EpochEn-Mix - Axel Vervoordt
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Diese Seite: Rebstöcke vor<br />
dem Hauptportal des Château<br />
du Tertre, das 30 Kilometer<br />
nördlich von Bordeaux<br />
liegt. Auf dem Gut wächst<br />
einer der besten Weine des<br />
Medoc. Rechte Seite: Die<br />
Bibliothek mit marmorner<br />
Kamin-Einfassung (18. Jh.)<br />
und Clubsesseln von<br />
<strong>Axel</strong> <strong>Vervoordt</strong>. Der römi-<br />
sche Torso am Fenster<br />
stammt aus dem ersten bis<br />
zweiten Jahrhundert n. Chr.<br />
Trend 5:<br />
<strong>EpochEn</strong>-<strong>Mix</strong><br />
Vor zehn Jahren wurde das französische Château du<br />
Tertre regelrecht wachgeküsst. Das historische<br />
Ambiente bezaubert seitdem mit gezielter Stil-Melange<br />
FOTOS: CHRISTIAN SARRAMON<br />
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Eine skurrile Szenerie bot sich <strong>Axel</strong> <strong>Vervoordt</strong>,<br />
als er Ende der neunziger zum ersten Mal<br />
das château du Tertre betrat: Wo einst französische<br />
Adlige mit gepuderten perücken eine gehobene<br />
Salonkultur gepflegt hatten, trabten träge<br />
ein paar Milchkühe herum. ”Türen, Dächer, Schornsteine,<br />
Bodenbeläge, alles war weg”, erinnert sich<br />
der belgische Kunst- und Antiquitätenhändler, der<br />
im Auftrag eines befreundeten Unternehmers mit<br />
der Restaurierung des Schlosses aus dem 18. Jahrhundert<br />
begann – und eine Meisterleistung vollbrachte!<br />
Wer sich heute dem Weingut auf der Allee<br />
nähert, die von Rebstöcken mit cabernet-Sauvignon-<br />
und Merlot-Trauben gesäumt wird (Gutsbesitzer<br />
Eric Albada Jelgersma macht einen hochklassigen<br />
Bordeaux!), spürt sofort den Glanz vergangener<br />
Zeiten: Ein schmiedeeisernes Tor gibt den Weg<br />
durch einen kleinen park zum hauptgebäude frei.<br />
im Erdgeschoss spaziert man durch die Bibliothek,<br />
mehrere Empfangsräume, die Küche und zwei Esszimmer.<br />
”Das eine eignet sich mit seinen hellen,<br />
cremefarbenen Tönen für den Lunch”, erklärt <strong>Vervoordt</strong>,<br />
”das andere ist in blassem Rot gehalten: perfekt<br />
für festliche Dinner”. Er wählte für fast alle<br />
Die Eleganz des 18. Jahrhunderts wird mit<br />
romantischen Details in die Jetztzeit überführt<br />
Linke Seite: Wachskerzen<br />
auf einem holländischen Kronleuchter<br />
sowie zwei Tisch-<br />
lampen erzeugen in der Küche<br />
Wohlfühl-Atmosphäre. Herd<br />
und Spülbecken verbergen<br />
sich hinter einer langen Holztheke.<br />
Den Sims des Dunst-<br />
abzugs zieren französische<br />
Tonkrüge aus dem 19. Jahrhundert.<br />
Keramikgefäße mit<br />
Obst und Gemüse stehen auf<br />
einer schweren Steinplatte<br />
(vorne rechts), die Fischern<br />
früher dazu diente, ihren Fang<br />
auszulegen. Stühle (Modell<br />
”Maurice”) von <strong>Axel</strong> <strong>Vervoordt</strong>,<br />
der Tisch ist vom Flohmarkt.<br />
Diese Seite: Dieses<br />
Gästezimmer richtete die Haus-<br />
herrin ein – die Toile-de-Jouy-<br />
Tapete erinnert an die Dessins<br />
der Textilmanufaktur von Jouyen-Josas,<br />
die im 18. Jahrhundert<br />
fast alle Herrenhäuser mit<br />
ihrem Tuch ausstattete<br />
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Diese Seite: Die Wandvertäfelung<br />
im zarten Seladongrün<br />
stammt aus dem 18. Jahr-<br />
hundert, ebenso der Louis-XV.-<br />
Stuhl. Die französische<br />
Chaiselongue (19. Jh.) bildet<br />
mit modernem Karobezug<br />
farblich eine Brücke zwischen<br />
dem Pastellgrün und kräftigem<br />
Orange. Auf dem Boden<br />
kann man runde Abdrücke<br />
entdecken: Sie stammen von<br />
Gouda-Laiben – die Kiefern-<br />
holzdielen dienten in einer<br />
holländischen Käserei als<br />
Regal. Rechte Seite: Jedes<br />
Schlafzimmer im ersten Stock<br />
hat ein Bad mit wohnlichem<br />
Charakter – hier dank ge-<br />
rahmter Spiegel und historischer<br />
Zeichnungen des<br />
Château du Tertre. Das Rot<br />
der Wand findet sich in den<br />
Bodenfliesen wieder. Schön<br />
nostalgisch: die Waschbecken<br />
aus dem 19. Jahrhundert<br />
Spiegel mit Holzrahmen, Illustrationen und<br />
gepolsterte Stühle machen das Bad wohnlich<br />
Räume Möbel aus der Zeit Louis’ xV. (1710 – 1774).<br />
Typisch für den Louis-xV.-Stil: Er wirkte graziler, beschwingter<br />
und war wesentlich bequemer als der<br />
vorangegangene barocke pomp. Die rokokohafte<br />
Leichtigkeit unterstrich <strong>Vervoordt</strong> immer wieder<br />
mit hellen Sofas und Sesseln aus der eigenen homecollection.<br />
Dazu passten auch die Schätze, die von<br />
der Sammelleidenschaft des Schlossbesitzers zeugen:<br />
Bilder holländischer und italienischer Meister aus<br />
dem 17. Jahrhundert, ebenso filigrane Kronleuchter<br />
und kleine Bronzestatuen. im ersten Stock gestaltete<br />
<strong>Vervoordt</strong> – der als inneneinrichter nicht nur Kun-<br />
den wie Sting und calvin Klein in der Kartei führt,<br />
sondern auch das belgische Königshaus – jedes der<br />
acht Schlaf- und Gästezimmer unterschiedlich. Eines<br />
schmückt sich mit roten Toile-de-Jouy-Tapeten,<br />
ein anderes mit blauen. Ein drittes verströmt mit<br />
Gelbtönen und einem spanischen Säulenbett südländisches<br />
Flair. Britische noblesse wiederum dominiert<br />
mit Mahagoni-Möbeln im viktorianischen<br />
Zimmer. Manche Freunde des hauses haben bereits<br />
ihr eigenes Lieblingsgemach. Aber eventuelle Konflikte<br />
sind schnell beigelegt: bei einem Grand cru<br />
classé vor dem Kamin in der Bibliothek. Stefan Skiera<br />
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Sind Böden und Wände zu marode, kann man<br />
Materialien aus anderen alten Gebäuden verwenden<br />
So wohnen Sie zeitgemäSS in einem hiStoRiSchen Ambiente<br />
Die geschichte des hauses würdigen: Sie bleibt<br />
vor allem dann spürbar, wenn sich die Einrichtung<br />
nicht zu weit von dem Stil entfernt, der zur Zeit<br />
des Baus vorherrschte. Sie sollten jedoch nicht nur<br />
Möbel aus der Epoche verwenden – sonst wirkt<br />
das Interieur museal. Tipp: Geben Sie den Räumen<br />
unterschiedliche Themen, z. B. ”Boudoir” oder<br />
”Jagdzimmer”. Stilbrüche wagen: Warum nicht<br />
eine französische Kommode aus dem 18. Jahrhun-<br />
dert mit einer chinesischen Buddha-Statue aus der<br />
Tang-Dynastie kombinieren? Die Accessoires sollten<br />
aber eine Gemeinsamkeit (in Form oder Farbton)<br />
aufweisen. Antike materialien zweitverwerten:<br />
Ideal sind Backsteine oder Dachbalken sowie Fuß-<br />
böden aus alten Gehöften und Burgen, für die sich<br />
eine Renovierung nicht mehr lohnt. Werden<br />
antike Sessel oder Sofas restauriert, ist es schön,<br />
wenn die Bezugsstoffe bereits Patina besitzen.<br />
Linke Seite: Das Weingut<br />
kann jederzeit besichtigt werden.<br />
Der Empfangssaal,<br />
wo der viel gerühmte Margaux<br />
des Château du Tertre verkos-<br />
tet wird, befindet sich nicht<br />
im Schloss, sondern in einem<br />
ehemaligen Wirtschaftsraum<br />
der Weinkellerei. Das Sofa<br />
”Brian” stammt aus der Home-<br />
Collection von <strong>Axel</strong> <strong>Vervoordt</strong>,<br />
ebenso die beiden Clubses-<br />
sel ”Victoria”. Auf dem Sockel<br />
ruht eine italienische Marmorschale<br />
aus dem 19. Jahr-<br />
hundert. Diese Seite: Die<br />
Wandvertäfelung im Esszimmer<br />
und das Parkett sind<br />
aus einem benachbarten<br />
Schloss. Die Louis-XV.-Stühle<br />
gruppieren sich unter einem<br />
holländischen Messingkronleuchter<br />
aus dem 17. Jahrhundert.<br />
Durch das vorherrschen-<br />
de Gelb verströmt der Raum<br />
elegantes Understatement<br />
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Ein Grundton plus Farbtupfer: Durch<br />
diese Formel wirken historische Räume<br />
nicht museal, sondern einladend<br />
Diese Seite: Das ”Bureau<br />
plât” in der Bibliothek, ein<br />
flacher (hier aus Walnussholz<br />
bestehender) Schreibtisch<br />
mit nur drei Schubfächern, galt<br />
in der Louis-XV.-Epoche als<br />
unentbehrliches Möbelstück.<br />
Bei der hellblauen Wand-<br />
farbe ließ sich Inneneinrichter<br />
<strong>Axel</strong> <strong>Vervoordt</strong> von der Darstellung<br />
des Himmels auf<br />
einem Ölbild des italienischen<br />
Malers Francesco Galli da<br />
Bibiena inspirieren. Dazu passen<br />
die hellen Farbtöne des<br />
Vorhangs und der Clubsessel<br />
DER TERTRE-STIL<br />
Nostalgische Accessoires und ausgewählte<br />
Farben machen antiken Stücken den Hof<br />
1. Zwölfarmiger Leuchter ”La Scala” aus Eisen mit 68<br />
mundgeblasenen Glaselementen, von Lambert, 80 cm ø,<br />
um 3550 Euro. 2. Besteck ”Versailles” mit aufwendigen<br />
Verzierungen, aus 925er-Silber, von Buccellati, Preis<br />
auf Anfrage. 3. Rosafarbener Seidenschal mit Schiffstau-Motiv,<br />
von Jane Carr, um 190 Euro. 4. Sessel ”Louvre”<br />
aus gekalkter Eiche, mit gepolsterten Armlehnen, von<br />
Du Bout Du Monde, um 350 Euro. 5. Die Tapete ”Calcott”<br />
mit zartem Blumenmuster gibt es in sechs Farben.<br />
Von Colefax and Fowler, pro Rolle (10 m) um 85 Euro.<br />
6. Kristalltumbler von Theresienthal, mit unterschiedlichen<br />
Schliffmustern, je um 100 Euro. 7. Elfenbeinfarbene<br />
Kommode ”Provençale” mit handgebürsteter Patina,<br />
von Laura Ashley, um 1110 Euro. 8. Lippenbalsam<br />
”Crème de Rose” mit ätherischen Ölen der seltenen<br />
Damaskusrose, von Dior, um 25 Euro. 9. Plaid<br />
”Strates” von Hermès, aus Cashmerewolle mit eingewebten<br />
Metallfäden, 150 x 200 cm, um 1400 Euro<br />
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FOTOS: ANDREAS ACHMANN (2)<br />
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Unser<br />
Favorit<br />
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