Web 2.0: Internet-Videoschnitt - Thomas Nowara Blog
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<strong>Web</strong> <strong>2.0</strong>: <strong>Internet</strong>-<strong>Videoschnitt</strong><br />
Folgt auf Nonlinear Editing (NLE) und Workgroup-Arbeiten<br />
nun Collaborative Editing?<br />
Mit diesem Begriff ist das gemeinsame Erstellen<br />
eines Films im <strong>Internet</strong> durch mehrere<br />
Benutzer gemeint. Zwar gab es den Begriff<br />
„<strong>Internet</strong> <strong>Videoschnitt</strong>“ schon einmal im<br />
<strong>Internet</strong>. Aber nun erst, mit <strong>Web</strong> <strong>2.0</strong>, scheint<br />
die Zeit für diese Entwicklung reif zu sein.<br />
Von dem Branchenprimus Sony wird der<br />
Trend ernst genommen, und mit „Sonaps“<br />
bietet der japanische Hersteller ein erstes<br />
System für das vernetzte Workgroup-Arbeiten<br />
über <strong>Internet</strong> oder Intranet an. Ein weiterer<br />
Pionier in diesem Gebiet, dessen System<br />
hier vorgestellt wird, ist das UK-Unternehmen<br />
„Forbidden Technologies“. Es bietet als<br />
Erstes eine einfache, hauptsächlich softwarebasierte<br />
Lösung für den <strong>Internet</strong>-<strong>Videoschnitt</strong><br />
an.<br />
Hintergrund<br />
In der Regel besteht ein NLE-Schnittplatz aus<br />
einem Rechner, Graphik- und Videomonitoren,<br />
Audiomischpult und -boxen sowie weiteren<br />
Geräten. Nur im Einsatz in Krisengebieten<br />
verringert sich dieser Aufwand auf das absolut<br />
Notwendige: den Laptop, die Kamera zum<br />
Ein- und Ausspielen, Kopfhörer und den Fernseher<br />
des Hotels.<br />
Ist es da denkbar, dass Filmschaffende<br />
sich vom <strong>Internet</strong>cafe aus einloggen, um an<br />
ihrem Film zu arbeiten? Dass die an einem<br />
Projekt Beteiligten im <strong>Internet</strong> auf Rohmaterial<br />
und Schnittversionen zugreifen können, um<br />
gemeinsam ein Projekt zu erstellen? Vielleicht<br />
erscheint das vielen Nutzern heute noch als zu<br />
abwegig, aber es ist zu erwarten, dass sich der<br />
<strong>Videoschnitt</strong> in diese Richtung entwickeln<br />
wird.<br />
Zur Verdeutlichung sei hier der Arbeitsablauf<br />
kurz geschildert: Audio und Videomaterial<br />
werden auf einen Server im <strong>Internet</strong> geladen,<br />
stehen dort zur Bearbeitung bereit und<br />
können nach dem Schnitt als On- oder Offline-<br />
<strong>Thomas</strong> <strong>Nowara</strong><br />
Geschäftsführer Schnittpunkt<br />
(Videoproduktion), Köln<br />
www.schnittpunkt.de<br />
<strong>Web</strong>page Forbidden Technologies<br />
www.forbidden.co.uk/<br />
Datei ausgegeben werden. Die Vorteile dieser<br />
Arbeitsweise sind zu offensichtlich, um sie<br />
von der Hand zu weisen. Das Rohmaterial ist<br />
jederzeit und an jedem Ort, an dem ein Breitbandanschluss<br />
vorhanden ist, verfügbar. Darüber<br />
hinaus können Arbeitsabläufe wesentlich<br />
effizienter gestaltet werden. Die gesamten<br />
Vorteile der heutigen prozessgesteuerten<br />
Computertechnik, wie etwa gesteuerte Rechtevergabe<br />
an die Nutzer, Customer Relationship<br />
Management (CRM), automatische Abrechnung,<br />
Mehrfachnutzung von Material für<br />
unterschiedliche Aufgaben, Verbindung mehrerer<br />
Archive, stehen dabei zur Verfügung.<br />
Forbidden Technologies<br />
Der Cambridge-Absolvent Stephen Streater<br />
gründete Forbidden Technologies (FT) 1998<br />
mit dem Ziel, die Möglichkeiten des <strong>Internet</strong>s<br />
für den <strong>Videoschnitt</strong> zu nutzen. Das FT-System<br />
baut auf einem NLE-System der UK-Firma Eidos<br />
auf. Ein wesentliches Merkmal der FT-Lösung<br />
ist, dass der Nutzer keine Hardware kaufen<br />
muss sondern im Wesentlichen die von FT<br />
bereitgestellte Software nutzt und auch nur<br />
für die Nutzung derselben bezahlt. Forbidden<br />
bietet eine Gesamtlösung für die Videobearbeitung<br />
von der Einspielung auf den Server,<br />
über den <strong>Videoschnitt</strong> bis zur Ausgabe des fertigen<br />
Produktes in unterschiedlichen Formaten<br />
von der EDL über MPEG bis zu Ogg (Computerdatenformat<br />
im <strong>Internet</strong>).<br />
Neben der professionellen Software<br />
„FORscene“ bietet FT mit „Clesh“ für den Consumer<br />
auch eine einfache <strong>Internet</strong>-Schnittsoftware<br />
an. Wenn man sich den großen Erfolg<br />
von YouTube vor Augen führt, dann ist zu erwarten,<br />
dass die weltweiten Videonutzer im<br />
nächsten Schritt ihre eigenen Clips und die<br />
der <strong>Internet</strong>-Gemeinschaft bearbeiten wollen<br />
und damit „Clesh“ den Nerv der Zeit trifft.<br />
„FORscene“ im Einsatz<br />
Broadcaster und Produktionshäuser wie zum<br />
Beispiel ITV, BBC News 24 und Granada Media<br />
nutzen „FORscene“ bereits für Produktionen.<br />
Bei Granada wurde das System bereits das<br />
dritte Mal bei der Produktion einer Doku Soap<br />
eingesetzt. Das war bei der Produktion von<br />
„Trust me I’m a Holiday Rep“ im Sommer<br />
2006. Dabei wurden 380 Stunden Rohmateri-<br />
al vor Ort auf Kreta von 12 Personen innerhalb<br />
von 14 Tagen geloggt und auf den Server übertragen.<br />
Die Vorauswahl des Materials erfolgte<br />
in „FORscene“; die dabei entstandenen Log-<br />
Listen wurde als EDL für den Schnitt mit Avid-<br />
Systemen übernommen. Nach Aussagen der<br />
Produktion bei Granada, konnten durch den<br />
Einsatz von „FORscene“ sowohl Produktionskosten<br />
eingespart als auch ein enger Zeitplan<br />
eingehalten werden.<br />
Übersicht „FORscene“<br />
Das Produktionssystem „FORscene“ dient zur<br />
Übertragung, Speicherung und Bearbeitung<br />
sowie zur Ausgabe von Videosequenzen über<br />
das <strong>Internet</strong>. Für die Konvertierung und Übertragung<br />
von Bandmaterial muss entsprechend<br />
der benutzen Computerplattform (PC,<br />
Mac, Linux) ein Programm herunter geladen<br />
und installiert werden. Neben der Softwarekonvertierung<br />
gibt es auch eine auf Linux basierende<br />
Hardwarelösung. Sie arbeitet, abhängig<br />
von der verwendeten Übertragungs-<br />
Bandbreite, bis hin zu Echtzeit. Die Bandbreite<br />
ist wie jeder Übertragung letztendlich der<br />
begrenzende Faktor des Systems. Generell<br />
wird alles Material für die Bearbeitung (zur<br />
Zeit BetaCam SP, DV Cam, Mini DV) in die FT-eigenen<br />
Audio- und Video-Codecs übertragen.<br />
Der Videocodec heißt „Blackbird“ und wird<br />
sowohl für Streaming als auch Editing eingesetzt.<br />
Eine Besonderheit dieses Codecs ist,<br />
dass er bei niedrigen Bandbreiten zunächst<br />
auch mit einer niedrigen Bildrate arbeitet. Sie<br />
erhöht sich automatisch im Laufe der Downloadzeit<br />
auf die dann volle Bildrate. Dadurch<br />
soll nach Angaben des Unternehmens eine<br />
gleichbleibend gute Bildqualität gewährleistet<br />
werden.<br />
Die Übertragung von Medien-Dateien<br />
kann direkt im Browser vorgenommen werden.<br />
Da es sich bei „FORscene“ um eine Java-<br />
Applikation handelt, muss keine weitere Software<br />
installiert werden. „FORscene“ ist direkt<br />
verfügbar. Das ist einer der großen Vorteile<br />
dieses Systems und auch der Grund, warum<br />
es von überall zugänglich ist. Sobald Java auf<br />
dem Rechner vorhanden ist, kann auch Video<br />
darauf geschnitten werden. Darüber hinaus<br />
sollte für Editing-Arbeiten ein 2-GHz-PC (oder<br />
MAC) und 512 MB RAM-Speicher) benutzt wer-<br />
x/2007 FKT 1
EDITING<br />
Bild 1. Die Benutzeroberfläche des Schnittprogramms ist sehr einfach gehalten<br />
den. Eine stabile <strong>Internet</strong>verbindung (mindestens<br />
512 Kbit/s) wird vorausgesetzt.<br />
Die Verarbeitung selbst ist recht einfach<br />
und erklärt sich in weiten Bereichen von<br />
selbst. Bild 1 zeigt die Benutzeroberfläche<br />
mit Zuspieler- und Recorderfenster; die Materialverwaltung<br />
liegt im Hintergrund; unten ist<br />
die Timeline und auf der linken Seite sind die<br />
Buttons für Verwaltung, Hilfe und Ausgabe zu<br />
sehen. Geschnitten wird wie sonst auch, indem<br />
Clips in das Zuspielfenster gezogen, In<br />
und Out gesetzt und diese dann in die Timeline<br />
gezogen werden. Die Effektbearbeitung ist<br />
auf Blenden begrenzt, was aber in der jetzigen<br />
Ausbaustufe von eher sekundärer Natur ist.<br />
Wichtiger sind da schon die Publishing-Funktionen.<br />
Für den anschließenden Onlineschnitt<br />
2 x/2007 FKT<br />
gibt es EDL und XML; für die Online-Veröffentlichung<br />
gibt es die Möglichkeiten, ein <strong>Internet</strong>file,<br />
Podcast, Ogg, 3G oder eine MPEG-Datei<br />
zu erzeugen. Und das ganz einfach, indem<br />
der fertige Film angepackt und auf das jeweilige<br />
Symbol gezogen wird. Die Konvertierung in<br />
das entsprechende Format erfolgt automatisch,<br />
wobei nach erfolgreicher Konvertierung<br />
sowohl ein direkter Link als auch ein HTML-<br />
Quellentext für die Einbindung in die eigene<br />
Seite angeboten wird.<br />
Die Mediendaten werden auf eine redundante<br />
Linux-Serverinfrastruktur übertragen.<br />
Forbidden Technologies geht davon aus, da<br />
das Editing durch das Java-Frontend und die<br />
Kompression durch eine eigene Software erfolgen,<br />
dass pro User 1 Mbit/s durchschnitt-<br />
Bild 2. Um mit „FORscene“ arbeiten zu können ist eine Mindestbandbreite<br />
von 512 Kbit/s erforderlich. Die vorhandene Bandbreite kann mit<br />
einem FT-Tool getestet werden. Bei den Versuchen des Autors wurde<br />
laut Protokoll eine maximale Bandbreite von 3,6 Mbit/s erreicht<br />
licher Datenverkehr erzeugt wird. Im Moment<br />
arbeitet FT mit einer 100-Mbit/s-Anbindung,<br />
die aber auf 1 Gbit/s erweitert werden kann<br />
(Bild 2).<br />
Fazit<br />
Ob Forbidden Technologies die „Kraft“ hat,<br />
diese neue Form des <strong>Videoschnitt</strong>s alleine<br />
einzuführen, wird sich zeigen. Auf jeden Fall<br />
bietet die „FORscene“-Lösung viele wirklich<br />
neue Ansätze und ein hohes Potenzial. So<br />
auch beim sogenannten City-Journalismus,<br />
bei dem die Beiträge per Videohandy eingespielt<br />
werden. Inzwischen soll das sogar in<br />
DVD-Qualität gehen.