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(focus)uni lübeck - Universität zu Lübeck

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| Forschung aktuell<br />

Durch die Verbesserungen der herzchirurgischen Techniken,<br />

die Einführung weniger invasiver Verfahren und<br />

verbesserte perioperative Versorgung nimmt die Morbidität<br />

und Mortalität nach herzchirurgischen Operationen trotz <strong>zu</strong>nehmend<br />

höherem Lebensalter der Patienten ab 1 . Mit dem<br />

steigenden Lebensalter der <strong>zu</strong> versorgenden Patienten steigt<br />

allerdings das Risiko für neurologische Komplikationen, die<br />

das operative Ergebnis erheblich einschränken können 2,3 .<br />

Da<strong>zu</strong> gehören Schlaganfall, Delir oder kognitive Dysfunktion<br />

4-6 . Postoperatives Delir ist hier definiert als postoperativ auftretende<br />

akute Wesensveränderung mit vorübergehender<br />

Störung der Wahrnehmung und des Bewusstseins ohne andere<br />

erkennbare Ursache, kognitive Dysfunktion als postoperativ<br />

auftretende Merk- und Denkstörungen.<br />

Intraoperative Störungen der zerebralen Durchblutung,<br />

die unter anderem für die genannten Komplikationen als<br />

ursächlich betrachtet werden, können regional durch Embolisation<br />

z.B. durch Luft, Thromben oder arteriosklerotische<br />

Plaques bedingt sein oder global entstehen, z.B. durch<br />

schwerere Einschränkungen der allgemeinen Hämodynamik<br />

7,8 , oder auch durch Veränderungen der zerebralen Autoregulation<br />

während der extrakorporalen Zirkulation 9 .<br />

Während embolische Ereignisse vor allem durch Optimierung<br />

der Kanülierungs- und Perfusionstechniken reduziert<br />

oder vermieden werden können 10 , sind Ereignisse, die die<br />

globale zerebrale Perfusion beeinträchtigen, durch intraoperative<br />

Narkoseführung, Therapie von Blutdruckschwankungen<br />

und Optimierung der Herzleistung potenziell beeinflussbar.<br />

Darüber hinaus können Faktoren, die mit der Krankheitsschwere<br />

der Patienten assoziiert sind, wie Anämie, eingeschränkte<br />

kardiale Leistungsbreite oder hohes Alter, das Risiko<br />

für postoperative globale kognitive Störungen erhöhen4 .<br />

Da nicht nur fokale neurologische Störungen, sondern<br />

auch das postoperative Delir und kognitive Funktionseinbußen<br />

mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einhergehen3,11<br />

, kommt der frühzeitigen Detektion von zerebralen Perfusionsstörungen<br />

eine herausragende Bedeutung <strong>zu</strong> 12 .<br />

Es wird daher <strong>zu</strong>nehmend ein umfassendes zerebrales Monitoring<br />

während herzchirurgischer Eingriffe gefordert 12-14 ,<br />

wobei die Wahl des geeignetsten Verfahrens noch diskutiert<br />

wird 15,16 . Ideal wäre ein nicht-invasives, kontinuierliches Monitoring,<br />

das Untersucher-unabhängig und mobil einsetzbar<br />

wäre. Einige dieser Vorausset<strong>zu</strong>ngen erfüllt die zerebrale Oximetrie.<br />

Die zerebrale Oximetrie hat sich in operativen Bereichen,<br />

die mit einer erhöhten Gefährdung der zerebralen Perfusion<br />

einhergehen, wie Chirurgie der hirnversorgenden Gefäße<br />

(insbesondere Carotis-Thrombendarteriektomie) und der Er-<br />

29. JAHRGANG | HEFT 2 | OKTOBER 2012 |<br />

wachsenen- und Kinderherzchirurgie besonders etabliert. Es<br />

konnte bislang gezeigt werden, dass intraoperative längere<br />

Phasen mit niedrigen Werten der zerebralen Sauerstoffsättigung<br />

sowohl bei herzchirurgischen, wie auch allgemeinchirurgischen<br />

Patienten mit schlechterem neurologischen<br />

Ergebnis assoziiert sind 17,18 . Dabei sind die potenziell bedrohlichen<br />

Grenzwerte noch Gegenstand der Diskussion.<br />

Die <strong>Lübeck</strong>er Arbeitsgruppe konzentriert sich im Bereich<br />

der Herzchirurgie auf drei Bereiche: Den präoperativen Einsatz<br />

der zerebralen Oximetrie <strong>zu</strong>r Prädiktion von allgemeinem<br />

und neurologischem Outcome, die Anwendung der<br />

zerebralen Oximetrie als Parameter der globalen Hämodynamik<br />

und den Zusammenhang zwischen zerebraler Oximetrie<br />

und postoperativen kognitiven Funktionsstörungen.<br />

Technische Grundlagen<br />

Die zerebrale Oximetrie ermöglicht kontinuierlich und nichtinvasiv<br />

die Messung einer zerebralen Sauerstoffsättigung im<br />

Gewebe und damit der Sauerstoffversorgung des Gehirns<br />

im frontalen Bereich. Die Technik beruht auf den physikalischen<br />

Prinzipien von Absorption und Streuung. Licht im nahinfraroten<br />

Wellenlängenbereich von 700 bis 900nm kann<br />

menschliches Gewebe gut durchdringen und wird auf dem<br />

Weg durch die verschiedenen Gewebeanteile absorbiert und<br />

gestreut. Die Absorption der eindringenden Photonen der<br />

für die cerebrale Oximetrie verwendeten Wellenlängen geschieht<br />

überwiegend durch das Chromophor Hämoglobin,<br />

da die Absorption durch Wasser und andere Gewebeanteile<br />

in diesem Wellenlängenbereich minimal ist. Da sich Oxy- und<br />

Desoxyhämoglobin in ihren Absorptionseigenschaften unterscheiden,<br />

kann der Oxygenierungsgrad des durchleuchteten<br />

Gewebes gemessen werden, wenn die verwendeten Wellenlängen<br />

entsprechend gewählt werden.<br />

Neben der Absorption werden die Photonen durch die<br />

verschiedenen Gewebeanteile gestreut. Die Streuung führt<br />

<strong>zu</strong> einer diffusen Ausbreitung des Lichtes im Gewebe und<br />

ermöglicht die Detektion der wieder austretenden Photonen<br />

an einem vom Lichtsender entfernten Detektor. Da sich<br />

das Licht im Schädel und im Gehirngewebe durch Streuung<br />

bogenförmig ausbreitet, können unter Verwendung von<br />

zwei Detektoren, die sich in unterschiedlichem Abstand <strong>zu</strong>m<br />

Lichtsender befinden, verschiedene tiefe Gewebeschichten<br />

diskriminiert werden. Je näher der Detektor an der Lichtquelle<br />

liegt, desto flacher ist der <strong>zu</strong>rückgelegte Weg der<br />

Photonen durch das Gewebe, je entfernter, desto tiefer (siehe<br />

Abbildung 1). Wenn durch ein Subtraktionsverfahren die<br />

Lichtabsorption durch das oberflächliche Gewebe eliminiert<br />

(<strong>focus</strong>) <strong>uni</strong> <strong>lübeck</strong><br />

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