für Roß & Reiter - Vereinigte Bruderschaft Waldniel
für Roß & Reiter - Vereinigte Bruderschaft Waldniel
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Foto Houben MG
Grußwort von<br />
Pastor Thorsten Aymanns<br />
Liebe Schützen brüder der<br />
<strong>Vereinigte</strong> <strong>Bruderschaft</strong>en<br />
<strong>Waldniel</strong> St. Michael 1473<br />
St. Josef 1753,<br />
zu ihrem Schützenfest 2007 grüße ich Sie und alle Gäste ganz herzlich. Dieses Fest<br />
ist sicher ein Höhepunkt im Leben der <strong>Bruderschaft</strong>. Sie feiern miteinander Gottes -<br />
dienst, sie gedenken Ihrer verstorbenen Mitglieder, Sie erinnern sich Ihrer langen<br />
Tradition und bringen die Werte der Schützenbrüder Glaube, Sitte, Heimat neu in<br />
das Bewusstsein.<br />
Solches zu feiern macht Sinn, aber nur dann, wenn all dies auch im Alltag gelebt<br />
wird, wenn die Uniformen wieder im Schrank hängen. Dann gilt es, die Ideale und<br />
die Gemeinschaft, die Sie in der Feier zum Ausdruck bringen, durchzutragen in einer<br />
Gesellschaft, in der oft andere Ziele gelten. Denn oftmals spielen in der Arbeitswelt<br />
oder auch schon in der Nachbarschaft die Werte der <strong>Bruderschaft</strong> kaum eine Rolle.<br />
So wünsche ich Ihnen ein schönes, fröhliches und erfolgreiches Schützenfest, in<br />
dem Sie alle auch Kraft und Ermutigung finden, den Zielen der <strong>Bruderschaft</strong> treu<br />
zu bleiben.<br />
Ihr Präses,<br />
Thorsten Aymanns<br />
1
Grußwort von<br />
Bürgermeister Reinhold Schulz<br />
Nach zwei Jahren Vorbereitung ist es wieder soweit.<br />
Die <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Bruderschaft</strong>en <strong>Waldniel</strong> e.V. feiern am<br />
zweiten Juli-Wochenende 2007 ihr attraktives Heimatund<br />
Schützenfest. Für alle Freunde dieses traditionellen<br />
Brauchtums, aber auch <strong>für</strong> alle „Zaungäste“ ist der<br />
Festplatz auf dem Parkplatz des St. Wolfhelm-Gym -<br />
nasiums wieder genau der richtige Treffpunkt.<br />
Auch in diesem Jahr haben die engagierten <strong>Bruderschaft</strong>ler ein buntes Programm<br />
vorbereitet, das <strong>für</strong> alle Alterklassen etwas vorhält. Bei den farbenfrohen Festzügen<br />
und traditionsreichen Paraden, aber auch bei den Veranstaltungen im Festzelt mit<br />
dem Höhepunkt am Montagabend, dem Königsgalaball, erwartet die Gäste aller -<br />
beste Feststimmung.<br />
Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stehen König Peter Kohnen sowie seine Minister<br />
Walter Reinfeld und Kaspar Henßen, die mit ihren Partnerinnen nach umfangreichen<br />
Vorbereitungen und stressigen Wochen und Monaten endlich das Highlight ihrer<br />
Regentschaft genießen dürfen. Viel Spaß dabei!<br />
Ich wünsche den <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Bruderschaft</strong>en <strong>Waldniel</strong> alles Gute und viel Erfolg <strong>für</strong><br />
ihr stimmungsreiches Fest und bin mir sicher, dass die Besucherinnen und Besucher<br />
schöne Tage im Herzen von <strong>Waldniel</strong> erleben werden.<br />
Reinhold Schulz<br />
Bürgermeister<br />
2 3
Grußwort von<br />
Friedhelm Schmitz<br />
(1. Brudermeister)<br />
Liebe Schwalmtaler<br />
Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürger.<br />
Im Namen der <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Bruderschaft</strong>en St. Michael (1473) und St. Josef (1753)<br />
<strong>Waldniel</strong> e.V. möchte ich sie recht herzlich einladen, mit uns vom 06. bis 10. Juli<br />
2007, unser Schützenfest zu feiern.<br />
Ich würde mich freuen, wenn sie auch in diesem Jahr, wieder so zahlreich wie in<br />
den letzten Jahren, unsere Veranstaltungen im Festzelt und auf den Straßen und<br />
Plätzen <strong>Waldniel</strong>s besuchen!<br />
An dieser Stelle möchte ich mich einmal bei allen bedanken, die uns auf irgendeine<br />
Art und Weise unterstützen. Mein Dank gilt den Sponsoren und Inserenten dieser<br />
Festschrift, ohne die es diese nicht geben würde.<br />
Auch den Mitbürgerinnen und Mitbürgern <strong>Waldniel</strong>s, die an den Kirmestagen ihre<br />
Häuser und ihre Straßen mit Fahnen, Wimpeln oder Maien schmücken und damit<br />
unserem Ort, unserem Fest einen festlichen Rahmen geben, möchte ich danken.<br />
Ein besonderer Dank gilt denen, welche ehrenamtlich dazu beitragen, dass die lange<br />
Tradition der Schützenfeste, dass Glaube, Sitte und Heimat weiter leben. Ohne diese<br />
fleißigen Helfer wäre es nicht möglich ein solches Schützenfest zu organisieren.<br />
Sagen auch sie diesen Menschen Dank, indem sie durch ihren Besuch beim<br />
Schützenfest ihre Arbeit würdigen.<br />
In diesem Sinne wünsche ich ihnen und uns schöne „Kirmestage“.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Friedhelm Schmitz<br />
1. Brudermeister<br />
4 5
6<br />
Grußwort von<br />
Schützenkönig Peter Kohnen<br />
Liebe<br />
Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürger<br />
von Schwalmtal,<br />
viele von Ihnen kennen mich und es<br />
erfüllt mich mit großem Stolz ein zweites<br />
Foto Houben MG<br />
Mal Schützenkönig von den <strong>Vereinigte</strong>n<br />
<strong>Bruderschaft</strong>en <strong>Waldniel</strong> zu sein.<br />
Ich möchte Sie alle recht herzlich einladen mit uns, dem Königsstaat und<br />
der Bruder schaft das Schützenfest vom 6. Juli bis zum 10 Juli 2007 zu feiern.<br />
Helfen Sie uns dieses Fest nicht aussterben zu lassen, indem Sie unsere<br />
Gäste und Freunde mit geschmückten Häusern und Straßen empfangen.<br />
Besuchen Sie uns im Festzelt, auf der Straße bei den Umzügen und bei<br />
der Parade, damit uns allen dieses Schützenfest noch lange in guter<br />
Erinnerung bleibt.<br />
Meine Frau, der Königsstaat und ich, würden uns freuen Sie dabei zu haben.<br />
Peter Kohnen<br />
Schützenkönig<br />
7
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorstand .......................................................................................11<br />
Zugordnung ................................................................................. 13<br />
Zugwege & Programm ..................................................................14<br />
Die Schwarzen Husaren <strong>Waldniel</strong> ..................................................18<br />
Schillsche Offiziere <strong>Waldniel</strong> ......................................................... 25<br />
Rote Husaren ............................................................................... 31<br />
Über Wilhelm Tell und der hohen See<br />
zu den Blauen Husaren ................................................................ 38<br />
Wir danken unseren Sponsoren ................................................... 45<br />
Die Witwe Grün und die Straße der Tankstellen<br />
<strong>Waldniel</strong>s Aufbruch in das automobile Zeitalter ............................ 50<br />
Der „Rheinlandtaler“..................................................................... 83<br />
Eindrücke vom Schützenfest 2005 ............................................... 84<br />
Kleiner Führer durch die Kirmestage ............................................. 90<br />
8 9
<strong>Vereinigte</strong> <strong>Bruderschaft</strong>en <strong>Waldniel</strong> e.V.<br />
Vorstand<br />
Alt-Präses: Pfarrer Karl Wilhelm Koerschgens<br />
Präses: Pfarrer Thorsten Aymanns<br />
Geschäftsführender Vorstand:<br />
1. Brudermeister (Vorsitzender) Friedhelm Schmitz<br />
2. Brudermeister (Geschäftsführer) Jochen Mondroch<br />
Stellvertreter des 1. Brudermeisters<br />
3. Brudermeister (Kassierer) Herbert Hüls<br />
Brudermeister:<br />
Schießmeister Hans-Gerd Küppers<br />
Vertr. 1. und 2. Brudermeisters Manfred Henricks<br />
Schriftführer Udo Höke<br />
Vertr. des Schriftführers und Kassierers Udo Kox<br />
Beisitzer Ralf Hausmann und<br />
Leo Engler<br />
Erweiterter Vorstand:<br />
Hauptmann Peter Maier<br />
Archivar Kaspar Henßen<br />
Chronikführer Peter Kohnen<br />
Jungschützenmeister Michael Gotzen<br />
Ehrenvorstand<br />
Theo Camp<br />
10 11
12<br />
Schützenfest <strong>Waldniel</strong> 06. bis 10. Juli 2007<br />
Zugordnung<br />
1. <strong>Reiter</strong>ei: General Walter Müller<br />
Generaladjutantin Eftemia Küppers<br />
Majorin Claudia Emgenbroich<br />
Majoradjutantin Frauke Salewski<br />
2. Hauptmann: Peter Maier<br />
3. Schwarze Husaren: Major Rolf Henrix<br />
Rittmeister Uwe Schrörs<br />
4. Blaue Husaren: Major Leo Engler<br />
Rittmeister Markus Fausten<br />
5. Rote Husaren: Major Simon Schinken<br />
Rittmeister Tobias Kleef<br />
6. Mädchenzug: Majorin Jessica Jansen<br />
7. Schill’sche Offiziere: Hauptmann Ralf Hausmann<br />
Hauptfeldwebel Stefan Hubrich<br />
8. Schwarze Schill-Husaren: Hauptmann Patrick Thielen<br />
Rittmeister Christoph Gerhardts<br />
9. Tellschützen<br />
10. Musketiere: Hauptmann Dieter Rzepka<br />
Rittmeister Jürgen Camp<br />
11. Fahnengruppe: Fahnenhauptmann Heinz-Theo Niehsen<br />
Fahnenoffiziere Dr. Stefan Berger, Walter Fell,<br />
Volker Hußmann, Josef Mertin,<br />
Heiner Münster, Dietmar Richter,<br />
Michael Schnitzler<br />
12. Königsstaat: Schützenkönig Peter Kohnen<br />
Minister Peter Reinfeld<br />
Kaspar Henßen<br />
Königsadjutant Ralf Meurer<br />
13. Vorstand<br />
14. Blau-Rote Offiziere: Major Ekkehard Klug<br />
Majoradjutant Friedhelm Schmitz<br />
15. Schärpenzug: Oberleutnant Matthias Tietz<br />
16. Schlüffgeszug: Spieß Gerd Schlicht<br />
13
Schützenfest <strong>Waldniel</strong> 06. bis 10. Juli 2007<br />
Zugwege & Programm<br />
FREITAG 19:00 Uhr Abholen der Züge in den Wachlokalen durch den<br />
06.07.2007 Schützenkönig<br />
20:00 Uhr 80er Jahre Party mit der<br />
„Tanz- und Showband pop@rt“<br />
und Stargast Stevie Marks mit<br />
„Jon Bon Jovi – The Show“<br />
SAMSTAG 14:00 Uhr Sternmarsch der Züge zum Markt mit Platzkonzert<br />
07.07.2007<br />
15:00 Uhr Abmarsch zum Schützenkönig<br />
Markt ‹ Nieder Str. ‹ Langestr. ‹ Dülkener Str. ‹<br />
St. Michael Str. ‹ Gladbacher Str. ‹ zum Schützen -<br />
könig (Gladbacher Str. 54) Errichten des Königs-<br />
Maien<br />
14<br />
16:00 Uhr Abmarsch zum Altenheim<br />
Gladbacher Str. ‹ Goethestr. ‹ Lessingstr. ‹<br />
Schiller Str. ‹ Altenheim<br />
16:30 Uhr Abmarsch am Altenheim<br />
Schiller Str. ‹ Am Zoppenberg ‹ Eickener Str. ‹<br />
Schulstr. ‹ St. Michael Str. ‹ Dülkener Str. ‹<br />
Markt Str. ‹ Markt<br />
16:50 Uhr Großer Zapfenstreich am Ehrenmal am Markt<br />
19:30 Uhr Abmarsch am Markt zum Festzelt am Gymnasium<br />
(Königsstaat) Marktstr. ‹ Dülkener Str. ‹<br />
Friedenstr. ‹ Festelt<br />
20:00 Uhr „Zu Gast bei Freunden“ Tanzparty mit der<br />
„Tanz- und Showband pop@rt“ Eintritt frei<br />
21:30 Uhr Ehrungen<br />
SONNTAG 6:00 Uhr Fröhliches Wecken<br />
08.07.2007 7:45 Uhr Abmarsch ab dem Marktplatz zum Abholen der<br />
St. Johannes von Nepomuk <strong>Bruderschaft</strong> Ungerath<br />
Markt ‹ Gladbacher Str. ‹ Weiher Str. ‹<br />
Ungerather Str. (St. Johannes von Nepomuk <strong>Bruderschaft</strong><br />
Ungerath) ‹ Langestr. ‹ Marktstr. ‹ Markt<br />
8:30 Uhr Festhochamt im Schwalmtaldom<br />
9:15 Uhr Antreten auf dem Markt und Zug zur Parade<br />
Schulstr. ‹ St. Michael Str. ‹ Weiher Str. ‹<br />
Gladbacher Str. ‹ Markt ‹ Marktstr. ‹<br />
Dülkener Str. ‹ St. Michael Str.<br />
1. Parade ‹ Schulstr. ‹ Markt ‹ Marktstr. ‹<br />
Dülkener Str. ‹ St. Michael Str.<br />
2. Parade ‹ Schulstr. ‹ Markt ‹ Marktstr. ‹<br />
Dülkener Str. ‹ Friedenstr. ‹ Festzelt<br />
11:00 Uhr Klompeball im Festzelt<br />
mit Prämierung der schönsten Klompen Eintritt frei<br />
Klompen aus dem Jahr 2005<br />
Fotos: Foto Houben MG<br />
15
MONTAG 8:00 Uhr Abmarsch ab dem Marktplatz zum<br />
09.07.2007 Abholen des Königs beim Königsadjutanten<br />
Markt ‹ Marktstr. ‹ Dülkener Str. ‹ Richard<br />
Wagner Platz ‹ Mozartstr.<br />
8:40 Uhr Abmarsch beim Königsadjudanten<br />
Mozartstr. ‹ Heer Str ‹ Sechs Linden<br />
9:00 Uhr Feldgottesdienst am St. Michaelskapellchen (Sechs Linden)<br />
danach Abmarsch zum Empfang beim Präses im<br />
Alten heim<br />
Am Zoppenberg ‹ Schiller Str.<br />
10:30 Uhr Abmarsch am Altenheim<br />
Schiller Str. ‹ Goethestr. ‹ Gladbacher Str. ‹<br />
St. Michael Str. ‹ Dülkener Str. ‹<br />
Empfang bei der Volksbank Schwalmtal<br />
Dülkener Str. ‹ Marktstr. ‹ Markt ‹<br />
Empfang beim Bürgermeister<br />
Markt ‹ Marktstr. ‹ Dülkener Str. ‹<br />
Kreisverkehr ‹ Bahnhofstr. ‹ Vogelsrather Weg ‹<br />
Empfang bei der Firma Tacken<br />
Vogelsrather Weg ‹ Bahnhofstr. ‹ Kreisverkehr ‹<br />
Dülkener Str. ‹ Marktstr. ‹ Markt (Zugende)<br />
17:45 Uhr Fototermin auf dem Markt<br />
18:45 Uhr Abmarsch ab dem Marktplatz zum Festzelt<br />
19:30 Uhr Königsgalaball<br />
mit der „Tanz- und Showband pop@rt“ Eintritt frei<br />
DIENSTAG 19:00 Uhr Antreten auf dem Marktplatz<br />
10.07.2007 Abholen der Kränzerinnen und Kränzer<br />
Markt ‹ Marktstr. ‹ Dülkener Str. ‹ Friedenstr. ‹<br />
Festzelt<br />
16<br />
19:30 Uhr Dorfabend<br />
mit der „Tanz- und Showband pop@rt“ Eintritt frei<br />
Schützenfest <strong>Waldniel</strong> 06. bis 10. Juli 2007<br />
Straßenkarte<br />
17
Die Schwarzen Husaren <strong>Waldniel</strong><br />
1983 waren in den <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Bruderschaft</strong>en <strong>Waldniel</strong> e.V. nur<br />
wenige Züge vorhanden. Somit sprachen einige Mitglieder ihre<br />
Söhne an, ob diese nicht Interesse hätten, einen Zug mit ihren<br />
Freunden beim Schützenfest zu bilden. Aus einer Messdiener-<br />
Gruppe entstanden damals Die „SCHWARZEN HUSAREN“<br />
<strong>Waldniel</strong>.<br />
Keiner von Ihnen hätte je geglaubt, daß diese Gruppe so lange existieren<br />
würde. In den letzten vergangenen Jahren sind einige<br />
Mitglieder ausgetreten, jedoch auch einige neue dazu gekommen.<br />
Seit einigen Jahren zieht auch schon unser eigener Nachwuchs mit. Bei den monatlichen<br />
Treffen in unserem Wachlokal „Waidmannsheil“ beleben wir unser Vereinsleben.<br />
Zu unseren Schützenfest Vorbereitungen werden wir mit Impulsen, Ideen und aktiver<br />
Mitarbeit von unseren Frauen, Partnerinnen und Kindern unterstützt, denn ohne<br />
Sie wäre ein Schützenfest nicht möglich.<br />
Seit 2002 ist es zur Tradition geworden, im Wachlokal „Waidmannsheil“ ein<br />
Schweine blut zu veranstalten.<br />
Zurzeit bestehen die Schwarzen Husaren aus12 Mitgliedern:<br />
Major: Rolf Henrix<br />
Rittmeister: Uwe Schrörs<br />
Standartenträger: Hans Gerd Küppers<br />
Husaren: Helmut Ahlers<br />
Jörg Emgenbroich<br />
Hans Willi Heepen<br />
Peter Kohnen<br />
Stephan Knops<br />
Christoph Mandel<br />
Michael Salewski<br />
Norbert Schrörs<br />
Klaus Vöhrs<br />
Wir die Schwarzen Husaren wünschen dem Königsstaat<br />
und allen ein schönes Schützenfest 2007.<br />
Eure „Schwarzen Husaren“ <strong>Waldniel</strong><br />
Bilder aus<br />
den Anfangs -<br />
jahren<br />
18 19
20 21
22<br />
HEIßMANGEL KOERSCHGENS<br />
Inh. Gertrud Engler<br />
Niederstraße 30, 41366 Schwalmtal<br />
Tel.: 02163/30532<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo.–Do.: von 15.00–19.00 Uhr<br />
Fr.: von 16.00–19.00 Uhr<br />
„Auch<br />
Bügelservice“<br />
23
24<br />
Schillsche Offiziere <strong>Waldniel</strong><br />
Die Schillsche – Offiziere <strong>Waldniel</strong> gründeten sich 1990 nach dem Ungerather<br />
Schützenfest. Man traf sich (wer zufällig gerade Urlaub hatte) Montags an der<br />
Schloß-Brauerei zum Freibier trinken. Aus einer „Bier-Laune heraus beschloss man<br />
im kommendem Jahr am Schützenfest in <strong>Waldniel</strong> aktiv teilzunehmen.<br />
15 Schillsche zogen dann 1991 erstmals mit den <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Bruderschaft</strong>en<br />
<strong>Waldniel</strong> e.V. auf – in den ersten 4 Jahren noch in blauen Uniformen. König war<br />
damals Kurt Döhmen der sich in einem sehr spannenden (und denkwürdigen)<br />
Vogel-Schuss gegen Hans Brüster durchsetzte. Mit den Jahren entwickelten sich<br />
„Traditionen“ wie z.B. die Vatertagsradtour, das Familiengrillen, den „ersten Platz<br />
beim Klompenball gewinnen“ und die „Schillsche-Touren“ die uns in diesem Jahr im<br />
März nach Flims/Laax in die sonnige Schweiz zum Ski- und Snowboarden führte –<br />
siehe Bild.<br />
Wir wünschen König Peter mit Monika und Königsstaat<br />
ein tolles Schützenfest 2007.<br />
25
26 27
28<br />
29
Rote Husaren<br />
Die Roten Husaren <strong>Waldniel</strong> entstanden aus der ehemaligen<br />
Marine und aus großen Teilen der Jungschützengruppe, die sich<br />
aktiv am Schützenfest der <strong>Bruderschaft</strong> beteiligen wollten. So<br />
zogen die damals 9 Gründungsmitglieder 2004 beim Vogelschuss<br />
der <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Bruderschaft</strong>en <strong>Waldniel</strong> zum ersten mal unter<br />
dem Namen “Rote Husaren” mit. Im Jahre 2005 zogen wir das<br />
erste mal in den Roten Uniformen beim <strong>Waldniel</strong>er Schützenfest<br />
mit. Wie das halt so ist kamen und gingen immer wieder mal<br />
Leute. Glücklicherweise kamen mehr Leute als gingen und so konnten wir in den letzten<br />
eineinhalb Jahren 4 Neuaufnahmen verbuchen. Somit bestehen wir im Großen<br />
und Ganzen mittlerweile aus 12 Mitgliedern. Hierzu muss man jedoch sagen das wir<br />
ohne die großartige Unterstützung von Hans Gerd Küppers und Friedhelm Schmitz<br />
wahrscheinlich garnicht bestehen würden. Die beiden unterstützten und unterstützen<br />
uns bei jeglichen Dingen, sei es das Uniformen anprobieren oder sonstige Sachen die<br />
wir als Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren nicht alleine bewältigen können. Auch<br />
ein großer Dank geht an Familie Maier, die uns nicht nur ihren Sohn als Spieß zur<br />
Verfügung stellt, sondern uns auch die Lokalität <strong>für</strong> ein Wachlokal zur Verfügung<br />
gestellt hat.<br />
Außerhalb vom Schützenfest betätigen wir uns äußerst aktiv in der Schießgruppe, wo<br />
wir eine der größten Mannschaften bilden. Außerdem sind wir eine ziemlich spontane<br />
Truppe, die es immer wieder hinbekommt innerhalb weniger Minuten eine Party<br />
oder einen Grill- oder Videoabend zu organisieren.<br />
30 31
32<br />
33
34<br />
35
36<br />
Steckenpferd · Alles <strong>für</strong> <strong>Roß</strong> & <strong>Reiter</strong><br />
Inhaber Bettina Brouwers<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag, Mittwoch undFreitag 15:00–19:00 Uhr<br />
Samstag 10:00–16:00 Uhr<br />
Lagerverkauf Gladbacherstraße 9, 41366 Schwalmtal/<strong>Waldniel</strong><br />
(Nähe Marktplatz) Tel.:02163/3490298<br />
37
Über Wilhelm Tell und der<br />
hohen See zu den Blauen Husaren.<br />
Viele werden sich jetzt die Frage stellen,<br />
was „Wilhelm Tell“, die „Hohe See“ und<br />
die „Blauen Husaren <strong>Waldniel</strong>“ mit einander<br />
zu tun haben. Nun auf den ersten<br />
Blick sicherlich nicht viel. Doch <strong>für</strong> uns die<br />
„Blauen Husaren“, in Bezug auf unseren<br />
Werdegang in den „<strong>Vereinigte</strong>n Bruder -<br />
schaften <strong>Waldniel</strong> e.V.“, sehr viel.<br />
Bereits im Alter von ca. 10 Jahren zog<br />
ein Großteil von uns schon beim<br />
Schützenfest mit. Doch nicht in blauer<br />
Uniform so wie heute, sondern in grüner Uniform mit<br />
weißen Kniestrümpfen und einer Armbrust über der Schulter. Die Tell -<br />
schützen-Uniform war somit <strong>für</strong> viele von uns der Einstieg in das Schützenfest.<br />
Doch im Laufe der Jahre wuchsen wir nach und nach aus der Telschützen-Uniform<br />
heraus und in die Marine-Uniform hinein. Also zogen wir die nächsten Schützenfeste<br />
zur „Hohen See“. Diese Zeiten verbinden wir noch heute mit schönen Erinnerungen.<br />
Doch diese Erinnerungen hätten wir nicht sammeln können ohne diejenigen die sich<br />
im Laufe der Jahre immer wieder Zeit <strong>für</strong> uns genommen haben. An dieser Stelle<br />
möchten wir uns da<strong>für</strong> einmal bei allen <strong>Bruderschaft</strong>lern und Verwandten die soviel<br />
Zeit in uns als Kinder investiert haben und auch noch heute in die nächsten<br />
Generationen investieren bedanken.<br />
Danke <strong>für</strong> Eure Unterstützung!<br />
Nach den Jahren bei der Marine verloren wir uns dann aus den Augen und<br />
man ging andere Wege, angetrieben durch Schulausbildung, Berufs -<br />
ausbildung, Bundeswehr, Zivildienst aber auch anderer privater Interessen.<br />
Der Vogelschuss im Jahre 2000, bei dem Hans Gerd Küppers den Vogel runter<br />
holte und das Engagement von Friedhelm Schmitz waren dann der Auslöser,<br />
dass vier von uns sich an einen Tisch setzten. In diesem kleinen Kreis<br />
wurde dann überlegt, wen man denn alles aus vergangen Jahren<br />
wieder mobilisieren könnte, um einen neuen Zug auf die Beine zu<br />
stellen. Leider konnten wir nicht genügend Leute <strong>für</strong> dieses<br />
Unterfangen gewinnen. Doch wer uns kennt, weiß das wir nicht so<br />
schnell aufgeben. Und so kam es, dass wir 2002 beim Vogelschuss<br />
das erste mal mit elf Mann als „Blaue Husaren <strong>Waldniel</strong>“ aufliefen.<br />
38<br />
Im Laufe der letzten 5 Jahre konnten wir unsere Truppe auf 15 Mann ver -<br />
stärken. Die aktuellen Mitglieder sind:<br />
Leo Engler Major<br />
Markus Fausten Rittmeister<br />
Marcel Maass Spieß und Kassierer<br />
Peter Fausten Zugkönig 2006–2008<br />
Paul Engler<br />
Sebastian Schmitz<br />
Alexander Schmitz<br />
Tobias Höke<br />
Thomas Beerens<br />
Niklas Ackermann<br />
Andreas Ackermann<br />
Christian Clingen<br />
Christian van de Flierdt<br />
Peter Röttgen<br />
Tilo Roidl<br />
Inzwischen sind auch einige von uns hinter den Kulissen tätig und merken wie viel<br />
Arbeit hinter dem ganzen Ereignis steckt. Doch das nehmen wir gerne in Kauf und<br />
werden auch dieses Jahr versuchen, unseren Teil dazu beizutragen, dass das<br />
Schützenfest 2007 mit unserem Schützenkönig Peter Kohnen und seinem Gefolge,<br />
ein voller Erfolg wird. Vielleicht werden diese Bemühungen schon in naher Zukunft <strong>für</strong><br />
den ein oder anderen der Grund sein einem Zug beizutreten, oder so wie wir einen<br />
eigenen Zug auf die Beine zu stellen.<br />
In diesem Sinne wünschen wir, die Blauen Husaren allen ein<br />
unvergessliches Schützenfest 2007.
40<br />
König Peter und seinem<br />
Gefolge wünschen wir ein<br />
schönes Schützenfest!<br />
IHR Fachbetrieb in Schwalmtal und<br />
Umgebung.<br />
Büro und Werkstatt:<br />
Friedenstr./Ecke Dülkener Str.<br />
Tel.: 02163/4413<br />
41
42<br />
Vennbachhof, Familie Engels<br />
Ungerath 327, 41366 Schwalmtal<br />
Tel.: 02163/3991<br />
E-Mail: Vennbachhof@t-online.de<br />
www.Vennbachhof.de<br />
43
44<br />
Wir danken unseren<br />
Sponsoren.<br />
Eheleute A. & E. Müller, Ungerather Kirchweg 8 A<br />
Gaststätte „Alexandros“ bei Angelo, Pumpenstr. 2<br />
Fa. Wilhelm Weuthen GmbH & Co KG,<br />
Agrarhandel, Stöckener Weg 1<br />
Frau Marianne Küpper, Schulstr.<br />
Berücksichtigen bitte unsere Inserenten bei Ihren Einkäufen<br />
und Dienstleistungen.<br />
Unserem Schützenbruder Karl-Heinz Schroers,<br />
sagen wir Danke <strong>für</strong> seine interessanten Festbeiträge. Karl-Heinz Schroers war<br />
20 Jahre Vorstandsmitglied unserer <strong>Bruderschaft</strong> und ist Träger des Sebastianus<br />
Ehrenkreuzes.<br />
45
Die St. Michaelpassage lädt zum Kirmeseinkauf ein<br />
46<br />
Woolworth<br />
– Laden Nr. 742 –<br />
Deutsche Woolworth<br />
GmbH & Co. OHG<br />
St.-Michael-Straße 5<br />
41366 Schwalmtal-<strong>Waldniel</strong><br />
Inh. Fuchs Lombard<br />
St.-Michael-Straße 3<br />
41366 Schwalmtal-<strong>Waldniel</strong><br />
Telefon:02163/32355<br />
Dr. Stera &<br />
Dr. Mund<br />
St.-Michael-Str. 5<br />
Ekkehard Klug &<br />
Melanie Kalt<br />
Rechtsanwälte<br />
St.-Michael-Str. 5<br />
Bernd Stapels<br />
Physiotherapeut<br />
St.-Michael-Str. 5<br />
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Amerner Str. 22<br />
Helmut Ahlers<br />
Heerstraße 47<br />
Ihr Bäcker in der Passage<br />
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Bäckerei Kamps<br />
St.-Michael-Straße 5<br />
Tel. 0 21 63 / 3 18 29<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo.–Sa. 9.30–22.30 Uhr, So. 17.00–22.30 Uhr<br />
Wir liefern:<br />
täglich 12.00–14.30 Uhr und 17.00–22.30 Uhr<br />
So. 17.00 bis 22.30 Uhr<br />
St.Michael Str. 5, 41366 Schwalmtal<br />
Tel.: 02163 – 30019<br />
St.-Michael-Str. 5, 41366 Schwalmtal<br />
47
48<br />
49
Die Witwe Grün und die Straße der Tankstellen<br />
<strong>Waldniel</strong>s Aufbruch in das<br />
automobile Zeitalter<br />
von Karl-Heinz Schroers<br />
Schon immer hatten die Menschen davon geträumt, sich selbst und ihre Waren ohne<br />
großen Kraftaufwand von einem Ort zu einem anderen transportieren zu können. Rad<br />
und Wagen hatten zwar schon seit der Erfindung des Rades (vermutlich zwischen<br />
3500 und 3000 v. Chr. u. a. durch die Sumerer in Mesopotamien) die Beförderungs -<br />
möglichkeiten erheblich erweitert. Handel und Verkehr waren dadurch belebt worden<br />
und in vielen Wirtschaftszweigen war es damit zu einer gesteigerten Arbeits -<br />
produktivität gekommen, sofern man zur damaligen Zeit davon reden konnte. Aber<br />
der Wagen, ob Fuhrwerk oder Kutsche, rollte nicht von selbst, sondern er musste<br />
gezogen oder geschoben werden. Entweder mit eigener Muskelkraft oder von<br />
Pferden, Ochsen oder anderen Tieren. So ist es nicht verwunderlich, dass es im Laufe<br />
der Jahrhunderte immer wieder Versuche gegeben hat, diesem „Missstand“ abzuhelfen.<br />
Der eigentliche Durchbruch zu einem „selbstfahrenden Fahrzeug“ gelang jedoch<br />
erst 1876 mit dem so genannten Otto-Motor. Nikolaus August Otto hatte in Köln –<br />
Deutz einen „Viertaktmotor mit Ansaugen der Gasluft in den Zylinder, Kompression<br />
derselben, Verbrennen und Arbeit derselben, Austritt derselben aus dem Zylinder<br />
oberhalb des Kolbens bei zwei Umdrehungen der Kurbel welle“ erfunden. 1 In den<br />
nachfolgenden Jahren setzte eine technische Entwicklung ein, die Mitte der achtziger<br />
Jahre des 19. Jahrhunderts zu den ersten Ursprungs exemplaren des Automobils und<br />
letztendlich zu unserer heutigen „automobilen Gesellschaft“ führte. 2<br />
1885 baute Carl Benz einen Einzylinder-Viertakt-Benzinmotor als Antrieb <strong>für</strong> einen<br />
dreirädrigen Wagen, der 1886 vorgeführt wurde und <strong>für</strong> den er im gleichen Jahr ein<br />
Patent auf den ersten Motorwagen erhielt. 3 Dieses Gefährt von 1886 steht heute im<br />
Deutschen Museum in München und gilt als Grundlage des Kraftwagens allgemein.<br />
Es war jedoch nicht einfach gewesen <strong>für</strong> Carl Benz, seine neue Erfindung zu testen<br />
und auf öffentlichen Straßen fahren zu lassen. Die damalige Gesetzgebung im<br />
Großherzogtum Baden verhinderte nämlich ein Befahren der Straßen mit solcherlei<br />
neuartigen Konstruktionen, die laut knatterten, qualmten und die Luft verpesteten,<br />
denn schließlich befand man sich noch im Zeitalter der Kutschen und Pferdefuhr -<br />
werke. Benz musste daher mehrmals vorstellig werden, bis die Polizei ihm am<br />
30. November 1893 eine bis zum 31. Dezember 1894 befristete Fahrgenehmigung<br />
erteilte. 4 Danach entwickelte die Automobilisierung eine ungeahnte Eigendynamik.<br />
Allein bei Benz & Co wurden 1894 schon 67 Motorwagen hergestellt, 1898 waren es<br />
bereits 434 und 1899 sogar 572 Stück. 5<br />
1 Roediger, a.a.O., S. 9 f. • 2 Roediger, a.a.O., S. 3 • 3 Roediger, a.a.O., S. 17 • 4 Roediger, a.a.O., S. 23 • 5 Roediger, a.a.O., S. 27<br />
50<br />
Unabhängig von Benz hatte Gottlieb Daimler zwar schon 1882 in Cannstatt<br />
bei Stuttgart eine eigene Werkstatt gegründet, doch erst 1886 wurde der erste<br />
Daimler-Motorwagen gebaut.<br />
Bereits 1862 hatte Adam Opel in seiner Heimatstadt Rüsselsheim eine Firma gegründet<br />
– die Vorläuferin der späteren Adam Opel AG – in der zunächst Nähmaschinen<br />
hergestellt wurden. Später sollte er der erste Unternehmer sein, der in Deutschland<br />
Fahrräder produzierte. Er starb am 08. September 1895. Drei Jahre nach seinem Tode,<br />
also 1898, wurde unter der Leitung seiner Witwe Sophie mit dem Bau von<br />
Automobilen begonnen. 1929 wurde die Firma, die in erheblichen finanziellen<br />
Schwierigkeiten steckte, in eine AG umgewandelt und durch die General Motors<br />
Corporation, einen amerikanischen Automobilkonzern, übernommen.<br />
Doch trotz dieser Pioniere des Automobilbaus ging die Entwicklung des Autos als<br />
Massenprodukt in Deutschland wesentlich langsamer voran als in anderen Ländern.<br />
Wurden im Jahre 1900 in Deutschland insgesamt 800 Kraftwagen hergestellt, so<br />
waren es in Frankreich aber schon 3.000. Dies änderte sich in den Anfangsjahren des<br />
20. Jahrhunderts, als auch das Großkapital in die Automobilproduktion investierte<br />
und die technische Weiterentwicklung der Autos immer weiter fortschritt. Die<br />
Produktion stieg bis 1907 auf 5.000 Stück 6 , und 1909 beschäftigten die damals 54<br />
Unternehmen der deutschen Autohersteller bereits 17.748 Mitarbeiter. 1910 gab es<br />
in Deutschland schon knapp 30.000 PKW, 1914 bereits 65.000 Automobile. 7 Eine<br />
gewaltige Anzahl <strong>für</strong> die kurze Entwicklungsdauer, doch verglichen mit den USA<br />
waren es noch verschwindend wenige Fahrzeuge, die die hiesigen Straßen befuhren. In<br />
den USA waren 1913 nämlich bereits 1,2 Millionen Automobile auf den Straßen<br />
unterwegs. 8 Dort war seit 1908 durch Henry Ford der Kraftwagen zur Massenware<br />
geworden. Von seinem Modell T („Tin Lizzie“, zu deutsch „Blechliese“) wurden in den<br />
nächsten 19 Jahren mehr als 15 Millionen Stück verkauft. Eine ähnliche Erfolgs -<br />
geschichte, wie sie hierzulande später der VW – Käfer hatte.<br />
Mit der Zunahme der Fahrzeuge auf den öffentlichen Straßen und dem Neben -<br />
einander von Pferden, Kutschen und Motorwagen mussten auch Verkehrs vor schriften<br />
erlassen werden. Die ersten stammen aus dem Jahre 1888. Gleichzeitig verlangte ein<br />
gut organisiertes Staatswesen nach einer staatlichen Fahrerlaubnis, denn schließlich<br />
brachten die neuen Gefährte auch neue Gefahren mit sich.<br />
Die erste Fahrerlaubnis, die in Deutschland ausgestellt wurde, stammt aus dem Jahr<br />
1899. Sie wurde am 14. April 1899 durch die Königliche Polizei-Direktion München<br />
erteilt und ging an die Besitzer „eines vierrädrigen Wartburg Motorwagens“. Diese<br />
Fahrerlaubnis enthielt noch eine Reihe von Auflagen. So wurde die „höchst zulässige<br />
Schnelligkeit innerhalb der Stadt“ mit zwölf Stundenkilometern festgesetzt. Weiter<br />
hieß es: „Desgleichen ist beim Begegnen Allerhöchster Herrschaften, welche zu<br />
Wagen oder zu Pferde sich befinden, in angemessener Entfernung zu halten, bis dieselben<br />
vorüber sind.“ 9 Schließlich waren die damaligen Fahrzeuge noch sehr laut. Sie<br />
knatterten, pusteten ihre Abgaswolken in die Luft und machten die Pferde scheu. Die<br />
Hohen Herrschaften wollten sich auch gegenüber diesen neuzeitlichen Ungetümen<br />
6 Roediger, a.a.O., S. 65 • 7 Roediger, a.a.O., 65 • 8 Roediger, a.a.O., S. 68 • 8 Roediger, a.a.O., S. 35<br />
51
ihrer Privilegien bewusst sein, bis sie dann irgendwann selbst vom automobilen Fieber<br />
angesteckt wurden. Die Vorschrift galt zwar nur <strong>für</strong> den Raum München, doch rein<br />
theoretisch hätte sie überall gelten können.<br />
Allgemein begann im deutschen Kaiserreich die Ära der Fahrerlaubnis im Jahre 1906.<br />
Gleichzeitig wurden erste allgemein gültige Verkehrsregeln erlassen. 1909<br />
trat das reichseinheitliche „Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ in Kraft.<br />
Ein Jahr später wurden Führerscheinklassen geschaffen.<br />
Der erste Weltkrieg (1914–1918) und die Folgejahre brachten einen krassen<br />
Ein schnitt in die langsam aufblühende Automobilindustrie. Um den deutschen<br />
Autobau stand es immer schlechter. Die Inflation in Deutschland und die Welt -<br />
wirtschaftskrise verschärften noch die Situation. Hatte im Juli 1914 ein US-Dollar noch<br />
4,20 Mark und im Juli 1919 bereits 14 Mark gekostet, so mussten im Januar 1922<br />
schon 191,80 Mark <strong>für</strong> einen Dollar bezahlt werden. Im Januar 1923 kostete der<br />
Dollar bereits 17972 Mark, am 26. April 1923 notierte man in Deutschland einen US-<br />
Dollar mit 30.000 Mark. 10 Im August 1923 war die Talfahrt der Mark bei<br />
4620455 Mark pro Dollar angekommen und endete am 15. November 1923 mit der<br />
No-tierung: 1 Dollar = 4,2 Billionen Mark. 11 Ein Brötchen kostete jetzt eine Million<br />
Mark. Diese Entwicklung führte in Deutschland zu einer schweren Banken krise, zu<br />
zahlreichen Konkursen sowie zu einer nie gekannten Massen arbeits losig keit (1932<br />
rund sechs Millionen) mit den bekannten politischen Folgen.<br />
Auch die Preise der ohnehin schon teuren Autos waren in diesen Jahren in schwindelerregende<br />
Höhen geklettert. Da man aber auf die Vorteile des motorisierten Fahrens<br />
nicht verzichten wollte, machten viele aus der Not eine Tugend und griffen auf die<br />
wesentlich preiswerteren Motorräder zurück, so dass die Motorradher stellung einen<br />
wahren Aufschwung erlebte. Hatte es nämlich 1921 in Deutschland nur 26.666<br />
Motorräder gegeben, so waren bereits 1931 mit 792.075 Stück mehr Motorräder auf<br />
Deutschlands Straßen unterwegs, als Autos. 1939 gab es davon sage und schreibe<br />
1.755.320 Stück. 12<br />
Doch die politische Führung in Deutschland wollte auch die Automobilherstellung<br />
wieder ankurbeln. Am 11. Februar 1933 – nur 12 Tage nachdem er an die Macht<br />
gekommen war – eröffnete Hitler in Berlin die Automobilausstellung mit einer programmatischen<br />
Rede. Die Deutschen, so wollte es der „Führer“, sollten ein Volk von<br />
Autofahrern werden. Das Fahrzeug sollte <strong>für</strong> jeden „Volksgenossen“ erschwinglich<br />
sein.<br />
Ferdinand Porsche, der 1931 in Stuttgart ein eigenes Konstruktionsbüro eröffnet<br />
hatte, war begeistert, denn auch sein Traum war die Massenmotorisierung. Er unterbreitete<br />
Hitler seine Vorstellungen und der beauftragte Porsche mit der Konstruktion<br />
eines „Volkswagens“, der weniger als 1.000 Reichsmark kosten sollte.<br />
10 Roediger, a.a.O., S. 77<br />
11 Brockhaus multimedial, Inflation in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg<br />
12 Ein Jahrhundert Motorradtechnik, S. 29<br />
13 Das war <strong>für</strong> die damaligen Verhältnisse eine erkleckliche Summe; der heute vergleichbare Betrag läge etwa bei 20.€.<br />
14 Die nationalsozialistische Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (KdF) war eine zur „Deutschen Arbeitsfront“ gehörende politische Orga ni -<br />
sation. Die „Deutsche Arbeitsfront“ stellte den nationalsozialistischen Einheitsverband von Arbeitnehmern und Arbeitgebern dar, der<br />
am 10. Mai 1933 durch die Übernahme der freien Gewerkschaften, ihres Vermögens und unter Abschaffung des Streikrechts gegründet<br />
worden war. KdF hatte die Aufgabe, die Freizeit der deutschen Bevölkerung zu gestalten, zu überwachen und gleichzuschalten. Sie<br />
bestand von 1933 bis 1945, wobei die meisten Operationen mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 eingestellt wurden.<br />
52<br />
1937 wurde die „Gesellschaft zur Vorbereitung des deutschen Volkswagens“ gegründet,<br />
und ab 1. August 1938 sollte, konnte oder durfte jeder Deutsche einen mit fünf<br />
Mark 13 pro Woche dotierten Sparvertrag auf diesen von Porsche entwickelten KdF-<br />
Wagen 14 zum Preise von 990 Mark abschließen. 15 „Fünf Mark die Woche musst du<br />
sparen, willst du im eigenen Wagen fahren“, so lautete die Parole. 300.000 Volks -<br />
genossen folgten ihr, doch kein einziger von ihnen kam tatsächlich in den Genuss<br />
eines fabrikneuen Fahrzeuges, denn Porsches neu errichtetes Kdf-Werk im heutigen<br />
Wolfsburg hatte bald schon <strong>für</strong> die Motorisierung der Wehr macht zu sorgen.<br />
Während des Krieges gab es in Deutsch -<br />
land einen empfindlichen Mangel an<br />
Erdölprodukten. Die eigenen Erdöl reserven<br />
reichten bei weitem nicht aus und die Pro -<br />
duktion von Erdöl-Ersatz stoffen war zu<br />
teuer. Die verfügbaren Kraft stoff mengen<br />
waren fast ausschließlich dem Militär- und<br />
dem Staatsapparat vorbehalten. Auf der<br />
Suche nach Alternativen kam man auf Holz<br />
als nachwachsenden Rohstoff, und so gab<br />
Ein Auto mit Holzvergaser wird startklar gemacht<br />
denn das Holz ver gaser-Auto in dieser Zeit<br />
der Mangel wirtschaft eine kurze Vor -<br />
stellung. Die Holzvergasung ist eine verfah-<br />
renstechnische chemische Reaktion, die es ermöglicht, aus Holz brennbares Holzgas<br />
zu gewinnen. Dazu mussten zunächst die Personen- und Lastwagen entsprechend<br />
umgerüstet werden. Auf den Ladeflächen der LKW oder am Heck der Personen wagen<br />
wurde der Holzvergaser angebracht. Das war ein großer Behälter, der eher einem<br />
Einkochkessel ähnlich sah.<br />
Dieser wurde mit Holz befüllt und durch Erhitzen entwich aus dem Holz ein brennbares<br />
Gasgemisch, das über ein langes Gasrohr in den Motor geleitet wurde. Für 100<br />
km brauchte man etwa 15 bis 20 kg Holz, wobei Buchenholz wegen seines hohen<br />
Brennwertes bevorzugt wurde.<br />
Es war aber eine recht umständliche Fahrerei mit diesem Holzgas-Auto: Zu erst musste<br />
man warten, bis das Holz ausreichend erhitzt und das Holzgas entflammbar war, dann<br />
musste man auch immer genügend Brennholz mitführen und schließlich musste der<br />
Fahrer sich auch noch gut mit der Technik bezüglich Luftzu fuhr bzw. – drosselung auskennen,<br />
um immer genügend „Gas geben“ zu können. Daher verwundert es nicht,<br />
dass diese Art der Technik nach dem Krieg schnell wieder aufgegeben wurde.<br />
Die eigentliche Erfolgsgeschichte der Automobilindustrie und somit auch des<br />
Volkswagens begann nach dem 2. Weltkrieg. 1948 wurden bereits 1500 Käfer an<br />
Privatpersonen verkauft, 1949 der 50.000. VW-Käfer gefertigt. Doch letztlich sollte es<br />
noch bis 1957 dauern, bis in Deutschland die Zahl der Autos die der Motorräder wieder<br />
überholt hatte. 16<br />
15 Roediger, a.a.O., S. 115<br />
16 Ein Jahrhundert Motorradtechnik, S. 29<br />
53
Die ehemaligen KdF-Sparer, die sich um ihre Spareinlagen betrogen sahen, führten<br />
wegen dieser „verlorenen Sparbeträge“ einen jahrelangen Rechtsstreit mit Volks -<br />
wagen, der Anfang der sechziger Jahre vom Bundesgerichtshof entschieden wurde:<br />
beim Kauf eines Volkswagens erhielten sie einen Rabatt von einigen hundert Mark.<br />
Natürlich konnte diese Entwicklung, die die ganze Welt revolutionieren sollte, auch an<br />
<strong>Waldniel</strong> nicht vorbei gehen. Lag <strong>Waldniel</strong> auch nicht direkt im Einzugsbereich des<br />
Zentrums des automobilen Aufbruchs, so war es dennoch auch nicht so ganz außerhalb<br />
dieser Welt und die Nachrichten der konkurrierenden Erfinder werden durch<br />
Zeitungen und Augenzeugenberichte auch bis hier gekommen sein. Und waren 1914<br />
bereits 65.000 Automobile in Deutschland unterwegs, so ist es sicherlich möglich,<br />
dass auch eines davon durch <strong>Waldniel</strong> gekommen ist. Schließlich war <strong>Waldniel</strong> schon<br />
etwas näher an den Rest der großen, weiten Welt heran gerückt, seit die<br />
Straßenbahn-Linie 3 ab dem 22. Februar 1908 „von Hardt nach <strong>Waldniel</strong> und zurück“<br />
pendelte. Bereits ab Mitte der 1920er Jahre wurden die Straßenbahnen nach und<br />
nach durch Omnibusse ersetz, was beweist, dass die Automobilisierung zum damaligen<br />
Zeitpunkt auch unser kleines <strong>Waldniel</strong> erreicht hatte.<br />
In dem Buch „Bilder aus Alt-<br />
<strong>Waldniel</strong>“, das 1978 vom<br />
Museums verein Dohrenburg in<br />
Zusammenarbeit mit Gerhard<br />
Peters veröffentlicht worden ist,<br />
gibt es ein Bild, das etwa um<br />
das Jahr 1910 entstanden ist,<br />
und das angeblich das „erste<br />
Auto in <strong>Waldniel</strong>“ zeigt. Man<br />
sieht einen schmucken, offenen<br />
Wagen in <strong>Waldniel</strong> auf<br />
dem Marktplatz unmittelbar<br />
vor der Apotheke. Darin sitzen<br />
drei Paare mittleren<br />
Alters, die stolz in die<br />
Kamera blicken. Das Auto hat,<br />
wie damals bei den meisten Autos üblich, eine<br />
Rechts steuerung. Im Hinter grund, bei der Gaststätte Klüfer, stehen<br />
einige ältere Herren mit kleinen Kindern und beobachten den Wagen aus<br />
respektvoller Ent fernung, genauso wie ein älterer Herr im Eingang der Apo theke. Die<br />
zeitliche Einordnung des Bildes um das Jahr 1910 kann zutreffen, denn man erkennt<br />
die Straßenbahn schienen.<br />
Wann aber tatsächlich das erste Auto nach <strong>Waldniel</strong> gekommen ist, lässt sich heute<br />
nicht mehr genau feststellen. Die älteste „Nachweisung der in der Gemeinde <strong>Waldniel</strong><br />
vorhandenen Besitzer von Kraftwagen pp.“ stammt vom 29. März 1926. 17 Sie führt<br />
insgesamt 11 Namen auf:<br />
17 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 210, Bl. 3<br />
Das erste Auto in <strong>Waldniel</strong><br />
1. Bongartz Wilh., Kaufmann, Dülkener Str. 1, Lastwagen, I.Z. 599<br />
2. Wentges Rob., Kaufmann, Dülkener Str. 48, Lastwagen, I.Z.48320<br />
3. Biermanns, Gebr. Händler, Hehler, Lastwagen, I.Z. 48290<br />
4. Moos Leonh., Händler, Hehler, Lastwagen I.Z. 44853<br />
5. Zohren Franz, Händler, Dülkener Str., Personenwagen,<br />
welcher auch betriebl. benutzt wird, I.Z. 884066.<br />
6. Dr. Ostendarp Herm., Arzt, Gladbacher Str., Personenwagen, I.Z. 44057<br />
7. Dr. Schrimpf Wilh., Arzt, Dülkener Str., Personenwagen, I.Z. 63990<br />
8. Wentges Rob., Kaufmann, Dülkener Str., Personenwagen, I.Z. 69344<br />
9. Berger Mich., Kaufmann, Gladbacher Str., Personenwagen, I.Z. 26586<br />
10. Waters Reiner, Kaufmann, Dülkener Str., Personenwagen, I.Z. 66270<br />
11. St. Josefsheim, Heil- und Pflegeanstalt, Hostert, Zugmaschine, Ohne<br />
Kennzeichen<br />
Wie man sieht, gab es damals 4 Last- und 6 Personenwagen, die regelmäßig die<br />
<strong>Waldniel</strong>er Straßen befuhren, denn die Zugmaschine der Heil- und Pflegeanstalt<br />
Hostert durfte nur auf dem Anstaltsgelände fahren. Der automobile Fortschritt war<br />
zwar in <strong>Waldniel</strong> angekommen, jedoch nur mit einem kleinen Kontingent und die<br />
Lastwagenbesitzer waren die bekannten <strong>Waldniel</strong>er Unternehmer jener Zeit: Wilhelm<br />
Bongartz betrieb die Krautpresse, Robert Wentges 18 hatte die „Destillerie- und Edel-<br />
Likörfabrik Wentges“, die Gebrüder Biermanns und Leonhard Moos waren bekannte<br />
Händler aus Hehler. Und auch die Personenwagen gehörten damals einem exklusiven<br />
Personenkreis: Da waren der Händler Zohren, der einen Landhandel betrieb, die Ärzte<br />
Dr. Schrimpf und Dr. Ostendarp, die Kaufleute Robert Wentges (Destillerie), Michael<br />
Berger (Textil) und Rainer Waters, der an der Dülkener Straße seine Leinenfabrik hatte.<br />
Ob es an den auch damals schon recht hohen Preisen lag, dass es hier nur so wenige<br />
Autos gab, oder an den schwierigen Verhältnissen nach der gerade überstandenen<br />
Weltwirtschaftskrise, ist nicht bekannt.<br />
Für die Gemeinde Amern wurden am 12. Juli 1927 übrigens nur zwei Lastwagen<br />
gemeldet: einer <strong>für</strong> Heinrich Leven, Brauerei, und einer <strong>für</strong> die Firma Bäcker & Cie 19 ,<br />
die bereits 1917 von der Drahtweberei Rösler aus Essen aufgekauft worden war. 20 Die<br />
Anzahl der Per sonenwagen in Amern ist nicht angegeben.<br />
Nach Aussagen des im Herbst 2006 verstorbenen Helmut Hofer, des Neffen und Erben<br />
von Karl und Robert Wentges, handelte es sich bei dem Lastwagen von Wentges um<br />
den ersten Ford-LKW in <strong>Waldniel</strong>. Auch wusste Helmut Hofer noch zu berichten, dass<br />
es zwischen den Brüdern Karl und Robert Wentges wegen der Anschaffung des LKW<br />
Meinungsverschiedenheiten gegeben hat. Während nämlich Karl Wentges als junger,<br />
dynamischer Unternehmer die Anschaffung eines LKW unbedingt be<strong>für</strong>wortete, soll<br />
sein Bruder Robert entgegnet haben: „Wat sollen wir denn mit ene Lastwagen?“ Bei<br />
dem Personenwagen des Robert Wentges handelte es sich laut Helmut Hofer um ein<br />
Cabriolet der Firma AGA, Aktiengesellschaft <strong>für</strong> Automobile, mit einem Hubraum von<br />
1,4 Litern und einer Leistung von 22 PS, das erstmalig 1921 gebaut worden ist.<br />
18 Mit seiner Ehefrau Sopia, geb. Knorr, hatte er sechs Kinder: Karl, Wilhelm, Robert, Paul, Margarethe und Gertrud.<br />
19 KA, GA Amern, Nr. 759, Ohne Blattnummer<br />
20 Festschrift „110 Jahre Rösler Draht“, S. 3, 1982<br />
54<br />
55
Die AGA war 1920 in Berlin – Lichtenberg als Aktiengesellschaft gegründet worden.<br />
Ihr vornehmliches Ziel war es, Fahrzeuge in hoher Stückzahl, und somit <strong>für</strong> viele<br />
erschwinglich, zu produzieren. Kurz nach dem ersten Weltkrieg wollte man also schon<br />
in die Massenproduktion einsteigen. Doch das Unternehmen konnte sich nicht<br />
wesentlich weiter entwickeln, da die allgemeine wirtschaftliche Rezession einsetzte.<br />
So wurde es 1922 durch Hugo Stinnes übernommen und in sein Unternehmen integriert.<br />
1925 endet jedoch nach wirtschaftlichen Problemen die AGA in einem<br />
Konkurs. Das von Robert Wentges gefahrene Modell wurde in den Jahren 1921 bis<br />
1928 in einer Stückzahl von 15.000 produziert. 21<br />
Eine andere interessante Geschichte weiß Franz-Paul Moos aus Hehler zu berichten,<br />
der Enkel des unter Ziffer 4 genannten Leonhard Moos. Danach war sein Großvater<br />
von Beruf Großhändler, der in der Woche mit seinem LKW unter anderem den<br />
Wochenmarkt in Mönchengladbach belieferte. Am Wochenende wurde die Lade -<br />
fläche gereinigt, Sitzbänke wurden darauf befestigt und somit der Lastwagen zur<br />
Personenbeförderung hergerichtet. Mit diesem Fahrzeug unternahm Leonhard Moos<br />
dann Wochenendtouren zum Rhein, zur Ahr und wohin es die Ausflügler sonst noch<br />
zog. Das war der Anfang des späteren Busunternehmens „Moos-Reisen“, das<br />
Leonhard Moos 1936 an seinen Sohn Jakob übertrug. Dessen Sohn Franz-Paul wiederum<br />
schloss sich 1977 mit der Firma „Gebrüder von der Forst" zum neuen Bus -<br />
unternehmen „Kraftverkehr Schwalmtal“ zusammen.<br />
Derartige Zusatzverdienste durch eine anderweitige Nutzung der Fahrzeuge, wie<br />
Leonhard Moos sie mit seinem ersten LKW betrieb, waren damals anscheinend keine<br />
Seltenheit. Die Akten berichten u. a. von einem Schreiben des Direktors der<br />
Städtischen Straßenbahn Glad-bach-Rheydt und der <strong>Vereinigte</strong>n Städtebahn<br />
Gladbach-Rheydt-Viersen-Dülken-Süchteln vom 26. Februar 1932. Darin meldet er<br />
der Polizeiverwaltung in Amern, dass der „Kraftfahrer Heinrich Otten aus Ungerath<br />
täglich im regelmäßigen Verkehr Personen von <strong>Waldniel</strong> und Umgebung nach<br />
Gladbach befördere.“ Der Herr Direktor wollte wissen, ob Otten denn überhaupt die<br />
erforderliche Genehmigung <strong>für</strong> die Personenbeförderung über Land habe, denn<br />
schließlich war Personenbeförderung sein Geschäft, und da ließ man sich nicht durch<br />
unlautere Schwarzfahrten hinein pfuschen. Diesbezüglich zur Rede gestellt, behauptete<br />
Otten eben frech, dass er überhaupt keine Genehmigung benötige, da er keinen<br />
öffentlichen Verkehr anbiete. Vielmehr fahre er ausschließlich Arbeiter innen von<br />
Ungerath, Lüttelforst und <strong>Waldniel</strong> nach Gladbach zur Firma Potting. In ihrem<br />
Antwortschreiben übernahm die Gemeindeverwaltung Amern seine Argu mentation,<br />
und damit hatte es denn auch sein Bewenden. 22<br />
Ein weiterer Aspekt der Automobilisierung darf nicht unerwähnt bleiben: der<br />
Motorsport. Bereits im Jahre 1894 hatte das erste offizielle Autorennen statt gefunden:<br />
21 Automobile waren 126 Kilometer von Paris nach Rouen gefahren. Die vier<br />
Erstplatzierten waren mit den damals neu entwickelten „Daimler“-Motoren ausgerüstet<br />
und hatten ganze 3,5 PS. Sie kamen auf dem 126 Kilometer langen Kurs<br />
auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von immerhin 20,5 Kilometer pro Stunde. 23<br />
21 www.deutsche-automobile.de<br />
22 KA, GA Amern, Nr. 551, ohne Blattnummer<br />
23 www.wissen.de<br />
Das war <strong>für</strong> die damaligen Autos ganz schön schnell, aber verglichen mit der<br />
Geschwindigkeit eines Michael Schumacher war es, als ginge man zu Fuß, denn heutige<br />
Rennfahrer legen diese Strecke mit ihren etwa 900 PS starken Fahrzeugen in<br />
weniger als einer halben Stunde zurück. 1906 wurde in Le Mans der erste Grand Prix<br />
gestartet. Am 18. Juni 1927 wurde in Deutschland der Nürburgring eröffnet. Erster<br />
Titelträger dort war der Remagener Hoteliersohn Rudolf Caracciola. Und bereits am<br />
14. April 1929 gab es das erste Autorennen durch die engen Straßen von Monaco.<br />
Das Rennfieber hatte die Motorsportbegeisterten in aller Herren Länder erfasst, und<br />
so verwundert es nicht, dass es auch in <strong>Waldniel</strong> Anhänger des Motorsports gegeben<br />
hat. Davon kündet des Vorhandensein eines „Motorsportclub <strong>Waldniel</strong>, 1929“.<br />
Dessen Vorsitzender Peter Naphausen meldete im Jahre 1930 an die Polizei -<br />
verwaltung in <strong>Waldniel</strong>, dass der Verein zwei Mitglieder, denen der Führerschein entzogen<br />
worden war, ausgeschlossen habe. 24 Es herrschten also strenge Sitten im<br />
Motorsportclub <strong>Waldniel</strong>.<br />
Da sich aber noch lange nicht jeder ein Auto leisten konnte, gab es bald auch die<br />
ersten Autovermietungen. Damit waren weniger Mietwagenfirmen gemeint, wie wir<br />
sie heutzutage kennen, sondern es handelte sich eher um eine Art Taxibetrieb, wo<br />
man im weitesten Sinne ja auch ein Fahrzeug nebst Fahrer mieten kann. Ein Ver -<br />
zeichnis dieser Autovermieter vom 22. August 1933 25 nennt <strong>für</strong> <strong>Waldniel</strong> die Gebr.<br />
Josef und Heinrich von der Forst, Bahnhofstr. 25, und Paul Stammen, Amerner Str. 12.<br />
Die gleiche Aufstellung vom 23. August 1933 meldet <strong>für</strong> Amern ebenfalls<br />
zwei Autovermieter, nämlich Heinrich Otten, Chauffeur, Ungerath Nr. 23a und<br />
Josef Deckers, Spediteur, Ungerath Nr. 23, den Vorgänger des späteren Bus -<br />
unter nehmens Valkenborgh. 26<br />
Ein Nachweis der Kraftwagen in der Bürgermeisterei <strong>Waldniel</strong>, erstellt etwa Mitte der<br />
1930er Jahre, nennt 61 Halter. Die Fahrzeuge waren alle noch nicht dem NSKK 27 verpflichtet,<br />
das heißt, dass jeder noch frei über sein Fahrzeug verfügen konnte. 28<br />
Etwa 1937/38 meldet Bürgermeister Dr. Kloos, dass es in <strong>Waldniel</strong> keine Kraftfahr -<br />
schulen gebe. 29<br />
Eine weitere Zusammenstellung aller hier vorhandenen Fahrzeuge ergab etwa <strong>für</strong><br />
1938/39, also kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges: 63 Halter mit insgesamt 66 PKW<br />
und 6 Lastwagen. 30<br />
24 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 372, Bl. 34 f.<br />
25 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 372, Bl. 107<br />
26 KA, GA Amern, Nr. 551, ohne Blattnummer. Ungerath gehörte damals noch zu Amern St. Anton.<br />
27 Das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) war eine paramilitärische Organisation der NSDAP die von 1931 bis 1945 existierte.<br />
Die Organisation war ein Nachfolger des Nationalsozialistischen Automobilkorps, das seit 1930 bestand.<br />
28 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 372, Bl. 144 ff<br />
29 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 371, Bl: 182<br />
30 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 371, Bl. 285<br />
56<br />
57
Liste der in der Gemeinde <strong>Waldniel</strong><br />
vorhandenen Kraftfahrzeuge 31<br />
Lfd. Name und Vorname Wohnung Bezeichnung Kennzeichen<br />
Nr.: des Kfz.:<br />
1 Gebr. von der Forst Bahnhofstr. 25 Omnibus IY 76 908<br />
2 “ “ “ IY 74 952<br />
3 “ “ “ IY 76 941<br />
4 “ “ “ IY 75 135<br />
5 “ “ PKW IY 76 927<br />
6 Dr. Walter Hungerberg Gladbacher Str. LKW IY 74 091<br />
7 “ “ Krad IY 177 631<br />
8 “ “ PKW IY 74 722<br />
9 Willy Ahlers “ “ IY 76 694<br />
10 “ “ Krad IY 176 560<br />
11 Adolf Küpper Gladbacher Str. 65 PKW IY 75 448<br />
12 Gemeinde <strong>Waldniel</strong> Adolf-Hitler-Platz “ IY 252 533<br />
13 “ “ Krad IY 177 534<br />
14 Wilhelm Heepen Dülkener Str. 31 LKW IY 77 166<br />
15 Wilhelm Weuthen Eicken 26 “ IY 77 638<br />
16 Josef Breuer Dülkener Str. 5 Krad IY 177 470<br />
17 Leo Rütten “ “ IY 177 592<br />
18 Michael Granderath Horst-Wessel-Str. 17 “ IY 176 687<br />
19 Leo Schmitz Gladbacher Str. 102 LKW IY 77 014<br />
20 Peter Bodden Dülkener Str. 24 Omnibus IZ 159000<br />
21 Hugo Königs Bahnhofstr. 13 LKW IY 77 031<br />
22 Peter Grams Langestr. PKW IY 74 941<br />
23 Kunstseiden AG. Vogelsratherweg LKW IY 77 458<br />
24 “ “ “ IY 77 222<br />
25 “ “ PKW IY 75 746<br />
26 Hans Mahlert Langestr. “ IY 75 883<br />
27 Josef Leven “ “ IY 75 064<br />
28 Dr. Gerhard Katterbach Dülkener Str. “ IY 74 143<br />
29 Peter Henrix “ “ IY 74 071<br />
30 Dr. Hermann Ostendarp “ “ IY 76 427<br />
31 Dr. Paul Scholemann “ “ IY 74 736<br />
32 Heinrich Berger “ “ IY 76 434<br />
33 Oskar Leister Amerner Str. “ IY 76 829<br />
34 Dr. Wilhelm Feger Bahnhofstr. “ IY 75 889<br />
35 Heinrich Imkamp Gladbacher Str. “ IY 76 682<br />
36 Heinrich Pauen Adolf-Hitler-Platz “ IY 75 154<br />
37 Christian Bach “ “ IY 75 350<br />
38 Gerhard Coenen Gladbacher Str. “ IY 75 900<br />
39 Geschw. Mertens Lüttelforst “ IY 76 868<br />
40 Dr. Wilhelm Schrimpf Dülkener Str. “ IY 75 487<br />
Es war also rund ein Drittel weniger an Fahrzeugen vorhanden, als bei der letzten<br />
Aufstellung. Schon an den Adressen erkennt man den ungefähren Zeitpunkt dieser<br />
Zusammenstellung: Adolf-Hitler-Platz und Horst-Wessel-Straße, Ortsbezeichnungen,<br />
die eindeutig auf das „Dritte Reich“ hinweisen, denn schon bald nach der „Macht -<br />
ergreifung“ war es überall in Deutschland zu einer größeren Welle von Straßenum -<br />
benennungen gekommen. Zum einen war es <strong>für</strong> die neuen Machthaber wichtig,<br />
Straßen und Plätze nach Nationalsozialisten zu benennen, um sie möglichst schnell in<br />
den Alltag der Menschen einzuführen. Zum anderen ging es aber auch darum,<br />
Benennungen nach unliebsamen Politikern und Denkern aus dem alltäglichen<br />
Lebensraum zu tilgen. Am häufigsten wurde nach Adolf Hitler umbenannt, fast jede<br />
Ortschaft besaß schon bald eine Adolf-Hitler-Straße, einen Adolf-Hitler-Platz oder<br />
auch beides. Aber auch nach anderen Nationalsozialisten wurden Straßen und Plätze<br />
benannt, besonders nach „Märtyrern“ und „Blutopfern der NS-Bewegung“. Albert<br />
Leo Schlageter, Horst Wessel, Herbert Norkus und Dietrich Eckert etwa waren immer<br />
wieder beliebte Namensgeber. NSDAP-Mitglied Schlageter, war am 7. April 1923 von<br />
der französischen Militärpolizei wegen Sabotageakten gegen die alliierten Truppen,<br />
die das Ruhrgebiet besetzt hatten, verhaftet worden. Der 28jährige ehemalige Offizier<br />
des 1. Weltkrieges wurde vor ein Militärgericht gestellt und am 26. Mai 1923 in<br />
Düsseldorf standrechtlich erschossen. Für die Nationalsozialisten wurde Schlageter<br />
zum ersten Märtyrer ihrer Bewegung.<br />
31 58<br />
KA,GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 611, Bl.100<br />
59
Horst Wessel war SA-Führer im Berlin der Weimarer Republik. Als er im Frühjahr 1930<br />
von einem kommunistischen Rollkommando getötet wurde, machte ihn die NS-<br />
Propaganda zu einer politischen Symbolfigur und zum Vorbild eines mutigen, opferbereiten<br />
Nationalsozialisten. Besondere Bedeutung erlangte dabei ein von Wessel<br />
getextetes SA-Lied, das später so genannte „Horst-Wessel-Lied“, das im Dritten Reich<br />
zu einer Art zweiter Nationalhymne wurde. Mit seinem Refrain „Die Fahne hoch! Die<br />
Reihen fest geschlossen“ gelangte es bald in den Status einer Art Staatshymne, die<br />
neben der offiziellen Nationalhymne bei öffentlichen Anlässen und Partei -<br />
veranstaltungen gesungen wurde.<br />
Herbert Norkus war ein Hitlerjunge, der bei politischen Auseinandersetzungen während<br />
einer Flugblattverteilung mit Kommunisten erstochen wurde. Er wurde danach<br />
vom Nationalsozialismus als „Vorbild <strong>für</strong> den kämpferischen Einsatz der Hitler-<br />
Jugend“ und als „Blutzeuge der Bewegung“ verklärt. „Ein jugendlicher Märtyrer“.<br />
Dietrich Eckert schließlich war ein völkischer Dichter, ein Vorkämpfer des National -<br />
sozialismus, der zahlreiche antisemitische Schriften verfasst hatte und von Adolf Hitler<br />
hoch verehrt wurde.<br />
Somit verwundert es nicht, dass es solche Straßennamen auch in <strong>Waldniel</strong> gab.<br />
Der Adolf-Hitler-Platz war der Marktplatz, die Horst-Wessel-Straße die heutige<br />
Josef-Rösler-Straße, die Gustav-Rösler-Straße hieß Herbert-Norkus-Straße und die<br />
Elisabeth-Rösler-Straße war damals die Dietrich-Eckert-Straße. Neben dem Markt platz<br />
also alles Straßen in der Rösler-Siedlung, mit deren Bau 1934 begonnen<br />
worden und die als Mustersiedlung von der Deutschen Arbeitsfront ausgezeichnet<br />
worden war. 32<br />
Am 6. Juni 1945 ordnete der damalige <strong>Waldniel</strong>er Gemeindedirektor Sauerborn 33 die<br />
Umbenennung der Straßen an. Der Markt erhielt seine alte Bezeichnung zurück, und<br />
die Straßen in der Rösler-Siedlung wurden zunächst nur mit den Vornamen von<br />
Familienmitgliedern der Familie Rösler bezeichnet, bevor sie dann in den Jahren 1953<br />
und 1955 den Familienzusatz „Rösler“ erhielten. 34<br />
Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg gab es auch in <strong>Waldniel</strong> nicht mehr so viele<br />
Fahrzeuge, wie vor dem Krieg. Die Produktion von Privatfahrzeugen hatte bekanntlich<br />
zugunsten der Militärfahrzeuge eingestellt werden müssen, aber in den schwierigen<br />
Kriegsjahren hätte außer den Kriegsgewinnlern ohnehin kaum jemand Geld <strong>für</strong><br />
ein neues Auto gehabt. Zudem waren während des Krieges und auch beim Einmarsch<br />
der Amerikaner immer wieder Autos beschlagnahmt worden. Auch hatte nicht jeder<br />
sein Auto auf Holzgas umgerüstet. Daher waren viele Autos still gelegt worden und<br />
warteten nun zum Teil gut versteckt überall in Schuppen und Scheunen darauf, wieder<br />
<strong>für</strong> den öffentlichen Verkehr zugelassen zu werden. Die amerikanische Armee und<br />
anschließend die britische Militärregierung ließen jedoch nur ganz allmählich wieder<br />
eine gewisse Freizügigkeit zu. Man wollte zunächst die allgemeine Lage in den Griff<br />
bekommen und stabilisieren. Nach und nach wurden dann aber doch wieder die noch<br />
fahrbereiten Autos zum öffentlichen Verkehr zugelassen und mit einer besonderen<br />
32 Festschrift „110 Jahre Rösler Draht“, S. 3, 1982<br />
33 Anfang Juni 1945 war Karl Sauerborn von der Militärregierung zum Gemeindedirektor ernannt worden. Er blieb bis Mai 1947.<br />
Zum 1. September 1947 kam dann Wilhelm Engbrocks als Gemeindedirektor.<br />
34 KA, GA <strong>Waldniel</strong>, Nr. 624, Bl. 7<br />
Be gründung bekam man auch schon mal eine behördliche Erlaubnis, über den<br />
eigenen Heimatbezirk hinaus fahren zu dürfen. 35 Auch jetzt war Kraftstoff noch<br />
Mangelware und immer noch <strong>für</strong> das Militär reserviert, jetzt aber <strong>für</strong> die<br />
Besatzungsmächte. Wohl erhielten auch einzelne ausgesuchte Unternehmen geringe<br />
Mengen Treibstoff, denn schließlich musste die Wirtschaft wieder in Gang gebracht<br />
werden. Die normale Bevölkerung ging weiterhin leer aus. Daher fuhren auch unmittelbar<br />
nach dem Krieg noch einige Holzgas-Autos auf den <strong>Waldniel</strong>er Straßen und so<br />
manche Kuriosität der „Marke Eigenbau“. Wie Ferdinand Ahlers, Im Kamp 27, zu<br />
berichten weiß, gehörte ein solches Gefährt seinem Vater, Willy Ahlers senior, der<br />
damals als Elektromeister bei der Kuag 36 beschäftigt war. Nachdem die amerikanischen<br />
Besatzer das Auto eines seiner Nachbarn beschlagnahmt hatte, wollte er eine<br />
mögliche Beschlagnahme seines eigenen Autos verhindern. Daher baute er schnell<br />
seinen Opel P4 – so weit er es konnte – auseinander, schraubte die Reifen ab, versteckte<br />
die Teile so gut es ging und hängte dann seinen Opel P4 an der Decke der<br />
Garage auf. Es muss wohl ein recht trauriger Anblick gewesen sein und eher an ein<br />
ausgeweidetes Stück Wild als an ein Auto erinnert haben. Aber es half. Die drohende<br />
Beschlagnahme erfolgte nicht, und Willy Ahlers konnte wieder vorsichtig daran<br />
gehen, sein Auto fahrbereit zu machen. Nur war die Sache mit dem Treibstoff etwas<br />
heikel, denn der war <strong>für</strong> die Bevölkerung noch immer nicht zu haben, jedenfalls nicht<br />
offiziell. Tatsächlich aber konnten einige Bedienstete der Kuag von den dort vorhandenen<br />
Treibstoffvorräten ein paar Liter abzweigen und damit ihre eigenen Autos<br />
betreiben. Ob der Kölner Kardinal Frings das auch noch als „fringsen“ angesehen<br />
hätte, sei dahingestellt, aber so waren nun mal die Zeiten. Den amerikanischen<br />
Besatzern jedenfalls hätte das gewiss nicht gefallen. Also musste diesen etwas vorgegaukelt<br />
werden. Und somit versah Willy Ahlers seinen Opel P4 mit einer Attrappe<br />
eines Holzvergasers: Er klappte hinten den Kofferraumdeckel herunter und montierte<br />
darauf einen alten Einkochkessel, der bei der Kuag nicht mehr gebraucht wurde.<br />
Dann führte er, wie bei einem Holzvergaser üblich, ein langes Rohr nach vorne, das in<br />
einem alten Heizkörper endete, den er auf der vorderen Stoßstange befestigt hatte.<br />
Und <strong>für</strong> jeden, der von diesen Dingen keine Ahnung hatte und nicht so genau hinsah,<br />
hatte es den Anschein, als führe Willy Ahlers frohgemut ein Auto mit<br />
Holzvergaser. Aber die erste Straßenkontrolle ließ nicht lange auf sich warten.<br />
35 Dazu: KA, GA Amern, Nr. 47<br />
36 Am 19. September 1899 wurde die „<strong>Vereinigte</strong> Glanzstoff-Fabriken AG“ gegründet, deren Werke Kunstseide produzierten.<br />
Das Stammwerk befand sich in Oberbruch, das heute zur Stadt Heinsberg gehört. 1925 wurde in <strong>Waldniel</strong> am Vogelsrather Weg<br />
ein großer Textilveredelungsbetrieb als Zweigwerk von Oberbruch errichtet, in dem zeitweise 1.429 Beschäftigte ihren Lebensunterhalt<br />
verdienten. Bei der Überführung der Textilfirma „C. Benrath jun. AG“ in die Glanzstoffgruppe erhielt das Unternehmen den<br />
Namen „Kunstseiden – Aktiengesell-schaft“ (Kuag). Das Werk <strong>Waldniel</strong> wurde noch vor dem Krieg dieser Tochtergruppe zugeordnet<br />
und seitdem hieß es auch in <strong>Waldniel</strong> nur noch „Kuag“. In den 1960er Jahren wurden täglich zahlreiche Arbeitskräfte mit Bussen<br />
aus den umliegenden Gemeinden von Niederkrüchten bis Bracht heran geholt wurden, sowie noch 60 weitere aus den Niederlanden<br />
und Belgien. Auch wurden hier die ersten Gastarbeiter beschäftigt, insgesamt 800. Fast alle kamen aus Griechenland, 50 aus Portugal.<br />
Am 26. September 1975 beschloss der Vorstand der jetzt zum Akzo-Konzern gehörenden Enka-Glanzstoff, das Werk <strong>Waldniel</strong> zu<br />
schließen, das zu diesem Zeitpunkt noch ca. 800 Beschäftigte hatte. Am 15. Dezember 1977 wurde die Produktion eingestellt.<br />
Die modernsten Zwirnmaschinen wurden demontiert und in Werken in den Niederlanden wieder aufgebaut. Die Abwicklung dauerte<br />
noch bis März 1978, dann mussten auch die letzten verbliebenen 350 Beschäftigten gehen. (Auskunft: Josef Cohnen, Amerner Straße 56,<br />
der viele Jahr dort tätig war.) Nach langen Jahren der Industriebrache ist der umfangreiche Gebäudekomplex mittlerweile wieder einer<br />
sinnvollen Nutzung zugeführt.<br />
60<br />
61
Willy Ahlers rutschte wohl das Herz in die Hose, denn der privat verbrauchte Treibstoff<br />
hätte ihm ohne weiteres ein Verfahren wegen Sabotage einbringen können. Doch als<br />
die amerikanischen Soldaten seine dubiose Konstruktion sahen, schlugen sie die<br />
Hände über dem Kopf zusammen und brachten sich schnell vor diesem scheinbar<br />
hochexplosiven Ungetüm in Sicherheit. Willy Ahlers konnte weiter fahren.<br />
Gegen Mitte bis Ende der 1950er Jahre nahm auch in <strong>Waldniel</strong> die Anzahl der<br />
Automobile allmählich zu. Die Kinder konnten zwar noch relativ ungestört auf den<br />
Straßen spielen, doch auch die <strong>Waldniel</strong>er Bürger entdeckten mehr und mehr die<br />
Vorteile des Individualverkehrs.<br />
Wie rasant diese Entwicklung voran schritt, zeigen die Zahlen von heute. Am<br />
01. Januar 2006 gab es in der Gemeinde Schwalmtal 13.772 angemeldete Kraft -<br />
fahrzeuge. 37 Diese teilten sich auf in: 1.102 Motorräder, 11.402 PKW, 820 LKW<br />
und 448 sonstige Fahrzeuge, also Busse, Traktoren, Zugmaschinen und Ähnliches.<br />
Diese Entwicklung der Automobilisierung, von ihren Anfängen bis heute, ging jedoch<br />
nicht ganz so einfach vonstatten. Schließlich mussten die Autos regelmäßig betankt<br />
werden, Reparaturen mussten durchgeführt werden und vor allem das Straßennetz<br />
musste den neuen Erfordernissen angepasst und ausgebaut werden. Es musste eine<br />
komplett neue Infrastruktur aufgebaut werden. Versorgungsunter nehmen mussten<br />
gegründet und international ausgebaut werden. Niederlassungen oder Tochterfirmen<br />
mussten in Deutschland entstehen, denn Deutschland selbst verfügte über keine nennenswerten<br />
Rohstoffe <strong>für</strong> die Herstellung von Treibstoffen <strong>für</strong> die Verbrennungs -<br />
motoren, und schließlich musste das ganze Land mit einem Netz von Tankstellen überzogen<br />
werden.<br />
Als am 10. Januar 1870 die „Standard Oil of Ohio“ gegründet wurde, war es bereits<br />
mehr als 10 Jahre her, dass Öl entdeckt worden war. Obwohl die Gründung damals<br />
eher von lokaler Bedeutung war, entwickelte sich in den folgenden Jahren die amerikanische<br />
RaffinerieIndustrie rasch, an deren Spitze Standard Oil stand. Als gemeinsames<br />
Unternehmen gründeten 1890 deutsche Kaufleute und der Inhaber der Standard<br />
Oil die „Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft“ (DAPG).<br />
Bald war jedem, der ein Fahrzeug mit Benzin bewegte, das Warenzeichen<br />
„DAPOLIN“ ein Begriff. Das Benzin mit der Bezeichnung „Dapolin“ kostete<br />
damals 37 Pfennig pro Liter. Erst 1931 änderte die DAPG den Namen ihrer Treibstoffe<br />
„DAPOLIN“ in „Standard Benzin“ um. Hinzu kamen weitere Kraftstoffe, u.a.<br />
„Super-ESSO“.<br />
1950 wurde der Firmenname DAPG in ESSO A.G. geändert. Der Name ESSO leitet sich<br />
von den beiden phonetisch ausgesprochenen Anfangsbuchstaben S O <strong>für</strong> Standard<br />
Oil ab. Nach und nach wurde ESSO in Deutschland ein fester Begriff.<br />
Die „erste Tankstelle der Welt“ war jedoch keine der heute bekannten Marken -<br />
tankstellen, sondern sie war quasi aus einer Notsituation geboren worden. Als Bertha<br />
Benz im August 1888 ohne Wissen ihres Mannes mit ihren beiden Söhnen ihre legendäre<br />
Fahrt auf dem dreirädrigen Patent-Motorwagen ihres Mannes von Mannheim<br />
nach Pforzheim unternahm, war in Wiesloch auf einmal der Tank leer. Bei dem<br />
Apotheker Willi Ockel kaufte sie die letzten drei vorhandenen Liter Ligroin, das<br />
37 Auskunft der Gemeinde Schwalmtal.<br />
normalerweise als Reinigungsmittel verwendet<br />
wurde. Apotheker Ockel hatte im<br />
Badischen Generalanzeiger von dem<br />
Motorwagen aus Mannheim gelesen und<br />
schloss jetzt messerscharf, dass seine<br />
Wieslocher Stadtapotheke „die erste<br />
Tankstelle der Welt“ war.<br />
Die ersten Hinweise auf eine Tankstelle in<br />
<strong>Waldniel</strong> ergeben sich aus einem<br />
Schreiben des Gewerberates <strong>für</strong> den<br />
Stadt- und Landkreis Krefeld und den<br />
Kreis Kempen vom 5. Juli 1925. Darin<br />
heißt es: „Das ... Schreiben vom<br />
2. d. M. ... betr. Antrag der Firma Amer.<br />
Petroleum Anlagen Neuss, auf Ge -<br />
nehmigung zur Auf stellung einer Dapolin<br />
– Pumpenanlage und Lagerung von 5000<br />
kg Benzin auf dem Grund stück des<br />
Leonh. Golzheim in <strong>Waldniel</strong>, Dülkener<br />
Str. 23 38 habe ich dem Regierungs -<br />
präsidenten zur Ausnahme bewilligung<br />
von der Freilassung der vorgeschriebenen<br />
Schutzzone weitergereicht.“ 39 Derartige<br />
Pumpanlagen waren damals ein großer Fortschritt <strong>für</strong> die Betriebstechnik und<br />
Feuersicherheit des Kraftstoffverkaufs. Bis dahin war Treibstoff in Wohnhäusern oder<br />
an anderen ungeeigneten Orten gelagert und mit Eimern, Kannen und Trichtern in die<br />
Tanks der Kraftfahrzeuge abgefüllt worden. Mit den Straßen-Pumpanlagen konnte<br />
die feuergefährliche Flüssigkeit nun direkt aus den Lagertanks in die Kraftstoffbehälter<br />
der Fahrzeuge gelangen. Solche Pumpanlagen, die ungeschützt am Fahrbahnrand,<br />
oft auf den Gehwegen vor Läden oder Werk stätten, aufgestellt waren, waren noch<br />
um 1940 vielerorts in Gebrauch.<br />
Aber auch damals schon unterlagen gewerbliche Anlagen – genau wie heute – strengen<br />
Auflagen seitens der Genehmigungsbehörden, und es gab spezielle baupolizeiliche<br />
Vorschriften <strong>für</strong> die Sicherheit in Kraftwagenräumen. Natürlich mussten auch<br />
diese Vorschriften, so wie auch heute noch, ständig den sich ändernden Bedingungen<br />
angepasst werden. So erließ der preußische Minister <strong>für</strong> Volkswohl fahrt am 7.<br />
November 1929 folgende Vorschrift über Feuerlöscher <strong>für</strong> Räume, in denen bis zu<br />
sechs Fahrzeuge untergebracht werden konnten: „Die Löscher müssen etwa 60 – 70<br />
Liter Schaum erzeugen können oder etwa 4 kg Löschpulver ... Die wirksame<br />
Wurfweite (nicht die tatsächliche) muß mindestens 3 m betragen.“ 40<br />
38 Das ist das Haus, das heute unmittelbar am Kreisverkehr gelegen ist.<br />
39 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 38<br />
40 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 374, Bl. 147<br />
62<br />
63
Dennoch ging es damals alles viel schneller als heute. Die beantragten Genehmi -<br />
gungen <strong>für</strong> die Tankstelle Golzheim scheinen erteilt worden zu sein, doch schon etwa<br />
zwei Jahre später, am 09. Dezember 1927, wurde die Anlage wieder abgebaut. 41<br />
Interessanterweise warb Leonhard Golzheim in der Festschrift zum 50jährigen des<br />
Turnvereins im Jahre 1926 nicht <strong>für</strong> seine Tankstelle, sondern nur <strong>für</strong> „Auto-<br />
u. Fahrradreparatur – Herde u. Oefen“.<br />
Am 24. Juni 1926, also nur knapp ein Jahr nach<br />
dem Antrag bezüglich der Tank stelle Golzheim,<br />
zeigte die Fa. Rhenania-OSSAG, Mineralölwerke<br />
AG, Düsseldorf, der Polizeiverwaltung in <strong>Waldniel</strong><br />
an, dass sie auf dem Grundstück des Herrn Franz<br />
Grün, Langestr. 26, eine „oberirdische Benzin -<br />
zapfpumpe mit einem unterirdischen Lagerbe hälter<br />
von 2.000 Liter Kapazität“ errichten wolle. 42<br />
Das 1947 in „Deutsche Shell AG“ umgewandelt<br />
Unternehmen war 1902 durch die niederländische<br />
Firma „Royal Dutch“ in Düsseldorf als Tochter -<br />
gesellschaft unter dem Namen „Benzinwerke<br />
Rhenania GmbH.“ gegründet worden, um dort<br />
eine Fabrik zur Verarbeitung von Rohbenzin zu<br />
errichten. 1917 gingen die Mineralöl werke<br />
Rhenania GmbH in Monheim & der Benzinwerke<br />
GmbH in die neu gegründete Rhenania-Ossag Mineralöl AG auf. 1924 wurde in<br />
Neuss die erste Tankstelle der Rhenania eröffnet, eine Benzinpumpe. Fünf Jahre später,<br />
also 1929, war die erste Aufbauphase <strong>für</strong> eine flächendeckende Versorgung mit<br />
Tankanlagen abgeschlossen. 15 große und 104 kleine Tanklager konnten 15.000<br />
Tankstellen in ganz Deutschland mit Benzin versorgen. Eine davon war die Tankstelle<br />
Grün in <strong>Waldniel</strong> auf der Langestraße.<br />
Das Genehmigungsverfahren <strong>für</strong> die Tankstelle Grün ist in den Akten des Kreis archivs<br />
Viersen recht gut dokumentiert, hinzu kommen private Unterlagen der<br />
Enkelgeneration, so dass es sich lohnt, diesen Vorgang etwas ausführlicher zu<br />
betrachten, zumal Betreiberin der Tankstelle eine Frau war, nämlich „die Witwe Franz<br />
Grün“, was <strong>für</strong> damalige Zeiten ausgesprochen ungewöhnlich war.<br />
Immer noch hatten nämlich die Frauen nicht die gleichen Rechte wie Männer. Bis<br />
ins 19. Jahrhundert war alles, was eine Frau „besaß“ vor dem Gesetz Eigentum des<br />
Mannes. Erst 1891 gab es ein erstes „Arbeiterinnenschutzgesetz“, wonach Frauen -<br />
arbeit unter Tage verboten wurde. Gleichzeitig wurde der 11-Stunden-Tag <strong>für</strong> Frauen<br />
eingeführt, sowie vier Wochen bezahlte Ruhepause nach einer Entbindung.<br />
Andererseits wurde noch am 12. März 1891 die Zulassung von Frauen zum Uni -<br />
versitäts studium verweigert.<br />
41 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 135<br />
42 Auskunft und private Unterlagen der Frau Renate Hehn, geb. Grün, Lessingstr.26,<br />
einer Enkelin von Katharina Grün; KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 46 ff.<br />
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das 1900 in Kraft trat, verankerte mit seinen<br />
Regelungen zu Ehe und Familie die Rechtstellung der Frau im Sinne der patriarchalischen<br />
Tradition, wonach dem Ehemann das Entscheidungsrecht in allen Fragen des<br />
Ehe- und Familienlebens zukam. Erst am 30. November 1918 erhielten Frauen das<br />
aktive und passive Wahlrecht. Im Art. 109 Abs. 2 der Weimarer Verfassung hieß es ab<br />
dann: „Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten.“<br />
Aber was heißt schon „grundsätzlich“?<br />
Der größte Nachteil war, dass Frauen bis weit ins 19. Jahrhundert weitestgehend von<br />
der allgemeinen Schulbildung ausgeschlossen waren. Ziel der Eltern war es, aus heutiger<br />
Sicht, Mädchen gut zu verheiraten. Schulisches Wissen und ein ausgebildeter<br />
Intellekt waren da nicht von Bedeutung, sondern vielleicht eher hinderlich, denn<br />
Wissen verleitet schon mal zum Widerspruch. Alles, was junge Mädchen zu lernen<br />
und zu wissen hatten, waren häusliche Fähigkeiten, und die lernte man bei der<br />
Mutter, bei Verwandten oder als Hausgehilfen in einem größeren Haushalt. Der<br />
Zugang zu ausreichender Bildung, der schon immer der Schlüssel zu wirtschaftlichem<br />
Erfolg, zur Teilhabe an der Politik und letztlich auch zur Behauptung der Position<br />
innerhalb der Familie war, blieb ihnen versperrt.<br />
In Deutschland ist die Gleichberechtigung von Männern und Frauen erst 1949 in den<br />
Artikel 3 des neuen Grundgesetzes <strong>für</strong> die Bundesrepublik aufgenommen worden,<br />
doch war dadurch eine erhebliche Rechtsunsicherheit entstanden, die erst durch das<br />
Gleichberechtigungsgesetz, das 1. Juli 1958 in Kraft trat, weitgehend geklärt wurde.<br />
Auch kulturelle Traditionen erschwerten den Frauen häufig eine Teilnahme am allgemeinen<br />
öffentlichen Leben. Bereits ein Blick auf Europa zeigt, dass die zivilrechtliche<br />
Stellung der Frauen auch heute noch kulturell rückgebunden ist und sich nur allmählich<br />
wandelt. Während in den meisten nordeuropäischen Ländern Männer und Frauen<br />
schon seit langem gleichgestellt sind, herrschte in den romanischen Ländern lange<br />
Zeit die weitgehende private Rechtlosigkeit verheirateter Frauen vor. So können verheiratete<br />
Frauen in Spanien zwar seit 1931 wählen, bis 1976 aber konnten sie ohne<br />
die Erlaubnis ihrer Ehemänner kein Bankkonto eröffnen und keine Erwerbs tätigkeit<br />
ausüben. Erst seit den Siebzigerjahren wurde in den meisten westlichen Ländern das<br />
Ehe- und Familienrecht dahin gehend geändert, dass der Mann nun nicht mehr<br />
automatisch als Familienoberhaupt gilt und dass die Erziehungsberechti gung gleich<br />
verteilt ist.<br />
In der Schweiz beispielsweise erhielten die Frauen erst 1978 ein dem Ehemann gleichberechtigtes<br />
Sorgerecht <strong>für</strong> ihre Kinder. Und noch mal zehn Jahre später, also 1988,<br />
wurde die Bestimmung aufgehoben, wonach der Mann das Oberhaupt der Familie ist<br />
und die Frau den Haushalt zu führen hat, und erst seit 1990 haben alle Kantone und<br />
Gemeinden das Stimm- und Wahlrecht der Frauen eingeführt.<br />
Krankheiten, Seuchen, Unfälle und Kriege haben schon immer (junge) Witwen hervor<br />
gebracht, die den Lebensunterhalt <strong>für</strong> sich und ihre Kinder erwirtschaften mussten.<br />
Oft genug wurde ihre hilflose Lage schamlos ausgenutzt. Aber häufig versuchten sie<br />
auch, sich selbst und ihre Kinder durch den gewagten Sprung in die Selbstständigkeit<br />
abzusichern. In dem kleinen, männerdominierten und von alten Traditionen bestimmten<br />
<strong>Waldniel</strong> der damaligen Zeit ist das Handeln der „Witwe Franz Grün“ vor diesem<br />
64<br />
65
Rechnung über ein Damenrad<br />
Margareta Katharina Grün vor ihrer<br />
Tankstelle<br />
Hintergrund der rechtlichen Ungleichheit jedoch als<br />
besonders mutig und fortschrittlich anzusehen. Und<br />
gewiss haben einige „Herren der Schöpfung“ das ein<br />
oder andere Mal hinter mehr oder weniger vorgehaltener<br />
Hand gefragt: „En Frau un Autos? Kann die dat<br />
övverhaupt?“ Und ob sie das konnte!<br />
Margareta Katharina Grün, wie die „Witwe Franz<br />
Grün“ eigentlich hieß, war am 22. Januar 1875 in<br />
Eschweiler geboren und hatte den am 23. Dezember<br />
1880 in Hilbringen geborenen Franz Grün geheiratet.<br />
Irgendwie waren sie in <strong>Waldniel</strong> auf der Langestraße<br />
Nr. 26 sesshaft und heimisch geworden. Nachdem sie<br />
das neben ihrem schmalen Haus liegende, ebenfalls<br />
recht schmale Haus Hinkelmanns (Haus nummer 28)<br />
gekauft und mit ihrem Haus zu einem größeren verbunden<br />
hatten 43 , führten sie dort ein Fahrradgeschäft,<br />
in dem man aber auch andere wichtige Dinge kaufen<br />
konnte, wie z.B. Nähmaschinen, Waffen, Grammo -<br />
phone und Schallplatten. Franz Grün starb jedoch<br />
bereits am 26. März 1923 und hinterließ seine Frau<br />
mit dem am 20. Januar 1912 geborenen Sohn Franz<br />
Engelbert. Mit seinen elf Jahren konnte Franz<br />
Engelbert seiner Mutter zwar bei einigen Dingen<br />
schon zur Hand gehen, doch Gretchen Grün, wie sie<br />
überall genannt wurde, musste nun zusehen, wie sie<br />
mit ihrem kleinen Sohn über die Runden kam. In späteren<br />
Jahren wurde aus Franz Engelbert ein gelernter<br />
Kfz-Mechaniker, der dann den Hauptteil der Arbeit<br />
übernahm. Doch trotz all’ ihrer Energie und Initiative<br />
blieb Margareta Katharina immer nur die „Witwe<br />
Franz Grün“, ganz so, wie es zur damaligen Zeit<br />
üblich war. Als ob sie keine eigene Persönlichkeit<br />
gehabt hätte. So war die damalige männer-dominierte<br />
Gesellschaft!<br />
Am 22. Juni 1926 unterschrieb also Margareta<br />
Katharina Grün (als „Witwe Franz Grün“) einen<br />
Tankstellenvertrag mit der Rhenania-OSSAG. Darin<br />
hieß es u.a.: „Zum Zwecke ordnungsgemäßer<br />
Lagerung wird ... eine Anlage, bestehend aus<br />
Benzintank und Pumpe, leihweise zur Verfügung<br />
gestellt. ... Als Vergütung <strong>für</strong> seine Leistungen<br />
erhält ... 10 % des erzielten Verkaufspreises der<br />
durch ihn verkauften Waren.“ 44<br />
43 Heute beherbergt das Haus den Friseursalon Doktor.<br />
44 Auskunft und private Unterlagen der Frau Christel Doktor, geb. Grün, Langestr. 26, einer Enkelin von Katharina Grün.<br />
Der Antrag der Fa. Rhenania-OSSAG vom 24. Juni 1926 beschrieb die <strong>für</strong> Grün vorgesehene<br />
Anlage als „in technischer Hinsicht den Grundsätzen <strong>für</strong> die technische<br />
Durch führung von Benzinzapfanlagen gemäß der Polizeiver ordnung über den Verkehr<br />
von Mineralölen“ entsprechend. Man gedenke, in einigen Tagen mit dem Einbau der<br />
Anlage zu beginnen und bitte daher, eventuelle besonders zu beachtende Beding -<br />
ungen „umgehend aufzugeben, damit wir in der Montage nicht unnötig aufgehalten<br />
werden.“ 45 Nach dem zum Antrag gehörigen Lageplan sollte der Tank in die schmale<br />
Toreinfahrt eingelassen werden, die zur Werkstatt führte. Zur Straße hin war diese<br />
Einfahrt wie mit einem Türsturz überbaut und konnte mit einem Tor verschlossen werden.<br />
Die Zapfanlage sollte zum Bürgersteig hin in einer separaten Nische neben der<br />
Eingangstür untergebracht werden, wobei die Zapfsäule selbst auch mittels Drehtüren<br />
geschlossen werden konnte, so dass im Zweifelsfalle Toreinfahrt mit Tank und<br />
Zapfanlage gegen den unbefugten Zugriff Dritter geschützt werden konnten. Wegen<br />
ihrer verschließbaren Drehtüren gab der Volksmund der Zapfanlage übrigens später<br />
noch die wenig schmeichelhafte Bezeichnung „eiserne Jungfrau“. Eine solche „eiserne<br />
Jungfrau“ war ein Gerät, das im Mittelalter angeblich zur Folterung und<br />
Hinrichtung von Menschen benutzt worden war. Dabei handelte es sich um einen<br />
Hohlkörper aus Holz oder Metall, der meist in den Umrissen einer Frauengestalt gearbeitet<br />
war. Er ließ sich vorne durch zwei Türen öffnen. Sowohl die Türen als auch die<br />
restliche Innenseite der „eisernen Jungfrau“ waren mit Nägeln oder Dornen beschlagen,<br />
deren Spitzen nach innen zeigten. Der Delinquent wurde im Inneren eingeschlossen,<br />
worauf sich die Spitzen in seinen Körper bohrten. Interessant ist auch der Hinweis<br />
der Fa. Rhenania-OSSAG in dem Antrag vom 24. Juni 1926, eventuell besonders zu<br />
beachtende Bedingungen „umgehend aufzugeben, damit wir ... nicht unnötig aufgehalten<br />
werden“. Zeugt er doch von dem Selbstbewusstsein der Rhenania-OSSAG und<br />
ihrer Selbstsicherheit im Umgang mit (kleineren) Behörden. Wie hätte die Rhenania-<br />
OSSAG erst bei den heutigen langwierigen Entscheidungs- und Genehmigungs -<br />
prozessen argumentiert? Und wie hätten dann wohl heutige Behörden auf derartige<br />
Ansinnen reagiert?<br />
Mit Schreiben vom 01. Juli 1926 legte Bürgermeister Heitzmann 46 den Antrag dem<br />
Regierungspräsidenten in Düsseldorf und dem Landrat in Kempen zur Prüfung vor.<br />
Gleich zeitig erhielt die Fa. Rhenania-Ossag eine Benachrichtigung, „dass mit der<br />
Aufstellung der Benzin-Zapfpumpe nicht begonnen werden darf, bevor Genehmi -<br />
gung erteilt ist.“<br />
Während der Landrat das Gesuch lediglich zur Kenntnis nahm, schaltete der<br />
Regierungspräsident den zuständigen Gewerberat in Krefeld ein. Dieser wiederum<br />
teilte nach Prüfung der Unterlagen mit Datum vom 13. Juli 1926 der Polizei-Ver -<br />
waltung in <strong>Waldniel</strong> mit, dass „der Lagerung von 2.000 L Benzin nach dem unterirdischen<br />
Lagerungsverfahren „Type D der Rhenania-Ossag-Düsseldorf gemäss den beiliegenden<br />
Zeichnungen und Beschreibungen“ keine Bedenken nach § 6 Ziffer 3 der<br />
Mineralölverkehrsordnung vom 12. Januar 1926 entgegen stünden. Des Weiteren<br />
gab der Gewerberat vor, welche Bedingungen in die Betriebserlaubnis aufzunehmen<br />
seien<br />
45 Wie Nr. 42<br />
44 Albert Heitzmann, Bürgermeister in <strong>Waldniel</strong> von 1904 – 1930.<br />
66<br />
67
Unter dem 04. August 1926, also nur etwa sechs Wochen nach Antragstellung,<br />
erhielt die „Witwe Franz Grün“ von Bürgermeister Heitzmann als örtliche Polizei -<br />
behörde den Genehmigungsbescheid. Ein Tippfehler in diesem Bescheid verringerte<br />
zwar die zu lagernde Menge von 2.000 Litern auf 200 Liter, aber da der Fehler offensichtlich<br />
war, führte er zu keiner Verzögerung. Für die damals in unserer Gegend noch<br />
relativ wenigen Kraftfahrzeuge, war ein Tankinhalt von 2000 Litern schon eine ganze<br />
Menge. Verglichen jedoch mit den heutigen Tankstellen, deren doppelwandige Tanks<br />
oft mehrere Kammern <strong>für</strong> die verschiedenen Kraftstoffsorten haben und die bis zu<br />
100.000 Litern fassen können, waren die 2.000 Liter eine verschwindend geringe<br />
Menge. Aber <strong>für</strong> die wenigen Autos damals reichte es. Weiterer Bestandteil des<br />
Genehmigungsbescheids waren die von dem Gewerberat angemahnten<br />
Bestimmungen <strong>für</strong> die technische Durchführung der „Polizei-Ver ordnung über den<br />
Verkehr mit Mineralölen und Mineralölmischungen“ <strong>für</strong> unterirdische Tanks. Darin<br />
hieß es u.a.:<br />
1. Die Bedienung der Anlage darf nur zuverlässigen über 18 Jahre alten Personen<br />
übertragen werden.<br />
2. Die Zapfsäule ist bei Nichtbenutzung stets verschlossen zu halten.<br />
3. Das Lagern von leicht brennbaren Gegenständen sowie das Hantieren mit<br />
offenem Licht und Feuer in der Nähe der Tankstelle ist verboten.<br />
4. Der Tank muß allseitig 1 m, die Oberkante des Doms 47 mindestens 30 cm mit<br />
Erde überdeckt sein. Nebeneinander liegende Tanks müssen einen Abstand von<br />
40 cm voneinander haben.<br />
5. Einsteigeschächte sind mittels eines übergreifenden Deckels abzudecken.<br />
Diese müssen so stark sein, dass sie den Einwirkungen des darüber hinweggehenden<br />
Verkehrs und eines dort etwa entstandenen Feuers sicher widerstehen.<br />
6. Zum Schutz gegen Anrosten ist der Tank vor dem Eingraben mit einer wasserundurchlässigen,<br />
das Eisen nicht angreifenden Umhüllung ... zu umgeben.<br />
Danach folgten dann technische Vorgaben über die Fundamentierung des Tanks, die<br />
Abnahme der Dichtigkeit der Anlage durch einen vom Gewerberat anerkannten<br />
Sachverständigen mittels einer Druckprobe von 2 Atmosphären. In angemessener Frist –<br />
etwa alle 5 Jahre – seien Nachprüfungen auf Dichtheit und ordnungsgemäße Be -<br />
schaffenheit vorzunehmen. Dann ging es weiter:<br />
9. Alle aus dem Tank nach oben führenden Rohre sind zum Schutz gegen<br />
mechanische Verletzungen und gegen Zerstörung durch Feuer auf 10 – 25 cm<br />
Höhe über der Erdoberfläche mit kräftigen Blöcken aus Mauerwerk, Beton<br />
oder Eisenbeton zu schützen.<br />
12. Die über dem Tank oder in dessen Nähe befindlichen Abfüllschuppen sind mit<br />
wirksamem auch den Tank schützenden Blitzschutz zu versehen.<br />
Zu guter Letzt folgte noch der Hinweis, dass binnen 14 Tagen 15 Mark an<br />
Verwaltungsgebühren bei der Gemeindekasse zu zahlen seien.<br />
47 Das ist der Aufbau zum Einfüllen in den Tank.<br />
Hatte der Bürgermeister auch die Genehmigung schon mit einigen Vorschriften über<br />
die Lagerung des Tanks und den Betrieb der Anlage versehen, so handelte es sich<br />
doch im Vergleich zu den heute geltenden äußerst strengen Umweltschutzvor -<br />
schriften um reine Bagatellen. Für die damalige Zeit und den damaligen Kenntnis -<br />
stand stellten sie jedoch streng einzuhaltende Regularien dar, ohne die eine solche<br />
Anlage weder installiert noch betrieben werden durfte.<br />
Mit Schreiben vom 30. Juli 1926 hatte die Rhenania-OSSAG bereits angekündigt, dass<br />
sie die Pumpenanlage in den nächsten Tagen nach <strong>Waldniel</strong> schicken werde. Frau<br />
Grün solle doch bitte umgehend das Eintreffen der Anlage anzeigen, „damit wir<br />
einen unserer Monteure nach dort beordern können, um die nötigen An weis ungen<br />
<strong>für</strong> den Einbau zu geben“. 48 Die erforderlichen Erd- und Betonarbeiten sollten einer<br />
ortsansässigen Firma übertragen werden.<br />
Die Rhenania-OSSAG und Margareta Katharina Grün hielten die in der Genehmi -<br />
gungs verfügung gemachten Auflagen ein, und somit konnte die Anlage installiert<br />
werden und der Betrieb der Tankstelle Grün beginnen. Nun musste natürlich auch <strong>für</strong><br />
den neuen Geschäftszweig geworben werden, obwohl es sich sicherlich schon längst<br />
bei den wenigen ortsansässigen Autobesitzern herumgesprochen hatte, dass es nun<br />
auch in <strong>Waldniel</strong> eine weitere Tankstelle gab. Margareta Katharina Grün änderte kurzerhand<br />
die Art und Weise, wie sie <strong>für</strong> ihre Firma Werbung machte. Hatte in der<br />
Festschrift zu den <strong>Waldniel</strong>er Heimattagen vom 27. bis 29. Juni 1925, also vor<br />
Errichtung der Tankstelle, noch folgender Werbeeintrag gestanden:<br />
so stand schon in der Festschrift des Turnvereins zum 50jährigen Bestehen<br />
(Veranstaltungen 7. und 8. August) 1926 folgende Anzeige, mit der auch <strong>für</strong> Öl und<br />
Benzin geworben wurde:<br />
48 Private Unterlagen der Frau Christel Doktor<br />
68<br />
69
Auch diese Anzeige war ein mutiger Schritt der „Witwe Franz Grün“, denn schließlich<br />
war die Genehmigung ja gerade erst am 04. August erteilt worden, so dass sie<br />
bei Drucklegung der Festschrift noch gar nicht existent gewesen sein kann. Hatte sie<br />
vielleicht versteckte Hinweise aus dem Rathaus erhalten oder war es weibliche<br />
Intuition?<br />
Am 25. August 1926 erklärte sich die Rhenania-OSSAG bereit, bei Grün auch ein<br />
Lager mit Kommissionsware ihrer Ossag-Autoöle und -Fette einzurichten. Und nachdem<br />
das geschehen war, wurden Frau Grün mit Schreiben vom 2. September 1926<br />
folgende Mengen in Rechnung gestellt:<br />
1 Fass ca. 55 Liter mit Abfüllhahn Ossag-Autoöl D = mittelflüssig,<br />
Marke Adac zum Preise von 52 Reichsmark.<br />
1 Kiste zu 10 x 1 ltr. Ossag-Autoöl D = mittelflüssig, Marke Adac<br />
1 Kiste zu 10 x 1 ltr. Voltol 49<br />
1 Kiste zu 6 x 5 ltr. Voltol.<br />
Der Bestand der Kommissionsware sollte jeweils am 1. eines Monats aufgenommen<br />
und abgerechnet werden. Für die Verkaufspreise gab es Richtwerte, die aber gegenüber<br />
ADAC-Mitgliedern 50 nicht überschritten werden durften. Zwischen dem DMV,<br />
dem Vorgänger des ADAC, und den Deutschen Benzin- und Ölwerken war bereits<br />
1907 ein Höchstpreis <strong>für</strong> Kraftstoff von 43 Reichspfennigen pro Liter vereinbart worden.<br />
(Somit ist die Rabattvereinbarung zwischen dem ADAC und der Deutschen Shell<br />
vom Oktober 2006 keine neue Erfin-dung.) Weiter hieß es: „Die leihweise von uns zur<br />
Verfügung zu stellenden Emaille-Reklame-Schilder sind von Ihnen unentgeltlich, möglichst<br />
weithin sichtbar und wirkungsvoll sofort nach Erhalt an Ihrem Geschäftslokal<br />
anzubringen.“<br />
Ebenfalls am 25. August 1926 unterschrieb Frau Grün eine Erklärung, in der es hieß:<br />
„Ich übernehme hiermit eine offizielle A.D.A.C.-Ossag-Autoölstation und<br />
verpflichte mich<br />
a) jederzeit ein sortiertes Lager in Ihren OSSAG-Autoölen und -Fetten sowie VOLTOL<br />
vorrätig zu halten,<br />
b) die mir leihweise zur Verfügung zu stellenden Emaille-Stationsschilder unentgeltlich<br />
weithin sichtbar und wirkungsvoll sofort nach Erhalt anzubringen,<br />
c) die OSSAG-Autoöle und – Fette sowie VOLTOL an die ADAC-Mitglieder zu Preisen<br />
zu verkaufen, welche diejenigen Ihrer mir jeweils zur Verfügung zu stellenden<br />
Verbraucher-Preislisten (V) nicht überschreiten.<br />
Sie werden mir dagegen einen Stationär-Bonus von 2% auf Ihre jeweilige Wieder -<br />
verkäufer-Preisliste (W) einräumen.<br />
49 Es handelte sich um ein Gleitöl.<br />
50 Am 24. Mai 1903 war die „Deutsche Motorradfahrer-Vereinigung“ (DMV) gegründet worden, die sich 1907 in „Deutsche Motorfahrer-<br />
Vereinigung“ umbenannte. 1911 beschließt die DMV, sich in „Allgemeiner Deutscher Automobilclub“ (ADAC) umzubenennen.<br />
Neben dem Stationär-Bonus vergüten Sie mir einen Treu-Bonus von 1%, insgesamt<br />
also 3%, da ich mich verpflichte, meinen Be darf an Auto-Schmiermaterial ausschließlich<br />
bei Ihnen zu beziehen.“ 51<br />
Nun konnte das Tankstellengeschäft so richtig losgehen, und dank der Tatkraft von<br />
Mutter Margareta Katharina und Sohn Franz Engelbert, der im Laufe der Zeit immer<br />
mehr Arbeit übernahm, war damit über etliche Jahre der Familienunterhalt gesichert.<br />
Im Jahre 1931 gab es eine turnusmäßige Überprüfung der Zapfanlage durch „einen<br />
Beamten des Dampfkessel-Überwachungsvereins bezw. durch einen anerkannten<br />
Sachverständigen“. 52 Bei diesen Dampkessel-Überwachungs-Vereinen (DÜV) handelte<br />
es sich um unabhängige Selbsthilfeeinrichtungen <strong>für</strong> technische Sicherheit, die<br />
weitsichtige Unternehmer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet<br />
hatten. Aus ihnen entwickelten sich die heutigen Technischen Überwachungsvereine<br />
(TÜV).<br />
Etwa seit Anfang der 1930er Jahre gab es bei Grün neben den zahlreichen anderen<br />
Waren auch Motorräder zu kaufen. Frumold Gorissen vom Markt Nr. 22, der Ende<br />
November vorigen Jahres leider so plötzlich verstorben ist und dem ich manchen wertvollen<br />
Hinweis verdanke, kannte dazu folgende Anekdote: Etwa Mitte der 1930er<br />
Jahre kaufte sein Vater, Josef Gorissen, bei Grün ein Motorrad der Marke Triumph mit<br />
einem Hubraum von 200 ccm. Da hier<strong>für</strong> weder ein Führerschein noch eine amtliche<br />
Anmeldung erforderlich war, weil da<strong>für</strong> keine Steuern gezahlt werden mussten, spielte<br />
sich das Ganze folgendermaßen ab: Nachdem man sich über den Kauf des<br />
Motorrades einig geworden war, erklärte Franz Engelbert Grün das Gefährt und fuhr<br />
mit Josef Gorissen auf dem Beifahrersitz eine Demonstrations runde. Danach wurden<br />
die Plätze getauscht, und unter Aufsicht von Franz Engelbert musste jetzt Josef<br />
Gorissen eine Probe seiner Fahrkünste abliefern. Das war alles, und ab sofort durfte<br />
Josef Gorissen mit seiner soeben erworbenen Triumph am Straßenverkehr teilnehmen.<br />
Der <strong>für</strong> fünf Jahre geschlossene Ursprungsvertrag zwischen der Rhenania-OSSAG und<br />
der „Witwe Grün“ wurde zunächst <strong>für</strong> weitere fünf Jahre verlängert. Eine daran<br />
anschließende Verlängerung vom 12. März 1935 ging sogar bis zum 22. Juni 1945. 53<br />
51 Private Unterlagen der Frau Christel Doktor.<br />
70<br />
71<br />
52 wie vor.<br />
52 wie vor.
Ob die Tankstelle jedoch tatsächlich so lange Bestand hatte, entzieht sich dem<br />
Erinnerungsvermögen der Enkelinnen. Jedoch scheint es auf Grund der späteren<br />
Kriegssituation wenig wahrscheinlich. Nach Ansicht der Enkeltöchter könnte sie bis<br />
etwa 1938/39 in Betrieb gewesen sein.<br />
Nach Aussagen seiner Tochter<br />
Renate 54 war Franz Engelbert Grün in<br />
jungen Jahren auch ein leidenschaftlicher<br />
und recht guter Fußballspieler.<br />
Wenn am Wochenende ein Aus -<br />
wärtsspiel anstand, durfte er zum<br />
Transport seiner Mannschaft leihweise<br />
einen kleinen Lastwagen benutzen.<br />
Dieser LKW gehörte der Firma Josef<br />
Deckers, Bus- und Speditionsbetrieb,<br />
die später von August Valkenborgh<br />
übernommen wurde, der die Tochter<br />
des Inhabers heiratete. In der Woche<br />
wurden damit diverse Güter transportiert, unter<br />
anderem auch Schweine, und man kann sich<br />
Aussehen und Geruch der Ladefläche gut vorstellen.<br />
Aber da die Fußballkameraden den Weg zu<br />
den Auswärtsspielen nicht mit dem Fahrrad<br />
zurücklegen wollten und eine andere Transport -<br />
möglichkeit nicht zur Verfügung stand, wurde<br />
zum Wochenende kurzerhand die Ladefläche<br />
gründlich gereinigt, so dass Franz Engelbert mit eben<br />
diesem Fahrzeug die Fußballmannschaft des SC <strong>Waldniel</strong> zu den<br />
Franz Engelbert Grün schaut aus dem Führerhaus, ob seine<br />
Fußballkameraden eingestiegen sind.<br />
Franz Engelbert Grün vor der Tankstelle<br />
Auswärtsspielen fahren konnte. Als Franz Engelbert Jahre später aus der Kriegs -<br />
gefangenschaft wieder nach Hause kam, ließ sein Gesundheitszustand es nicht mehr<br />
zu, dass er sich nochmals in ein „Abenteuer Tankstelle“ stürzen konnte. Er verdiente<br />
seinen Lebensunterhalt zunächst in dem englischen GSO – Lager 55 , das auf dem<br />
Gelände der heutigen Firma Kraftverkehr Schwalmtal auf der Bahnhofstraße 25<br />
eingerichtet worden war, bevor er als Lehrlingsausbilder zur Firma Roeper nach<br />
Dülken ging. Franz Engelbert Grün starb 1978.<br />
Die Langestraße, an der sich die Tankstelle Grün befand, war seit jeher eine der wichtigsten<br />
Durchgangsstraßen in <strong>Waldniel</strong>. Es gab noch keine Umgehungsstraßen und so<br />
musste der gesamte Verkehr, der eigentlich an <strong>Waldniel</strong> vorbei in andere Ortschaften<br />
wollte, mitten durch den <strong>Waldniel</strong>er Ortskern fahren. Daher war die an die Dülkener<br />
Straße anschließende Langestraße die Durchgangsstraße von Nordost nach Südwest,<br />
und die Gladbacher Straße war die Südost-Nordwest-Verbindung, die nach Passieren<br />
des Marktes auf die Langestraße stieß. Somit waren diese beiden Straßen ideale<br />
Standorte <strong>für</strong> Tankstellen, denn schließlich musste der Durchgangs verkehr<br />
54 Renate Hehn, geb. Grün, Lessingstraße 26.<br />
55 German Service Organisation – Es handelte sich um Versorgungseinheiten der britischen Besatzungsarmee,<br />
die aus deutschen Beschäftigten bestanden.<br />
notgedrungen eine der beiden oder sogar beide Straßen benutzen. Während sich<br />
aber damals auf der gesamten Strecke von Hardt bis <strong>Waldniel</strong> keine einzige Tankstelle<br />
ansiedelte, hatten auf der Achse Dülkener Straße/Langestraße anscheinend einige<br />
weitere Anwohner mitbekommen, dass eine Tankstelle ein interessantes und<br />
zukunftsträchtiges Geschäft mit entsprechenden Einnahmen zu werden versprach, so<br />
dass diese Achse sich nach und nach zu einer regelrechten „Straße der Tankstellen“<br />
entwickelte.<br />
Bereits am 27. Dezember 1927, also nur gut ein Jahr nach Eröffnung der Tankstelle<br />
Grün und wenige Tage nach Schließung der Tankstelle Golzheim, stellte die Amer.<br />
Petroleums Anlagen GmbH aus Neuss einen Antrag, vor dem Anwesen Rath eine<br />
Benzinzapfanlage zu errichten. 56 Das Hotel Rath lag genau auf der Ecke Marktstraße<br />
(damals: Kuhstraße)/ Langestraße. Auf Anfrage des Landesbauamtes Krefeld beim<br />
zuständigen Gewerberat, ob gegen diese Anlage Bedenken bestünden, teilte der<br />
Gewerberat mit Datum vom 06. Januar 1928 mit, dass seinerseits keine Bedenken<br />
erhoben würden. Daraufhin wurde die „Tankanlage mit Zapfstelle“ unverzüglich<br />
errichtet und bereits am 25. Februar 1928 abgenommen. Damit ging die nächste<br />
Tankstelle auf der Achse Dülkener Straße/Langestraße in Betrieb. Nach dem in den<br />
Akten befindlichen Lageplan befand sich der Benzintank in der Toreinfahrt des Hotels<br />
Rath auf der Langestraße, die Zapfsäule stand auf dem Bürgersteig seitlich davor. Aus<br />
einem Schreiben, das wir später noch näher betrachten werden, ergibt sich aber, dass<br />
diese Tankstelle bei dem Hotel Rath bereits im Jahre 1935 wieder aufgehoben wurde.<br />
Damit war auch dieser Tankstelle, wie zuvor der von Golzheim, nur eine recht kurze<br />
Lebensdauer beschieden. Und Margareta Katharina Grün, die Frau, deren<br />
Engagement anfangs sicherlich oft belächelt worden war, verkaufte immer noch<br />
Benzin.<br />
Aus dem eben genannten Schreiben erfahren wir auch, dass es bei der Gaststätte<br />
Schäfer, also beim ehemaligen Brauereiausschank Ecke Langestraße/Lüttelforster<br />
Straße/Roermonder Straße, ebenfalls eine Tankstelle gegeben hat, die aber auch<br />
schon Ende 1935/Anfang 1936 wieder aufgehoben worden war. Die Tankstelle lag<br />
zwar in der Sektion Geneschen II, die zur damaligen Zeit noch zur Gemeinde Amern<br />
St. Anton gehörte, doch liegt auch dieses Grundstück direkt an der oben beschriebenen<br />
Nordost-Südwest-Achse.<br />
56 KA,GA,<strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 118 ff.<br />
72<br />
73
Führte man diese Achse fort, so kam man über die Lüttelforster Straße durch die<br />
Schomm in Richtung Lüttelforst, Merbeck und Niederkrüchten. Daher verwundert es<br />
auch nicht, dass am 5. November 1929 auf dem Grundstück des C. Wassenberg,<br />
Lüttelforst 175, also auf dem Grundstück der Lüttelforster Mühle, eine Tankstelle mit<br />
Zapfanlage in Betrieb genommen wurde. Die Zapfsäule stand noch sehr lange vor<br />
dem Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Straße. 57<br />
Aus einem Schreiben vom 26. Januar 1931 ergibt sich, dass die Firma Genneper,<br />
Birgen 8, im Februar 1931 eine Tankanlage errichten wollte. 58 Also auch in den umliegenden<br />
Sektionen und Honschaften wurde an die ortsnahe Versorgung – hier wohl<br />
vor allem landwirtschaftli-cher Maschinen – mit Kraftstoff gedacht.<br />
An der Nordost-Südwest-Achse durch den <strong>Waldniel</strong>er Ortskern war aber das Tank -<br />
stellenfieber noch immer nicht erloschen, denn immer noch versuchten neue<br />
Interessenten, sich an dem aufblühenden Geschäft mit dem Verkauf von Benzin zu<br />
beteiligen. So auch die „Witwe Wilh. Wolters“. Interessant ist auch hier, dass sie nicht<br />
mit ihrem eigenen Vornamen „Katharina“ benannt wurde, sondern ebenfalls immer<br />
nur über ihren verstorbenen Ehemann als dessen Witwe definiert wurde. Anfang<br />
1933 hatte sie einen Antrag gestellt, auf ihrem Grundstück Dülkener Straße 15 eine<br />
Tankstelle errichten zu dürfen. 59 Gemeinsam mit ihrem Ehemann hatte sie eine kleine<br />
Dachdeckerfirma betrieben. Als ihr Ehemann schon in recht jungen Jah-ren starb, und<br />
sie mit einer Tochter und fünf Söhnen zurückließ, musste sie von da an den Betrieb<br />
alleine weiterführen, was sicherlich auch nicht einfach war. Zum Zeitpunkt des<br />
Antrages auf Genehmigung einer Tankstelle war ihr ältester Sohn Josef, der 1900<br />
geboren wor-den war, die wichtigste Stütze in dem kleinen Familienbetrieb. Während<br />
die Tochter Maria noch lange Zeit im Haushalt ihrer Mutter verblieb, dürften die anderen<br />
Söhne da schon außer Haus gewesen sein.<br />
Mit Schreiben vom 19. April 1933 beschwert sich jedenfalls „die Ww. Wilh. Wolters“ 60<br />
über die Ablehnung ihres Antrages. Dieser war aus verkehrspolizeilichen Gründen<br />
abgelehnt worden, da an dieser Stelle die Amerner Straße und die Bahnhofstraße in<br />
die Dülkener Straße einmündeten. Man be<strong>für</strong>chtete, durch die auf dem Bürgersteig<br />
zu installierenden Zapfanlagen könnte die Einsicht in die Dülkener Straße behindert<br />
werden. Kurioserweise war aber wenige Wochen zuvor genau an der Stelle, wo die<br />
Zapfanlage hinkommen sollte, eine Litfasssäule errichtet worden, die den Einblick in<br />
die Dülkener Straße wesentlich stärker beeinträchtigte, als eine doch recht schmale<br />
Zapfanlage. Frau Wolters wollte daher wissen, wieso diese Plakatsäule die Einsicht in<br />
die Dülkener Straße nicht behindere? Zudem wies sie darauf hin, dass sie zur<br />
Sicherung des Familienunterhaltes ein weiteres Standbein benötige, denn schließlich<br />
wollte ihr Sohn Josef auch einmal heiraten und eine eigene Familie gründen, was er<br />
übrigens ein Jahr später auch tat. Es ging einige Zeit hin und her, doch am 7.<br />
November 1933 wurde schließlich Einvernehmen über die genaue Positionierung und<br />
Ausrichtung der Tankanlage erzielt. Aber gebaut wurde sie wohl nie. Der Teilbereich<br />
des Grundstückes, auf dem sich heute der Anbau mit dem Blumengeschäft Reimann<br />
57 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 145 ff<br />
58 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 186<br />
59 Das Haus liegt neben dem Kreisverkehr. Den flachen Anbau, der heute das Blumenhaus Reimann beherbergt, gab es damals noch nicht.<br />
60 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 227 ff.<br />
befindet, war zu jener Zeit noch ein eingezäunter Hof, auf dem Materialien <strong>für</strong> den<br />
Dachdeckerbetrieb lagerten und auf dem auch später noch die Enkelkinder der<br />
Katharina Wolters spielten. Einer dieser Enkel, Willi Wolters, der heute auf der<br />
Amerner Straße wohnt, kann sich weder an eine Tankanlage erinnern noch daran,<br />
dass jemals in seiner Familie darüber gesprochen worden sei. Hätte es eine Tankstelle<br />
gegeben, so wäre das <strong>für</strong> einen kleinen Jungen mit Sicherheit ein unvergessliches<br />
Umfeld gewesen. Und da auch bei den späteren Ausschachtungen <strong>für</strong> die<br />
Fundamentierung des Anbaues weder Tank noch Leitungen oder ähnliches zu Tage<br />
gefördert wurden, kann man wohl davon ausgehen, dass trotz des endlich positiv<br />
beschiedenen Antrages die Tankstelle der „Witwe Wilh. Wolters“ niemals errichtet<br />
worden ist.<br />
Aber auch damit war es mit den Tankstellen auf der Nordost-Südwest-Durchfahrt<br />
durch <strong>Waldniel</strong> noch nicht zu Ende. 1935 stand das Haus Dülkener Str. 23 von Leonh.<br />
Golzheim zum Verkauf. Mathias Bellen kaufte es und zog Anfang Januar 1936 mit<br />
seiner Familie dort ein. Bereits kurz danach stellte er einen Antrag, auf seinem<br />
Grundstück eine Tankstelle errichten zu dürfen, so wie es früher dort schon einmal die<br />
Tankstelle von Golzheim gegeben hatte. In einem Bericht vom 03. März 1936 be<strong>für</strong>wortete<br />
die Gemeinde <strong>Waldniel</strong> gegenüber dem Landrat diesen Antrag. 61 Als Be -<br />
gründung wurde angegeben, „dass vor einigen Wochen die Tankstelle bei der<br />
Wirtschhaft Schäfer, die etwa 500 Meter von der jetzt zu errichtenden Tankstelle<br />
61 KA, GA <strong>Waldniel</strong> Nr. 516, Bl. 270<br />
74<br />
75
abliegt, aufgehoben worden ist.“ Bei dieser Wirtschaft Schäfer handelte es sich<br />
bekanntlich um den ehemaligen Brauerei-Ausschank. Weiter heißt es, dass die<br />
Tankstelle bei dem Hotel Rath, die etwa 100 Meter von dem Antragsteller entfernt<br />
liege, im vergangenen Jahr, also 1935, aufgehoben worden sei. Im Übrigen habe sich<br />
an dem Haus des Bellen bis vor etwa 5 Jahren gleichfalls eine Tankstelle befunden.<br />
Damit kann nur die Anlage des Leonhard Golzheim gemeint gewesen sein, obwohl<br />
diese bereits am 09. Dezember 1927, also vor fast neun Jahren abgebaut worden war,<br />
denn in der Zwischenzeit hatte es dort keinen anderen Betrieb gegeben. Da somit also<br />
binnen weniger Jahre drei Tankstellen aufgehoben worden wa-ren, wurde seitens der<br />
Gemeinde <strong>Waldniel</strong> der Bedarf <strong>für</strong> eine weitere anerkannt. Zudem habe Bellen vor<br />
einigen Monaten das Haus Dülkener Str. 23 erworben und dort eine<br />
Autoreparaturwerkstatt eröffnet. Auch <strong>für</strong> diese Werkstatt habe wegen des starken<br />
Durchgangsverkehrs durch <strong>Waldniel</strong> ein dringendes Bedürfnis bestanden. Weiter zeigt<br />
die Gemeindeverwaltung sich in dem Bericht von ihrer unternehmerfreundlichen und<br />
auch sozialen Seite, denn es heißt: „Mit dieser Autoreparatur werkstatt stellt sich auch<br />
das Bedürfnis heraus, den nötigen Treibstoff zu veräußern. Ohne die Tankstelle dürfte<br />
der Antragsteller kaum existenzfähig sein, da das Haus verhältnismäßig teuer war.<br />
Aus den vorgelegten Gründen möchte ich den Antrag auf Genehmigung zur<br />
Errichtung einer Tankanlage warm be<strong>für</strong>worten.“<br />
Nachdem der Antrag genehmigt worden war, konnte Bellen zusammen mit der ARAL<br />
mit der Verwirklichung seines Vorhabens beginnen. Zunächst wurden zwei Tanks zu<br />
je 3.000 Litern Fassungsvermögen ins Erdreich eingelassen. Die Tanks lagen in der<br />
Fahrt zwischen Wohnhaus, Werkstatt und Lagerraum. Wohnhaus und Lager raum<br />
lagen vorne an der Dülkener Straße 62 , die Werkstatt befand sich in dem hinteren<br />
Gebäude, das an die Bahnhofstraße grenzte. Die Zapfsäule wurde unmittelbar neben<br />
dem Bürgersteig vor dem Lagergebäude aufgestellt. Schon am 06. Oktober 1936<br />
wurden die Tanks durch den Rheinischen Dampfkessel-Überwachungsverein (DÜV)<br />
Cöln-Düsseldorf, geprüft und abgenommen. Als in den 1950er Jahren der<br />
Automobilisierungsgrad auch in <strong>Waldniel</strong> weiter zunahm, stellte sich bald heraus,<br />
dass die Tankstelle Bellen den gestiegenen Anforderungen auf Dauer nicht mehr<br />
genügen würde. Mit Schreiben vom 28. Juli 1953 wandte Mathias Bellen sich daher<br />
an die Vorsitzenden der Ratsfraktionen der Gemeinde <strong>Waldniel</strong>. Das waren: <strong>für</strong> die<br />
CDU: Willi Roth; <strong>für</strong> das Zentrum: Heinrich Jennissen 63 ; <strong>für</strong> die SPD: Franz Kaiser; <strong>für</strong><br />
die FDP: Engelbert Gölden und <strong>für</strong> die BHE-Fraktion 64 : Dr. W. Günther. In diesem Brief<br />
hieß es: „Im Interesse der Allgemeinheit und auch meiner Kunden muß ich mich um<br />
eine Verbesserung der Tankstelle und der Verkehrsverhältnisse an der Dülkener Straße<br />
bemühen.“ Bellen wollte auf dem Platz unmittelbar neben seinem Anwesen, auf dem<br />
damals noch das Kriegerdenkmal stand, eine neue Tankstelle errichten, die den<br />
Erfordernissen der Zeit entsprach, und die eine Behinderung des fließenden Verkehrs<br />
62 Der ehemalige Lagerraum hat heute die Hausnummer 23a.<br />
63 Die Zentrumspartei war 1870 gegründet worden. Sie verfolgte Ziele des politischen Katholizismus. Sie war bis 1933 eine der wichtigsten bürgerlichen<br />
Parteien des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Gegen Ende der Weimarer Republik wurde ihre Orientierung zunehmend<br />
konservativ und schließlich stimmte sie sogar dem Ermächtigungsgesetz von 1933 zu; danach Selbstauflösung. Nach dem Krieg wurde das<br />
Zentrum wiedergegründet, da die neu gegründete CDU einen Kurs steuerte, den das Zentrum als rechtslastig empfand.<br />
64 Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) war 1950 in Kiel gegründet worden. Seit Septem-ber 1952 nannte er sich<br />
Gesamtdeutscher Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE). Die Partei war gegen einen Verzicht auf ehemals deutsches<br />
Gebiet.<br />
durch tankende Fahrzeuge vollständig ausschließen würde. Denn bis dahin standen<br />
die tankenden Fahrzeuge immer noch auf der Dülkener Straße, wodurch es häufig zu<br />
Verkehrsproblemen gekommen war. Bellen wollte das Ehrenmal auf seine Kosten<br />
oder auf Kosten der „Benzingesellschaft“ an einer anderen, „der Gemeinde -<br />
vertretung genehmen Stelle“ neu errichten und schlug da<strong>für</strong> den künftigen Kaiser -<br />
park vor.<br />
Der Gemeinderat konnte sich jedoch den Vorstellungen des Mathias Bellen nicht<br />
anschließen und lehnte die Anfrage ab. Daraufhin schlug die ARAL vor, die geplante<br />
neue Tankstelle an einer völlig anderen Stelle zu errichten. Nach Ablauf des 20-Jahres-<br />
Vertrages hätte Bellen dann im Jahre 1956 seinen Betrieb in Zusammenarbeit mit der<br />
ARAL fortsetzen können, aber nicht mehr an der Dülkener Straße. Doch Bellens Sohn<br />
Wolfgang, ein gelernter Kfz-Meister, der den Betrieb des Vaters hätte weiter führen<br />
sollen, wollte sich nicht mehr mit dem Tankstellengeschäft belasten, sondern nur noch<br />
eine Werkstatt betreiben. Damit scheiterten die Verhandlungen zwischen Bellen und<br />
ARAL über eine Fortführung der Geschäftsbeziehungen und an Stelle von Mathias<br />
Bellen erhielt Peter Bodden, der bis dahin einen Omnibusbetrieb hatte, einen Vertrag<br />
<strong>für</strong> eine neu zu errichtende Tankstelle an der Roermonder Straße. Bei der Aufhebung<br />
seiner Tankstelle kaufte Bellen der ARAL die beiden Bodentanks mit der Begründung<br />
ab, dass er darin künftig Heizöl <strong>für</strong> den Privat ver brauch lagern wolle. Lediglich die<br />
Zapfanlage wurde entfernt.<br />
76<br />
77
Doch Matthias Bellen überlegte es sich anders. Er wollte sein Tankgeschäft doch noch<br />
nicht aufgeben und ging daher am 10. November 1956 eine Verbindung mit der<br />
Firma Johann Rüdelstein, Mineralöle, aus Harff bei Köln ein, die künftig als neuer<br />
Lieferant von Caltex-Treibstoffen an Stelle der ARAL handeln sollte. Auch dieser<br />
Vertrag sah eine Dauer von 20 Jahren vor. Doch nun bekam Bellen Ärger mit der ARAL<br />
und mit dem Oberkreisdirektor. Die ARAL fühlte sich hintergangen, da Bellen jetzt in<br />
den beiden ehemaligen ARAL-Tanks Treibstoffe der Konkurrenz lagerte, und der<br />
Oberkreisdirektor war erbost, weil Bellen ohne Genehmigung schon Caltex-Treibstoff<br />
hatte einfüllen lassen und den Betrieb der Tankstelle im Januar 1957 wieder aufgenommen<br />
hatte. Das Tankgeschäft wickelte sich also weiter auf dem Gehweg ab, die<br />
Fahrzeuge standen wieder auf der Straße war, und der fließende Verkehr wurde weiterhin<br />
behindert. Daher lehnte der Oberkreisdirektor mit Bescheid vom 8. Mai 1957<br />
den Antrag des Mathias Bellen auf Wiederinbetriebnahme der ehemaligen Tankstelle<br />
ab, denn „nach Nr. 1 des Merkblattes <strong>für</strong> die Anordnung und Kennzeichnung von<br />
Tankstellen an öffentlichen Straßen, nach dessen ministeriellen Weisungen verfahren<br />
werden soll, darf der Gemeingebrauch an den öffentlichen Zwecken gewidmeten<br />
Flächen durch die Anlage von Tankanlagen nicht beeinträchtigt werden.“ Gegen diesen<br />
Bescheid legte Mathias Bellen kein Rechtsmittel ein und somit war es ganz schnell<br />
wieder aus mit einer erneuten Tankstelle Bellen. Mathias Bellen blieb nur noch, die<br />
Tankanlage jetzt endgültig abzubauen und die angefal lene Verwaltungsgebühr von<br />
1,– DM an die Kreiskasse zu zahlen. Danach wurde nur noch in sehr geringen Mengen<br />
Kraftstoff <strong>für</strong> die neu auf den Markt gekommenen Mopeds verkauft. Aber als<br />
Matthias Bellens Sohn Wolfgang 1960 nach Fröndenberg verzog, endete die Ära<br />
Bellen auf der Dülkener Straße unwiderruflich. 65<br />
Das Jahr 1939 brachte <strong>Waldniel</strong> eine Umgehungsstraße, die um den Ortskern herumführte.<br />
Wie vielerorts sollten entgegen allen anderen Verlautbarungen die<br />
Aufmarschwege zu den westlichen Nachbarländern vereinfacht werden, denn ein<br />
Feldzug, der sich zunächst mühsam mitten durch viele kleine Orte quälen musste, bis<br />
„Feindesland“ erreicht war, war nicht im Sinne des „größten Feldherrn aller Zeiten“.<br />
Für die <strong>Waldniel</strong>er Bevölkerung, die damals von alledem noch nichts ahnen konnte,<br />
brachte diese Umgehungsstraße jedoch erhebliche Vorteile, denn der<br />
Durchgangsverkehr durch die Ortsmitte mit ihren engen Straßen wurde spürbar weniger.<br />
Im Volksmund hieß die Umgehungsstraße nur „Neue Straße“ oder auch<br />
„Betonstraße“, denn sie war aus vorgefertigten, aneinander gereihten Betonplatten<br />
zusammengefügt. Und auf einmal waren die vormals so interessanten Standorte der<br />
Tankstellen im Ortskern von <strong>Waldniel</strong> nicht mehr so attraktiv wie zuvor.<br />
Als idealer Standort <strong>für</strong> eine Tankstelle erwies sich jetzt die Lage unmittelbar an der<br />
Umgehungsstraße, der ehemaligen B 230. Im September 1949 begann Jakob Peters,<br />
der bis dahin als Fahrer bei dem Busunternehmen Moos in Hehler beschäftigt war, mit<br />
der Errichtung einer solchen auf dem Grundstück Ungerath 301, denn hier treffen<br />
auch heute noch die Verkehrsströme aus Richtung Mönchengladbach auf die, die aus<br />
Richtung Dülken kommen. Diese Tankstelle sollte etwas Besonderes werden. Architekt<br />
Josef Derix, der <strong>für</strong> die Planung verantwortlich war, Bauunter nehmer Leonhard<br />
62 Auskunft und private Unterlagen der Frau Anna Maria Schomm, geb. Bellen, Heerstr. 34.<br />
Gorissen, der von seinem Vater die Firma „Josef Gorissen, Baugeschäft“ übernommen<br />
hatte und die Bauarbeiten durchführen sollte, und ihr damaliger Mitarbeiter Willi<br />
Jennihsen hatten sich zuvor auf den Weg zur Hannover-Messe gemacht, um dort die<br />
neuesten Techniken und Verfahren kennen zu lernen, die vor allem aus Amerika in das<br />
noch junge Nachkriegsdeutschland kamen. Dort hatten sie zu ihrem Erstaunen eine<br />
Tankstelle mit einem weit ausladenden Dach gesehen, das nur von einer einzigen<br />
Stütze gehalten wurde. Und dieses „Beton pilzdach“ hatte es ihnen angetan.<br />
Architekt Josef Derix besorgte die umfangreiche Statik, und so entstand an der<br />
„Betonstraße“ in <strong>Waldniel</strong>, die zweite Tankstelle in Deutschland mit einem<br />
„Betonpilzdach“. Die Anlage bestand damals nur aus einem kleinen Gebäude mit<br />
dem Abrechnungsraum, dem riesigen Dach und darunter zwei Zapfsäulen, so dass<br />
man auch bei Regenwetter bequem unter der Überdachung tanken konnte. Es war<br />
schon eine kleine Sensation. Später wurde noch eine Autowaschhalle angebaut sowie<br />
ein Wohnhaus daneben gestellt. Architekt Derix erinnert sich noch gut an die<br />
schweißtreibende Arbeit im heißen Herbst 1949. Wegen des großen, frei tragenden<br />
Daches sah die Statik eine starke Eisenarmierung vor, und so wurde dann zwei<br />
Wochen lang Baustahl verlegt, bis endlich mit dem Gießen der Decke begonnen werden<br />
konnte. Und da die Decke ja schnell und in einem Stück gegossen werden musste,<br />
war extra ein neuer, „hochmoderner“ Betonmischer angeschafft worden.<br />
Zu jener Zeit betrieb Robert Wentges oberhalb des Baugeländes die Gaststätte „Haus<br />
Sonnenschein“, von wo aus er bequem die Arbeiten auf der Baustelle beobachten<br />
78<br />
79
konnte. Tagsüber saß er oft im Schatten der hohen Bäume und sah<br />
den Bauleuten bei der Arbeit zu und nach Feierabend gesellte er sich<br />
regelmäßig zu ihnen, unter dem Arm eine Flasche „Danziger<br />
Goldwasser“, und so konnte dann der Tag in entspannter<br />
Atmosphäre ausklingen. 66<br />
Am 13. April 1950, also nach Fertigstellung und Abnahme der<br />
Baumaßnahme, erhielt Jakob Peters die endgültige Betriebs -<br />
genehmigung und die Erlaubnis zur Lagerung von bis zu 24.000<br />
Litern Treibstoff. Bedenkt man, dass bei den ersten Tankstellen nur bis<br />
zu maximal 5.000 Litern Lagerkapazität genehmigt worden war, so<br />
war dies eine gewaltige Steigerung. Vertragspartner war die<br />
ESSO-AG, die damals noch ihren Sitz in Düsseldorf auf der<br />
Königsallee Nr. 55 hatte. Mitte der 1960er Jahre übernahm sein Sohn<br />
Herbert Peters die Tankstelle. Mit Vertrag vom 20. November 1995<br />
wurde sie an die Total Deutschland GmbH verpachtet, die die gesamte<br />
Anlage mit erheblichem Aufwand entsprechend den heutigen<br />
strengen Umweltschutzvorschriften modernisierte. Obwohl mittlerweile<br />
eine Autobahn umgehung um <strong>Waldniel</strong> herumführt, so dass<br />
nicht mehr jeder, der Richtung Niederkrüchten oder Roermond<br />
fahren will, automatisch an der Tankstelle vorbei kommt, wird sie<br />
auch heute noch von dem Pächter Kaikos betrieben und ist die einzige<br />
Tankstelle in <strong>Waldniel</strong>. 67<br />
Weitere Tankstellen kamen hinzu:<br />
• Mitte der 1950er Jahre baute Fritz Kattanek an der <strong>Waldniel</strong>er Heide, direkt an der<br />
Kreuzung B 230 und Rickelrather Straße, eine Tankstelle, die er zunächst in<br />
Eigenregie betrieb. Im Jahre 1956 erweiterte er die Tankstelle um eine Kfz-Werk -<br />
statt, und 1957 baute er nebenan sein Wohnhaus. Mit Datum vom 29. Dezember<br />
1966 verpachtete Fritz Kattanek die Tankstelle an die Deutsche Shell AG, die ab dem<br />
01. Januar 1967 den Betrieb der Anlage übernahm. Die Tankstelle wurde am 30.<br />
April 1980 geschlossen. Heute hat dort das Autohaus Arenhövel seine Unter kunft<br />
gefunden. 68<br />
• Im Herbst 1956 baute Peter Bodden eine Tankstelle mit der ARAL an der Roer -<br />
monder Straße. Dies war ihm möglich geworden, weil Mathias Bellen seinen<br />
Standort an der Dülkener Straße nicht verlassen wollte. Später übernahm sein Sohn<br />
Herbert den Betrieb. Seit Mitte Dezember 1997 ist sie geschlossen.<br />
• 1964 errichtete die ESSO-AG auf einem Grundstück an der Dülkener Straße/Ecke<br />
Schulzentrum, das noch immer der Familie des Landwirts Johannes Küppers gehört,<br />
eine Tankstelle. Doch auch dieser war keine längere Laufzeit beschieden. Sie wurde<br />
bereits 1970 wieder geschlossen. 69<br />
66 Auskunft zu dem Vorstehenden: Architekt Josef Derix, Hospitalstraße 1, und Willi Jennihsen, Schubertstr. 2.<br />
67 Auskunft des Herrn Herbert Peters, Ungerath 301.<br />
68 Auskunft und private Unterlagen der Frau Ute Jansen, geb. Kattanek, Steeg 10.<br />
69 Auskunft des Herrn Karl-Heinz Küppers, Dülkener Str. 47.<br />
• Ebenfalls 1964 baute Leo Deckers, der letzte Schäfer von <strong>Waldniel</strong>, <strong>für</strong> seinen Enkel<br />
Wilhelm Gravendyck am Zoppenberg, auf der Gladbacher Straße Nr. 90, eine BP-<br />
Tankstelle mit angeschlossener Kfz-Werkstatt. Am 1. April 1965 nahm sie ihren Betrieb<br />
auf. Sie stand auf einem Gelände, auf dem jahrelang ein alter Schuppen<br />
gestanden hatte, der Leo Deckers u. a. als Unterstand <strong>für</strong> seine Schafe gedient<br />
hatte. Erster Pächter der Tankstelle, und zwar nur bis zum 30. Januar 1966 war Willi<br />
Klomberg. Ihm folgte bis zum 1. Juli 1979 Theo Klomberg. Danach wurde sie bis<br />
zum 31. Dezember 1985 von Horst Beyen betrieben, und am 01. Januar 1986 übernahm<br />
Gerhard Linz Tankstelle und Werkstatt, die er bis zum Februar 1990 führte.<br />
Ihm folgte noch <strong>für</strong> kurze Zeit Reiko Kokot, bevor Tankstelle und Werkstatt aufgegeben<br />
wurden und ein Getränkehandel dort Ein zug hielt. 70 Heute beherbergt sie<br />
eine Pizzeria.<br />
Wie man sieht, hat es auch in <strong>Waldniel</strong> mancherlei Versuche gegeben, mit den neuen<br />
Herausforderungen des automobilen Zeitalters seinen Lebensunterhalt zu verdienen.<br />
Sei es mit dem Betrieb von Werkstätten oder mit dem Verkauf von Treib stoff. Einige<br />
haben lange Jahre davon profitiert und gut gelebt, anderen war nur ein kurzes<br />
betriebliches Dasein vergönnt. Doch den interessantesten Aspekt auf diesen Teil der<br />
<strong>Waldniel</strong>er Entwicklungsgeschichte wirft im-mer noch die Tankstelle der „Witwe<br />
Franz Grün“, deren Emanzipation aus der Not geboren wurde und die es dann den<br />
Männern gezeigt hat.<br />
Literaturverzeichnis:<br />
• Brockhaus, multimedial, 2001<br />
• Gerd Peters, Dieter Pesch, „Bilder aus Alt-<strong>Waldniel</strong>“,<br />
Museumsverein Dohrenburg e.V., 1978<br />
• Roediger, Wolfgang, Hundert Jahre Automobil, Leipzig, Berlin, 1990<br />
• 110 Jahre Rösler Draht, Festschrift 1882<br />
• Ein Jahrhundert Motorradtechnik, VDI-Verlag, Düsseldorf 1987<br />
66 Auskunft der Frau Erika Linz, Lessingstraße 22.<br />
80<br />
81
82<br />
Am 5. Sept. wurde unserem Schützenbruder<br />
Karl-Heinz Schroers der Rheinlandtaler im<br />
Kreishaus Viersen verliehen.<br />
Der „Rheinlandtaler“<br />
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat den Rheinlandtaler im Jahre 1976 „<strong>für</strong><br />
herausragende Verdienste um die landschaftliche Kulturpflege“ gestiftet. Bis 1992<br />
wurden mit ihm Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich in der Denkmal- und<br />
Bodendenkmalpflege, in der Archiv* und Museumspflege, in der Landesgeschichte,<br />
Volkskunde, Mundartpflege und Sprachgeschichte, in der Naturkunde und im<br />
Naturschutz ehrenamtlich besonders verdient gemacht haben. Seit 1992 werden<br />
zudem Persönlichkeiten mit dem Rheinlandtaler geehrt, die sich „in besonderer<br />
Weise, anregend oder fördernd, um die kulturelle Entwicklung und Bedeutung des<br />
Rheinlandes“ Meriten erworben haben. Seit März 1996 können mit ihm auch<br />
Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich „<strong>für</strong> das multinationale Zusammen -<br />
leben und das friedliche Miteinander zwischen einzelnen Völkergruppen auf kulturellem<br />
Gebiet im Rheinland“ hervorgetan haben. Ausgezeichnet werden zudem<br />
Persönlichkeiten aus dem benachbarten Ausland, die sich „grenzüberschreitende<br />
Verdienste um den gemeinsamen Kulturraum“ erworben haben. Über die Verleihung<br />
des Rheinlandtalers entscheidet der Kulturausschuß der Landschafts versammlung<br />
Rheinland nach Vorberatung in der Auswahlkommission Rheinlandtaler.<br />
Mit der Stiftung des Rheinlandtalers hat der LVR, dem die landschaftliche Kulturpflege<br />
obliegt, eine einmalige Auszeichnung geschaffen. Landschaftliche Kulturpflege ist<br />
nicht denkbar ohne die aktive Mitarbeit engagierter ehrenamtlich tätiger Bürgerinnen<br />
und Bürger. Die Kulturpflege des LVR ist auf ihre In formation und praktische<br />
Mitwirkung dringend angewiesen.<br />
Die <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Bruderschaft</strong>en St. Michael und St. Josef <strong>Waldniel</strong><br />
gratulieren ihrem Schützenbruder Karl Heinz Schroers zur Veleihung<br />
des Rheinlandtalers.<br />
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Eindrücke vom Schützenfest 2005<br />
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88<br />
Alle Fotos von<br />
Foto Houben MG<br />
In diesem Jahr können<br />
beim König, Peter Kohnen,<br />
Foto-CDs vom Schützenfest<br />
2007 <strong>für</strong> 20,– € erworben<br />
werden.<br />
Bitte vorbestellen.<br />
Mit Vorrauskasse.<br />
89
Kleiner Führer durch die<br />
Kirmestage.<br />
Kommen sie doch am Freitag den 06. Juli 2007 ins Festzelt am St. Wolfhelm<br />
Gymnasium und feiern mit uns eine 80er Jahre Party. Bei fetziger Musik der Show<br />
und Tanzband Pop@rt und unserem Stargast Stevie Marks mit „Jon Bon Jovi – The<br />
Show“, geht bestimmt die Post ab.<br />
Rocken sie mal wieder richtig ab und besuchen sie in den Tanzpausen die gute alte<br />
Sektbar, die wir extra <strong>für</strong> diesen Abend wieder aufleben lassen.<br />
Am Samstag werden dann zum ersten Mal die bunten Uniformen und festlichen<br />
Kleider angezogen. Ab 14.00 Uhr treffen die einzelnen Züge auf dem Marktplatz ein,<br />
um sich bei einem Platzkonzert <strong>für</strong> den Festumzug zu formieren.<br />
Der erste Weg führt uns dann zu unserem Schützenkönig Peter, der uns mit seinem<br />
Königsstaat auf der Gladbacher Straße erwartet. Nach dem Errichten des<br />
Königsmaien werden wir weiter durch den geschmückten und beflaggten Ort ziehen<br />
und uns gegen 16.50 Uhr am Ehrenmal neben dem Marktplatz zum „Großen Zapfen -<br />
streich“ einfinden.<br />
Ab 20.00 Uhr heißt es dann: Zu Gast bei Freunden. Sind sie dabei, wenn uns<br />
befreundete Züge besuchen, wenn unsere Schützen in ihren schmucken Uniformen<br />
aufziehen und die Tanzfläche <strong>für</strong> den Königstanz absperren, wenn das Königspaar<br />
und der Königsstaat ihre Ehrentänze haben, wenn wir in lockerer Atmosphäre und bei<br />
schöner Musik zur Tanzparty einladen.<br />
Am Sonntag besuchen wir gemeinsam mit unseren Freunden der St. Johannes von<br />
Nepomuk <strong>Bruderschaft</strong> Ungerath, um 8.30 Uhr den Festgottesdienst im<br />
Schwalmtaldom.<br />
Anschließend findet auf der St. Michaels Straße die große Königsparade statt. Hier<br />
sind „Schaulustige“ ausdrücklich erwünscht! Sparen sie nicht mit Applaus, wenn die<br />
einzelnen Züge und Gruppen, im Paradeschritt an Königsstaat und Vorstand, an<br />
Gästen und ihnen liebe Schwalmtalerinnen und Schwalmtaler vorbei marschieren.<br />
Um 11.00 Uhr beginnt dann im Festzelt unser Klompenball, mit Prämierung der<br />
schönsten Klompen. Kommen sie doch mal vorbei und treffen, bei einem kühlen Bier<br />
oder einem erfrischendem Softgetränk, alte Bekannte oder neue Freunde.<br />
90<br />
Der Montag ist der Tag der Empfänge. Um 8.00 Uhr empfängt der Königsadjutant<br />
unsere <strong>Bruderschaft</strong>. Von dort ziehen wir dann zum St. Michaels Kappelchen an Sechs<br />
Linden, wo wir um 9.00 Uhr zum Gottesdienst einladen. Es schließen sich die<br />
Empfänge beim Pfarrer, bei der Volksbank, beim Bürgermeister und bei der Firma<br />
Tacken an.<br />
Am Abend empfangen wir dann unsere befreundeten <strong>Bruderschaft</strong>en zum<br />
Königsgalaball im Festzelt. Die Königspaare der Gastbruderschaften erweisen unserem<br />
Königspaar Peter und Monika sowie dem gesamten Königsstaat ihre Ehre.<br />
Es wäre schön, wenn sie als Zuschauer den einziehenden <strong>Bruderschaft</strong>en am<br />
Straßenrand Spalier bilden und mit Applaus begrüßen würden.<br />
Jedes Fest geht einmal vorüber, so auch unser Schützenfest oder wie wir auch sagen<br />
unsere Kirmes. Nachdem wir die Uniform abgelegt haben, laden wir zum Abschluss<br />
zum Dorfabend ein. Der Dorfabend ist den Kränzerinnen und Kränzern gewidmet,<br />
die in liebevoller Arbeit, Rösschen gedreht und Grün <strong>für</strong> Bögen und Maien gesteckt<br />
haben.<br />
Kommen sie, feiern sie mit und schauen sie sich die schon über die Ortsgrenzen<br />
hinaus bekannten Darbietungen der einzelnen Züge an.<br />
Übrigens, alle Veranstaltungen (außer 80er Jahre Party) sind eintrittsfrei.<br />
Ich hoffe ich habe ihr Interesse geweckt und ich würde mich freuen sie bei der einen<br />
oder anderen Veranstaltung begrüßen zu dürfen.<br />
Friedhelm Schmitz<br />
1. Brudermeister<br />
Restaurant · Gaststätte · Biergarten<br />
Schweizer Haus<br />
Internationale Küche<br />
Inh. Georgios Lamprianidis<br />
Amernerstr. 12, 41366 Schwalmtal (<strong>Waldniel</strong>)<br />
Tel.: 02163–42 81 · Fax: 02163–459978<br />
Mobil: 01 73–5461546<br />
Internationale Küche<br />
Tägl. wechselnder Mittagstisch<br />
Beerdigungskaffees<br />
Hochzeiten, Kommunionen usw.<br />
Gesellschaften bis 200 Pers.<br />
Partyraum ca. 40 Pers.<br />
Kegelbahn<br />
Alle Speisen auch zum mitnehmen!<br />
Öffnungszeiten: Fr.–Mi. ab 10:00 Uhr<br />
91
Unsere neue Band <strong>für</strong> die<br />
Kirmestage<br />
Wir bedanken uns bei der Band „Dusty Druids“, die<br />
leider nicht mehr bei uns spielen können, <strong>für</strong> ihre<br />
langjährige musikalische Begleitung.<br />
92