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Skitouren bei Arolla - SAC Sektion Saas

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Proposte di gite<br />

Tourentipp<br />

Suggestions de courses<br />

Bec d’Epicoune und Aiguillette<br />

à la Singla<br />

<strong>Skitouren</strong> <strong>bei</strong> <strong>Arolla</strong><br />

Wer die dreitägige Rundtour von<br />

<strong>Arolla</strong> zu Bec d’Epicoune und Aouille<br />

Tseuque unternimmt, kann eine bekannte<br />

Region abseits der Touristenströme<br />

durchqueren. Diese Vorschläge<br />

richten sich an erfahrene<br />

Tourenfahrer, denn der Schwierigkeitsgrad<br />

liegt zwischen «ziemlich<br />

schwierig» und «sehr schwierig».<br />

Haute Route, Patrouille des Glaciers,<br />

Pigne d’<strong>Arolla</strong> – es ist wohl überflüssig,<br />

die Region <strong>Arolla</strong> vorzustellen. Ihr Ruf<br />

als viel besuchtes Tourengebiet soll aber<br />

nicht etwa jene abschrecken, die Unberührtheit<br />

und Einsamkeit schätzen. Problemlos<br />

können hier sehr schöne Touren<br />

abseits von Skifahrerhorden unternommen<br />

werden. Die auf der Grenze zu<br />

Frankreich liegenden Gipfel Bec d’Epicoune,<br />

Aouille Tseuque und Pointes<br />

d’Oren ermöglichen eine Tour über dem<br />

Glacier d’Otemma und der Haute Route.<br />

Von <strong>Arolla</strong> zum Bivouac<br />

de l’Aiguillette à la Singla<br />

An einem sonnigen Wochenende Ende<br />

Saison schnallen wir wenige hundert<br />

Meter vom Parkplatz in <strong>Arolla</strong> die Ski an.<br />

Wir suchen eine Spur, die uns erlaubt, die<br />

Ski bis zur Moräne anzubehalten. Hinter<br />

uns ragt die Aiguille de la Tsa stolz wie<br />

eine Kathedrale in den Himmel. Sobald<br />

wir aus dem Wald treten, liegt mehr<br />

Schnee, und wir erreichen den Glacier de<br />

Pièce, den wir auf seiner rechten Seite bis<br />

zur Cabane des Vignettes CAS hochsteigen.<br />

In der Nordwand des Pigne d’<strong>Arolla</strong>,<br />

die in den letzten Jahren weniger Schnee<br />

erhalten hat, sind im oberen Teil zahlreiche<br />

Felsen sichtbar. Bei der Hütte machen<br />

wir Halt für ein Picknick. Weil wir<br />

die einzigen Mittagsgäste sind, hat die<br />

Hüttenwartin Zeit für ein Schwätzchen.<br />

Als wir wieder aufbrechen, verdichten<br />

Foto: Laurent Scheurer<br />

Nordgrat des Bec d’Epicoune,<br />

wenige hundert Meter unter<br />

dem Gipfel<br />

sich die Wolken, und die Orientierung<br />

wird schwieriger. Im Col de Charmotane<br />

ziehen wir die Felle ab, gleiten über den<br />

Glacier d’ Otemma und peilen da<strong>bei</strong> den<br />

NW-Sporn der Singla an. Wir sind mitten<br />

in einer vergletscherten Welt, ohne<br />

irgendwelche Zivilisationsspuren.<br />

Schliesslich steigen wir den Glacier de<br />

Blanchen hinauf ins Bivouac de<br />

l’Aiguillette à la Singla CAS. Grossartig,<br />

dass wir allein sind für die Nacht! Dank<br />

dem auf dem Dach schmelzenden<br />

Schnee steht ein wenig Wasser zur Verfügung,<br />

und im Innern der Hütte ist es fast<br />

warm. Nur der Wind unterbricht die<br />

Stille. Aber schliesslich begleitet er uns<br />

in dieser unberührten und so ruhigen<br />

Natur in einen tiefen Schlaf.<br />

Vom Bivouac de l’Aiguillette zum<br />

Bec d’Epicoune und zurück<br />

Wir stehen früh und <strong>bei</strong> Kälte auf. Nach<br />

einem schnellen Frühstück im Stehen<br />

schnallen wir die Ski an. Während der<br />

Mond noch über der Aouille Tseuque<br />

steht, beleuchten bereits die ersten Sonnenstrahlen<br />

den Gipfel des Pigne d’<strong>Arolla</strong>.<br />

Es wird ein wunderschöner Tag werden.<br />

DIE ALPEN 1/2006 13


TOURENTIPP<br />

Blick vom Bec d’Epicoune nach<br />

Osten auf die Dent d’Hérens,<br />

das Matterhorn und das Monte-<br />

Rosa-Massiv<br />

Fotos: Laurent Scheurer


Der Schnee ist gefroren, und wir folgen<br />

dem linken Rand des Glacier d’Otemma<br />

bis an sein Ende oberhalb des Jardin des<br />

Chamois. Wir steigen erst auf der Moräne,<br />

dann auf der rechten Seite des Glacier<br />

d’Epicoune bis zu einer Terrasse auf. Von<br />

hier sieht man den Bec d’Epicoune. Der<br />

Hang wird vor dem N-Grat steiler und<br />

zwingt uns, die Steigeisen anzuziehen.<br />

Rund 200 m südlich von P. 3185 stehen<br />

wir am N-Grat, einer unglaublich ästhetischen<br />

Linie, luftig und unberührt. Wir<br />

folgen ihm bis zu den Gipfelfelsen, die<br />

wir erklettern. Der Blick vom Gipfel des<br />

Bec d’Epicoune bietet ungewohnte Perspektiven.<br />

Die Abfahrt über die Aufstiegsroute<br />

ist technisch anspruchsvoll und bis<br />

3000 m ausgesetzt, denn die Hänge sind<br />

steil, stellenweise bis 40 bis 45°. Wir kurven<br />

etwas zögerlich hinab, geniessen<br />

aber auch die Herausforderung, welche<br />

die Steilheit des Geländes stellt. Weiter<br />

unten toben wir uns dann in weichem<br />

Schnee aus. Welche Erleichterung zu<br />

wissen, dass der technische Teil des Tages<br />

hinter uns liegt! Wir brauchen noch<br />

Praktische Informationen<br />

Route: <strong>Arolla</strong>, 2006 m–Cabane des<br />

Vignettes CAS–Bivouac de l’Aiguillette<br />

à la Singla CAS, 3179 m; 1433 m Aufstieg,<br />

260 m Abfahrt; 6 Std.; ZS<br />

Bivouac de l’Aiguillette à la Singla–<br />

Bec d’Epicoune, 3531 m–Bivouac de<br />

l’Aiguillette à la Singla; 1700 m Aufstieg,<br />

1700 m Abfahrt; 9 Std.; S bis SS; Bedingung<br />

für die Besteigung des Bec d’Epicoune<br />

ist gut verfestigter Schnee!<br />

Bivouac de l’Aiguillette à la Singla–<br />

Aouille Tseuque, 3554 m–Pointes d’Oren,<br />

3535 m-<strong>Arolla</strong> ; 1100 m Aufstieg, 2200 m<br />

Abfahrt; 8 Std.; ZS bis S<br />

1 1 ⁄2 Std. unter brütender Sonne für den<br />

Aufstieg ins Biwak. Den Nachmittag verbringen<br />

wir damit, den Lawinen zuzusehen,<br />

die von den Portons hinabstürzen.<br />

Nordgrat des Bec d’Epicoune mit<br />

dem Glacier d’Otemma<br />

Karten/Führer: LK 1:25 000, Blatt 1346<br />

Chanrion, 1347 Matterhorn, 1366 Mont Vélan;<br />

LK 1:50 000, Blatt 283 S <strong>Arolla</strong> und 293<br />

Valpelline. Stéphane Albasini, Ski alpin Bas-<br />

Valais. Du lac Léman au vallon de Tourtemagne,<br />

Verlag <strong>SAC</strong>, Bern 2003.<br />

Unterkunft: Bivouac de l’Aiguillette à la<br />

Singla, 12 Plätze, Decken, Kochutensilien<br />

(Gaskartuschen mitnehmen), Reservation<br />

<strong>bei</strong> Claude-Alain Montandon,<br />

Tel. 021 646 59 01.<br />

Beste Jahreszeit: März bis Mai<br />

Bivouac de l’Aiguillette–Aouille<br />

Tseuque–Pointes d’Oren–<strong>Arolla</strong><br />

Auch am nächsten Morgen ist das Wetter<br />

gut. Vom Biwak gleiten wir während einiger<br />

hundert Meter über den Glacier de<br />

Der Grand Combin und der<br />

Glacier du Mont Durand<br />

DIE ALPEN 1/2006 15


TOURENTIPP<br />

Die Dent d’Hérens, die im Col<br />

du Petit Mont Collon erscheint<br />

16<br />

Fotos: Laurent Scheurer<br />

Blick von der Aouille Tseuque<br />

auf den Nordgrat des Bec<br />

d’Epicoune


Les Portons, Pigne d’<strong>Arolla</strong> und<br />

Col de Charmotane von der<br />

Aouille Tseuque aus gesehen<br />

l’Aiguillette, bevor wir die Felle aufziehen.<br />

Vor uns erreichen die ersten Sonnenstrahlen<br />

die NE-Wand der Aouille<br />

Tseuque, die wir nun schon seit zwei<br />

Tagen vor uns haben, liegt sie doch dem<br />

Biwak direkt gegenüber. Wir brennen<br />

darauf, sie von nahem zu betrachten.<br />

Während wir den grössten Teil des<br />

Hangs problemlos mit den Ski bewältigen,<br />

müssen wir sie über die letzten paar<br />

Dutzend Meter unter P. 3363 tragen. Von<br />

hier aus steigen wir wieder mit den Fellen<br />

bis zum Gipfel auf. Das Panorama ist<br />

grandios: Grand Combin, Pigne d’<strong>Arolla</strong>,<br />

Matterhorn, Dent d’Hérens, Monte Rosa<br />

und Bec d’Epicoune, auf dem wir am<br />

Vortag gestanden waren. Die Gipfelrast<br />

gibt uns Gelegenheit, auch die italienische<br />

Seite des Panoramas zu geniessen.<br />

Einziges Anzeichen für menschliche Anwesenheit:<br />

braungräulicher Smog über<br />

dem Aostatal. Die Abfahrt von der Gipfelkuppe<br />

ist exponiert und genussreich.<br />

Der nachfolgende Hang läuft sanft aus.<br />

Wir gehen am Biwak vor<strong>bei</strong>, nehmen<br />

mit, was wir zurückgelassen haben, und<br />

gleiten bis zum Glacier d’Otemma. Von<br />

dort steigen wir in Richtung Col du Petit<br />

Mont Collon in einem verlassenen, wilden<br />

Talkessel auf. Am Fuss der Pointes<br />

d’Oren, der wir entlanggehen, liegen die<br />

Überreste kleiner Schneerutsche, die an<br />

Faltenwürfe eines Vorhangs erinnern.<br />

Wir steigen hinauf und fahren auf der<br />

anderen Seite hinunter, um den Col de<br />

l’Evêque zu erreichen – und treffen hier<br />

zu unserem Leidwesen auf Scharen von<br />

Sonntagsausflüglern. Unseren Tag beschliessen<br />

wir mit der langen Abfahrt<br />

über den Haut Glacier d’<strong>Arolla</strong> nach<br />

<strong>Arolla</strong>. Während dreier Tage haben wir<br />

eine grandiose Landschaft durchquert<br />

und mutterseelenallein zwei Gipfel erstiegen,<br />

die von den Hunderten von Alpinisten<br />

auf der Haute Route links liegen<br />

gelassen werden. Es lohnt sich, etwas<br />

mehr Aufwand zu betreiben und gleichsam<br />

hinter die Kulissen zu schauen! a<br />

Laurent Scheurer, Bulle (ü)<br />

Kleine Schneerutsche in der<br />

Nordwand der Pointes d’Oren<br />

DIE ALPEN 1/2006 17

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