03.01.2013 Aufrufe

Frauen reden und handeln - FemmesTische

Frauen reden und handeln - FemmesTische

Frauen reden und handeln - FemmesTische

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Bild: René Worni<br />

Was für eine Hitze! Schon<br />

am frühen Morgen nähert<br />

sich das Thermometer<br />

unaufhaltsam der 30-Grad-Marke.<br />

Ein Tag fürs Schwimmbad, würde<br />

man meinen. Doch die acht <strong>Frauen</strong><br />

aus der Region Bremgarten treffen<br />

sich stattdessen im Wohnzimmer<br />

der Familie Schmidt zum «Femmes-<br />

Tisch». «<strong>FemmesTische</strong>» sind von<br />

<strong>Frauen</strong> moderierte Gesprächsgruppen<br />

in privater Umgebung. Sie werden von<br />

einer lokalen Fachinstitution aus dem<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbereich – hier die Suchtpräventionsstelle<br />

Wohlen – angeboten.<br />

«Lernen, ein Kinderspiel» heisst<br />

der Videofilm, den die Moderatorin<br />

heute zum Einstieg mitgebracht hat.<br />

Es geht um natur- <strong>und</strong> alltagsnahes<br />

Erleben mit Kindern im Vorschulalter<br />

oder Primärerfahrungen, wie es im<br />

Fachjargon heisst. Dora Ribolla, eine<br />

erfahrene <strong>und</strong> vielseitig engagierte Familienfrau<br />

(siehe Porträt auf Seite 9),<br />

ist als Moderatorin für den fachlichen<br />

Teil verantwortlich. Sie sorgt dafür,<br />

dass die R<strong>und</strong>e während der anschliessenden<br />

Diskussion beim Thema bleibt<br />

<strong>und</strong> auch schüchterne <strong>Frauen</strong> zu Wort<br />

kommen, fragt nach, fasst zusammen<br />

<strong>und</strong> leitet nach gut einer St<strong>und</strong>e zum<br />

geselligen Teil des Treffens über. Für<br />

diesen ist die Gastgeberin zuständig:<br />

Nicole Schmidt hat Fruchtsaft <strong>und</strong><br />

ein paar leichte Snacks vorbereitet. Die<br />

<strong>Frauen</strong> diskutieren angeregt weiter,<br />

lachen, tauschen die Telefonnummer<br />

aus oder einen Buchtipp.<br />

Typisch für einen «FemmesTisch»:<br />

Nicht alle Gäste kannten sich vor dem<br />

Treffen, doch alle stammen aus der Region<br />

<strong>und</strong> haben kleinere Kinder, teilen<br />

also in einem für sie momentan wichtigen<br />

Lebensbereich Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Interessen – die beste Voraussetzung<br />

für einen fruchtbaren Austausch.<br />

Sich einlassen –<br />

um Abstand zu gewinnen<br />

Auch die Moderatorin ist mit dem<br />

Morgen zufrieden: «Obwohl unsere<br />

eigenen Kinder schon gross sind, habe<br />

ich die Diskussion als sehr anregend<br />

empf<strong>und</strong>en», sagt Dora Ribolla. Sie<br />

vergleicht ihre eigenen Erlebnisse mit<br />

jenen der Protagonisten im Video:<br />

«Natürlich haben auch mein Mann<br />

<strong>und</strong> ich gewartet, wenn die Kleinen<br />

wieder mal eine halbe St<strong>und</strong>e lang eine<br />

Schnecke am Wegrand betrachtet<br />

oder ein Steinchen untersucht haben.<br />

Neu <strong>und</strong> faszinierend zu sehen war für<br />

mich aber, wie viel man über sich selber<br />

erfahren kann, wenn man sich wirklich<br />

auf die Welt des Kindes einlässt.»<br />

Sich einlassen: Darum geht es auch<br />

bei den «<strong>FemmesTische</strong>n». Auf andere<br />

Menschen, andere Erfahrungen,<br />

andere Sichtweisen. Um das eigene<br />

Handeln einmal mit etwas Abstand<br />

betrachten zu können. Wie mache ich<br />

es? Wie machen es andere? Warum<br />

funktioniert bei uns in der Familie<br />

nicht, was bei anderen scheinbar<br />

bestens klappt? Wo gibts allenfalls<br />

professionellen Rat in der Gemeinde?<br />

Können wir im Quartier oder im Dorf<br />

vielleicht sogar selber etwas auf die<br />

Beine stellen?<br />

Die Idee der «<strong>FemmesTische</strong>» stammt<br />

von Steffi Wirth <strong>und</strong> Jean-Pierre<br />

Weiss, zwei Organisationsfachleuten<br />

aus dem Kanton Baselland mit beruflichen<br />

Wurzeln in der Suchtprävention<br />

<strong>und</strong> in der Familienberatung. Organisatorisch<br />

lehnt sich das Konzept an<br />

die erfolgreiche Verkaufsmethode<br />

der «Tupperware-Partys» an. So wird<br />

bezüglich Breitenwirkung ein willkommener<br />

Schneeballeffekt erzielt.<br />

Statt um Plastikgeschirr gehts an den<br />

«<strong>FemmesTische</strong>n» aber um Orientierungshilfe<br />

durch Information <strong>und</strong><br />

Lebenserfahrungen. Angesprochen<br />

sind <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männer, die sich von<br />

anonymen Weiterbildungsveranstaltungen<br />

wie Vorträgen oder Kursen<br />

weniger angesprochen fühlen oder die<br />

keine Zeit dafür haben, aber dennoch<br />

interessiert sind an der Auseinandersetzung<br />

mit alltäglichen Lebens- <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsfragen.<br />

1996 war Premiere: Der Solothurner<br />

Bezirk Dorneck-Thierstein bot<br />

«<strong>FemmesTische</strong>» als Pilotprojekt<br />

im Rahmen der Suchtprävention in<br />

seinen Gemeinden an. Zielpublikum<br />

waren Erziehende, «<strong>und</strong> das waren<br />

<strong>und</strong> sind bei uns nun mal vorwiegend<br />

<strong>Frauen</strong>», stellt Pionier Jean-Pierre<br />

Weiss fest. Daher auch der Name<br />

«<strong>FemmesTische</strong>» (femmes = französisch<br />

<strong>Frauen</strong>) als weibliche Variante<br />

der Stammtische für Männer.<br />

«Ich kann<br />

mich auch<br />

auf eventuell<br />

auftretende<br />

Probleme<br />

wie Rauchen<br />

vorbereiten <strong>und</strong><br />

vielleicht eine<br />

Überreaktion<br />

vermeiden.»<br />

Mutter, 43, Kinder<br />

w 13, m 11, 15<br />

focus Sonderdruck 1.03<br />

5<br />

focus projekt

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!