürften. Aus<br />

dem Böschungsw<strong>in</strong>kel lässt sich die Wallhöhe auf ca. 6 m<br />

schätzen, sofern die Krone im Bereich des Kastenwerkes<br />

zu suchen ist. Die Erneuerung des Grabens (Breite: ca.<br />

15 m, Tiefe: ca. 5 m) erfolgte offenbar <strong>in</strong> Stufen, um die<br />

Stabilität <strong>der</strong> Wände zu erhöhen (Abb. 13). Möglicherweise<br />

war die unterste Stufe über <strong>der</strong> Grabensohle mit<br />

Brettern verkleidet. Se<strong>in</strong>e Füllung zeichnet sich durch<br />

dunkle, graubraune humose Schichten aus, <strong>in</strong> die sich<br />

e<strong>in</strong>zelne Kiesbän<strong>der</strong>, wie<strong>der</strong>um am ehesten Wallmaterial,<br />

Abb. 12. Hof/Stauchitz. Die Gräben 1 und 2 mit jüngeren Ausbaustadien<br />

<strong>der</strong> Befestigung.


Abb. 13. Hof/Stauchitz. Der dritte, äußerste Graben ist bis zu 5 m tief<br />

und m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal erneuert wor<strong>den</strong>.<br />

schieben. <strong>Auf</strong> <strong>der</strong> Sohle erschwerten nicht nur Grundwasser<br />

die Grabungs- und Dokumentationsarbeiten, son<strong>der</strong>n<br />

auch locker e<strong>in</strong>gelagerte Kalkste<strong>in</strong>blöcke von bis zu 60 cm<br />

Durchmesser, die auf e<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>verblendung o<strong>der</strong> Trockenmauer<br />

<strong>der</strong> aufgehen<strong>den</strong> Befestigung zurückgehen dürften.<br />

So wenig sich momentan über die Innenstrukturen <strong>der</strong><br />

slawischen Burganlage aussagen lässt, die ältere Siedlungsspuren<br />

zusätzlich verkomplizieren, so gewaltig muss das<br />

Ersche<strong>in</strong>ungsbild <strong>der</strong> mehrfach ausgebauten Befestigungsanlage<br />

gewesen se<strong>in</strong>. Sie sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Ausbauphase<br />

e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>druckende Monumentalität erreicht zu<br />

haben, die e<strong>in</strong>en Vergleich mit <strong>den</strong> slawischen Hauptburgen<br />

Bran<strong>den</strong>burgs und Mecklenburg-Vorpommerns nicht<br />

zu scheuen braucht und e<strong>in</strong> neues Licht auf die Diskussion<br />

um die Lokalisierung <strong>der</strong> Burg „<strong>Gana“</strong> wirft.<br />

5. Nachdem die Anlage von Hof/Stauchitz mit Gana zu<br />

i<strong>den</strong>tifizieren sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur bereits teilweise festgesetzt<br />

hat 12 , wird die „<strong>Gana“</strong>-Frage auch nach diesen ersten<br />

Sondagen nicht def<strong>in</strong>itiv zu beantworten se<strong>in</strong>. Im Lichte<br />

des aktuellen Forschungsstandes neu gewichtet wer<strong>den</strong><br />

müssen zunächst die Argumente W. Coblenz’. Da sich an<br />

<strong>der</strong> Abgrenzung des Gaues Dalem<strong>in</strong>izien nichts Grundlegendes<br />

geän<strong>der</strong>t hat 13 , nähme <strong>der</strong> Burgwall von Hof/Stau-<br />

12 z. B. R. Spehr, Christianierung und früheste Kirchenorganisation<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Mark Meißen. E<strong>in</strong> Versuch. In: J. Oexle (Hrsg.),<br />

Frühe Kirchen <strong>in</strong> Sachsen. Ergebnisse und baugeschichtliche<br />

Untersuchungen (Stuttgart 1994) Abb. 51 mit Überlegungen zu<br />

e<strong>in</strong>er Bevölkerungskont<strong>in</strong>uität spätgermanisch-völkerwan<strong>der</strong>ungszeitlicher<br />

Bevölkerungsteilen <strong>in</strong> slawische Zeit.<br />

13 Zur Abgrenzung etwa G. Billig, Die Burgwardsorganisation<br />

im obersächsisch-meissnischen Raum (Berl<strong>in</strong> 1989) 64 ff.<br />

261


262<br />

Abb. 14. Der Zschaitzer Burgberg aus <strong>der</strong> Luft. Deutlich zeichnen sich Details <strong>der</strong> Hauptwallkonstruktion<br />

sowie Gräben ab, die das Vorburgareal durchziehen.<br />

Abb. 15. Die Zötha<strong>in</strong>er Schanze aus <strong>der</strong> Luft. Die bei<strong>den</strong> Abschnittsbefestigungen s<strong>in</strong>d klar zu erkennen.


chitz weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zentrale Position <strong>in</strong> diesem Raum e<strong>in</strong>.<br />

Erheblich zu relativieren ist dagegen se<strong>in</strong>e Ähnlichkeit zu<br />

slawischen Nie<strong>der</strong>ungs- bzw. Sumpfburgen <strong>in</strong>sofern, als<br />

aus spezifischen topographischen Verhältnisse e<strong>in</strong>e spezifische<br />

Platzwahl folgt. Genutzt wurde, was sich gerade<br />

anbot. Aus Lagetypen Funktionsunterschiede abzuleiten<br />

o<strong>der</strong> Regionalgruppen zu def<strong>in</strong>ieren, wäre demnach irreführend<br />

14 . Gegen die für das mittelsächsische Lösshügelland<br />

so charakteristischen Spornlagen spricht somit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gana-Diskussion so wenig, wie für Hof/Stauchitz die<br />

vorgeschobene Lage <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jahnanie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> Anschlag<br />

gebracht wer<strong>den</strong> kann, zumal es sich zum<strong>in</strong>dest teilweise<br />

um e<strong>in</strong> spornartige Situation handelt. Größere Aussagekraft<br />

wird man <strong>der</strong> Ausdehnung <strong>der</strong> Anlage beimessen<br />

dürfen, <strong>der</strong>en Innenfläche von 3–3,5 ha (ohne Vorburg)<br />

die Spornburgen <strong>der</strong> Lommatzscher Pflege (Ziegenha<strong>in</strong>:<br />

Burgberg: 2 ha ohne Vorburg, 2,5 ha mit Vorburg;<br />

Zschaitz-Ottewig: 1,4 ha ohne Vorburg, 6 ha mit Vorburg<br />

[Abb. 14]; Zötha<strong>in</strong> Mettelwitz: 1,4 ha [Abb. 15])<br />

doch deutlich übersteigt und etwa <strong>den</strong> Großburgen Mecklenburgs<br />

nicht nachsteht. Mit großer Vorsicht wird man<br />

wie<strong>der</strong>um die Brandschicht am Südrand bewerten müssen,<br />

die, undatiert, für <strong>den</strong> Nachweis e<strong>in</strong>er Zerstörung nicht<br />

<strong>in</strong> Anspruch genommen wer<strong>den</strong> kann. Schließlich unterscheidet<br />

sich das slawische Lesefundspektrum nicht vom<br />

Material aus dem Suchschnitt, das se<strong>in</strong>erseits vorerst ke<strong>in</strong>e<br />

Differenzierung gestattet und <strong>den</strong> <strong>den</strong>drochronologisch<br />

datierbaren Keramik<strong>in</strong>ventaren vom Meißner Burgberg<br />

angeschlossen wer<strong>den</strong> muss 15 . Während offenbar ke<strong>in</strong>e<br />

Scherbe vor dem 9. Jahrhun<strong>der</strong>t angesetzt wer<strong>den</strong> kann,<br />

s<strong>in</strong>d umgekehrt e<strong>in</strong>zelne Merkmale vertreten, die noch<br />

um die Mitte des 10. Jahrhun<strong>der</strong>ts im Umlauf waren. Es<br />

wäre freilich auch ungewöhnlich, wenn das Material mit<br />

dem historisch überlieferten Datum 928/29 ohne weiteres<br />

konform g<strong>in</strong>ge. Das Gros <strong>der</strong> Keramik dürfte allerd<strong>in</strong>gs<br />

nach e<strong>in</strong>er ersten Durchsicht vor <strong>der</strong> Gründung Meißens<br />

anzusetzen se<strong>in</strong> 16 .<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich ist die Burg von Hof/Stauchitz zusammen<br />

mit <strong>den</strong> übrigen slawischen Befestigungen des Gaues<br />

Dalem<strong>in</strong>zien wenige Jahrzehnte vor jenem Burgenhorizont<br />

anzusetzen, <strong>der</strong> unlängst für die südwestliche Nie<strong>der</strong>lausitz<br />

umschrieben wor<strong>den</strong> ist (1. Hälfte 10. Jahrhun<strong>der</strong>t)<br />

17 , und damit ebenfalls als Reflex <strong>der</strong> sächsischen<br />

Ostexpansion bzw. <strong>der</strong> Ungarn-Kriege anzusehen. Der<br />

mehrstufige Ausbau stünde <strong>in</strong> gutem E<strong>in</strong>klang mit e<strong>in</strong>er<br />

immer wie<strong>der</strong>kehren<strong>den</strong>, sich vielleicht sogar zuspitzen<strong>den</strong><br />

militärischen Bedrohung, die seit <strong>der</strong> zweiten Hälfte<br />

des 9. Jahrhun<strong>der</strong>ts von <strong>den</strong> mehrfach überlieferten sächsischen<br />

Feldzügen <strong>in</strong> das Dalem<strong>in</strong>izier-Land und <strong>den</strong><br />

Ungarne<strong>in</strong>fällen ausgegangen ist. Die Zerstörungsschicht<br />

<strong>in</strong> Graben 2 ist ohne absolute Daten vorläufig mit <strong>den</strong><br />

Ereignissen des W<strong>in</strong>ters 928/29 so wenig <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu<br />

br<strong>in</strong>gen, wie das Fundmaterial e<strong>in</strong>en Fortbestand über dieses<br />

Datum h<strong>in</strong>aus apodiktisch ausschließt, wenngleich e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>standgesetzte slawische Burg mit „deutscher“ Besatzung<br />

lediglich hypothetisch im Raum steht, weil Verlagerungen<br />

(Ziegenha<strong>in</strong>-Höfgen, Zehren „Spitzhäuser“-Zehren<br />

„Burgberg“) die Regel zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>en.<br />

Solange sich unsere Kenntnis <strong>der</strong> Befestigungsanlage<br />

von Hof/Stauchitz auf e<strong>in</strong>en gewissermaßen chirurgischen<br />

Schnitt beschränkt und von an<strong>der</strong>en Anlagen außer Lesefun<strong>den</strong><br />

überhaupt nichts bekannt ist, wird das vorsichtige<br />

Abwägen von Argumenten Vorrang haben müssen vor<br />

e<strong>in</strong>er voreiligen Lokalisierung. Den Argumenten Coblenz’<br />

– zentrale Lage und Größe – lässt sich jedoch mit dem<br />

Nachweis e<strong>in</strong>er mehrteiligen und mehrfach ausgebauten,<br />

im letzten Stadium geradezu monumentalen Befestigung<br />

e<strong>in</strong> weiteres gewichtiges zugunsten <strong>der</strong> von Hof/Stauchitz<br />

h<strong>in</strong>zufügen.<br />

14 S. Brather, Karol<strong>in</strong>gerzeitlicher Befestigungsbau im wilzischabodritischen<br />

Raum. Die sogenannten Feldberger Höhenburgen.<br />

In: J. Hennig/A. T. Ruttkay, Frühmittelalterlicher Burgenbau <strong>in</strong><br />

Mittel- und Osteuropa. Tagung Nitra vom 7. bis 10. Oktober<br />

1996 (Bonn 1998) 116 ff.; <strong>der</strong>s., Archäologie <strong>der</strong> westlichen Slawen.<br />

Siedlung, Wirtschaft und Gesellschaft im früh- und hochmittelalterlichern<br />

Osteuropa (Berl<strong>in</strong> 2001) 127 ff.<br />

15 A. Schmid-Hecklau, Die archäologischen Untersuchungen<br />

auf <strong>der</strong> Burg Meißen. In: A. Wieczorek/H.-M. H<strong>in</strong>z (Hrsg.),<br />

Europas Mitte. Handbuch zur Ausstellung (Stuttgart 2000)<br />

703 ff.; <strong>der</strong>s., Die archäologischen Ausgrabungen auf dem Burgberg<br />

<strong>in</strong> Meißen. Die Grabungen 1959–1963 (Dres<strong>den</strong> 2004).<br />

16 Frd. H<strong>in</strong>weis A. Schmid-Hecklau, Essen.<br />

17 J. Hennig, Archäologische Forschungen an R<strong>in</strong>gwällen <strong>in</strong><br />

Nie<strong>der</strong>ungslage: die Nie<strong>der</strong>lausitz als Burgenlandschaft des östlichen<br />

Mitteleuropas im frühen Mittelalter. In: Hennig/Ruttkay<br />

(Anm. 14) 9 ff.; J. Hennig, Der slawische Siedlungsraum und<br />

die ottonische Expansion östliche <strong>der</strong> Elbe. Ereignisgeschichte<br />

– Archäologie – Dendrochronologie. In: J. Hennig (Hrsg.),<br />

Europa im 10. Jahrhun<strong>der</strong>t. Archäologie e<strong>in</strong>er <strong>Auf</strong>bruchszeit.<br />

Internationale Tagung <strong>in</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Ausstellung „Otto<br />

<strong>der</strong> Große, Magdeburg und Europa“ (Ma<strong>in</strong>z 2002) 131 ff.<br />

Abbildungen: R. Heynowski, Landesamt für Archäologie,<br />

Dres<strong>den</strong> (Abb. 1 u. 14: Luftbildarchiv-Nr. 4744/018-1/1122/27<br />

u. 4944/001/2339/13); nach Vorlage Sächsisches Hauptstaatsarchiv<br />

Dres<strong>den</strong> (Abb. 2); J. Lipták, Stuttgart (Abb. 5; 8; 9; 11; 12);<br />

O. Braasch, Landhut (Abb. 15: Luftbildarchiv-Nr. 4946/028-<br />

1/1406/32).<br />

Anschriften: Dr. J. Oexle/Dr. M. Strobel, beide Landesamt für<br />

Archäologie, Zur Wetterwarte 7, D-01109 Dres<strong>den</strong>, JOexle@ /<br />

MStrobel@archsax.smwk.sachsen.de.<br />

263


Magnetische Messungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fundstätte Gana (Hof/Stauchitz)<br />

Von Krzysztov Misiewicz<br />

Die slawische Burganlage von Hof/Stauchitz (Burg „<strong>Gana“</strong>)<br />

liegt im nordsächsischen Platten- und Hügelland an dem<br />

Flüsschen Jahna, das bei Riesa <strong>in</strong> die Elbe mündet. Nachdem<br />

die Befestigung Anfang <strong>der</strong> 1920er Jahre durch Feldbegehungen<br />

entdeckt wor<strong>den</strong> war, fan<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1930er<br />

begrenzte Notgrabungen statt. In <strong>den</strong> 1970er Jahren wurde<br />

unter <strong>der</strong> Leitung von Werner Coblenz e<strong>in</strong>e Vermessung<br />

des Areals durchgeführt 1 .<br />

1993 entstan<strong>den</strong> Luftaufnahmen durch Otto Braasch<br />

(vgl. Beitrag Oexle/Strobel Abb. 1) im Rahmen <strong>der</strong> Inventarisierung<br />

archäologischer Fundstellen <strong>in</strong> Sachsen. Magnetische<br />

Messungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren 1997 und 1998 sollten<br />

die nächste Stufe e<strong>in</strong>er zerstörungsfreien Untersuchung<br />

des archäologischen Kultur<strong>den</strong>kmals bil<strong>den</strong> (Abb. 1). Mit<br />

zwei Protonen-Magnetometer PM-2 (Geofyzika Brno)<br />

konnte e<strong>in</strong>e Fläche von 6 ha <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raster von 1 x 1 m<br />

erfasst wer<strong>den</strong> 2 . Abbildung 1 zeigt e<strong>in</strong>e Darstellung <strong>der</strong><br />

Ergebnisse dieser Untersuchung. Alle <strong>in</strong> <strong>den</strong> Luftaufnahmen<br />

sichtbaren Strukturen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>deutig erkennbar.<br />

Zudem konnte noch e<strong>in</strong>e Vielzahl von Details entdeckt<br />

wer<strong>den</strong>, die sich auf <strong>den</strong> Luftaufnahmen nicht abzeichnen<br />

– hauptsächlich Strukturen im Bereich des äußeren<br />

Befestigungssystems. Mögliche Grabenstrukturen mit<br />

Palisa<strong>den</strong> wur<strong>den</strong> als prähistorisch e<strong>in</strong>gestuft (<strong>in</strong>neres<br />

Befestigungssystem), während <strong>der</strong> äußere Wall mit vorgelagertem<br />

Graben mittelalterlich se<strong>in</strong> dürfte.<br />

Im Bericht empfahl man: „ Für solch e<strong>in</strong> wichtiges, ausgedehntes<br />

und <strong>in</strong>teressantes archäologisches Kultur<strong>den</strong>kmal<br />

wie Hof/Stauchitz wäre es angebracht, e<strong>in</strong>en Plan <strong>der</strong><br />

gesamten Anlage <strong>in</strong>nerhalb exakter Konturen zu erstellen,<br />

sowie, was die Bedeutung e<strong>in</strong>er präziseren zerstörungsfreien<br />

geophysikalischen Dokumentation angeht, auch die<br />

empf<strong>in</strong>dlichsten und effektivsten Magnetometer zu benutzen.<br />

Festgestellte Anomalien des Magnetfeldes könnten<br />

auch durch Messen <strong>der</strong> Schwankungen des spezifischen<br />

Wi<strong>der</strong>stands <strong>der</strong> unterirdischen Schichten kontrolliert wer<strong>den</strong>.<br />

Aus <strong>den</strong> Ergebnissen von magnetischen Messungen<br />

und Untersuchungen des spez. Wi<strong>der</strong>stands könnten neue<br />

264<br />

Daten im H<strong>in</strong>blick auf die mögliche Tiefe <strong>der</strong> archäologischen<br />

Objekte und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für <strong>den</strong> Bereich des äußeren<br />

Befestigungssystems gewonnen wer<strong>den</strong>. Damit würde<br />

auch die Frage beantwortet wer<strong>den</strong> können, ob die Burg<br />

e<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>befestigung besaß o<strong>der</strong> nicht. Es ist jedoch kaum<br />

möglich, <strong>den</strong> Zeitpunkt für geoelektrische Messungen so<br />

genau zu bestimmen, daß <strong>der</strong> Kontrast zwischen <strong>den</strong> Füllungen<br />

<strong>der</strong> Gräben und Palisa<strong>den</strong> sowie <strong>der</strong>en Umgebung<br />

ausreichend wäre, die tatsächliche Tiefe und Anordnung <strong>der</strong><br />

vermuteten Reste zu bestimmen. Ebenso wäre es nutzbr<strong>in</strong>gend,<br />

mithilfe von alten Karten alle Verän<strong>der</strong>ungen, <strong>den</strong>en<br />

<strong>der</strong> Ort <strong>in</strong> mo<strong>der</strong>ner Zeit unterlag sowie das ursprüngliche<br />

Gelände und das Gewässersystem zu rekonstruieren.“<br />

Die empfohlene zweite Messung mit e<strong>in</strong>em präziseren<br />

Gerät, e<strong>in</strong>em Fluxgate Gradiometer Geoscan FM 36,<br />

wurde im März 2003 durchgeführt. Das Messgitter maß<br />

0,25 x 0,5 m, zickzackförmig angelegt, die gemessenen<br />

E<strong>in</strong>heiten betrugen 20 x 10 m. Insgesamt wur<strong>den</strong> 5,5 ha<br />

vermessen. Die Ergebnisse wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> Graustufenplänen<br />

dargestellt. Zur Verarbeitung <strong>der</strong> Daten wurde Geoplot<br />

3.0 genutzt. Die Graustufenpläne wur<strong>den</strong> mit Surfer 8.0<br />

geplottet (Abb. 2). Dabei ist es gelungen, die bereits entdeckten<br />

Strukturen <strong>in</strong> allen Darstellungen, die die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> umfassen<strong>den</strong> Messungen mit dem FM 36 Gradiometer<br />

wie<strong>der</strong>geben, zu bestätigen. Es sei hervorgehoben,<br />

dass die magnetischen Messungen, die hier mit Protonen<br />

Magnetometern 1997 und 1998 durchgeführt wur<strong>den</strong>,<br />

e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> besten Beispiele für <strong>den</strong> Gebrauch dieser Geräte<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er archäologischen Untersuchungen s<strong>in</strong>d.<br />

1 W. Coblenz, Archäologische Betrachtungen zur Gana-Frage<br />

im Rahmen <strong>der</strong> älterslawischen Besiedlung des Gaues Dalem<strong>in</strong>zien.<br />

In: R. Groß/M. Kobuch (Hrsg.), Beiträge zur Archivwissenschaft<br />

und Geschichtsforschung (Weimar 1977) 358.<br />

2 R. Křivánek/K. Misiewicz. Geophysical survey of the site<br />

Burgberg (Urbs Gana) <strong>in</strong> Hof/Stauchitz/Saxony. Unveröff.<br />

Untersuchungsber. LfA Dres<strong>den</strong> (Dres<strong>den</strong> 1998); vgl. T. Herbich/R.<br />

Křivánek/K. Misiewicz/J. Oexle, Magnetic surveys of<br />

the site Burg Gana (Hof/Stauchitz) <strong>in</strong> Saxony. Arch Polona 41,<br />

2003, 197–200.


Abb. 1. Hof/Stauchitz.<br />

Ergebnis <strong>der</strong> Protonenmagnetometermessung<br />

von 1998.<br />

Nahezu alle Funde wur<strong>den</strong> entdeckt und im H<strong>in</strong>blick auf<br />

ihre Lage sowie auf ihre Art und Form genau beschrieben.<br />

E<strong>in</strong>ige Details jedoch, zum Beispiel Gruben <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

vorgeschichtlichen E<strong>in</strong>fassung, Bereiche im Inneren des<br />

mittelalterlichen Walls sowie das Gelände außerhalb des<br />

mittelalterlichen Grabens s<strong>in</strong>d auf <strong>den</strong> Plänen, die die Messungen<br />

vom März 2003 darstellen, deutlicher erkennbar.<br />

Es ist notwendig, empf<strong>in</strong>dlichere Geräte und präzisere<br />

Messgitter zu benutzen. Auch erlaubt <strong>der</strong> Gebrauch des<br />

neuen Systems <strong>der</strong> grafischen Darstellung <strong>der</strong> Ergebnisse,<br />

alle entdeckten Anomalien für <strong>den</strong> Archäologen klarer<br />

und verständlicher abzubil<strong>den</strong>.<br />

Der <strong>in</strong>teressanteste Teil <strong>der</strong> entdeckten Strukturen<br />

sche<strong>in</strong>t sich im südöstlichen Teil des äußeren mittelalterlichen<br />

Befestigungssystems zu bef<strong>in</strong><strong>den</strong>, wo zahlreiche<br />

E<strong>in</strong>zelheiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konstruktion des Schutzwalls auf<br />

dem Gradiometer Plot sichtbar s<strong>in</strong>d (Abb. 3). Hier verzeichnete<br />

Anomalien könnten von e<strong>in</strong>em Objekt ausgelöst<br />

NN<br />

0 50 m<br />

nT / m<br />

200.0<br />

30.0<br />

15.0<br />

10.0<br />

5.0<br />

2.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-1.0<br />

-2.0<br />

-5.0<br />

-450.0<br />

wor<strong>den</strong> se<strong>in</strong>, das ca. m<strong>in</strong>destens 15 m breit ist – wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

die Reste des Walls mit dem äußeren Graben.<br />

Stark ausgeprägte l<strong>in</strong>eare magnetische Anomalien könnten<br />

durch thermisch verän<strong>der</strong>tes Material ausgelöst wor<strong>den</strong><br />

se<strong>in</strong>, d. h., dass dieser Teil des Walls stark verbrannt war.<br />

E<strong>in</strong>ige rechteckige Anomalien traten im nördlichen Teil<br />

des Walls auf. Nahezu 30 solcher Strukturen wur<strong>den</strong> auf<br />

e<strong>in</strong>e Entfernung von 140 m erfasst. Dieses Bild lässt vermuten,<br />

dass <strong>der</strong> Wall im Kern wahrsche<strong>in</strong>lich aus e<strong>in</strong>em<br />

Holzkastenwerk mit Ste<strong>in</strong>-Lehm-Füllung bestand. Da<br />

dieses Material e<strong>in</strong>e relativ hohe magnetische Empf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

besitzt, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wenn es bei e<strong>in</strong>em Brand<br />

hohen Temperaturen ausgesetzt war und dadurch hochgradig<br />

thermisch verän<strong>der</strong>t wurde, könnten regelmäßige<br />

rechteckige positive magnetische Anomalien entstan<strong>den</strong><br />

se<strong>in</strong>. Ähnliche Konstruktionen mögen ebenfalls im südwestlichen<br />

und nordwestlichen Teil des äußeren Befestigungssystems<br />

für Anomalien verantwortlich se<strong>in</strong>.<br />

265


Hohe magnetische Anomalien <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bereichen S<br />

140–142; W 190–200 und S 40–50; W 150–165 wur<strong>den</strong><br />

durch relativ schmale Strukturen, die senkrecht zum<br />

äußeren Befestigungssystem stehen, erzeugt und könnten<br />

durch neuzeitliche(?) Gräben hervorgerufen se<strong>in</strong>.<br />

Normalerweise s<strong>in</strong>d Anomalien, die von solchen Gräben<br />

erzeugt wur<strong>den</strong>, positiv, da Mutterbo<strong>den</strong> von höherer<br />

magnetischer Empf<strong>in</strong>dlichkeit die Gräben füllt. Es<br />

ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass erfasste Anomalien<br />

durch Befunde, die Teil e<strong>in</strong>es Befestigungssystems s<strong>in</strong>d,<br />

ausgelöst wer<strong>den</strong>. Zusätzliche Daten konnten zu <strong>den</strong><br />

266<br />

Abb. 2. Hof/Stauchitz. Messung<br />

mit dem Fluxgate Gradiometer<br />

Geoscan FM 36, März 2003.<br />

Abb. 3. Hof/Stauchitz. Detailanschicht<br />

<strong>der</strong> Gradiometermessung<br />

mit äußerem Graben am Wall.<br />

Strukturen im Inneren <strong>der</strong> Anlage gewonnen wer<strong>den</strong>,<br />

die als vorgeschichtlich angesprochen wur<strong>den</strong>. Hier fallen<br />

drei l<strong>in</strong>eare Anomalien auf, die durch (Palisa<strong>den</strong>-[?])<br />

Gräben erzeugt wer<strong>den</strong>. E<strong>in</strong>e Reihe run<strong>der</strong> positiver<br />

Anomalien häuft sich <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> bei<strong>den</strong> <strong>in</strong>neren E<strong>in</strong>friedungen<br />

und könnte auf Grubenverfüllungen zurückzuführen<br />

se<strong>in</strong>, die manchmal regelmäßige gerade L<strong>in</strong>ien<br />

bil<strong>den</strong>. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es <strong>in</strong>teressantes Objekt – e<strong>in</strong>e Folge<br />

von Anomalien <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bereichen S 125–130; W 112–115<br />

wurde an <strong>der</strong> Stelle entdeckt, an <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Haupte<strong>in</strong>gang<br />

zur <strong>in</strong>neren Festung befun<strong>den</strong> haben könnte.


Abb. 4. Hof/Stauchitz.<br />

Ergebnis <strong>der</strong> geoelekt rischen<br />

Messung im nordöstlichen<br />

Bereich.<br />

Alle oben genannten Pläne wur<strong>den</strong> ohne Filter hergestellt.<br />

In e<strong>in</strong>igen von ihnen s<strong>in</strong>d schmale, l<strong>in</strong>eare Anomalien<br />

zu erkennen, die von Unregelmäßigkeiten des<br />

Untergrundes sowie dem magnetischen Rauschen, erzeugt<br />

durch die Bewegungen <strong>der</strong> Mess<strong>in</strong>strumente, herrühren.<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>er Gesamtveröffentlichung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

könnten diese Anomalien e<strong>in</strong>fach durch Filter-Programme<br />

beseitigt wer<strong>den</strong>.<br />

Die Ergebnisse, die mit dem Fluxgate Gradiometer<br />

erzielt wur<strong>den</strong>, stimmen mit <strong>den</strong>en des Proton Magnetometers<br />

übere<strong>in</strong>, wenngleich sich Details wie Gruben<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> prähistorischen(?) E<strong>in</strong>friedungen, <strong>der</strong> <strong>in</strong>nere<br />

Teil des mittelalterlichen Schutzwalles und das Äußere des<br />

mittelalterlichen Grabens wesentlich besser auf dem Plan,<br />

<strong>der</strong> mit Hilfe des Gradiometers erstellt wurde, verfolgen<br />

lassen. Diese Fe<strong>in</strong>heiten konnten durch die Anwendung<br />

e<strong>in</strong>es empf<strong>in</strong>dlicheren Gerätes und e<strong>in</strong>es präziseren Messgitters<br />

erfasst wer<strong>den</strong>.<br />

Der nordöstliche Teil <strong>der</strong> Anlage war für magnetische<br />

Messungen nicht geeignet, da hier metallische E<strong>in</strong>friedungen<br />

Anomalien verursachen. Diese bee<strong>in</strong>trächtigen das<br />

Magnetfeld <strong>der</strong> Erde, womit e<strong>in</strong>e genaue Beobachtung dieser<br />

Verän<strong>der</strong>ungen nicht möglich ist. Anomalien mit hohen<br />

Amplitu<strong>den</strong> wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> diesem Teil des untersuchten Gebie-<br />

267


268<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

Abb. 5. Hof/Stauchitz. <strong>Spuren</strong><br />

e<strong>in</strong>er neuzeitlichen Überlagerung<br />

(braun).<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

tes während <strong>der</strong> magnetischen Messungen beobachtet. In<br />

dieser Situation war es angebracht, geoelektrische Messungen<br />

e<strong>in</strong>zusetzen, um die möglichen archäologischen Strukturen<br />

<strong>in</strong> dem Bereich, <strong>in</strong> dem Reste e<strong>in</strong>es prähistorischen<br />

Grabens zu vermuten s<strong>in</strong>d, zu lokalisieren. Die Feldmessungen<br />

wur<strong>den</strong> im August 2003 unter Nutzung des alternativen<br />

(Messgerätes) Ohm-Meters ARA03 vervollständigt.<br />

Anfangs wurde e<strong>in</strong> Test mit verschie<strong>den</strong>en Messsystemen<br />

durchgeführt: „Mittlere-Gradient-Konfiguration“,<br />

symmetrische WENNER-Anordnung mit 1 m Elektro<strong>den</strong>abstand<br />

und „Pol-Pol-Anordnung“ mit verschie<strong>den</strong>en<br />

Elektro<strong>den</strong>abstän<strong>den</strong> <strong>der</strong> Strom- bzw. Spannungselektro<strong>den</strong>.<br />

Nach vielen Tests wurde die Pol-Pol-Anordnung<br />

mit mobilen Elektro<strong>den</strong> AM-Abstand 1 m, BN-Abstand<br />

10 m und Abstand <strong>der</strong> bei<strong>den</strong> Elektro<strong>den</strong>paare zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

von 50 m, bezogen auf die Position von M und<br />

B, als optimale Konfiguration für die konkreten Messbed<strong>in</strong>gungen<br />

ausgewählt, die <strong>den</strong> sche<strong>in</strong>baren spezifischen<br />

Wi<strong>der</strong>stand für Schichten <strong>in</strong> Tiefen von 1–1,5 m zu<br />

messen gestatten. E<strong>in</strong>e Fläche von be<strong>in</strong>ahe 0,3 ha (3170<br />

Messpunkte) <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>aten S 11–S 100,<br />

W 0–W 86 wurde prospektiert. Die Prospektion erfolgte<br />

unter extrem trockenen Bed<strong>in</strong>gungen nach e<strong>in</strong>em langen,<br />

heißen Sommer. Damit erhöhte sich die Chance,<br />

die beson<strong>der</strong>s trockenen Grabenverfüllungen von ihrer<br />

Umgebung zu trennen. Ungestörter, anstehen<strong>der</strong> Bo<strong>den</strong><br />

besitzt e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Wi<strong>der</strong>stand als archäologische<br />

250<br />

230 250<br />

210 230<br />

190 210<br />

170 190<br />

150 170<br />

130 150<br />

110 130<br />

110 90<br />

70 90<br />

50 70<br />

ohm-m 50<br />

ohm-m<br />

Strukturen. Das Messraster von e<strong>in</strong>em Meter entspricht<br />

demjenigen im Frühjahr für die magnetischen Messungen;<br />

damit konnten die Ergebnisse auf dem gleichen Plan<br />

zusammengeführt wer<strong>den</strong> (Abb. 4). Die Wie<strong>der</strong>holung<br />

von Messungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bereich, <strong>der</strong> bereits magnetisch<br />

prospektiert war (S 100–S 110 ; W 80–W 86) erlaubte die<br />

I<strong>den</strong>tifizierung von Anomalien mit bei<strong>den</strong> Metho<strong>den</strong>.<br />

Verän<strong>der</strong>ungen des Wi<strong>der</strong>stands im Bereich zwischen<br />

50 und 250 Ohm wur<strong>den</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> prospektierten Fläche<br />

ermittelt (Abb. 5). Der Nordteil <strong>der</strong> Untersuchungsfläche<br />

weist e<strong>in</strong>en fast gleichmäßigen Wi<strong>der</strong>stand auf, dessen<br />

Werte 50–70 Ohm nicht überschreiten. Es ist wahrsche<strong>in</strong>lich,<br />

dass hier <strong>Spuren</strong> e<strong>in</strong>er großen neuzeitlichen<br />

Kies- o<strong>der</strong> Sandgrube vorliegen, die die meisten archäologischen<br />

Strukturen <strong>in</strong> diesem Teil <strong>der</strong> Anlage zerstörte und<br />

nun mit zum Großteil homogenem Material gefüllt ist.<br />

Im südlichen Teil ist die Dynamik <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />

des Wi<strong>der</strong>stands viel höher und kann Werte über 200 Ohm<br />

erreichen. Die höchsten Werte lassen sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bereichen<br />

S 60–S 75, W 70–W 86 feststellen. Womöglich handelt<br />

es sich um Material aus <strong>der</strong> Kiesgrube- wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

Kies vermischt mit trockenem Sand unter <strong>der</strong> Oberfläche.<br />

Davon abgesehen zeichnet sich e<strong>in</strong>e schmale geradl<strong>in</strong>ige<br />

Anomalie ab, die wahrsche<strong>in</strong>lich auf die Reste <strong>der</strong> <strong>in</strong>nersten<br />

E<strong>in</strong>friedung <strong>der</strong> prähistorischen(?) Anlage zurückgeht.<br />

Sie liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verlängerung <strong>der</strong> l<strong>in</strong>earen Anomalie, die<br />

bereits durch die magnetischen Messungen aufgezeichnet


Abb. 6. Hof/Stauchitz. Überlagerung von geomagnetischem Messbild,<br />

Höhenschichtenl<strong>in</strong>ien und Grabungsschnitt (blau).<br />

wer<strong>den</strong> konnte (Abb. 1). Innerhalb <strong>der</strong> E<strong>in</strong>friedung liegt<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl kle<strong>in</strong>erer Anomalien mit hohen Wi<strong>der</strong>standswerten,<br />

die sowohl von neuzeitlichen als auch von<br />

prähistorischen Gruben stammen könnten.<br />

In dem Streifen, <strong>der</strong> entlag des Metallzaunes verläuft<br />

(S 92–S 102; W 0–W 60), s<strong>in</strong>d l<strong>in</strong>eare Anomalien auf <strong>der</strong><br />

Nord-Süd-L<strong>in</strong>ie um die Punkte W 25 und W 60 sichtbar.<br />

Die erste- schwach erkennbar,- könnte durch die Reste<br />

e<strong>in</strong>es zweiten <strong>in</strong>neren Grabens hervorgerufen wor<strong>den</strong> se<strong>in</strong>.<br />

Die Anomalie auf Punkt W 60 steht <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

mit dem ersten <strong>in</strong>nersten Graben und ersche<strong>in</strong>t auf dessen<br />

östlicher Grenze.<br />

Hohe Wi<strong>der</strong>standsanomalien an <strong>der</strong> südlichen Grenze<br />

des gemessenen Gebietes s<strong>in</strong>d wahrsche<strong>in</strong>lich geologischen<br />

Ursprungs. Es handelt sich um kle<strong>in</strong>e Kieselste<strong>in</strong>e<br />

auf <strong>der</strong> Oberfläche <strong>der</strong> Stelle, <strong>der</strong>en Material die Füllmasse<br />

<strong>der</strong> neuzeitlichen Grube darstellen könnte- zu vergleichen<br />

mit dem nördlichen Teil des erforschten Geländes, wo sich<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>e Kiesgrube befand. Es ist jedoch möglich,<br />

dass an diesem Ort Störungen auf dem Plan das Ergebnis<br />

magnetischer Untersuchungen darstellen. Diese Anomalien<br />

ersche<strong>in</strong>en nur an <strong>der</strong> nördlichen Grenze des erforschten<br />

Gebietes und s<strong>in</strong>d wahrsche<strong>in</strong>lich durch metallene E<strong>in</strong>friedungen<br />

verursacht wor<strong>den</strong>. Es ist außerdem möglich<br />

dass <strong>in</strong> Zukunft auch durch die archäologischen Untersuchungen<br />

solche Anomalien ausgelöst wer<strong>den</strong>.<br />

Die oben beschriebenen Messungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> gutes Beispiel<br />

für die komplexen Anwendungsgebiete magnetischer<br />

Messungen und Untersuchungen des Wi<strong>der</strong>stands. Diese<br />

Untersuchungen ermöglichen e<strong>in</strong> besseres Verständnis<br />

und erleichtern die Auswertung geophysikalischer<br />

Daten. Die Ergebnisse können sowohl für die Kontrolle<br />

<strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Fundstätte als auch für die Planung<br />

von zukünftigen Ausgrabungen (Abb. 6) genutzt wer<strong>den</strong>.<br />

Abbildungen: R. Křivánek/K. Misiewicz, Instiytut Archeologii<br />

i Etnologii, Warszawa (Abb. 1–6).<br />

Anschrift: Dr. K. Misiewicz, Instytut Archeologii i Etnologii,<br />

Polskiej Akademii Nauk, Al. Solidarnosci 105, PL-00-140 Warszawa,<br />

geomis@iaepan.edu.pl.<br />

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