Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes
Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes
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ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHA:<br />
<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>gesamtbairischen</strong> <strong>Dialektraumes</strong><br />
mit 27 Laut- und 4 Hilfskarten in besonderer Mappe<br />
Von<br />
Eberhard Kranzmayer<br />
WIEN 1956<br />
In Kommission bei<br />
Hermann Böhlaus Nachf. Graz — Köln
ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFT^.|[lf^V<br />
<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>gesamtbairischen</strong> <strong>Dialektraumes</strong><br />
mit 27 Laut- und 4 Hilfskarten in besonderer Mappe<br />
Von<br />
Eberhard Kranzmayer<br />
WIEN 1956<br />
In Kommission bei<br />
Hermann Böhlaus Nachf. Graz — Köln<br />
4*
Druck von Ferdinand Berger in Hörn, N.-Ö.
1. Als mich im Jahre 1953 die Wiener Wörterbuchkommission<br />
damit beauftragte, in der ersten<br />
Hälfte <strong>des</strong> Jahres 1954 eine bairische <strong>Lautgeographie</strong><br />
zu schreiben, war ich nicht unvorbereitet;<br />
seit zwei Jahrzehnten halte ich Vorlesungen über<br />
dieses Thema ab. Der Auftrag erstrebte von Anfang<br />
an eine Erleichterung <strong>des</strong> sich der Druckreife<br />
nähernden <strong>gesamtbairischen</strong> Dialektwörterbuchs.<br />
Die gesamtbairische <strong>Lautgeographie</strong> sollte<br />
damals den Hauptteil der ersten Lieferung <strong>des</strong><br />
Bayrisch-österreichischen Dialektwörterbuches bilden.<br />
Der Zweck dieser <strong>Lautgeographie</strong> ist die einmalige<br />
Zusammenstellung aller jener lautgeographischen<br />
Unterschiede innerhalb <strong>des</strong> bairischen<br />
<strong>Dialektraumes</strong>, die öfters im bairischen Wortschatz<br />
vorkommen und andernfalls in den einzelnen<br />
Wörterbuchartikeln immer wieder dargestellt werden<br />
müßten; es ging also um eine Entlastung <strong>des</strong><br />
Wörterbuches selbst in lautlicher Hinsicht. Damit<br />
wird es überflüssig, z. B. über mhd. o und d in<br />
den Abhandlungen über Bach, Bache, bachen<br />
(backen), Pacht (Kehricht), Bad, baden usw. oder<br />
über deren anlauten<strong>des</strong> bair. p- immer wieder neu<br />
schreiben zu müssen; es genügen fernerhin im<br />
Wörterbuch kurze Hinweise auf die Lautgrammatik,<br />
ähnlich wie es H. Fischer in seinem „Schwäbischen<br />
Wörterbuch" gemacht hat. Die historischen<br />
Voraussetzungen sollten nach diesem Plan<br />
vorerst möglichst beiseite bleiben.<br />
Eine solche rein geographische Betrachtungsweise<br />
der Lautverhältnisse erwies sich bald als<br />
schwierig und zusammenhanglos. Die lautgeographischen<br />
Verhältnisse eines Dialektes versteht<br />
man erst richtig, wenn sie historisch untermauert<br />
sind und wenn man sie sprachgeschichtlich begründen<br />
kann; begründen mit Hilfe soliden<br />
historischen Beleggutes und fern von Theorien,<br />
die kühn große Zeiträume überspringen. Die<br />
vielen irrigen Meinungen, die aus mechanischen,<br />
ahistorischen Interpretationen von Kartenbildern<br />
abgeleitet wurden, wären nie entstanden, hätte<br />
man genügend Rücksicht genommen auf belegmäßige<br />
Zeugnisse aus der Vergangenheit, wie sie<br />
fürs Bairische zur Verfügung stehen.<br />
Umso lieber beziehe ich überall, wo es nützlich<br />
ist, die sprach- und dialektgeschichtliche Entwicklung<br />
ein, als die „<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong><br />
<strong>des</strong> Bairischen" noch andere Zwecke zu erfüllen<br />
hat. Seit K. Weinhold ist keine Geschichte <strong>des</strong><br />
bairischen Dialektes mehr geschrieben worden.<br />
Eine solche ist zum dringenden Bedürfnis geworden.<br />
Hier sei sie vorerst für das Lautliche geleistet.<br />
Es fehlt insbesondere in der Ortsnamenund<br />
Lehnwortforschung Österreichs und seiner<br />
Nachbarländer an allen Ecken und Enden eine<br />
umfassende bairische Lautgeschichte, auf die man<br />
sich so gerne immer und immer wieder kurz berufen<br />
möchte, um sich langwierige Ausführungen<br />
zu ersparen. Die siedlungshistorischen Ausblicke<br />
der Namenkunde und die kulturgeschichtliche<br />
Ernte der Lehnwortkunde sind ohne exakte Lautgeschichte<br />
unmöglich. Auch für die Fachkollegen<br />
Vorwort<br />
Vorw. 1—2<br />
und die Hörer der Mundartkunde ist eine historische<br />
<strong>Lautgeographie</strong> ein dringender Wunsch.<br />
Die Prinzipien der Sprachentwicklung bleiben<br />
konstant, wie man längst weiß. Will man sie in<br />
ihrer saftvollen Bedingtheit erfahren, so muß man<br />
die beweglichste Erscheinungsform der Sprache,<br />
die Mundart, am lebenden Organismus belauschen.<br />
Wohl liegen über die Grundsätze der Sprachentwicklung<br />
sehr beachtliche und ungemein reichhaltige<br />
Werke vor, es fehlt aber bedauerlicherweise<br />
immer noch ein zusammenfassen<strong>des</strong> Werk<br />
über das Wesen der Sprachbiologie, ein Buch<br />
also über die Lehre vom Leben der Sprache als<br />
Organismus, wie man es erlauscht, wenn man die<br />
Sprachträger ständig beobachtet und ihre Meinungen<br />
über gegenwärtige Umbildungen erfragt.<br />
Der bodenständige Gewährsmann verfügt über<br />
reichere Erfahrungen als der Forscher, der Gewährsmann<br />
erlebt die Prozesse der Veränderungen<br />
selbst mit, er weiß in seinem Raum Bescheid über<br />
Laut- und Wortumgestaltungen. Wenn es ihm an<br />
unserer Fachterminologie gebricht, so haben wir<br />
zu lernen, was er mit seinen Ausdrücken darüber<br />
zu berichten weiß und nicht umgekehrt. Nur so<br />
dringt der Forscher in die wirklichen Geheimnisse<br />
der Sprachbiologie vor. Auf Grund zahlreicher<br />
Beobachtungen dieser Art erwirbt man sich das<br />
richtige Urteil auch über Vorgänge, welche sich<br />
in der Vergangenheit vollzogen haben; erst das<br />
blutvolle Wesen jetzigen Seins wirft die richtigen<br />
Schatten auf alles Gewesene, auch auf die Geschichte<br />
der Lautgeographio.<br />
2. Man hat der bayrisch-österreichischen Dialektkunde<br />
vorgehalten, ihre Raumbilder entsprächen<br />
nicht der Wirklichkeit, sie sähen zu<br />
einfach und zu einheitlich aus und gäben zu scharfe<br />
Grenzen an. Es handle sich in Wirklichkeit immer<br />
um breite Mischgürtel. Auch dieser Vorwurf trifft<br />
vor allem die <strong>Lautgeographie</strong>, um die es ja hier<br />
geht. Schon seit drei Generationen wissen unsere<br />
Dialektforscher, daß bei ihrer Forscherarbeit die<br />
Einheit der Maße <strong>des</strong> menschlichen Soziallebens<br />
eingehalten werden muß, sollen ihre Kartenbilder<br />
wirklich homogen werden. Diese Maße sind<br />
vor allem die Zeit, der Raum und die Gesellschaft.<br />
Zur Erlangung klarer Grenzen ist es notwendig,<br />
nur eine bestimmte Altersstufe, nur absolut Einheimische<br />
und nur eine ganz bestimmte Berufsschicht<br />
auszuwählen. Das versteht sich eigentlich<br />
von selbst. Diese Richtlinien hat die österreichische<br />
Forscherschule seit jeher beachtet. Sie ist gewohnt,<br />
bei Erkundung von Sprachzuständen<br />
erstens zur Wahrung der zeitlichen Einheit nur<br />
die ältesten Leute als Gewährsleute heranzuziehen,<br />
zweitens zur Wahrung der räumlichen<br />
Einheit einzig und allein im Beobachtungsort<br />
selbst geborene und aufgewachsene Vertrauenspersonen<br />
auszuwählen und drittens, soweit erreichbar,<br />
nur Bauern zu Wort kommen zu lassen.<br />
Auf solche Weise entstehen jene scharfen Grenzen,<br />
die man zu Unrecht bemängelt. Was herauskäme,<br />
wenn man bald Greise, bald Kinder, wenn man<br />
III
Vorw. 2—5<br />
bald Einheimische, bald Zugewanderte und wenn<br />
man bald Bauern, bald Geschäftsleute und Angestellte<br />
berichten ließe, kann sich jeder selbst ausmalen.<br />
Damit ist nicht etwa gesagt, daß unsere<br />
Forschungen nur Bauern und nur die ältesten<br />
Leute beobachten dürfen. Gerade die letzten im<br />
Rahmen <strong>des</strong> Lehrbetriebes der Wiener Universität<br />
in Verbindung mit der Wiener Wörterbuchkanzlei<br />
ausgereiften mundartkundlichen Untersuchungen<br />
legten ihr Schwergewicht auf die<br />
lebendige Schaffenskraft der mittleren und jüngeren<br />
Generation. Für die Klarheit der Dialektgeographie<br />
aber bleibt ein für allemal diese bewährte<br />
Gewohnheit maßgebend.<br />
3. Ihre umfangreichste Sammeltätigkeit entfalteten<br />
die Wiener und die Münchner Wörterbuchkanzlei<br />
vor drei Jahrzehnten; auch dabei<br />
wurde vielfach die Einheit unserer drei Maße eingehalten.<br />
So ist das Sammelgut beider Kanzleien<br />
teilweise schon historisch geworden. Denn so<br />
manches, das in den zwei „Hauptkatalogen" dieser<br />
Kanzleien enthalten ist, ist heute nicht mehr<br />
lebendiger Sprachbrauch. Der außenstehende und<br />
flüchtige Beurteiler der Mundart wundert sich<br />
vielleicht, wie anders die alte Sprechweise einer<br />
Gegend, die er gut zu kennen glaubt, beschaffen<br />
ist und um wieviel altertümlicher sie aussieht, als<br />
sein flüchtiger Blick es wahrnimmt. Es dominieren<br />
in unserem wissenschaftlichen Apparat vielfach<br />
die besonderen Altertümlichkeiten und Archaismen.<br />
Dies muß einmal ohne Scheu ausgesprochen<br />
werden, selbst auf die Gefahr hin, daß man uns<br />
<strong>des</strong>halb weltfremde Altertumskrämer und zeitferne<br />
Romantiker schilt, die wir nicht sind. Selbst<br />
wenn diese Kritik berechtigt wäre, ist doch zu<br />
bedenken, daß dasjenige Altgut, das wir gerade<br />
noch im letzten Augenblick vor seinem endgültigen<br />
Versinken ins Nichts der Vergessenheit sozusagen<br />
„museal" bergen, unsere Schüler nicht mehr<br />
finden werden. Wir können nicht den Vorwurf<br />
seitens unserer wissenschaftlichen Nachkommenschaft<br />
auf uns laden, untätig zugesehen zu haben,<br />
wie Unwiederbringliches abstirbt, nur weil uns<br />
das Neue, das auch die Nachkommenschaft noch<br />
miterleben wird, aus einer Zeitlaune heraus<br />
wichtiger erscheint. Wohl aber müssen wir die<br />
Neigungen und Tendenzen, die sich hinter dem<br />
Neuentstehenden verbergen, in ihren Grundzügen<br />
aufzeigen. Die inneren Triebkräfte dieser Neuerungen<br />
werden spätere Generationen, nachdem das<br />
Neue Gemeingut geworden ist, aus der neuen<br />
Totalität heraus nicht mehr so gut begreifen<br />
können wie wir Miterlebenden.<br />
4. In den 27 beigegebenen lautgeographischen<br />
Kartenbildern steht auf jedem Blatt rechts unten<br />
der Satz: „Die außerdeutschen Gebiete nach dem<br />
Stand zwischen 1920 und 1930, die Dialektgrenzen<br />
nach dem Stand um 1930". Damit stellen die<br />
Grundlagen unserer Untersuchung schon äußerlich<br />
eine historisch gewordene Apparatur vor Augen.<br />
In diesen Kartenbildern sind Österreich (ohne das<br />
alemannische Vorarlberg) und Altbayern, das ist<br />
Bayern ohne Franken und Schwaben, der innere<br />
Kern <strong>des</strong> Sammelbereiches. Vorerst ging es um die<br />
Erfassung aller Gebiete, in denen sonst noch der<br />
bairische Großdialekt vorhanden ist. Einbezogen<br />
wurden daher zunächst alle weiteren bairischen<br />
Sprachlandschaften. Dazu gehören im Süden, auf<br />
italienischem Staatsboden, Südtirol, auf italienischem<br />
und jugoslawischem Staatsboden eine Reihe<br />
gut erforschter Bauernsprachinseln aus dem Mittelalter,<br />
über die in der Einleitung ausführlich zu<br />
handeln sein wird, wie Gottschee; auf jugoslawischem<br />
Boden noch einige jetzt ausgesiedelte<br />
Randgebiete. Dazu gehören weiters im Osten auf<br />
IV<br />
dem Boden Ungarns einige deutschsprachige<br />
Randstreifen, etwa um ödenburg. Im Norden<br />
gehören in der Tschechoslowakei die deutschsprachigen<br />
Dörfer auf der Großen Schutt, um<br />
Preßburg, ferner Südmähren, Südböhmen, das<br />
Egerland und wiederum eine Reihe alter Sprachinseln<br />
dazu. Auch diese Gegenden bestehen heute<br />
als bairische Dialektgebiete nicht mehr. Im Westen<br />
ist schließlich auf Schweizer Boden die Doppelgemeinde<br />
Samnaun-Kampatsch bairisch, eine<br />
Gründung der Frühneuzeit von Prutz im Oberinntal<br />
aus. Die Sprechweisen aller dieser außerhalb<br />
<strong>des</strong> jetzigen Österreichs gelegenen Gebiete hat die<br />
österreichische Wörterbuchkanzlei seit ihrer Gründung<br />
liebevoll erforscht, sie verfügt hier über<br />
reiches Sammelgut. Es ist in unsere <strong>Lautgeographie</strong><br />
einbezogen worden. Der erwähnte Satz „außerdeutsche<br />
Gebiete nach dem Stand zwischen 1920<br />
und 1930, Dialektgrenzen nach dem Stand um<br />
1930" besteht zurecht, unsere Lautkarten sind im<br />
wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes schon historisch geworden.<br />
6. Die beiden großen Fundamente der hier gebotenen<br />
<strong>Lautgeographie</strong> bilden einerseits die beiden<br />
„Hauptkataloge" der Wiener und der Münchner<br />
Wörterbuchkanzlei, andererseits der „Dialektatlas<br />
von Österreich und seinen Nachbarländern".<br />
Der Wiener Hauptkatalog wurde gemeinsam von<br />
A. Pfalz, W. Steinhauser, V. Dollmayr,<br />
Fr. Roitinger, M. Hornung und mir aufgebaut;<br />
er umfaßt annähernd 3,000.000 mundartlicher<br />
Einzelzettel; der Münchner Hauptkatalog ist (bis<br />
1945) größtenteils unter meinen Händen und unter<br />
meiner Aufsicht entstanden; er enthielt (1945)<br />
gegen 2,000.000 Zettel. Auch sein Material wurde<br />
größtenteils in den Jahren um 1930 gesammelt<br />
und ist da und dort historisch geworden. Beide<br />
Kataloge enthalten reiches geschichtliches Gut aus<br />
den früheren Jahrhunderten. Sie wurden nach<br />
jenen einheitlichen Richtlinien, wie sie auf Grund<br />
von Vorschlägen vor allem von J. Seemüller und<br />
P. Lessiak nach dem Muster <strong>des</strong> „Schweizerdeutschen<br />
Idiotikons" in zahlreichen Sitzungen der<br />
Wiener Wörterbuchkommission und in ständiger<br />
Fühlungnahme mit München beschlossen wurden,<br />
völlig konform gestaltet bis 1945.<br />
Der „Dialektatlas von Österreich" wurde von<br />
mir in den Jahren 1926—1937 geschaffen. Er enthält<br />
gegenwärtig gegen 1200 Einzelblätter, soweit<br />
sie Österreich und Bayern einbeziehen. Für unsere<br />
<strong>Lautgeographie</strong> wurde er naturgemäß wichtiger<br />
als die beiden Hauptkataloge. Einem glücklichen<br />
Stern verdankt es dieser Atlas, daß sein Arbeitsfeld<br />
weit über den eigentlichen bairischen Dialektraum<br />
hinausgreift. Erbezieht auf österreichischem Boden<br />
auch das alemannische Vorarlberg, auf bayrischem<br />
Boden außer Alt- auch Neubayern, die drei ostfränkischen<br />
Kreise Ober-, Mittel- und Unterfranken<br />
und den alemannischen Kreis Schwaben<br />
ein. Das verhilft uns zur Möglichkeit, die bairischen<br />
Dialektmerkmale nach außen hin überall abzugrenzen<br />
und festzustellen, welche nichtbairischen<br />
Formen in der alemannischen und in der ostfränkischen<br />
Nachbarschaft an Stelle der bairischen<br />
Besonderheiten treten, ein Vorteil von unschätzbarem<br />
Wert. Soweit es sich um den Übertritt<br />
bairischer Ausdrücke auf fremdsprachiges, sei es<br />
auf tschechisches, sei es auf slowakisches, auf<br />
magyarisches, auf slowenisches, auf kroatisches,<br />
sei es auf friaulisches, venezianisch-trentinisches<br />
und auf ladinisches Gebiet handelt, wurde auch<br />
hier das Bestreben maßgebend, das Blickfeld<br />
durch Fragebogen, durch Kundfahrten und durch<br />
Beachtung <strong>des</strong> Schrifttums möglichst zu erweitern,<br />
so wie auch umgekehrt frem<strong>des</strong> Sprachgut auf
airischem Boden tunlichst bis in die Nachbarsprachen<br />
hinein verfolgt wurde. So formte sich<br />
der „Dialektatlas" zu einem Apparat, mit <strong>des</strong>sen<br />
Hilfe man für unsere <strong>Lautgeographie</strong> Grenzbeziehungen<br />
nach allen Seiten hin in polyglotter<br />
Weise beurteilen kann. Überall kommen der<br />
<strong>Lautgeographie</strong> eigene Kundfahrtergebnisse über<br />
große Räume zu Hilfe. Natürlich wurde vor allem<br />
für den Atlas die Wahrung der Einheit der drei<br />
Maße entscheidend.<br />
6. Bevor ich die ersten Atlaskarten zeichnete,<br />
boten sich schon Sprachlandschaften mit Beharrsamkeit<br />
und andere Sprachlandschaften mit einem<br />
auffallenden Hang zur fortschrittlichen Modernisierung<br />
dar. Es drängte sich im Atlas selbst der<br />
hohe historische Wert unserer altertümlichsten<br />
Binnenmundarten der Tiroler Hochtäler sehr<br />
stark in den Vordergrund. Die Hochtäler erschienen<br />
mir wichtig genug, in monatelangen Kundfahrten<br />
erforscht zu werden. Der altertümlichsten bairischen<br />
Binnenlandschaft, dem ötztal, widmete ich<br />
im Jahre 1941 allein einen zweimonatigen Studienaufenthalt.<br />
Ebenso rücken als Fundgruben mittelalterlicher<br />
Sprachformen die Bauernsprachinseln,<br />
soweit sie noch im Mittelalter von Österreich aus<br />
besiedelt worden waren, als historische „Museen"<br />
stark in den Vordergrund. Sie sind altertümlich<br />
geblieben, weil ihre Sprechweise meistens auf jener<br />
alten Stufe, wie sie zur Zeit ihrer Kolonisation im<br />
Binnenland geherrscht hatte, stehengeblieben<br />
ist. Die meisten südbairischen Außenposten kenne<br />
ich aus eigener Anschauung; ich habe auch kaum<br />
eine Gelegenheit versäumt, jene Sprachinselbewohner<br />
als Gewährsleute aufzusuchen, die sich in<br />
der Nähe meines jeweiligen Wohnsitzes aufgehalten<br />
hatten.<br />
7. Zu diesen konservativen Außenmundarten<br />
kommen als zweite dialekt- und in unserem Sinne<br />
als lauthistorische Quelle die Lehnwörter und<br />
Ortsnamen in den umliegenden Fremdsprachen<br />
und umgekehrt die Entlehnungen aus den Fremdsprachen<br />
ins Bairische. Sie sind gleichfalls ein<br />
Auskunftsmittel von unschätzbarem Wert für die<br />
binnenbair. Lautgeschichte. Nach jahrelangem<br />
Sonderstudium spendeten sie uns eine Fülle sicher<br />
datierbarer lautgeschichtlicher Kriterien.<br />
8. Weiters lieferte wie überall die Urkundensprache,<br />
die gleichfalls nur auf Grund jahrelangen<br />
Exzerpierens und Sichtens von Tausenden von<br />
Belegen fruchtbar wird, exakte Unterlagen. Die<br />
mittelalterlichen Urkunden kleiner Privatkanzleien<br />
halten sich erfahrungsgemäß genauer an die jeweilige<br />
Ortsmundart als die Kanzleien der Lan<strong>des</strong>fürsten<br />
mit ihren wohlgeschulten, schriftgeübten<br />
Kanzlisten; das verkehrsferne Wortgut, vor allem<br />
die Bezeichnungen rein landschaftsgebundener<br />
Dinge und die Namen bescheidener Höfe, Fluren<br />
und Kleinsiedlungen geben in ihrer stets neu aus<br />
der Mundart in die Schrift umgesetzten Aufzeichnung<br />
unvergleichlich besser Auskunft über<br />
die Lautgeschichte als die Bezeichnungen verkehrsläufiger<br />
Begriffe und die Namen weithin<br />
bekannter Länder und Großsiedlungen, deren<br />
Orthographie bekannter ist und zur schriftlichen<br />
Tradition neigt. Außerdem sind wir bei den bescheideneren<br />
Eigennamen insofern im Vorteil, als<br />
sie schon vor dem Eindringen der deutschen<br />
Sprache in die Urkunden, vor 1270, bereits innerhalb<br />
<strong>des</strong> Lateinischen in der heimischen Sprache<br />
wiedergegeben werden mußten.<br />
9. Schließlich ließen sich mit Vorsicht aus der<br />
heimischen mhd. Dichter- und in großem Umfange<br />
aus der ahd. Literatursprache der Handschriften<br />
historische Lautkriterien auffinden. Diese „toten"<br />
Buchstabenquellen der Urkunden- und der Lite-<br />
Vorw. 5—10<br />
ratursprache sind auch in anderen Dialektgebieten<br />
auskunftsbereit; die Sprachinseln und die Lehnwörter<br />
aber sind in unserer Vielfalt und Breite nur<br />
fürs bairische Dialektgebiet vorhanden. Damit ist<br />
unsere bairische Lautgeschichte beispielsweise<br />
gegenüber der ostfränkischen oder sächsischen und<br />
sogar gegenüber der alemannischen Lautgeschichte<br />
in großem Vorteil.<br />
So ging mein von Lessiak geweckter Jugend -<br />
träum, die vier verschiedenartigen dialekt- und<br />
lautgeschichtlichen Quellen, die alten Außen- und<br />
die beharrsamsten Binnenmundarten, die Lehnwörter<br />
und die Ortsnamen, die alten Urkunden<br />
und die alte Literatur, zu einem einheitlichen<br />
historisch-analytischen Werkzeug zu vereinigen, in<br />
Erfüllung. Dabei ergibt sich in erfreulicher Weise<br />
eine überraschend gute Konkordanz aller vier<br />
Quellen. Dies ist der sichere Beweis für die Brauchbarkeit<br />
und Verläßlichkeit jeder der vier Quellen<br />
an sich als Auskunftsmittel für unsere Laut- sowie<br />
für die ganze Dialektgeschichte. Die neue Methode<br />
bewährt sich. Wo uns wirklich eine oder gar zwei<br />
dieser Quellen im Stich lassen sollten, was selten<br />
genug vorkommt, erreichen immer noch die übrigen<br />
Quellen solide Anhaltspunkte für die lautgeschichtlichen<br />
Datierungen. Lauthistorische Vermutungen,<br />
wie sie bisher in Fachkreisen mehr oder<br />
weniger vorsichtig als Hypothesen geäußert worden<br />
sind, werden von ihnen da und dort bestätigt und<br />
gewinnen festen Boden, andere, zweifelhaftere<br />
Meinungen müssen berichtigt und Irrtümer beseitigt<br />
werden. Dies werde ich wenn nötig in der<br />
„bair. <strong>Lautgeographie</strong>" tun, selbst wenn es manchesmal<br />
wie selbstgefällige Rechthaberei aussieht<br />
oder wie eine Überwertung der neuen Methode und<br />
wenn es sich auch da und dort gegen liebe Freunde<br />
richten muß. Tatsachen sind immer noch entscheidender<br />
als die geistreichsten Überlegungen.<br />
Diese Kritik ließ sich umso leichter bewerkstelligen,<br />
als die Lehnwörter und vor allem die Sprachinseln<br />
und die Hochtäler wirkliches Leben repräsentieren,<br />
Leben, gegen das die toten Buchstabenwerke<br />
und die beste Theorie nicht ankämpfen<br />
können; denn Mundartkunde wird durch sich<br />
selbst schon das Bekenntnis zum Leben.<br />
10. Die „tote", nur buchstabenmäßig überlieferte<br />
Rechts- und Literatursprache führt uns<br />
in das komplizierte Verhältnis zwischen Schriftzeichen<br />
und Laut, in die „Orthographie". Die<br />
Auslegung der alten Buchstaben als Lautwerte<br />
leidet trotz entschiedenen Hinweisen auf die daraus<br />
erwachsenden Irrtümer immer noch an der alten<br />
Begriffsverwechslung zweier höchst verschiedener<br />
Dinge aus der Zeit der Brüder Grimm, <strong>des</strong> Lautes<br />
und <strong>des</strong> Buchstaben. Die ersten althochdeutschen<br />
Schreiber hatten es als Schöpfer einer neuen<br />
Rechtschreibung am schwersten. Einerseits wollten<br />
sie ihren Dialekt, wie es am Anfang jeder neuen<br />
Schriftsprache immer der Fall ist, in ihrem phonologischen<br />
System möglichst lautgetreu wiedergeben,<br />
andererseits fehlte es hiebei im überkommenen<br />
lateinischen Buchstabengut an allen Ecken<br />
und Enden an fügsamen graphischen Mitteln.<br />
Ihrem Latein lag ein wesentlich anderes Lautgebäude<br />
zugrunde als der althochdeutschen Sprache;<br />
diese war ihrerseits wiederum von unserer modernen<br />
Lautgebung allzuweit entfernt, als daß wir<br />
etwa berechtigt wären, die althochdeutschen<br />
Buchstaben und Akzentzeichen ohne weiteres nach<br />
unseren jetzigen Lesegesetzen wiederzugeben, wie<br />
das meistens geschieht. Auch noch die Art und<br />
Weise, wie in den Schulen das geschriebene Mittelhochdeutsch<br />
ausgesprochen wird, ist in vielen<br />
Dingen nachweisbar falsch. Eine andere Schwierigkeit<br />
ist für uns, daß die lateinische Unterlage der
Vorw. 10—12<br />
althochdeutschen Rechtschreibung selbst wieder<br />
in ihren Leselauten oft entfernt war von dem,<br />
was wir im heutigen Schulunterricht mehr oder<br />
weniger richtig als Ausspracheregeln der Schriftzeichen<br />
<strong>des</strong> klassischen Lateins lernen. Vielmehr<br />
war fürs Altbairische wie fürs ganze Althochdeutsche<br />
jener vulgärlateinische Lautstand entscheidend,<br />
der sich im 8. Jh. auf Grund der entstehenden<br />
romanischen Dialekte in Italien ausgebildet<br />
hatte. Das wenige, was uns J. Schatz aus<br />
seinem Wissen über diese Dinge in der „Altbairischen"<br />
und in der „Althochdeutschen Grammatik"<br />
übermittelt hat, ist leider nur ein bescheidener<br />
Ausschnitt aus dem, was er darüber wirklich erarbeitet<br />
hatte. Schatz schied auch alle jene lateinisch<br />
erstarrten Buchstabenschreibungen deutscher<br />
Namen, die aus vorausgehenden Jahrhunderten<br />
überliefert waren, wie z. B. Conradus,<br />
Theodericus, bei seinen lautgeschichtlichen Datierungen<br />
aus; das ist eine Vorsicht von grundsätzlicher<br />
Bedeutung, die neuerdings leider gerne<br />
unbeachtet bleibt. Ähnliche Erstarrungen gab es<br />
bei Leopoldus, Rudolphus usw. noch in mittelhochdeutscher<br />
Zeit. Demgegenüber waren nach<br />
Ausweis der Lehnwörter und der Sprachinselmundarten<br />
die ahd.-bair. -p-Schreibungen in tüpa<br />
(Taube), gepan (geben) und die ahd. cÄ-Schreibungen,<br />
die als kch zu lesen sind, keineswegs<br />
stubenblasse Kanzleimoden, wie man es oft haben<br />
möchte, sondern Wiedergaben tatsächlicher Lautwerte,<br />
die gesprochen worden waren und im Bairischen<br />
einstmals überall galten (s. auch Einleitung<br />
35; zum -p- s. § 27 a 4). Ein genaues Nachlesen<br />
in Lessiaks Werken hätte diesen Irrtum<br />
sofort aufklären können. Andere Irrtümer hätte<br />
der eingeweihte Paläograph sofort beseitigen können,<br />
so die verfehlte Auswertung der Majuskel Ou-<br />
Q<br />
für ahd. Ü- in Oudalrich, Oudalskalch als angeblichen<br />
Beweis für das Vorhandensein <strong>des</strong> nordbairischen<br />
ou für ahd. uo z. B. in goud (gut),<br />
rou (Ruhe) usw. schon in althochdeutscher Zeit<br />
(s. § 17 a 1 Fußn.). Bei den Majuskeln wurde demnach<br />
das übergesetzte diakritische Zeichen teils<br />
aus ästhetischen Gründen, teils wegen Platzmangels<br />
bald als Uo-, bald als Ou- in die Zeile<br />
gesetzt. Das ist gleichzeitig die Erklärung dafür,<br />
warum es unter den ahd. Minuskeln keine solchen<br />
OM-Schreibungen gibt. Überdies gehen unsere ahd.<br />
ow-Schreibungen derart weit übers nordbair. ou-<br />
Gebiet hinaus, daß man sie höchstens mit Hilfe<br />
der Sieversschen Steig- und Falltontheorie entschuldigen<br />
könnte, die wenig Anklang gefunden<br />
hat.<br />
11. Durch dieses Versenken in das Wesen der<br />
Geschichte der bair. Lautverhältnisse wurde der<br />
ursprüngliche Plan der „Bairischen <strong>Lautgeographie</strong>"<br />
entscheidend umgeändert; daher auch der<br />
jetzige Titel „<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong><br />
Bairischen". Aus der Veränderung ergab sich<br />
automatisch eine zweite Umformung. Ursprünglich<br />
sollte jede kritische Stellungnahme zu älteren<br />
lauthistorischen Theorien unterbleiben. Das ging<br />
jetzt nicht mehr. Haben die vielen älteren Herkunftstheorien<br />
über die Sprachinselmundarten, die<br />
ja hier eine große Bedeutung annehmen, auf Grund<br />
mechanischer Lautvergleichungen der dialektgeographischen<br />
Karten recht oder nicht ? Gibt<br />
es in den Sprachinseln wirklich so viele Mischmundarten,<br />
wie sie die ahistorische Lautvergleichung<br />
oft vermutet ? Dann würden ja alle alten<br />
Sprachinselmundarten als verläßliche dialekthistorische<br />
Faktoren wegfallen. Daß ausgesprochene<br />
Mischdialekte unter ihnen sind, wird niemand bezweifeln.<br />
Die einstigen Sprachinseln in der Slowakei<br />
VI<br />
mit ihren bairisch-mitteldeutschen Symbiosen sind<br />
Musterbeispiele dafür. Doch ist dieses Suchen nach<br />
Mischdialekten öfters zu einer übertriebenen Mode<br />
ausgeartet; Mischmundarten wurden nicht selten<br />
dort, wo sie gar nicht vorhanden sind, angenommen.<br />
Heute hat sich dagegen die bewährte Erkenntnis<br />
der österreichischen Schule, die Heimat der<br />
Außenmundarten lieber im Spiegel bestimmter<br />
Wortschatzeigentümlichkeiten als auf Grund von<br />
Lautkriterien zu bestimmen, allgemein durchgesetzt;<br />
das führt vor allem dann zum Erfolg, wenn<br />
man die Raumgeschichte der betreffenden Wörter<br />
mit in die Waagschale werfen kann. Außerdem<br />
darf man hinsichtlich der Lautgebung eines nicht<br />
vergessen. Es gibt Fälle, bei denen eine vorausbestimmende<br />
Neigung zu bestimmten Lautwandlungen,<br />
die „Monogenesis" (s. Einleitung 30), in<br />
der Diaspora Jahrhunderte nach der Trennung<br />
noch die gleichen Lautwandlungen ausreifen läßt<br />
wie in der Heimat; hier wie dort wirkten gleichartige<br />
Akzentuationen und ähnliches triebhaft<br />
weiter. Außerdem kommt es <strong>des</strong> öfteren vor, daß<br />
durch nachträgliche, verkehrssprachliche Überschichtungen<br />
im Binnenland ältere Lautungen<br />
verdrängt und durch andere, jüngere Entsprechungen<br />
ausgelöscht worden sind, was im isolierten<br />
Außenposten begreiflicherweise nicht möglich war<br />
(dazu s. auch Einleitung 15). Schließlich ist es<br />
notwendig, alte, aus dem Hochmittelalter und aus<br />
der Humanistenzeit überkommene Phantastereien<br />
über möglichst abenteuerliche und ruhmreiche<br />
Völkerschaften als Begründer solcher Sprachinseln<br />
endgültig über Bord zu werfen. Sie haben sich<br />
fast überall als haltlos erwiesen; die Gottschee ist<br />
weder um 1350 von Thüringern noch in der Völkerwanderung<br />
von den alten Goten, sondern ungefähr<br />
um 1325 von Kolonisten aus dem tirol.kärntn.<br />
Grenzgebiet zum bairischen Außenposten<br />
geworden, die sogenannten Zimbern in den Sieben<br />
Gemeinden stammen weder von den alten Zimbern<br />
noch von den Langobarden ab, sie waren schlichte<br />
Westtiroler, die sich um 1100 auf ihrer Hochebene<br />
niedergelassen hatten, mögen sie dabei auch<br />
zufällig den Boden einer langobardischen Rechtsinstitution,<br />
einer alten Arimannia, in Beschlag<br />
gelegt haben und mögen ihnen hinterher auch<br />
die italienischen Gelehrten etwa <strong>des</strong> 13. Jhs. jene<br />
humanistelnde Sage vom Raub der Sabinerinnen,<br />
die noch heute bei den Zimbern kursiert, unterschoben<br />
haben; denn die angrenzenden Italiener<br />
hätten sich einen Frauenraub bestimmt nicht<br />
ungerächt gefallen lassen. Hier hat sich überall<br />
der sachliche Geist der modernen Historiker mit<br />
seinen unanfechtbaren urkundlichen Zeugnissen um<br />
die Dialektkunde große Verdienste erworben; auch<br />
die Linguistik selbst kann im Lichte der Ortsnamenkunde<br />
und <strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong> der einzelnen<br />
Außenmundarten das Alter jeder einzelnen der<br />
Sprachinseln verhältnismäßig genau berechnen (s.<br />
Einleitung 15). Erst dann werden diese Sprachinseln<br />
zu jenem dialektgeschichtlichen Auskünftemittel<br />
ersten Ranges, wenn wir wirklich wissen,<br />
wann die bairischen Kolonisten eingewandert und<br />
aus welcher Gegend <strong>des</strong> Binnenlan<strong>des</strong> sie gekommen<br />
sind. Und das wissen wir tatsächlich.<br />
12. Die vielseitigen sprachgeschichtlichen und<br />
sprachbiologischen Erkenntnisse drängen auf einen<br />
Bruch mit der bisherigen Behandlung und Anordnung<br />
<strong>des</strong> Stoffes in den mundartkundlichen<br />
Lautgrammatiken hin. Wohl gliedert sich auch<br />
meine „<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong> Bairischen"<br />
nach altem Brauch in die beiden Abschnitte<br />
„Vokalismus" und „Konsonantismus".<br />
Doch wurde eine alte Unstimmigkeit ausgeglichen.<br />
Während die bisherigen Mundartgrammatiken
eim Vokalismus nach alten Vorbildern von einem<br />
Idealzustand um 1200, vom normalisierten Mittelhochdeutsch,<br />
<strong>des</strong>sen Vokalismus man ebensogut<br />
fürs Spätalthochdeutsche in Anspruch nehmen<br />
könnte, ausgehen, wählten dieselben Grammatiken<br />
als Basis für die historische Beurteilung <strong>des</strong><br />
Konsonantismus das West- oder gar das Urgermanische<br />
und damit einen Zustand, der, gering<br />
geschätzt, um ein halbes Jahrtausend älter ist als<br />
der spätalthochdeutsche oder der mittelhochdeutsche<br />
Vokalismus. Dieser Übelstand wurde beseitigt.<br />
Auch für die Geschichte und Geographie<br />
der Mitlaute wurde vom Spätalthochdeutschen<br />
speziell <strong>des</strong> Bairischen ausgegangen, und nur<br />
ausnahmsweise und wenn unbedingt notwendig<br />
wurden ältere Verhältnisse einbezogen. Damit ist<br />
in dieser Hinsicht ein einheitliches Vorgehen gewonnen.<br />
13. Eine neue Anordnung nach den Prinzipien<br />
reihenschrittlicher Veränderungen der Selbst- und<br />
der Mitlaute bringt große Vorzüge gegenüber der<br />
bisherigen Reihenfolge mit sich. Bisher war es<br />
üblich, beim Vokalismus zuerst die a-Laute, dann<br />
alle vorderen und zum Abschluß alle hinteren<br />
Vokale zu behandeln, beim Konsonantismus faßte<br />
man zuerst alle Lippen-, dann alle Zahn- und<br />
schließlich alle Gaumenlaute zu Gruppen zusammen.<br />
Damit wurden jene Laute, deren Veränderungen<br />
sich nach dem Gesetz paralleler Reihenschritte<br />
vollziehen, immer auseinandergerissen. Es<br />
ergab sich z. B. der Nachteil, daß die „neuhochdeutsche"<br />
Diphthongierung von mhd. i und ü zu<br />
ai und au, die entschieden eine Einheit bildet, an<br />
zwei weit auseinanderliegenden oder die mittelbairische<br />
Lenisierung der alten Starkverschlußlaute<br />
t, gg und p sogar an drei getrennten Stellen<br />
behandelt werden mußten. In unserer Darstellung<br />
werden stets die Parallellaute vereinigt; mhd. e, o<br />
und ö, mhd. i, u und ü, mhd. e, 6 und 6, mhd.<br />
i, ü und ü sowie mhd. iü und iu, mhd. ie, uo und<br />
üe und mhd. ei, ou und öü bilden je eine Gruppe;<br />
mhd. e steht allein. Die Einteilung nach alten<br />
Vokalkürzen, alten Vokallängen und Zwielauten<br />
wurde beibehalten. Fürs Bairische war es aber<br />
einfacher und übersichtlicher, mhd. langes ä und<br />
kurzes a sowie mhd. langes o und kurzes ä zu je<br />
einem Paar zusammenzufassen, da sie im größeren<br />
Teil <strong>des</strong> Bairischen ja doch wie ein Laut behandelt<br />
werden.<br />
Beim Konsonantismus treten zur parallelen Anordnung<br />
praktische Zusammenfassungen bestimmter<br />
Lautgruppen, sei es, daß sie innerhalb <strong>des</strong><br />
Mitlautstan<strong>des</strong>, sei es, daß sie für die Aussprache<br />
oder für die Quantitätsordnung, das Verhältnis<br />
zwischen Lang- und Kurzvokal, in der modernen<br />
<strong>Lautgeographie</strong> maßgebend werden. Dabei trachtet<br />
die neue Reihenfolge in erhöhtem Maße, verwandte<br />
Laute unmittelbar nebeneinanderzustellen. So ergab<br />
sich folgende Anordnung: Die alten Palatalkonsonanten<br />
und ihre Wirkung auf den Umlaut;<br />
die konsonantisch gebrauchten Selbstlaute j und w;<br />
die vokalrundenden Konsonanten; Allgemeines<br />
über die Lindlaute; die Einzellaute spätahd. d, g,<br />
b; v, 8, h; Allgemeines über die Starklaute; die<br />
Einzellaute t, p, gg; Tech, pf, tz, tsch; seh, ßß, ch, ff;<br />
die Nasenlaute n, ng und tn; die Fließlaute l und r.<br />
14. In vielen Dingen hat die historische Betrachtungsweise<br />
die Schilderung der <strong>Lautgeographie</strong><br />
ungemein erleichtert, manchesmal bedeutet<br />
sie aber eine Erschwernis. Die ursprüngliche<br />
Absicht, die Dinge unbelastet von Fachausdrücken<br />
auch dem Nichtfachmann durchaus verständlich<br />
zu gestalten, ließ sich leider nicht voll aufrechthalten.<br />
Die Unterdrückung jeglicher termini<br />
technici hätte dort umständliche Umschreibungen<br />
Vorw. 12—15<br />
nach sich gezogen, wo ein Fachwort den Nagel<br />
sofort auf den Kopf trifft; galt es doch, eine nach<br />
allen Seiten hin sehr breite und überdies vielen<br />
Lesern höchst abstrakt scheinende Materie, wie<br />
es nun die Lautgebung einmal ist, zu bewältigen.<br />
Unter dem Zwang neuer Gesichtspunkte wurde<br />
es manchmal sogar notwendig, ganz neue Fachausdrücke<br />
einzuführen. Streben nach Kürze war<br />
das einzige Mittel, die Fülle <strong>des</strong> Einschlägigen in<br />
dem erweiterten Umfang meiner <strong>Lautgeographie</strong><br />
noch richtig unterzubringen. Gleichfalls der Kürze<br />
wegen wurde besonders in der Einleitung und<br />
manchmal auch sonst dem Fachmann problematisch<br />
Scheinen<strong>des</strong> oft apodiktischer ausgesprochen,<br />
als es vielleicht sein sollte.<br />
Meine Freunde rieten mir von einem eigenen<br />
Kapitel über die Quantitätsverhältnisse entschieden<br />
ab. Fiel mir auch anfänglich die Befolgung<br />
dieses Vorschlages schwer, so hat sie sich doch<br />
hinterher bezahlt gemacht. Die jetzige Gruppierung<br />
von Stammsilben mit langem und mit<br />
kurzem Selbstlaut steht dem Althochdeutschen<br />
gegenüber in so festem Verhältnis zur Entwicklung<br />
<strong>des</strong> Mitlautstan<strong>des</strong>, daß sich aus ihm die Quantitätsumbildungen<br />
vom Althochdeutschen her trotz<br />
ihren landschaftlich buntschillernden Variationen<br />
leicht verständlich machen lassen und sich die<br />
Verhältnisse in den einzelnen Dialekten und Mundarten<br />
x ) von dort her von selbst ergeben. Die<br />
Quantitätsgeschichte und -geographie ist sonach<br />
in den Paragraphen über die Lind- und Starklaute<br />
untergebracht. Während der Bearbeitung <strong>des</strong><br />
Konsonantismus kam mir leider erst die Erkenntnis,<br />
daß es besser gewesen wäre, den Konsonantismus<br />
vor dem Vokalismus zu behandeln.<br />
Erst aus der Geschichte der Mitlaute versteht man<br />
jene Selbstlautdehnungen, welche im Lautstand<br />
<strong>des</strong> Vokalismus nicht selten eine entscheidende<br />
Rolle spielen. Doch war es für eine solche Umstellung<br />
zu spät, sie hätte eine Änderung aller<br />
Verweise und zu viele Korrekturen am fertigen<br />
Text nach sich gezogen.<br />
15. Die Umbildungen der Sprache, der Dialekte<br />
und der Mundarten vollziehen sich oft mit erstaunlich<br />
exakter Gesetzmäßigkeit, wenn auch<br />
diese Gesetzmäßigkeit, wie es im Leben immer ist,<br />
durch Überschneidungen und Überquerungen von<br />
Einzelgesetzen verschiedenster Art wieder gestört<br />
wird. Denn diese Gesetze betreffen ja nicht<br />
allein die Lautentwicklung, sondern auch den<br />
Wortakzent, die Abwandlung, die Wortbildung,<br />
den Satzbau, den Satzakzent, Geste und Mimik;<br />
sie betreffen das Wachsen und Sterben der Laute<br />
und Wörter usw. Sie vollziehen sich in ihren Bindungen<br />
an große und kleine Kulturströmungen<br />
und Kulturzentren und oft in Anlehnung an die<br />
natürlichen und an die alten oder neuen territorialen<br />
Grenzen sowie an die Soziologie und nicht<br />
zuletzt an die Sprachbiologie als ihre letzte Gestalterin.<br />
So kommt es vor, daß da und dort das<br />
eine Gesetz das andere aufzuheben bestrebt ist.<br />
Die Fülle dieser Einzelgesetze übersehen wir bei<br />
weitem noch nicht, aber je tiefer man Einblick gewinnt<br />
in das große Uhrwerk der Sprachgeschichte,<br />
<strong>des</strong>to regelmäßiger und <strong>des</strong>to logischer erhebt sich<br />
vor unserem Geist ein Prachtgebäude, wie es der<br />
Mensch, sein Land und seino Kultur nicht schöner<br />
hätte schaffen können. Je länger die betrachtete<br />
Zeitspanne, je größer der erforschte Raum und<br />
*) Nach der gewohnten Ausdrucks weise der<br />
österreichischen Dialektforscherschule wird „Dialekt"<br />
für großräumigere Sprachlandschaften,<br />
„Mundart" für kleinere Gebiete etwa innerhalb der<br />
einzelnen Bun<strong>des</strong>länder angewandt.<br />
VII
Vorw. 15—17<br />
je vielfältiger die einbezogene gesellschaftliche<br />
Gliederung im Binnenland werden und je mehr<br />
heterogene Kräfte von außen im Binnenraum und<br />
von diesem umgekehrt nach außen sichtbar werden,<br />
<strong>des</strong>to klarer tritt diese wunderbare Gesetzmäßigkeit<br />
<strong>des</strong> Sprachlebens in Erscheinung. Die Dialektveränderung<br />
ist die fügsamste Äußerung jeder<br />
sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Neugestaltung,<br />
die Umbildungen der Lebensformen<br />
ziehen alsbald ihre Kreise in der Dialektfärbung;<br />
im ungebundenen Dialekt und seinen Mundarten<br />
in viel höherem Maße als in der Schrift- und Hochsprache<br />
mit ihren überlandschaftlichen Verpflichtungen<br />
und mit ihrer verbrieften und regelstarren<br />
Festlegung über weite Zeiträume hinweg.<br />
Auch in der Lautgeschichte wird das Wunderwerk<br />
gesetzmäßiger Ordnung alles menschenbewegenden<br />
Lebens sichtbar, wenn auch nicht<br />
so deutlich wie im Wortschatz. In großen Zügen<br />
begann die Ausbildung <strong>des</strong> modernen mundartlichen<br />
Lautstan<strong>des</strong> erst seit Beginn <strong>des</strong> Hochmittelalters<br />
im 12. Jh., sie schloß dann, abgesehen<br />
von neuesten Ansätzen, im großen und ganzen um<br />
1300 ab. Seit 1300 steht also, zumin<strong>des</strong>t in<br />
unserem etwas konservativen bair. Dialekt, die<br />
moderne Lautgebung im wesentlichen fertig da.<br />
Es gibt Zeiten stärkster Beweglichkeit <strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong>,<br />
dann wieder Zeiten erstaunlicher Starrheit.<br />
Das hängt mit Umwälzungen und Einfrierungen<br />
der Sozialordnung aufs engste zusammen.<br />
Die sprachbiologischen Kräfte, aus denen die<br />
einzelnen Lautveränderungen, sei es als Wandel,<br />
sei es als Ersatz, als Reihenausweichung oder sei<br />
es als Aufsaugung gliederarmer Reihen 2 ), gedeihen,<br />
sind mannigfacher Art. Nur gelegentlich kann<br />
unsere Darstellung auf ihr inneres Gefüge, auf<br />
ihren Ursprung und auf die räumlichen Bedingtheiten<br />
ihrer Ausbreitung eingehen, nur selten auch die<br />
inneren Zusammenhänge zwischen ganzen Gruppen<br />
von Lautveränderungen, lautlichen Kettenreaktionen,<br />
aufdecken, weil das alles wieder zu viel<br />
Raum beansprucht. Nur wo es der Erklärung von<br />
Einzel- und Gruppenerscheinung besonders dienlich<br />
ist, wurde kurz darauf eingegangen. Daher<br />
sind diese Dinge, soweit sie von grundsätzlicher<br />
Bedeutung sind, in der Einleitung ausführlicher<br />
zu Wort gekommen.<br />
Erfreulicherweise ist man im letzten Jahrzehnt<br />
überall von der abwegigen Lehre, es gäbe keine<br />
Lautgesetze, abgerückt. Falls es gelungen sein<br />
sollte, im folgenden alles so auszudrücken, wie<br />
es beabsichtigt war, so ist meine <strong>Lautgeographie</strong><br />
eine Lehre von der Macht gesetzmäßiger Ordnung<br />
in der ersten und größten Äußerung menschlichen<br />
Gemeinschaftslebens, in der Sprache in ihren<br />
mundartlichen Aufspaltungen. Es herrschen in<br />
der „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong> Bairischen"<br />
die Lautgesetze und Lautreihen. Manchesmal sind<br />
sie in ein und derselben Landschaft zwiespältig<br />
und unter dem Druck umgänglicherer Verkehrsformen<br />
in zwei oder gar in drei übereinandergelagerten<br />
Schichten vorzufinden; nicht gerade<br />
selten sieht man unter der weithin sichtbaren<br />
Oberfläche <strong>des</strong> „regulären" Lautstan<strong>des</strong> in der<br />
bescheidenen Verkehrsferne rein bäuerlicher Begriffe<br />
und ihres Wortschatzes und in der Weltabgeschiedenheit<br />
abgelegenster Täler und Gräben<br />
ältere, früher einmal übliche Zustände durchschimmern.<br />
Aber selbst dann gelten noch ganz<br />
bestimmte Gesetzmäßigkeiten.<br />
2 ) Über diese einzelnen Erscheinungsformen der<br />
Lautentwicklung und über deren besondere Wesenszüge<br />
s. Einleitung 25 bis 57.<br />
VIII<br />
16. Einige Zeit hindurch wollte man die neuerweckte<br />
Wissenschaft der Phonologie, oder um<br />
es anders zu sagen, der Lehre vom Lautempfinden<br />
<strong>des</strong> unbefangenen Sprachträgers, in einen Gegensatz<br />
zur Phonetik und zur Lautgeschichte stellen.<br />
Die österreichische Dialektkunde hat diesen Gegensatz<br />
nie empfunden und nie gewollt, ebensowenig<br />
der Wiedererwecker der Phonologie, N. Trubetzkoy.<br />
Im folgenden wird die Phonologie vielmehr<br />
überall zur hilfsbereiten Interpretin phonetischer<br />
und historischer Zustände; nirgends stellt sie sich<br />
bei uns in Widerspruch zum historischen Werden<br />
<strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong>. Die Einleitung wird dies nachhaltigst<br />
zeigen. Wo scheinbar ein Widerspruch<br />
vorhanden ist, ermöglicht bei genauem Hinsehen<br />
meistens gerade die Phonologie als getreue Dienerin<br />
der Lautgeschichte die Aufhellung der Unübersichtlichkeit.<br />
Sie steht nach unseren Erfahrungen<br />
überall in bestem Einklang mit dem Historismus<br />
und mit der Analyse in der Sprachbetrachtung.<br />
17. Es kann nicht oft genug gesagt werden:<br />
Mundartforschung ist Lebensverpflichtung. Sie<br />
muß Sprache und Leben als gemeinsame Ganzheit<br />
verstehen. Es geht nicht an, die verschiedenen<br />
steigenden Zwielaute <strong>des</strong> Nordbairischen für mhd.<br />
Langvokale und Zwielaute zu trennen und zu<br />
behaupten, das nordbair. gu aus mhd. d weise<br />
auf schwäbische Besiedlung, die nordbair. ei und<br />
ou aus mhd. ie und uo auf rheinische Zuwanderer<br />
und dergleichen. Diese willkürliche Zerreißung ist<br />
widersinnig. Dies steht außerdem in Widerspruch<br />
zu dem, was die Geschichtsforscher zur bairischen<br />
Landnahme in der Oberpfalz und im Egerland zu<br />
sagen haben, die für eine schwäbische oder rheinische<br />
Unterwanderung nicht einen glaubwürdigen<br />
Anhaltspunkt darbieten. Einfach und natürlich ist<br />
es, alle steigenden Zwielaute, gu aus mhd. d, gu<br />
aus mhd. ö, ei aus mhd. e, ei und ou aus mhd. ie<br />
und uo, miteinander zu vereinigen und als akzentuell<br />
bedingte Tendenz <strong>des</strong> Nordbairischen, bestimmte<br />
alte Langvokale und Diphthonge zu steigenden<br />
Zwielauten umzubauen, zu deuten (s. Einleitung<br />
32). Ebenso lebensfremd erscheint uns die<br />
immer wiederkehrende These, die parallele althochdeutsche<br />
Lautverschiebung von german. t zu<br />
tß, von german. p zu pf und von german. k zu kch,<br />
die doch auf jedermann den Eindruck einer geschlossenen<br />
Einheit macht, ohne Not und willkürlich<br />
als drei zeitlich angeblich getrennte Vorgänge<br />
zu beurteilen: zuerst wäre das t zu tß, etwas<br />
später erst das p zu pf und zuletzt das k zu kch<br />
geworden. Das Beweismaterial, das man so gerne<br />
dafür ins Treffen führt, findet nach § 34 d wie<br />
mir scheint eine überzeugendere Auslegung. Auch<br />
hier ist uns die Monogenese lieber als kühne Hypothesen.<br />
In den letzten Jahrzehnten ist es Mode geworden,<br />
Lautentwicklungen, die man nicht ohne weiteres<br />
erklären kann, auf das Schuldkonto <strong>des</strong> Substrats,<br />
eines Überbleibsels und einer Fortpflanzung aus<br />
einer älteren, in der Landschaft selbst längst<br />
ausgestorbenen Lan<strong>des</strong>sprache abzuwälzen; meistens<br />
werden sie auf Konto von Sprachen gesetzt,<br />
über deren Lautstand man keine genauen phonetischen<br />
Vorstellungen mehr besitzt. Substrate<br />
gibt es, das kann niemand bestreiten; ebensowenig<br />
kann geleugnet werden, daß Superstrate und<br />
Infiltrate existieren. Sie werden in der Einleitung<br />
gewürdigt werden und später öfter hervortreten.<br />
Ist es aber nicht merkwürdig, daß Substrate zwar<br />
von vielen Forschern als Art Entschuldigung in<br />
Anspruch genommen werden, diese Forscher aber<br />
doch nicht ernstlich darangegangen sind, einmal<br />
die modernen Sprachgrenzlandschaften systematisch<br />
daraufhin zu untersuchen, ob denn diese
Lautsubstrate nicht etwa an bestimmte räumliche<br />
und phonologische Voraussetzungen gebunden<br />
sind! Diese Bindungen sind in der Tat vorhanden,<br />
sie lassen sich schon in feste Formeln fassen; man<br />
vgl. dazu Einleitung 36.<br />
18. Nicht alles, was man in einer vollständigen<br />
<strong>Lautgeographie</strong> sucht, ist in meiner Darlegung zu<br />
finden. Nebensächlichkeiten wurden absichtlich<br />
weggelassen. Dient auch das Folgende in erster<br />
Linie der lautgeographischen Entlastung <strong>des</strong><br />
kommenden Bairischen Dialektwörterbuches, so<br />
gibt es doch einige Fälle, bei denen sich das umgekehrte<br />
Verfahren praktischer erweist und die<br />
lautgeographische Darstellung besser dem Wörterbuch<br />
überlassen wird. Das betrifft vor allem Lautwandlungen,<br />
bei denen sich die Raumverteilung<br />
der einzelnen Entsprechungen nicht vereinigen<br />
läßt und bei jedem Wort anders aussieht; solche<br />
Fälle sind selten genug. Bei ihnen wird im Text<br />
auf das Wörterbuch verwiesen.<br />
Zu weit geführt hätte eine Darstellung <strong>des</strong><br />
Selbstlautstan<strong>des</strong> in den Nebensilben, obgleich<br />
einzelnes, etwa nhd. -e vor folgendem -n (s. § 46<br />
h/i) und vor folgendem -r (s. § 50 g), beim Konsonantismus<br />
an geeigneter Stelle vorgetragen werden<br />
konnte. Als Ersatz für diesen Ausfall werden die<br />
Vorsilben und die Endungen der Ableitungssilben<br />
an den betreffenden alphabetischen Stellen <strong>des</strong><br />
Wörterbuches neben ihren semantischen Wirkungen<br />
auch lautgeographisch gekennzeichnet und<br />
wenn nötig mit entsprechenden Lautkarten versehen<br />
werden, z. B. be-, -lein (im sing., im plur.,<br />
in Dreisilbern usw.), -ung usf.<br />
19. Ein angesehener Fachkollege meinte einmal,<br />
die großen Fragen der Dialektforschung wären<br />
bereits alle gelöst, man habe daher keine entscheidenden<br />
Probleme mehr zu bewältigen. Dem kann<br />
ich nicht beipflichten. Min<strong>des</strong>tens die bairische<br />
Mundartforschung ist noch voll von grundlegenden,<br />
noch nicht ernstlich angeschnittenen Aufgaben.<br />
An dem Fehlen zusammenfassender Darstellungen<br />
hat das kommende Wörterbuch ebenso zu leiden<br />
wie meine <strong>Lautgeographie</strong>. Es gibt vorerst keine<br />
moderne Abwandlungslehre <strong>des</strong> Bairischen. Das<br />
Wörterbuch wird sich gezwungen sehen, z. B. bei<br />
jedem einzelnen starken Zeitwort anzugeben, in<br />
welchen Gegenden noch der Präsens-Umlaut erhalten<br />
ist, ob er als Vollumlaut-e oder als verminderter,<br />
gehemmter Umlaut ä vorkommt oder<br />
ob er in modern-bairischer Weise schon ganz unterbleibt,<br />
ob man also für ,,er wächst" wekßt, wakßt<br />
oder schon wqkßt einsetzt; es wird ebenso gezwungen<br />
sein, sich bei jedem einzelnen schwachen<br />
Maskulinum damit auseinanderzusetzen, inwieweit<br />
die einzelnen Mundarten die umlautlosen<br />
Formen <strong>des</strong> ahd. nom.-acc. sing, und <strong>des</strong> ganzen<br />
plurals (ahd. grabo, grabun; „Graben") und inwieweit<br />
die Umlautformen <strong>des</strong> gen.-dat. sing.<br />
(*gräbin oder *grebin, bzw. mundartl. grg y m; grä'm,<br />
gre'm) auftreten, wo in gleicher Weise bei Aschen,<br />
masc (Asche)., gMti ohne Umlaut oder aSSn mit<br />
Umlaut herrscht usf.; diese Feststellungen sind<br />
nicht mehr Sache der <strong>Lautgeographie</strong>, sie stehen<br />
aber auch sonst nirgends. Wenn die bair. <strong>Lautgeographie</strong><br />
da und dort dennoch auf solcho Merkwürdigkeiten<br />
eingeht, so tut sio das nur in den<br />
dringendsten Fällen; z. B. bei der westpustertaleri-<br />
schen Trennung zwischen sing, troppfm (Tropfen)<br />
mit -o- gegen plur. truppfm mit -u- nach ahd.<br />
tropfo gegen trupfun (s. § 5 h), beim ötztaler Hofnamen<br />
nom. Huize, gen. Haizn aus ahd. *Hiuso,<br />
*HiÜ8in (s. § 16 a 2) oder bei Störungen der lautgesetzlichen<br />
Entwicklung durch Formenzwang bei<br />
bair. ermer (ärmer), schwerzer (schwärzer) mit<br />
lautwidrigem Vollumlaut statt „richtigem" *är-<br />
Vorw. 17—20<br />
mer, *schwärzer (s. § 2 i) mit mhd. ä und dergleichen.<br />
Eine bairische Wortkunde und eine bairische<br />
Wortbildungslehre brächten große Entlastungen.<br />
Auch hier konnte die <strong>Lautgeographie</strong> nur gelegentlich<br />
auf lautgesetzliche Störungen durch<br />
analogen Wortbildungszwang hinweisen, z. B.<br />
wieder bei lautwidrigen Formen der feminina abstraeta<br />
Schwerze und sogar Neh(n)e (Nähe) statt<br />
„richtigem" *Schwärze und *Näh(n)e (s. § 2 i).<br />
Desgleichen wäre eine allgemeine Dialektgeographie<br />
<strong>des</strong> <strong>gesamtbairischen</strong> Raumes unter Heranziehung<br />
der physischen Gliederung, der natürlichen<br />
Verkehrswege und der alten und modernen<br />
Territorialgeschichte mit wichtigeren Dialektlandschaften<br />
von Nutzen gewesen. Sie hätte<br />
manche nur andeutungsweise berührten raumgeschichtlichen<br />
Exkurse überflüssig gemacht, so<br />
belebend diese Exkurse an und für sich auch in<br />
der <strong>Lautgeographie</strong> wirken.<br />
20. Seit Jahrzehnten beschäftigt mich die<br />
Schaffung einer Wort- oder richtiger gesagt einer<br />
Begriffssoziologie <strong>des</strong> Dialektwortschatzes. Welche<br />
Begriffe und Wortvorstellungen sind, von der<br />
altertümlichen Bauernwelt her gesehen, völlig<br />
volksfremd, welche sind immerhin noch verkohrsgebunden<br />
oder doch irgendwie verkehrsnahe,<br />
welche Begriffe sind bereits verkehrsfern und schon<br />
stärker mit dem dörflichen Leben verknüpft und<br />
welche sind ausgesprochen verkehrsfremd und<br />
reine Bauernwörter ? Nicht mühseliges Grübeln<br />
führte zu diesen fünf wortsoziologischen Klassen,<br />
sondern praktische Erfahrungen an einem Dutzend<br />
schriftspracheferner Dialekte in und um Österreich<br />
in jener Gestaltung, wie sie am schönsten vor 1918<br />
existiert hatten; z. B. bei den Kärntner Slowenen<br />
mit ihrer slowenischen Haus- und ihrer deutschen<br />
Verkehrs- und Schriftsprache, bei den Dolomiten-<br />
Ladinern mit ihrer ladinischen Haus- und ihrer<br />
deutschen Verkehrssprache, bei den sogenannten<br />
Zimbern der Sieben Gemeinden mit ihrer deutschen<br />
Haus- und ihrer italienischen Verkehrs- und<br />
Schriftsprache, bei den Slowenen im Resiatal mit<br />
ihrer slowenischen Haus-, ihrer friaulischen Verkehrs-<br />
und ihrer italienischen Schriftsprache usw.<br />
In diesen schriftsprachefernen Dialekten sind<br />
überall dieselben volksfremden, verkehrsgebundenen<br />
und verkehrsnahen Begriffe als Lehnwörter<br />
gekennzeichnet, und es ist innerhalb dieser Lehnwörter<br />
noch nach der Art der Entlehnung gut<br />
zwischen den einzelnen Gruppen zu unterscheiden;<br />
die verkehrsfernen und verkohrsfremdon Begriffe<br />
sind jedoch in diesen schriftsprachefernen Dialekten<br />
durchaus durch Erbwörter aus der eigenen<br />
Hausspracho besetzt. Diese und weitere Grenzlanderfahrungen<br />
lassen dieselbe Klassenordnung<br />
aufs Binnenbairische übertragen, wiewohl hier<br />
nur selten an gewissen Merkmalen der Lehnwortcharakter<br />
wirklich sichtbar wird, weil ja im Binnenland<br />
der Verkehr nach außen von der gleichen<br />
Sprache bestritten wird wie die erbständige und<br />
familiäre Ausdrucksweise. Auch ein Werk über<br />
die „bairische Begriffs- und Wortsoziologie" fehlt<br />
dem Lautgeographen an allen Ecken und Enden.<br />
Die verkehrsfernen und die verkehrsfremden Wörter<br />
bewahren im Binnenbairischen gerne jene<br />
uralten Lautverhältnisso, wie sie sonst in manchen<br />
Gegenden durch landläufigere und weiterhin verständlichere<br />
Lautreihon ersetzt worden sind. Am<br />
häufigsten ist dieses Beharren dann der Fall, wenn<br />
die Ausdrücke für dioso verkehrsfernen Begriffe<br />
der Schriftsprache fehlen und in gewissem Sinne<br />
auch schriftsprachefern bleiben, also die Schriftund<br />
Verkehrssprache sie nicht doch noch irgendwie<br />
dem Reihenzwang <strong>des</strong> neuen Ersatzes unter-<br />
IX
Vorw. 20—23<br />
werfen konnte. Über die Restformen in schriftsprachefernen<br />
Ausdrücken erfahren wir Ausführlicheres<br />
in der Einleitung 10/11.<br />
Anders geartet sind die Kinderwörter, wie ich<br />
sie nennen möchte, und die lautnachahmenden<br />
Wörter. Gewisse Begriffe gehören im Bauernleben<br />
der Kinderwelt an, etwa der Schmetterling, der<br />
Marienkäfer, soweit nicht mythisch-mystische Vorstellungen<br />
hereinspielen, oder der Tannenzapfen<br />
usf. Bei Feifalter (Schmetterling) gibt es mehrere<br />
Dutzend Varianten bis zu Feuerfalke, Fleugmuetter,<br />
Weinfalster usw. Nicht anders ergeht es den<br />
laut- und bewegungsnachahmenden Wörtern. Das<br />
aufklatschende Geräusch einer weichen Masse am<br />
Boden oder an der Wand wird im Bair. mit pats !<br />
PQts! pats! pqtsl plats! plQts! platS! plQts! pluts!<br />
pfiats ! pflqü l fleti ! tQts! klgts ! kleS ! ples 1 usw.<br />
nachgeahmt. Hier gibt es keine Lautgesetze mehr.<br />
Dennoch können zu diesen lautspielenden Wörtern<br />
Ableitungen gebildet werden, die unter Umständen<br />
langsam vom Hausbetrieb ins hausgewerblich oder<br />
gar ins industriell gebundene Marktleben aufsteigen,<br />
z. B. Patschen (Filzpantoffel) und Patzen<br />
(weicher Klumpen, auch von Lehm, von Kitt).<br />
Sie rücken dann unversehens in den Bereich verkehrsgebundener<br />
und ernstzunehmender Belange<br />
vor. Solche Wörter bereiten jedem Etymologen,<br />
der ihr Wachstum nicht mehr überschaut, vergebliches<br />
Kopfzerbrechen, wie die Wörterbücher<br />
unter Patzen und dergleichen beweisen. Unsere<br />
Lautgeschichte nimmt auf diese lautvariablen<br />
Wörter keine Rücksicht.<br />
21. Dafür wurde ein liebevolles Augenmerk auf<br />
alle jene lautlichen Feinheiten gerichtet, welche<br />
dem Außenstehenden und dem phonetisch Ungeschulten<br />
nicht mehr recht bewußt werden. Meistens<br />
erkennt er sie <strong>des</strong>halb nicht, weil die Schriftsprache<br />
über keinen eigenen Buchstaben für sie<br />
verfügt. Der Schriftkundige hat sich angewöhnt,<br />
seine Mundart nach den Maßen der Schriftsprache<br />
zu beurteilen, denn er steht seiner Mundart nicht<br />
mehr objektiv gegenüber. Dem geistig regen Analphabeten<br />
sind diese Feinheiten, da er von der<br />
Schrift unbeeinflußt bleibt, noch kein Geheimnis.<br />
Solche Befangenheiten könnte man als „schriftsprachlichen<br />
Einbruch ins phonologische Empfinden"<br />
bezeichnen. Die schriftsprachekundigen Berichterstatter<br />
sind außerstande, zwischen stimmhaften<br />
und stimmlosen Lauten zu unterscheiden,<br />
und schreiben uns ausnahmslos für gesprochenes<br />
stimmhaftes v und z z. B. in övm (Ofen), lezn<br />
(lesen) gewohnteres / und s, also Ofn, lesn; sie<br />
bemerken meistens die in Tirol weitverbreiteten<br />
mittelgaumigen Vokale ö und ü (vgl. § 5 c) nicht;<br />
sie nehmen im Bereich der binnendeutschen Konsonantenschwächung<br />
(s. § 34 c) nicht wahr,<br />
daß sie keine phonetischen Starklaute bilden können.<br />
Sie streiten, wenn man sie auf diese Feinheiten<br />
ausdrücklich aufmerksam macht, vorerst strikt ab,<br />
daß sie diese Laute wirklich verwenden, obgleich<br />
die Laute selbst in manchen Gegenden ausgesprochen<br />
phonematischen Wert aufweisen. Diese<br />
unbewußt gewordenen Laute bilden oft wichtige,<br />
manchesmal sogar grundlegende Elemente der<br />
heimischen Lautgebung. Umfangreiche Kundfahrten<br />
versetzten uns trotz dem gelegentlichen Versagen<br />
der schriftlichen Sammler in die Lage, mehr<br />
oder weniger genaue Angaben über die räumliche<br />
Verbreitung anzugeben.<br />
22. Die beigegebenen 27 lautgeographischen<br />
Karten verdanke ich dem Dialektatlas; sie sind<br />
vielfach aus Ergebnissen eigener Kundfahrten ergänzt.<br />
Außerdem wurden 2 Karten im Maßstab der<br />
X<br />
Lautkarten und 2 weitere Karten in größerem<br />
Format im Maßstab 1: 2,000.000 beigegeben. Es<br />
sind Hilfskarten; sie enthalten alle diejenigen<br />
Landschafts- und Siedlungsnamen, welche im Text<br />
vorkommen; auf solche Weise erleichtern sie dem<br />
genauen Benutzer den Einblick in die Lautgrenzbeschreibungen<br />
<strong>des</strong> Textes. Die meisten Österreicher<br />
haben von der Geographie Bayerns und<br />
die meisten Bayern von der Geographie Österreichs<br />
nur unzulängliche Vorstellungen. Viele<br />
Österreicher wissen nicht, wie weit z. B. die Mittelsteiermark<br />
oder das Waldviertel reicht usw., weil<br />
keine Landkarte darüber Auskunft gibt, viele<br />
Bayern nicht die Grenzen <strong>des</strong> Lechrains usw.<br />
Man vermißt in guten Schriften immer wieder<br />
ein sinnvolles Register. Wir geben ein solches als<br />
Anhang. Es enthält alle behandelten Laute und<br />
Lautgruppen sowie in verschriftsprachlichter Gestalt<br />
alle diejenigen Wörter und Ausdrücke <strong>des</strong><br />
Textes, welche als Restformen aus dem allgemeinen<br />
Lautstand herausfallen oder welche sonstwie einer<br />
Sonderbeurteilung bedürfen. Auch alle geographischen<br />
Namen sind im Register verzeichnet. Eigene<br />
Signaturen machen im Register darauf aufmerksam,<br />
aufweicher Hilfskarte und in welchem Schachbrettviereck<br />
dieser Karte die betreffende örtlichkeit<br />
zu finden ist.<br />
23. Die angewandte Lautschrift ist die <strong>des</strong> kommenden<br />
Wörterbuches. Sie stellt eine wesentliche<br />
Vereinfachung jener Transkriptionsmethode dar,<br />
wie sie nach jahrzehntelanger phonetischer Erfahrung<br />
auf Grund <strong>des</strong> Systems von Otto Bremer<br />
die Wiener Wörterbuchkanzlei durch J. Seemüller,<br />
P. Lessiak, W. Steinhauser u. a.<br />
erdacht hat. Sie enthält folgende Lautzeichen für<br />
die Vokale:<br />
a ist orales, ganz offenes a der Mundart, v ist der<br />
offene, a der geschlossene ungespannte Vokal. Ein<br />
darüber gesetzter Querbalken deutet die phonetische<br />
Länge an (ä, e usw.), Kürze bleibt unbezeichnet,<br />
Akut kennzeichnet den Hauptdruck <strong>des</strong><br />
Wortes, folgen<strong>des</strong> hochgestelltes n {a n ) die genäselte<br />
Aussprache <strong>des</strong> Selbstlautes. Vor m, n, ry<br />
wird der vorausgehende Selbstlaut genäselt (h.Qnd) ;<br />
Apostroph bezeichnet die fehlende Näselung (lö'n).<br />
vordere<br />
mittelgaumige<br />
gerundete<br />
hintere<br />
© ,©<br />
^5 Jt!<br />
:3 O<br />
ä<br />
ä<br />
C<br />
ffe<br />
o<br />
e 4 )<br />
e<br />
Q<br />
Ö ö<br />
Ä o<br />
e 3 )<br />
p 4 )<br />
p 3 )<br />
p 3 )<br />
©<br />
3<br />
o<br />
tf) m<br />
C<br />
Ö 4 )<br />
ö<br />
o<br />
ö<br />
{g o<br />
H<br />
U<br />
G<br />
o<br />
to<br />
o<br />
ö ^<br />
Für die Konsonanten:<br />
h s ) ist der Hauchlaut, r ist bald Zungen-, bald<br />
Zäpfchen -r (s. § 50 a), l ist alveolar, d l ist postdental<br />
oder postalveolar, %l ist guttural; X wird<br />
in § 49 a ff. für ü-haltiges l eingesetzt, l für palatales<br />
l. — z liegt zwischen z und z, 4 zwischen s<br />
und §, ß zwischen ß und fi. Es klingen:<br />
3 ) Wird nur in den §§ 4—6 angewandt.<br />
4 ) Wenn damit Mittelgaumigkeit angedeutet<br />
wird, ist dies in der Regel eigens vermerkt.<br />
5 ) Zu seiner Stimmhaftigkeit s. § 27 e/g; sonst<br />
ist es stimmlos.<br />
t<br />
U<br />
ü<br />
u
ilabial<br />
labiodental<br />
dental<br />
guttural<br />
konsonant.<br />
Vokale<br />
u<br />
i<br />
Reibelaute<br />
stimmh. stimml.<br />
Leiles<br />
w<br />
Fortes<br />
V<br />
z, z, z, ö<br />
/<br />
S, 8, S<br />
X<br />
ff<br />
ßJJ,p<br />
X<br />
Bei den mittelhochdeutschen Zeichen ist bemerkenswert:<br />
Beim Vokalismus ist e das sogenannte<br />
„germanische" e, ö der verminderte und<br />
e der Voflumlaut von german. a. Zirkumflex bei<br />
d, e usw. deutet alte Vokallänge an, alte Kürze<br />
bleibt wieder unbezeichnet; die übrigen Zeichen<br />
verstehen sich von selbst. Beim Konsonantismus<br />
ist der Buchstabe 8 in stimmhafter Umgebung als<br />
z, in stimmloser Umgebung als 4 oder ß auszusprechen;<br />
z ist als tß oder ß, k ist als kx, c und gg<br />
sind als unbehauchtes k zu lesen; nach den vorderen<br />
und gerundeten Vokalen und nach ä, d<br />
werden alle Mitlaute palatal.<br />
24. Hinweise auf das einschlägige Fachschrifttum<br />
gab ich sehr selten. Unsere Untersuchungen<br />
und Feststellungen beschreiten so viele neue Wege<br />
und gehen in so vielen Belangen über das bisher<br />
Gebotene hinaus, daß ich häufig gezwungen gewesen<br />
wäre, zu den älteren Meinungen <strong>des</strong> erwähnten<br />
Fachschrifttums in irgendeiner Weise<br />
zustimmend, ergänzend oder ablehnend Stellung<br />
zu nehmen, was den Umfang meiner Arbeit zu<br />
sehr vergrößert hätte. So mußte ich mich entschließen,<br />
nur sehr selten zu zitieren. Es ist bisher<br />
fürs Bairische noch keine Lautgrammatik er-<br />
•) Die jeweilige Stimmhaftigkeit wird immer<br />
eigens vermerkt.<br />
7 ) p, t, k sind unbehaucht wie im Romanischen<br />
und Slawischen und nicht behaucht wie in der<br />
Bühnensprache und im Englischen zu sprechen.<br />
Bei Behauchung wird ph, th, kh geschrieben.<br />
Verschlußlaute<br />
stimmh.. stimml.<br />
Lenes<br />
Fortes<br />
6«) 6 P 7 )<br />
d«)<br />
Vorwort S. III-XI<br />
Seite<br />
1. Zweck und Wesen <strong>des</strong> Buches III<br />
2. Die Maße <strong>des</strong> Sprachlebens III—IV<br />
3. Wann wurde gesammelt ? IV<br />
4. Die Lautkarten IV<br />
5. Hauptkatalog, Dialektatlas IV—V<br />
6. Hochtäler und Sprachinseln V<br />
7. Lehnwörter V<br />
8. Urkundensprache V<br />
9. Dichtersprache V<br />
10. Orthographie V—VI<br />
11. Herkunftstheorien VI<br />
12. Zeitgleiche Ausgangsstufen VI—VII<br />
13. Anordnung <strong>des</strong> Stoffes VII<br />
14. Formulierungen VII<br />
15. Divergente Sprachgesetze VII—VIII<br />
16. Phonologie VIII<br />
17. Lebensverbundenheit VIII—IX<br />
18. Verweise aufs Wörterbuch IX<br />
19. Abwandlung, Wortbildung IX<br />
20. Wortsoziologie IX—X<br />
21. Phonetische Feinheiten X<br />
22. Ortsangaben, Hilfskarten X<br />
23. Die Lautschrift X—XI<br />
24. Zitate aus der Literatur XI<br />
Inhaltsverzeichnis XIII—XIV<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung S. 1-19<br />
1. Der bairische Raum 1<br />
2. Aufgaben der Einleitung 1<br />
3. Soziologie 1<br />
4. Herren-, Hofsprache 1 — 2<br />
5. Stadtmundarten 2<br />
6. Stadtsprachinseln 2<br />
7. Knappen-, Jägersprache 2<br />
8. Hoch-, Bühnensprache 2 — 3<br />
9. Rückwanderermundart; Jargon 3<br />
10. Nochmals Wortsoziologie 3<br />
11. Verkehrs-, Bauernwörter 3 — 4<br />
12. Zeitschichtungen 4<br />
13. Sprachhistorische Quellen 4 — 5<br />
14. Raumverhältnisse 5<br />
15. Bauernsprachinseln 5 — 6<br />
16. Lautgrenzen 6<br />
17. Die oberösterr. Beharrsamkeitsbrücke 6<br />
18. Städtereiche Landschaften 6<br />
19. Donau-Symmetrie 6 — 7<br />
20. Welle und Überspringung 7<br />
21. Raum-, Zeitprojektionen 7<br />
22. Aktive, passive Mundarten; die Arlberggrenze<br />
7 — 8<br />
23. Verbairungen 8<br />
24. Grenzversteifungen 8<br />
24 a. Fremdsprachige Einflüsse 8<br />
25. Die inneren Triebkräfte 8 — 9<br />
26. Der Lautwandel 9<br />
27. Das Lautgesetz 9<br />
28. Phoneme, Reihenschritte 9<br />
29. Vorausbestimmende Neigungen 9—10<br />
30. Monogenese 10<br />
31. Unterdrückung der Neigung 10—11<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
32. Ganzheit der Lautentwicklung 11<br />
33. Kettenreaktionen 11<br />
34. Substitutionsgesetze 11 — 12<br />
35. Substitution und Orthographie 12<br />
36. Lautsubstrat 12—13<br />
37. Lautsuperstrat 13<br />
38. Lautinfiltrat 13<br />
39. Paradigmenausgleich 13—14<br />
40. Reihenzusammenfall 14<br />
41. Reihenausweichungen 14<br />
42. Lautverschiebungen 14—15<br />
43. Störung der Reihenschritte 15<br />
44. Aufsaugung gliederarmer Reihen 15—16<br />
45. Bewußtgewordene Phoneme 16<br />
46. Schreibphoneme 16<br />
47. Schreibfehler 16—17<br />
48. Der Lautersatz 17<br />
49. Nochmals Restformen 17<br />
50. Falsche Rückbildungen 17 — 18<br />
51. Falsche Überbildungen 18<br />
52. Andere Umreihungen 18—19<br />
53. Analoger Reihenersatz 19<br />
54. Übertriebener Reihenersatz 19<br />
55. Mischbildungen 19<br />
56. Lautgesetzlicher Ersatz 19<br />
57. Zusammenfassen<strong>des</strong> 19<br />
§§ Der Vokalismus S. 20 —71<br />
1. Mhd. ä und a 20—23<br />
2. Mhd. ä und ä 23-25<br />
3. Mhd. e 25-32<br />
4. Mhd. e 32-35<br />
5. Mhd. o 35-39<br />
6. Mhd. ö 39-40<br />
7. Mhd. i 40-43<br />
8. Mhd. u 43<br />
9. Mhd. ü 43-44<br />
10. Mhd. e 44-45<br />
11. Mhd. 6 45-48<br />
12. Mhd. 6 48<br />
13. Mhd. i 48-50<br />
14. Mhd. ü 50-51<br />
15. Mhd. ü und iü 51<br />
16. Mhd. iu 51-56<br />
17. Mhd. ie 56-57<br />
18. Mhd. uo 57-58<br />
19. Mhd. üc 58<br />
20. Mhd. ei 58-66<br />
21. Mhd. ou 66-68<br />
22. Mhd. öü 68-71<br />
Der Konsonantismus S. 71 —128<br />
23. Die alten Palatalkonsonanten 71 — 73<br />
24. Spätahd. / 73-74<br />
25. Spätahd. w 74-75<br />
26. Die rundenden Konsonanten 75 — 76<br />
27. Die Lindlaute; Allgemeines 76 — 82<br />
28. Spätahd. d 82-84<br />
29. Spätahd. g 84-86<br />
30. Spätahd. b 86-87<br />
31. Spätahd. v 87-88<br />
XIII
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
32. Spätahd. s 88—90<br />
33. Spätahd. h 90-93<br />
34. Die Starklaute; Allgemeines 93—104<br />
35. Spätahd. t 104—105<br />
36. Spätahd. p 105 — 106<br />
37. Spätahd. gg 106—107<br />
38. Spätahd. kch 107 — 110<br />
39. Spätahd. pf 110-111<br />
40. Spätahd. tz 111<br />
41. Spätahd. tsch 111<br />
42. Spätahd. seh 111 — 112<br />
43. Spätahd. ßß 112-113<br />
44. Spätahd. ch 113<br />
45. Spätahd. ff 113<br />
46. Spätahd. n 113 — 118<br />
47. Spätahd. ng 118<br />
48. Spätahd. m 118—119<br />
49. Spätahd. l 118 — 121<br />
50. Spätahd. r 121 — 128<br />
Registers. 129-143<br />
Nr. Die Lautkarten Nr. 1- -27<br />
1. Mhd. d und o<br />
2. Mhd. ä und ä<br />
3. Mhd. e<br />
4. Mlid. -el-<br />
5. Mhd. o<br />
XIV<br />
6. Mhd. -er-<br />
7. Mhd. -ol-<br />
8. Mhd. -or-<br />
9. Mhd. e<br />
10. Mhd. 6<br />
11. Mhd. ü<br />
12. Mhd. tu<br />
13. Mhd. iu/ie in fliegst, fliegen<br />
14. Mhd. iu/ie in tief, Stief-, Dieb<br />
15. Mhd. uo<br />
16. Mhd. ei<br />
17. Mhd. ou<br />
18. Mhd. öü<br />
19. Die Vorsilbe ge-<br />
20. Die Vorsilbe ge-; pf-<br />
21. Die mittelbair. Konsonantenschwächung<br />
22. Einsilberdehnung und Auslautverhärtung<br />
23. Auslauten<strong>des</strong> -n in Stammsilben<br />
24. Auslauten<strong>des</strong> -en in Nebensilben<br />
25. -en- in tausend, siebenzig<br />
26. Die Liquidenvokalisation<br />
27. -rt-<br />
Die Hilfskarten Nr. 1—4<br />
1. Große Dialektlandschaften<br />
2. Politische Einteilung<br />
3. Kleinere Mundartlandschaften<br />
4. Städte, Märkte, Dörfer, etz.
1. Die Einleitung zur „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong><br />
<strong>des</strong> Bairischen" gewährt Einblick in die<br />
Grundsätze der Lautveränderungen innerhalb <strong>des</strong><br />
bairischen <strong>Dialektraumes</strong> in seiner Geschichte und<br />
in die äußeren Umstände, welche die Lautentwicklungen<br />
modifizieren. Es war nicht immer ganz<br />
leicht, diesen Einblick in gefälligen Formen darzustellen.<br />
Um 1930 umfaßte das bairische Dialektgebiet<br />
ugf. 190.000 km 2 mit ca. 8,500.000 Einwohnern,<br />
einen Bereich, der seither durch Aussiedlungen<br />
einiger Randlandschaften etwas eingeschrumpft<br />
ist. Eingeschlossen sind (vgl. Vorwort 4) Österreich<br />
(ohne Vorarlberg) und Altbayern, d. i. Ober-,<br />
Niederbayern und die Oberpfalz, ferner in Schwaben<br />
der Lechwinkel um Neuburg und Rain, in<br />
Franken das östliche Drittel von Mittelfranken mit<br />
Eichstätt und Nürnberg, die Gegend um Rehau,<br />
Selb und Wunsiedl in Oberfranken; außerdem Südtirol;<br />
es schließen sich (vor 1945) Teile der Tschechoslowakei<br />
an, vor allem das Egerland, der Böhmerwald,<br />
Südböhmen und Südmähren; außerdem<br />
eine Reihe alter Sprachinseln in der Tschechoslowakei,<br />
in Jugoslawien und in Italien; besonders<br />
in Ungarn gibt es umfangreiche Streugebiete, die<br />
allerdings erst nach den beiden großen Türkenkriegen<br />
im 16. und 18. Jh. deutschsprachig besiedelt<br />
und außerdem vielfach mit nichtbairischen<br />
Elementen rheinfränkischen, hessischen, schwäbischen<br />
und anderen Ursprungs durchsetzt worden<br />
sind; schließlich Samnaun in der Schweiz.<br />
Der bairische Raum ist viereinhalbmal größer<br />
als die ganze Schweiz. Seine Länge beträgt vom<br />
Arlberg bis zum Neusiedlersee 500 km, seine Breite<br />
vom Erzgebirge bei Asch bis Salurn in Südtirol<br />
450 km. Dieses große Gebiet erstreckt sich über<br />
sieben Staaten, bezieht alle mitteleuropäischen<br />
Landschaftsformen von der sanften Tiefebene bis<br />
zum wilden Hochgebirge ein und nimmt alle<br />
Witterungsmöglichkeiten, angefangen vom Gartenland<br />
um Wien und Nürnberg und von der Steppe<br />
<strong>des</strong> burgenländischen Heidebodens bis zur arktisch<br />
anmutenden Gegend um Gurgl und Vent, für<br />
sich in Anspruch. Seine Vielgestaltigkeit läßt sich<br />
in drei Teile gliedern. Es sind dies erstens die<br />
Mittelgebirgslandschaft <strong>des</strong> Nordens Oberpfalz und<br />
Egerland als Kerngebiete <strong>des</strong> Nordbairischen,<br />
eines Unterdialektes, der bereits ostfränkischmitteldeutschen<br />
Einflüssen ausgesetzt ist; zweitens<br />
das große Flachland der Mitte entlang der Isar und<br />
Donau in Ober- und Niederbayern und in Oberund<br />
Niederösterreich als Kernländer <strong>des</strong> fortschrittlichen<br />
Mittelbairischen; drittens die Hochgebirgsländer<br />
<strong>des</strong> Südens Tirol vind Kärnten als<br />
Kerngebieto <strong>des</strong> beharrsamen Südbairischen; Burgenland,<br />
Steiermark, Salzburg, die gebirgigen<br />
Südränder von Nieder-, Oberösterreich und Oberbayern<br />
sind das Übergangsgebiet vom Süd- zum<br />
Mittelbairischen; s. Hilfskarto 1.<br />
2. Wenn wir uns die große Raumerstreckung, die<br />
mannigfacho Gesollschaftsgliederung in den Städten,<br />
1<br />
Einleitung<br />
Einltg. 1—4<br />
das Zurückreichen der bairischen Dialektquellen<br />
bis ins 8. Jh. und schließlich die Sprachgrenzen<br />
gegen sechs Fremdvölker im Süden, Osten und<br />
Nordosten vor Augen halten, so wird uns sofort<br />
klar, daß der bairische Dialekt die Ideallandschaft<br />
für das Studium der Prinzipien lebendiger und<br />
geschichtlicher Sprachentwicklung repräsentiert.<br />
Kein Nachbardialekt, gleichgültig ob der deutschen<br />
oder einer fremden Sprache, gibt uns darüber<br />
gleich gute oder gar erschöpfendere Auskunft wie<br />
das Bairische.<br />
Die Einleitung bemüht sich, die mannigfachen<br />
Erscheinungsformen der Lautentwicklung verallgemeinernd<br />
zu überschauen. Zuerst kommen die<br />
äußeren Begleitumstände, dann die inneren Triebkräfte<br />
zu Wort. Voran stehen mithin die modifizierenden<br />
Maße <strong>des</strong> Sprachlebens: Gesellschaftsgliederung,<br />
zeitlicher Aufbau, räumliche Gegebenheiten<br />
sowie fremdsprachige Einflüsse. Die vier<br />
Maße lassen sich nicht immer streng voneinander<br />
trennen und verzahnen sich oft ineinander.<br />
3. An erster Stelle wird die Soziologie in der<br />
Dialekt- oder richtiger gesagt in der Lautentwicklung<br />
vorgeführt.<br />
Die vielgestaltige gesellschaftliche Gliederung<br />
<strong>des</strong> modernen Lebens in zahlreiche Berufsschichten<br />
war in althochdeutscher Zeit nicht vorhanden und<br />
entfaltete sich erst mit Beginn <strong>des</strong> Hochmittelalters.<br />
Die althochdeutsche Soziologie etwa der<br />
Karolingerzeit war im Vergleich zur Jetztzeit<br />
einfach. Doch besaßen die Geistlichen und Mönche<br />
schon damals ihre Sonderstellung. Ihre Kirchensprache<br />
hob sich seit jeher in liturgischen Dingen<br />
oft absichtlich von der Profanspracho ab. Besonders<br />
im Hoch- und Spätmittelalter nahmen etliche<br />
Kirchenwörter auch in der Bauernmundart überlandschaftliche<br />
Lautungen an, so die Ausdrücke<br />
heilig, Geist, Fleisch (s. § 20 m) und etliche andere<br />
(vgl. auch § 3 e 1, 30 c). Ihr Lautstand fällt seither<br />
aus der allgemeinen Lautentwicklung heraus und<br />
richtet sich nach einer alten oder nach der modernen<br />
Verkehrs- und Hochsprache.<br />
4. Im Hochmittelalter prägte sich in unseren<br />
Ländern eine deutlich fühlbare soziale Aufspaltung<br />
breiterer Schichten anstatt der früheren relativen<br />
Gleichförmigkeit aus. Das Rittertum schuf im<br />
Geiste seiner höfischen Umgangsformen die höfische<br />
Dichtkunst. Die deutsche Dichterspracho <strong>des</strong><br />
Hoch- und Spätmittelalters wurde angeregt von<br />
der ritterlichen Herrensprnche und wirkte auf die<br />
Herrensprache zurück. Beide hoben sich immer<br />
stärker von der Bauernsprache ab. Des öfteren<br />
hat sich höfische Lautgebung <strong>des</strong> Mittelalters in<br />
der mundartlichen Aussprache höfischen Wortschatzes<br />
bis jetzt behauptet, z. B. beim Burgennamen<br />
Rai n dQi (Reintal, Reuontal) aus mhd.<br />
Riuwental (s. § 16 c 5). Das Vorbild für dieso<br />
Herren- und Dichtersprache war die Ausdrucksweise<br />
an den Fürstenhöfen. Vor allem der Wiener<br />
Herzogs- und Kaiserhof dominierte. Da und dort<br />
spürt man noch jetzt die Nachwirkungen tschechi-<br />
1
Einltg. 4—8<br />
scher Sprachmoden zur Zeit der Wiener Hofhaltung<br />
Premysl Ottokars und die Nachwehen von<br />
Wiener Alemannismen aus der Zeit der ersten<br />
Habsburger (s. § 1 p 3 und 20 g 3).<br />
5. Richtige Städte mit Stadtmauern und Stadtrechten<br />
entwickelten sich in unseren Landstrichen<br />
erst im 13. Jh. Damals bildeten sich die städtischen<br />
Berufe mit den Zünften und dem Stadtpatriziat.<br />
Im ausgehenden 13. Jh. verwischten sich in Wien<br />
zum erstenmal die gesellschaftlichen Grenzen<br />
zwischen Ritter- und Bürgertum. Jans Enikel, der<br />
Wiener Dichter um 1285, war bereits ritterbürtig<br />
und Patrizier.<br />
In unseren modernen Stadtmundarten lebt unter<br />
gewissen Umformungen ein gemäßigter Ausläufer<br />
der höfischen Herrensprache <strong>des</strong> Mittelalters<br />
weiter. Gemäßigt wurden sie im Sinne fühlbarer<br />
Untervvachsungen aus der lokalen Bauernmundart;<br />
sie wurden aber doch immer wieder durch neue<br />
Einflüsse der Hoch- und Verkehrssprache vom<br />
Bäuerlichen etwas differenziert. Es bürgerten sich<br />
z. B. in den Städten die herrensprachlichen Wortformen<br />
kommen (mundartl. khummv(n)), ich habe<br />
(l liQb) statt bäuerlichem kommen, ich hart ein;<br />
im 17. und 18. Jh. begann man in den Städten<br />
Österreichs (ausgenommen Tirol) -ur-, -uv- für nhd.<br />
-or- zu sprechen (s. § 5 g 5 und Karte 8), und bereits<br />
im 15. Jh. nistete sich in den Städten von<br />
Nieder- und Oberösterreich, von Steiermark und<br />
Kärnten das Altwiener g für mhd. 6 (r
zialumwälzungen durch die zwei Weltkriege und<br />
ihren Folgen immer stärker in die echte Mundart<br />
ein.<br />
9. Vor vierzig Jahren, zur Zeit meiner ersten<br />
mundartkundlichen Forschungsreisen, konnte man<br />
meistens den erstbesten Menschen als versierten<br />
Gewährsmann für die echte Ortsmundart heranziehen.<br />
Jetzt ist dieser Erstbeste häufig gar kein<br />
Einheimischer, sondern ein Zugewanderter. Beim<br />
Suchen nach dem brauchbarsten Sprecher hört<br />
man jetzt immer wieder bedauernde Sätze, wie:<br />
,,Ja, wenn der alte Josel noch leben würde! Der<br />
hätte Ihnen alles so, wie Sie es wollen, richtig<br />
sagen können! Jetzt will man nur mehr nobel<br />
sprechen!" In manchen Dörfern lebt kaum mehr<br />
ein Zehntel der Bevölkerung in der alten Lebensund<br />
Sprachwelt vererbten Bauerntums. Auch in<br />
den Städten wird der Dialekt immer „eleganter".<br />
Ich habe meine Heimatstadt Klagenfurt vor<br />
bald vier Jahrzehnten verlassen und bin seither<br />
meistens nur vorübergehend dorthin zurückgekehrt.<br />
Schon innerhalb dieser verhältnismäßig<br />
kurzen Zeit hat sich die Klagenfurter Mundart<br />
merklich verändert und ist verkehrssprachlicher<br />
geworden. Als ich in einem Dorf bei Selztal eine<br />
alte, einheimische Bäurin nach Mundartwörtern<br />
und Mundartformen aushorchte, mischte sich<br />
öfters ein alter, städtisch gekleideter Herr ins<br />
Gespräch. Es war der Bruder meiner Bäurin. Er<br />
war fünfzig Jahre lang abwesend gewesen, hatte<br />
studiert und war in Wien ein hoher Beamter geworden.<br />
In seiner Erinnerung hatte er oft wesentlich<br />
altertümlichere Dialektformen bewahrt als<br />
seine bäuerliche Schwester. Die Schwester gab<br />
immer wieder ihre Überraschung darüber kund, daß<br />
ein gebildeter Mensch so viel gröber sprechen könne<br />
als die einfache Bäurin. Das geschah im Jahre 1934,<br />
vor zwanzig Jahren. Heute ist der sprachliche<br />
Abstand zwischen der Mundart der Daheimgebliebenen<br />
und der Mundart der Rückwanderer, die<br />
jahrzehntelang auswärts gewesen waren, noch<br />
größer geworden. Vor allem in Niederösterreich ist<br />
die alte Bauernmundart unter dem Druck der<br />
Wiener Überschichtung schon gefährdet.<br />
In den Vororten Wiens zeigt sich seit etwa<br />
hundert Jahren ein Vorstadt-Jargon, das sogenannte<br />
Plattendeutsch. Ähnlich wie das Rotwelsch<br />
schafft es für bestimmte Begriffe fortwährend<br />
neue Ausdrücke. In seinem zynischsatirischen<br />
Humor hebt es sich absichtlich vom<br />
althergebrachten Wiener Dialekt ab, es nimmt aber<br />
trotzdem für sich das Urwiencrtum in Anspruch.<br />
Der Wiener Jargon breitet sich mit immer größerem<br />
Erfolg innerhalb gewisser Gesellschaftsschichten<br />
in den Bun<strong>des</strong>ländern aus, manche Provinzler<br />
dieser Art sprechen geradezu „hyperplattendeutsch".<br />
Für Altbayern ist vor allem die Sprache<br />
der „Lucky" aus der Au und aus Giesing, aus<br />
Münchener Vororten, das Zentrum <strong>des</strong> entsprechenden<br />
bayrischen Jargons.<br />
10. Im Rahmen der soziologischen Bindungen<br />
bedarf auch meine Wortsoziologio einer genaueren<br />
Erläuterung. Im Vorwort 20 wurdo der mundartliche<br />
Wortschatz im Sinne <strong>des</strong> Bauernlebens<br />
in fünf wortsoziologische Klassen eingeteilt, in die<br />
volksfremden Worter oder richtiger gesagt die<br />
volksfremden Begriffe, in die verkehrsgebundenen,<br />
in die verkehrsnahen Wörter; in die verkehrsfremden<br />
und in die verkehrsfernen Wörter und<br />
Begriffe. Es ist dies eine Einteilung, die sich aus<br />
dem praktischen Leben ergibt und nicht am<br />
Schreibtisch konstruiert worden ist. Die Heimat<br />
der volksfremden Wörter ist die Hochsprache, die<br />
der verkehrsgebundenen Wörter ist die Verkehrs-<br />
1*<br />
Einltg. 8—11<br />
mundart; nur die Heimat der verkehrsfernen und<br />
besonders der verkehrsfremden Wörter bleibt seit<br />
jeher die Bauernmundart. Hinter diesen Gruppierungen<br />
steht also letzten En<strong>des</strong> die soziologische<br />
Gliederung <strong>des</strong> menschlichen Lebens. Für uns genügt<br />
eine starke Vereinfachung. Wir lassen die<br />
volksfremden Wörter beiseite, da sie der echten<br />
Mundart fehlen. Die verkehrsgebundenen und die<br />
verkehrsnahen Ausdrücke fassen wir als Verkehrswörter,<br />
die verkehrsfernen und verkehrsfremden<br />
Ausdrücke als Bauernwörter zusammen, so daß<br />
wir fernerhin statt fünf nur mehr zwei zudem<br />
gegensätzliche Gruppen vor uns haben. Diese<br />
neuartige Wortsoziologie bedeutet nicht allein für<br />
die Wortkunde, sie bedeutet auch für die Lautlehre<br />
einen Fortschritt.<br />
Da unsere Verkehrswörter teils aus der Verkehrssprache,<br />
teils aus der Verkehrsmundart entlehnt<br />
wurden, sind sie kein echtmundartliches Erbgut<br />
mehr und entstammen der Sprechweise gesellschaftlich<br />
höher gewerteter Sozialschichten.<br />
Diese fremde Herkunft kommt aber nur in schriftsprachefernen<br />
Dialekten, z. B. im Kärntner Slowenischen,<br />
<strong>des</strong>sen Träger daheim slowenisch, im<br />
Verkehr nach außen aber deutsch sprechen, deutlich<br />
zum Ausdruck. Im Kärntner Slowenischen<br />
treten daher für die alten Verkehrsbegriffe ausnahmslos<br />
Lehnwörter aus dem Kärntner Deutschen<br />
auf; in den übrigen schriftspraehefernen Dialekten<br />
in und um Österreich sind die Verkehrsbegriffe<br />
ebenfalls als Lehnwörter gekennzeichnet, etwa<br />
noch im Zimbrischen aus dem Italienischen, im<br />
Resianer Slowenischen aus dem Friaulischen und<br />
Italienischen usw. Hingegen sind in diesen schriftsprachefernen<br />
Dialekten die Bauernbegriffe immer<br />
und ausnahmslos echtes Erbgut. In den deutschen<br />
Binnenmundarten ist diese strenge Trennung<br />
zwischen Verkehrs- und Bauernwörtern großenteils<br />
unmöglich. Die Lehnwörter aus der eigenen<br />
Hoch- und Verkehrssprache in die Mundarten<br />
werden gewöhnlich nach den heimischen Lautgesetzen<br />
so gut vermundartlicht, daß ihr Lehnwortcharakter<br />
verdeckt wird. Als z. B. in Österreich<br />
im Jahre 1924 mit einer neuen Währung die<br />
neuen Ausdrücke Schilling und Groschen aufgekommen<br />
waren, hat man etwa in Kärnten diese<br />
Wörter als sllin und grösn sofort so gut in die<br />
heimische Mundartlautgebung eingefügt, daß sie<br />
lautlich den alten Erbwörtern aufs Haar gleichen,<br />
nur im Kärntner Slowenischen erkennt man s'ding<br />
und grösn sofort als Lehngut, weil diesmal die<br />
Fremdsprache mitspielt. Soweit man auch im<br />
Binnenland die Verkehrswörter an ihrer Lautgestalt<br />
erkennt, führen ihre lautlichen Auffälligkeiten<br />
ausnahmslos in die Verkehrsmundart und<br />
in die Verkehrssprache.<br />
11. Geht es um das Urteil darüber, ob ein Wort<br />
mit abwegigem Lautstand bodenständig oder entlehnt<br />
ist, so dürfen wir von unserer neuen Wortsoziologie<br />
sichere Auskunft erwarten. Wenn etwa<br />
im größten Teil von Niederösterreich für mhd. ei<br />
z. 13. in brynd (breit), hQm (heiß) der bäuerliche<br />
Zwielaut QD die Regel ist, in mäßl, maßßl ,,Meißel"<br />
für dasselbe ei jedoch ausnahmsweise der wienerische<br />
Monophthong ä vorkommt, so ist mäßl ein<br />
Verkehrslehnwort. Daß dies richtig ist, ersieht man<br />
nicht nur an der fabriksmäßigen Erzeugung unseres<br />
Werkzeugs und an seinem Verkauf in den<br />
städtischen Eisenhandlungen, sondern auch an<br />
kärnt.-slowen. mäsl aus kämt.-deutschem mäsl,<br />
am zimbrischen ßkarpfcl (Meißel) aus vonezian.<br />
scarpcl(lo), an resian. -slowen. Skarpil (Meißel) aus<br />
friaul. Skarpfäl als Lehnwörter aus der fremden<br />
Verkehrssprache. Wenn dagegen im südlichen
Einltg. 11—13<br />
Waldviertel für mhd. uo regelmäßig, z. B. in hüvd<br />
(Hut), blüvd (Blut), JÜDS (Fuß) usw., ur> erscheint,<br />
in ghuiffv (Schlittenkufe) aber ausnahmsweise ui,<br />
so ist hier Kufe kein Verkehrswort. Erstens, weil<br />
in den schriftsprachefernen Dialekten überall Erbwörter<br />
auftreten, z. B. im Kärntner slowen.<br />
krivina, im Zimbrischen kxüffa usw., zweitens<br />
weil die Schlittenkufen der Dorfwagner und nicht<br />
die städtische Fabrik erzeugt und sie bis vor<br />
wenigen Jahrhunderten die Bauern selbst machen<br />
konnten. Der Meißel ist ein Verkehrs-, die Schlittenkufe<br />
ein Bauernwort. Vielmehr ist im südwaldviertlerischen<br />
ui <strong>des</strong> Wortes ghuiffv die Restform<br />
eines älteren Lautstan<strong>des</strong> erhalten geblieben,<br />
jenes ui, das man fürs südliche Waldviertel auch<br />
urkundlich und auf anderen Wegen (s. Einltg. 51)<br />
für frühere Jahrhunderte nachweisen kann. Weitere<br />
Restformen findet man z. B. § 20 g 7.<br />
12. Das zweite Maß menschlichen Lebens ist<br />
die Zeit. Wenn man sich die vorhin geschilderten<br />
Beobachtungen am altertümlichen Lautstand bei<br />
Rückwanderern, die jahrzehntelang von der Heimat<br />
abwesend gewesen waren, noch einmal vergegenwärtigt,<br />
so gewinnt man einen Maßstab dafür,<br />
wie sich verhältnismäßig rasch die Heimatmundart<br />
unter verkehrsmundartlichen Einsickerungen umbildet.<br />
Weiß doch jeder Einheimische, daß seine<br />
Großeltern und deren Altersgenossen im Heimatort<br />
nicht gerade selten andere, altertümlichere<br />
Formen und Ausdrücke gebraucht hatten, als sie<br />
die eigenen Altersgenossen verwenden. Immer und<br />
überall kommt Altes langsam ab und wird durch<br />
Neues, Moderneres ersetzt; heute mehr denn je.<br />
Noch älter sind jene Formen, an die sich auch<br />
unsere Großeltern nur noch aus ihrer Jugendzeit<br />
erinnern, die Erinnerungsformen.<br />
Denken wir uns diesen Abstand zwischen zwei<br />
Generationen nur zweidutzendmal vergrößert, so<br />
gelangen wir in die althochdeutsche Sprachperiode<br />
um 800, denn es beträgt der Zeitabstand zwischen<br />
800 und 1950 1150 Jahre, das sind tatsächlich 23<br />
Doppelgenerationen. Setzen wir, an und für sich<br />
ein Unding, voraus, daß das Tempo der Sprachveränderung<br />
immer gleich schnell blieb. Innerhalb<br />
dieses mehr als tausendjährigen Zeitraumes ist<br />
so der Abstand vom Großvater zum Enkel kein<br />
unbeachtlicher Teilabschnitt mehr. Dessenungeachtet<br />
ist für uns das Althochdeutsche zur Fremdsprache<br />
geworden, zu einer Sprache, die wir, wenn<br />
wir sie richtig verstehen wollen, wie eine Fremdsprache<br />
eigens lernen müssen!<br />
Der Abschnitt eigenen Miterlebens bildet den<br />
letzten Ausläufer einer langen Kette ununterbrochener<br />
Lautumgestaltungen. Für uns ist er<br />
der wertvollste Abschnitt der langen Entwicklungsreihe.<br />
Nur bei ihm können wir am wirklichen<br />
Leben beobachten, nach welchen Grundsätzen sich<br />
tatsächlich die Sprache umgestaltet. Es kann hier<br />
nicht oft genug wiederholt werden: Die Prinzipien<br />
<strong>des</strong> Sprachlebens, der Sprachbiologie, sind konstant.<br />
Veränderlich ist die äußere Formgebung im<br />
Sinne verschiedener Kombinationsmöglichkeiten<br />
der Maße: Gesellschaft, Zeit, Raum und fremde<br />
Einsickerungen. Auch diese äußeren Umstände<br />
halten sich bei uns wiederum an feste Grundgesetze.<br />
Erst das moderne Sprachleben gewährt<br />
uns den richtigen Einblick in alle diese Richtlinien<br />
der Sprach- und der Lautentwicklung.<br />
Die Mundart unserer Großeltern, die Altersmundart,<br />
enthält ältere Elemente als unsere<br />
Sprechweise, diese natürlich wieder ältere als die<br />
unserer Kinder und unserer Kin<strong>des</strong>kindor. So gesehen,<br />
ist die Lautgeschichte die Gesamtsumme<br />
aller Veränderungen, beurteilt im Sinne jener<br />
kleinen Veränderungen, wie sie uns die Gegenwart<br />
zur Überprüfung vorlegt.<br />
13. Den ersten Blick in die tiefere Vergangenheit<br />
gestatten uns in lokalen Belangen bereits die Restformen<br />
der schriftsprachefernen Bauernwörter; in<br />
größerem Umfang betreiben wir Lautgeschichte<br />
mit Hilfe unserer vier sprachgeschichtlichen Quellen,<br />
der Mundarten in den alten Bauernsprachinseln,<br />
der Lehnwörter in den Fremdsprachen, der<br />
alten Dichtersprache mit ihren mundartgebundenen<br />
Reimen und der Urkundensprache. Jede einzelne<br />
Quelle wird erst brauchbar, nachdem ihr<br />
Gut vorher je nach ihrer Art einer besonderen<br />
Kritik unterzogen worden ist. Über die kritische<br />
Prüfung der Sprachinselmundarten wird Einltg. 30,<br />
über die der Lehnwörter 34, über die Prüfung der<br />
Dichter- und Urkundensprache 47 jeweils in anderem<br />
Zusammenhang gehandelt werden. Auf solche<br />
Weise ergibt sich jene wunderbare Konkordanz<br />
zwischen unseren vier Quellen, auf die schon im<br />
Vorw. 9 hingewiesen worden war. Bei diesem Verfahren<br />
darf eines nicht vergessen werden: Der<br />
mundartkundliche Lauthistoriker hat mit der mechanisch-statistischen<br />
Schematisierung <strong>des</strong> Gebrauchs<br />
von Buchstaben und Lautzeichen nicht<br />
alles gewonnen. Er muß über die toten Buchstaben<br />
hinaus bis zu den tatsächlichen Lautwerten, die<br />
mit den Buchstaben gemeint sind, vordringen; er<br />
darf sich nicht an die leeren Lautsymbole halten,<br />
er muß diese Symbole zum wirklichen Leben erwecken.<br />
Mancher Skeptiker wird vielleicht meine<br />
Forderung kopfschüttelnd ablehnen. Sichere Unterlagen<br />
hiefür bescheren vins in<strong>des</strong>sen bei richtigem<br />
Verständnis im Sinne Lessiaks gerade in Österreich<br />
die zwei lebendigen, die am Leben jederzeit<br />
überprüfbaren Quellen der alten Sprachinselmundarten<br />
und der Lehnwörter in den Fremdsprachen.<br />
Die älteste bairische Sprachinselmundart, das<br />
Zimbrische der Sieben Gemeinden, verfügt seit<br />
1600 sogar über eine eigene Schriftsprache. Sie ist<br />
in einigen Büchern, in vielen Flugschriften und in<br />
Grabinschriften überliefert. Es ist eine Schriftsprache,<br />
deren Rechtschreibung in vielen Dingen<br />
mit der mittelhochdeutschen Orthographie eng<br />
verwandt ist und die außerdem alle nach 1600 im<br />
Zimbrischen vollzogenen Lautveränderungen orthographisch<br />
getreulich wiedergibt. Aus ihrem<br />
Verhalten zum modernen zimbrischen Lautstand<br />
sowie aus jenen binnenmundartlich bedingten<br />
Rechtschreibfehlern, wie sie heute die Volksschüler<br />
der unteren Klassen bei uns begehen, erfährt<br />
man aus dem Leben das gleiche Verhältnis<br />
zwischen Laut und Schrift, wie es in der älteren<br />
bairischen Urkundensprache maßgebend war. Den<br />
wertvollsten Ertrag bringt uns die zimbrische<br />
Schriftsprache im besonderen durch ihre klare,<br />
eindeutige Aufhellung <strong>des</strong> Lautwertes der mittelund<br />
althochdeutschen Buchstaben vor allem bei<br />
den Zischlauten (s. § 32 a 2).<br />
Nicht überall erlaubt unsere kurze Darstellungsweiso<br />
der „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong>" ausdrückliche<br />
Hinweise auf die enge orthographische<br />
Verwandtschaft <strong>des</strong> Zimbrischen mit dem Mittel -<br />
und Althochdeutschen, immer aber schwebt in<br />
meinen kommenden Ausführungen, soweit es von<br />
Nutzen ist, hinter den lautgeschichtlichen Erörterungen<br />
als Schlüssel das Zimbrische.<br />
Bezüglich <strong>des</strong> Alters <strong>des</strong> bairischen Lautstan<strong>des</strong><br />
darf man im allgemeinen, wie schon im Vorwort<br />
angegeben wurde, sagen: Um 1100 bahnten sich<br />
im Bairischen die ersten Lautmerkmale der Unterdialekto<br />
an, um 1300 sind die Merkmale der Lan<strong>des</strong>dialekto<br />
und oft auch lokalere Lautungen fertig
ausgeprägt. Unser Lautstand ist sechseinhalb<br />
Jahrhunderte alt!<br />
14. Bei der Dialektgeographie ist von unseren<br />
vier Maßen menschlichen Lebens der Raum am<br />
wichtigsten. Die Verbreitung bestimmter mundartlicher<br />
Lautungen bleibt auch im Raum oft noch<br />
verbunden mit soziologischen und zeitlichen Momenten.<br />
Die Raumverhältnisse lassen sich nur<br />
dann sinnvoll auslegen, wenn wir die Wirkungen<br />
der Gesellschaftsgliederung und der zeitlichen<br />
Schichtung als Begleitumstände der räumlichen<br />
Lautentwicklungen schon kennengelernt haben.<br />
Es liegt uns fern, auf die vielen raumbedingenden<br />
Gegebenheiten, wie sie uns das dialektgeographische<br />
Fachschrifttum der Germanistik, der Romanistik<br />
und der Slawistik in den letzten fünfzig<br />
Jahren vor Augen geführt hat, ausführlich einzugehen.<br />
Das wäre Angelegenheit einer allgemeineren<br />
bairischen Dialektgeographie unabhängig<br />
vom Lautsystem. Für uns treten vor allem lautgeschichtliche<br />
Raumbildungen in den Vordergrund.<br />
Sehr bald lernt der bairische Dialektgeograph<br />
zwischen fortschrittlichen Verkehrslandschaften<br />
und konservativen Bauernlandschaften unterscheiden.<br />
Die Modernisierungsgebiete befinden<br />
sich im engeren Umkreis bedeutenderer Städte,<br />
entlang dicht besiedelter, leicht zugänglicher Verkehrsadern<br />
<strong>des</strong> Flachlan<strong>des</strong>, im Haupttal, in jungen<br />
Arbeitersiedlungen. Die Rückzugsgebiete und Restschollen<br />
liegen hingegen entfernt von den Städten,<br />
abseits von den großen Straßen <strong>des</strong> Flachlan<strong>des</strong>,<br />
abseits von den sommerfrischlerreichen Bahnlinien<br />
und von den Fabriken und im Gebirge vor<br />
allem in den Alpenhochtälern. Je höher die Landschaft<br />
überm Meeresspiegel liegt, <strong>des</strong>to altertümlicher<br />
sind ihre Sprachschichten. Schon im Vorwort<br />
6 wäre in diesem Zusammenhang auf die<br />
höchste Beharrsamkeit <strong>des</strong> Binnenlan<strong>des</strong> im ötztal<br />
und im Wallis hinzuweisen gewesen, weil sie gleichzeitig<br />
auch die höchstgelegenen Siedlungen beherbergen.<br />
Auch sonst stimmt diese „sprachgeologische"<br />
Regel der Altersschichtungen nach der Meereshöhe.<br />
Die wichtige Ausnahme, das gebirgige Salzkammergut<br />
mit dem jüngeren gu für mhd. 6 gegen das niedrigere<br />
Vöcklatal mit dem älteren f,o für mhd. öwird<br />
§ 16 b 6 soziologisch begründet werden.<br />
Unsere beharrsamsten Bauernlandschaften sind<br />
zugleich Rückzugs- und Restgebiete für die älteren,<br />
früher im ganzen Lande üblichen Zustände. Je<br />
weiter die Restschollen von der Hauptverkehrsachse<br />
entfernt sind, <strong>des</strong>to deutlicher tritt die<br />
sprachliche Konservativität hervor. Häufig sehen<br />
wir an den Rändern <strong>des</strong> neuerungsfreudigen<br />
Mittelbairischen der Isar-Donaustraßo sowohl im<br />
Norden, im Westen als im Süden Restschollen,<br />
denen ein älterer mittelbairischer Lautstand gemeinsam<br />
ist, auftauchen. In diesen Fällen beweist<br />
uns die Urkundenspracho meistens die einstmals<br />
allgemeine Verbreitung der jetzigen Randerscheinungen<br />
übers ganze Mittelbairische und über<br />
Wien und München. Diese gemeinsame Beharrsamkeit<br />
der mittelbairischen Ränder finden wir<br />
z. B. bei altmundartlichem ui statt jüngerem oi<br />
für mhd. iu (s. § 16 b und Karte 12), bei erhaltenem<br />
-A- statt jüngerem, vokalisiertem -i- für altes -lim<br />
Verkehrsgebiet (alt: Q?.t, jung: gid „alt"; s.<br />
§ 49 c 5 und Karte 26); bei altem, verzwielautetem<br />
ei und ou aus mhd. c und o an den Rändern gegen<br />
neues monophthongisches c und o im Verkehrsgebiet<br />
(s. 5 b 2 und Karte 5) und im Osten bei altem<br />
ui an den Rändern gegen neues wo im Verkehrsgebiet<br />
für mhd. uo (s. § 18 a 2 und Karte 15).<br />
15. Das altertümlichste Sprachgoprägo findet<br />
man natürlich in den bäuerlichen und vorwiegend<br />
Einltg. 13—15<br />
bäuerlichen Außengründungen <strong>des</strong> Hochmittelalters.<br />
In diesen Bauernsprachinseln gibt es, insoweit<br />
sie wie die Sieben Gemeinden, Zarz, Deutschruth<br />
und Zahre nach ihrer Gründung keinen engeren<br />
Kontakt mehr mit dem Binnenland aufrecht<br />
erhielten, nach der Abwanderung ins Fremdland<br />
nur noch zwei verändernde Triebkräfte, entweder<br />
das Nachwirken von Neigungen, die aus der Heimat<br />
mitgebracht worden waren, der Monogenese (s.<br />
Einltg. 29 und 30), und die Einflüsse der anderssprachigen<br />
Umgebung (s. Einltg. 24 und 36/37).<br />
Ziehen wir die Wirkungen dieser beiden Möglichkeiten<br />
ab, so werden die alten Bauernsprachinseln<br />
zu einem derart verläßlichen Auskunftsmittel<br />
für die mittelhochdeutschen Lauteigenheiten,<br />
wie man es sich besser auch bei großer Phantasie<br />
nicht wünschen könnte. Von den mannigfachen<br />
Modernisierungswellen, wie sie nachträglich<br />
<strong>des</strong> öfteren das Binnenland durchflutet und die<br />
Heimatmundarten dieser Inseln überall lautlich<br />
umgemodelt haben (s. auch Vorw. 11), hat unsere<br />
ältesten Außensiedlungen keine einzige erreicht.<br />
Vom Südbairischen aus wurden folgende für<br />
uns wichtige Sprachinseln gegründet: Um 1100 von<br />
Westtirol aus als „zimbrische" Muttergründung<br />
die Sieben Gemeinden in Italien; von den Sieben<br />
Gemeinden mit neuem Zuzug aus Tirol um 1200<br />
Folgaria und Lavarone, vim 1280, wahrscheinlich<br />
mit Zuzug aus dem tirolischen Lechtal, die Dreizehn<br />
Gemeinden, wo jetzt nur mehr das Pfarrdorf<br />
Ghiazza „zimbrisch" geblieben ist, und im 16. Jh.<br />
von Lavarone aus Luserna. Das sind die zimbrischen<br />
Inseln. Um 1200 wurden vom Pustertal aus<br />
Deutschruth und Zarz (beide in Jugoslawien) angelegt,<br />
Zarz allerdings mit einer Zwischenstation,<br />
da sein engeres Gebiet erst in der zweiten Hälfte<br />
<strong>des</strong> 13. Jhs. deutschsprachig kolonisiert worden ist.<br />
In Folgaria, Lavarone, Deutschruth und Zarz ist<br />
jetzt die deutsche Haussprache vermutlich schon<br />
ausgestorben. Ungefähr zwischen 1250 und 1320<br />
wanderten aus verschiedenen Tiroler Tälern Bauern<br />
ins Fersental bei Trient (Italien) ein. Um 1280<br />
tauchen die ältesten Zeugnisse für das jetzige<br />
Deutschtum in Zahre und Pladen, beide aus dem<br />
Pustertal besiedelt, und in Tischlwang, das wahrscheinlich<br />
aus dem Gailtal bestoßen wurde, auf.<br />
Sie liegen in Karnien (Italien). Pladen unterstand<br />
weiterhin einem leichten binnensprachlichen Einfluß;<br />
Tischlwang, unmittelbar unterm Plöckenpaß<br />
gelegen, blieb in ständiger Verbindung mit dem<br />
angrenzenden Kärnten und gebraucht ein merklich<br />
verwelschtes, etwas altertümeln<strong>des</strong> Gailtalerisch.<br />
Um 1325 wurde schließlich vom tirol.-kärntnerischen<br />
Grenzgebiet aus das große Bauernland Gottschee<br />
mit seiner gleichnamigen Hauptstadt kolonisiert.<br />
Gottschee wurde vor anderthalb Jahrzehnten<br />
ausgesiedelt. — Auch in einigen südbairischen<br />
Sprachzungen treffen wir auf altertümliche Sprechweisen,<br />
so vor allem auf dem sogenannten Reggelsberg<br />
östlich von Bozen; ferner etwas weiter südlich<br />
in Truden-Altrei; schließlich in der sogenannten<br />
Deutschgegend auf dem Nonsberg (it. Val di Non)<br />
südlich von Mcran mit ihren vier Dörfern Proveis,<br />
Sankt Felix, Maria im Walde und Laurein.<br />
Vom Mittelbairischen, von Nieder- und Oberösterreich<br />
und seiner Nachbarschaft, aus entstanden<br />
um 1200 die drei jetzt ausgesiedelten<br />
Außengründungen um Brunn, Wischau und Budweis;<br />
ihre städtischen Mittelpunkte waren schon<br />
vor Jahrzehnten tschechisiert. Weitere mittelbairischo<br />
Gründungen in der Slowakei und in<br />
Ungarn, wie Deutschproben, Kremnitz, Schemnitz,<br />
Göllnitz, Krickerhäu usw. und Deutschpilsen,<br />
sind zu stark mit mitteldeutschen Elementen<br />
durchsetzt, als daß wir sie als verläßliche
Einltg. 15—19<br />
Zeugen speziell bairischer Lautgeschichte in Anspruch<br />
nehmen dürften. Als Ersatz dafür springen<br />
in Südmähren die beiden höchst beharrsamen<br />
Sprachzungen Neubistritz-Neuhaus und Pohrlitz-<br />
Prahlitz in die Bresche. Auch diese Landstriche<br />
sind jetzt größtenteils ausgesiedelt.<br />
In den letzten Jahrzehnten vor 1200 begann<br />
langsam die Gründung der großen nordbairischen<br />
Insel Iglau mit ihrer gleichnamigen Hauptstadt.<br />
Der große Iglauer Kolonisationsschub erfolgte wohl<br />
um 1200. Die Roder kamen aus den nächstliegenden<br />
Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>.<br />
Die Zeit der Besiedlung unserer Außengründungen<br />
ließ sich teilweise aus Urkunden, teilweise an<br />
Hand <strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong> der ältesten Ortsnamenentlehnungen,<br />
die Herkunft der Siedler gleichfalls<br />
zum Teil durch Urkunden, zum Teil durch Vergleiche<br />
der Bauernwörter in den Sprachinselmundarten<br />
mit der Verbreitung derselben Ausdrücke<br />
im bairischen Binnenland festlegen. Über<br />
unbrauchbare Herkunftstheorien aus älterer Zeit<br />
s. Vorw. 11.<br />
16. Vorhin wurde darauf hingewiesen, daß die<br />
binnenländischen Lautgrenzen im großen und<br />
ganzen um 1300 ausgebildet gewesen waren. In<br />
anderen Dialektlandschaften, etwa im Westmitteldeutschen,<br />
sind die meisten jetzigen Lautgrenzen<br />
später und erst in der Neuzeit entstanden.<br />
Die Bewohnerschaft <strong>des</strong> bairischen <strong>Dialektraumes</strong><br />
gehörte bis vor wenigen Menschenaltern der Hauptsache<br />
nach dem Bauernstand an; mit dem Bauernstand<br />
ist immer auch eine starke Bodenständigkeit<br />
und ein hoher Grad der Beharrsamkeit verbunden.<br />
Bis vor zwei Menschenaltern waren die Städte<br />
dialektgeographisch eng begrenzte Inseln der<br />
Verkehrsmundart im großen Felde ,,grobmundartlicher"<br />
Landbevölkerung. Mit der alten Wiener<br />
Stadtgronze hörte z. B. noch um 1880 die Wiener<br />
Mundart sofort auf und wvirde im ersten Dorf vom<br />
Bauerndialekt abgelöst. Allerdings hat es schon<br />
früher Zeiten gegeben, zu denen gewisse städtische<br />
Lauteigenheiten die Stadtgrenzen durchbrachen<br />
und sich über das umliegende Land ergossen, wie<br />
wir weiter unten zeigen werden.<br />
Beweglicher bleiben die Lautgrenzen in und um<br />
Niederösterreich. In Niederösterroich wandern die<br />
Lautgrenzen vom Mittelpunkt, von Wien aus, rasch<br />
an die Peripherie <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Unser Bun<strong>des</strong>land<br />
ist eben das Vorgelände der großen Metropole Wien.<br />
Ein Beispiel für diese große Beweglichkeit der<br />
niederösterreichischen Lautgrenzen wird uns die<br />
Einltg. 51 in der Lautgeschichto <strong>des</strong> Ortsnamens<br />
Feuersbrnnn vorweisen.<br />
Gewisso Wortgrenzen erweisen sich übrigens<br />
bedeutend älter als unsere Lautgrenzen. Bei einigen<br />
schriftsprachefernen Bauernbegriffen reichen unsere<br />
Synonymengrenzen bis in die Karolingerzeit<br />
zurück. Unter günstigen Voraussetzungen vermag<br />
der Dialektforscher aus derartigen Synonymenkarten<br />
manchmal die karolingischen Gaugrenzen<br />
leichter herauszufinden als der Historiker, der ja<br />
diese Grenzen meistens erst Stück für Stück aus<br />
alten Urkunden rekonstruieren muß.<br />
Nicht immer standen im Bairischen die Lautgrenzen<br />
unverrückbar fest. Vor dem Ende <strong>des</strong><br />
Hochmittelalters, im 12. und 13. Jh., waren sie<br />
vielfach in reger Bewegung. Mehrere von ihnen<br />
veränderten sich ausnahmsweise bis in die frühe<br />
Neuzeit herein, einige wenige sind auch jetzt noch<br />
nicht erstarrt.<br />
17. Die große Bewegungsdynamik <strong>des</strong> bairischen<br />
Raumes wird durch die Isar-Donaustraße bestimmt.<br />
Nur ausnahmsweise verliert auch die<br />
Donaustraße ihre volle Durchschlagskraft. Es<br />
handelt sich um das Kerngebiet von Oberösterreich<br />
oder, wie man dieser Sonderstellung wegen auch<br />
sagen könnte, um die oberösterreichische Beharrsamkeitsbrücke.<br />
Diese verbindet öfter das altertümliche<br />
Südbairische mit dem gleichfalls konservativeren<br />
Nordbairischen, konservativ im Verhältnis<br />
zum Mittelbairischen. So wird Oberösterreich<br />
manchesmal in der Tat zu einer Art Brücke quer<br />
durchs Mittelbairische und zersprengt die mittelbairische<br />
Einheit in zwei Hälften. Beispiele dafür<br />
findet man im § 4 g 3 und auf Karte 6, im § 46 h 5<br />
und auf Karte 24. Diese auffällige Widerspenstigkeit<br />
liegt in einer Besonderheit der oberösterreichischen<br />
Soziologie begründet. Überall sonst<br />
bewundern die Bauern rückhaltlos das städtische<br />
Wesen und tun es dem Städter sprachlich möglichst<br />
nach. Die oberösterreichischen Bauern nehmen<br />
aber städtische Formen nur auf, soweit sie<br />
ihnen Nutzen bringen und sich als praktisch erweisen.<br />
Oberösterreich ist von altersher das Land<br />
der reichen und selbstbewußten Landwirte. Man<br />
sieht es an den mächtigen Vierkanthöfen, man<br />
erkennt es auch historisch an den großen Erfolgen<br />
der Bauernkriege gerade in Oberösterreich, mögen<br />
sie auch schließlich ob der Enns das gleiche harte<br />
Ende genommen haben wie anderswo. Noch heute<br />
hält der Traun- und Hausruckviertler Bauer unvergleichlich<br />
zäher an seiner althergebrachten<br />
Mundart fest, als dies der Bauer in Nieder- und<br />
Oberbayern oder gar in Niederösterreich tut.<br />
18. Außerhalb dieses Bun<strong>des</strong>lan<strong>des</strong> sind die<br />
alten und großen Städte der Herzlandschaft immer<br />
auch die Mittel- oder Eckpunkte <strong>des</strong> modernsten<br />
Bauerndialektes. In der Steiermark trifft das zu<br />
entlang der mittelsteirischen Verkehrsachse an der<br />
MUT mit ihren weiten Ebenen von Brück an über<br />
die Lan<strong>des</strong>hauptstadt Graz nach Wildon und<br />
Leibnitz; in Kärnten um das beherrschende Städtedreieck<br />
Sankt Veit als der alten, Klagenfurt als<br />
der neuen Lan<strong>des</strong>hauptstadt und Villach als dem<br />
wichtigsten Verkehrsknotenpunkt; in Südtirol um<br />
das Städtedreieck Meran als alter Fürstenresidenz,<br />
Bozen als Verkehrsknoten und Brixen als Bischofssitz<br />
; in Nordtirol an der Innstraße mit den Städten<br />
Innsbruck, Hall, Schwaz, Rattenberg und Kufstein;<br />
in Niederösterreich, Nieder- und Oberbayem<br />
an der städtereichen Isar-Donaustraße mit<br />
den Städten Hainburg, Wien, Klosterneuburg,<br />
Korneuburg, Tulln, Krems (und den abseitigeren<br />
Sankt Polten vind Amstetten); Passau, Vilshofen,<br />
Straubing, Landau und Landshut; Moosburg, Freising<br />
und München und in der Oberpfalz mit dem<br />
Viereck um die Naabstraße Weiden, Burglengenfeld,<br />
Regensburg und dem abseitigeren Amberg.<br />
In diesen politisch-kommerziellen Herzlandschaften<br />
vermochte tatsächlich dio enge Nachbarschaft der<br />
Städte in ihrem regen Verkehr untereinander die<br />
sprachlichen Fesseln der Weichbilder zeitenweise<br />
zu sprengen und der städtischen Sprechweise in<br />
maßgeblichen Dingen die dazwischen- und umliegenden<br />
Bauerndörfer zu erobern.<br />
19. Die stärksten Modernisierungswellen breiteten<br />
sich also entlang der genannten Isar-Donaustraße<br />
aus. Sie strahlten von dieser Verkehrsachse<br />
oft noch auf beiden Seiten nach Norden und Süden<br />
ins Nord- und Südbairische aus. In einigen Fällen<br />
sandte dio Donaustraße im Laufe der Jahrhunderte<br />
mehrere Wellen hintereinander für den gleichen<br />
Laut ins übrige Land. Unter anderem spielte sich<br />
das bei der Behandlung von mhd. ou und mhd. ü<br />
(s. § 21 a und Karte 17) ab. Zuerst, ugf. um 1200,<br />
wurde an der Donau mhd. ou zu mundartl. ä<br />
monophthongiert, mhd. ü aber zu mundartl. ou, au
diphthongiert. Dieser Lautstand wanderte rasch<br />
ins Südbairische und gelangte nordwärts bis in<br />
die mittel- und nordbair. Sprachinseln und blieb<br />
überall bis jetzt in periphersten Schollengebieten<br />
erhalten. Der zweite Zustand gestaltete auch das<br />
neue au zum mundartlichen ä um, das nunmehr<br />
mit dem ä aus mhd. ou gleich wurde; das geschah<br />
in Wien gegen 1250. Er ist in der zweiten, nächstinneren<br />
Stufenlandschaft, in Südmähren und im<br />
Nordbairischen, erhalten geblieben. Die dritte und<br />
letzte Wiener und Donauländer Neuerung bemüht<br />
sich, das ä gleichgültig welcher Herkunft durch<br />
das verkehrssprachliche au zu ersetzen. Dieser<br />
neueste Zustand beherrscht noch jetzt die Donaustraße<br />
und erstreckt sich von Ingolstadt bis Preßburg.<br />
Die Ausbreitung liegt mithin, von der Donaustraße<br />
aus gerechnet, je früher ein Lautstand<br />
begann und die Welle ausgesandt wurde, <strong>des</strong>to weiter<br />
draußen an der Peripherie. Die jüngste Welle<br />
bleibt als innerer Kern an der Donau selbst hängen.<br />
Oft ergibt sich dabei ein Symmetriebild zu beiden<br />
Seiten der Donau. So nach § 29 e und Karte 19<br />
beim stufenweisen Zunehmen der Häufigkeit von<br />
g- für die Vorsilbe ge-, je näher wir diesem Strom<br />
kommen. Ähnliche Symmetrielandschaften um die<br />
Donau finden wir in den altertümlichen Randlandschaften<br />
<strong>des</strong> Mittelbairischen; darüber s.<br />
Einltg. 14.<br />
für mhd. hütte, rocke mit Rundung;<br />
südalem. h%ttv, rökxl<br />
schwäb. hittD, rekx entrundet;<br />
bair. hittn, rekx;<br />
Gelegentlich wurde der symmetrische Aufbau<br />
durch äußere Einwirkungen zerstört. Unter den<br />
Stufenlandschaften in der Entwicklung <strong>des</strong> spätahd.<br />
fcc/i-Lautes zu g (s. § 38 und Karte 21) ist<br />
die <strong>des</strong> Behauchungsverlustes am markantesten.<br />
Bei ihm besteht aber die Donau-Symmetrie nur<br />
im bairischen Osten. Im Westen wurde sie beseitigt,<br />
weil gleichzeitig mit dem Mittelbairischen<br />
auch im Ostfränk.-Zentralmitteldeutschen die Behauchung<br />
aufgegeben wurde. Die einstige nordbairische<br />
Behauchungsscholle konnte sonach von<br />
zwei Seiten zugleich in die Zange genommen werden,<br />
bis sie vernichtet war.<br />
20. Die mittelbairischen Neuerungen breiteten<br />
sich oft in Form von Frontalwellen über den nordund<br />
den südbairischen Flügel der Isar-Donaustraße<br />
aus; dabei ist die Frontlinie der Einzelwelle<br />
gelegentlich bald in der Ebene und an wichtigen<br />
Straßen vorgeprescht und hat sich keilförmig<br />
ausgeweitet, bald ist sie an verkehrshindernden<br />
Barrieren länger hängen geblieben und<br />
eingebuchtet worden und hat schließlich ausgesprochen<br />
verkehrsfeindlicho Stellen als Restschollen<br />
stehen gelassen, wie das eben alles bei<br />
dialektgeschichtlichen Auswellungen vorkommt.<br />
Aber auch dieses allgemeine Bild der Wellenbewegungen<br />
duldet Ausnahmen. Der Gebrauch der<br />
Stadt- und Verkehrsmundart ist auf dem Lande<br />
gesellschaftlich gebunden. Es kommt vor, daß verkehrssprachlicho<br />
Eigentümlichkeiten der Frontalwelle<br />
im Raum weit vorausspringen und weiter<br />
draußen vorerst nur verkehrssprachlicho Zentren,<br />
vor allem die Städte, erfassen. Mitzka nannte<br />
diese Sondererscheinung die punktuelle Überspringung.<br />
Das Hindernis der oberösterreichischen<br />
Beharrsamkeitsbrücke ist durch solche punktuelle<br />
Überspringungen von Niederösterreich nach Altbayern<br />
(Nieder- und Oberbayern) überwunden<br />
worden. Ein vortreffliches Beispiel ist die verkehrsund<br />
stadtsprachliche Überspringung der Frontalwello<br />
beim mittelbairischen c für mhd. (geläng-<br />
Einltg. 19—22<br />
tes) e (s. § 3 e 2 und Karte 3). Die Ausbreitung <strong>des</strong><br />
mittelbair. e-Lautes bildet zwar an der Isar-<br />
Donaustraße mit der Steiermark und dem Burgenland<br />
einen einheitlichen Raum. Die beiden Städtedreiecke<br />
in Südtirol und in Kärnten sind jedoch<br />
unabhängig davon zwei abgesonderte Inseln mit<br />
e und sicherlich Folgen punktueller Verpflanzungen.<br />
21. Da nun der Dialektgeograph weiß, welche<br />
Landschaften konservativ und welche modern<br />
sind, vermag er in Zweifelsfällen daraus Nutzen zu<br />
ziehen. Für ihn projizieren sich die zeitlichen Aufeinanderfolgen<br />
in den Raum, so daß er aus dem<br />
Raum wieder die Lautgeschichte herausliest. Der<br />
Selbstlautstand der Stammsilben ist erfahrungsgemäß<br />
im Südalemannischen, z. B. im südlichen<br />
Vorarlberg, dem Althochdeutschen am nächsten<br />
geblieben. Es hat auf weiten Strecken die Umlautrundung,<br />
es hat meistens die alten Kurzvokale und<br />
das unverdumpfte mhd. a bewahrt. Das Schwäbische<br />
ist, z. B. im Süden <strong>des</strong> bayrischen Regierungskreises<br />
Schwaben, etwas moderner. Es entrundet<br />
die Umlaute, es dehnt die Kurzvokale,<br />
verharrt aber noch am unverdumpften mhd. a.<br />
Das Bairische ist in diesem Kreis um den Allgäu,<br />
etwa in Tirol, am modernsten. Es entrundet und<br />
dehnt nicht nur, sondern es verdumpft auch noch<br />
das mhd. a zu mundartlichem o. Mithin stehen<br />
einander drei Altersstufen gegenüber:<br />
reden, oven mit Kürze; hasen, gazze mit a<br />
redv, ofo; hasv, gaßßa;<br />
redv, ö/o gedehnt; hasD, gaßßn;<br />
redn, öfn; hQsn, goßßn verdumpft.<br />
Wenn nun auch für ahd. i und u im Südalemannischen<br />
in alter Weise monophthongisches i<br />
und ü in wlb (Weib), hüs (Haus) usw. erhalten<br />
geblieben, im Bairischen in waib, haus schon voller<br />
Diphthong da ist, so klärt uns das Schwäbische<br />
in seiner Mittlerstelle mit den Lautungen ivdib,<br />
hdus darüber auf, welchen Weg die bairische Verzwielautung<br />
eingeschlagen hatte. Sie hat von %<br />
(und \i) über dieses 9i und ei zu ai und von ü<br />
(und iiu) über au und ou zu au geführt! Dabei<br />
haben wir nunmehr umgekehrt die räumlichen<br />
Schichten in die Zeit zurückproji/.iert. Wir haben<br />
mit Hilfe <strong>des</strong> Schwäbischen fürs Bairische eine<br />
überzeugende Entwicklungsreihe gewonnen. Die<br />
Raumbilder erlauben lauthistorische Reihungen.<br />
Die allgemeine Erkenntnis, daß sich in den<br />
Bauernsprachinseln die ältesten Laut formen erhalten<br />
haben, berechtigt uns im besonderen mit<br />
erneutem Nachdruck dazu, die Lautungen der<br />
bäuerlichen Außenmundarten als älteste Vorstufen<br />
<strong>des</strong> modernen binnenländischen Lautstan<strong>des</strong><br />
anzusetzen.<br />
22. An der Grenze zwischen zwei Dialekten<br />
entstehen manchesmal Überschichtungen, die man<br />
in ein festes System bringen kann. Der Fachmann<br />
weiß seit den Untersuchungen Bohnenbergers,<br />
daß es aktive, man könnte sagen, präpotente<br />
Dialekte gibt, die sich im Räume ausbreiten, und<br />
passive Dialekte, bescheidene Sprechweisen, die<br />
von ihren Trägern vor den Fremden möglichst<br />
verborgen werden und bei geringein Anstoß dein<br />
nachbarlichen Angriff nachgeben. Dabei wird der<br />
aktive Dialekt immer gesellschaftlieh als der<br />
bessere, der passive Dialekt immer als der mindere<br />
bewertet; ob mit Recht, bleibt dahingestellt. Es<br />
herrscht annähernd das gleiche Werturteil, das<br />
die Verkehrsmundart der Bauernmundart gegenüber<br />
überschätzt.<br />
Nicht zu allen Zeiten bleibt dieses gesellschaftliche<br />
Werturteil über zwei Naehbardiiilekte gleich.<br />
Es richtet sich gewöhnlich nach dem Steigen und
Einltg. 22—25<br />
Fallen der politischen Vormacht hüben und drüben.<br />
Eine solche Unbeständigkeit herrschte einstens am<br />
Arlberg, der wichtigsten und schärfsten Dialektgrenze<br />
Österreichs. Bis ugf. um 1050 war nach<br />
Einltg. 23 an der Arlberggrenze das Bairische dem<br />
benachbarten Alemannischen gegenüber gleichwertig.<br />
Als sich gegen 1100 auf dem bairischen<br />
Sprachboden Westtirols immer mehr alemannische<br />
Grundherrschaften aus dem Allgäu festgesetzt<br />
hatten und als damit die alemannische Sprechweise<br />
vielfach Ausdrucksform der Oberschicht geworden<br />
war, schätzte man in Westtirol sicherlich<br />
das Alemannische höher ein als die bairische<br />
Heimatmundart. Die Folgen blieben nicht aus.<br />
Die alemannischen Restformen, die aus dieser Zeit<br />
bis heute nachwirken, etwa der Schwund auslautender<br />
-r nach Langvokal (s. § 50 f 2), der allgemeine<br />
Wandel <strong>des</strong> silbischen -n zu -o in hgsv<br />
(Hasen) gegen bair. IIQSU (s. § 46 h 1 und Karte 17),<br />
die alem. Restformen nummv (nimmer), nui(x)t(ß)<br />
(nichts), kx^t (gehabt), niarw (nirgends) usw. auf<br />
Westtiroler Boden und der alem. Wandel von mhd.<br />
ou zu mundartl. ö (Q, öu, o) gegen bair. ä (s. § 21 b<br />
und Karte 17) sind beredte Zeugen; man vergleiche<br />
dazu bair. nimmzr, nixt oder nikß, kxQ(p)t,<br />
nindrst (nirgends). Dabei fällt auf, daß sich die<br />
meisten Westtiroler Alemannismen auf denjenigen<br />
Wortschatz der fließenden Rede, der weniger stark<br />
ins Ohr fällt, konzentrieren und abgesehen von der<br />
gliederarmen mhd. ott-Reihe in akzenttragenden<br />
Sinnwörtern und ihren Stammsilben kaum vorkommen.<br />
Die westlichen Einsickerungen sind in<br />
ihren bescheidenen Positionen nur vergessen worden.<br />
Als nämlich um die Mitte <strong>des</strong> 13. Jhs. die<br />
Grafen von Tirol die alem. Grundherrschaften aus<br />
Tirol wieder hinausdrängten, kam sich das altvererbte<br />
Bairisch wieder als das bessere vor. An<br />
Stelle der Alemannisierungswelle trat nunmehr als<br />
Gegenstoß die rückläufige Wiederverbaierung Westtirols.<br />
Nur in gliederarmen Reihen, in wenig ohrenfälligen<br />
Formwörtern und in Nebensilben ließ man<br />
einzelne Alemannismen weiterhin stehen.<br />
23. Diese Wiederverbaierung schoß gelegentlich<br />
über ihr Ziel hinaus. Als man die alem. ^-Lautungen<br />
für mhd. ä und ä in r§dl{ (Rädlein), w%go (Wagen,<br />
plur.), ßqr (Schere) durch bair. a ersetzte und<br />
daravis rädln, WÜQD, ßär machte, tat man offenbar<br />
<strong>des</strong> Guten zuviel und formte in Westtirol auch die<br />
Lautgruppen -cl- und -er- aus mhd. -el- und -erüber<br />
die bair. Lautverhältnisse hinaus zu -al- und<br />
-ar- mit dem a-Laut um (s. § 2 g 4/5 und Karte 4).<br />
Ähnliche Überschichtungen wie in Westtirol<br />
treffen wir im westlichen Oberbayern am Lechrain<br />
und im Staudengebiet.<br />
Spuren von Restformen und Überbildungen auf<br />
Grund ostmitteldeutscher, vor allem schlesischer,<br />
Einsickerungen treffen wir im Osten, in Südmähren,<br />
im östlichen Niederösterreich und im nördlichen<br />
Burgenland. Belege dafür bieten u. a. die<br />
§§ 2 g 5 und 39 c 2/3. Auch hier sind die außerbairischen<br />
Elemente erst nachträglich dazugekommen,<br />
hier oft viel später als in Tirol. Sie<br />
dürften großenteils zusammenhängen mit der<br />
Massenflucht österreichischer Patrioten zur Zeit<br />
Maria Theresias aus dem preußisch gewordenen<br />
Schlesien. Etliches davon ist allerdings älter.<br />
24. Gelegentlich bildeten sich an der Dialektgrenze<br />
sogenannte Grenzversteifungen. Es sind<br />
teils Erstarrungen einstmals gemeinbairischer Charakteristika,<br />
teils Übertreibungen, bei denen ein<br />
bairisches Lautmerkmal an seiner Außengrenze<br />
lautwidrig auf weitere Wörter übergriff. In althochdeutscher<br />
Zeit, zwischen 770 und 1050, war<br />
speziell im Bairischen inlauten<strong>des</strong> german. -b- zu<br />
8<br />
-p- verändert; nachher wurde es auch im Bairischen<br />
zu jenem -b-, das in den Nachbardialekten<br />
immer vorhanden gewesen war (s. § 27 a 4). Aus<br />
dieser ahd. Zeit, während -p- eine bairische Merkwürdigkeit<br />
gewesen war, blieb in Westtirol, an der<br />
Grenze gegen das Alemannische, und nur hier, in<br />
etlichen Bauernwörtern das ahd.-bair. -p- bis<br />
heute bewahrt (s. § 27 b). Diese trotzige Versteifung<br />
hält in der Tat an der Grenze ein altes Dialektmerkmal<br />
fest. Die andere Art sehen wir beim<br />
silbischen bairischen -n in hQsn (Hasen), redn<br />
(reden). Dafür steht im Alemannischen allgemeines<br />
-v {häsn, redv), im Ostfränkischen immerhin nach<br />
Vokal -Ö (bli-v „blühen", raiv „reuen"). In Zeitwörtern<br />
wie mähen, drehen mußte dieses Infinitiv-«,<br />
im größten Teil <strong>des</strong> Bairischen lautgesetzlich<br />
„vernäselt" werden (mä n , drä n , vgl. hl n „hin" usw.);<br />
es ist aber, da es im benachbarten Alemannischen<br />
(z. B. me(i)ri) und im Fränkischen (me-v) -r> hat,<br />
gewissermaßen in trotziger Opposition, zu „hyperbairischem"<br />
-n verbogen worden (man), und zwar<br />
in einem tiefen, zusammenhängenden Grenzgürtel<br />
(s. § 46 h 9). Es sind diese Grenzversteifungen<br />
anders zu werten als die „falschen Verbairungen"<br />
Einltg. 23.<br />
Übrigens ließ sich das Gefüge der Grenzversteifungen<br />
gleich dem Wesen der Wortsoziologie<br />
zuerst im Rahmen polyglotter Grenzlandforschung<br />
genauer erfassen. Beide Errungenschaften der<br />
Grenzlandkunde kann man mit Erfolg auf die<br />
binnensprachlichen Dialektverhältnisse anwenden.<br />
24 a. Den letzten äußeren Faktor im Dialektund<br />
Lautleben bilden fremdsprachige Einflüsse.<br />
Ausführlich kommen wir auf ihre drei Arten, auf<br />
das Substrat, auf das Superstrat und auf das<br />
Infiltrat, in unserer Einleitung 36 bis 38 zu sprechen.<br />
Schon hier sei ausdrücklich hervorgehoben,<br />
daß das reihenweise Einsickern fremdsprachiger<br />
Laute in deutsche Mundarten stets kleinräumig<br />
bleibt. Nur in exponierten Sprachinseln und in<br />
gemischten Grenzlandschaften wird z. B. in welscher<br />
und slawischer Weise unser w-Laut durch<br />
den stimmhaften Versohlußlaut b ersetzt und<br />
baibzr (Weiber), bqßßdr (Wasser) statt binnenländischem<br />
waiu&r, WQßßdr gebraucht (s. § 25 a 5).<br />
Weitere Lautslawismen finden wir z. B. in den<br />
§§ 24 a 5 und 32 b 1 Fußn., weitere Lautromanismen<br />
in den §§ 17 a 7 und 24.<br />
25. Unsere vier Faktoren, Gesellschaft, Zeit,<br />
Raum und fremdsprachige Einflüsse, sind nur die<br />
äußeren Begleitumstände der Lautveränderungen;<br />
sie sind die Umstände, welche die Ausbreitung<br />
neuer Sprachformen bald begünstigen, bald hemmen,<br />
bald ganz unterdrücken. Es tragen manchesmal<br />
die neuerungsbereite Jugend und das modefreudigo<br />
Städtertum, manchesmal das bedachte,<br />
konservative Alter und das beharrsame Bauerntum<br />
den Sieg davon. Den Kern aller Veränderungen<br />
bilden innere Triebkräfte <strong>des</strong> Lebens und der<br />
Sprache. Darüber gibt es so wenig brauchbares<br />
Schrifttum, daß wir vieles genauer behandeln, als<br />
es in der Einleitung bisher der Fall gewesen war.<br />
Auch diese Triebkräfte lassen sich ähnlich wie die<br />
Begleitumstände deutlich gruppieren und nach<br />
Gesetzmäßigkeiten zusammenfassen.<br />
Bei den Lautvoränderungen sind unter diesen<br />
Triebkräften zwei Gruppen von Vorgängen schärfer<br />
zu unterscheiden. Es sind entweder naturgewachseno<br />
und mehr triebhafte Vorgänge; sie gehen<br />
automatisch vor sich; von ihnen weiß ihre Trägerschaft,<br />
die Sprach- oder Mundartgemeinschaft<br />
selbst, nichts; oder es sind absichtlich und bewußt<br />
herbeigeführte Veränderungen, über die jedermann<br />
Auskunft geben kann und die nicht mehr unmittel-
ar triebhaft sind, sondern aus soziologisch gebundenen<br />
Werturteilen und aus überlegten Konsequenzen<br />
ab u. zu entspringen. Bei den triebhaften<br />
Vorgängen unterscheiden wir hier wieder drei<br />
Arten, einen einfachen und zwei kombinierte Prozesse,<br />
während es bei den bewußten Vorgängen nur<br />
eine Art gibt, den Lautersatz. Unter den triebhaften<br />
Veränderungen besteht also erstens der<br />
einfache Lautwandel, der, wie wir später genauer<br />
sehen werden, in der Tat ganz unbeeinflußt vor<br />
sich geht. Zweitens die Reihenausweichung; sie<br />
bringt das unbewußte Bestreben zur Geltung,<br />
zwei Phoneme (Lautvorstellungen), die aus triebhaften<br />
Umgestaltungen heraus im Begriffe sind,<br />
einander gleich zu werden und zusammenzufallen,<br />
doch noch tunlichst auseinanderzuhalten. Drittens<br />
die Aufsaugung gliederarmer Reihen: ein Phonem,<br />
das nur selten vorkommt, läßt man unbewußt<br />
von einem anderen, häufigeren absorbieren; es<br />
versickert. Anders zu beurteilen ist wie gesagt der<br />
Lautersatz in seiner Bewußtheit.<br />
Der Lautwandel geht, da er unbewußt bleibt,<br />
gesetzmäßig vor sich und duldet keine Ausnahmen<br />
1 ); dasselbe Merkmal <strong>des</strong> Unbewußten und<br />
Ausnahmslosen haftet der Reihenausweichung und<br />
der Aufsaugung gliederarmer Reihen an. Demgegenüber<br />
begeht der Ersatz wie alles menschliche<br />
Denken Irrtümer und läßt in Schriftsprachefernen<br />
Bauernwörtern Restformen zurück, er<br />
öffnet fehlerhaften Umreihungen als falschen<br />
Über- und Rückbildungen und als Mischformen 2 )<br />
Tür und Tor; das sind lauter Dinge, die bei den<br />
anderen drei Arten von Lautumbildungen nicht<br />
nachzuweisen sind. Der einstige Streit darüber, ob<br />
es feste Lautgesetze gibt oder nicht, beruhte, wie<br />
mir scheint, im einen Lager auf einer einseitigen<br />
Überbewertung <strong>des</strong> gesetzmäßigen Lautwandels,<br />
im anderen, gegnerischen Lager, auf einer ungerechten<br />
Überschätzung <strong>des</strong> Lautersatzes mit seinen<br />
Irrtümern und Fehlern. Recht hatten in gewissem<br />
Sinne beide Parteien. Das Wesen aller vier Arten<br />
von Lautwandlungen können wir gründlich nur<br />
am jederzeit überprüfbaren modernen Sprachleben<br />
beobachten.<br />
26. Beim Beweis dafür, daß die Kennzeichen <strong>des</strong><br />
Lautwandels, Unbewußtheit und Ausnahmslosigkeit,<br />
tatsächlich vorhanden sind, müssen wir sehr<br />
ausführlich werden und haben auf Kleinigkeiten<br />
einzugehen, wie sie die Dialektkunde sonst für<br />
gewöhnlich nicht eigens erwähnt. Der Wandel als<br />
Ganzes setzt sich stets aus kleinsten, kontinuierlichen<br />
Teilschrittchen innerhalb der Umgestaltung,<br />
aus einem mikroskopisch kleinen Weiterschreiten<br />
von Lautschattierung zu Lautschattierung, zusammen.<br />
In Wien sprechen die Einheimischen über<br />
55 Jahre in der Regel dio alten Zwielauto ai und<br />
au oder phonetisch genauer äe und do, die jüngeren<br />
Einheimischen aber dio Monophthonge ä und d<br />
(vgl. § 13 d l) 3 ). Genauer besehen gibt es aber in<br />
*) Abgesehen natürlich von lautkombinatorischen<br />
Sondergesetzen mit ihren neuen Regeln. Diese darf<br />
man nicht als Einwand gegen dio allgemeine<br />
Gesetzmäßigkeit <strong>des</strong> Lautwandels ins Treffen<br />
führen, sio sind vielmehr selbständig gewordeno<br />
Lautgesetze.<br />
2 ) Mischfonnen durch Zusammendenken sinnnaher<br />
oder gegensinniger Wörter, z. B. in Teilen<br />
von Altbayern säifd (seicht) und dlnfd (tief), beido<br />
mit -fd, sind natürlich anders zu beurteilen.<br />
3 ) Ausführliches über diesen lebendigen Lautwandol<br />
bietet mein Aufsatz „Lautwandel und<br />
Lautverschiebungen im gegenwärtigen Wienerischen"<br />
(Zoitschr. f. Mundartforschg. 1954).<br />
Einltg. 25—28<br />
Wien zwischen dem alten äe und dem neuen ä<br />
alle nur denkbaren Bindeglieder, also äe, äe usw.<br />
Abgesehen vom Phonetiker bemerkt kennzeichnenderweise<br />
kein echter Wiener seine Monophthongierung,<br />
kein Wiener Sammler <strong>des</strong> österreichischen<br />
Mundartwörterbuches berichtete uns in Wörtern<br />
wie Weib, Haus usw. Monophthongschreibung<br />
oder gab sonst einen Hinweis auf die Vereinfachung.<br />
Vielmehr weiß in Wien kein Mensch<br />
etwas von den neuen Monophthongen, und jeder<br />
Wiener meint Zwielaute zu sprechen. Das führt<br />
geradezu zu phonetischen Widersinnigkeiten. Vor<br />
etwa drei Jahrzehnten teilte ein Wiener Volksschullehrer<br />
der zweiten Klasse im Unterricht seinen<br />
Kindern mit: Den Dswllät „a" im WQDle „dsäd"<br />
wivt g§äriw§n „e" und „i" (der Zwielaut ,,a"<br />
(gedacht als ai\) im Worte „Zeit" wird geschrieben<br />
„e" und „i")l Im Hochsommer 1953 hörte ich in<br />
der Wiener Straßenbahn eine erfolglose spracherzieherische<br />
Ermahnung einer Mutter, die aus<br />
der Provinz stammte, an ihr echt wienerisches<br />
Söhnchen. Das Kind sprach zur Mutter: mutn, i<br />
mext v äs (Mutter, ich möchte eine Portion Gefrorenes!).<br />
Die Mutter verbesserte: mv sgkt nedäs,<br />
mv sqkt <strong>des</strong> (man spricht nicht äs, man spricht<br />
äes), worauf das Kind gekränkt antwortete: \ sgg<br />
§ äs (ich spreche ohnedies äs). Infolge <strong>des</strong> lebendigen<br />
Lautwandels fehlt den Wienern je<strong>des</strong> Gefühl für<br />
den Unterschied zwischen ihren Lautvarianten äe<br />
und a! Es ließen sich noch viele Beispiele aus dem<br />
Leben für das Unbewußte im Lautwandel beibringen.<br />
27. Sobald ein lebendiger, ein spontaner Lautwandel<br />
abgeschlossen und der neue Lautstand<br />
Gemeingut geworden ist, steht vor uns das rechtskräftige<br />
Lautgesetz. Es besitzt auf solche Weise<br />
dieselben Merkmale, wie sie jedem anderen Naturgesetz<br />
anhaften, vor allem seine kompromißlose<br />
Ausnahmslosigkeit. Solche Lautgesetze gibt es<br />
wirklich, die Brüder Grimm hatten mit ihrem<br />
Fachausdruck recht.<br />
An dieser Ausnahmslosigkeit können wir bei<br />
historischen Lautveränderungen noch jetzt konstatieren,<br />
ob sio als fester Lautwandel und dergleichen<br />
oder ob sie als Ersatz vor sich gegangen<br />
waren. Gibt es Restformen und fehlerhafte Umreihungen,<br />
so war es Ersatz 4 ), gibt es keine Ausnahmen,<br />
so war es Wandel.<br />
28. Es steht hinter jedem Wandel zweifelsohne<br />
ein sicheres Gefühl für dio Einheit aller Lauto<br />
gleichen Wertes. Im Wienerischen bilden alle äe<br />
(oder ä) eine feste Reihe, eine in sich geschlossene,<br />
unzertrennliche Einheit, mit einem Wort ein<br />
Phonem im Sinno der Phonologie. Damit ist von<br />
lauthistorischer Seite her der Begriff <strong>des</strong> Phonems<br />
neuerlich umrissen, allerdings mit der Ergänzung,<br />
daß hier das Phonem unbewußt empfunden und<br />
nur gefühlt wird, daß es nicht unbedingt eine<br />
bewußte und wohlüberlegte Lautklassifikation,<br />
eine deutlicho Lautvorstellung, sein muß. Bewußt<br />
werden uns, wio ich glaube, dio Phoneme erst, wenn<br />
4 ) Allerdings vollzieht sich jener Ersatz, bei dem<br />
aus phonologischcn Gründen Ausnahmen gar nicht<br />
möglich sind, äußerlich gesehen zwangsläufig ausnahmslos<br />
wio ein Wandel (s. Einltg. 56), doch sind<br />
solche Fälle äußerst selten. — Aus anderen soziologischen<br />
und räumlichen Schichten nachträglich<br />
entlehnt« Ausdrücke fremden Lautstan<strong>des</strong> darf<br />
man nicht als Ausnahmen werten, ebenso nicht<br />
Sonderlautungen, dio unter Schwachdruck entstanden<br />
sind. Auch allo dieso Fälle darf man<br />
selbstredend nicht gegen die Ausnahmslosigkeit<br />
<strong>des</strong> Lautwandels ins Treffen führen.
Einltg. 28—31<br />
wir sie mit anderen Lautentsprechungen gleicher<br />
Wörter in Nachbarmundarten oder in der Schrift<br />
vergleichen können (s. Einltg. 45/46). Nennen wir<br />
fernerhin dieses unbewußte Gefühl für die Vollreihe<br />
jeder Lauterscheinung das Reihenprinzip.<br />
Das phonologische Reihengefühl erzielt beim<br />
unbefangenen Sprachträger zunächst unbewußt<br />
jene Relationen (Oppositionen) und Korrelationen<br />
der Phoneme untereinander, wie sie Trubetzkoy<br />
(„Polabische Studien") und seine Schülerschaft bei<br />
ihren phonologischen Untersuchungen zu ihren<br />
Phonemenparallelogrammen, die uns freilich hier<br />
kaum interessieren, zusammengefügt haben. Immerhin<br />
verändert sich beim Wandel von äe zu ä<br />
im Wienerischen sofort parallel auch äo zu d, um<br />
nur ein Beispiel für viele ähnliche Fälle zu nennen.<br />
Das sind parallele Reihenschritte, fernerhin nach<br />
A. Pfalz („Reihenschritte im Vokalismus") kurz<br />
Reihenschritte genannt. Solche Parallellaute in<br />
gleichausgerichteten Reihenschritten werden in<br />
unserer „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong> Bairischen"<br />
eine unvergleichlich größere Rolle spielen<br />
als im bisherigen Fachschrifttum. Ihnen zuliebe<br />
wird hier die übliche Anordnung <strong>des</strong> Stoffes umgestoßen<br />
und nach dem Prinzip der Parallellaute<br />
anders zusammengestellt (s. Vorw. 13).<br />
29. Der Lautwandel setzt stets eine besondere<br />
Triebkraft voraus, einen Motor, der ihn vorbereitet<br />
und ihm zum Durchbruch verhilft. Es ist<br />
die neigungsmäßige, natürliche Vorausbestimmung<br />
<strong>des</strong> Wandels, von Lessiak (Einleitung zu den<br />
„Beiträgen zur Geschichte d. deutschen Konsonantismus")<br />
kurz Neigung oder Tendenz genannt.<br />
Gewöhnlich ist es eine bestimmte Akzentuierung,<br />
die zum Wandel drängt. Hinter der Wiener<br />
Monophthongierung steht eine ausgesprochene Vorliebe<br />
<strong>des</strong> Neuwienerischen zum Falldruck, ein<br />
Wort- und Satzakzent, der seinerseits in Wien<br />
wieder ein tschechisches Infiltrat ist (s. Einltg. 38).<br />
Diesem Falldruck laufen natürlich die steigenden<br />
Zwielaute äe und äo <strong>des</strong> Altwienerischen, bei denen<br />
ja der Atemdruck gezwungenermaßen zunimmt,<br />
entgegen; sie werden von ihm mit Vorliebe beseitigt.<br />
— In der Mittelsteiermark mit ihrer Nachbarschaft<br />
herrscht beim Einzelwort normalerweise<br />
ausgesprochener Zweitaldruck; seit wann, das<br />
wissen wir leider nicht genau. Das heißt, daß der<br />
Atemdruck im Verlauf der Stammsilbe zuerst aus<br />
einem Drucktal ansteigt, einen Druckgipfel erreicht<br />
und nachher zum zweiten Drucktal absinkt.<br />
Da dabei die Tonhöhe meistens der Druckstärke<br />
folgt, sagen die Nachbarn, die Mittelsteirer „singen"<br />
beim Sprechen. Dieser dreiteilige Zweitaldruck<br />
drängt die steirischen Zwielaute QV, $D, in,<br />
uv und ae, ao zu Triphthongen. Das ist die Neigung<br />
oder Tendenz. Als Folge davon bemerkt man an<br />
den verschiedensten Stellen der Mittelsteiermark,<br />
<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>, <strong>des</strong> Kärntner Lavanttales, <strong>des</strong><br />
Mürzgebietes und der niederösterreichischen Grafschaft<br />
Pitten, wo der mittelstem Zweitaldruck<br />
auch noch gilt, unabhängig voneinander das Hervorbrechen<br />
der neuen Dreilaute. Die älteren Lautungen<br />
Qrfm (arm), brQvd (breit), gr/tfo'n (kehren),<br />
llvb (lieb), güv&l (Gurgel), hüvd (Hut), häos (Haus),<br />
wäed (weit) hört man jetzt oft mit Q°v, ^o, I'D, yMn,<br />
äo3, äe 3 und manchesmal schon mit den ausgesprochenen<br />
Triphthongen Qov, $eo usw. Natürlich<br />
vollzieht sich auch dieso Triphthongierung unbewußt,<br />
den Sprachträgern selbst geht auch hier<br />
jeder Sinn für die di- und triphthongischen Lautvarianten<br />
gänzlich ab, ja ein Grazer Student<br />
glaubte mir diese Triphthongierung kurzerhand<br />
nicht, obgleich er selbst während seines Protestes<br />
unbewußt triphthongierte.<br />
10<br />
30. Das Hervorbrechen der gleichen Lautneuerung<br />
an verschiedenen örtlichkeiten zur selben<br />
Zeit wollen wir fernerhin Monogenese nennen;<br />
hinter ihr steht überall ein und dieselbe Kraft 5 ),<br />
sie wird überall aus ein und derselben Neigung<br />
geboren.<br />
Monogenese war natürlich auch in früheren<br />
Zeiten möglich. Ebenso wie in der Mittelsteiermark<br />
jetzt eine Neigung im kleinen, war im Hochund<br />
Spätmittelalter im deutschen Sprachgebiet<br />
und darüber hinaus einstens im großen die Neigung<br />
zur Diphthongierung von ahd. * und ü vorhanden.<br />
Ahd. i und u wurden entweder zu \i, %u, zu si, au,<br />
zu ei, ou oder zu ai, au, z. B. in waib (Weib),<br />
haus (Haus) aus ahd. wib, hüs. Auch im Englischen,<br />
in schwedischen Mundarten, im Tschechischen,<br />
in slowenischen und romauntschen Mundarten<br />
ist diese Diphthongierung irgendwie nachweisbar.<br />
Wenn nun die älteren bairischen Außengründungen,<br />
z. B. das Zimbrische der Sieben<br />
Gemeinden, jetzt ausnahmslos die Zwielaute ai<br />
und au aufweisen und waip, Jiauß usw. gebrauchen,<br />
so wurden diese neuen Laute ganz bestimmt nicht<br />
fertig aus der Heimat mitgebracht. Um 1100, zur<br />
Zeit der deutsehen Kolonisierung der Sieben Gemeinden,<br />
steckte die binnenbairische Diphthongierung<br />
höchstens in den ersten Anfängen. Sie<br />
ist im Zimbrischen selbständig und auf eigene<br />
Faust ausgereift eben auf Grund der akzentuell<br />
vorausbestimmenden Neigung und ihrer Monogenese<br />
(Näheres s. § 13 a und b). Neuaufgenommene<br />
Lehnwörter aus der neuen welschen Umgebung,<br />
wie zimbr. woddil (Art Schaufel) aus venezian.<br />
badil und krnnaun (Gemeinde) aus venezian.<br />
komün, die daran noch teilnehmen, sind sichere<br />
Bürgen für dieses selbsttätige Wachsen der Zwielaute<br />
im Zimbrischen.<br />
Für diese Monogenese in der Heimat- und in der<br />
Außenmundart hat bereits Lessiak (a. a. O.)<br />
überzeugende Beispiele, bei denen sich nachträglicher<br />
Einfluß aus der alten Heimat auf die Sprachinsel<br />
von selbst ausschließt, beigebracht. Auch<br />
beim Zimbrischen der Sieben Gemeinden kann,<br />
abgesehen von einem halben Dutzend Kirchenwörtern<br />
(s. § 36 a 3), von nachträglichen binnenbairischen<br />
Einflüssen keinesfalls die Rede sein.<br />
Daß sich übrigens auch im Binnenbairischen die<br />
Diphthongierung als Wandel und nicht als Ersatz<br />
abgespielt hatte, beweist ihre Ausnahmslosigkeit<br />
auch in den binnenbairischen Mundarten.<br />
Nicht immer können wir feststellen, wie die<br />
vorausbestimmende Neigung der Monogenese beschaffen<br />
gewesen und welche phonetische Triebkraft<br />
hinter dem Wandel gestanden war. Ihre<br />
einstige Selbstverständlichkeit ist uns heute manchmal<br />
verschleiert. So steht es beim bair. Wandel<br />
von mhd. ei (spätmhd. ai) zu mundartl. gi und<br />
QD (s. jedoch § 20 e und Einleitung 43). Die Theorien<br />
über die phonetischen Einzelschritte dieses<br />
Wandels laufen weit auseinander, weil er die problematischeste<br />
aller lautgeschichtlichen Fragen <strong>des</strong><br />
Bairischen darstellt. Dennoch ist auch hier Monogenese<br />
wahrscheinlich. Nach Ausweis neu aufgenommener<br />
Lehnwörter haben auch hier die älteren<br />
Außenmundarten den Wandel von ai zu gi und po<br />
ebenso organisch durchgeführt wie das Binnenbairische.<br />
31. Natürlich kommt es vor, daß solche Neigungen<br />
nachträglich öfters unterdrückt und in den<br />
Außen- wie in den Binnenmundarten rückgängig<br />
6 ) Lessiak, der ihr Wesen zuerst erkannt hat,<br />
nannte sie im Hinblick auf das Hervorbrechen an<br />
vielen Stellen Polygenese.
gemacht werden. Gewisse mittelsteirische und<br />
burgenländische Mundarten sprechen in altertümlicher<br />
Weise den -n-Laut nach den hinteren<br />
Selbstlauten m-haltig, nach vorderen Selbstlauten<br />
?$-haltig aus, ein Zustand, der einstmals gemeinbairisch<br />
gewesen sein dürfte. Jetzt aber ist er<br />
großenteils beseitigt worden. Nur in einzelnen<br />
Wörtern vollzog sich durch Überspitzung dieser<br />
Neigung wirklich Wandel zu m bzw. zu ry (s. § 23 a<br />
4/5).<br />
32. In den meisten Fällen können wir die auslösende<br />
Tendenz leicht rekonstruieren. Nach dem<br />
Vorwort 17 steckt hinter dem gemeinsamen Wandel<br />
gewisser mhd. Langvokale und Zwielaute im<br />
Nordbairischen zu steigenden Zwielauten als<br />
innere Triebkraft deren alter Steigdruck, indem<br />
z. B. d in mhd. blasen, schdf (Schaf), ö in mhd.<br />
rot, östern, e in mhd. sne (Schnee), Peter, ie in mhd.<br />
lieb, schiezzen und uo in mhd. huot, vuoz (Fuß) zu<br />
nordbair. ou, qu, e.i, ei und ou in blqusn, squf ; rqud,<br />
ousdvn; sne.i, B§idv; leib, seisn; houd, fous, heute<br />
noch alle mit Steigdruck, gewandelt worden sind.<br />
Seitdem wir die gemeinsame Tendenz bei allen<br />
diesen Wandlungen kennen, brauchen wir das<br />
Nordbairische nicht mehr als Mischmundart aus<br />
verschiedensten deutschen Dialekten (s. Vorwort 17<br />
und § 17 a 2 Fußn.) betrachten, wir brauchen noch<br />
weniger, die Einheit dieser steigenden Diphthongierungen<br />
willkürlich zerreißend, den Wandel von<br />
uo zu nordbair. ou, obendrein auf fragwürdigen<br />
Unterlagen, bis in die althochdeutsche Zeit zurückverlegen,<br />
die übrigen Wandlungen aber erst<br />
für das beginnende 13. Jh. ansetzen. All das ist<br />
überflüssig geworden, zumal schwerwiegende phonetische<br />
und lautgeschichtliche Kriterien das gemeinsame<br />
Schicksal und die Entstehung aller<br />
steigenden Zwielaute <strong>des</strong> Nordbairischen ugf. um<br />
1200 nachhaltig vor Augen führen. Wir dürfen<br />
diese Veränderungen als Ganzheit zusammenfassen.<br />
Auch sonst ist es uns soweit wie möglich darum<br />
zu tun, die verschiedenen Lautentwicklungen als<br />
bodenständiges Ganzes zu vereinigen. Die Ganzheit<br />
Einltg. 31—34<br />
wieder, soweit es noch möglich war, Stimmhaftigkeit<br />
ein (s. § 27 e); diese zog ihrerseits die<br />
sogenannten Kontraktionen <strong>des</strong> 12. Jhs. nach<br />
sich (s. § 27 f). Es wächst also eines aus dem<br />
anderen im Sinne richtiger Kettenreaktionen.<br />
Nicht anders liegen die Verhältnisse bei der<br />
Entwicklungsgeschichte der mundartlichen Quantitätsverhältnisse,<br />
der Verteilung von Lang- und<br />
Kurzvokal, aus dem Althochdeutschen. Die Voraussetzungen<br />
für das Bedürfnis, alle einfachen<br />
Wörter, gleichgültig nun, wie sie im Ahd. beschaffen<br />
gewesen waren, gleich lang zu machen,<br />
waren m. E. nach jenen tiefgreifenden Akzentveränderungen<br />
gegeben, welche ihrerseits die<br />
Kürzung der langen ahd. Nebensilben herbeiführten<br />
und z. B. ahd. zungono, zungün, leben,<br />
machön usw, im Mittelhochdeutschen zu zungen,<br />
leben, machen abschwächten. Dem Bedürfnis nach<br />
gleich langen Wörtern selbst entsprangen dann<br />
hintereinander die Zweisilberdehnung (auch „neuhochdeutsche<br />
Dehnung" genannt), indem z. B.<br />
ahd. hasun zu mhd.-bair. häsen wurde (s. § 27 h),<br />
weiters die Dreisilberkürzung, derzufolge der<br />
Selbstlaut z. B. in gabele dennoch kurz blieb oder<br />
wurde (s. § 27 i), die Kürzung überlanger Stammsilben,<br />
die z. B. ahd. kläftar zu Klafter reduzierte<br />
(s. § 34 i 2/3), und schließlich die Einsilberdehnung<br />
(s. § 34 k), die z. B. den Wandel von ahd. (phonet.)<br />
*zakx zu spätmhd.-bair. *zQkx, wenn auch nicht<br />
mehr im Gesamtbairischen, bewirkte; diesmal<br />
sogar mit überlangem Vokal. Damit waren wenn<br />
möglich die einzelnen ahd. Worttypen gleich lang<br />
geworden. Als später die Apokope, der Schwund<br />
<strong>des</strong> schwachtonigen Auslaut-e, erfolgte und Dreisilber,<br />
wie gabele, zweisilbig (gabel) wurden, erwies<br />
sich die Dreisilberkürzung großenteils als überflüssig.<br />
Die Zweisilberdehnung drang nachträglich<br />
auch bei den Dreisilbern durch. Das ist schon eine<br />
recht komplizierte Kettenreaktion. Sie stellt sich<br />
in Form eines Stammbaumes ungefähr folgendermaßen<br />
dar:<br />
spät ahd. Akzentveränderung<br />
Verfall der ahd. Nebensilben<br />
Bedürfnis nach gleicher Wortdauer<br />
Kürzung überlanger Silben |<br />
Einsilberdehnung<br />
Zweisilberdehnung Dreisilberkürzung Apokope<br />
Dehnung der Dreisilber<br />
<strong>des</strong> Sprachlebens, die sich für uns von selbst versteht,<br />
darf nicht mehr, wie das leider so oft geschehen<br />
ist, willkürlich zerstückelt werden, auch<br />
nicht in der Lautentwicklung.<br />
33. Messen wir die gesamte Lautgeschichte an<br />
den Erfahrungen aus dem modernen Sprachleben,<br />
so gelangen wir bald zur Erkenntnis, daß nicht<br />
selten eine orste Veränderung die Neigung zu einer<br />
zweiten auslöst, die zweite wieder die Neigung zu<br />
einer dritten nach sich zieht usw. Es bauen sich<br />
für uns zum erstenmal richtige Kettenreaktionen<br />
zusammen; hier bleiben sie rein phonetischer Art.<br />
Zweigliedrige Kettenreaktionen kennen wir bereits:<br />
Falldruck als Ursache und Monophthongiorung<br />
als Wirkung im Wienerischen; Zweitaldruck<br />
und Triphthongierung in der Mittelsteiermark. Als<br />
mehrgliedrigo Kettenreaktionen darf man in der<br />
bairischen Lautgeschichte folgende Fälle betrachten:<br />
In frühalthochdoutscher Zeit wurden die<br />
alten stimmhaften Verschlußlauto b, d, g (ugf.<br />
um 750) stimmlos und neigen seither zu den<br />
Starklauten p, t, k, aus denen sich wiedor einerseits<br />
das Notkerscho Anlautgesetz (s. § 27 c),<br />
andererseits dio ahd. Auslautverhärtung (s. § 27<br />
d/e) herleiten. Gegen Ende <strong>des</strong> 11. Jhs. trat jedoch<br />
Auch bei solchen Rekonstruktionen war unsere<br />
Vorstellung der Lautentwicklung als Ganzhoit<br />
maßgebend.<br />
34. Das Streben nach Ganzheit führte schließlich<br />
zur Einordnung <strong>des</strong> komplizierten Systems der sogenannten<br />
Lautsubstitutionen in das Gesnmtgefüge<br />
der Lautgeschichte. Dio Substitutionsgesetze,<br />
dio grundlegende Entdeckung Lessiaks, fassen<br />
die verschiedenen Wiedergaben <strong>des</strong> einzelnen Lautes<br />
fremder Sprachen bei Wortentlehnungen ins<br />
Bairische in feste Regeln. Sie führen zur Erkenntnis,<br />
daß sich diese Gesctzo mit der Zeit und mit<br />
dem Raum verändern können. Ein praktisches<br />
Beispiel zeigt uns das am besten. Der Fremdlaut<br />
,,stimmhaftes 6" wurde, soweit er aus dem Slawischen<br />
stammt, in drei Gestalten eingedeutscht; bis<br />
ins ausgehende 8. Jh., im Frühalthochdeutschen,<br />
als 6, nachher und bis zum Beginn der mittelhochdeutschen<br />
Sprachperiode als v, im Mittel- und<br />
Neuhochdeutschen als w 6 ). Dio Flußnamen früh-<br />
*) Unter bestimmten lautkombinatorischen Voraussetzungen<br />
kann das slaw. b auch anders behandelt<br />
werden. Allo Sonderrcgeln hier anzuführen<br />
ist im Rahmen dieser Ausführungen nicht notwendig.<br />
11
Einltg. 34—36<br />
slaw. *Belä (Weißenbach) und *Rübinicd (Fischbach)<br />
erschienen demnach im Frühahd. als *Belä<br />
(daraus ahd.-urkdl. Pialdha, jetzt Pielach) und<br />
*Rübiniccha (ahd. Rüpiniccha, mhd. Rubnic,<br />
später Raubmig, jetzt Raming) mit b; die altslowen.<br />
Entsprechungen, Belä und (spät) Rib(i)nica<br />
erscheinen als ahd. *Vela (jetzt Vellach) und<br />
Rivinitza (jetzt Reifnitz) mit v (f); neuslowen.<br />
Bela und Ribnica als nhd. Wele in Zarz (mundartl.<br />
W&le) und als Ribnitza (in Krain) mit w (b).<br />
Die einzelnen Entsprechungen verteilen sich folglich<br />
im Raum gemäß der fortschreitenden bairischen<br />
Kolonisation, indem die älteste Substitution<br />
<strong>des</strong> Frühahd. im Bereich der Donaustraße, die<br />
mittlere <strong>des</strong> Ahd. im Alpengebiet und die jüngste<br />
<strong>des</strong> Mhd.-Nhd. am Südrand von Österreich und in<br />
Slowenien vorkommt. Altromanisches b wurde im<br />
Frühalthochdeutschen gleichfalls als b entlehnt,<br />
z. B. in den Ortsnamen vlat. *Bautiänum, *Brjxinone<br />
als frühahd. *Baotzän(a), *Brihsinün (daraus<br />
ahd. Pötzän, Prihsinün und — mit falschem nom.<br />
sing. Prihsind und jetzt Bozen, Brixen), und<br />
romanisches und magyarisches b in mittel- und<br />
neuhochd. Zeit ebenfalls als w, etwa in den Ortsnamen<br />
pustertal. Wildit aus ladin. Bilei (vlat.<br />
*Betidetum) und burgenländ. Wikß aus altmagyar.<br />
*Bükkös (local); magyar. Büklc. Aber statt <strong>des</strong><br />
ahd. Ersatzlautes v für slaw. b tritt im Anlaut in<br />
Lehnwörtern aus dem Romanischen und Magyarischen<br />
der Ersatzlaut p- auf, z. B. in ahd. *Puvulas<br />
(jetzt Pufels) aus vlat. *Bübula (daraus grödnerisches<br />
Bula) oder in ahd. *Piudun (jetzt Bujding,<br />
sprich Püidirif) aus altmagyar. (local) *Beüdün zu<br />
*Beüd (jetzt magyar. BÖd). An diesen recht verwickelten<br />
Verhältnissen erkennt man vorerst, daß<br />
die bairischen Ersatzlaute für frem<strong>des</strong> b im Laufe<br />
der Zeit wie im Wechsel der Sprachen veränderlich<br />
sind.<br />
»Umgekehrt wurde für bair. 6 in den Fremdsprachen<br />
bis gegen 800 frem<strong>des</strong> b eingesetzt, z. B.<br />
im Friaulischen brut (Schwiegertochter) aus frühahd.<br />
brut, im Grödnerischen boß (Kuß) aus frühahd.<br />
*buss; ungefähr zwischen 770 und 1050 wurde<br />
dafür frem<strong>des</strong> p eingesetzt, z. B. in slowen.mundartl.<br />
Sipa und in grödn. sipa (Scheibe, Fensterscheibe),<br />
in grödn. tupa (Taube) und in slowen.mundartl.<br />
tüpuz (Taubenhaus) aus ahd. skipa,<br />
tüpa, tüpahüs; nachher gilt wieder frem<strong>des</strong> -b-,<br />
etwa in slowen.-mundartl. sribati (schreiben) usw.<br />
35. Die Auflösung aller dieser Lauträtsel erlaubt<br />
die deutsche Urkundensprache. Bis ugf. um 770<br />
wurde im Bairischen tatsächlich 6 geschrieben, und<br />
hinter diesem Buchstaben 6 verbirgt sich der Lautwert<br />
(stimmhaftes) b. Damals ergaben sich von<br />
selbst die Entlehnungen friaul. brut und grödn. boß<br />
und die Lehnformen frühahd. *Belä, *Baotzän<br />
(Pielach, Bozen). Seit 780 trat mit dem bair.<br />
Buchstaben p offenbar der Laut p dafür ein,<br />
geschrieben tüpa, g'e'pan (geben), daher die Entlehnungen<br />
Sipa, tupa; weil ab 780 einige Zeit hindurch<br />
der Lindlaut b im Bair. nicht existierte, sah<br />
es sich gezwungen, das slawische b mit einem anderen<br />
stimmhaften Lippenlaut, mit v, wiederzugeben<br />
; so in ahd. * Vela, Rivinitza 7 ) — wenn sich<br />
das Romanische und das Magyarische mit Pufels,<br />
Bujding usw. anders verhalten, so hat dies nichts<br />
mit der deutschen Lautgeschichto zu tun und<br />
hängt offenbar mit den andersgearteten phono-<br />
7 ) Umgekehrt wurde übrigens damals das ahd.<br />
v auch im Slawischen, und zwar wieder nur im<br />
Slawischen, mit fremden b wiedergegeben, z. B. in<br />
slowen. bärva (Farbe), hdbnar (Hafner) aus ahd.<br />
varwa, havanäri.<br />
12<br />
logischen Lautsystemen <strong>des</strong> Romanischen und<br />
Magyarischen dem System <strong>des</strong> Slawischen gegenüber<br />
zusammen, was nicht mehr hierher gehört. —<br />
Um 1050 hören im Bair. die inlautenden -p-Schreibungen<br />
auf. Seit 1100 wird daher für frem<strong>des</strong> b<br />
aller Sprachen unser w eingesetzt, das als doppellippiger<br />
Reibelaut im Bairischen eben damals neu<br />
im Entstehen war; darum seither die Entlehnungen<br />
sribati usw. und die Lehnformen Wele, Wildit<br />
usw. (vgl. § 27 a 5).<br />
Unsere Substitutionsgesetze lassen sich vortrefflich<br />
mit dem wechselnden Buchstabengebrauch<br />
in der altbair. Orthographie zusammenfügen. Sie<br />
beweisen nicht mehr und nicht weniger, als daß die<br />
sich ablösenden Buchstaben <strong>des</strong> Althochdeutschen<br />
ernst zu nehmende Wiedergaben wirklich gesprochener<br />
Laute gewesen waren. Wären sie nur,<br />
wie man gelegentlich behauptet, papierene Schreibermoden<br />
gewesen, so würden sie nicht so gut mit<br />
den Substitutionsgesetzen übereinstimmen. Diese<br />
grundlegende Feststellung, die bei den Lauten ein<br />
für allemal gilt, ist für die Beurteilung der ahd.<br />
Sprachdenkmäler und ihrer Rechtschreibung sehr<br />
wichtig. Sie zeigt uns die phonetische Zuverlässigkeit<br />
der ahd. Orthographie. Gleichzeitig ist damit<br />
die hohe Bedeutung der Lehnwort- und Ortsnamenforschung<br />
für die Lautgeschichte sichtbar<br />
geworden und nicht zuletzt die wunderbare Konkordanz<br />
unserer lautgeschichtlichen Quellen.<br />
36. In Verbindung mit den Substitutionsgesetzen<br />
wenden wir uns zum drittenmal der reihenweisen<br />
Übernahme von Fremdlauten in unsere<br />
Mundarten zu und damit Erscheinungen wie dem<br />
Lautsubstrat und dergleichen; wir beschäftigen uns<br />
diesmal gründlicher mit ihnen als bisher. Gerade<br />
über das Wesen <strong>des</strong> Lautsubstrates liegen so gut<br />
wie keine systematischen Forschungen am wirklichen<br />
Leben vor (s. auch Vorw. 17), obgleich<br />
heute sehr viele schwer deutbare Lautentwicklungen<br />
verschiedenster europäischer Sprachen oft<br />
kurzerhand als Substrat ausgedeutet werden. Das<br />
Vorhandensein richtiger Substrate, bei denen der<br />
Lautstand aus einer abgestorbenen Sprache in der<br />
neuen Lan<strong>des</strong>sprache fortlebt, wurde schon im<br />
Vorwort zugegeben, doch wurde in der Einleitung<br />
24 ausdrücklich betont, daß fremdsprachige Lauteinsickerungen<br />
heute stets auf kleine Räume beschränkt<br />
bleiben. Ihre Verbreitung bleibt bei uns im<br />
Verhältnis zu den dahinterliegenden Großräumen,<br />
wie eigene eingehende Forschungen um die polyglotte<br />
deutsch-romanisch-slawische Dreisprachenecke<br />
rund um das Kanaltal reichlich beweisen, viel<br />
zu bescheiden, als daß man auf Substraten und dergleichen<br />
schwerwiegende Theorien bezüglich der<br />
Lautentwicklung von großen Dialekten und von<br />
ganzen Sprachen, wie das so gerne geschieht, aufbauen<br />
dürfte. Auf Kärntner und Steirer Boden<br />
gibt es kein großräumiges slowenisches, auf Tiroler<br />
Boden kein großräumiges welsches Lautsubstrat,<br />
auf slowenischem Boden kein großräumiges welsches<br />
und auf friaulischem Boden kein großräumiges<br />
slawisches Lautsubstrat! Selbst unsere<br />
kleinräumigen Substratlandschaften neigen meistens<br />
noch zur Angleichung, und die große binnenländische<br />
Einheitlichkeit ist an den übrigen Sprachgrenzen<br />
um Österreich nicht anders. Dies muß<br />
endlich mit voller Deutlichkeit zur Ehrenrettung<br />
der monogenetischen Schaffenskraft der Sprachen<br />
und Dialekte gesagt werden.<br />
Länger vermögen sich Fremdlaute gewöhnlich<br />
nur zu behaupten, wenn die neue Sprache an<br />
Stelle eines einzigen Phonems der älteren Sprache<br />
zwei neue, schwer unterscheidbare Phoneme (und<br />
Laute) gegenüberstellen müßte. Zwei Beispiele da-
für mögen hinreichen; sie zeigen zugleich die Kleinräumigkeit<br />
auf. Beide betreffen die Zischlaute.<br />
Das Frühmittelhochdeutsche besaß vier verschiedene<br />
Zischlaute (s. § 32 a 2): ß; z und /}; ß oder,<br />
vereinfachter geschrieben, s; z und s; s. Das<br />
Slowenische hat zwar auch vier Zischlaute, aber<br />
sie gruppieren sich phonologisch anders: z und s;<br />
z und s. In zwei alten Bauernsprachinseln auf<br />
slowenischem Boden, Zarz und Gottschee, blieben<br />
demgemäß zwar die deutschen Phoneme s und s,<br />
weil sie auch das Slowenische hat, stehen; die<br />
frühmhd. Phoneme z und s wurden aber zu z und ä<br />
slowenisiert, weil es im Slowenischen normalerweise<br />
ein z und s nicht gibt und nicht gegeben hat<br />
(s. jedoch unten); dies geschah sogar, obgleich das<br />
slowenisierte s aus älterem s und altes s, z. B.<br />
in (zimbr.) gvwisse (gewiß), ix drisse (ich dresche),<br />
nunmehr zusammenfallen mußten (gottsch. gdvnssd,<br />
ix dris; dazu s. auch § 32 a 3). — Beim<br />
zweiten Beispiel muß zunächst die Vorgeschichte<br />
klargestellt werden. Im Altslowenischen (z. B. in<br />
den Freisinger Denkmälern) und in konservativen<br />
slowenischen Mundarten der Gegenwart können die<br />
Zischlaute in mannigfacher Weise assimiliert werden;<br />
nicht selten ergeben sich bei engerer Nachbarschaft<br />
von z, s und z, s und umgekehrt z, s,<br />
also Laute, die als Phoneme normalerweise dem<br />
Slowenischen abgehen. Diese sonderbaren Assimilationsprodukte<br />
<strong>des</strong> Slowenischen sind nun von<br />
zwei weiteren deutschen Sprachinselmundarten<br />
Sloweniens nicht nur aufgegriffen, sondern verallgemeinert<br />
worden. In der Suchen, dem äußersten,<br />
halbslowenisierten Westen <strong>des</strong> einstigen Gottscheer-Lan<strong>des</strong>,<br />
und in Deutschruth gibt es statt<br />
der vier spätahd. Zischlaute s; z und s; s nur mehr<br />
zwei Lautwerte, z und s, es sind sonach sogar drei<br />
Phoneme, frühmhd. s, s und s, vereinheitlicht.<br />
Zimbr. gowisse, ix drisse und ix isse (ich esse)<br />
reimen etwa in Deutschruth als geb[s, \ dr{s und<br />
\ \s. Ist nun diese Änderung auf Deutschruther<br />
Boden ein slowenisches Substrat im Deutschen,<br />
so blieb die deutschmundartliche Vereinfachung der<br />
Zischlaute in Deutschruth umgekehrt als deutsches<br />
Substrat in der neuen, slowenischen Mundart auf<br />
dem Boden unserer einstigen Sprachinsel erhalten.<br />
Die slowenische Bauernmundart von Deutschruth<br />
fällt der slowenischen Umgebung durch ihre Unfähigkeit,<br />
slowen. z und z, s und s zu trennen,<br />
auf und behält z, s bei. Das ist ein typisches<br />
Substrat.<br />
37. Gelegentlich kommt es in Kleinräumen zur<br />
Übernahme richtiger Lautveränderungen aus der<br />
Fremdsprache. Dabei handelt es sich jedoch meistens<br />
um Superstrate, um Einsickerungen aus der<br />
fremden Verkehrs- in die einheimische Haussprache.<br />
Es läßt sich nachweisen, daß das Welsche<br />
im Trentinischen und Gebirgsvenezianischen einstmals<br />
für vlat. ü den M-Laut gebraucht hatte; die<br />
welschen Lohnwörter im Zimbrischen der Sieben<br />
Gemeinden und im Fersentalerischen geben noch<br />
in verhältnismäßig jungen Lehnwörtern vlat. u als<br />
ü wieder. Man sagte also früher trent.-venez. mür<br />
(Mauer), ün (einer) und ersetzte sie welscherseits<br />
erst neuerdings durch mür, ün. Dio gleiche Veränderung<br />
hat nun das Zimbrische, und zwar gleich<br />
an zwei Stellen, in Lavarone und in den Dreizehn<br />
Gemeinden, durchgeführt. Für zimbr. üwel (übel),<br />
kxraötßße (Kreuz), hüte (aus älterem *hÜ9te; Hüte)<br />
in den Sieben Gemeinden wird in den Dreizehn<br />
Gemeinden üwnl, khrauttße, hüdte und in Lavnrone<br />
üivl, kxrauts, hünt eingesetzt. Weil unser Gebirgsvenezianisch<br />
im 13. Jh. -l- nach Mitlaut zu -/verändert<br />
und z. B. altvenez. plazza, clamar<br />
(ähnlich wio das Schriftitalienische) damals zu<br />
Einltg. 36—39<br />
piazza, chiamar (jetzt venez. piaßßa, tsamär ausgesprochen)<br />
machte, sagt man neuerdings auch<br />
im Deutschen der Dreizehn Gemeinden piäznn<br />
(blasen), kioukke (Glocke) oder auch kompromisselnd,<br />
aber älter pläzvn, kioukke für pläzen,<br />
Mokka in den Sieben Gemeinden (s. § 49 b 2). —<br />
Tiefer ins Lautgefüge greift speziell in den Sieben<br />
Gemeinden die Verschiebung der alten Silbengrenze<br />
innerhalb aller Affrikaten aus dem Verschluß- in<br />
den Reibelaut, z. B. in wetßßen (wetzen), vitßßa<br />
(Wicke), öpffel (Apfel), wekxxen (wecken) statt<br />
(ötztalerischem) wettßn, vittßa, eppfl, wekkxVt unter<br />
altvenezianischem Einfluß (Näheres s. § 34 f).<br />
38. Die Infiltrate, eine dritte Art der Grenzberührungen,<br />
sind, aufs Lautliche bezogen, Aussprachen,<br />
welche durch vorübergehende Zuwanderungen<br />
fremder Elemente importiert und in die<br />
herrschende Sprache aufgenommen worden sind.<br />
Während der Regierungszeit Kaiser Franz Josefs<br />
sind derart viele Tschechen in Wien eingewandert,<br />
daß um 1920 ein Drittel aller Wiener Familiennamen<br />
tschechischen Ursprungs gewesen war. Diese<br />
Wiener Tschechen haben rasch deutsch gelernt;<br />
meistens von Mund zu Mund und nicht im Schulunterricht<br />
und nach Lehrbüchern. Ihre Kinder<br />
und Kin<strong>des</strong>kinder haben das Tschechische längst<br />
verlernt, sie selbst sprachen oft schon so mangelhaft<br />
ihre Muttersprache, daß sich die Prager in<br />
Spottsprüchen darüber lustig machten. Aber bald<br />
nach dem ersten Weltkrieg kamen im Wiener<br />
Dialekt die ersten tschechischen Lautinfiltrate zum<br />
Vorschein. Der Jungwiener Verlust der Vokalnäselung<br />
(s. § 46 d) ist wahrscheinlich, der übertriebene<br />
Wiener Falldruck sicher ein solches Tnfiltrat;<br />
es ist jener Falldruck, der nach Einltg. 29<br />
seinerseits die Wiener Monophthongierung nachzieht.<br />
39. Bekanntlich ist die Lautentwicklung nicht<br />
das einzige verändernde Moment im Leben der<br />
Sprache. Beispiele für lautwidrigen Paradigmenausgleich<br />
im Sinne der Flexion findet man häufig<br />
neben jenen archaisch wirkenden Rückständen<br />
alter, lautgesetzlicher Doppelformen, wie wir sie<br />
im Vorwort 19 erwähnt haben. Die wechselnden<br />
Lautformen innerhalb <strong>des</strong> Abwandlungsparadigmas<br />
wurden langsam unverständlich und überflüssig.<br />
Das lautgesetzliche -i- für stammhaftes -e- im plur.<br />
gewisser Neutra, wie es restweise im schwäbischen<br />
Gegendnamen die Fuder, d. i. eigtl. der frühahd.<br />
plur. vildir zu veld (Feld), fortlebt und wie wir<br />
es in frühahd. britir zu br'c't (Brett), skiffir zu sk'e'ff<br />
(Schiff) vor uns sehen, ist ausgestorben. Auch dio<br />
jüngeren ahd. Ersatzformen mit dem -e- der<br />
Paulschen Regel (s. § 3 o 1) in Bre'tcr zum sing.<br />
Bret sind nur mehr in beharrsamsten Rückzugslandschaften<br />
und bei falschem Ausgleich bewahrt,<br />
z. B. in Kes (Gletscher) und Schcff (Schiff) nach<br />
den Pluralen Kcser, Scheffer (ahd. *kesir, sk'cjfir),<br />
da eigentlich Kes, Scheff zu erwarten wäre. Über<br />
den verschiedenen Ausgleich zwischen dem Imperativ<br />
der starken und der schwachen Zeitwörter<br />
8. § 34 k 6 ff. In Niederbayern und im Böhmerwald<br />
wurde bei den starken Zeitwörtern das c <strong>des</strong><br />
plur. verallgemeinert, so daß man Lautungen, die<br />
auf du segst (du siehst) er helft (er hilft) zurückführen,<br />
zu hören bekommt. Zum mannigfachen<br />
Ausgleich von ahd. ich giuzzu; du giüzzis, er<br />
giüzzit; tvir giozzames, ir giozzal, siu giozzant als<br />
altes Präsens zu gießen usw. s. § 16 j und Karte 13.<br />
Im plur. aller jener Hauptwörter, bei welchen<br />
durch Apokopo oder aus anderen Gründen Singular-<br />
und Pluralformen gleich zu werden drohten,<br />
ist im Mhd. der Plural-Umlaut, der eigentlich nur<br />
den alten -i-Stümmen (ahd. gast, gesti) zusteht,<br />
13
Einltg. 39—42<br />
als willkommenes Unterscheidungsmittel zum pluralischen<br />
Bildungsprinzip erhoben worden und zu<br />
Rock, Tag; Wagen, Kasten, Garten mundartlich<br />
und teilweise auch schriftsprachlich Röcke, Tage;<br />
Wägen, Kästen, Gärten gebildet worden; im Burgenland<br />
sogar zu Stuben (Stube) das pluralische<br />
Stuben (ßtiwvn). Bei den schwachen männlichen<br />
und weiblichen Hauptwörtern wird im nom. sing,<br />
getrennt: Die Personen- und Tierbezeichnungen,<br />
etwa Narr, Pfaff'; B'e'r (Bär), Has"; Mueme (Tante),<br />
Tote oder Gote (Patin); Henne, Kröte (Kröte),<br />
bewahren die ungestörte lautgesetzliche Entsprechung<br />
<strong>des</strong> nom. sing., die Sachbezeichnungen<br />
gleichen aber, abgesehen von einigen südbairischen<br />
Rückzugsschollen, nach dem -en der casus obliqui<br />
aus und gebrauchen jetzt auch im sing. nom.<br />
•en in Kasten, Garten; Rosen, Stuben. Die konservativen<br />
südalemannischen Mundarten treffen jedoch<br />
eine andere Regelung. Sie behandeln die<br />
Tier- nicht mehr wie die Personen-, sondern wie<br />
die Sachbezeichnungen: B'e'ren (Bär), Hasen (Hase)<br />
gehen mit Kasten und stehen gegen Narr. Ein<br />
alter Alemannismus auf Westtiroler Boden ist<br />
daher dieselbe Ordnung im Mitterötztal: norre,<br />
pffqffe, aber pQorn (Bär), liQzn (Hase) wie kxqßtn.<br />
Eine Art Vorstufe dazu entdecken wir im Zimbrischen<br />
der Sieben Gemeinden: narre, p ff äffe, aber<br />
pqro, hazo wie kxaßto (aber im acc. sing, narren,<br />
pffaffen wie p$rn, hazen und wie kxaßten), wo also<br />
der südalem.-ötztal. Entwicklungsstand noch nicht<br />
ganz ausgereift ist. Das sind Proben für solche<br />
Störungen im Bairischen durch Paradigmenausgleich<br />
mannigfacher Art.<br />
40. Das sichere Gefühl für jede einzelne Lautreihe<br />
ist das tragende Moment beim Lautwandel.<br />
Es überträgt sich automatisch auf die Parallellaute<br />
in ihren Reihenschritten. Gleichfalls unbewußt,<br />
jedoch unter dem Einfluß nicht mehr paralleler<br />
Phoneme, vollzieht sich die Reihen- und<br />
Lautausweichung. Es herrscht dabei das Bestreben,<br />
klangnahe Phoneme, welche Gefahr laufen,<br />
zusammenzufallen und in eine Reihe vereinigt zu<br />
werden, dennoch irgendwie auseinanderzuhalten.<br />
Die Phoneme weichen voreinander aus, man darf<br />
geradezu von Homophonenflucht sprechen. Bei der<br />
Laut- oder Reihenausweichung kommt ein feines<br />
phonologisches Gefühl zum Ausdruck, das allerdings<br />
nicht bei allen Lauten und nicht in allen<br />
Gegenden gleich stark wirkt.<br />
Es gibt sonderbarerweise Reihenzusammenfall,<br />
dem sich die bair. Mundarten bedenkenlos fügen,<br />
anderen, dem nur die Verkehrsmundarten Folge<br />
leisten, wieder anderen, dem auch die verkehrsfernsten<br />
Mundarten nichts mehr in den Weg legen.<br />
Das Bairische und die meisten hochdeutschen Dialekte<br />
nehmen keinen Anstoß an der Umlautentrundung,<br />
wenngleich durch sie die alten Umlaute<br />
den alten vorderen Vokalen gleich wurden (vgl.<br />
§ 6 a). Z. B. sind im Wienerischen mhd. hüttcn<br />
(dio Hütten) und bitten, rocke und ich wecke, höhe<br />
und sne (Schnee), mtise (die Mäuse) und is (Eis),<br />
müede (müde) und lied (Lied) als hittnjbittn,<br />
rek/i rock, 7if/£nf, mäisjäis, mlvdßivd vokalgleich;<br />
diese Paare können im Volkslied als reine<br />
Reime gebraucht werden. Der bairische Zusammenfall<br />
von (gedehntem) mhd. a und von (langem)<br />
mhd. d etwa in hasen (die Hasen) und blasen<br />
(blasen) stieß landschaftsweise schon auf einigen<br />
Widerstand, obgleich hQsiilblgsn und dergleichen<br />
jetzt schon im größten Teil <strong>des</strong> bair. Dialektgebietes<br />
im Reim miteinander gebunden werden<br />
können. Im Südbairischen haben zwar, abgesehen<br />
von den Sieben Gemeinden, die ältesten Außengründungen<br />
schon den Gleichklang, doch wird in<br />
14<br />
der südbair. Urkundensprache bis um 1300 auffallend<br />
oft graphisch zwischen a und ä unterschieden.<br />
Im Mittelbairischen bleibt der Unterschied<br />
noch länger aufrecht und besteht in drei<br />
abgelegenen Rückzugsgebieten bis jetzt fort, in<br />
der nordbair. Bauernmundart ist die Unterscheidung<br />
noch jetzt aufrecht (s. § 1 e, f).<br />
41. Der Widerstand gegen drohenden Gleichklang<br />
ist heute in den Verkehrs- und Stadt-, aber<br />
auch in den Außenmundarten erheblich schwächer<br />
als in den binnenländischen Rückzugslandschaften.<br />
Seitdem gegen 1300 im Mittelbairischen durch die<br />
Liquidenvokalisierung -r- zu -r>- wurde (s. § 50 c 3),<br />
besteht in Niederösterreich die Gefahr, daß qu aus<br />
mhd. -ar- und -or- und qv aus mhd. ei zusammenfallen<br />
und z. B. Qv'm (arm), gsdqri'm (gestorben)<br />
und swQv'm (mhd. sweiben „schwemmen") zu<br />
echten Reimwörtern werden. In den Stadt- und<br />
Marktmundarten älterer Prägung ist es auch wirklich<br />
dazu gekommen. In der alten Bauernmundart<br />
<strong>des</strong> Ybbs- und Erlaftales bleiben jedoch alle drei<br />
Reihen getrennt: gv'm klingt anders als gsdätfm,<br />
dieses wieder anders als swäv'm. Die Unterschiede<br />
sind allerdings so gering, daß sie die meisten<br />
schriftlichen Berichterstatter übersehen. In großen<br />
Teilen Niederösterreichs lassen die alten Bauern<br />
zwar -ar- und -or- gleich werden, trennen aber<br />
davon immerhin noch mhd. ei, z. B. im Weinviertel<br />
Qv'm wie grsdpo'm, aber swän'm oder<br />
sivätfm. Die Lautreihen weichen also im alten<br />
Bauerndialekt voreinander aus, im Verkehrs-,<br />
Markt- und Stadtdialekt nicht mehr. Ähnliches<br />
bemerken wir bei mhd. o und mhd. ei im Südbairischen.<br />
Einen guten Überblick über die südbairischen<br />
Verhältnisse geben Karte 10 und<br />
§ 11 b und 20 d. Hier unterscheiden gleichfalls<br />
gerade immer die verkehrsfernen Landschaften 8 ).<br />
Wenn dagegen die älteren südbairischen Sprach -<br />
inselmundarten, in den Sieben und Dreizehn Gemeinden,<br />
in Zarz und Deutschruth und im Fersental<br />
z. B. rqüt (rot) und prqvt (breit) zusammenfallen<br />
lassen, so ist dies ein wertvoller Fingerzeig.<br />
Die Träger der Verkehrsmundart stehen in lebhafter<br />
Berührung mit Sprechern auswärtiger Mundarten.<br />
Dabei schleift sich das feine Ohr für die<br />
eigenmundartlichen Differenzierungen ab, das phonologische<br />
Unterscheidungsbedürfnis vermindert<br />
sich. Dasselbe gilt bei den Bewohnern der Sprachinselmundarten<br />
mit ihrer fremden Verkehrssprache.<br />
Dagegen besteht in Gottschee, wo auch die Verkehrssprache<br />
immer deutsch und außerdem ein<br />
verhältnismäßig großes Gebiet mit einer eigenen<br />
Stadt eigensprachig gewesen war, folgerichtig die<br />
alte Unterscheidung: mhd. 6 wird zu qa oder ua,<br />
mhd. ei aber zu qi, qai, uai, uei.<br />
42. Im Mittelalter war bei allen Bevölkerungsschichten<br />
die Verbundenheit mit dem Bauernloben<br />
größer und die Gelegenheit zu Berührungen mit<br />
anderen Gesellschaftsschichten unvergleichlich geringer<br />
als heute. So kommt es, daß für die alte<br />
Zeit Reihenausweichungen häufiger nachzuweisen<br />
sind als für die Gegenwart. Drohte durch einen<br />
Lautwandel ein Phonem den Platz eines anderen<br />
Phonems zu besetzen, so wich auch damals das<br />
andere Phonem aus; dieses drückte vielleicht auf<br />
ein drittes, das dritte auf ein viertes Phonem usw.<br />
Es wurde wieder eine Kettenreaktion daraus; diesmal<br />
war sie nicht rein phonetischer Art, sondern eine<br />
8 ) Nur das südliche Kärnten mit seinem Städtedreieck<br />
Klagenfurt, Sankt Veit und Villach gehört<br />
überraschenderweise auch zu den unterscheidenden<br />
südbairischen Mundarten; warum, das erfährt man<br />
im § 20 g.
mehrgliedrige Homophonenflucht. Es entstand das,<br />
was die Brüder Grimm Lautverschiebung genannt<br />
hatten; übrigens auch ein Ausdruck, den eine<br />
übermütige Nachwelt einige Jahrzehnte lang als<br />
„unsachlich" anzweifelte. Stellen wir uns vorerst<br />
nur die Zahnlaute während der hochdeutschen<br />
Lautverschiebung vor. Um 750 wurde german. ß<br />
über ö zu d; davor mußte german. ä zu t ausweichen;<br />
der Platz <strong>des</strong> ^-Lautes war schon um 700<br />
durch den Wandel von german. t zu ßß und tß<br />
(geschrieben zz und (t)z) frei geworden, ja diese<br />
Sogstelle wird die Schuld an der ganzen Verschiebung<br />
tragen; vor diesem ß wich wahrscheinlich<br />
schon um 700 das germ. ß (s) zu ß aus und führte<br />
überdies um 750 zur stimmhaften Variante z. Das<br />
ist eine richtige Lautverschiebung, wie man sie<br />
sich klarer nicht denken kann, eine ausgesprochene<br />
Kettenreaktion. Weil dabei vorne ein Lautwert,<br />
das ß, verloren ging, mußte als Entschädigung<br />
dafür hinten ein neuer Lautwert, ß (z), angestückelt<br />
werden.<br />
43. Nicht immer fügen sich diese ausweichenden<br />
Verschiebungen dem Schema paralleler Reihenschritte.<br />
Gelegentlich gerieten beide Wandelsysteme,<br />
Verschiebungen und Reihenschritte, zueinander<br />
in Widerspruch. Dann kam es zur Störung<br />
der Reihenschritte. Die parallelen Reihenschritte<br />
der ahd. Verschiebung sehen bei den Zahnlauten<br />
etwas anders aus als bei den Lippen- und Gaumenlauten.<br />
Stellen wir die drei Kettenreaktionen<br />
untereinander:<br />
bei den Zahnlauten: ß wird zu d; d daher zu t; t zu ßß, tß; ß zu ß, z;<br />
bei den Lippenlauten: fehlt; b wird zu p; p zu ff, pff; ff zu ff, v;<br />
bei den Gaumenlauten: fehlt; g wird zu *k; k zu xx, kx; x zu h><br />
Diese Reihenschritte sind in einem Punkt nicht<br />
parallel: den Lippen- und Gaumenlauten fehlt das<br />
Seitenstück zum Wandel von ß zu d. Gerade dieser<br />
Mangel verursachte weitere Störungen. Der Wandel<br />
<strong>des</strong> alten dzut mußte unter dem Druck <strong>des</strong> neuen d<br />
so bald und so gründlich wie möglich stattfinden;<br />
er war notwendig, weil das neue d das alte d abdrängte.<br />
Die parallelen Wandlungen von b zu p<br />
und von g zu *k waren nicht so wichtig, b und g<br />
brauchten vor niemand ausweichen. Infolge dieser<br />
Ungleichmäßigkeit stellte sich im Lichte der ahd.<br />
Orthographie der Wandel von d zu t bereits um 750,<br />
und zwar im ganzen Oberdeutschen, ein; der<br />
parallele Wandel von b zu p kam im Bairischen<br />
erst zwischen 770 und 780 zum Ausbruch und<br />
wurde hier im Inlaut um 1050 wieder rückgängig<br />
gemacht, im Alemannischen kam es nur zu kümmerlichen<br />
und vorübergehenden Ansätzen, im Ostfränkischen<br />
nicht einmal mehr zu diesen; beim<br />
Wandel von -g- zu -*k- kam es nur mehr im<br />
Bairischen zu einem bescheidenen Anlauf von<br />
kurzer Dauer (ausführlich darüber s. § 27 a) 9 ).<br />
Auf einem ähnlichen Widerstreit zwischen<br />
Reihenschritten und Lautausweichungen beruht<br />
m. E. die Störung der Reihenschritt« bei mhd.<br />
ou und öü einerseits und bei mhd. ci andererseits.<br />
Bis um 1200 voränderten sich alle drei Zwielaute<br />
parallel; wurden frühahd. au und *aü im 9. Jh.<br />
zu ou und *öü, so wurde auch ai zu ei; wurden im<br />
12. Jh. diese ou und öü wieder zu au und aü, so<br />
wurde auch ei wieder zu ai. Um 1200 veränderten<br />
sich wohl au und aü in Reihenschritten über *äo<br />
und *äö zu gemeinsamem ä; ai aberschlug einen<br />
Sonderweg ein. Der neue ä-Laut für mhd. ou und<br />
8 ) Anders zu beurteilen sind die ahd.-mhd. -p,<br />
-t, -ck infolge der Auslautverhärtung und die ahd.<br />
p- und k- (und t-) infolge <strong>des</strong> Notkerschen Anlautgesetzes;<br />
hiezu s. die §§ 27 c und 27 d.<br />
Einltg. 42—44<br />
öü konnte sich leicht an das neue a, wie es für<br />
mhd. ä und d eingetreten war, anschließen; es<br />
gibt nicht allzuviele Wörter mit mhd. ou und öü,<br />
sie bilden nur eine gliederarme Reihe. Bei paralleler<br />
Entwicklung hätte nun auch mhd. ei (über *äe)<br />
zu diesem ä werden müssen. Mhd. ei bildet hingegen<br />
eine ausgesprochen gliederreiche Reihe und<br />
begegnet uns in weit über hundert Wörtern. Dieser<br />
erneute Zuwachs an a-Lautungen war für zahlreiche<br />
Mundarten zu groß. Es wären zu viele<br />
Wörter verschiedener Herkunft miteinander lautgleich<br />
geworden, sie hätten zu Mißverständnissen<br />
Anlaß gegeben. So wurde dem parallelen ei ein<br />
anderer Weg gewiesen. Sein spätmhd. ai verwandelte<br />
sich um 1200 monogenetisch zu qi und<br />
weiter (unter Falldruck) zu QD (s. § 20 a/b). Wie<br />
dies phonetisch genau vor sich ging, bleibt uns<br />
allerdings immer noch unklar.<br />
44. Ist ein Phonem, eine Lautreihe, verhältnismäßig<br />
selten, beschränkt sie sich nur auf wenige<br />
Reihenglieder, so wird ihre Lautgebung von selbst<br />
beweglicher werden als etwa die Vollreiho für<br />
mhd. ei mit ihren vielen Belegen. Solche gliederarme<br />
Reihen konnten kurzerhand an eine gliederreichere<br />
Reihe angeschlossen werden. Ihr Phonem<br />
verschwindet aus dem Phonemen- und Lautsystem.<br />
Das ist die Aufsaugung gliederarmer Reihen.<br />
In etlichen Gegenden widerfuhr dieses Schicksal<br />
den Mundartentsprechungen für mhd. iu;<br />
dieses ist in der Tat, sofern man die Formen der<br />
starken Zeitwörter der 2. Klasse, wie gießen, ziehen<br />
usf. außer acht läßt, eine ausgesprochen gliederarme<br />
Reihe mit kaum zwei Dutzend Belegen.<br />
Etliche davon, z. B. neu, reuen, Teufel, nehmen<br />
überdies als Markt- oder als Kirchenwörter, also<br />
als Verkehrswörter, lieber das verkehrssprachlicho<br />
ai (näi „neu", räi n „reuen", däifö „Teufel"), andere<br />
wieder das verkehrssprachlicho in (tinf „tief", l'wb<br />
„lieb", givßßn „gießen") statt der echt mundartlichen<br />
Entsprechungen an. Am Lechrain gleicht<br />
man unter unseren Augen das bodenständige ui<br />
(nüi, rüin, düifl) an das häufige mundartliche i<br />
als Vertreter für mhd. i und ü (nl, rl-n, dlfl) an;<br />
im niederbayr. Vilstal und im unteren Isartal<br />
wird altmundartliches io (nio usw.) vielfach zu iv<br />
(nin usw.) verbogen, und zwar ebenfalls unter<br />
unserer Kontrolle; es ist jenes iv, das sonst als<br />
Vertreter für mhd. ie, üe, -ir-, -ür- und -er- ungemein<br />
häufig ist. Im Salzachgau dürfte einstmals<br />
auch io (oder eo ?) geherrscht haben; da hier mhd.<br />
-ir-, -ür- und -er- mundartlich als iu auftreten,<br />
hat sich dieses iu auch über mhd. iu in nlu (neu),<br />
diuve (Teufel) usw. ausgebreitet. Neuer Parallelismus<br />
zu mundartl. öu aus mhd. 6 dürfte den<br />
Wandel eines älteren *eu oder *co zu neuem öu<br />
(nou; vgl. rQud aus mhd. rot) ausgelöst haben;<br />
manche Leute ersetzen das ou in seinem Verbreitungsgebiet,<br />
zwischen Ingolstndt und dem<br />
Chiemsee, neuerdings vollends durch das andere<br />
Qu und sprechen nunmehr n§u usw. Im osttirolischen<br />
Virgental veränderte sich oi für mhd. iu<br />
der Umgebung zu jenem öü, das sonst für gedehntes<br />
mhd. o häufig ist, also nöüie, toüvl nach<br />
poüdn (Boden) usw. für noi\c, töivl in den Nachbartälern.<br />
In Teilen der Oststeiennark ist älteres<br />
oi (oder uii) sogar zu ei verändert (nei, deivl), zu<br />
jenem ei, das z. B. in leVi} (legen), beVn (Böden)<br />
und in vielen Wörtern mhd. c und ö vertritt. Die<br />
gliederarmo tu-Reihe ist also in weit auseinanderliegenden<br />
Gegenden und in verschiedenster Weise<br />
15
Einltg. 44—47<br />
von gliederreichen Reihen aufgesogen worden (s.<br />
auch § 16 b und Karte 12).<br />
In großen Teilen <strong>des</strong> Bairischen wurde vorerst<br />
die große f-Reihe für mhd. e z. B. in rfgr/j (Regen),<br />
g$bm (geben) durch den weit verbreiteten Wandel<br />
zu e (regn,, gebm; s. § 3 c —f) sehr stark dezimiert,<br />
so daß f nur in einem guten Dutzend Wörtern<br />
vor folgendem l, r und teilweise vor folgendem h<br />
übrig blieb, z. B. in m$l (Mehl), st%ln (stehlen);<br />
h$r (her); sqhn (sehen). Dieser ärmliche Restbestand<br />
konnte in einigen südbairischen e-Mundarten<br />
an die stärkere südbair. go-Reihe für mhd.<br />
e und 6, z. B. in s§nl (Seele), kx§vl (Kohl aus mhd.<br />
kSle), m§or (mehr), §vr (Öhr), ts§vh7i (Zehe), angeschlossen<br />
werden. Deshalb spricht man an mehreren<br />
Stellen <strong>des</strong> südbair. go-Gebietes, etwa am<br />
Lechrain, in Nordtirol, um Meran, in Osttirol und<br />
in Teilen von Kärnten, nunmehr e» auch in m§vl<br />
(Mehl), h§or (her) usw. statt <strong>des</strong> seltenen g in<br />
m$l, hqr (s. auch § 3 i, k, m).<br />
45. Schon Einltg. 25 wurde angedeutet, daß das<br />
innere Wesen <strong>des</strong> Lautersatzes anders beschaffen<br />
ist als die bisherigen Arten von Lautveränderungen.<br />
Der Lautersatz beruht darauf, daß das Gefühl für<br />
die Lautreihe, für das Phonem, aus dem vagen<br />
Unterbewußtsein ins volle Bewußtsein aufsteigt,<br />
daß es wirklich bedacht wird. Dies ist möglich,<br />
wenn sich zwei verschiedene gesellschaftliche oder<br />
räumliche Sprachschichten eng miteinander berühren<br />
und man den eigenen Lautstand ständig<br />
vergleichen kann mit dem anderen oder wenn man<br />
als Mundartträger schreibt. Bleiben wir vorderhand<br />
bei der ersten Voraussetzung. Man erkennt z. B. in<br />
Teilen von Süd- und Osttirol das eigene gv (aus<br />
mhd. ei) in prgnt (breit), hgnß (heiß) usw. erst als<br />
Merkwürdigkeit, weil man dafür im benachbarten<br />
Hoch- und Ostpustertal eine andere Lautung, ä<br />
Jprät, häs), einsetzt. Mitten im gn-Gebiet selbst<br />
kommt dieses gv dem Mundartträger nicht zu<br />
Bewußtsein. Den Niederösterreichern der Randlandschaften<br />
ist es bewußt, daß ihr altbodenständiges<br />
ui in hüid (Hut), füis (Fuß) usw. eine<br />
Besonderheit ist; die Verkehrsmundart und die<br />
Verkehrslandschaften setzen ja dafür überall schon<br />
das wienerische und elegantere wo (hünd, jüvs)<br />
ein. Infolge der dauernden Vergleichsmöglichkeit<br />
entwickelt sich das neue Reihenbewußtsein, soweit<br />
eben dieses Vergleichen selbst gegeben ist. In<br />
Nordkärnten weiß man, daß die echten Bauern<br />
prgvt, hgns sprechen, denn die Kärntner Verkehrslandschaft<br />
<strong>des</strong> Südens und die gemeinkärntnerische<br />
Verkehrssprache gebrauchen prät,<br />
häs.<br />
Ins hellste Licht rückt dieses Bewußtsein mit<br />
den Spottsprüchen auf die Bauernmundarten; sie<br />
richten sich nicht gegen die Verkehrsmundart,<br />
sondern gegen die derbere Mundart in den Reliktgebieten.<br />
Der Tiroler hänselt den Pustertaler seiner<br />
auffallenden ä wegen mit dem Spruch: i wirf dg<br />
gas an stän ans pän, ?IQ g$vt di gas aläne häm (ich<br />
werfe der Geiß einen Stein ans Bein (an den Knochen),<br />
dann geht die Geiß allein heim), der Kärntner<br />
aus dem Süden seinen bäuerlichen Landsmann<br />
aus dem Norden mit dem Spruch: wqn de ggvs pvn<br />
swgvf wgox is, is se fgvst (wenn die Geiß beim<br />
Schweif weich ist, ist sie feist), wobei sich in Kärnten<br />
gegen Tirol das gesellschaftliche Verhältnis von<br />
qr> zu ä umkehrt; oder der Niederösterreicher aus<br />
dem WD-Gebiet den rückständiger scheinenden<br />
Bauern aus dem tti-Gebiet mit dem Spruch:<br />
müidv, dv büi häud de ghüi mi'n hüid, daß glai<br />
Qlvß bluittn düid (Mutter, der Bub haut die Kuh<br />
mit dem Hut, daß nur alles bluten tut)! In diesen<br />
wie in zahllosen weiteren Spottsprüchen auf die<br />
16<br />
Lautmerkmale der derberen Mundart wird die<br />
Komik durch die Anhäufung <strong>des</strong> älteren Lautstan<strong>des</strong><br />
auf Grund eben dieses Reihenbewußtseins<br />
erzielt.<br />
46. Deutlich rückt das Reihenbewußtsein durch<br />
die Kunst <strong>des</strong> Schreibens in den Vordergrund. Beim<br />
Schreiben ist man gezwungen, für je<strong>des</strong> mundartliche<br />
Phonem in der Regel ein und denselben<br />
Buchstaben der Schrift einzusetzen. Weil wir heute<br />
schreibgewandt sind, überwuchert bei uns die Beurteilung<br />
der Lautgebung im Rahmen der Orthographie<br />
meistens das unbefangene phonologische<br />
Lautempfinden; das Denken in Buchstaben stellt<br />
das Lautbewußtsein auch an der Dialektgrenze in<br />
den Schatten; ein Problem, das im Vorwort 21<br />
schon angeschnitten worden ist. Es gibt m. E.<br />
eigene Schreibphoneme. Ihre orthographischen<br />
Schreibregeln lassen sich allerdings nur reibungslos<br />
anwenden, solange sich in die Rechtschreibung<br />
selbst nicht heterogene Systeme einschleichen, sei<br />
es durch historisch und unwirklich gewordene<br />
Schreibtradition, sei es durch andersmundartliche<br />
Schreibgebräuche. Den älteren Idealzustand gab<br />
es mit gewissen Einschränkungen im althochdeutschen<br />
Schriftwesen; Einschränkungen, denn<br />
das vulgärlat.-altitalienische Buchstabensystem, an<br />
das die ahd. Rechtschreibung angeknüpft hatte,<br />
brachte Behinderungen in der phonologischen Ausdrucksform<br />
mit sich (s. Vorwort 10). Aber bereits<br />
in hochmittelalterlicher Zeit entwickelte sich die<br />
überlandschaftliche, großenteils alemannisch bedingte<br />
Rechtschreibung <strong>des</strong> „normalisierten Mittelhochdeutschen".<br />
Sie paßte bei weitem nicht mehr<br />
zum Bairischen, am wenigsten zu <strong>des</strong>sen Unterdialekten<br />
und Mundarten, wie sie seit 1300 in<br />
lautlichen Dingen zum Vorschein kamen. Allerdings<br />
wurde im bairischen Dialektgebiet die mhd.<br />
Ideal-Orthographie nur selten ganz streng befolgt.<br />
— Für den Anfänger wird die gegenwärtige<br />
Diskrepanz zwischen den Mundartlauten und den<br />
literarischen Schriftzeichen natürlich dort am<br />
schwierigsten werden, wo sich die mundartlichen<br />
Phoneme nicht vollreihig decken mit dem Buchstabensystem<br />
der Schreibphoneme. Vor allem, wenn<br />
Wörter aufgeschrieben werden sollen, die es in der<br />
Schriftsprache nicht gibt und für die man im<br />
Schreibunterricht keine Regel erfährt, entstehen<br />
dann leicht mundartbedingte Schreibfehler. So besonders<br />
in den schriftsprachefernen Wörtern und<br />
in den Namen von Fluren, Höfen und Kleinsiedlungen,<br />
in den „kleinen Eigennamen", wie man<br />
sie zusammenfassend nennen kann, vor der „Theresianischen<br />
Fassion". Sie mußten früher in jeder<br />
Urkunde neu aus der Mundart in die Schrift umgesetzt<br />
werden.<br />
47. Einige wenige Beispiele dafür genügen. In<br />
der südbairischen Verkehrsrnundart fielen schon<br />
im 13. Jh. mhd. 6 und mhd. ei zum po-Laut zusammen.<br />
Trotzdem wußten die gewandteren Urkundenschreiber<br />
bei prait, haiz (heiß), stain, rain<br />
(Rain) usw., daß ai, und bei rot (rot), östern, hoch<br />
usw., daß 6 zu schreiben ist. Bei kleinen Eigennamen,<br />
wie mundartl. Ngondr (Hofname im Burggrafenamt)<br />
oder MgDsor (alter Familienname in<br />
Brixen und Bozen) wußten jedoch wenige, daß<br />
etymologisches mhd. Nonäre (der Nonsberger) und<br />
Meisäre (der aus Mais bei Meran) vorliegt. Hier<br />
stellten sich in der Tat oft die falschen Schreibungen<br />
Nainar und Mösar neben richtigem Nönar<br />
und Maisar ein, ja, Belege dieser Art sind in Tirol<br />
sogar der ersto sichere Boweis für den mundartlichen<br />
Gleichklang von mhd. 6 und ei. Aus der<br />
Unsicherheit, was das Richtige ist, verirren sich<br />
bei solchen kleinen Eigennamen gelegentlich sogar
Versuche phonetischer Transkription in die Urkunden,<br />
z. B. in Brixen um 1220 Moasar. So gewinnen<br />
wir lautgeschichtliche Anhaltspunkte vor<br />
allem aus den „Rechtschreibfehlern" bei den<br />
kleinen Eigennamen in den Urkunden.<br />
Weniger gewandte Schreiber etwa der kleinen<br />
Privatkanzleien <strong>des</strong> Mittelalters und der Frühneuzeit<br />
machen manchesmal auch in literaturbekannteren<br />
Ausdrücken solche Schreibfehler.<br />
Bei diesen weniger gewandten Gelegenheitskanzlisten<br />
gilt ungefähr dasselbe schwierige Verhältnis<br />
zwischen Laut und Buchstaben wie bei den<br />
jetzigen Abc-Schützen. Ein Schüler der 3. Volksschulklasse<br />
eines Bauerndorfes im nördlichen<br />
Mittelkärnten schrieb in einem Schulaufsatz über<br />
die Osterzeit falsche ei für o: Dann giebt Inen die<br />
Mutter eine reiten Eistereier. Er meinte damit das<br />
mundartliche nghr gip senvn de müvtr gvne rgvtn<br />
gvstrgvr (dann gibt ihnen die Mutter einige rote<br />
Ostereier); ja ein Mölltaler Schulkind sprach<br />
sogar, nachdem es der Lehrerin das elterliche<br />
Ostergeschenk überbracht hatte, ganz nobel: do<br />
sikxt Invn de mutta aine hraitn äia tsin aista'n<br />
(da schickt Ihnen die Mutter einige roten Eier zu<br />
Ostern); in seinem unverfälschten Bauerndialekt<br />
hätte es sagen müssen: do Sikxt ein.kx de müdtar<br />
gmie hrgntn gor tsyn gvsta'n. Auch hier ist das<br />
mundartliche gv, von dem man nicht ohne weiteres<br />
weiß, ob man dafür ei oder o schreiben soll, unrichtig<br />
transponiert worden. Also falscher Ersatz!<br />
48. Hinter all dem steht ein volles Reihenbewußtsein<br />
mit seinem Denken und seinen Denkfehlern,<br />
den Fehlern eben <strong>des</strong>halb, weil sich ja<br />
der Lautersatz im Gegensatz zum Wandel bewußt<br />
vollzieht, steht so ein Bewußtsein auf Grund durchdachter<br />
Lautvergleiche, gleichgültig, ob mit der<br />
Schrift oder mit einer anderen Mundart. Der Ersatz<br />
will die altertümlichen Lautungen, soweit sie<br />
anderen schwer verständlich sind, unterdrücken,<br />
und wenn sie als „grobbäurische Derbheiten" von<br />
den Nachbarn allzuoft belächelt werden, allmählich<br />
ganz beseitigen, um jeder Spöttelei zu entgehen.<br />
Beim bewußten Vorgang <strong>des</strong> Ersatzes wird gedacht;<br />
eben <strong>des</strong>halb können Fehler entstehen;<br />
Fehler, die wie gesagt beim Wandel, bei der<br />
Reihenausweichung und bei der Aufsaugung gliederarmer<br />
Reihen kaum möglich wären. Beim Ersatz<br />
entscheidet keine unbewußte Neigung und Tendenz,<br />
keine Monogenese und kein vorausbestimmter<br />
Gleichlauf der Veränderung in der Heimat- und<br />
der Außenmundart, es gilt auch nicht das unmerkliche<br />
Hinübergleiten von Lautvariante zu<br />
Lautvariante und am allerwenigsten die unwillkürliche<br />
Ausnahmslosigkeit <strong>des</strong> Naturgesetzes.<br />
Vorerst macht sich der Ersatz bei den „besseren"<br />
Leuten breit. Er beruht auf einem soziologischen<br />
Werturteil. Erst aus dieser Gesellschaftsschicht<br />
sickert er als noblere Form langsam in die Bauernmundart.<br />
Nicht das Lautsystem allein, das beim<br />
Wandel, bei den Reihenausweichungen und bei<br />
der Reihenaufsaugung entschieden hatte, ist seine<br />
innero Triebkraft, sondern auch ein äußerer Umstand,<br />
die Gesellschaftsordnung im Streben nach<br />
dem scheinbar Besseren, wirkt entscheidend mit<br />
herein.<br />
Wohl bemüht sich auch der Ersatz um die Erfassung<br />
der vollen Lautreihe, <strong>des</strong>senungeachtet<br />
bleiben nach seiner Durchführung besonders in<br />
schriftsprachefernen Bauernwörtern Restformen<br />
aus dem älteren Zustand zurück, wie z. B. das<br />
südwaldviertlerische ghuißv (Schlittenkufe) mit<br />
seinem alten ui neben dem jetzigen un in hünd,<br />
füvs usw. (s. Einltg. 11); es bilden sich falsche<br />
Umroihungen, indem vereinzelt aus dem bewußten<br />
Einltg. 47—50<br />
Nebeneinander von Altem und Neuem lautwidrig<br />
bald der alte, bald der neue Zustand dort analog<br />
geschaffen werden kann, wo er nicht hingehört;<br />
also „falsche" Rück- und „falsche" Überbildungen;<br />
es kommt vor, daß sich die alten und die neuen<br />
Lautungen vermengen und Misch- oder Kompromißformen<br />
auftauchen. Beim Anbruch <strong>des</strong> Ersatzes<br />
helfen nicht selten Verkehrs Wörter, Einzelfälle,<br />
die schon vorher mit dem neuen Lautstand<br />
eingedrungen waren, mit. Man könnte sie <strong>des</strong>halb,<br />
wenn man wollte, als „Vorausformen" bezeichnen,<br />
würden sie nicht, vom Bauernleben aus gesehen,<br />
Einfuhrware und Lehngut sein. Alle diese Abirrungen<br />
sprengen da und dort unabsichtlich die<br />
Vollreihigkeit der Lautveränderung. Erst aus dem<br />
Lautersatz versteht man das Wesen der Restformen,<br />
der falschen Rück- und Überbildungen<br />
und der Mischformen in ihrem inneren Kern.<br />
49. Die wortsoziologischen Bindungen der Restformen<br />
im besonderen kennen wir schon (s. Einleitung<br />
11). In der historischen Dialektgeographie<br />
nehmen die Restformen eine wichtige Stellung ein.<br />
Hier begnügen wir uns mit wenigen ausgewählten<br />
Beispielen. Im nördlichen Niederösterreich war<br />
einstmals mundartl. gi für mhd. 6, z. B. in rgid<br />
(rot), gisdmi (Ostern) usw., weit verbreitet. Es ist<br />
jenes gi, welches in benachbarten Rückzugsgebieten<br />
am äußersten Nordrand <strong>des</strong> Waldviertels,<br />
im westlichsten Südmähren, in Südböhmen und in<br />
Teilen <strong>des</strong> Mühlviertels bis jetzt in der Vollreihe<br />
fortlebt (s. § 11 d 4 und Karte 10). Sonst ist es in<br />
Nordniederösterreich von g (rQd, gsdvn) allgemein<br />
verdrängt worden. In<strong>des</strong>sen blieb gi teilweise im<br />
schriftsprachefernen Bauernwort bgißßn (Nüsse<br />
vom Baum schlagen) aus mhd. bözzen (stoßen,<br />
schlagen) und im Bauernwort böi nd l (Bohne) neben<br />
allgemeinem g lebendig. Das neuere g hat seine<br />
Heimat in Wien und Umgebung und war nach dem<br />
Wiener Vorbild im 15. und 16. Jh., ausgenommen<br />
vielleicht Tirol und Salzburg, in Österreich stadtund<br />
verkehrsmundartlich; es wurde selbst<br />
wieder im 17. und 18. Jh. in der Stadt- und<br />
Verkehrsmundart durch schriftsprachliches ö verdrängt.<br />
Nur in Restformen, z. B. in Wien in bgßßn<br />
(Nüsse vom Baum schlagen), in Klagenfurt und<br />
Villach in khlgtsn (gedörrto Birne) aus mhd.<br />
klotze, lebt das einstige g im verborgenen weiter.<br />
50. Die Eigenart der falschen Rückbildungen<br />
veranschaulichen folgendo Beispiele. Im obersteirischen<br />
Mur- und Mürzgebiet gebrauchen für<br />
die Lautfolge -rt- die alten Leute -st-, dio jüngeren<br />
-t-. Die ganz Alten sprechen um Knittelfeld noch<br />
pgSt (Bart), h$St (Herd), kfiQoSt (umgekehrt), wiost<br />
(Wirt), khusts (kurz) usw., dio Jüngeren pgt,<br />
het, kh^nt, w'wt, khuts: St wird durch t ersetzt (vgl.<br />
auch § 50 e 3 und Karte 27). Danach hört man in<br />
dieser Gegend gelegentlich auch „falsches" tr^stn<br />
(treten), prgnst (breit) pr^nsto (breiter), Stu(v)Stn<br />
(Stute) neben „richtigem" trqtn, prgnt, prqntD,<br />
Stüntn. Ein verwickelter Ersatz und wieder eine<br />
Art Kettenreaktion, diesmal eine Aufeinanderfolge<br />
verschiedenen Ersatzes, liegt vor, wenn man in<br />
etlichen Dörfern um Knittelfeld und Judenburg<br />
für altmundartliches sgoftn (Seife) öfters sgljtn und<br />
gar senjtn zu hören bekommt. Damit wir diese<br />
absonderlichen Lautungen begreifen, müssen wir<br />
allerdings etwas weiter ausholen. Die Bauern um<br />
Knittelfeld und Judenburg sprechen zu unserer<br />
Überraschung für mhd. -ar- und -or- (vor Gaumenund<br />
Lippenlauten) gl, dasselbo gl, dos auch für<br />
mhd. -öl- und -er- üblich ist; z. B. in wglbm (warm),<br />
dglf (Dorf), aber auch in hglfon (helfen) und ebenso<br />
in Stglbm (sterben). Dio ältero Knittelfelder und<br />
Judenburger Stadt- und dio Obermurtaler Ver-<br />
17
Einltg. 50—52<br />
kehrsmundart macht es anders, sie unterscheidet<br />
hier drei Lautreihen. Sie setzt für -ar- und -or-<br />
QÜ ein, dasselbe QV, das auch für mhd. ei gilt, z. B.<br />
in WQv'm (warm), dgvf (Dorf), ebenso in prgvt<br />
(breit), hgvs (heiß), dies in Übereinstimmung mit<br />
der Bauernmundart; für mhd. -el- bleibt sie bei<br />
-gl- (hglfn), für mhd. -er- setzt sie ev (st^m)<br />
ein. Die Seife wird seit zwei Menschenaltern beim<br />
Dorfkrämer gekauft und nicht mehr im Hausbetrieb<br />
erzeugt. Der Dorfkrämer nennt sie SQvftn.<br />
Auf Grund der soziologischen Gleichung: verkehrsmundartliches<br />
QV in wgv'm, dgvf ist gleich<br />
bäuerlichem £7 in wglbm, dglf, konnte man nun<br />
zu verkehrsmundartlichem SQvftn jederzeit ein<br />
bäuerliches sglftn (Seife) entwickeln. Dieses sglftn<br />
konnte man überdies auf Grund der anderen<br />
Gleichung: bäuerliches stg'lbm (sterben) ist gleich<br />
verkehrsmundartlichem st^rfm, zu „noblerem"<br />
ftn „verbessern".<br />
51. Das Wesen der falschen Überbildungen eröffnet<br />
sich uns in folgenden Fällen. Im Rahmen <strong>des</strong><br />
oben erwähnten Obermurtaler Ersatzes <strong>des</strong> älteren<br />
-st- aus -rt- durch jüngeres -t- in h§t aus h$st (Herd)<br />
usf. bildet sich um Knittelfeld manchesmal auch<br />
„falsches" -t-; man hört „falsches" dr $vte (der<br />
erste), ivut (Wurst), dut (Durst) mit -t- für „etymologisch<br />
richtiges" -st- {dr qnste, wüst, düst);<br />
„falsch", weil ihr -t- gar nicht auf -rt-, sondern auf<br />
-rst- zurückgeht, für das auf alle Fälle -st- eintreten<br />
müßte. — Im Burgenland als der beharr -<br />
sameren Landschaft und in der angrenzenden<br />
südlichen Oststeiermark als der moderneren Sprachlandschaft<br />
stehen sich gegenüber: Burgenländ. ui<br />
für mhd. uo in hüit (Hut), füis (Fuß) usw. und<br />
zugleich burgenländ. ui für mhd. iu in stüiffgtv<br />
(Stiefvater), tüif (tief), üix (euch; nur mehr als<br />
familiäre Höflichkeitsform üblich); dafür tritt<br />
steirisches üd für mhd. uo in hüot, füds, für iu aber<br />
bald steir. id in sdioff§to, dldf (tief), bald steir. ui<br />
wie im Burgenland in üix (euch) ein. Die Steirer<br />
haben jedoch ihre drei Ersatzreihen üo, ia und<br />
ui für das einheitliche ältere (burgenländ.) üi<br />
nicht streng genug auseinandergehalten. Es kam,<br />
örtlich verschieden, zu falschen Überbildungen,<br />
wie stüdffQtD, üdx (euch) und wie lox (euch; s. auch<br />
§ 16 j 6 und 16 k). — Um Radkersburg erinnern<br />
sich die ältesten Leute an einstige (n-Lautungen<br />
für mhd. 6 aus Urgroßvaters Zeiten, etwa rgit (rot),<br />
gistv'n (Ostern); s. auch § 11 b 3 10 ); unter Näselung<br />
wurde daraus öi n in löi n (Lohn) u. e. a. Für mhd. iu<br />
tritt in diesem Teil der Oststeiermark ui (düivl<br />
„Teufel", üix „euch") auf, das unter Näselung,<br />
z. B. in ghöi n (kauen, aus mhd. kiuiven), blöi"<br />
(bleuen) auch zu öi n wurde und mit löi n (Lohn)<br />
zusammenfiel. Als man um Radkersburg vor zwei<br />
Menschenaltern das alte oi aus mhd. 6 zugunsten<br />
benachbarter oststeirischer Mundarten zu «a<br />
(rüdt, üostn'n) lind öo n (lön n ) modernisierte, nahm<br />
man irrtümlich auch ghöi n , blöi n mit und machte<br />
auch sie zu ghöo n , blöD n ; diese falschen Überbildungen<br />
sind noch jetzt um Radkersburg zu<br />
hören (s. § 16 e 1). — östlich von Anzing und Erding<br />
(Oberbayern) beobachtet man als älteste Entsprechung<br />
für mhd. iu den mittelgaumigen Zwielaut<br />
ou (s. Einltg. 44, § 16 b und Karte 12), z. B.<br />
in nou (neu), douve (Teufel); unter Näselung wurde<br />
auch mhd. 6, wofür normalerweise gu eintritt<br />
(rgud „rot", gusdvn „Ostern"), etwa in lou n (Lohn),<br />
10 ). Diese Altradkersburger Qi für mhd. 6 stehen<br />
kaum mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit<br />
jenen nordniederösterreichischen QI, über die oben<br />
(Einltg. 49) die Rede gewesen war.<br />
18<br />
zu diesem öu. Unter dem Druck der landläufigen<br />
Verkehrsmundart ersetzt man langsam das alte<br />
ou für mhd. iu durch nobleres öi. Dabei wurde<br />
zwischen Anzing und Erding nicht nur nöu,<br />
döuve zu nöi, döive, sondern natürlich auch löu n<br />
zu löi n , obwohl es genau genommen gar nicht<br />
dazugehörte. Dieses „falsche" löi n ist heute sogar<br />
der sicherste Beweis für das einstige Vorhandensein<br />
von mundartlichem ou für mhd. iu zwischen<br />
Anzing und Erding (s. § 16 b 6).<br />
Auch bei den falschen Überbildungen können<br />
wir mit einer verwickelten Kettenreaktion aufwarten.<br />
Im Mittelpunkt steht ein Ortsname im<br />
südlichen Waldviertel, Feuersbrunn (mundartl.<br />
Fois-, Fai(v)sbrnn), eine Umgestaltung aus mhd.<br />
Vuozzesbrunne; es ist die Heimat <strong>des</strong> mhd. Dichters<br />
Konrad von Vuozzesbrunnen. Die Ursache <strong>des</strong><br />
Ersatzes von mhd. uo in Vuozzesbrunne durch<br />
mhd. iu (jetzt eu geschrieben; vgl. mhd. viur,<br />
jetzt Feuer) war eine einstige Lautgleichheit von<br />
mhd. uo und mhd. iu als m-Laut, wie wir sie fürs<br />
Burgenland vorhin kennengelernt haben, z. B. in<br />
füis (Fuß) und in tüif (tief, mhd. Huf); die Umbildung<br />
selbst beruht auf einer älteren Aussprache<br />
* Vuisprun, die man damals als Fueß- wie auch als<br />
Feu(er)sbrunn auslegen konnte. Heute müssen<br />
wir von Feuersbrunn nahezu 100 km weit nach<br />
Norden, bis in die südmährische Sprachzunge<br />
Neubistritz-Neuhaus, wandern, um diesen alten<br />
Sprachzustand einigermaßen vollgültig aufzuspüren.<br />
Dort heißt es tatsächlich vüiß (Fuß),<br />
hüit (Hut) und ebenso vüi(r) (Feuer), nüi (neu;<br />
s. § 16 b 2 und 18 a 2 sowie die Karten 12 und 15).<br />
Im 15. Jh. war nach urkundensprachlichen Belegen<br />
dieser Gleichklang von mhd. uo und iu tatsächlich<br />
im südlichen Waldviertel um Feuersbrunn,<br />
ja sogar in ganz Niederösterreich, vorhanden.<br />
Seither haben sich allerdings die Lautverhältnisse<br />
im südlichen Waldviertel grundlegend verändert.<br />
Die alten ui aus mhd. uo sind inzwischen durch<br />
uv ersetzt worden (zur südwaldviertlerischen Restform<br />
ghuifft) mit ui s. Einltg. 11), die alten ui<br />
aus mhd. iu sind durch oi verdrängt worden, so<br />
daß *düif, *füi(r) zu *döif, *föi(r) oder *föiv<br />
geworden waren. Doch wurde im unteren Waldviertel<br />
erstens nach Erinnerungsformen der ältesten<br />
Leute dieses *föiv zu fön, fün „vereinfacht",<br />
zweitens hat man die mundartliche oz-Reihe selbst<br />
im Sinne der Verkehrssprache größtenteils auf die<br />
in- und die ai-Reihe aufgeteilt und spricht jetzt<br />
nur divf mit in und fäi, fäiv mit ai. Die lautgeschichtlichen<br />
Voraussetzungen für den südwaldviertlerischen<br />
Ersatz von mhd. VuozzcsbrunnedurchFeuersbru7i7i<br />
(Fainsbn'ui) s'mdimGchiet<br />
<strong>des</strong> einstigen Lautvorganges durch ganze Kettenreaktionen<br />
längst radikal ausgelöscht worden. Das<br />
ist auch kein Wunder, befinden wir uns doch in<br />
Niederösterreich, im Lande der beweglichsten Lautgrenzen<br />
(s. Einltg. 16).<br />
52. Nur ausnahmsweise sehen wir beim Lautersatz<br />
und seinen Irrtümern kein soziologisches<br />
Gefälle mehr als Triebkraft. Einer der wenigen<br />
Belege dafür ist das gelegentliche Durcheinander<br />
bei den Lautungen für -rt-, -ht- und -st-. Sicherlich<br />
ist an den sonderbaren Vertauschungen dieser<br />
Lautfolgen ein früheres Hinundherschwanken der<br />
Lautentsprechungen für altes -rt- im Raum (s.<br />
Einltg. 50 und 51, § 32 b 5, 50 e 3 und Karte 27)<br />
schuld. Weil mhd. bart (Bart), hert (Herd) usw. in<br />
buntem räumlichem Gewirr bald zu bg(v)M,<br />
hq(v)sd, bald zu bg(n)xd, h^(v)xd geworden war,<br />
kann man in größeren Teilen <strong>des</strong> östlichen Mittelbairischen<br />
das Baden der Hühner, mhd. *bäh-
tenen 11 ), als bgs(d)ln mit -st- statt ursprünglichem<br />
-ht- wiedergeben. Der Übertritt vollzog sich gewiß<br />
noch zu einer Zeit, als, etwa bis um 1300, das<br />
alte -st- gerade noch als -st- existierte, also als mhd.<br />
bast, swester noch als *bgsd, *sweßtvr auftraten; weil<br />
bgsd und bgxd für mhd. bart ständig wechselten, so<br />
konnte natürlich auch *bgxd und *bgxdln aus mhd.<br />
bäht, *bähtenen gelegentlich „falsch" zu *bgsd,<br />
*bgsdln umgestaltet werden. Dieses bgsdln konnte<br />
schließlich beim Ersatz von bgsd (Bast) durch<br />
bgsd fälschlich zu bgsdln mit -sd- mitgenommen<br />
werden. Den umgekehrten Weg ist in einigen<br />
oberösterreichischen Gegenden mhd. biest (die<br />
gelbe Fettmilch der Kuh nach dem Kälbern)<br />
gegangen, das als bivxd mit -ht- entgegentritt. Von<br />
dieser neuen Kettenreaktion, bei der sich mehrere<br />
ersatzmäßige Veränderungen ineinanderflechten,<br />
sind charakteristischerweise vorwiegend schriftspracheferne<br />
Bauernwörter erfaßt worden.<br />
53. Manchesmal breitete sich falscher Ersatz<br />
über eine ganze Lautreihe aus. Dabei spielen<br />
gelegentlich Reihenanalogie und Symbole der<br />
Wortbildung (Morpheme) mit. So bei den falschen<br />
Geminationen einfacher alter -t- im Salzburgischen<br />
zu -tt- (s. § 35 b). Infolge der in der Einltg. 33<br />
erwähnten Vokalüberdehnung in den alten Einsilbern,<br />
ahd. zakx zu mhd.-mittelbair. zgkx, steht<br />
im Wortauslaut einfacher Starklaut, der zur Lenisierung<br />
neigt (s. § 34 k); dafür gilt, z. B. in zakkxl<br />
(Säcklein) im alten Wortinlaut Geminata und unverrückbarer<br />
Starklaut. Dieser Wechsel wurde<br />
im Salzburgischen fälschlich auch auf -t- übertragen,<br />
soweit im Paradigma t bald im Auslaut,<br />
bald im Inlaut stand; zu haut (Haut) wurde ein<br />
„falsches" haittl (Häutchen), zu hrgut (rot) ein<br />
„falsches" r> hrquttv (ein roter) gemacht, weil dieser<br />
Wechsel von einfachem und verdoppeltem Mitlaut<br />
z. B. in sgkx (Sack) und sakkxl (Säcklein), in<br />
dls (Tisch) und dißßl (Tischlein), ngs (naß) und<br />
v ngßßn u. v. a. vorgebildet war.<br />
54. Vereinzelt kommt es auch sonst zu übertriebenem<br />
Reihenersatz. Der modernste bair.<br />
Unterdialekt, das Mittelbairische, hat, wie wir<br />
schon in der Einltg. 44 angedeutet haben, das<br />
alte, offene § für mhd. e unter Dehnung (außer<br />
vor l, r und h) zum geschlossenen e umgewandelt<br />
(s. § 3 d 2/3); mhd. regen, geben wurden im Mittelbair.<br />
zu re"i\, ge'm und können seither mit gedehntem<br />
mhd. e in legen, heben (le'n, he'm) rein<br />
gereimt werden. Hingegen blieb das offene g für<br />
kurz gebliebenes e unberührt erhalten. Mitteibair.<br />
l%kkv (lecken) und wekkv (wecken) ergeben ebensowenig<br />
einen reinen Reim wie mhd. lecken und<br />
wecken. Diese mittelbairische Lautveränderung<br />
drang später, zum Ersatz umgegossen, als Frontalwelle<br />
und in punktuellen Überspringungen (s.<br />
Einltg. 20) tief ins Südbairische ein. Im jüngeren<br />
Bereich dieses Ersatzes wurde nunmehr der Umfang<br />
der Veränderung oft zu weit ausgedehnt,<br />
es wurden auch die kurzen offenen f-Lautungen<br />
zu geschlossenem e gemacht. Z. B. am Lechrain<br />
heißt es jetzt auch lekkx^, das nunmehr mit<br />
wekkxn rein reimt (s. § 3 g und Karte 3). Zum<br />
übertriebenen Ersatz gehören auch die übertriebenen<br />
Verbairungen Einltg. 23.<br />
u ) Zu mhd. bäht (Staub); auch in Tiroler Mundarten<br />
heißt das Baden der Hühner stauben, weil<br />
dabei Staub aufgewirbelt wird.<br />
Einltg. 52—57<br />
55. Verschiedentlich wachsen die alten Erb- und<br />
die neuen Ersatzlautungen zu Misch- oder, wie man<br />
auch sagt, zu Kompromißformen ineinander. Der<br />
in der Einltg. 50 behandelte obersteirische Ersatz<br />
von altem -st- aus mhd. -rt- durch jüngeres -t-,<br />
also von h$st durch h§t (Herd), ist auch im Mürztal<br />
aktuell, nur sind hier unter niederösterreichischem<br />
Einfluß die neuen Ersatzlautungen diphthongisch:<br />
für altes h$sd, bgsd (Bart), ghußtß (kurz) tritt hier<br />
neues h$vd, bgad, ghuvtß ein. Manche Mürztaler<br />
gebrauchten vor zwei Menschenaltern die ausgesprochenen<br />
Mischformen hgosd, bgvsd, ghuvßtß.<br />
56. In wenigen Fällen hat der Ersatz keine<br />
Möglichkeit mehr zu Irrtümern und Fehlern und<br />
ist gezwungenermaßen ausnahmslos. Bei ihnen<br />
besteht für uns die Gefahr der Verwechslung<br />
mit dem Lautwandel. Doch sind, gemessen an<br />
dem modernen Sprachleben, derartige Vorgänge<br />
äußerst selten. Wir brauchen ihretwegen die allgemeine<br />
Regel, nur der Lautwandel geht ausnahmslos,<br />
der Lautersatz jedoch mit Abirrungen vor sich,<br />
nicht mehr umzustoßen. Mir ist nur ein einziger<br />
Lautersatz mit einwandfreier Ausnahmslosigkeit bekannt.<br />
Es geht um die Beseitigung der alten Mittelgaumenvokale.<br />
Die Mundarten der Tiroler Hochtäler<br />
und der Mittelsteiermark haben aus einem<br />
einstmals gemeinbairischen Lautstand <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />
die mittelgaumige Aussprache der alten Hintergaumenvokale<br />
bis in die Gegenwart herübergerettet,<br />
z. B. im ötztalerischen övm (Ofen),<br />
ßtüwa (Stube), haöß (Haus), hüdt (Hut), <strong>des</strong>gleichen<br />
ro9t (rot). Näheres s. § 5 c und Karte 5. Wahrscheinlich<br />
schon seit 1300 begannen die mittelgaumigen<br />
Vokale auf bairischem Boden langsam<br />
zurückzuweichen; dieser Rückzug hält bis jetzt<br />
ununterbrochen an. Nach eigenen Beobachtungen<br />
verschwanden die Mittelgaumenvokale aus den<br />
untersten ütztaler Gemeinden ötz und Sautons<br />
zwischen 1920 und 1940, um 1940 begannen sie in<br />
den beiden nächstoberen Orten Tumpen und<br />
Osten gerade zu verklingen. An Stelle der alten<br />
Lautungen treten övm, ßtüiva, haoß, hüdt, rgnt.<br />
Dieser Ersatz ist phonologisch derart abgesondert<br />
vom übrigen Lautsystem, daß Querverbindungen<br />
zu anderen Phonemen tatsächlich unmöglich sind.<br />
57. Unsere vier mehr oder weniger triebhaften<br />
Lautprozesse, Wandel, Reihenausweichung, Reihenaufsaugung<br />
und Lautersatz, beherrschen so,<br />
wie sie hier zum erstenmal unterschieden und erläutert<br />
worden sind, das innere Leben der historischen<br />
<strong>Lautgeographie</strong>. Ihre Begleitumstünde, dio<br />
Gesellschaftsordnung, dio Zeitgebundenheit, dio<br />
Raumordnung und die fremdsprachigen Einflüsse,<br />
sind nur dio äußeren Regulatoren. Über das<br />
Sprachleben spannt sich der vereinigende Bogen der<br />
Ganzheit bis zur Kulturgeschichte in Zeit, Raum<br />
und Gesellschaft. Dio Lautgeographio und Lautgeschichto<br />
sind freilich für ihre Darstellung dio<br />
zäheste Materie, außerdem mußten hier der Kürzo<br />
halber viele Exkurse in dio Raum- und Kulturgeschichte<br />
unausgesprochen bleiben. Immerhin<br />
hoffe icli trotz der erdrückenden Fülle <strong>des</strong> Materials<br />
den Blick auf das Ganze immer im Auge behalten<br />
zu haben.<br />
2* 19
§la—d2<br />
Der Yokalismus<br />
A. Die mhd. Kurzvokale und mhd. d mit<br />
seinem Umlaut<br />
§ 1. Mhd. langes d und kurzes a (s. auch<br />
Karte 1)<br />
Übersicht: a. Unterscheidung in drei große,<br />
quantitativ bestimmte Gruppen. — b. Diese drei<br />
Gruppen in den oberdeutschen Dialekten. —<br />
c. Zusammenfall aller drei Gruppen innerhalb <strong>des</strong><br />
Bairischen. — d. Stärkere Verdumpfung u. dgl.<br />
von d und ä gegen d. — e. Sonderentwicklung <strong>des</strong><br />
d im Nordbairischen. — f. Zusammenfall von mhd.<br />
d mit mhd. o im älteren Mittelbairischen. —<br />
g. Sonderentwicklungen von -ar- im Auslaut und<br />
vor Zahnlaut sowie von -al- durch Wandel zu<br />
ar, al. — h. Sonstige Entwicklungen von -ar-. —<br />
i. Sonstige Entwicklungen von -al-; — j. und von<br />
-ah-. — k. Die a-Laute im Zimbrischen. — 1. d zu<br />
„südbair." o; weitere Merkwürdigkeiten vor r.—<br />
m. Allgemeiner Wandel zu Q, O und ou. — n. ä, ä<br />
und d vor Nasenlauten. — o. Quantitätsunterschiede<br />
vor l. — p. -seh-, -s- und -c/ts-Umlaut. —<br />
q. Schriftspr. Lehnwörter.<br />
a. Fürs Oberdeutsche sind drei Gruppen zu<br />
unterscheiden; erstens: die Entsprechungen für<br />
vmhd. langes d z. B. in blasen, swäger (Schwager),<br />
rät (Rat) usw.; zweitens: die Entsprechungen<br />
für jene mhd. kurzen a, die im Nhd. gedehnt<br />
worden sind, etwa in nhd. Hasen (plur. zu „Hase"),<br />
mager, Iiäd usw.; drittens: die Entsprechungen<br />
für jene mhd. kurzen a, die auch im Nhd. kurz<br />
geblieben sind, etwa in Gassen (plur. zu ,,Gasse"),<br />
viachen, Affe usw. Für die erste Gruppe dient<br />
uns fernerhin als Musterbeispiel blasen, für die<br />
zweite Gruppe Hasen, für die dritte Gassen;<br />
oder d, ä und ä. Sie vertreten obenso im Text wie<br />
auf der dazugehörigen Karte 1 jeweils die ganze<br />
Reihe.<br />
b. 1. Fast für allo deutschen Dialekte ist die<br />
Verdumpfung <strong>des</strong> alten a zu g charakteristisch,<br />
nur verhalten sich unsere drei Gruppen jeweils<br />
verschieden. Innerhalb <strong>des</strong> Oberdeutschen hat<br />
grob gesagt das Alemannische nur die Gruppe 1,<br />
also d, verdumpft, die mhd. Kürzen jedoch ohne<br />
Rücksicht auf ihre nhd. Dauer als hellen a-Laut<br />
beibehalten; also alem. blgsD (blguso), aber häso<br />
(hochalem. haso) wie gaßßn (nordschwäb. gasn);<br />
das Ostfränkische hat die Gruppen 1 und 2,<br />
also langes d und nachher gedehntes ä, gemeinsam<br />
bis zu ö verdumpft, die Gruppe 3 aber, das kurz<br />
gebliebene ä, wonig verändert als a l ) oder als<br />
d 2 ) stehen gelassen; also blösn wie hösn gegen gäsn;<br />
das Bairische modernerer Prägung behandelt<br />
schließlich allo drei Gruppen einheitlich; es heißt<br />
z. B. in Wien blgsn, hQsn und ggßn, allo drei mit<br />
x ) a gleicht hier dem bühnendoutschen a-Laut. —<br />
2 ) d klingt bereits ein wenig dumpfer; g ist nur<br />
um eine Nuance heller als das bühnendeutscho<br />
-o- in ,,Rock" und dgl.; o ist der bühnendeutsche<br />
Laut in „loben" usw.<br />
20<br />
g. — 2. Auf Karte 1 ist die Verbreitung der gesonderten<br />
Verdumpfung <strong>des</strong> alten d durch die<br />
dicke Borstenlinie hervorgehoben, die Verbreitung<br />
der gemeinsamen stärkeren Verdumpfung von<br />
langem mhd. d und von nhd. ä ist durch Querschraffur<br />
gekennzeichnet, die Verbreitung der<br />
gleichmäßigen Verdumpfung aller drei Gruppen<br />
ist graphisch nicht mehr eigens markiert worden.<br />
Man sieht auf der Karte gleich, daß die Raumverhältnisse<br />
nicht ganz so einfach sind, wie sie<br />
unter b 1 angegeben worden sind; es spielt vielmehr<br />
auf bair. Boden öfters die alem., gelegentlich auch<br />
die ostfränk. Ordnung herein; freilich besteht<br />
meistens kein siedlungshistorischer Zusammenhang<br />
mehr zwischen diesen bairischen und den<br />
außerbairischen Verhältnissen. — 3. Immerhin<br />
wird die Grenze zwischen unverdumpftem kurzem<br />
mhd. a (häsv, gaßßv) gegen verdumpftes g, ä<br />
{hgsn, ggßn oder gäßn) mit Recht gern als Ostgrenze<br />
<strong>des</strong> Alemannischen gegen das Bairische<br />
(und als Nordgrenze <strong>des</strong> Alemannischen gegen das<br />
Fränkische) betrachtet. Sie läuft nach unserer<br />
Karte über den Arlberg, bei der Forchacher Klause<br />
über den tirolischen Lech, durch den Ammersee<br />
und unterhalb Augsburg den Lech abwärts.<br />
c. Der modernste bairische Zustand ist wie gesagt<br />
die Vereinheitlichung aller drei Gruppen in<br />
blgsn, hgsn und ggßn. Er ist vor allem den verkehrsreicheren<br />
Gebieten <strong>des</strong> Ostens und der Donaustraße<br />
eigen, ferner Nordwesttirol mit dem Passeier.<br />
Maßgebend ist dabei das Wienerische als<br />
Vorbild. Nach ihm ist das einheitliche g in Österreich<br />
allgemein stadt- und verkehrsmundartlich.<br />
Dagegen setzt sich in Altbayern, da München<br />
zwischen blqsn und hgsn gegen gäßßn unterscheidet,<br />
umgekehrt im Osten die Münchener Unterscheidung<br />
stadt- und verkehrsmundartlich durch gegen<br />
die alte bäuerlich-dörfliche Einförmigkeit.<br />
d. 1. In<strong>des</strong>sen besteht auch in großen Gebieten<br />
<strong>des</strong> Bairischon die Neigung, langes g entweder<br />
gleich dem Ostfränkischen geschlossener zu sprechen,<br />
es mancherorts in einen steigenden oder<br />
fallenden Zwielaut zu verwandeln oder es gar an<br />
einer anderen Stelle <strong>des</strong> Gaumens zu bilden als das<br />
kurzgebliebene g oder d. — 2. Diejenigen Gebiete,<br />
in welchen nhd. gedehntes mhd. kurz-a {Hasen)<br />
dumpfer und geschlossener ausgesprochen wird<br />
als kurz gebliebenes a, überdecken den Westen <strong>des</strong><br />
Mittel- und Südbairischen (ausgenommen Nordwesttirol,<br />
s. oben) sowie das Nordbairische (ausgenommen<br />
die alte Sprachinsel Iglau). Es wird<br />
also im Nordbairischen zwischen hösn und ggßßn<br />
unterschieden, weiters im Westen <strong>des</strong> Mittel- und<br />
Südbairischen zwischen blösn, hösn einerseits und<br />
ggßßn andererseits oder ähnlich. So im westlichen<br />
Nieder-, in Oberbayern (ohne einon Nordostausschnitt,<br />
den die Karte gut zeigt), in der echten<br />
Bauernmundart in Tirol und tw. im Flachgau, in<br />
der Fersentaler Sprachinsel (östl. Trient) sowie<br />
im Kärntner Lesachtal, im Salzburger Oberpinzgau<br />
und (alt) im Lungau mit seinem Dialektanhängsel,
dem Kärntner Katschtal. Jedoch haben mancherorts<br />
die innersten Hochtäler älteste Einförmigkeit,<br />
so an der Moll (in der Karte nicht eingetragen),<br />
am Eisack, am Sill und an der Passer. — 3. Gemeinsame<br />
steigende Zwielaute für ä und ä in<br />
blasen, Hasen usw. gibt es in den südbair. Sprachinseln<br />
Zarz und Deutschruth (westl. Laibach) in<br />
plguzn, hguzn gegen ggßßn, im Westpustertal in<br />
plgusn, hgusn gegen gQsn, ähnlich im Vintschgau<br />
mit dem Ultental und der Deutschgegend (St.<br />
Felix, Proveis, Laurein), <strong>des</strong>gleichen um Innsbruck<br />
sowie schließlich in einem großen zusammenhängenden<br />
Gebiet im Mitter- und Unterpinzgau,<br />
im Pongau und im anschließenden steir. Ennstal<br />
bis ins Gesäuse. — 4. Fallende Zwielaute gibt es<br />
für d und ä in den Randlandschaften der Gottscheer<br />
Insel vor Zahnlaut, 1, r und n, etwa in<br />
plüdzn wie hüozn gegen ggßßn; sonst tritt hier<br />
unter Länge und Dehnung nur ü auf z. B. in vrügry<br />
(fragen), sübm (schaben) usw. In der Mitte der<br />
Insel heißt es ebenso plüzn und hüzn mit Monophthong.<br />
Übrigens kann im äußersten Osten dieser<br />
Insel auch kurzes ä vor Lippen- und Gaumenlaut<br />
zu u werden, also z. B. hukkxn, (hacken), stup (Stab).<br />
In etwas anderer Verteilung finden wir in Dehnung<br />
fallen<strong>des</strong> öa in einem Teil der Gottscheer Urheimat,<br />
im nördlichen Lienzer Becken und im<br />
Mittermölltal, z. B. in Stall im Mölltal plödsdn und<br />
hödsdn oder fröagn usw.; doch sind diese Aussprachen<br />
dort schon altmodisch. — 5. Bei nhd.<br />
Länge entsteht in der Mittelsteiermark ein mittelzungiger<br />
Selbst- oder Zwielaut mit sehr variablen<br />
Tönungen, z. B. um Köflach plQgzn und h§gzn z )<br />
gegen ggßßn oder in der Straden b. Radkersburg<br />
pl§zn und h§zn 3 ) gegen ggßn (s. Karte 1).<br />
e. 1. In<strong>des</strong>sen waren die Verhältnisse im Bairischen<br />
bezüglich <strong>des</strong> gedehnten ä und <strong>des</strong> langen<br />
d nicht immer einheitlich. Seit 1200, seit Beginn<br />
der Verdumpfung, unterschieden die Urkundenschreiber<br />
zunächst, indem sie im 13. und 14. Jh.<br />
auf gesamtbair. Boden für mhd. langes d unvergleichlich<br />
häufiger o schrieben als für ä und ä. —<br />
2. Das Nordbairische hat das lange mhd. d entsprechend<br />
seiner Neigung zu steigenden Zwielauten<br />
zu gu verwandelt, also blgusn mit Zwielaut gegen<br />
hösn und ggßßn mit einfachem Laut, weil deren<br />
a im Mhd. kurz gewesen war. Im moderneren<br />
Nordbairischen fällt dieses gu für mhd. d zusammen<br />
mit dem gu aus mhd. 6 (s. § 11 a 1), in beharrsamen<br />
Rückzugslandschaften <strong>des</strong> Nordbair. bleiben aber<br />
beide Zwielaute, etwa du aus mhd. d und gu aus<br />
mhd. 6, oft noch unterschieden. — 3. Die Nordgrenze<br />
<strong>des</strong> nordbair. gu aus mhd. d sowie der<br />
Bereich weiterer steigender Zwielaute <strong>des</strong> Nordbairischen<br />
(s. § 10 b 1, § 11 a 2 und § 17 a 2) bilden<br />
nach einer weit verbreiteten Ansicht die Nordgrenze<br />
<strong>des</strong> Gesamtbairischen. Nürnberg und Eichstätt<br />
fallen dann noch auf die bairischo Seite. —<br />
3. Restformen mit gu gibt es, z. B. in Igußßn,<br />
weit nach Süden bis nahe an Passau heran.<br />
f. 1. Auf mittelbair. Boden reimen zwischen<br />
1280 und ugf. 1400 die deutschen Dichter mhd. d<br />
sogar mit mhd. kurzem o, also etwa blasen mit<br />
mhd. losen (horchen). In den drei entlegensten<br />
Randschollen <strong>des</strong> Mittelbair. ist diese Gleichförmigkeit<br />
von mhd. d und mhd. o bis heute erhalten<br />
geblieben; so im Salzburger Flach- und<br />
Tennengau mit dem oberbayrischen Rupertiwinkol,<br />
weiters um Drasenhofen im nordöstlichsten<br />
Niederösterreich und schließlich an der nieder -<br />
österreichisch-steirisch-burgenlündischen Dreiländerecke<br />
(s. die Karte). In diesen Gegenden sind<br />
3 ) wobei g mittelgaumig (palatovelar) und nicht<br />
wie ein echter Umlaut zu sprechen ist.<br />
§ 1 d 2—h 2<br />
überall diese alten Reimmöglichkeiten in voller<br />
Reihe erhalten geblieben. Daher reimt im Flachgau<br />
z. B. blösn mit lösn*), um Drasenhofen blösn mit<br />
lösn und an der erwähnten Dreiländerecke plguzn<br />
mit Iguzn oder ähnlich (zur weiteren Entwicklung<br />
dieses -gu- s. § 5 b 1). — 2. Restformen mit diesem<br />
o oder gu aus mhd. d gibt es in verkehrsfernen<br />
Bauernwörtern neben allgemeinem g insbesondere<br />
im östl. Nieder-, teilweise bis ins westliche Oberösterreich<br />
sowie in Ortsnamen vereinzelt bis in die<br />
mittelbairischen Sprachinseln um Brunn und<br />
Wischau hinein.<br />
g. 1. Im Süd- und Mittelbairischen ging im<br />
11. Jh. nach Ausweis der älteren Urkundensprache<br />
das kurzgebliebene mhd. a, sofern es vor -r- +<br />
Zahnlaut stand, und im 12. Jh. auch -är, sobald es<br />
im Auslaut oder vor Vokal stand, zur Gruppe <strong>des</strong><br />
langen mhd. d über; <strong>des</strong>gleichen im 13. Jh. vielfach<br />
in -ah-, schließlich zur gleichen Zeit im<br />
Mittelbairischen auch in -al-, — 2. Reste dieser<br />
mittelhochd. Umordnung sind noch jetzt<br />
mancherorts fühlbar. Im Flach- und Salzachgau<br />
heißt es bünxd, -sd (Bart), güv (gar), hüv (Har =<br />
Flachs) usw., als läge mhd. -or- vor (s. § 5 g 5),<br />
und in eben diesen Gebieten vielfach sogar büixd,<br />
güi, hüi, als läge mhd. -ur- vor (s. § 8 c 4); im<br />
östlichen Weinviertel, im südöstlichen Niederösterreich,<br />
der sogen. Grafschaft Pitten, sowie in<br />
Landschaften <strong>des</strong> mittleren Burgenlan<strong>des</strong> an der<br />
Sprachgrenze gegen das Magyarische sagt man<br />
dafür ganz alt büvd, güü, hüv; angefangen vom<br />
steirischen Jogelland spricht man mit Unterbrechungen<br />
bis in den burgenländischen Seewinkel<br />
(südöstlich <strong>des</strong> Neusiedlersees) bgurd, g(>ur,<br />
hQur, in weiter südlich gelegenen Restinseln <strong>des</strong><br />
Burgenlan<strong>des</strong> gleich oder ähnlich (pgu(r)d, kyu(r),<br />
hgu(r) oder pgd, kQ, hg); und zwar immer säuberlich<br />
getrennt von gv oder on für mhd. -ar- in<br />
anderen Stellungen, z. B. in flach- und salzachgauisch<br />
Sovff, in weinvicrtl.-ostburgenländ., ebenso<br />
in jogelland. sgvff usw. — 3. Ihre mhd. -a- reimen<br />
im Mittel- und Südbairischen mit alten d, z. B.<br />
in wüv, wüi, wgu(r) (wahr, mhd. war) usw. Im<br />
Nordbairischen fehlen diese alten Übertritte von<br />
-a- zu -d-, daher gibt es auch keine entsprechenden<br />
Reime. Z. B. kann nordbair. gön (mhd. gar) mit<br />
wguo nicht reimen und bleibt daher vokalisch<br />
streng geschieden. — 4. Wir finden im Mittelbair.<br />
-o- Restformen vor -l-, als läge altes äl vor statt<br />
erwartetem -gl-, so in Nieder-, Oberösterreich, im<br />
Norden der Oststeiermark und <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>;<br />
in denjenigen Gegenden dieser Gebiete, wo mhd.<br />
-ol- zu -ul- verändert wurde (s. § 5 d), tritt auch hier<br />
-ul- ein. Am weitesten verbreitet sind wöijgvd<br />
(Wallfahrt) und ölnß, oiß (alles) bzw. in der niederösterr.<br />
Grafschaft Pitten, im Böhmerwald usw.<br />
wülfond, tdß; vgl. vmöi, vmu). neben vmgi (einmal).<br />
h. 1. Mhd. -ar- ist im Bairischen meistenteils<br />
mit mhd. -or- zusammengefallen. Im Lurnfeld und<br />
um den Millstättersee und wieder in Teilen <strong>des</strong><br />
Unterkärntner Lavanttales und der angrenzenden<br />
Weststeiermark gilt vor Gaumen- und Lippenlauten<br />
für beide Lautfolgen -ar-, etwa ivarbm<br />
(warm), tnargi} (morgen), aber nicht vor Zahnlaut:<br />
(im Lurnfeld) pgvrt (Bart), gort (Ort) oder (in der<br />
Weststeiermark) p§gst,
§ 1 h 2—n 2<br />
laut und im Silbenauslaut s. § 50 c 3. — 3. Das<br />
dabei erzielte neue gv aus -ar- fällt meistenteils<br />
nicht nur mit dem gv aus mhd. -or-, sondern auch<br />
mit dem gv aus mhd. ei zusammen (s. § 20 d),<br />
z. B. im steir. Mürztal sgvff wie dgvff (Dorf) und<br />
swgvf, alle mit gv. Doch herrscht bei den alten<br />
Leuten in Teilen von Niederösterreich und im Großteil<br />
<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> eine reinliche Zweiteilung<br />
zwischen sovff und dovff mit ov und swävf mit äv;<br />
in einigen ganz konservativen niederösterr. Randschollen<br />
besteht sogar eine Dreiteilung zwischen<br />
sövff mit öv, dgvff mit gv und swävf mit äv, ebenso<br />
im Flach- und Salzachgau zwischen Sovff mit ov,<br />
dnvff mit uv und swövf mit gv. uv gilt für alle drei<br />
mhd. Laute ganz alt im Bayrischen Wald, um<br />
Furth im Walde, Viechtach und Eisenstein (vgl.<br />
§ 20 c 1). — 4. In der Sprachinsel Gottschee gilt<br />
in allen Stellungen für mhd. -ar (altertümlicher)<br />
•war und (moderner) ür, z. B. in püdrtd (Bart),<br />
güdr (gar), hüdr (Flachs), süzrff (scharf) bzw.<br />
pürto, gür usw.; zur Verteilung von üd und ü um<br />
Gottschee s. oben d. 4. — 5. Auch im Mölltal<br />
gibt es für mhd. -ar- und -or- in einigen Orten um<br />
Rangersdorf und Stall dieses war (neben öar 6 ), ur<br />
und ör 6 ) aber nur vor Lippen- und Gaumenlauten;<br />
im Obermölltal steht dafür gvr (sgvrf); dagegen<br />
gilt vor Zahnlauten und manchmal im Auslaut<br />
gdr oder ga, gv (ähnl. auch in Kais) oder (im Obermölltal)<br />
auch g (pgt usw.).<br />
i. 1. Die Lautfolge mhd. -al- wurde einerseits im<br />
Maltatal in Kärnten, andererseits zwischen Kochl<br />
und Seeshaupt in Oberbayern zu -gl- verändert,<br />
also §lt, Qld (alt) usw.; dies erscheint nur im Silbenauslaut,<br />
gleichgültig ob -l- vor Mitlaut steht oder<br />
nicht. Es heißt daher im Maltatal i ts§l (ich zahle),<br />
aber dQs tsg-l i (das zahle ich). — 2. In der Sprachinsel<br />
Gottschee gilt im gleichen Silbenauslaut meistens<br />
au oder gu, z. B. in aut oder gut (alt); vgl.<br />
noch unter n.<br />
j. 1. Vor -h- ist fallweise, z. B. im Worte mhd.<br />
ahorn, das kurze a meistenteils zur Gruppe <strong>des</strong><br />
mhd. langen ä übergegangen, z. B. an der steir.niederösterr.-burgenländ.<br />
Dreiländerecke gu-vn<br />
oder guhvn und nordbairisches guhuvn. In einigen<br />
steir.-kämtn.-tirol. Tälern erscheint dafür gv, also<br />
gvhr(n); dazu s. auch den Wörterb.-Artikel<br />
„Ahorn". — 2. Unter „Einsilberdehnung" (s.<br />
§ 34 k 3) erscheint im Nordbair. mit -h(s) und<br />
-h(t) QV, also (altertümlich) im Nom. flövs (Flachs),<br />
ngvd (Nacht), im Dat. flgkß, rigxt 1 ). In der nordbair.<br />
Sprachinsel Iglau sind diese Sonderwege noch<br />
nicht beschritten, daher Nom. vlgkß, ngxt, Dat.<br />
vlgkß, ngxt. Ebenso steht im Nordbair. gv unter<br />
„nhd. Dehnung" in slgv-v, slg-v (schlagen) aus<br />
mhd. slahen.<br />
k. Im Südbairischen ist von der alten Unterscheidung<br />
zwischen mhd. ä und mhd. a (und ö)<br />
keine Spur mehr erhalten geblieben, auch in den<br />
sonst so altertümlichen Sprachinseln nicht. Nicht<br />
einmal in der konservativsten Inselgruppe, im<br />
Zimbrischen, besteht in der Lautfärbung ein Unterschied,<br />
obgleich das Zimbrische (Sieben und<br />
Dreizehn Gemeinden, Luserna, Lavarono und<br />
Folgaria) die einzige Mundart darstellt, welche<br />
innerhalb <strong>des</strong> Bairischen die alten a-Laute unverdumpft<br />
erhalten hat und wenngleich die Sprache<br />
speziell in den Sieben Gemeinden überdies die<br />
einzige bair. Mundart ist, in der die ahd. Quanti-<br />
6 ) ö ist hier wiederum mittelgaumig zu lesen.<br />
7 ) Vielfach sind auch im Nordbairischen der Nom.<br />
und der Dat. schon ausgeglichen worden; daher in<br />
beiden Fällen entweder flgvs, ngvd oder flgkß,<br />
ngxt oder gar vermischt flgvkß, ngnxt oder flgvgs,<br />
ngvxd.<br />
22<br />
tätsgesetze so gut wie ungestört erhalten geblieben<br />
sind. Daher in den Sieben Gemeinden pläzen gegen<br />
hazen und vaßjßen*) oder z. B. in den Dreizehn<br />
Gemeinden pläzvn 9 ) und häzvn gegen vaßßvn.<br />
Diese Konservativität mutet uns fast hochalemannisch<br />
an, sie ist aber in Wirklichkeit der gemeinsame<br />
alte frühmhd. Zustand <strong>des</strong> Bairischen<br />
wie <strong>des</strong> Alemannischen.<br />
1. 1. In einigen Hochalpentälern stoßen wir auf<br />
einen eigenartigen Mischzustand. Zwar sind vor<br />
schweren Mitlautgruppen und vor Doppellauten<br />
die mhd. Längen z. B. von släffen, kläfter, kräpfen<br />
gekürzt worden, doch bewahrt die Lautfärbung<br />
immer noch die ältere Stufe der Länge. Es heißt<br />
z. B. bei den ältesten Leuten <strong>des</strong> Lungaus mit dem<br />
mundartlich dazugehörigen Kärntner Katschtal<br />
regelrecht plözn wie hözn gegen ggßßn; es heißt<br />
aber sloffm, kxlofftn, kxroppffm zwar mit dem-oder<br />
Länge von plözn und der Dehnung, aber mit<br />
Selbstlautkürze, in der sonst nur das g von ggßßn<br />
möglich ist. — 2. Eine weitere Feinheit ist es, daß<br />
im größeren Teil <strong>des</strong> Lungaus vor einstigem oder<br />
jetzigem -r- nur ä möglich ist: särff, päxt (Bart),<br />
näx (Narr), fägry (fahren), wä (wahr).<br />
m. 1. In einigen Landstrichen nördlich und<br />
südlich von Passau gibt es Sonderentwicklungen.<br />
Im unteren Inn viertel (nördlich Ried) werden alle<br />
bair. g- und g-Laute, soweit sie nicht genäselt sind<br />
oder vor altem -r- oder -l- standen, zu einem<br />
mittelgaumigen Q (blgsn, hQsn, ggßßn). Im angrenzenden<br />
niederbayr. Rottal mit einigen Unterinnviertler<br />
Gemeinden entspricht statt <strong>des</strong>sen<br />
häufig der Zwielaut ou neben einfachem g, ebenso<br />
in und um Wallern im Böhmerwald; eine Regel<br />
dafür, wann hier der Zwielaut ou eintritt und wann<br />
nicht, hat sich bisher noch nicht auffinden lassen.<br />
Im südlichen Innviertel tritt nahezu geschlossenes<br />
-o- ein, ebenso im oberen Mühlviertel sowie teilweise<br />
im unteren Mühlviertel. — 2. Im angrenzenden<br />
Oborbayern begegnet uns zwischen Inn und<br />
Salzach auch solches -o-, das aber nunmehr zusammenfällt<br />
mit dem mundartl. o aus mhd. o; es<br />
kommt nur mehr in Umgebung rundender Mitlaute<br />
9 «) und vor h vor, z. B. in össn (Asche),<br />
öppffe (Apfel), fössei} (Fasching) oder in dswö-v<br />
(das Gesicht waschen, mhd. divahen); vor allem in<br />
ausgesprochenen Bauernwörtern (s. § 26 b 2).<br />
n. 1. Unter Näselung, also vor einstmals oder vor<br />
heute noch unmittelbar folgendem n, m und t},<br />
schwanken die bairischen Mundarten zwischen<br />
offenem g, geschlossenem o und Zwielaut ou (du);<br />
dasselbe gilt meistens auch für die mhd. Lautfolge<br />
•on-, -om-, z. B. in mhd. Ion (Lünse), doner (Donner),<br />
genomen (s. § 5 e). Steigende Zwielaute<br />
herrschen im Osten, im Burgenland, in der Steiermark<br />
mit Unterkärnten, in großen Teilen von<br />
Nieder- und teilw. in Oborösterreich sowie in<br />
Südmähren und Südböhmen; ferner im Moll-,<br />
Oberdrautal und teilw. im Iselgebiet. In einigen<br />
Orten <strong>des</strong> mittleren Burgenlan<strong>des</strong> sowie in Kais<br />
in Osttirol gibt es statt $u 10 ) sogar monophthongiertes<br />
£, etwa um Rattersdorf grqng (krank) oder<br />
in Kais h$ma (Hammer). — 2. Im kärntn. Lavanttal,<br />
in der Mittelsteiermark und in großen Teilen<br />
<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> entdecken wir zwiefache Entwicklung.<br />
Vor altem n-\- Mitlaut und vor in steht<br />
unter scharf geschnittenem Steigdruck sehr kurzes<br />
8 ) Das Wort „Gasse" gibt es im Zimbrischen<br />
nicht mehr.<br />
9 ) Das l ist palatal und klingt ähnlich wie -gliim<br />
Italienischen.<br />
9a ) Über die rundenden Mitlaute s. a. § 4 c 3<br />
und § 26.<br />
10 ) Q ist mittelzungig.
§ 1 n 2—§ 2 a<br />
g, das strichweise bis a und sogar bis r> reduziert<br />
werden kann, vor v, aber sowie vor einfachem n,<br />
gleichgültig ob es geschwunden ist oder nicht, steht<br />
der reguläre Zwielaut gu (du); z. B. um Gleichenberg<br />
hämt (Hand), hämtnv (Hammer) gegen mgu n<br />
(Mann), mQunvd (Monat), ghrgungx (krank). —<br />
3. Unter der allgemeinen hochd. Dehnung sowie<br />
unter Dehnung alter mhd. Einsilber schwindet im<br />
Nordbair. (wie im angrenzenden Ostfränk.) der<br />
Nasenlaut am modernen Silbenende, gleichzeitig<br />
tritt speziell im Nordbair. (oder genauer gesagt<br />
im Egerland und im Nordosten der Oberpfalz)<br />
ein fallender Zwielaut ein; sonst bleibt im Nordbair.<br />
der Nasenvokal in der Regel bewahrt und das<br />
g als Monophthong erhalten. Es heißt gröv n g oder<br />
grüv n g (krank), aber v grgrygv (ein Kranker),<br />
bön n d oder büv n d (Band), lÖD n g oder lüv n g (lang,<br />
räumlich, mhd. lanc), aber Ign, (lang, zeitlich, mhd.<br />
adv. lange) und v Igiynp (ein langer, zeitlich und<br />
räumlich), es heißt in altertümlichen Mundarten<br />
z. B. nom. möv n oder müv n (der Mann), aber dat.<br />
mgn (dem Mann) und dat. bgnt (dem Bande) zu<br />
böv n d. Wieder nimmt die Iglauer Insel an der<br />
Diphthongierung noch nicht teil; um Iglau sagt<br />
man: khrgrt,kx, pgnt, lgt}kx, mgn (pg n t usw.), aber<br />
Ign,, v Ignpnpr, r> khrgnkhdr, pgnt. — 4. Nur im Nordbairischen<br />
bleibt bis heute mhd. ä vor Nasenlaut<br />
getrennt vom mhd. a; man vgl. z. B. dgu n (getan)<br />
mit möD n Salzburg und Steiermark Umlaut aufweist (assn,<br />
äsn), so erklärt sich dies anders, nämlich als ahd.<br />
Genitiv-Dativ-Umlaut von *askin mit seinem<br />
umlautbewirkenden -i- für den nom. *asko, masc.<br />
(das Wort ist im Osten noch jetzt masculin). —<br />
2. Der alemannische -s-Umlaut, z. B. in gr$s (Gras),<br />
fehlt im Bairischen; nur in näsv, näs reicht er,<br />
insbesondere als scherzhafte Nebenform zu ngsn<br />
(Nase), in Bayern bis über den Starnbergersee und<br />
in Tirol bis Reutte im Unterlechtal auf bairisches<br />
Gebiet über und in päso (Base) stellenweise noch<br />
etwas weiter nach Osten. — 3. -c/is-Umlaut, wie<br />
er uns im Alemannischen mehrfach begegnet, fehlt<br />
dem Bairischen gleichfalls, ausgenommen in jüngerem<br />
Achse (Wagen-, Schlittenachse; mundartl.<br />
akß); Achse dürfte erst im ausgehenden 13. Jh.<br />
aus der Schweiz eingeführt worden sein statt<br />
älterem bair. Achse. Die meisten bairischen Sprachinseln<br />
haben noch jetzt das altmodischere Achse<br />
ohne Umlaut.<br />
q. 1. Über die Lehnwörter aus der Schriftsprache<br />
sei bemerkt: Bei uns gab es ungefähr seit 1250<br />
zwei verschiedene Lesesprachen, eine deutsche<br />
und eine lateinisch-romanische. Nach der deutschen<br />
Lesesprache las man den Buchstaben a als dumpfen<br />
p-Laut, geschriebenes Rad, Nacht als rgd, ngxt,<br />
nach der lat.-roman. Lesesprache las man ihn hin-<br />
(Mann); doch gibt es strichweise Kürgegen<br />
als hellen a-Laut, patcr, sanetus als pätdr,<br />
zungen vor m, z. B. sgm(mn) (Same), das nunmehr<br />
sa^ktus. Manche Buchlehnwörtcr wurden bald<br />
mit ngm(mv) (statt *nöo?n(v)) zusammenklingt. -<br />
nach der deutschen, bald nach der lat.-roman. Weise<br />
5. In den zentralen und östlichen Landschaften von<br />
wiedergegeben. Die Wörter mundartl. elejgnt (Ele-<br />
Tirol werden seit 1300 langes mhd. d und nachfant),<br />
Idüngnt (Leutnant), pg/?(Reisepaß)usw. setzten<br />
träglich gedehntes mhd. a, unser ä, lautgesetzlich<br />
sich nach dem Deutschen, die Wörter pal oder wäl<br />
bis zum w-Laut verdumpft, z. B. in fün (Fahne),<br />
(Ballunterhaltung), pumnräntßn (Pomeranze, Oran-<br />
kxrünidr (Krämer), süm (Same), nüm (Name); so<br />
ge), tiattdr (Theater), (wiener.) gsbüs (Spaß) nach dem<br />
oder ähnlich von Roppen am oberen Inn fluß-<br />
lat.-roman. System in der Mundart fest. In stadtabwärts<br />
bis zur östlichen Lan<strong>des</strong>grenze und darmundartl.<br />
tgwgkx neben bäuerlichem towäkx (Taüber<br />
hinaus sogar in einigen Gemeinden Oberbak),<br />
in musikhdnt (allgem.) neben muzikg'ntar<br />
bayerns um Kiefersfelden und im westlichen Ober-<br />
(ötztal.; Musikant) gilt bald die deutsche, bald die<br />
pinzgau Salzburgs, <strong>des</strong>gleichen in Südtirol von<br />
fremde Lesesprache. — 2. In Österreich breitete<br />
Meran angefangen (ohne Passeier und Ulten) bis<br />
sich zu Beginn <strong>des</strong> vorigen Jhs. im Unterricht die<br />
an die Kärntner Lan<strong>des</strong>grenze und darüber hinaus<br />
lat. Leseweise auch auf den Deutschunterricht aus.<br />
im Kärntner Lesachtal, in einem Gebiet, das auch<br />
Seither liest man in den Schulen pater und Vater<br />
sonst meistens mit dem Tiroler Pustertal und nicht<br />
als pätdr und fätdr mit demselben a-Laut, während<br />
mit dem übrigen Kärnten zusammenstimmt. Nur<br />
man früher pätdr, aber fgtdr lehrte und lernte. In<br />
in einigen abseitigen Gräben <strong>des</strong> Eisack- und <strong>des</strong><br />
Bayern bewahrte sich bis vor wenigen Jahrzehnten<br />
Rienzgebietes gibt es mancherorts noch das ältere<br />
die zweifache Art <strong>des</strong> Lesens, also phätlier gegen<br />
öu. Dafür existiert das neue ü auch in der Fersen-<br />
fäther. — 3. In gleicher Weise herrschte vor einem<br />
taler Sprachinsel; ja sogar in Lavarone, obgleich<br />
Menschenalter in Österreich beim Lesen <strong>des</strong> Buch-<br />
dort sonst in zimbrischer Weise helles a erhalten<br />
stabens e der offene g-Laut, in Bayern hingegen<br />
blieb; in Folgaria steht vor Nasal immerhin schon<br />
vielfach der geschlossene e-Laut. So kommt es,<br />
ö: also lav. z. B. kxrümnr, folg, kxrömvr gegen<br />
daß man noch vor wenigen Jahrzehnten das Abc<br />
pläzvn, häzmi und vaßßün. Diese ü sind ein wich-<br />
in Österreich als ä, bq, tsQ, in Bayern aber als<br />
tiges Kennzeichen <strong>des</strong> Tiroler Dialektes. Urkund-<br />
ä, bc, tse aufsagte. Heute setzt sich hier wie dort<br />
lich tauchen sie erstmals um 1300 auf.<br />
langsam die einheitliche Aussprache nach der<br />
allgemeinen deutschen Bühnensprache durch.<br />
o. Im Nordbairischen (und Ostfränkischen)<br />
wurde vor -l- ebenso genau zwischen mhd. Ein- § 2. Mhd. langes ä und kurzes ä (s. auch<br />
und Mehrsilbern unterschieden wie oben (s. j. 2.) Karte 2).<br />
vor -hs, -hl und (s. n 3.) vor n, m, n; jedoch kam Übersicht: a. Zusammenfall von ä und ä. —<br />
keine nordbair. Verzwielautung mehr auf, sondern b. Gruppierung innerhalb <strong>des</strong> Hochdeutschen. —<br />
es blieb das ö der Dehnung unverändert erhalten. c. Trennung in d, ä und ä und Vcrgleichstypen mit<br />
Es stehen sich also gegenüber öld (alt) und n-n-qldn c und c. — d. Reihenweiser Zusammenfall von ä<br />
(ein alter), smölds (Schmalz) und smgltßn (schmal- mit c innerhalb <strong>des</strong> Bairischen. — e. Der gemeinzen),<br />
altertümlich auch sölds (das Salz) und sgltß bairische Wandel von ä und ä zu a. — f. Unter-<br />
(dem Salz) usw. In<strong>des</strong>sen gorät diese Unterscheischiede zwischen ä und ä. — g. Ausnahmsweise<br />
dung heute immer mehr in Verfall, und zwar hier Vermischungen von ä mit c im Bairischen. —<br />
wie vor Nasal und vor -hs und -ht meistens zu- h. Analogisches ei neben lautgerochtem ä für mhd.<br />
gunsten der p-Lautungen.<br />
d im Nordbairischen. — i. Störungen der Laut-<br />
p. 1. In großen Teilen von Tirol, eingeschlossen entwicklung durch Wortbildungszwang. — j. Zu-<br />
die südbairischen Sprachinseln, ist in einigen nehmen <strong>des</strong> verminderten Umlautes ä gegen den<br />
Bauernwörtern das mhd. o vor folgendem seh- Vollumlaut c in alter Zoit und im Osten. —<br />
in alemannischer Weise umgelautot, also wassn k. Schriftspr. Lehnwörter.<br />
(waschen), taMc (Tasche), ebenso asse (Asche); a. Die Lautverhältnisso sind boi mhd. d als<br />
wenn „Asche" auch in großen Teilen von Kärnten, Umlaut 7M ä und bei mhd. ä als Sekundär- oder<br />
23
§ 2 a—g 1<br />
wie man besser sagen könnte als vermindertem<br />
Umlaut <strong>des</strong> kurzen a einfacher als bei mhd. d und<br />
a; zum Voll- oder Primärumlaut dieses a zu mhd.<br />
e s. § 4.<br />
b. In der Behandlung dieser beiden Umlaute<br />
ist das Hochdeutsche insofern in zwei Teile zu<br />
trennen, als außerhalb <strong>des</strong> Bairischen d und d<br />
lautlich zusammenfallen mit mhd. e, während<br />
unser bairischer Dialekt und mit ihm nur noch<br />
Teile <strong>des</strong> Ostalemannischen d und d lautlich anders<br />
behandeln als e (s. auch Karte 2).<br />
c. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen selbst haben in<strong>des</strong>sen<br />
gerade die altertümlichsten Mundarten ä und e<br />
ebenfalls vereinheitlicht (s. Karte 2). Sie haben<br />
nämlich die ältere d-Färbung meistens als e bewahrt,<br />
das nun von dem anderen e aus mhd. e<br />
nicht mehr auseinandergehalten wurde. Unterscheiden<br />
wir innerhalb <strong>des</strong> Bairischen analog dem<br />
§ 1 wieder drei Untergruppen, erstens die mhd.<br />
Länge d in Idre (leer), zdhe (zäh), drdte (plur. zu<br />
drdt „Draht") usw., zweitens kurzes mhd. d,<br />
soweit nachträglich gedehnt, also d, z. B. in Wagen<br />
(plur. zu Wagen), Stäblein (demin. zu Stab) usw.,<br />
drittens schließlich mhd. ä, soweit es bis heute<br />
kurz geblieben ist, also ä, z. B. in Nächtlein und<br />
Nächte (demin. und plur. zu Nacht), härwe (herb),<br />
wärmen usw. Zum Vergleichen stellen wir Wörter<br />
mit e, z. B. regen, leben, und mit e, z. B. Recht,<br />
helfen, werfen, daneben. Fernerhin ist für uns der<br />
Repräsentant für d die Wortform Drdte, für d<br />
Wägen und für Ü Nächte, der Repräsentant für e<br />
Regen (dat.) und für 8 Recht (dat.).<br />
d. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen sind vor allem<br />
gerade in den konservativen Außengründungen<br />
<strong>des</strong> Mittelalters ä und e zusammengefallen. Fürs<br />
Südbairische im ganzen Zimbrischen, z. B. in<br />
Luserna xv^gry, das mit r$gn und next, das mit rext<br />
reimen kann, oder in den Sieben Gemeinden wegone<br />
wie regdne, nQxte wie rexte; in Zarz w^igry wie reigiy,<br />
nexte wie rexte und ähnlich in Deutschruth weigry<br />
wie reigry und näxte wie räxte 1 ); in Pladen und<br />
Zahre w$gne wie r^gn^e und nexte wie rexte; in der<br />
Sprachinsel Gottschee wägn? wie rägn,d 2 ) und naxtd<br />
wie raxtd. Unter den mittelbairischen Sprachinseln<br />
haben etliche in der Slowakei, die allerdings<br />
mitteldeutsch untermischt sind, Q, e. Desgleichen<br />
hat die nordbairische Sprachinsel Iglau altes f, e<br />
beibehalten und den nachträglichen Gleichklang<br />
mit e erreicht: w$gn wie r$gn, next wie rext. —<br />
2. Auch einige bair. Binnenmundarten weisen den<br />
Gleichklang auf: die Mundart von Tilliach, der<br />
höchstgelegenen Pustertaler Dorfsiedlung, mit<br />
ihrem a wie um Gottschee: wagn,e wie ragn,e, naxte<br />
wie raxte; die Mundart am sogenannten Reggelsberg<br />
südöstl. Bozen: weign wie reign, next wie r§xt<br />
(auch rext). Ferner anschließend ans Schwäbische<br />
das untere Tiroler Lechtal mit Ehrwald-Lermoos<br />
und der rechtsseitige bayrische Lechrain bis zum<br />
Ammersee next wie rext; ä ist hier aber von e<br />
getrennt geblieben: w^gv gegen regv. Schließlich<br />
besteht südöstlich von Bayreuth um Erbendorf-<br />
Pressath auf Oberpfälzer Boden ein ostfränk. Vorstoß<br />
mit wo'?} wie re^n und next wie rext. Alle<br />
Gebiete mit Gleichklang innerhalb <strong>des</strong> Bairischen<br />
sind, ausgenommen der Lechrain und das Oberlechtal<br />
mit ihrer schwäbelnden Sprechweise, in der<br />
Karte schwarz getönt. Desgleichen herrschen die<br />
Erbendorfer Formen auch um Nürnberg; gegen<br />
<strong>des</strong>sen Zuordnung zum Bairischen werden aller-<br />
*) In Deutschruth ist dieser ä-Laut überoffen und<br />
nähert sich dem hellen a.<br />
2 ) In einigen Landstrichen der Gottscheer Insel<br />
mit Gleitlaut e vor -g- wäegn?, räegnv.<br />
24<br />
dings von manchen Forschern Bedenken vorgebracht.<br />
e. 1. Im ganzen übrigen bairischen Dialektgebiet<br />
ist einschließlich der Sprachinseln <strong>des</strong> Fersentales,<br />
von Tischlwang (Timau) südl. <strong>des</strong> Plöckenpasses,<br />
ferner der Inseln um Brunn, Wischau und Budweis<br />
jenes bair. ä und a durchgedrungen, das vom e<br />
oder e aus mhd. e getrennt bleibt; also drät, wägry,<br />
naxt u. ä.; Reime mit regry, rext sind in diesen<br />
Mundarten nicht mehr möglich. — 2. Dieser neue<br />
a-Laut ist im 13. Jh. entstanden. Er ist zusammengefallen<br />
mit mdal. ä aus mhd. ou und öu (s. § 21<br />
u. 22), mit dem restweise im Mittel- und Nordbairischen<br />
erhaltenen a für mhd. i und für mhd. ü<br />
(s. § 13 e), ferner mit dem ä, das im Bairischen<br />
strichweise für mhd. ei auftritt (s. § 20 g). —<br />
3. Seine Lautfärbung ist nicht überall gleich. In<br />
den obersten Teilen einiger Tiroler Hochtäler und<br />
im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> neigt der a-Laut,<br />
gleichgültig welchen Ursprunges, fast zu einem<br />
überoffenen ä, aus dem er bei mhd. d und ä ja<br />
tatsächlich entstanden ist; in der Sprachzunge<br />
Truden-Altrei (südöstl. Bozen) erlebt dagegen der<br />
a-Laut denAnfang einer zweitenVerdumpfung und<br />
wird zu d; ein leicht nach d neigender Laut ist<br />
auch in Teilen der Gottscheer Sprachinsel zu<br />
beobachten. Sonst bleibt dieses a jener helle „orale"<br />
Vokal, den es in der nhd. Bühnensprache nicht<br />
gibt, der aber in der ital. und franz. Bühnensprache<br />
existiert. — 4. Jene westalemannischen,<br />
ostfränkischen und mitteldeutschen Dialekte, welche<br />
wie das Bairische gleichfalls helles ä, a aus<br />
mhd. d, d und ä ausgebildet haben, sind historisch<br />
betrachtet trotzdem weit vom Bairischen entfernt,<br />
sie haben auch das mhd. e zu a verwandelt und<br />
haben damit einen Gleichklang geschaffen, den<br />
das Gemeinbairische in derart offensichtlicher<br />
Weise nicht besitzt.<br />
f. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen besteht in den<br />
Lautentsprechungen für d, d und ä keine Diffe-<br />
renzierung. Immerhin bezieht die Mundart der<br />
Sprachinseln Pladen (Sappada) und Zahre (Sauris)<br />
eine auffallende Sonderstellung: ä ist zum hellen<br />
ä-Laut geworden, d und ä aber bleiben als g-Laute<br />
fortbestehen; es heißt also läre, dräte, aber w^gne,<br />
st$ble, nextle, nexte usw., allerdings ist die Grenze<br />
zwischen o und e nicht streng gewahrt. Gewisse<br />
Anzeichen sprechen dafür, daß auch im Südbairischen<br />
zuerst, um 1200, d zu ä gewandelt<br />
wurde und erst etliche Jahrzehnte später d und ä<br />
den jetzigen Lautwert a erreicht haben. — 2. Beispiele<br />
für Unterscheidungen zwischen d und d<br />
einerseits und ä andererseits in denjenigen bairischen<br />
Mundarten, welche bis heute auf der älteren<br />
ä- oder g-Aussprache verharren, sind oben (unter<br />
d. 1.) angeführt worden. Man differenziert demnach<br />
in Zarz ei und e, in Deutschruth ei und ä, am<br />
Reggelsberg ei und e, um Erbendorf und Nürnberg<br />
e und e.<br />
g. 1. Die scharfe lautliche Differenzierung <strong>des</strong><br />
Bairischen zwischen ä, a aus älterem d, ä und ä<br />
gegen e, e aus älterem e kommt uns bei genauerem<br />
Hinsehen etwas unsicher vor. Sie erscheint uns<br />
fast wie eine oberflächliche Äußerlichkeit, vor<br />
allem was den Süden und Norden <strong>des</strong> bairischen<br />
Dialektes anlangt. Wer tiefer blickt, entdeckt dort<br />
allenthalben eine gelegentliche Vermischung zwischen<br />
der ä- und e-Reihe gerade im bodenständigsten<br />
Wortschatz, in den ausgesprochenen Bauernwörtern.<br />
Am weitesten geht in der Vermischung<br />
das Pustertal mit dem Lesachtal und mit Osttirol;<br />
sie ist aber auch in Ober- und Mittelkärnten mit<br />
angrenzenden obersteirischen Landstrichen sowie<br />
im Pinzgau, Pongau, Lungau und im obersteirischen<br />
Ennstal vorhanden. Einerseits gibt es e-
h. Das Nordbairische verfügt für das lange mhd.<br />
ä über zwei Entsprechungen, über ä als lautgesetzliche<br />
Entwicklung und über ei als analoge<br />
Bildung. Es heißt z. B. lautgerecht lä(r), dsä(x)<br />
usw., es heißt aber dreid als plur. zu drgud (Draht),<br />
es heißt ieifld als dem. zu squf (Schaf), und es heißt<br />
v bleisd (er bläst) zu blgusn (blasen). Hier waren<br />
Vorlagen mit gu aus mhd. ö maßgebend, z. B.<br />
fleix plur. zu flQux (Floh), Sdeißt (stößt) zu SdQußn<br />
(stoßen) usw. So bildeten auch die beiden einstmals<br />
starken Zeitwörter mhd. bägen (streiten) und<br />
wägen (fragen) zum einstigen Inf. *6gu'»j und<br />
*frQu'n, in der 2. 3. pors. sing. präs. analoges beikßt,<br />
freikt. Nach diesen Formen wurde ei verallgemeinert,<br />
daher auch im Inf. nordbair. bgi 1 ^, frei'n,.<br />
i. Durch Wortbildungszwang wird die lautgerechte<br />
Entwicklung auch sonst vielfach gestört.<br />
§ 2 g 1—§ 3 Üb.<br />
Reste statt erwartetem a im Puster- und Lesachtal<br />
und in Osttirol, z. B. in (ostpust.-les.) §sn (Gestell<br />
zum Holzdörren oberm offenen Herd), (les.) grünte<br />
(Preiselbeere), (les.) gempße (Gemse), (pust.-ostt.)<br />
herpffe (Getreideharfe), (pust.-les.) pertßn (hervorstrecken),<br />
wo die Nachbarmundarten mit äse,<br />
grante, gampße, harpffe, partßn aufwarten; andererseits<br />
gibt es sogar für a-Laute anderen Ursprungs<br />
(z. B. aus mhd. ei und ou) falsche e-Lautungen,<br />
etwa in (les.) helräx (Höhenrauch) und (um Sillian)<br />
tref (Dachtraufe) neben allgemeinerem halräx,<br />
traf aus mhd. heirouch, trouf. Umgekehrt bestehen<br />
„falsche" a, z. B. in Tilliach und Gottschee tan.ke,<br />
tankd (links), ebenda wanhat, banTcait (verbogen und<br />
schief), in Defreggen tsarnzyn (Mehl, Kleie unabsichtlich<br />
verstreuen), alle mit altem „Vollumlaut"<br />
mhd. e 3 Ein Beispiel mag hinreichen. Die feminina abstracta<br />
(Länge, Stärke, Schwärze) und die Komparative<br />
und Superlative (länger, stärker, schwärzer)<br />
haben im Bairischen überall Vollumlaut und<br />
nicht verminderten Umlaut. So kann unter Umständen<br />
auch bei langem mhd. d in Widerspruch<br />
zur Lautgeschichte in solchen Formen irrtümlicherweise<br />
„Vollumlaut von a" eintreten, so in<br />
großen Gebieten beim fern, abstr. Nähe (nehnt)<br />
und bei der Steigerung (nehndr, Spetdr) von<br />
nähe(nd) und von spät. In einigen Tiroler (und<br />
Vorarlberger) Mundarten und im Zimbrischen<br />
heißt es sogar swerdr, dr äwerSte im Komp. und<br />
Sup. zu Swär (schwer), obgleich das umlautlose<br />
*§WQr, wie das adv. nach ahd. swäro (zum adj.<br />
8tuäri) lauten sollte, längst nicht mehr existiert.<br />
), vgl. mhd. tenlce, *wenköht, zemse (Kleie);<br />
oder im Westpustertal gitanjce (links), tsäte (Leg- j. Be T erkenswert ist bezüglich <strong>des</strong> verminderten<br />
föhre), pluitagl (Blutegel) usw. aus mhd. zete, Umlautes ä vor r folgen<strong>des</strong>: Je moderner die<br />
egel. — 2. Ähnliches gibt es wie gesagt auch in der betreffende Mundart im Durchschnitt ist und je<br />
Nachbarschaft, so in westkärntn. khl$hl (Haken am weiter sie gegen Westen liegt, <strong>des</strong>to häufiger tritt<br />
Fallschloß) neben khlähl (Grobian) aus mhd. in Fällen, bei denen Schwanken zwischen ver-<br />
klächel, in ostmittelkärntn. älgts neben slats mindertem ä und vollem e vorkommt, das Voll-<br />
(Schusser, Spielkugel), peppr neben pappr (derbe umlaut-e ein. Z. B. hat der Westen <strong>des</strong> Bairischen<br />
Bezeichnung für die beiden Lippen, bei<strong>des</strong> etymo- Formen, die von Gerte und wermen, der Osten aber<br />
logisch dunkle Wörter), in pinzg.-pong.-lungaue- Formen, die von Gärte und wärmen abzuleiten<br />
rischem wapß (Wespe), mantß (unfruchtbar, keine sind; in den altertümlichsten Mundarten <strong>des</strong><br />
Milch gebend, v. d. Kuh), man,kai (Murmeltier) Westens gilt aber <strong>des</strong>senungeachtet wieder wärinen,<br />
aus mhd. webse, menze, murmente. — 3. Ähnliches so im Zimbrischen und ötztalerischen. Für ge-<br />
gibt es schließlich auch im Nordbairischen. Z. B. wöhnlich heißt es im Bairischen sperren und<br />
heißt die Elster nach mhd. hätze, häg(zes)se (Hexe) derren; insbesondere in den meisten südbair.<br />
zwar im größten Teil der Oberpfalz hatß(l) mit Sprachinseln und im ötz- und Zillertalerischen<br />
lautgerechtem a, im südl. Egerland und in der östl. tritt aber dafür spärren und darren ein; Restformen<br />
Oberpfalz aber hetß mit „falschem" §. — 4. Laut- von darren und dem Substantiv Darre tauchen<br />
kombinatorisch ist mhd. e vor l und r + Gaumen- versteckt an verschiedenen Stellen <strong>des</strong> Bairischen<br />
und Lippenlauten in Teilen von Westtirol und von auf. Die Wortfamilie „erben, Erbe" usw. hat<br />
Oberbayern an der Grenze gegen schwäb. g aus heute im Bairischen überall nur mehr Vollumlaut,<br />
mhd. ä strichweise als -al, -ar vorhanden (s. § 3 j 5, erben und Erbe; im Althochdeutschen aber galt,<br />
3 1 3 u. Karte 4) als Rückstand einer vorüber- wie gewisse Lehnwörter und Ortsnamen andeuten,<br />
gehenden Alemannisierungswelle während <strong>des</strong> 12. nur verminderter Umlaut, also *ärben und *Ärbe.<br />
und <strong>des</strong> beginnenden 13. Jhs.; und weil die Aus- Die neuen e-Formen sickerten offenbar aus dem<br />
läufer dieser Welle bis Schwaz und Brixen gingen, Westen, aus dem Fränkischen, erst langsam herein.<br />
reichen Spuren älterer -al- und -ar- gleichfalls bis<br />
dorthin. — 5. Ähnliche -al- und -ar- gibt es in k. Bis ins beginnende 19. Jh. las man in Öster-<br />
Resten in den mittelbair. Sprachinseln um Brunn reich und Bayern in der deutschen Lesespracho<br />
und Wischau, im östlichen Südmähren und im geschriebenes ä als den mundartlichen a-Laut.<br />
Weinviertel im nordöstlichen Niederösterreich, hier Erst um 1820 wird es üblich, diesen Buchstaben ä<br />
als Rückstand alter schlesischer Einflüsse. Auch nach der strengeren Regel als offenes e zu lesen.<br />
hier waren diese -al- und -ar- einstmals weiter Wörter wie Gewächs, lächeln sprach man früher im<br />
verbreitet. — 6. Vor Nasenlauten gibt es Belege Unterricht als gwakß, laxxln, seither spricht man<br />
für den Übertritt aus der alten e-Reiho in die sie jedoch als gewekß, iQxxln aus. Vermundartlichte<br />
ä-Reihe strichweise sogar aus allen Bun<strong>des</strong>ländern Schriftwörter der späteren Zeit, wie gsejt (Ge-<br />
und Kreisen, z. B. bei präme, brämv neben pr^me, schäft), mextig (mächtig), mqdl (Mädel), haben<br />
brqmv (Bremsfliege) aus mhd. breme.<br />
daher oft ältere Erbformen, etwa gsaffli (geschäftig),<br />
maxti (gewaltig), mä d l (Mädchen), neben sich.<br />
Ebenso stoßen wir neben hochsprachlichem gn^ßi<br />
(gnädig) in Gottscheo auf die alte Erb form gddik<br />
3 ) Beim „Vollumlaut-e" erfolgte der Übertritt<br />
zur ä-Reihe nur unter Näselung und ging über<br />
genäseltes offenes e. statt älterem e.<br />
§ 3. Mhd. e (s. auch die Karten 3 und 4)<br />
Übersicht: a. Allgemeine Entwicklung <strong>des</strong><br />
mhd. e-Lautes. — b. Trennung zwischen e und c<br />
vor Verschluß- und Reibelauten; Sonderstellung<br />
in mhd. Drei- und Einsilbern; Merkwörter für<br />
diese Typen. — c. e und c vor Verschluß- und<br />
Reibelauten in den oberdeiitschen Dialekten. —<br />
d. Die vier bairischen Mundartgruppen: die Q-<br />
Mundarten und die reinen e-Mundarten. — e. Die<br />
verworrenen e-Mundarten. — f. Die Sonderstellung<br />
der Ein- und Dreisilber. — g. Die e-Mundarten.<br />
— h. Die weiteron Schicksalo dieser c-Laute<br />
aus mhd. e. — i. e, e vor mhd. h. — j. e vor l. —<br />
k. e vor l. — 1. er vor Gaumen- und Lippenlauten. —<br />
m. er vor Zahnlauten und er. — n. e vor Nasenlauten.<br />
— o. e wird schon im Spätahd. oder Früh-<br />
25
§ 3 Üb.—d 2<br />
mhd. zu e (e). — p. Mhd. e- und e- im absoluten<br />
Wortanlaut.<br />
a. Die Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> mhd. e ist<br />
in den oberdeutschen Dialekten wie in den bairischen<br />
Mundarten schwer auf jene kurzen Formeln<br />
zu bringen, wie wir sie hier immer anstreben.<br />
Sie ist stark zerspalten und von mannigfachen<br />
Faktoren abhängig, die sich mitunter gegenseitig<br />
überkreuzen. Der Versuch, fürs Bairische Ordnung<br />
in das Durcheinander zu bringen, stellt an den Verfasser<br />
und an den Leser größere Ansprüche als die<br />
übrigen Darlegungen dieser Aufsätze; wir bitten<br />
daher bei der Lektüre um besondere Aufmerksamkeit.<br />
Lautkombinatorisch haben wir zuerst<br />
mhd. e vor Verschluß- und Reibelauten als eigene<br />
Gruppe auszusondern, <strong>des</strong> weiteren mhd. e vor h,<br />
l, r und Nasenlauten; wir unterscheiden demnach<br />
zwischen e in mhd. regen (nom. sg.), leben, vleck,<br />
lecken, snepfe, betelen und e in mhd. sehen, kneht;<br />
m'e'le, helfen; wer, her, b'e'rg, werfen; brenne (Bremsfliege),<br />
venster. Außerdem verdienen diejenigen<br />
ahd. e-Belege eine Würdigung, welche bereits im<br />
Spätalthochdeutschen oder doch im Frühmittelhochdeutschen<br />
überall in die Reihe <strong>des</strong> Vollumlaut-e<br />
übergetreten sind, etwa wenn wir diesen<br />
e-Laut zur Hervorhebung als e schreiben, in<br />
Predig, ledig, aber auch in Sche'ff (Schiff), in Messe,<br />
Ste'fte und in Techant (Dekan als kirchl. Würde),<br />
Segen usw. Schließlich sind Unregelmäßigkeiten<br />
im absoluten Anlaut wesentlich. Über den allgemeinen<br />
Wandel von e zu a in Tilliach und Gottschee<br />
s. § 2 d 1/2.<br />
b. 1. Wir wenden uns zuerst der allgemeinen<br />
Entwicklung zu, jener vor Verschluß- und Reibelauten.<br />
Dabei unterscheiden wir wieder wie gewöhnlich<br />
bei den mhd. Kurzvokalen zwischen der<br />
Entwicklung <strong>des</strong> Lautes bei nachträglicher Dehnung,<br />
c, und bei erhalten gebliebener Kürze, also<br />
e, z. B. in Regen, leben, bzw. in lecken, snepfe. Eine<br />
Sonderstellung beziehen manchesmal die (früh-)<br />
mhd. Dreisilber, z. B. betelen (betteln), kebelen<br />
(keifen), *scheberen (klirren), v'edere (Feder); bei<br />
ihnen hat die Selbstlautkürze der sogenannten<br />
nhd. Dehnung, die sonst im Bair. im 12. Jh. erfolgt<br />
ist, so lange Widerstand leisten können, daß ihr<br />
Selbstlaut häufig teilnahm an der Entwicklung<br />
von kurzem e und nicht mehr von e; und dies,<br />
obgleich es ja nachträglich doch noch gedehnt<br />
worden ist (s. unten f 2). Gelegentlich nehmen auch<br />
die mhd. Einsilber wie vleck, bech (Pech) eine<br />
Sonderstellung ein. — 2. Als Repräsentanten für<br />
die e-Reihe haben wir schon bei anderer Gelegenheit<br />
Hegen ausgewählt, als Repräsentanten für die<br />
e-Reihe setzen wir jetzt statt Hecht, das wegen<br />
seiner abseitigen Lautgruppe mhd. -eh- (r'e'ht) hier<br />
nicht mehr entspricht, lecken ein, als Vertreter<br />
der Dreisilber suchen wir für die folgenden Ausführungen<br />
betteln und als Vertreter der Einsilber<br />
Fleck aus. Mit der Apparatur dieser vier Merkwörter<br />
kommen wir einstweilen aus.<br />
c. Ahd. e ist seit frühalthochdeutscher Zeit bis<br />
gegen Endo <strong>des</strong> 12. Jhs. im Bairischen und Alemannischen<br />
in allen Stellungen als offener e-Laut<br />
ausgesprochen worden. Erst gegen 1200 oder kurz<br />
nachher wurde diese alte, ideale e-Einheitlichkeit<br />
gestört. Etliche Dialekte machten aus dem e im<br />
13. Jh. den hellen a-Laut, so Teile <strong>des</strong> Westalemannischen,<br />
das westliche Ostfränkische, das<br />
Obersächsische, das Erzgebirgische und das Schlesische.<br />
Andere Dialekte trafen im 14. oder 15. Jh.<br />
eine Trennung je nach der Dauer, also je nachdem,<br />
ob langes c oder kurzes e vorlag. Das lange e<br />
wurde z. B. im östlichen Ostfränkischen und im<br />
Thüringisch-Vogtländischen zu geschlossenem e<br />
26<br />
(re'ry), das kurze e beharrt hingegen auf der alten<br />
Stufe <strong>des</strong> e-Lautes (l%gn). Die meisten schwäbischen<br />
und viele niederalemannische Mundarten weisen<br />
ea auf, also rfagro und vielerorts auch l§9k(h)v.<br />
Fast überall (mit Ausnahme <strong>des</strong> Schwäbischen<br />
und Ostalemannischen) ist dabei das mhd. e gleich<br />
gemacht worden mit dem mhd. ä und ä (s. § 2 b);<br />
nirgends ist hingegen außerhalb <strong>des</strong> Bairischen e<br />
zusammengefallen mit dem Vollumlaut-e.<br />
d. 1. Der teilweise mundartliche Gleichklang von<br />
altem e mit e, dem Vollumlaut von a, ist ein<br />
charakteristisches Merkmal <strong>des</strong> Bairischen modernerer<br />
Prägung. Bereits kurz vor 1200 hatte das<br />
Mittelbairische, der modernste bairische Unterdialekt,<br />
wahrscheinlich Reimmöglichkeiten wie<br />
Regen/legen, leben/heben, ja sogar wie vlecke/secke<br />
(plur. zu vleck, sack) und gesezzenjnezzen (gesessen,<br />
nässen) erreicht; Möglichkeiten, die es außerhalb<br />
<strong>des</strong> Bairischen nicht gibt und nie gegeben hat und<br />
die allgemein als spezifisches Kennzeichen bairischer<br />
Dichtungen betrachtet werden. Die Bedingungen,<br />
unter denen damals das Mittelbairische<br />
mhd. e und mhd. e hat zusammenfallen lassen,<br />
sind schwer zu überschauen und erst vor kurzem<br />
entdeckt worden. — 2. Wenn man aus diesem<br />
Laut- auch ein Raum- und Zeitproblem macht, so<br />
werden diese Bedingungen besser sichtbar. Sie<br />
sind nicht in allen Dialektlandschaften gleich.<br />
Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen gibt es in der Behandlung<br />
<strong>des</strong> mhd. e vier verschiedene Mundarttypen:<br />
Die erste Gruppe bilden die sogenannten f-<br />
Mundarten, wie wir sie fernerhin nennen wollen.<br />
Sie haben nicht nur das kurz gebliebene e, sondern<br />
auch das gedehnte e in frühmittelhochd.-bair.<br />
Weise in der ganzen Reihe als offenen e-Laut<br />
beibehalten. Es heißt also r^gry mit dem gleichen<br />
e wie in lekxn, diese Wörter bilden nie und nimmer<br />
mit legt} (legen) und wekx)^ (wecken) aus mhd.<br />
legen, wecken reine Reime. Zur gleichen Gruppe<br />
zählen für uns alle diejenigen Mundarten, welche<br />
e und vielleicht auch e zwar irgendwie verändert<br />
und z. B. gedehntes e zu einem geschlossenen e<br />
gewandelt haben, aber <strong>des</strong>senungeachtet immer<br />
noch mhd. e und mhd. e, gleichgültig ob gedehnt<br />
oder nicht, säuberlich auseinanderhalten; etwa das<br />
Nordbairische mit re'?j, tykkn gegen lio'i}, wekkr}.<br />
Die zwei nächsten wichtigen Gruppen bilden die<br />
sogenannten e-Mundarten, so benannt, weil bei<br />
ihnen tatsächlich das e so weit „verdumpft" worden<br />
ist, daß es mit gedehntem mhd. e gleich wurde<br />
und damit vokalisch reine Reime gibt. Das kurze<br />
e wurde davon noch nicht berührt. Es reimt also<br />
wirklich schon regt} mit legt} vokalisch rein, aber<br />
noch unter keinen Umständen Iqkxn mit wekxn.<br />
Bei diesen Mundarten haben wir zwei Untergruppen<br />
zu unterscheiden. In der einen gilt geschlossenes<br />
e aus mhd. e einzig und allein unter<br />
„nhd." Dehnung, also bei gegenwärtiger Länge,<br />
dann aber immer und ausnahmslos; dem e', also<br />
der Kürze, bleibt dagegen durchaus der offene e-<br />
Laut reserviert. Es stehen sich mithin e und g<br />
kompromißlos gegenüber; os heißt zwar im Sing,<br />
wegen der alten Einsilberdehnung flekx, im Plur.<br />
und in der Ableitung aber flekx, flekxat (fleckig);<br />
es heißt gcbm (geben), aber st§xxn (stechen),<br />
treffn (treffen) usw. Das ist unsere zweite Gruppe,<br />
die wir als die reinen e-Mundarten bezeichnen<br />
wollen. In der anderen Gruppe ist diese alte, reinliche<br />
Trennung zwischen e und e teilweise schon<br />
fallen gelassen worden und nicht mehr kompromißlos<br />
eingehalten. Sie ist bald durch lautgeschichtliche<br />
Besonderheiten, bald durch Paradigmenausgleich,<br />
bald durch Analogiezwang und<br />
bald durch äußere Einflüsse gestört worden. So<br />
gibt es gegen das Prinzip der reinen e-Mundarton
für mhd. e auf der einen Seite schon etliche kurze<br />
geschlossene e und auf der anderen Seite auch<br />
schon mehrere lange offene f. Das ist unsere dritte<br />
Gruppe, die „verworrenen e-Mundarten",<br />
wie man sie am besten nennen könnte. Zwar heißt<br />
es immer noch regry, das mit legry gut, und l§kxn,<br />
das mit wekxn nicht reimt, es heißt aber nunmehr<br />
nach dem sing, flekx auch im plur. flekx und in der<br />
Ableitung flekxnt mit e, es heißt nach gebin nunmehr<br />
auch stexxn, treffn usw. mit e. Die vierte<br />
und letzte Gruppe sind schließlich die sogenannten<br />
e-Mundarten. Bei ihnen ist nicht allein e, sondern<br />
auch S mit mhd. e gleich geworden. Es reimt nicht<br />
allein regt} mit legt}, sondern auch lekxn mit<br />
wekxn. — 3. Die Verteilung dieser vier Gruppen<br />
im Raum zeigt uns die Karte 3: Die Zeichen vor<br />
dem Schrägstrich geben in der Karte stets die<br />
Aussprache für e in Regen, die Zeichen nach dem<br />
Schrägstrich die Aussprache für e in lecken an;<br />
die dicke Borstenlinie und die senkrechte Schraffur<br />
deuten die f-Mundarten, die Schwarztönung die<br />
reinen e-Mundarten und die Klammerung der<br />
Lautformen im sonst unbezeichneten Gebiet die<br />
verworrenen e-Mundarten an, die waagrechte<br />
Schraffur bringt schließlich die e-Mundarten vor<br />
Augen. — 4. Es stellen sich die altertümlichsten<br />
Gebiete auf Seiten der g-Mundarten, nämlich alle<br />
südbairischen Sprachinseln sowie die meisten Hochtäler<br />
zu beiden Seiten <strong>des</strong> Zentralalpenkammes.<br />
Darunter befinden sich u. a. die Sprachinseln Zarz<br />
(räig)} gegen leign,, lekxn gegen wekxn), der<br />
Vintschgau (r$ign, gegen leigry, l§kxV/ gegen wekx'T}),<br />
das Fersental (r^gn 1 ) gegen leigr} 2 ), lekxzn gegen<br />
weikxdn 2 ), das Pustertal (r^gt} 1 ) gegen leigri, lekhn<br />
gegen wekhn), der Unterpinzgau, der Pongau und<br />
das steirische Ennstal bis zum Gesäuse (rqi'?y gegen<br />
le^rij, lekxry gegen wekxn), der Lechwinkel (r^n 1 )<br />
gegen IWn 2 ), l$khv gegen wekho) und das Nordbairische<br />
(re'/j gegen lin'r}, l^kry gegen wekiy) sowie<br />
das Nürnbergerische (re'?j gegen IVri), legt} gegen<br />
wegi}); im Flachgauerischen (hr^n, gegen le'ry,<br />
lekxn gegen wekxo) zum Beispiel besitzen e und e<br />
ohnedies den gleichen Lautwert und sind nur<br />
durch die Selbstlautdauer getrennt. — 5. Die<br />
nächste, etwas modernere Entwicklungsstufe sind<br />
die reinen e-Mundarten. Bei ihnen wurde also der<br />
Gleichklang mit mhd. e vorläufig nur unter richtiger<br />
Dehnung erreicht, dann allerdings ausnahmslos.<br />
Eine wirkliche reine e-Mundart existiert<br />
heute nur mehr im Wipptal zu beiden Seiten <strong>des</strong><br />
Brennerpasses. Dort heißt es nicht nur regn, das<br />
mit legn reimt, sondern a\ich (mit Einsilberdehnung)<br />
vlekx, spekx, kxnext 3 ) usw. mit e, aber im<br />
dat. und plur. bei Zweisilbern ohne Dehnung,<br />
folgerichtig vlekkx^, spQkkx^, kxtiQxte und in<br />
Ableitungen vlQkkxat, spckkxikx (speckig) mit g;<br />
es heißt bei den starken Zeitwörtern lautgerecht<br />
$t$xx?h treffm usw. mit e. Auch im unteren Kärntner<br />
Lavanttal, insbes. in der Talsohle selbst,<br />
schimmert dieser Zvistand wenig gestört durch,<br />
denn auch hier sagt man r&gii 2 ), l$ibm 2 ), fl^ikx 2 )<br />
(statt flqikx) neben flekx und ganz alt sogar khnqixt 4 )<br />
neben kfmext (khnäoxt) mit ei aus e und trotz<br />
nachträglicher „Kärntner Dehnung" (s. § 34 j 2)<br />
*) ? liegt in der Lautfärbung zwischen dem<br />
offenen Q und dem geschlossenen e.<br />
2 ) Dessen ei oder gi klingt etwas mittelgaumig.<br />
3 ) Zur Sonderstellung <strong>des</strong> -ch- im Tirolerischen<br />
s. § 3 i 3.<br />
4 ) Diese Lavanttaler Lautung khnquct (khnext),<br />
die ich selbst kundfahrtlich zweimal aufgezeichnet<br />
habe, ist in Hinblick auf die Kärntner Entwicklung<br />
von -eh- zu -e/i- merkwürdig.<br />
§ 3d2—e2<br />
$t$hvn und tr$fr>n und natürlich leklnon und sn§pf<br />
mit e.<br />
e. 1. Der ganze mittelbairische Raum entlang<br />
der Isar-Donaustraße, dem Rückgrat <strong>des</strong> Mittel-<br />
bairischen und der Herzader <strong>des</strong> Gesamtbairischen,<br />
steht einschließlich der um 1200 von ihm aus<br />
angelegten mittelbair. Außengründungen um<br />
Brunn, Wischau und Budweis schon auf dem<br />
modernen Stand der dritten Gruppe, der verworrenen<br />
e-Mundarten. Die Verwirrung in der<br />
früher kompromißlosen Unterscheidung zwischen<br />
dem langen und <strong>des</strong>halb geschlossenen e-Laut und<br />
dem kurz gebliebenen und darum offenen e-Laut<br />
wurde hauptsächlich durch fünf Störungsgesetze<br />
angerichtet: Erstens durch eine lautgeschichtliche<br />
Besonderheit, indem etliche alte Dreisilber gleich<br />
den Kürzen trotz nachheriger Dehnung auf dem<br />
offenen e-Laut der Kürze verharren, etwa (mittelbair.)<br />
b$ d ln, ghqbö'n (betteln, keppeln) usw.; zweitens<br />
durch Ausgleich innerhalb der Abwandlung<br />
und der Ableitungen eines Wortes, wenn z. B.<br />
nach dem einsilbigen nom. sing, fleg, sbeg auch der<br />
plur. flek 5 ) und die Ableitungen flekkvd, sbekki<br />
mit -e- statt mit lautgerechtem -e- auftreten;<br />
drittens durch paradigmatischen Reihenzwang, so<br />
daß das geschlossene e der starken Zeitwörter<br />
ge'm (geben), ginjedn (kneten) analogisch auf sdexxn,<br />
dreffn, gseßßn 6 ), rexxn (mit dem Rechen arbeiten)<br />
und auf verwandte Wörter übertragen worden ist;<br />
durch äußere Einflüsse viertens e in einigen Verkehrs-<br />
und Kirchenwörtern, etwa in Sq d l (Schädel)<br />
und bQttn (beten; statt erwartetem *bedn) und<br />
fünftens durch e in einigen vielleicht etwas jüngeren<br />
Handels- und Verkehrswörtern, z. B. in bfeffa<br />
(Pfeffer) und rexnn (rechnen) 7 ). — 2. Später ist<br />
diese mittelbairische Neuerung an drei verschiedenen<br />
Einbruchsstellen sogar auf südbairische Gebiete<br />
übertragen worden. Der erste Einbruch<br />
reicht im Osten über den Semmeringpaß ins Steirische<br />
an der Enns bis zum Gesäuse und die Mur<br />
aufwärts bis zur Kraubather Enge sowie von Brück<br />
murabwärts bis zur Sprachgrenze, wo allerdings<br />
überall gelegentliche Restfonnen mit $ statt erwartetem<br />
e (ei) den früheren Zustand erraten<br />
lassen; <strong>des</strong>gleichen im Saggautal bis hinauf nach<br />
Eibiswald und schließlich in die ganze Oststeiermark<br />
und übers Burgenland. Kann man sich bei<br />
diesem ersten Vorstoß im Osten noch eine kontinuierlich<br />
wachsende Wello von Wien und Niederösterreich<br />
nach Süden über den Semmering nach<br />
Brück, Graz und bis Marburg vorstellen, so ist beim<br />
zweiten Vorstoß in die Mitte und beim dritten in<br />
den Westen <strong>des</strong> Südbairischen an ununterbrochene<br />
Raumwellen als Vermittler nicht mehr zu denken.<br />
Es handelt sich um das südliche Karaten und das<br />
südliche Südtirol. Die verworrenen c-Mundarten<br />
haben sich nämlich auch in der Herzlandschaft<br />
von Kürnten und Südtirol eingenistet, im Dreieck<br />
der wichtigsten Kärntner Städte St. Veit, Klagenfurt<br />
und Villach sowie im Dreieck der bedeutenden<br />
Südtiroler Städte Meran, Brixen und Bozen. Die<br />
Karte 3 zeigt uns nachdrücklich, daß diese zwei<br />
südlichen c-Bereiche nirgends im Raum unmittelbaren<br />
Anschluß an das große, geschlossene c-Gebiet<br />
<strong>des</strong> Mittelbairiscb.cn finden. Sie sind an dem<br />
wuchtigen Verkehrshindernis <strong>des</strong> Zentralalpenkammes<br />
durch andersgeartete Mundarten gegen<br />
Norden zu völlig abgeriegelt. Vermutlich haben im<br />
Spätmittelalter das höfische Rittertum und das<br />
5 ) Jetzt verstehen wir erst den mhd.-bair. Reim<br />
vlecke/secke (§ 3 d 1) richtig.<br />
6 ) Dies erst macht uns den § 3 d 1 erwähnten<br />
mhd. Reim gesczzeti/nczzen begreiflich.<br />
7 ) Neben mundartlichem r$x nn 1Tl1 ^ "€"•<br />
27
§ 3 e 2—i 1<br />
städtische Bürgertum unter dem Gewicht <strong>des</strong><br />
Wienerischen „punktuelle Überspringungen"<br />
durchgeführt (vgl. Einltg. 20). Es sind dann die<br />
Verhältnisse im Süden von Kärnten und von<br />
Südtirol letzten En<strong>des</strong> ein höfisch-bürgerlicher<br />
Wiener Import.<br />
f. 1. Merkwürdig ist dabei für diese Südtiroler,<br />
Kärntner und Mittelsteirer e-Mundarten das Verhalten<br />
der mhd. Einsilber. In diesen südbair.<br />
Verkehrslandschaften fehlt die Einsilberdehnung<br />
heute als phonetische Erscheinung ganz oder so<br />
gut wie ganz, es wird nur mehr SQICX, khnopff usf.<br />
mit ungedehntem Vokal gesprochen (s. § 34 k).<br />
Dennoch erscheint in diesen Landschaften flekx,<br />
spekx, pex wohl auch mit Vokalkürze, aber immerhin<br />
mit dem e-Laut, der nur der Dehnung zusteht.<br />
Wohl sind nach unseren "Überlegungen die e-<br />
Mundarten <strong>des</strong> Südbairischen Wiener Import. Es<br />
ist aber nicht anzunehmen, daß dieser Import auf<br />
je<strong>des</strong> Einzelwort acht gehabt hat, ja wir werden<br />
unter g unseres Paragraphen erfahren, daß wohl<br />
der große Rahmenbau eines höfischen Lautersatzes,<br />
aber innerhalb dieses Rahmens keineswegs<br />
je<strong>des</strong> Einzelwort importiert wird und daher dieser<br />
große Rahmen selbst gelegentlich gesprengt werden<br />
kann. Wir dürfen daher schätzen, daß damals, als<br />
das mittelbair. e auf die südbairischen Verkehrslandschaften<br />
übertragen wurde, diese die<br />
Einsilberdehnung selbst besessen hatten. Sie ist<br />
erst hinterher beseitigt worden. Dies ist ein<br />
wichtiger Anhaltspunkt für die Raumgeschichte<br />
der Einsilberdehnung; Näheres darüber s. auch<br />
§ 34 k 7. — 2. Jene einstigen Selbstlautkürzen, die<br />
bei mhd. Dreisilbern in den verworrenen e-Mundarten<br />
gelegentlich jetzt noch nachwirken, sind in<br />
einigen bairischen Landschaften bis heute als<br />
richtige Kürzen erhalten geblieben. So im Pustertal,<br />
wo sich z. B. l?dg 8 ) (Leder), nldg (nieder),<br />
pihl (Hügel) mit Dehnung aus mhd. zweisilbigem<br />
leder, nider, biihel, aber f$dQ (Feder), a nidgdg (ein<br />
niederer), pihl (plur.) mit alter Kürze aus dreisilbigem<br />
vedere, ein niderer, biihele gegenübertreten;<br />
<strong>des</strong>gleichen in den Sieben Gemeinden, wo<br />
leddr, niddr, püyel 9 ) immerhin mit Halblänge,<br />
v§dnra, an niddrar, püyole aber mit deutlicher<br />
Kürze ausgesprochen werden; ähnliches gibt es<br />
auch im nordöstlichen Ostfränkischen und im<br />
Ries an der schwäb.-ostfränk. Dialektgrenze, ferner<br />
im Rheinfränkischen usw.; vgl. 27 i und 34 i.<br />
Bereits Dehnung, aber immerhin noch die Lautfärbung<br />
der älteren Kürze findet man in den<br />
alten Dreisilbern in der großen, zusammenhängenden<br />
Landschaft <strong>des</strong> Pinzgaus, <strong>des</strong> Pongaus und <strong>des</strong><br />
steir. Ennstals bis hinunter zum Gesäuse, z. B. in<br />
ffdv, 1%WD (Leber) gegen Iqidv, g^Vm (geben).<br />
Ähnliche Erscheinungen begegnen uns im westlichsten<br />
Nordbairischen und um Nürnberg (fqdv,<br />
l%wn gegen ledv, ge'm). bqdln, ghqbö'n usw. beziehen<br />
in diesen Mundarten umsomehr die Lautfärbung<br />
der alten Kürze und haben f, als ihr g<br />
gemeinbairisch ist; abgesehen natürlich von den<br />
e-Mundarten mit ihrem petln (kheppln ist dort<br />
nicht recht bodenständig); zu b$idln s. § 10 c 2.<br />
g. 1. Phonologisch am interessantesten sind als<br />
modernste Gruppe die e-Mundarten; bei ihnen<br />
sind also vor Verschluß- und Reibelaut alle mhd.<br />
e, gleichgültig ob gedehnt oder nicht, zum geschlossenen<br />
e-Laut und klanggleich mit mhd. e geworden;<br />
regt} klingt wie legt},, lekxn wie wekxn. Hier hat<br />
man offenbar ähnlich wie in den Herzlandschaften<br />
8 ) Mit „mittlerem" e-Laut (s. Fußn. 1).<br />
9 ) -y- ist „spirantischer Gaumenlaut" und liegt<br />
ungefähr zwischen unserem g und h, ist aber<br />
stimmhaft.<br />
28<br />
von Kärnten und Südtirol nachträglich altes g<br />
wieder durch verkehrssprachliches e ersetzen<br />
wollen, man hat aber bei diesem „künstlichen"<br />
Ersatz kein Maß mehr gehalten und hat weit<br />
übers Ziel geschossen; so weit, bis endlich sämtliche<br />
offenen e-Laute, gleichgültig ob lang oder kurz,<br />
durch die geschlossenen e-Laute ersetzt waren. Die<br />
e-Mundarten haben auf solche Weise die lautgeschichtlichen<br />
Bindungen übertreibend zersprengt<br />
und durch ein phonologisches Reihenprinzip ersetzt.<br />
Dieses Gesetz darf man jetzt so formulieren:<br />
Für je<strong>des</strong> einheimische f, § muß das neue e, e eingesetzt<br />
werden! In der Tat lehnt sich sein geographisches<br />
Verbreitungsgebiet derart eng an den<br />
ältesten Typus, an die f-Mundarten, an, daß das<br />
Raumbild der Karte 3 meine Annahme vollauf<br />
bestätigt. Die e-Mundarten gibt es nur im konservativen<br />
Südbairischen. Sie sind dort von den alten<br />
^-Mundarten geradezu eingekreist. Wir finden sie in<br />
Oberkärnten und Osttirol vom f-Gebiet <strong>des</strong> nördlichen<br />
Mittelkärntens, <strong>des</strong> Salzburgischen und <strong>des</strong><br />
Pustertals im Dreiviertelbogen umklammert und<br />
finden sie in Nordtirol mit dem oberbayrischen<br />
Lechrain vom f-Gebiet <strong>des</strong> Alemannischen, <strong>des</strong><br />
Vintschgaus und <strong>des</strong> Passeier sowie <strong>des</strong> Salzburger-Kitzbühler<br />
Bereiches zum zweitenmal im<br />
Dreiviertelbogen umspannt. Es hat also wirklich<br />
die rücksichtslose Beseitigung aller e-Laute durch<br />
e am spätesten eingegriffen und die jüngsten Veränderungen<br />
am dialektgeographischen Bild vorgenommen.<br />
— 2. Übrigens sind diese e-Mundarten<br />
vor unseren Augen im raschen Verschwinden<br />
begriffen. Mancherorts, z. B. um Innsbruck, im<br />
Kärntner Oberdrautal und am Millstättersee, gibt<br />
es e-Aussprachen nur mehr bei den Alten, anderswo<br />
wandern die neuen § wortweise rasch für e ein.<br />
Vermutlich waren diese e-Mundarten früher einmal<br />
viel weiter verbreitet als jetzt, sie haben dann<br />
einstmals ebenso ihre kurzen e nachträglich wieder<br />
beseitigt, wie wir das heute an dem modernen e-<br />
Bestand weiterverfolgen können. Nun verstehen<br />
wir mit einem Male, wieso es in den mittelbairischen<br />
Mundarten in verkehrsfernen Ausdrücken -e-Lautungen<br />
gibt, in denen man nach mhd. Vollumlaut-e,<br />
mhd. ö und mhd. e der Paulschen Regel (s. § 3 o)<br />
unbedingt e zu erwarten hätte; sie haben bisher<br />
viel Kopfzerbrechen verursacht; z. B. in hausruckviertl.<br />
drettn, schw. Ztw. (treten lassen), br$t<br />
(fallweise ober der Tenne angebrachter Bretterboden)<br />
und irepffm (schröpfen, Kartoffel stampfen),<br />
iepßn (gefällte Bäume entrinden), bl$d£n (großes<br />
Pflanzenblatt); die angeführten Wörter sind entstanden<br />
aus mhd. treuen (zu treten), *gebre'tte (zu<br />
mhd. bre't), schrepfen, *schöpzen (zu mhd. schöpz<br />
Schöps, gewissermaßen das geschundene Schaf),<br />
*bletsche aus ahd. bleticha. Auch sie haben ihre<br />
lautwidrigen e wohl erst zu einer Zeit erhalten,<br />
als man auch im Mittelbair. stellenweise derartige<br />
übertriebene e-Aussprachen wie *lekkv, *Snepff,<br />
*£nek unter Wiener Einfluß durch den Ersatz mit<br />
l$kkv, snepff, Snek wieder „in Ordnung brachte".<br />
Meine Deutung, die für Sorgenkinder der bairischen<br />
Dialektgeschichte eine plausible Erklärung bringt,<br />
setzt zugleich ein früheres Vorhandensein derartiger<br />
e-Mundarten auch im Mittelbairischen<br />
voraus.<br />
h. Die weiteren Schicksale aller dieser aus mhd. e<br />
entstandenen geschlossenen e-Laute <strong>des</strong> Bairischen<br />
sind die gleichen wie die <strong>des</strong> mhd. Vollumlaut-e<br />
selbst; s. § 4 a 6.<br />
i. 1. Die Sonderentwicklungen <strong>des</strong> mhd. e vor h,<br />
l und r neigen im Süd- und Mittelbairischen überall<br />
bei Dehnung und Kürze zum offenen e-Laut und<br />
in den e- und e-Mundarten weiters oft zum Anschluß<br />
an die Reihe für mhd. e, außerdem im
westlichen Südbairischen vor r + Zahnlaut in<br />
allen vier Mundarttypen zum gleichen Anschluß<br />
an die e-Reihe. — 2. Vor folgendem h bezieht im<br />
Nordbairischen nur gedehntes e eine Sonderstellung.<br />
Es heißt von der Linie Amberg-Eger-Pilsen<br />
an nach Norden sfü-o 10 ) (oder verkürzt sfo; d. i.<br />
sehen), von dort südlich bis zur Linie Amberg-<br />
Taus sfo'fj 11 ), und es heißt im nordbair. Gebiet<br />
nördlich Amberg-Taus in konservativen Reliktinseln<br />
im nom. sing, grrjfod 12 ) (Knecht) mit dem<br />
dat. und dem plur. gry$xt; bei äl$xt (schlecht) und<br />
r§xt (recht, Recht) sind die Formen (mit Einsilberdehnung)<br />
Sl^Tod, rqod schon selten. Die altertümlichere<br />
Iglauer-Insel kennt diese Sonderentwicklung<br />
von eh <strong>des</strong> Nordbairischen noch nicht<br />
und weist normales -h- auf, etwa in z$x (sehen) 13 ),<br />
khn%xt' — 3. Im ganzen mittelbairischen Gebiet<br />
einschließlich der Außenmundarten bezieht die<br />
Lautgruppe -eh- gleichfalls ihre Sonderstellung. Es<br />
lautet sf/i» oder sf-o und moderner sf'TJ und lautet<br />
gngxd oder gn$d. Das lange f fällt dabei lautlich in<br />
die Reihe der mhd. e-Laute; dsqhv, ds$-v aus mhd.<br />
zehe (Zehe) stimmt zu s$hv, sf-o. — 4. Innerhalb<br />
<strong>des</strong> Südbairischen nimmt im Tirolischen, allerdings<br />
Osttirol ausgenommen, die Entwicklung von -ehund<br />
-eh- den allgemeinen Weg von mhd. e und e<br />
und bildet gegenüber sonstigem e noch keine Ausnahme.<br />
In den e-Mundarten sagt man im Tirolischen<br />
sehn, sexi}, soweit regry usw. gilt; nur das<br />
ötztal mit seinem zevhi} (gegen kxnext) bildet<br />
eine Besonderheit. In der reinen e-Mundart <strong>des</strong><br />
Wipptales spricht man im Sinne <strong>des</strong> allgemeinen<br />
Lautstan<strong>des</strong> zehn,, kxnext, aber im dat. und im<br />
plur. kxriQxte. Die gleichen Verhältnisse gelten<br />
in etlichen Landstrichen ausnahmsweise in den<br />
e-Mundarten in Oberbayern zwischen Lech und<br />
Isar südlich und südwestlich von München, was<br />
eigentlich gegen die allgemeine Regel ist: sehn,<br />
ghnexd sing, gegen ghnext plur. 14 ). Eine zweite<br />
Ausnahme ist es, wenn nicht nur in den Tiroler<br />
e-Mundarten, sondern auch in den verworrenen<br />
e-Mundarten von Tirol rext, slext und kxnext auftritt,<br />
wobei sich bei der jüngeren Generation<br />
allerdings die verkehrsläufigeren Aussprachen mit<br />
-?-» r$xt, slext, kxnext immer mehr ausbreiten. Im<br />
Salzburgischen folgt e" vor h der allgemeinen Entwicklung.<br />
— 5. Von der Lienzer Klause und dem<br />
Gesäuse ostwärts nimmt dann diese Lautgruppe<br />
-eh- doch auch im Südbairischen eine Sonderstellung<br />
ein. Es heißt meistens s^hn, khn$xt mit g<br />
und e; dieses f, e reimt allerdings noch nicht mit<br />
südbair. go aus mhd. e. In den Kärntner e- und<br />
e-Mundarten tritt aber schon der Gleichklang mit<br />
e ein, mhd. sehen und mhd. zehen bilden im südlichen<br />
Kärnten in der Tat einen reinen Reim,<br />
also s$vhn und teeo/m; seltener hört man khnqnxt<br />
neben khnext; in allen diesen Fällen gewinnt fa<br />
und insbesondere f statt §o immer mehr Boden 15 ).<br />
10 ) Zum lautgesetzlichen Schwund <strong>des</strong> intervokalischen<br />
-h- s. § 33 b 5.<br />
u ) Der Wechsel von -h- und -g- in „sehen"<br />
beruht auf analogem grammatischem Wechsel;<br />
doch gaben innerhalb <strong>des</strong> Bairischen die Verkehrsmundarten<br />
dem -g- den Vorzug, die Bauernmundarten<br />
dem -h-; s. § 33 b 6.<br />
12 ) Zum Schwund <strong>des</strong> -h- vor folgendem t s. § 33 d.<br />
13 ) Im Iglauerischen bleibt beim Inf. der starken<br />
Zeitwörter und bei etlichen anderen Formen in<br />
westmitteld. Weise die Endung -en weg; s. § 46 i 1.<br />
14 ) Der Ausgleich zwischen ghnexd und ghne,xt<br />
nimmt auch hier immer größeren Umfang an.<br />
15 ) Das gleiche Schwanken gilt in Kärnten sonderbarerweise<br />
in pl$nprn (plappern) und khl<br />
(klappern), beido auch mit ca und c.<br />
§ 3 i 1—j 3<br />
Individuell treffen wir auf ähnliche Zwielaute sogar<br />
im Lungau und im obersteirischen Murgebiet bis<br />
gegen Leoben hinunter, ebenso im Norden und insbesondere<br />
im Osten von Kärnten, in den richtigen<br />
f-Mundarten. Doch scheint es sich in diesen f-Gebieten<br />
beim -ejoh- eher um einen Gleitlaut o vor<br />
•h- zu handeln, da solches v oder a dort auch nach<br />
-i- vorkommt, z. B. in ridxtn (richten). — 5. Reime<br />
wie mhd. sehen/zehen u. dgl. sind schon bei den<br />
bairischen Dichtern <strong>des</strong> 13. Jhs. keine Seltenheit<br />
mehr.<br />
j. 1. Vor -l- liegen die Verhältnisse noch verwickelter.<br />
Der Gleichklang mit der allgemeinen<br />
e-Reihe ist vor l auf weite Strecken aufgehoben<br />
worden; bei -U- gilt fast überall ein offener e-Laut,<br />
auch in den e-Mundarten; bei -el- tritt oft wieder<br />
das Abspringen in die e-Reihe in den Vordergrund.<br />
Bleiben wir vorerst hauptsächlich bei -el-. Schon<br />
die Tatsache wirkt differenzierend, daß der nachvokalische<br />
-Z-Laut nur in Tirol und Oberkärnten<br />
als reiner -Z-Laut der Schriftsprache erhalten bleibt,<br />
er aber im Mittelbairischen zu * und ü vokalisiert<br />
und in Mittel- und Unterkärnten, der Steiermark<br />
und dem Burgenland immerhin schon als mehr<br />
oder weniger -i- oder -ü-haltiger -Z-Laut gesprochen<br />
wird; <strong>des</strong>gleichen in Südmähren, Südböhmen, im<br />
Böhmerwald, im Nordbairischen und im äußersten<br />
Westen von Oberbayern. — 2. Einfach liegen die<br />
Verhältnisse noch im Nordbairischen. Sie sind<br />
parallel zu denen bei mundartl. 5 und q in gedehntem<br />
und kurz gebliebenem mhd. a (s. § 1 o) gestaltet.<br />
Wie dort ist auch hier gedehnter Vokal<br />
zum geschlossenen Laut, e ist zum o-Laut geworden,<br />
kurz gebliebener Vokal jedoch zum offenen<br />
Laut, e zum p-Laut. Daher mal (Mehl), Moln<br />
(stehlen), aber liQlffm (helfen), SQIH (Schelle), daher<br />
auch im nom. fohl (Feld), im dat., soweit er formell<br />
erhalten ist, fgl (dem Felde) und im plur. JQÜV,<br />
JQldn (Felder); s. Karte 4. Das gleiche Verhalten<br />
entdecken wir im benachbarten Ostfränkischen bei<br />
mel gegen hel\m oder bei fehl gegen fellvr (Felder).<br />
Das Nordbairische hat diese und ähnliche Differenzierungen<br />
erst im 14. oder 15. Jh. mit dem<br />
Ostfränkischen gemeinsam oder überhaupt unter<br />
ostfränk. Einfluß entwickelt. Daher fehlen sie<br />
wiederum der altertümlichsten nordbair. Mundart,<br />
dem Iglauerischen mit seiner Einheitlichkeit in<br />
mql, StQl, hqlff, vQÜ, v(>ldnr (ml} usw. im Süden der<br />
Iglauer Insel). — 3. Auch im Mittelbairischen<br />
liegen die Dinge noch verhältnismäßig einfach:<br />
vor folgendem -l- bleibt hier unter allen Umständen<br />
der offene Vokalcharakter gewahrt, nur mit der<br />
umlautartigen Rundung <strong>des</strong> früheren -Z-Lautes;<br />
hier herrscht in der Dehnung bereits wieder Zusammenfall<br />
mit e. Daher die Wiener Aussprachen<br />
mp, fidp'n, JiQffn, s^'n, fl}d, f§dn; m§ gibt mit sQ<br />
(Seele) aus mhd. se7e einen reinen Reim. Im Bereich<br />
der mittelbair. -Z-Vokalisierung hat der Osten,<br />
Ober- und Niederösterreich, wie die Karte 4 zeigt,<br />
dieses p, der Westen aber meistenteils $i, der Lungau<br />
e; 16 ). Das gleiche oder ein ähnliches ei hat in<br />
Niederbayern und im Osten von Oberbayern das<br />
mhd. -el- und -il- z. B. im Kompnrativ clter oder<br />
in wihl erreicht (s. die Karte 4). Doch fällt -POZund<br />
-CD- (f$D(l)d) in Südböhmen westl. Krumau<br />
und -al- um Neuern im Böhmerwald auf, ferner<br />
gi im nördl. Innviertcl mit dem angrenzenden<br />
Rottal sowie in der Umgebung von München gegen<br />
Westen zu; -pi- scheint sich stark auszubreiten.<br />
Es fällt lautlich mit gi aus mhd. -al- zusammen;<br />
") Mit leichter mittelzungiger Verfärbung, wio<br />
sie bei der alten Generation bei normalem e z. B.<br />
in gebm, i pqt und dergleichen nicht allgemein<br />
üblich ist.<br />
29
§ 3 j 3—m 3<br />
in der Nähe ist umgekehrt durch den Wandel von<br />
mhd. -al- zu -ql- der Gleichklang mit -al- hergestellt<br />
(s. § 1 i). — 4. Im Bereich <strong>des</strong> -ü-haltigen<br />
-Z-Lautes entspricht dafür -Q'I-, im Bereich <strong>des</strong><br />
unveränderten -J-Lautes tritt -el- ein. — 5. Am<br />
äußeren Bogen <strong>des</strong> oberbayrischen Lechrains und<br />
in Westtirol tritt für -el- mundartliches -al- ein<br />
(in Karte 4 durch Querschraffen gekennzeichnet),<br />
<strong>des</strong>gleichen in Bauernwörtern um Wischau, Brunn,<br />
im östlichen Südmähren und im nordöstlichsten<br />
Niederösterreich (s. § 2 g 4).<br />
k. Beim gedehnten e ist im Mittelbairischen gewöhnlich<br />
die gleiche Entwicklung wie beim -e7durchgedrungen,<br />
so vor einfachem -l- zwischen<br />
Selbstlauten und vor auslautendem einfachem oder<br />
geminiertem -l, -II, etwa in mhd. mel (Mehl),<br />
stelen (stehlen), v'e'll (Fell). Im Südbairischen<br />
herrscht hier allerdings strichweise Neigung zu<br />
•gvl-, als läge wieder mhd. -e(l)- vor. Zwischen<br />
Aichach und Seeshaupt in Oberbayern tritt<br />
m$v, sdtj.ry'n, /fo auf, am ganzen oberbayrischen<br />
Lechrain bis zum Starnbergersee und bis Bene-<br />
diktbeuren m$ül, sd^vln, f%r>l, vgl. sfo oder sfoZ aus<br />
mhd. sele; <strong>des</strong>gleichen im angrenzenden Schwaben<br />
und im ganzen Nordtirol. Auch in Südtirol existieren<br />
einige -goMnseln, so um Meran und um<br />
Bozen; ferner in Osttirol im oberen Iselgebiet, in<br />
Kärnten im Mitter- und Untermölltal und in den<br />
Kärntner e- und e-Mundarten bei alten Leuten<br />
auch in Ober- und Westmittelkärnten (s. auch<br />
Einltg. 44). Im Ober- und Mittereisacktal tritt<br />
demgegenüber ebenso wie vor altem -h- lautgerecht<br />
e, ei ein, also mel (meil) usw.<br />
1. 1. Mhd. -er- geht vor Gaumen- und Lippenlaut<br />
gewöhnlich den gleichen Weg wie mhd. -e7-,<br />
doch gibt es auch wesentliche Unterschiede. Sie<br />
sind wenig übersichtlich und nicht immer durch<br />
die Natur <strong>des</strong> -r-Lautes allein bestimmt. Im großen<br />
mittelbairischen Vokalisierungsgebiet gilt, sofern<br />
nicht Sproßvokale entwickelt worden sind, bqvg<br />
(Berg), w§vffv (werfen) 17 ). Um Neumark (Böhmerwald),<br />
Cham, Kötzting und Viechtach (Niederbayern)<br />
ist ganz alt iv. — 2. Wo das -r- fortbesteht,<br />
entspricht auf mittelbair. Boden (am Westrand)<br />
bqorg, wewffv. Im Nordbairischen wird, soweit<br />
das -r- erhalten geblieben ist, strichweise bärx,<br />
warffm gesprochen. In konservativen Restschollen<br />
<strong>des</strong> Nordbairischen gibt es Differenzierungen zwischen<br />
b$ax, M&m (r hier auch vokalisiert) mit<br />
-fa- in Dehnung gegen werffm mit -er- in Kürze.<br />
In ganz altertümlichen Ecken <strong>des</strong> Nordbair. trifft<br />
man noch feinere Unterscheidungen an, nämlich<br />
zwischen mhd. Ein- und Mehrsilbern; etwa im<br />
nom. b$vx, aber im dat. bärx, <strong>des</strong>gleichen sdärm<br />
sowie warffm oder etwas moderner im dat. bäx,<br />
sda'm, waffm. Es mag sein, daß das heute oft<br />
wahllose Durcheinander <strong>des</strong> Egerländischen von<br />
-go-, -er- und -a(r)- im Raum nur Ausgleich zwischen<br />
alten Wechselformen nach verschiedenen<br />
Richtungen hin darstellt. — 3. -ar- für -er- erscheint<br />
gleich -al- am Lechrain und teilweise in<br />
Westtirol 18 ) sowie um Wischau, Brunn, im östlichen<br />
Südmähren und im angrenzenden Weinviertel<br />
(s. § 2 g 3 und 3 j 5); ferner entdecken wir<br />
a vor r in weiten Strecken von Unterkärnten und<br />
17 ) Im Weinviertel mit Südmähren, im nördlichen<br />
Waldviertel, in Oberösterreich (ohne unterstes<br />
Mühlviertel), im Flach-, Tennen- und Salzachgau<br />
sowie bis ins mittlere Burgenland und in der<br />
niederösterreichischen Grafschaft Pitten gilt<br />
b$(v)ri(g), im Salzkammergut werefjv mit Sproßvokalen.<br />
18 ) Doch tritt von Imst aufwärts am Inn sowie<br />
am Lech und im Außfern dafür -evr- ein.<br />
30<br />
der angrenzenden Weststeiermark (parg, starbm,<br />
warjm), <strong>des</strong>gleichen um Oberwölz und Schöder in<br />
der Obersteiermark; im Kärntner und Steirer<br />
Görtschitztal taucht sogar -qr- auf, das zusammenfällt<br />
mit mhd. -qr- aus mhd. -ar- und -or-; -qrtreffen<br />
wir ferner im Ammergau und an der<br />
obersten Isar in Oberbayern an. -Q'I- für -er- gibt<br />
es um Knittelfeld und Judenburg in der Obersteiermark,<br />
wo es mit mhd. -ar-, -or-, -el- gleich<br />
klingt; strichweise tritt -ql- für -er- im nördlichen<br />
Mittelkärnten auf.<br />
m. 1. In der Dehnung haben wir vor -r- zwei<br />
Gruppen zu unterscheiden, solange wir im westlichen<br />
Südbairischen bleiben, nämlich eine jüngere<br />
Dehnung zu -er-, z. B. in her, scheren, wo das -rin<br />
ahd. Zeit vor Vokal stand (ahd. h'e'ra, skeran)<br />
und sich eine Veränderung erst im 12. Jh. stärker<br />
bemerkbar machte, und eine ältere, schon im<br />
11. Jh. auftretende Dehnung von -er- vor Zahnlauten<br />
und im absoluten Auslaut, z. B. in Herd,<br />
Ferse, lernen und wer (ahd. hiver); sie führte im<br />
westlichen Südbairischen bis zum $v aus mhd. e<br />
und ist bereits im sogenannten „Zimbrischen"<br />
sowie in allen anderen südbairischen Sprachinseln<br />
vorhanden 19 ). Daher etwa in den Dreizehn Gemeinden<br />
h^r's^rn gegen h%mt, v§vrze 20 ), levrnvn und w§vr<br />
und gegen perkx, sterwzm, werffvn 21 ). H§vrt und<br />
i levrn (ich lerne), wenr reimen jetzt mit kx$vrt<br />
(kehrt zurück), kx§vrn (zurückkehren), mevr (mehr)<br />
aus mhd. kert, keren, mir. Diese Verhältnisse umfassen<br />
ganz Südtirol; es passen auch die Aussprachen<br />
her, sern (heir, seirn) im Ober- und<br />
Mittereisacktal, die mit dem gleichräumigen mel<br />
(Mehl; s. § 3 k) zu vergleichen sind, gut in diese<br />
Reihenordnung. Auch in einigen Orten <strong>des</strong> Passeier<br />
wirken gelegentliche Lautformen, wie h$rt, vqrzv,<br />
Iqrndn, wyr nicht störend, da man dort auch kx^rt,<br />
kx^rn, m$r 22 ) sagt. Die Südtiroler Unterscheidung<br />
setzt sich nach Osttirol und, soweit man es noch<br />
feststellen kann, nach Oberkärnten mit dem Liesertal<br />
und in den salzburgischen Lungau fort; im<br />
Lungau entsprechen ha (her), sägt} (scheren),<br />
h&xt (Herd), fqdhn, (Ferse), l&gnp (lernen) und<br />
ivqd (wer) wie kxipxt (kehrt), kx>} (kehren),<br />
mfa (mehr). — 2. In Nordtirol mit dem oberbayrischen<br />
Lechrain und im Salzburgischen (ohne<br />
Lungau) sind nicht nur südtirol.-oberkärntn. -eraus<br />
älterem -er-, sondern auch die Südtiroler -eraus<br />
älterem -er- vor Vokal mit mhd. -er- zusammengefallen;<br />
daher z. B. im Silltal hevrst, vqorzv,<br />
Iqvrndn und wq,nr, aber jetzt auch h%vr, seorn wie<br />
kx$vrst, kx$nrn, menr und natürlich wieder gegen<br />
perkx usw. Dieselbe Ordnung besteht im Pinzgau<br />
und Pongau mit eo (hqvsd usw.) und im „Sundergau"<br />
(südlich von München im Dreieck von Bayrisch-Zell,<br />
Sauerlach und Länggries) mit ä (häSd,<br />
jäsn, wä wie ghdsd, mä, aber gegen b§drg). — 3. Auf<br />
eine dritte Ordnung stoßen wir in Unterkärnten<br />
und in der Steiermark. Hier haben im ältesten<br />
19 ) Bei den Wörtern Stern, gern, fert(en) (voriges<br />
Jahr) herrscht Schwanken, bei wert, Kersche (Kirsche),<br />
Gerste gilt nur Kürze.<br />
20 ) z ist stimmhaft und zwischen s und s zu<br />
sprechen.<br />
21 ) Die Verhältnisse in den Sieben Gemeinden<br />
sind diesmal als Muster ungeeignet; erstens hat<br />
in den meisten Orten der Sieben Gemeinden vor<br />
r + Zahnlaut und vor auslautendem -r nachträglich<br />
v als Gleitlaut Verbreitung gefunden<br />
(h§Dr, wenrt statt h$r, WQH in den Dreizehn Gemeinden);<br />
zweitens ist im Dreisilber vers's'inga<br />
(Ferse) eine Störung eingetreten.<br />
22 ) Am Starnbergersee, um Tölz und Länggries<br />
ausnahmsweise h^r, wqr und m$r.
Dialektzustand -er- im Auslaut, vor Vokal und vor<br />
Zahnlaut alle eine gemeinsame Lautentsprechung,<br />
nämlich g; dieses f wird nunmehr vom en aus mhd.<br />
e streng auseinandergehalten. Es lautet demzufolge<br />
beispielsweise in der Gaal bei Knittelfeld ģ 23 ),<br />
sqdn, h$st 23 ), f$sn 23 ), lifin und wf gegen kh$nst 2i ),<br />
khqndn, m^n und natürlich gegen pQlg, stglbm 25 ). —<br />
4. Weiter im Norden, auf mittelbairischem Boden,<br />
herrscht in altertümlichen Restlandschaften und<br />
in konservativen Restformen gleichfalls dieses f,<br />
z. B. im oberösterreichischen Hausruckviertel in<br />
h$, se'n, h$xd, fesn, le'nv, w%, diesmal aber wieder<br />
wie in ghexd, ghe'n, m%. Ähnliches treffen wir<br />
restweise in Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> und in der<br />
nördlichen Oststeiermark an und im Auslaut und<br />
vor -rn als absterbenden Archaismus darüber hinaus<br />
in großen Teilen von Niederösterreich; aber<br />
nicht mehr im Innviertel und in Altbayern, wo<br />
allgemein ep auftritt. Dort sowie vielfach um<br />
Wien, Graz und Linz ist durch die allgemeine<br />
Vokalisierung <strong>des</strong> -r- zu -v- und durch verkehrssprachliche<br />
Einsickerungen -er- in allen Stellungen<br />
vereinheitlicht: h%v, sfo'n, hqvd (hevt), fqnsn,<br />
l$v'nv, w$n wie gh$nd (gh$nt), gh§n'n, m\n, aber auch<br />
wie b$ng, sd^rfm; ebenso z. T. in Mittel- und Unterkärnten,<br />
wenngleich hier die Vokalisierung selbst<br />
noch nicht platzgegriffen hat: h$r, s^rn 26 ), f§rs?i,<br />
l§rnnn 26 ) wie kh§rn 26 ), mqr 27 und wie perg, st$rbm 28 ).<br />
— 5. Das Nordbairische trennt fr jeder Art wieder<br />
säuberlich von er, etwa hqn, hqnd, fqnsn, Iqv'nn von<br />
gh§ind, gh^in'n, me.in; es greift damit jene Ordnung,<br />
welche wir phonologisch bereits im Osten <strong>des</strong><br />
Südbairischen gesehen haben, noch einmal auf, obgleich<br />
dazwischen das Mittelbairische mit seiner<br />
Vereinheitlichung beider Gruppen liegt. Vielleicht<br />
ist die jetzige mittelbair. Ordnung erst sekundär<br />
entstanden, und bilden die beiden Flügel <strong>des</strong> Südund<br />
<strong>des</strong> Nordbairischen hier wie so oft alte Restschollen<br />
zu beiden Seiten der donauländischen<br />
Modernisierungszone.<br />
n. 1. Vor Nasenlauten verhält sich das Nordbairische<br />
beim g-Laut parallel dem p-Laut aus<br />
mhd. a (s. § 1 n). Unter Dehnung steht en ($v, in)<br />
z. B. in brenmn (Bremsfliege), sdren n (Strähn) aus<br />
mhd. breme, str'e'n; ebenso steht es auch für mhd. e,<br />
23 ) Diese Wörter gehen in Unterkärnten den Weg<br />
<strong>des</strong> -er- vor Gaumen- und Lippenlaut, also h§rt,<br />
hart, JiQrt; f$rsn usw. Auch in der Obersteiermark<br />
macht sich diese Angleichung immer mehr bemerkbar.<br />
Im Krappfeld und seinem Umkreis steht<br />
in unserer speziellen Gruppe sonderbarerweise<br />
halboffenes -er-. — Hq, w% reicht übers Metnitztal<br />
in die nördlichen Dörfer um Gurk und Straßburg<br />
herein.<br />
24 ) In Unterkärnten dafür khqnrt.<br />
25 ) Wenn der streng kärntnerisch reimende Sankt<br />
Veiter <strong>des</strong> 13. Jh., Ulrich von dem Türlin,<br />
Reime wio her/mer, hert/kert u. dgl. als einziger<br />
unter den bairischen Dichtern seiner Zeit meidet,<br />
so ist dies m. E. ein Beweis dafür, daß die jetzigen<br />
Unterkärntner Differenzierungen dieser Art seinerzeit<br />
bis Mittelkärnten, bis in dio Gegend um St.<br />
Veit a. d. Glan, der alten Lan<strong>des</strong>hauptstadt,<br />
gereicht haben.<br />
26 ) Altertümlich mittelkärntnerisch (und ebenso<br />
mölltalerisch) mit -rn.<br />
21 ) Im nördlichen Mittelkärnten alt noch menr,<br />
das sich deutlich von hqr und w^r abhebt.<br />
28 ) Im Iselgebiet, im Mölltal und in Mittelkärnten<br />
(ohne Krappfeld) wird vor Zahnlaut, n<br />
und im Auslaut Zäpfchen-r, sonst jedoch Zungen-r<br />
gesprochen; nur im Süden von Kärnten hat Zäpfchen-r,<br />
das gleichzeitig der Kärntner Verkehrssprache<br />
eignet, dio Alleinherrschaft angetreten.<br />
§ 3 m 3—o 1<br />
etwa in gwetmn (gewöhnen), mennn (das Zugvieh<br />
führen), drevml (Balken, Knüttel) aus mhd. gewenen,<br />
menen, dremel; dagegen steht bei Kürze e:<br />
jentßv (Fenster) aus mhd. venster oder auch rqnn<br />
(rennen), §?$ (eng) aus mhd. rennen, enge. — 2. Auch<br />
im Mittel- und Südbairischen geht die Entwickluug<br />
parallel dem genäselten g. Ebenso wie bei jenem<br />
mhd. a und o meistenteils gemeinsame Wege<br />
einschlagen, schließt sich auch hier mhd. e mit<br />
mhd. e zu einer geschlossenen Gruppe zusammen.<br />
Nur um Gottschee, Zarz, in Tilliach und im Lesachtal<br />
bleibt mundartliches a aus e und mundartl. e<br />
aus mhd. e im großen und ganzen getrennt: (Till.)<br />
präme, Uran gegen menen 29 ) und weniger deutlich<br />
im Lesachtal mit einigen angrenzenden Gemeinden<br />
pr^rne, Mr$n, j^nßtq (Fenster) 30 ) gegen meinen, et^e<br />
sowie in Zarz pi-§ime, str§in, v§nßtr gegen meinen,<br />
etpie. — 3. Sonst herrscht wie bei genäseltem g<br />
im Westen räumliches Schwanken zwischen g- und<br />
e-Lautungen, während im Osten, im Burgenland,<br />
in der Steiermark mit Unterkärnten und in großen<br />
Teilen von Nieder- und Oberösterreich mit Südmähren<br />
und Südböhmen steigende Zwielaute, ei,<br />
§i, äi, auftreten; ei besteht auch im Mölltal, im<br />
Oberdrautal und teilweise im Iselgebiet mit dem<br />
Lienzer Becken. — 4. In der Mittelsteiermark mit<br />
dem kärntn. Lavanttal und dem angrenzenden<br />
Burgenland bildete sich wie bei g auch bei e vor<br />
n +Mitlaut und vor m unter scharf geschnittenem<br />
Atemdruck ein sehr kurzer Selbstlaut aus, während<br />
vor einfachem n und vor ?j der Zwielaut ei ungestört<br />
fortlebt, z. B. in we\ntn (wenden) gegen<br />
deit}khn (denken).<br />
o. 1. Gemäß der Paulschen Regel und aus<br />
anderen Ursachen wurde teilweise schon in spätalthochdeutscher,<br />
teilweise noch in frühmittelhochdeutscher<br />
Zeit älteres e vor folgendem i und<br />
vor rundenden Mitlauten zum „geschlossenen"<br />
e-Laut, als läge Vollumlaut-e (s. § 4 a 3) vor.<br />
Hierher gehören vor allem vor i und / Pelz 31 ), ledig,<br />
Predig, Venedig (Ortsname), Becher 32 ), Se'chtcr 32 ).<br />
Gre'ger, Le'x aus ahd. pellitz, ledig, prediga, mhd.<br />
Venedige, ahd. bechari, seh(s)tari, Gregori(us), mhd.<br />
(A)Lehsi(us). Ortsnamen wie mittelbair. Schöllschitz<br />
(mundartl. säülsntß) aus tschech. *C'elesice<br />
bei Brunn, nordbair. Zedlisch (mundartl. Dsin ä lns<br />
mit -In- aus mhd. c; s. § 4 d) aus tschech. Sedlist'c<br />
bei Tachau im südlichsten Egerland und südbair.pladnerisches<br />
Pcits (Ampczzo aus vlat. *Ampeciurn,<br />
friaul. Jmpi^ts) sind neben ähnlichen Fällen<br />
Beweise für die Lebensfähigkeit dieser Lautregel<br />
bis ins 13. Jh. Ihre Orte liegen in Landschaften,<br />
in denen sich deutsche Siedler erst um 1200 oder<br />
nachher niedergelassen hatten. Bei einigen Belegen<br />
dieser Art ist die erwähnte Ursache dos c<br />
etwas verborgen, weil sie nachheriger Formenausgleich<br />
verdunkelt hat; so etwa bei sechs, zehn,<br />
eben aus den neutralen Plural-Substantiven schsiu,<br />
zchniu und aus cbcnitt; in anderen Fällen waren<br />
ahd. Pluralformen auf ~ir schuld, etwa bei den<br />
neutra bair. Schcff (Schiff) und Kc's (Gletscher) mit<br />
ihrem spätahd. plur. skeffir, *kesir statt älterem<br />
29 ) Einige Verwechslungen von genäseltem e und c<br />
(und ä) gibt es auch hier, s. § 2 g.<br />
30 ) Doch herrscht bei Fenster vielfach Schwanken,<br />
so um Gottschee, Zarz, Tilliach. Der ursprüngliche<br />
Zustand dürfte im sing, c, im plur. c (Finsterer)<br />
gehabt haben.<br />
31 ) Mit e wird hier und weiterhin jenes alte e,<br />
das infolge der Paulschen Regel oder aus anderen<br />
Gründen wie mhd. e behandelt wird, bezeichnet.<br />
32 ) Diese Wörter haben strichweise auch e beibehalten.<br />
Das erkennt man in den £ -Mundarten.<br />
31
§ 3 o 1—§ 4 a 3<br />
skiffir 33 ), *kisir. Noch heute sagt man in verkehrsfernen<br />
südbairischen Mundarten im sing.<br />
Br'et nach ahd. br'et, im plur. aber Breter nach<br />
spätahd. bretir, z. B. im Zimbrischen der Sieben<br />
Gemeinden pret, aber pretsr oder im Pustertal<br />
(alt) pret, aber preitg; andere bair. Mundarten<br />
haben teils nach Breter Bre't, teils nach Br'et<br />
Breter ausgeglichen (vgl. Einltg. 39) 34 ). — 2. Rundender<br />
Mitlaut führte gelegentlich zum gleichen<br />
mhd. e, etwa in Schwester, gestern, Sil-Fester (Silvester),<br />
bresthaft, Vesper, Zwespe (Zwetschke) 35 ),<br />
leschen (löschen), Messe, Presse 35 ), dreschen 35 ),<br />
Steffan (Stephan) 35 ), Stefte (Stift) 35 ), keck (aus<br />
älterem queck), etwas 35 ). — 3. Bei einigen e-Formen<br />
trägt nachfolgen<strong>des</strong> ahd. u die Schuld, so bei<br />
Met), Tegel 35 ), Zedel (Zettel) aus ahd. metu,<br />
Hegula, *zedula. — 4. Auch einige ausgesprochene<br />
Verkehrs- und insbesondere etliche Kirchenwörter<br />
<strong>des</strong> Bairischen weisen dieses e auf, etwa Techant<br />
(kirchlicher Dekan) 35 ), Segen 35 ), pflegen 35 ), Pfleger,<br />
Kresen (Chrisma) 35 von mhd. o auf e übertragen, sobald wir statt der<br />
vordergaumigen Phoneme die entsprechenden<br />
hintergaumigen Lautvorstellungen einsetzen; etwa<br />
statt ei oder In nunmehr öu oder üz> und dergleichen.<br />
Die Karte 5 stellt genau genommen nur<br />
die Lautverhältnisse für mhd. o dar, sie gilt jedoch<br />
in gleichem Maße, sofern wir die Lautwerte richtig<br />
transponieren, auch für mhd. e und für mhd. ö. —<br />
2. Nach Ausweis der Lehnwortforschung klangen<br />
die drei Parallellaute mhd. e, o und ö in ahd. Zeit<br />
offen, als e, q und Q. Je altertümlicher der Dialekt<br />
ist, <strong>des</strong>to offener werden daher in der Regel im<br />
modernen Oberdeutschen diese Laute ausgesprochen.<br />
Im Südalemannischen werden fürs bairische<br />
Ohr halboffene Selbstlaute, etwa in lekkv (legen),<br />
wekkxn (wecken), hc-sn (Hose), kspßßv (geschossen),<br />
gebildet; das wiegt schwer, weil diese Dialekte<br />
auch sonst, vor allem in ihrem Beharren auf den<br />
alten mhd. Monophthongen in wib (Weib), hüs<br />
(Haus) (vgl. § 13 a 1), im Beibehalten <strong>des</strong> unver-<br />
). Sie gehören m. E. der dumpften mhd. a in hasv (Hasen) und gaßßv<br />
langen, bisher zu wenig erforschten Reihe alt- (Gasse) (§ 1 b 1) und im Festhalten der gerundeten<br />
bairischer Lehnwörter aus dem Fränkischen an. — mhd. Umlaute in rijkx (Röcke), hi^ttv (Hütte)<br />
5. Bei etlichen dieser Formen waren nach Ausweis (§ 6 a 1), ihre hervorragende Konservativitat im<br />
der ahd. Belege, der Lehnwörter in den Fremd- Selbstlautstand vorweisen. Den bairischen Mundsprachen<br />
oder <strong>des</strong> Zimbrischen als der altertümartsprecher<br />
muten diese Sprechweisen nahezu wie<br />
lichsten bairischen Mundart einstens -i-Lautungen<br />
ein lebendig gebliebenes mittelhochdeutsches<br />
Sprachmuseum an. Die dicke Borstenlinie der<br />
heimisch, so bei Messe, ledig, Predig, vgl. zimbr. Karte 5 umgrenzt diese halboffene Aussprache in<br />
(Sieben Gemeinden) misse, lidikx, pridige. Ihre Vorarlberg auffällig genug. Ebenso haben innerhalb<br />
kirchensprachliche Bindung liegt auf der Hand. <strong>des</strong> Bairischen die beharrsamsten Mundartgruppen<br />
Wahrscheinlich sind auch diese e-Formen Ent- auch halboffene Aussprachen. So die Tiroler Hochlehnungen<br />
aus dem Fränkischen. — 6. In Westtalmundarten <strong>des</strong> ötz-, <strong>des</strong> Passeier-, <strong>des</strong> Obertirol,<br />
gegen das Alemannische zu, werden übrigens eisack-, <strong>des</strong> Ahm- und <strong>des</strong> Villgrattentales sowie<br />
die e-Formen seltener. Im Vintschgau gilt z. B. die südbairischen Sprachinselmundarten der Sieben<br />
nur Techant, eben, Vesper, keck.<br />
Gemeinden, von Pladen und Zahre, von Zarz, um<br />
p. Im absoluten Anlaut wird in echten Bauern- Gottschee sowie der nordbair. Insel um Iglau;<br />
wörtern die Lautgebung von mhd. e- und e- son- lauter Gebiete, deren Lautgebung auch sonst immer<br />
derbar unsicher. Etwa im Worte Egerte (Wechsel- durch besondere Altertümlichkeiten ausgezeichnet<br />
feld) verwandelt sich das etymologische e gegend- ist. — 3. Weil nach § 3 c 1 auch mhd. e ein offener<br />
weise zu e-, zu e- vmd an der burgenländisch- e-Laut gewesen ist, müßten eigentlich damals e<br />
niederösterr.-steirischen Dreiländerecke sogar zu und e entweder gleich oder immerhin sehr ähnlich<br />
ie-; im Worte Eher (Ähre) schwankt im Anlaut ausgesprochen worden sein. Hätten sie verschieden<br />
der Vokal gleichfalls zwischen e-, e- und e-. Das geklungen, dann hätten ja auch die besten unter<br />
gleiche ist der Fall bei Eschbann (Art Viehweide), den althochdeutschen Orthographen, etwa Notker,<br />
ahd. *ezziskpann, wo uns ebenfalls bald e-, bald e-, gewiß konsequent verschiedene Zeichen dafür ge-<br />
bald e- entgegentritt. Eine sichere Erklärung dieser wählt. Das ist nicht der Fall. Standen sie sich sehr<br />
bisher unbeachteten Erscheinung ist einstweilen nahe oder waren sie gleich, so verstehen wir<br />
nicht zu geben. Vielleicht hat es einstens eine plötzlich die P au Ische Regel. Die Mouillierungs-<br />
vorübergehende Präjotierung gegeben, also *Jegerte theorie Schorers und seiner Anhänger nimmt mit<br />
usw., die diese Unklarheiten verursacht hat (s. Recht an, daß die eigentlichen Umlauterreger nicht<br />
§ 24 a 1 Fußn.). Über diese Wortformen s. auch die ahd. -i- und -j- gewesen waren, sondern daß durch<br />
Artikel Egerte, Eher und Eschpann <strong>des</strong> Wörterbuchs. -i- und -j- folgender Silben die vorausgehenden<br />
Mitlaute mouilliert (palatalisiert) worden sind und<br />
§ 4. Mhd. e (s. auch die Karten 5 und 6) erst diese mouillierten Konsonanten den Umlaut<br />
Übersicht: a. Die Parallelreihe mhd. e, o, ö; bewirkt haben. Demnach waren diese Palatal-<br />
ihre offene Aussprache in alter Zeit. — b. Mhd. e konsonanten wohl auch an der zunehmenden<br />
vor Verschluß- und Reibelauten: neu e, älter ei, Geschlossenheit <strong>des</strong> mhd. e als Vollumlaut zu<br />
ganz alt e. — c. Mittelgaumige und gerundete frühahd. a schuld. Ebenso haben dann diese mouil-<br />
Aussprachen. — d. Mhd. e im Nordbairischen. — lierten Mitlaute natürlich auch die Paulsche Regel,<br />
e. e vor h. — f. e vor l. — g. e vor r. — h. e vor das ist den Übertritt von ahd. e zu mhd. e (e) z. B.<br />
Nasenlauten. — i. Die Jungwiener e-Verwirrung. in ledig, Predig statt ahd. ledig, prediga (s. § 3 o)<br />
a. 1. Mit den drei folgenden mhd. Kurzvokalen verursacht; dieso beiden Vorgänge gehören aufs<br />
e, o und ö kommen wir zum erstenmal zu einer engste zusammen. Noch bis um 1200 klang dieses<br />
jener Parallelreihen dreier Selbstlaute, die dem Vollumlaut-e näher dem offenen e-Laut als dem<br />
Vorwort 13 gemäß alle drei die parallelen Reihen- geschlossenen e-Laut. Hier zwei besonders gut<br />
schritte in der Lautentwicklung in vollem Umfang datierbare Belege: Um 1200 erbaute Bischof Bruno<br />
vor Augen führen. Wir können nahezu auto- von Brixen die Burg Bruneck in Südtirol und zur<br />
matisch diejenigen Lautveränderungen, welche bei selben Zeit ein Adeliger in Kärnten die Burg<br />
mhd. e erfolgt sind, auf mhd. o oder umgekehrt Hallegg, sie erhielten damals ihre mhd. Namen<br />
33 Brünegge und Heilegge. Die eine nennt man danach<br />
) Danach mitteld. „Schiff".<br />
34 im Grödner Ladinischen Burnek mit demselben<br />
) Das Wort Schelm, das man gerne hierher alten -e-, wie es z. B. mit inek (Schnecke) aus mhd.<br />
stellt, halte ich für eine Verallgemeinerung <strong>des</strong> snegge und mit bck (Schnabel) aus vlat. *beccu<br />
gen.-dat. sing. ahd. skelmin zum nom. skalmo.<br />
35 reimen kann, die andere heißt im Kärntner Slo-<br />
) Diese Wörter kommen in einzelnen bair.<br />
Gegenden auch mit e vor.<br />
32
wenischen Hal\k, mit -g-, das mit bl$k (Fleck) aus<br />
mhd. vleck zusammenstimmt. Hätte man damals<br />
im Bairischen schon den neuen, geschlossenen e-<br />
Laut verwendet, so wäre im Grödnerischen unbedingt<br />
*BurneJc und im Kärntner Slowenischen<br />
*Halek entstanden, mit dem anderen e-Laut. Daß<br />
schließlich bis um 1200 im Bairischen älteres *e<br />
überdies noch die Fähigkeit bewahrt hat, vor<br />
folgendem -i- nach der eben erwähnten Paulschen<br />
Regel zu e (e) überzutreten, beweisen die § 3 o<br />
angeführten, erst um 1200 neuentlehnten Ortsnamen<br />
Zedlisch, Schöllschitz (*Schellschitz) aus<br />
alttschech. *Sedli$?e und *Öelesica und Petsch aus<br />
vlat. *Am / pecium. Damit glaube ich die bisher<br />
herrschende Meinung, ahd.-mhd. e und o wären<br />
als geschlossene Selbstlaute ausgesprochen worden,<br />
bezüglich <strong>des</strong> ahd.-mhd. e erschüttert und durch<br />
mehrere Argumente die einstmals offene Aussprache<br />
bewiesen zu haben. Man kann sich einen<br />
Umlaut aus frühahd. a, den unser mhd. e ja<br />
letzten En<strong>des</strong> darstellt, für die ältere Zeit auch<br />
leichter als e statt als e denken, man kann sich<br />
weiter gut vorstellen, daß sich dieses Umlaut-e<br />
unter dem andauernden Einfluß der Mouillierung<br />
erst in später Zeit, nach unseren Darlegungen erst<br />
nach 1200, zu einem richtigen geschlossenen e<br />
entwickeln konnte. — 4. Auch die alte p-Aussprache<br />
für mhd. o bietet sich in Lehnwörtern<br />
schön dar, z. B. im Abteitaler Ladinischen in koia<br />
(Pest) und arQsk (Frosch) über altlad. *kgga,<br />
*vorosk aus ahd. *kxQg&> *vrgsk (geschrieben choga,<br />
vrosk), um nur zwei Belege für mehrere Dutzend<br />
zu nennen. Auch dieses q ist erst um 1200 zum<br />
neuen o-Laut verändert worden; wenn die Verdampfung<br />
<strong>des</strong> ahd. d-Lautes schnell genug erfolgte,<br />
konnte sie dieses Q statt mhd. o sogar noch<br />
einholen und mit ihm lautgleich werden. Das ist<br />
auf weiten Strecken <strong>des</strong> Südalemannischen der<br />
Fall, ist aber auch fürs Mittelbairische im 14. Jh.<br />
durch Reimmöglichkeiten wie blasen/losen u. dgl.<br />
erwiesen und in drei beharrsamsten Randschollen<br />
<strong>des</strong> Mittelbairischen bis jetzt erhalten geblieben<br />
(s. § 1 f). Die alte offene Aussprache von ahd. e<br />
und o hat zwar bei e keine, bei o aber merkliche<br />
Nachwirkungen im modernen Lautstand. — 5. Im<br />
allgemeinen haben wir aber für die modernen<br />
bairischen Mundarten meistens doch wieder von<br />
den geschlossenen Lautwerten e und o auszugehen.<br />
— 6. Nebenbei bemerkt sei, daß im Bairischen<br />
diejenigen ahd. e, welche noch nach Eintritt der<br />
Paulschen Regel in den sogenannten e-Mundarten<br />
und e-Mundarten, wie wir sie für mhd. e<br />
kennen gelernt haben (s. § 3 d — g), zum e-Laut<br />
geworden waren, gleichfalls alle weiteren Schicksale<br />
mit unserem e geteilt haben.<br />
b. 1. Beginnen wir diesmal ausnahmsweise mit<br />
dem modernsten bairischen Lautstand. Im Mittelbairischen,<br />
der großen Dialektlandschaft entlang<br />
dor bairischen Modernisierungsachse der Isar-<br />
Donaustraße, ist die monophthongische, geschlossene<br />
Aussprache e vor Verschluß- und Reibelauten<br />
alleinherrschend. Dabei bleibt es ganz<br />
gleichgültig, ob die „nhd." Dehnung eingetreten<br />
ist oder nicht, ob man also von legeyi ausgeht oder<br />
von wecken, vgl. mittelbair. Icn wie wekkn (s.<br />
Karte 5). Auch im Kärntner Städtedreieck St. Veit-<br />
Klagenfurt-Villach stoßen wir auf diese neuen<br />
Monophthonge: legt} wie ivekkhn. — 2. Doch<br />
dürften im älteren Mittel- und Südbairischon<br />
früher steigende Zwielaute geherrscht haben. Die<br />
ersten urkundlichen ou-Schreibungen x ) tauchten<br />
*) Die ei-Schreibungen für mhd. c werden verhindert<br />
durch die historische Schreibweise ei für<br />
den eu-Laut aus mhd. i in Weib, Zeit usw.<br />
§ 4 a 3—c2<br />
bald nach 1300 in Kanzleien an der Sprachgrenze,<br />
in Südtirol und im Burgenland, als ausgesprochene<br />
Raritäten auf, während diese Zwielaute den<br />
Kanzlisten <strong>des</strong> geschlossenen Binnenlan<strong>des</strong> als<br />
doppelgliedrige Lautungen graphisch nicht bewußt<br />
geworden sind. — 3. Unsere Karte 5 stellt uns<br />
schön vor Augen, wie rund um die Isar-Donaustraße<br />
und um das Kärntner Städtedreieck mit<br />
ihrem einfachen e-Laut die konservativeren Randschollen<br />
im Norden, Süden, Osten und Westen<br />
mit ihren ei und ou übereinstimmend einen älteren<br />
Zustand widerspiegeln. Im Norden haben diese<br />
Zwielaute das östlichste und das westlichste Süd-<br />
mähren und Südböhmen bewahrt; im Westen der<br />
Lechwinkel und der größere Teil <strong>des</strong> oberbayrischen<br />
Lechrains; im Süden ein großes zusammenhängen<strong>des</strong><br />
Gebiet von Finstermünz bis zum Neusiedlersee<br />
mit Nord-, Süd- und Osttirol, mit nahezu<br />
ganz Kärnten und Steiermark und mit dem<br />
ganzen Burgenland; im Osten, wo wir den Ring<br />
schließen, der Westen der Großen Schutt und die<br />
Sprachinseln Modern und Bösing in der Slowakei. —<br />
4. Auch einige alte Sprachinseln nehmen an dieser<br />
Diphthongierung teil: auf mittelbairischer Seite<br />
außer Modern und Bösing auch Brunn, Wischau<br />
und Budweis, auf südbairischer Seite Zarz (leigq,<br />
wekkxn), ebenso Deutschruth, ferner Pladen, Zahre,<br />
Folgaria {leigty, wekkxvn), Lavarono und die<br />
Dreizehn Gemeinden, Tischlwang und das Fersental<br />
(fers, leign,, weikkxdn). — 5. Diese diphthongierenden<br />
Randschollen zerfallen bei genauem<br />
Hinsehen in eine westliche und eine östliche<br />
Hälfte. Der Westen besitzt nur für gedehntes e<br />
Zwielaut, während das kurz gebliebene e unverändert<br />
fortbesteht, z. B. im Lechwinkel lei'7} gegen<br />
wekkhv oder im Defreggen leigi} gegen wekkx^n. Im<br />
Osten wird dagegen je<strong>des</strong> e diphthongiert, gleichgültig,<br />
ob es gedehnt worden war oder nicht, z. B.<br />
in Südböhmen läVn, wie wäikkn oder im Kärntner<br />
Mölltal leigj} wie weikhn. Auch im Fersental gilt<br />
leigti, wie weikhdn. Die Grenze zwischen beiden<br />
Gruppen, dio Zweispurlinio der Karte, hat<br />
nur in Kärnten und Tirol, wo diese Gruppen<br />
unmittelbar zusammenstoßen, Realwert 1 a ). Sonst<br />
ist sie lediglich als innerster Rand <strong>des</strong> Trennungsgebietes<br />
mit lei'i} gegen ivckkn gezogen worden und<br />
ist vielleicht seinerzeit, als die Zwielaute noch dio<br />
ganze mittelbairischo Landschaft bedeckten, bedeutend<br />
weiter im Osten verlaufen. — 6. Die<br />
älteste Entwicklungsstufe bilden aber im Gesamtbairischen<br />
wieder richtige Monophthonge. Dio<br />
allerältesten bairischen Mundartgebiete kennen nur<br />
diese einfachen Vokale; so die Sieben Gemeinden,<br />
das ötz-, das Passeier-, das Wipptal und das<br />
Gottschcer Land; Gebiete, dio uns als besonderen<br />
Archaismus auch dio halboffenen e- und p-Laute<br />
lebendig überliefert haben.<br />
c. 1. Neuerdings neigen einige modernere Mundartlandschaften<br />
zu etwas mittelgaumigen oder<br />
leicht gerundeten Aussprachen <strong>des</strong> e-Lautes; so<br />
Teile von Mittel- und Oberkärnten und die Ha\ipttäler<br />
<strong>des</strong> Tirolischen. Dio altertümlichsten bairischen<br />
Rückzugsgebieto haben daran nirgends<br />
Anteil genommen. Nebenbei bemerkt, ist dio<br />
Neigung zu Rundung und Mittolgaumigkeit bei<br />
mhd. i wesentlich weiter verbreitet (s. § 7 c 1).<br />
Verfehlt ist es, diese junge Lautschattierung als<br />
Rückstand <strong>des</strong> einstigen Umlautcharaktcrs aufzufassen,<br />
wie das leider vielfach geschieht. —<br />
2. Deutlicher treten Mittelgaumigkeit und Rundung<br />
im ersten Teil der stark differenzierten Zwielaute<br />
entgegen, bei äi und ci, gelegentlich auch schon<br />
lo ) Im Lungau und in Westkärnten gibt es<br />
wieder dio westliche Ordnung.<br />
33
§ 4 c 2—g 2<br />
bei ei. Auf sie stoßen wir z. T. in Osttirol und<br />
Oberkärnten, ferner in der Steiermark mit Unterkärnten,<br />
im Burgenland, in der Grafschaft Pitten,<br />
in Südmähren und Südböhmen und im Lechwinkel<br />
und schließlich auch in der ganzen großen<br />
Westhälfte <strong>des</strong> ostfränkischen Dialektgebietes,<br />
also außerhalb <strong>des</strong> Bairischen selbst. — 3. Teilw.<br />
wird im Südalemannischen und im westlichen<br />
Ostfränkischen, in Dialekten und Mundarten,<br />
welche die alten gerundeten Umlaute unverändert<br />
bewahren, mhd. e nicht selten in der Nähe bestimmter<br />
rundender Mitlaute (s. § 26) bis zu ö<br />
gewandelt. Dadurch wird es mit altem mhd. ö<br />
auf die gleiche Stufe gestellt. Dasselbe gilt im<br />
Zimbrischen, der einzigen bair. Mundart mit<br />
erhaltener Umlautrundung. Es heißt in den Sieben<br />
Gemeinden äöpffen 2 ), Ig'ffel, plur. ijpffdle 2 ) (Äpfel)<br />
und danach sing. o'pffel 2 ) aus mhd. schepfen,<br />
leffel, epfele. Trotz allgemeiner Umlautentrundung<br />
stoßen wir auf ähnliche Rundungen im äußersten<br />
Westen der Gottscheer Insel, in Suchen: npffl 3 )<br />
(Apfel), Igjfl ? ) und in vrüm 3 ) (fremd), stiimffm 3 ) 4 )<br />
(stampfen, stoßen) aus mhd. vrem(e)de, stempfen.<br />
Ansätze zu verwandten Wandlungen treffen wir<br />
bei älteren Leuten auch im Iselgebiet, im Mölltal<br />
und im Lungau an. Im südlichen Niederösterreich,<br />
in großen Teilen von Oberösterreich und im Flachgau<br />
finden wir auch Rundungen in (niederöst.)<br />
äaö'm (Scheibe), doüfö (Teufel) statt doifö, (oberöst.)<br />
ghüwö (Kübel), nöwö (Nebel), sw§fö (Schwefel).<br />
Im Westen der Sieben Gemeinden erreicht<br />
diese Rundung auch Lautungen wie höwen (heben),<br />
züwen 6 ) (sieben), hölffen (helfen) usw. für die<br />
sonst in den Sieben Gemeinden üblichen Aussprachen<br />
heven, ziwen, helffen.<br />
d. Große Teile <strong>des</strong> Mitteldeutschen und der<br />
Osten <strong>des</strong> Ostfränkischen verwandeln je<strong>des</strong> gedehnte<br />
e zum fallenden Zwielaut iv, wofür in<br />
Mittelfranken sowie um Bayreuth und Hof in<br />
Oberfranken und anderswo vereinfachtes i eintritt.<br />
Von dorther haben das Egerland und die nordöstliche<br />
Oberpfalz ihr iv sowie die nordwestliche<br />
Oberpfalz und die Nürnberger Gegend ihr i bezogen.<br />
Ungefähr seit 1400 spricht man demnach<br />
auch im Nordbairischen in mitteldeutscher Weise<br />
entweder liv'ry oder IVi} (legen) gegen weki\ (nürnbergisch<br />
ivegn). Die altertümliche nordbairische<br />
Außengründung um Iglau, die ugf. um 1200 besiedelt<br />
worden ist, bewahrt mit l?g)}, wekhn den<br />
älteren Zustand.<br />
e. Vor -h- weist das Nordbairische in Dehnung<br />
ev auf: slevsd (schlägst), Slevd (schlägt) aus mhd.<br />
siehst, sieht. Über etwaige Sonderwege von mhd.<br />
-eh- in mhd. dwehele (Hand-, Tisch-, Leintuch)<br />
und in eher (Ähre) s. die Wörterbuchartikel Zwehel<br />
und Eher; zum zweiten Wort s. auch § 3 p.<br />
f. 1. Vor -l- treffen wir im Osten auf eine einheitliche<br />
Entwicklung. Im Gebiet <strong>des</strong> Q aus mhd.<br />
-el- (s. Karte 4) tritt für mhd. -el- entsprechend ö<br />
ein, z. B. in dsö'n (zählen), hö (Hölle), givob (Gewölbe)<br />
aus mhd. zelen, helle, gewelwe; im Gebiet<br />
der Zwielaute in Zfi'n, läi'n, (legen) <strong>des</strong> Ostens<br />
gilt auch mit folgendem -l- Zwielaut in -QÜI- oder<br />
•äül-; dies ist dann im Burgenland und in angrenzenden<br />
Landstrichen allerdings vielfach zu<br />
2 ) -pff~ ist hier mit kurzem Starkverschlußlaut<br />
und mit langem verdoppeltem und sehr starkem ff<br />
zu lesen.<br />
3 ) Die Zeichen Q und y, sind ausgesprochen mittelgaumig,<br />
zwischen e und p bzw. zwischen \ und %<br />
zu bilden.<br />
*) s liegt zwischen s und ä.<br />
6 ) z ist ausgesprochen stimmhaft und liegt<br />
gleichfalls zwischen s und £.<br />
34<br />
-äl- vereinfacht worden: dsQüln, dsäüln, dsäln. In<br />
Teilen von Mittelkärnten wird zwischen gedehntem<br />
-el- und kurzem -öl- unterschieden, z. B. zwischen<br />
i tsel qvns (ich zähle eins) gegen * tsöl fiare (ich<br />
zähle vier) und gegen tsöln (mit sekundärer Aufhebung<br />
der Dehnung). Im Bereich <strong>des</strong> reinen<br />
-l- Lautes, in Tirol und Oberkärnten, erscheint<br />
natürlich nur tseln, hei, gwelb. An der Grenze<br />
zwischen Südböhmen und dem Böhmerwald tritt<br />
aber dafür ausnahmslos -ül- ein. — 2. Etwas komplizierter<br />
liegen die Raumverhältnisse im westlichen<br />
Mittelbairischen. Im Salzburgischen finden wir<br />
willkürliches Schwanken zwischen ei, oi und e oft<br />
im gleichen Dorf vor; e ist im südlichen Innviertel,<br />
im Salzachgau und im Lungau, ei, ei in Niederbayern<br />
mit angrenzenden Gebieten verbreitet; es<br />
fällt dann gerne mit -ei- aus mhd. -el- und aus<br />
mhd. -ü- zusammen (s. § 7 d). oi aus mhd. -eltaucht<br />
im nördlichen Innviertel mit dem angrenzenden<br />
Niederbayern sowie in der Umgebung<br />
von München auf. Vielfach fällt auch dieses oi,<br />
gelegentlich zu qi umgebildet, mit mhd. -el- zusammen.<br />
— 3. Ein eigenartiger Zustand besteht<br />
im Sundergau südlich von München. Wird hier<br />
mhd. -el- der allgemeinen Vokalisierung <strong>des</strong> nachvokalischen<br />
-l- zu -i- gemäß zu ei gewandelt, so<br />
entwickelt sich mhd. -el- eigenwillig entweder zur<br />
Lautfolge -e d l- oder gar zu -i d l- oder -id d l- mit<br />
„postdentalem" -Z-Laut, als wäre er aus älterem<br />
•dl- entstanden (vgl. z. B. Sdg d l „Stadel"). Mhd.<br />
-el- ist nur mehr mit mhd. -il- lautgleich, nicht<br />
mehr aber mit mhd. -el-; man spricht im Sundergau<br />
entweder dse d ln, dsl d ln oder dsi9 d ln (zählen),<br />
vgl. wi d ld oder xviv d ld (wild). Demgegenüber sagt<br />
man auch im Sundergau mit vokalisiertem l gid<br />
(alt), f$id (Feld), höids (Holz), süid (schuld) usw. —<br />
4. Das Nordbairische geht, wenn man absieht<br />
von der Rundung vor -l-, den normalen Weg.<br />
Man spricht im nordbair. -iv- und -i-Gebiet vor<br />
-l- in Dehnung -ü-, also dsüln (dsüln, dsüln) zum<br />
Unterschied von -ö- in Kürze in hol (Hölle), gwölb<br />
(Gewölbe). Der Böhmerwald und der Bayrische<br />
Wald haben immer noch dieses dsüln, wenngleich<br />
durchaus schon le'i} statt liv'ry oder statt Zi'?}<br />
(legen) herrscht. Sollte etwa diese größere Verbreitung<br />
von dsüln gar einen einstmals weiter nach<br />
Süden reichenden Gebrauch der nordbair. Lautungen<br />
liv'ry oder VCry andeuten ?<br />
g. 1. Die Entwicklung von mhd. -er- läßt drei<br />
große Gruppen erkennen.Die Karte 6 zeigt sie uns<br />
deutlich. Im Bereich <strong>des</strong> erhaltenen -r- (innerhalb<br />
der dicken Linie der Karte) stoßen wir auf die<br />
erste Gruppe, auf bairischem wie auf alemannischem<br />
Boden auf unverändertes -er-; es kann<br />
mancherorts zu -ör- werden, gelegentlich sogar zu<br />
-or- (so am oberbayr. Lechrain; westl. Judenburg;<br />
im Görtschitztal; teilw. im Gurktal; in Zahre;<br />
vor Zahnlauten und -n hört man öa •) im<br />
Lienzer Becken z. B. in voatikx 6 ) „fertig", focSa'n 8 )<br />
„kehren"; -ar- gilt dafür in Einsilbern in Zarz,<br />
-f- ist allgemein in Unterkärnten und in der<br />
Weststeiermark. — 2. In den modernen bairischen<br />
Mundarten besteht die zweite Gruppe; im Mittelbairischen<br />
wird -er- zu -iv- 7 ) und ist eins mit<br />
mhd. -ir-. Schon um 1300 wurde um Wien und<br />
Regensburg mirken, firtig und dergleichen geschrieben.<br />
Heute treffen wir im Westen auf diese<br />
-i-Aussprachen in Altbayern (ohne den Nord- und<br />
Westrand) mit dem oberen Innviertel, dem Flachgau<br />
und dem steirischen Ennstal; im Osten treffen<br />
wir sie im größten Teil von Niederösterreich mit<br />
dem Burgenland, in dem nur noch wenige ei(r)-<br />
•) -ö- ist mittelgaumig, -a- ist ein voller -a-Laut.<br />
7 ) Oberösterr. aber CD, er, ex; s. § 4 g 3.
Reste den früheren Zustand reflektieren, weitere<br />
im steirischen Murtal von Leoben abwärts sowie in<br />
der Oststeiermark; nur das südwestlichste Stück<br />
der Oststeiermark stimmt mit seinem merkwürdigen<br />
-ev- (mevkhvn) zum -ep- aus mhd. -er-<br />
(p$v(g) Berg). Diese -ir-Formen breiten sich<br />
gegen älteres -er- rasch aus. — 3. Der moderne<br />
mittelbair. -io-Raum wird eigenartigerweise durch<br />
Oberösterreich in zwei Teile zersprengt. Oberösterreich<br />
weist mit seinem ev, das mit ex wechselt,<br />
die ältere Entwicklungsstufe auf. Es äußert sich<br />
die starke Konservativität <strong>des</strong> alten Agrarlan<strong>des</strong><br />
Oberösterreich mit seinem selbstbewußten und in<br />
alten Sprachformen oft unwandelbaren Bauerntum<br />
im Vergleich zur modefreudigeren Nachbarschaft.<br />
Wegen seiner erhöhten Widerstandskraft gegen<br />
die mittelbairischen Modernisierungswellen nannten<br />
wir dieses Land auch „die oberösterreichische<br />
Beharrsamkeitsbrücke" (vgl. Einltg. 17). Sie verbindet<br />
nicht selten als richtige Brücke die Altertümlichkeiten<br />
<strong>des</strong> Südbairischen quer durch den<br />
mittelbairischen Raum hindurch mit denen <strong>des</strong><br />
Nordbairischen in <strong>des</strong>sen böhmerwäldlerisch-südböhmischen<br />
Ausläufern. — 4. Wenn das Kärntner<br />
Städtedreieck St. Veit - Klagenfurt - Villach mit<br />
einigen Ausstrahlungen mit -ir- als räumliche<br />
Modernisierungsinsel vor uns steht, so haben wir<br />
gleich wie bei der zentralkämtnerischen e-Mundart<br />
für mhd. e (s. § 3 e 2) eine punktuelle Übertragung<br />
und Überspringung von alten Wiener Modeformen<br />
nach Zentralkärnten vor uns. Immerhin<br />
besteht insoweit ein Unterschied dem mittelbair.<br />
-iv- gegenüber, als zumin<strong>des</strong>t der Norden <strong>des</strong> Kärntner<br />
-ir-Gebietes den Vollumlaut als -\r- trennt von<br />
dem mhd. -ir- als mundartl. -ir-: es steht mirkhn<br />
gegen khirhn. Sonst sind wie gesagt in allen<br />
unseren -ir- (-*o-)Mundarten mhd. -er- und mhd.<br />
-ir- einander gleich geworden (vgl. aber unter g 6).<br />
— 5. Einige altertümliche Rückzugsschollen <strong>des</strong><br />
westlichen -io-Gebietes haben sowohl für mhd. -erals<br />
für mhd. -ir- das merkwürdige -iu-. Die -iu-<br />
Schollen sind auf der Karte schwarz koloriert. Es<br />
sind dies der Samerberg östl. Rosenheim, der<br />
Salzachgau und ganz altertümlich der Tennengau<br />
und die Mattseer Gegend; einige Dörfer um Tölz<br />
(in der Karte nicht eingetragen) und mehrere Orte<br />
in Südböhmen; etwa im Salzachgau miukxV),<br />
qhiuxxVj (Kirche). — 6. Im Osten tritt, ausgenommen<br />
die Umgebung von Wien und von anderen<br />
größeren Städten, an Stelle dieses -iv- der normale<br />
e-Laut, insoweit das folgende -r- früh verändert<br />
worden oder verklungen ist, z. B. in e d l (Erle),<br />
ghe d n (mit dem Besen kehren), be (Beere), hewvr\<br />
(Herberge) neben mivkkv. Vereinzelt hört man<br />
solche e-Lautungen bei alten Leuten in Niederbayern<br />
und teilweise sogar tief bis nach Oberbayern<br />
hinein. Sie tauchen gelegentlich auch im -er-<br />
Gebiet auf, z. B. in der Gaal bei Knittelfeld: eidl,<br />
kheidn, pei, aber mölkhvn (merken). — 7. Seit der<br />
Mitte <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts kommen in den<br />
bairischen Stadtmundarten die -iv- und -ir-<br />
Lautungen langsam als unfein in Verruf und<br />
werden durch hochsprachliches -et»-, -er- ersetzt.<br />
Etwa gebrauchen in Wien jetzt unter den Ältesten<br />
nur noch wenige Leuto das alte mivkki} usw.;<br />
m^vkkiji 13t demnach so gut wie alleinherrschend. —<br />
8. Die mitteldeutsch-ostfränkischen Bauerndialekte<br />
verändern das mhd. -er-in anderer Weise,<br />
obgleich auch sie es meistens mit mhd. -ir- vereinigen;<br />
sie machen es zu -er-. Das ist unsere dritte<br />
Gruppe. Vielerorts schließen sich diesen -fr-Lautungen<br />
die Entsprechungen für mhd. -er- an.<br />
Diese andere Gleichförmigkeit von mhd. -er- mit<br />
mhd. -ir- und -er- reicht als merkt}, gherxry (vgl.<br />
wer ff m) nach Karte 6 bis in den Westen und Norden<br />
§ 4g2—§ 5b1<br />
der Oberpfalz und in Teile <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> herein.<br />
Auch dieses -er- weicht auf bairischem Boden vor<br />
-ir-, -iv- zurück. Übrigens gibt es innerhalb <strong>des</strong><br />
-er-Bereiches oft ein laut- oder silbenkombinatorisch<br />
bedingtes -iv-, ir-: in der nordwestlichen<br />
Oberpfalz und in Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> beobachten<br />
wir z. B. diese -iv-, -ir- neben allgemeinem -grvor<br />
auslautendem und intervokalisch inlautendem<br />
-r- und vor -rn. — 9. In gewissen Wörtern taucht<br />
in der Weststeiermark vor -r+Dental -a- auf,<br />
z. B. in j9(ji)ti (fertig), Md(ß)t (Martin).<br />
h. Über die Behandlung <strong>des</strong> mhd. e vor Nasenlauten<br />
war bereits § 3 n die Rede, <strong>des</strong>gleichen<br />
über jene letzten südbairischen Reliktgebiete,<br />
welche trotz Näselung mhd. -e- und mhd. -ejetzt<br />
noch auseinanderhalten; zum Wandel von<br />
mhd. -en- über -ien- zu mittelbair. -e.vn- s. § 7 e 3.<br />
i. Ungefähr seit 1940 beginnt man in Wien alle<br />
mundartlichen -e- und -e-Laute auf eine Stufe<br />
zu bringen und als offenes § gleich zu sprechen.<br />
Die Altwiener Lautgegensätze zwischen ge'm<br />
(geben), Wry (legen) und b$ d ln (betteln), &n% (Schnee)<br />
oder zwischen ivekn, (wecken) und lekry (lecken)<br />
verwischen sich und werden von den Wienern<br />
unter 35 Jahren gleichartig als g
§ 5bl—c4<br />
und der weiteren Formen s. die Karte 5.-2. Im<br />
Mittelbairischen entlang der Isar-Donaustraße<br />
treffen wir wie bei mhd. e auf den jungen, geschlossenen<br />
Monophthong, auf o (hösn, gsoßßn),<br />
ebenso im Kärntner Städtedreieck St. Veit- Klagenfurt-Villach.<br />
An den Rändern dieses Monophthongierungsgebietes<br />
bleiben auch hier die älteren<br />
Zwielaute, diesmal ou, QU, du, erhalten (s. Karte 5<br />
und § 4 b 2); <strong>des</strong>gleichen finden wir wieder Zwielaute<br />
in einigen alten Außengründungen <strong>des</strong> Südund<br />
Mittelbairischen. Wie bei mhd. e gehen dabei<br />
die Zwielaut-Mundarten im Westen andere Wege<br />
als im Osten, indem im Westen wieder nur die<br />
gedehnten ö diphthongiert sind und z. B. im<br />
Pustertal honse (Teile <strong>des</strong> Puster- und Eisacktales<br />
haben heose) gegen ksosn steht, während im<br />
Osten je<strong>des</strong> o ohne Rücksicht auf seine Dauer der<br />
Diphthongierung anheimfällt, z. B. im Burgenland<br />
häuzn wie ksäußßn. In einem Teil <strong>des</strong> mittleren<br />
Burgenlan<strong>des</strong> hört man fu, in einigen Orten,<br />
z. B. in Rattersdorf, sogar q mit neuer Monophthongierung<br />
aus fw. Dasselbe f tritt uns in bestimmten<br />
Verbindungen auch in Kais (Osttirol) entgegen. —<br />
3. Nhd. gedehntes ö erscheint wie e im Mitteldeutschen,<br />
Ostfränkischen und im Norden und<br />
Osten <strong>des</strong> Nordbairischen bald als fallender Zwielaut<br />
(üv), bald als vereinfachter Monophthong<br />
(ü), während kurz gebliebenes o ungestört als<br />
o-Laut fortbesteht, also nordbair. hümn oder hüsn<br />
gegen gsoßßn. Damit ist in kurzen Strichen die<br />
allgemeine Entwicklung <strong>des</strong> mhd. o in seiner<br />
Parallelität zu mhd. e gekennzeichnet.<br />
c. 1. Dazu kommt bei mhd. o als altem „Hintergaumenlaut"<br />
eine Besonderheit, die bei den<br />
Vordergaumenlauten, z. B. bei mhd. e, i, i, ie,<br />
keine Rolle spielt, nämlich die einstmalige Neigung<br />
dieser Hintergaumenlaute mhd. o, u, ü, uo zu<br />
mittelgaumiger (palatovelarer) Aussprache. Das<br />
ö im ötztalerischen h$za, ksößßn oder im gottscheeischen<br />
h$zd, gdsößßn ist akustisch dem bühnendeutschen<br />
ö in Böden, Röcke ähnlich, es entbehrt<br />
jedoch der Rundung und klingt nur wie ein Umlaut,<br />
weil es am mittleren Gaumen, zwischen e und o,<br />
gebildet wird. Diese mittelgaumigen ö- und ü-<br />
Lauto gab es im 13. Jh. im Gesamtbairischen. Sie<br />
spielen im Bairischen älterer Prägung eine derart<br />
große Rolle, daß wir uns mit ihnen unbedingt<br />
auseinandersetzen müssen, zumal sie im Fachschrifttum<br />
gerne wortlos übergangen werden. Seitdem<br />
die alten gerundeten Umlaute mhd. ö, ü, 6, ü<br />
und üe zu mundartlichen e, i, f, ai (über älteres<br />
aü aus ti) und id entrundet worden waren, was<br />
eben im 13. Jh. geschah, war der akustische Platz<br />
der gerundeten oder mittelgaumigen Vokale unbesetzt<br />
und frei. Es konnten die Hintergaumenlaute<br />
mhd. o, u, 6, ü (mundartlich au) und uo<br />
leicht eine den alten gerundeten Umlauten verwandte<br />
Vokalfärbung annehmen. Diese Mittelgaumigkeit<br />
ist im Bairischen in der Tat eingetreten.<br />
Sie ist daher gerade in altertümlichen<br />
bairischen Mundarten nachweisbar, so in den<br />
jüngeren südbairischen Sprachinselmundarten, in<br />
Pladen, Zahre und Gottschee, ferner in allen<br />
Tiroler und in etlichen Kärntner Hochtalmundarten,<br />
im ötz-, Sill-, Zillertal, im Iselgebiet mit<br />
dem Lienzer Becken, im Moll- und Oberdrautal<br />
und bei ganz alten Leuton auch im Gailtal sowie<br />
in den abseitigen Seitengräben <strong>des</strong> Pustertales,<br />
im Eisack- und im Passeiertal; ferner in einigen<br />
abgesprengten Restinseln, so im Ultental mit der<br />
sogenannten Deutschgegend südlich Meran, in der<br />
Ortschaft Stanzach im tirol. Lechtal und weit<br />
davon entfernt im größeren Teil der Mittelstoiermark<br />
mit Teilen <strong>des</strong> südlichsten Burgenlan<strong>des</strong> bis<br />
an die untere Strem. In der Mittelsteiermark hat<br />
36<br />
sich ausnahmsweise sogar Q aus gedehntem mhd. a<br />
und aus mhd. d angeschlossen (s. § 1 d 5). Man<br />
sagt z. B. in Prosdorf südöstl. Graz hQüzn, gsQüßßn,<br />
StÜÜ'm (Stube), häöds (Haus), hödx 3 ) (hoch),<br />
dodff 3 ) (Dorf), müddv 3 ) (Mutter) und ebenso<br />
pl§zn (blasen), hQzn (Hasen); nur Q aus kurz gebliebenem<br />
mhd. a, QV aus mhd. -ar- und aus mhd.<br />
ei sowie -ql- und -ul- aus mhd.-al-, -ol- und -ulbewahren<br />
den hintergaumigen Charakter, z. B.<br />
in mqxxpn (machen), SQvff 3 ) (scharf), prgvd 3 )<br />
(breit), old (alt), hultß (Holz), suld (schuld). -<br />
2. Wie stark abhängig die Entstehung dieser<br />
Mittelgaumenlaute von der Umlautentrundung war,<br />
das sieht man am schönsten in den südalemannischen<br />
Mundarten der Schweiz und Vorarlbergs:<br />
hier haben wir im Hoch- und teilw. im Mittel- sowie<br />
im Niederalemannischen vorwiegend entrundende<br />
Mundarten, im Mittelalemannischen und in Vorarlberg<br />
aber hauptsächlich Mundarten mit den<br />
alten gerundeten Umlauten. Dort nun, wo die<br />
Rundung erhalten ist, fehlen stets die neuen<br />
Mittelgaumenlaute, es heißt z. B. im sing, hüdt<br />
(mhd. huot) mit unverändertem -ud-, weil es im<br />
plur. hüdt (mhd. hüete) auch mit unverändertem<br />
üd lautet. Wo aber die Entrundung eingetreten ist,<br />
tauchen automatisch auch die neuen Mittelgaumenlaute<br />
auf, also nunmehr im sing, hüdt (mhd. huot),<br />
weil im plur. schon hldt (mhd. hüete) mit Entrundung<br />
steht. Die dritte Möglichkeit, sing, hüdt<br />
und plur. hüdt, fehlt der vielen Mißverständnisse<br />
wegen, die dann entstehen würden; aber auch die<br />
vierte Möglichkeit, sing, hüdt und plur. hidt, fehlt<br />
den schweizerischen und vorarlbergischen Bauernmundarten,<br />
soweit ich die Verhältnisse überschauen<br />
kann, so gut wie ganz. Aus diesen urtümlichen<br />
Verhältnissen <strong>des</strong> Alemannischen mit seiner allgemeinen<br />
Altertümlichkeit im Selbstlautstand dürfen<br />
wir wie so oft Schlüsse ziehen auf die älteren<br />
Verhältnisse im Bairischen. — 3. Die einzige<br />
bairische Mundart mit gerundeten Umlauten, das<br />
Zimbrische, ist folgerichtig gleichzeitig die einzige<br />
bairische Mundart beharrsamster Prägung, welche<br />
keine Mittelgaumenlaute besitzt. Analog dem<br />
Mittelalemannischen heißt es daher auch im Zimbrischen<br />
der Sieben Gemeinden im sing, hüt und im<br />
plur. hüte mit der alten Umlautrundung und<br />
infolge<strong>des</strong>sen mit ungestörtem Hintergaumenlaut<br />
*). Die übrigen beharrsamen Mundarten <strong>des</strong><br />
Bairischen haben gleichzeitig die Entrundung und<br />
die Mittelgaumenlaute, im ötztal sing, hüdt, plur.<br />
hldte, in Gottschee sing, hüdt, plur. hidtd, in Prosdorf<br />
b. Graz sing, hüdd, plur. Mdd. Danach dürfen<br />
wir für die ältere Zeit ein Gesetz fürs Alemannische<br />
wie fürs Bairische mit Bestimmtheit, ein zweites<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit ableiten: Erstens:<br />
Solange die echten Umlaute nicht entrundet sind,<br />
können keine Mittelgaumenvokale aufkommen.<br />
Zweitens: War die Entrundung vollzogen, so<br />
bildeten sich sofort die Mittelgaumenlaute. —<br />
4. Man könnte das zweite Gesetz bezweifeln, weil<br />
es heute längst nicht mehr in Kraft ist. In<strong>des</strong>sen<br />
hat es gerade in den verkehrsabgeschlossensten<br />
3 ) Einer Eigentümlichkeit <strong>des</strong> Mittelsteirischen<br />
folgend, klingen diese fallenden Zwielaute fast wie<br />
Triphthonge, öüa, goo usw.<br />
4 ) Die Sprachinseln Zarz, Deutschruth und<br />
Fersental wären scheinbare Ausnahmen mit Entrundung<br />
und trotzdem ohne Mittelgaumenvokal<br />
(sing, hüdt, plur. hidt(e)); in<strong>des</strong>sen kann man im<br />
Spiegel der Ortsnamen beweisen, daß in diesen<br />
Inseln die Umlautentrundung erst nachträglich<br />
auf eigene Faust durchgeführt worden ist und<br />
Umlautrundung zur Besiedlungszeit noch in vollem<br />
Umfang da gewesen war.
und daher konservativsten Sprachlandschaften, in<br />
den Hochgebirgstälern und den Außengründungen<br />
sowohl bairischer- wie alemannischerseits volle<br />
Gültigkeit. Ist das richtig, so drängt sich als<br />
Schlußfolgerung die einstige Verbreitung der<br />
Mittelgaumenvokale übers Gesamtbairische (und<br />
zum Teil übers Alemannische) von selbst auf. — 5.<br />
Hinsichtlich <strong>des</strong> Schwäbischen fehlt es mir an erforderlichen<br />
dialektgeographischen Kriterien, fürs<br />
Bairische läßt sich aber auf Umwegen ausreichen<strong>des</strong><br />
Beweisgut für beide Gesetze mit Rückständen<br />
aus verschiedensten Landschaften beibringen. In<br />
diesem Sinne dürfen wir verstehen: Die weite Verbreitung<br />
<strong>des</strong> mittelzungigen gu 5 ) aus mhd. 6 im<br />
westl. Mittelbairischen (s. § 11 a 4) sowie die<br />
altniederösterreichische Unterscheidung zwischen<br />
ä aus mhd. 6 gegenüber g, g aus mhd. ä, a (s.<br />
§ 11 a 8), die nur möglich ist über ein älteres *$ 5 )<br />
aus mhd. 6; die heute nur streuweise, einstmals<br />
jedoch in einem gewaltigen Gebiet nachweisbare<br />
Lautung ui aus mhd. uo, die ein älteres, mittelzungiges<br />
*üe voraussetzt (s. § 18 a 1); wenn wir<br />
wollen, auch die Unterinnviertier und Mittelsteirer<br />
g 5 ) für mhd. d und a (s. § 1 m 1). Somit<br />
fehlen uns sichere Anhaltspunkte für solche alte<br />
Mittelgaumenvokale (zufällig?) nur noch auf<br />
nordbairischem Boden. — 5 a. Die Umlautentrundung<br />
ging im 13. Jh. vor sich, im Mittelbairischen<br />
nach Ausweis der Urkunden in der ersten,<br />
im Nord- und Südbairischen seit der zweiten<br />
Hälfte. Damals werden also auch unsere Mittelgaumenlaute<br />
entstanden sein. Daher tauchen in<br />
der Urkundensprache bereits um 1300 die Folgen<br />
der Mittelgaumigkeit, ou-Schreibungen für mhd.<br />
6 (s. § 11 a 4) und m-Schreibungen für mhd. uo,<br />
in den Schriften auf. — 6. Allerdings hat sich<br />
früh eine Abneigung gegen diese merkwürdigen<br />
Laute entwickelt; warum, das wissen wir nicht<br />
genau. Am ehesten kam diese Opposition gegen<br />
die Mittelgaumenlaute aus Westmitteldeutschland.<br />
Wenn die mittelbairischen Sprachinseln keine<br />
Mittelgaumenvokale mehr besitzen, sie aber die<br />
späteren südbairischen Außengründungen noch<br />
vorweisen, so ist die Divergenz am ehesten aus<br />
dieser neuen Gegenbewegung von Norden nach<br />
Süden aufzufassen. Heute fehlen diese alten<br />
Mittelgaumenlaute schon in allen verkehrsreicheren<br />
Landschaften <strong>des</strong> Bairischen. — 7. Anders zu<br />
beurteilen ist Mittelgaumigkeit als Folge der<br />
fortgeschrittenen Diphthongierung von mhd. o zu<br />
ou, gu, du usw. Unsere Karte 5 markiert diese<br />
Zwielautgebiete durch waagrechte Schraffur, die<br />
Mittelgaumigkeit der ersten Zwielautkomponente<br />
durch senkrechte Schraffur, die allgemeinen Mittelgaumenlaute<br />
überdies durch schräge Schraffur.<br />
Denn in Oberkärnten, in den Tiroler Hochtälern,<br />
in etlichen südbair. Sprachinseln sowie in der<br />
Mittelsteiermark mit dem südlichsten Burgenland<br />
werden auch ü, Ü9, aö mittelgaumig ausgesprochen,<br />
um Brunn und Wischau, in Südmähren und Südböhmen<br />
und am Lechrain aber nicht. Überdies<br />
stoßen wir bei hduzn usw. auch in Unterfranken<br />
auf Mittelgaumigkeit, in einer Gegend, der die<br />
Mittelgaumenlauto sonst fehlen, weil noch die<br />
alte Umlautrundung fortbesteht; also um Würzburg<br />
häözte (Häuschen), demin. zu häos, oder hüdd,<br />
plur. zu hü9d.<br />
d. 1. Die Karte 7 gewährt uns Einblick in die<br />
Behandlung der Lautfolge mhd. -ol- z. B. im Worto<br />
Holz, also unter Einsilberdehnung. 6 ). Hier ist die<br />
6 ) Ein mittelgaumiger Selbstlaut.<br />
•) Im Südbairischen gibt es in Einsilbern wie<br />
Holz keine Dehnung, sondern nur mehr Selbstlautkürzo.<br />
§ 5 c 4—e3<br />
Parallelität zu mhd. -eZ- streckenweise gestört. Die<br />
dicke Linie deutet die mitt elbairische Vokalisierung<br />
<strong>des</strong> -Z-Lautes und daher die Lautungen höids, hoitß<br />
an, und zwar mit dem o-Laut. Älter ist im Mittelbairischen<br />
u gewesen; ähnlich wie sich das moderne<br />
mittelbair. o-Gebiet für mhd. o (Karte 5) wegen<br />
seiner Einrandung mit ow-Relikten als alter Zwielautbereich<br />
erweist, gelten auch diesmal die -ul-<br />
Ränder gemeinsam mit urkundlichen -wZ-Schreibungen<br />
aus dem heutigen -oi-Gebiet als Beweis<br />
für die einstige Vorherrschaft <strong>des</strong> -ul- im Mittelbairischen;<br />
so besteht -ul- im Norden <strong>des</strong> westlichen<br />
Südmährens und in Südböhmen mit dem<br />
südlichen Böhmerwald weiter; ebenso im Westen<br />
am nördlichsten oberbayr. Lechrain, dem sogenannten<br />
Staudengebiet; in der Grafschaft Werdenfels,<br />
der Gegend um Garmisch und Mittenwald;<br />
in der Mittelsteiermark und in Unterkärnten; von<br />
ihnen aus drängt im obersteirischen Murgebiet<br />
vielfach erst vor unseren Augen -ul- noch älteres -olzurück,<br />
<strong>des</strong>gleichen im mittelsteirischen Murgebiet,<br />
und im Oberlavanttal ersetzt das vordringende<br />
-ul- älteres-owZ-. Dabei bleibt es sich stets gleichgültig,<br />
ob o gedehnt ist oder nicht. — 2. Vereinzelt<br />
ist altes -ol- zu gerundetem -öl- (oder öü)<br />
verwandelt worden, so in Oberbayern am Lechrain,<br />
um den Kochelsee und in Kärnten im Maltatal;<br />
über den analogen Wandel von mdal. -gl- zu gls.<br />
§ 1 i 1. — 3. Der größte Teil <strong>des</strong> östlichen Ostfränkischen<br />
hat -ül-, hier allerdings nur mehr<br />
unter Dehnung. Das gleiche gilt im Nordbairischen.<br />
Es heißt hülds (nom.), gsdüln (gestohlen)<br />
usw., es heißt aber der alten Kürzo wegen wöl<br />
(Wolle), jölti (folgen), holtß (Holz, dat.) 7 ).<br />
e. 1. Weniger übersichtlich ist die Entwicklung<br />
von mhd. o vor folgendem Nasenlaut. Nur ein<br />
paar Wörter besitzen diese Lautfolge, so davon,<br />
Lon (Wagenlünse), Gewonheit, Donner, donnern,<br />
genommen; fast je<strong>des</strong> geht einen anderen Weg.<br />
Die Fülle der Varianten darzustellen würdo zu<br />
weit gehen, darüber geben uns die entsprechenden<br />
Wörterbuchartikel Auskunft; immerhin lassen<br />
sich einige Richtlinien angeben. —; 2. Sehr konservative<br />
Mundarten unterscheiden noch jetzt lautlich<br />
zwischen mhd. -on- und mhd. -an-, Stellen<br />
wir donnern und wandern einander gegenüber, so<br />
differenziert man in den südbairischen Sprachinseln,<br />
z. B. in den Sieben Gemeinden tpndorn und<br />
wanddrn, in Zarz Ipndrn und wgndrn, in Gottschee<br />
tijnddrn und bgnddrn (wandern), im Otz-, Obersill-,<br />
Obereisack-, Passeier-, Ahm- und Isel- sowie im<br />
Lesachtal tgnddrn oder tonddrn und wgmtern oder<br />
ähnlich. Sonst besteht auf bairischem Boden die<br />
bereits § 1 n 1 angeführte Einheitlichkeit von mhd.<br />
-a- und -o- vor Nasenlauten. — 3. Unter Dehnung<br />
entsteht in der Mitte und im Osten von Nord- und<br />
Südtirol -u-; vereinzelt reicht dieses -u- weiter<br />
nach Osten als ü aus mhd. « und aus (nhd. gedehntem)<br />
o vor Nasenlaut, z. B. in jün (Fahne)<br />
usw. Lü n , lun, lünigsr (Lünse) trifft man noch in<br />
Mittelkärnten, im Lungnu und sogar noch um<br />
Murau an der obersteirischen Mur; in Kärnten<br />
stehen als echtes Bauernwort tgndr (Donner) und<br />
als (mutmaßlich) hochsprachliche Entlehnung<br />
tundr (gutmütige Schelto für eino ungeschlachte<br />
Mannsperson) nebeneinander, und fast in ganz<br />
Österreich, ausgenommen Tirol und Oberöstorreich,<br />
ist genummen mehr städtisch, genommen<br />
mehr dörflich-bäuerlich.<br />
7 ) Ganz vereinzelt hört man im nom. auch<br />
hüvlds. — Nordbair. wulh} (Wolke) mit seinem -uist<br />
eine Ausnahme, denn es wäre wölk?} mit -ozu<br />
erwarten.<br />
37
§ 5fl—<br />
f. 1. Vor -h- ist der erwähnte Übergang von<br />
mhd. o zu mhd. 6 nachweisbar. Schon im 13. Jh.<br />
wird im Mittelbairischen urkundlich öchse (Ochse)<br />
für mhd. ohse geschrieben, <strong>des</strong>gleichen im Nordund<br />
östlichen Südbairischen töchter für mhd.<br />
tohter, mit jenem -6-, das man damals sonst in der<br />
Regel für mhd. 6 einsetzte, also in röt, östern usw.<br />
aus mhd. röt, östern. Nur das Tirolisehe behandelt<br />
toxter, okß wie je<strong>des</strong> andere -o-. Im übrigen reicht<br />
die Sonderentwicklung in Tochter weiter als in<br />
Ochse und hat sogar auf Tiroler Boden den Osten<br />
<strong>des</strong> Unterinngebietes, das Iseltal und das Lienzer<br />
Becken erobert; im Wort Ochse existiert sie nur<br />
im engeren Mittelbairischen und auch da ist sie im<br />
Westen und Süden von Oberbayern nicht durchgedrungen.<br />
In Ochse tritt uns im bäuerlichen<br />
Mittelbairischen überall die Lautentsprechung für<br />
mhd. ö entgegen, etwa gukß wie rg'ud, gukß wie<br />
hrgud, gikß wie rQid (aus mhd. röt), egkß wie regd,<br />
gkß wie rgd, äkß wie räd (zu diesen Lautungen für<br />
mhd. ö s. § 11 a und Karte 10). — 2. Bei Tochter<br />
ist die Lautgleichheit mit mhd. ö als solche jetzt<br />
räumlich eingeengter; wir treffen sie teilweise in<br />
Niederbayern (dQUxtv), in Oberösterreich (dguxtv,<br />
dgixtv, d$Qxtv, dQxtv), in Südböhmen (dgixtv),<br />
in Niederösterreich mit Südmähren und dem<br />
Burgenland (dgxtv, däxtv), ferner um Iglau<br />
(touxtvr) und im Südosten <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> (dQUxtv)<br />
sowie streuweise im südlichen und fast durchaus<br />
im westlichen Kärnten mit Osttirol und der<br />
Sprachinsel Tischlwang (tgvxtdr). Sonst drang<br />
überall eine sekundäre Kürzung von QU und QV<br />
zu Q durch, als läge ein altes *Tachter mit mhd.<br />
-a- vor. Tatsächlich wird seit dem 14. Jh. im<br />
jetzigen tgxter-Gehivt urkundlich gelegentlich Tochter<br />
geschrieben. Diese Form beherrscht das Nordbairische<br />
und den Westen <strong>des</strong> Mittelbairischen<br />
sowie fast die ganzen Bun<strong>des</strong>länder Kärnten,<br />
Steiermark und Salzburg.<br />
g. 1. Unübersichtlich sind auf den ersten Blick<br />
wieder die Verhältnisse vor folgendem r. Beschränken<br />
wir uns vorerst auf mhd. -or- vor<br />
Lippen- und Gaumenlauten, treffen wir also die<br />
gleiche Ordnung wie bei mhd. -er- und -ar-. Wir<br />
wählen als Kennwort Dorf aus; seine Lautverhältnisse<br />
stellt die Karte 8 dar. Sie zeigen uns in<br />
groben Zügen drei Entwicklungswege. Die konservativsten<br />
Gebiete behandeln als ersten Weg<br />
dieses -or- gleich wie je<strong>des</strong> mhd. o und sagen<br />
dorff (dorff, dörff s )); so in den südbair. Sprachinseln<br />
(ohne Gottschee und Tischlwang), in Südtirol<br />
mit dem Kärntner Lesachtal, dem Innsbrucker<br />
Becken und dem Silltal auf Nordtiroler Boden.<br />
Auch das Münchenerische und mit ihm viele<br />
Stadtmundarten Altbayerns haben dorff usw. Das<br />
erinnert irgendwie an die Raumverhältnisse bei<br />
mhd. -oh-. — 2. Auch der zweite und der dritte<br />
Weg erinnern an das -oh- in Tochter. Mhd. -orhat<br />
gleich wie -oh- sein mhd. o stark gedehnt und<br />
es zunächst mit mhd. 6 zusammenfallen lassen.<br />
Auch hier stoßen wir, Südtirol ausgenommen, im<br />
13. Jh. auf -d-Schreibungen und außerhalb Tirols<br />
im 14. Jh. auf a-Schreibungen, etwa in dörf, darf.<br />
Dementsprechend haben außer dem -or-Bereich<br />
altertümliche Mundarten dieselben Lautungen wie<br />
für mhd. ö. Daher in Nordwesttirol dgvrff wie<br />
rgvt (rot), ebenso im Zillertal, im größten Teil<br />
der Sprachinsel Gottschee sowie in Tischlwang;<br />
in einem Teil <strong>des</strong> tirolischen Unterinngebietes, im<br />
oberen tirolischen Lechtal und im Westen der<br />
Gottscheer Insel duvrf wie ruvt. In der Mittel-<br />
38<br />
8 ) ö ist mittelgaumig.<br />
Steiermark tritt döa/ (wie rodt Sa ), um Radkersburg<br />
düdf (wie rüdt 8 a) ein. Gleiche Übereinstimmungen<br />
entdecken wir in Oberösterreich: degf (wie regd),<br />
dgif (wie rgid), dguf (wie hrqud) 9 ). Zur Verbreitung<br />
vergleiche man stets die Karte 8 10 ). — 3. Noch<br />
einmal wie in Tochter tritt als dritter Weg nachträglich<br />
Verkürzung der Entsprechungen für mhd.<br />
-or- ein, so daß -gr- herauskommt; es klingt dann<br />
großenteils gleich wie das -gr- aus mhd. -ar- (vgl.<br />
§ 1 g, h); unsere Karte hebt diejenigen Gebiete,<br />
in welchen die beiden Lautfolgen noch unterschieden<br />
werden, eigens hervor. Zu bemerken ist<br />
besonders, daß in der allerältesten niederösterreichischen<br />
Sprechweise einiger Landschaften noch<br />
ein feiner Unterschied zwischen gv aus -or- und<br />
ov aus -ar- gemacht wird, wir kennen jedoch <strong>des</strong>sen<br />
Verbreitung einstweilen noch zu wenig genau, um<br />
feste Grenzen ziehen zu können. Auch im Süden<br />
und Westen von Oberbayern wird -är-, dvr aus<br />
mhd. -or- reinlich von -gr- aus mhd. -ar- unterschieden,<br />
zumin<strong>des</strong>t bei den alten Leuten (s.<br />
§ 1 h). — 4. Aussprachen wie dar ff hört man,<br />
deutlich getrennt von Sgrff (mhd. scharf), im ötztal,<br />
im Lavanttal und in Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>;<br />
gleich wie in iarf am Millstättersee und in der<br />
Weststeiermark. — 5. Im Egerland gibt es für<br />
mhd. -or- daneben (meistens nur in mhd. Einsilbern)<br />
-ur-, -uv-; -ur-, -uv- ist ferner ein Merkmal<br />
der österreichischen Stadtdialekte; z. B. duvf in<br />
Wien, dudrf in Klagenfurt (aber dorff in Innsbruck<br />
und München). Aus dem Wienerischen entlehnt<br />
sind daher gemeinbair. Furm (Form, Benehmen),<br />
Turten (Torte) und in großen Teilen von Österreich<br />
fürt (fort), durt (dort). Sie beruhen letzten En<strong>des</strong><br />
auf Verschriftsprachlichungen nach Altwiener<br />
Leselautgesetzen. Echt bäuerliches uv für mhd.<br />
-or- begegnet uns im Flachgau, in Teilen <strong>des</strong><br />
Salzachgaues sogar -ui-. — 6. Im Bereich der<br />
Vokalisierung <strong>des</strong> -r- zu -o- (s. Karte) wird dieses<br />
-gr- regelrecht zu gv, so in Niederösterreich, im<br />
Burgenland, in der Steiermark (ohne den Westen)<br />
östlich der „oberösterreichischen Beharrsamkeitsbrücke",<br />
in Niederbayern mit Teilen von Oberbayern<br />
und in der Oberpfalz mit dem Westrand<br />
<strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> westlich dieser „Brücke". — 7. g<br />
(dgf) hört man im weststeirischen Sulm- und<br />
Saggautal und (alt) teilw. im Innviertel, im niederbayrischen<br />
Rottal, däf nördl. Ingolstadt in Oberbayern.<br />
— 8. Eigenartige Verhältnisse gibt es im<br />
altertümlichsten Egerländischen. Der einsilbige<br />
nom. heißt zwar dgvf, düvf, der im Mhd. mehrsilbige<br />
dat. aber dgrff oder dar ff; ebenso heißt<br />
es (alt) gSdärm (gestorben). Doch vermengen sich<br />
diese Formen miteinander und erzeugen landschaftlich<br />
verschiedenen Ausgleich. — 9. Das mhd.<br />
-or- im Auslaut, vor Vokal und vor Zahnlaut in<br />
Tor, verloren, Korn, Ort schlägt großenteils eine<br />
andere Entwicklung ein. Es schließt sich in einem<br />
viel größeren Raum an mhd. ö an als -or- vor<br />
Lippen- und Gaumenlauten. Die normale Entwicklung<br />
von mhd. o gibt es hier nur mehr in<br />
Südtirol mit dem Lesachtal und mit den älteren<br />
südbairischen Sprachinseln (tör, frlörn, kxörn, ört<br />
u. ä.). Sonst fällt es wie gesagt mit 6 zusammen:<br />
8 a) ö, ü sind mittelgaumig, die fallenden Zwielaute<br />
neigen in der Mittelsteiermark zu Triphthongen<br />
(s. § 5 c 1, Fußn. 3).<br />
9 ) Vor Sproßvokalen unterbleibt in Oberösterreich<br />
der Wandel zu -ör-; es heißt z. B. degf, aber<br />
mgre'ry (morgen), örigö (Orgel).<br />
10 ) Nach gewissen Restformen zu schließen, galt<br />
dieses -QU- einstmals bis ins westliche Niederbayern.<br />
Dort heißt es zwar dgvff (Dorf), aber<br />
Dguffv (Dorfen) als Ortsname.
in Niederösterreich und in der Oststeiermark z. B.<br />
als ghg'n, ghä'n (röd, räd), in Oberösterreich als<br />
ghetfn, ghoi'n, in Nord- und Osttirol und in Oberkärnten<br />
als kxQvrn (rqvt), im Unterinnviertel und<br />
wieder in der Mitte von Oberbayern und am Südrand<br />
von Niederbayern als ghgu'n u ) (rg'ud), im<br />
östlichen Oberbayern als ghgutfn u ) (rg'ud) und<br />
im Westen von Oberbayern wieder als ghgn'n,<br />
ghgvrn, ghgvrn (rgvd). — 10. In Unterkärnten, in<br />
Obersteiermark und Salzburg (ohne Flachgau)<br />
gilt allerdings g (ghg'n, khgdn, dagegen rgiod,<br />
hrQud), das nicht mehr zu mhd. 6 stimmt, sondern<br />
eher zu mhd. a dazupaßt. — 11. Das Nordbairische<br />
trennt mhd. Länge und Kürze hier wie auch<br />
sonst immer streng. Es heißt z. B. ghöv'n (ghün'n)<br />
gegen ouv'n (Ohren).<br />
h. Schon imFrühahd. tritt Tonerhöhung <strong>des</strong> -o- vor<br />
folgendem *', /, u, w zu -u- und ebenso <strong>des</strong> -e- zu<br />
-i- ein. So stehen sich in verwandten Wörtern<br />
lautgesetzlich *wullen (aus Wolle) 12 ) aus ahd.<br />
wullin und Wolle aus ahd. wolla, *ruggen (aus<br />
Roggenmehl) 12 ) aus ahd. ruggin und Roggen aus<br />
ahd. roggo gegenüber, ebenso Hideren (aus Leder)<br />
aus ahd. lidirin und Leder 12 ), *girsten (aus Gerstenmehl)<br />
aus ahd. girstin und Gerste 12 ). Im<br />
Westpustertal heißt bei alten Leuten noch jetzt<br />
der sing, troppfn, der plur. aber truppfn aus ahd.<br />
tropfo bzw. trwpfun. Auf Paradigmenausgleich bald<br />
nach dieser, bald nach jener Richtung beruht<br />
daher das bair. Schwanken zwischen Tropfen und<br />
Trupfen (Tropfen), zwischen Poschen und Puschen<br />
(Busch, Blumenstrauß). Auch das bisher umstrittene<br />
bair. Pire (Birne), ahd. pira, wird wohl<br />
aus älterem ahd. *pera sing, und pirün plur. infolge<br />
Durchdringens <strong>des</strong> Plural-Vokals zu erklären sein.<br />
§ 6. Mhd. ö<br />
Übersicht: a. Entrundung der Umlaute. —<br />
b. Lautgesetzliches und analoges ö. — c. Mhd. -ör-.<br />
a. 1. Mhd. ö, das dritte und letzte Glied unserer<br />
ersten Parallelreihe mhd. e, o und ö, ist seit alter<br />
Zeit gekennzeichnet durch seine Umlautrundung.<br />
Wie wir beim ersten richtigen Hintergaumenvokal<br />
<strong>des</strong> Mhd., beim mhd. o, den markanten Wesenszug<br />
sämtlicher mhd. Hintergaumenvokale, ihre spätmhd.<br />
Neigung zu Mittelgaumenlauten, zusammenfassend<br />
betrachtet haben, so wollen wir auch beim<br />
mhd. ö als erstem uns begegnendem gerundetem<br />
Umlaut der älteren Sprachperiode die wesentliche<br />
lauthistorisch-lautgeographische Seite aller alten<br />
Umlaute, von mhd. ö, ü, 6, ü, iü, üe und öü, hier<br />
zusammenfassen; das ist ihre Entrundung zu<br />
Vordergaumenvokalen. Dabei sprang allerdings<br />
mhd. öü infolge seiner frühen Monophthongierung<br />
zu ä (s. § 22 a) vielleicht aus der Reihe der Umlaute<br />
noch vor der Entrundung aus, und mhd. iü,<br />
der Umlaut zu ahd. iu, fiel schon im Spätalthochdeutschen<br />
ganz zusammen mit ahd. ü, dem Umlaut<br />
von ü (s. § 15 1). Wir haben schon § 5 c 1 und<br />
Einltg. 40 über diese Umlautentrundung erfahren,<br />
daß sie im 13. Jh. ohne Widerstand vor sich gegangen<br />
ist. Im 13. Jh. wurden im bairischen<br />
Binnenland mhd. ö zu e und mhd. ü, 6, aü (aus<br />
iü und Ü) und üe zu i, f, ai und iz entrundet. Die<br />
alten Sprachinseln vermochten den älteren Stand<br />
noch einige Zeit hindurch festzuhalten; sie bewahrten<br />
ihn, weil zur Zeit ihrer Gründung auch in<br />
der Heimat, im Binnenland, noch keine Entrundung<br />
da gewesen war. Unter ihnen haben allerdings<br />
u ) -q- ist mittelgaumig.<br />
12 ) In Rückzugslandschaften, z. B. im Pustertal,<br />
umla, rukka, lidra, girSta; in den Verkehrslandschaften<br />
gelten dafür die Ausgleichsformen *wollen,<br />
*roggen, *lederen, *gersten.<br />
§ 5 g 9—§ 6 b<br />
Zarz, Deutschruth, das Fersental und Gottschee<br />
sowie die Umgebung von Brunn, Wischau und<br />
Iglau die Entrundung aber doch nachträglich auf<br />
eigene Faust durchgeführt. Nur das Zimbrische,<br />
das ist die Mundart in den Sieben und Dreizehn<br />
Gemeinden, in Luserna, Lavarone und Folgaria,<br />
hat tatsächlich die alten gerundeten Umlaute rein<br />
oder wenig gestört beibehalten, und zwar unter<br />
anderem gewiß <strong>des</strong>halb, weil bis vor wenigen<br />
Jahrhunderten auch die umliegenden welschen<br />
Mundarten in lombardisch-ladinischer Weise ö- und<br />
tt-Laute besaßen; daher z. B. in den Sieben Gemeinden<br />
rgkxxß (Röcke), im Stammvokal deutlich<br />
unterschieden von ix wekxx& (ich wecke), hütten<br />
(Hütten, plur.) gegen pitten (bitten), rotor (röter,<br />
Komparat.) gegen P$ter (Peter), läute (Leute) gegen<br />
ix raite (ich reite), grüßßen (grüßen) gegen äißßen<br />
(schießen) oder in Luserna rökx gegen \ wekx,<br />
hüttn gegen pittn, rg'vtvr gegen P§vtvr, laut gegen<br />
i rait, grüvzvn gegen äivzvn. Im Binnenbairischen<br />
gibt es diese Unterschiede seit sieben Jahrhunderten<br />
nicht mehr. Es können z. B. um Klagenfurt<br />
rekx und i wekx, hittn und pittn, rgvtr und Pevtr,<br />
i rait und lait, gridsn und iiasn seit 1300 untereinander<br />
rein gereimt werden. — 2. Sonst fehlt<br />
diese Umlautentrundung auf oberdeutschem Gebiet<br />
nur noch in zwei außerbairischen Gebieten,<br />
nämlich z. T. im Hoch- und Mittelalemannischen<br />
sowie in der Westhälfte <strong>des</strong> Ostfränkischen. —<br />
3. Es sind also im allgemeinen die Entrundungsprodukte<br />
zusammengefallen mit den alten Vordergaumenlauten;<br />
aber nicht überall. Wir werden<br />
§ 12 4 und § 15 4 sehen, wie sich mhd. 6 ausnahmsweise<br />
in zwei Landschaften, im Sundergau<br />
südl. von München als oi und im Bayrischen Wald<br />
als §i, abhebt von f aus mhd. e und wie sich in<br />
Teilen <strong>des</strong> Tiroler Unterinngebietes mit dem<br />
Zillertal mhd. u und iü als qi abheben von ai aus<br />
mhd. i. In<strong>des</strong>sen sind derartige Differenzierungen<br />
auf bairischem Boden seltene Ausnahmen. Weiteres<br />
über die Umlaute s. auch § 23. — 4. Durch seine<br />
Entrundung ist mhd. ö derart gründlich mit mhd. c<br />
zusammengeworfen worden, daß die unter § 4 für<br />
mhd. e angeführten Gesetze der Lautentwicklung<br />
auch auf mhd. ö angewandt werden dürfen. Wir<br />
können daher, zumal mhd. ö verhältnismäßig<br />
selten vorkommt, auf weitere Erläuterungen verzichten<br />
und einfach auf mhd. e verweisen.<br />
b. In ahd. Zeit war der ö-Laut selten. Er blieb<br />
hauptsächlich beschränkt auf Lehnwörter und<br />
Ortsnamenentlehnungen aus den Fremdsprachen;<br />
graphisch trat er vor dem 11. Jh. überhaupt nicht<br />
hervor, da vorher der ö-Laut stets mit dem Zeichen<br />
o <strong>des</strong> ahd. o-Lautcs transkribiert wurde. In spracheigenen<br />
Erbwörtern wäre vor den frühahd. Umlauterregern<br />
-i- und -/- bis ins 8. Jh. neben dem<br />
Umlaut selbst gleichzeitig immer auch dio „Tonerhöhung"<br />
von -o- zu -M- eingetreten, z. B. in<br />
Gehülz (neben jüngerem Gehölz) zu Holz, Glück,<br />
mhd. gelücke zu locken, bair. knüpfen zu Knopf<br />
usw. Der Großteil der jetzigen -ö-Belege entstand<br />
durch Analogiezwang der Wortbildung und der<br />
Abwandlung, z. B. in Höhle fern, abstr. zu hohl,<br />
in Röcke plur. und Röcklein demin. zu Rock, in<br />
Dörfer plur. und Dörflein demin. zu Dorf, in dörfen<br />
(dürfen) zum mhd. präteritum dorfte (durfte) usw.<br />
Nur in wenigen Fällen, z. B. in spätmhd. Honig<br />
(Honig) u. ä. mit sekundärem -i- <strong>des</strong> 12. Jh. aus<br />
altem -a- (ahd. honang), steht in Erbwörtern lautgesetzliches<br />
-ö-. In Lehnwörtern ist es häufiger,<br />
z. B. in Jörg (Georg) über ahd. *Jor(i)jo aus vlat.<br />
*ÖQrgu (it. Giorgio, franz. George) und in den<br />
Ortsnamen Görz, spätahd. Goritza aus slowen.<br />
Gorica, Döbling (in Wien) aus altslaw. *Topli6a<br />
(Warmbach), Döfcring (Bayr. Wald) aus alt-<br />
39
§ 6 b—§ 7 b 2<br />
tschech. *Dobrni6e (Siedlung am Gutenbach),<br />
Qörtschach (Kärnten) aus slowen. Goricah (bei den<br />
Leuten am Berglein), Völlan (Südtirol) aus vlat.<br />
*Foljdna.<br />
c. 1. Nur in einem besonderen Fall, vor -r-, ist<br />
der Gleichklang mit mhd. -e- gestört worden, aber<br />
auch da nur scheinbar. In den meisten bair. Mundarten<br />
gibt es für mhd. -ör- zwei verschiedene Lautentsprechungen,<br />
z. B. in Niederösterreich -§»- und<br />
-iv- in d§vffö (Dörflein), d§vffo (Dörfer) gegen<br />
Gin(ri)sl (Georg) oder im nördlichsten Kärnten<br />
-er- und -er- in d§rfl, derfr gegen iergl, Gerts,<br />
Gertsvx. In Dörflein, Dörfer geht die Entwicklung<br />
parallel mit mhd. -or- (s. § 5 g), in Jörg, Görz,<br />
Görtschach aber parallel mit mhd. -er- (s. § 4 g).<br />
Jörg usw. bieten uns offensichtlich die lautgesetzliche<br />
Entwicklung dar, da sich bei ihnen keine<br />
anderen Wortformen einmischen konnten. In<br />
Dörflein, Dörfer usw. liegt sicher analoger Umlaut<br />
vor, kärntn. derfl z. B. richtete sich nach dorf,<br />
niederösterr. d%vfjö nach dqvf, gottscheeisches<br />
dearffle nach doarff usw. Diese Überlegungen und<br />
Tatsachen wirken zu überzeugend, als daß man<br />
weiterhin an der bisher anerkannten Lehre, in<br />
Jörg usw. lägen Ausnahmen und nur in Dörflein<br />
usw. die lautgesetzlichen Entwicklungen vor,<br />
weiterhin festhalten dürfte. — 2. In denjenigen<br />
Mundarten, welche das mhd. -or- lautlich als -orwiedergeben<br />
und dorff sprechen, besteht natürlich<br />
zwischen iergl und der ff l kein Unterschied mehr, so<br />
etwa in Südtirol und in Innsbruck mit Umgebung.<br />
— 3. In weiten Landstrichen, etwa im Sundergau<br />
(südlich von München), wird -ör- vor Zahnlaut<br />
und vor -n wie mhd. -6r- behandelt (vgl. § 12 4),<br />
z. B. in boixtl (Börtlein), ghoi'ndl (kleines Korn),<br />
qixtl (Örtlein, Hofname) usw.<br />
§ 7. Mhd. i<br />
Übersicht: a. Einstmals offene Aussprache von<br />
mhd. i, u und ü. — b. Wandel zu {i, %u; Wandel von<br />
mhd. i zu spätmhd. ie vor Verschlußlauten. —<br />
c. Mittelgaumige und gerundete Aussprachen. —<br />
d. -il-, — e. -i- vor Nasenlauten. — f. -ih-. —<br />
g. -ir-.<br />
a. Mit mhd. i stehen wir in der zweiten dreigliedrigen<br />
Parallelreihe <strong>des</strong> mhd. Vokalstan<strong>des</strong>,<br />
mhd. i, u und ü. Auch diese Dreierreihe ist im<br />
wesentlichen gleichlaufend verwandelt worden;<br />
wurde i zu \i, so wurde auch u zu i{,u usw. Auch<br />
hier entdecken wir ernstliche Störungen der parallelen<br />
Reihenschritte wieder nur vor l, h und r. —<br />
2. Ebenso wie uns mhd. e, o und ö im Lichte der<br />
Raumerfahrungen und der Lehnwortforschungen<br />
im Ahd. als offen gesprochene Selbstlaute erschienen<br />
waren, werden uns im Spiegel der Räume<br />
und der Lehnwörter auch i, u und ü im Ahd.<br />
zu solchen offenen Vokalen. Wiederum haben die<br />
südalemannischen Dialekte als diejenigen oberdeutschen<br />
Mundarten, welche im Vokalstand am<br />
konservativsten und den althochdeutschen Verhältnissen<br />
am nächsten geblieben sind, diese<br />
offenen Lautungen am besten bewahrt, z. B. (im<br />
südöstl. Vorarlberg) n\dr (nieder), gr\ttv („geritten"<br />
gegen rittv „reiten"), Stybv („Stube" gegen<br />
hübv „Haube"), drukkx® (drücken), stiibli (Stübchen),<br />
stiikxH (Stückchen). — 3. Sonach hat es in<br />
ahd. Zeit keine Kurzvokalo gegeben, die geschlossen<br />
ausgesprochen worden wären. Wir dürfen behaupten,<br />
daß in ahd. Zeit sämtliche Kürzen offen<br />
gebildet worden waren: ahd. a, ä, e, e, o, ö, i, u, ü<br />
lauteten etwa a, ä, e und nochmals e, g, ö, i, it und<br />
if,. — 4. Ebenso finden wir auch in den beharr-<br />
8amsten Mundarten <strong>des</strong> Bairischen selbst gelegentlich<br />
wie bei der vorigen Dreierreihe offene<br />
40<br />
oder wenigstens halboffene Lautungen (wenn wir<br />
dies auch für gewöhnlich in unserer Lautschrift<br />
nicht ausdrücklich vermerken). In der Sprachinsel<br />
Zarz heißt es wie im südöstl. Vorarlberg n\dr,<br />
geritn, st%we, drylckxn, stible, st{kxl& und ähnlich<br />
in der Suchen, dem äußersten Westen der Sprachinsel<br />
Gottschee: nför 1 ) (ridör 2 )), gorftn (gdrgtn),<br />
ätijbd 3 ), drilkkxW/, stfbhi, stfkxhi, oder mit halboffener<br />
Aussprache im Innerötz-, Innersill-, Ziller-,<br />
Villgratten-, Ahm-, Obereisack- und Passeiertal<br />
sowie in Pladen und Zahre, z. B. in Gurgl im ötztal<br />
nldr, ggritn, stüwa, drükkxf}, stiwlj, stikxli,<br />
wobei die Vokale halboffen klingen. Diese<br />
Lautungen beruhen genau so wie z. B. in<br />
zentralladinisch-grödnerischem ß'e'n 4 ) („Zorn"; älter<br />
„Gemütsart, Gesinnung") 5 ), boß (Kuß) über<br />
vlat. *sjnnu, *b%ssu auf älterem \ und %. — 5. Insbesondere<br />
vor Nasenlauten und Liquiden, also<br />
vor n, m, ry, l und r, besteht in einigen südbairischen<br />
Sprachinseln eine ausgesprochene Neigung zu •j<br />
und u; sie wird mancherorts bis zu geschlossenem<br />
e und o getrieben. Man hört im Osten der Sieben<br />
Gemeinden die Lautungen x&nt (Kind), ste'r}kx^n<br />
(stinken, riechen), welle (wild), tömmeln (tummeln,<br />
lärmen), hont (Hund), solle (Schuld), x&rxxa<br />
(Kirche), wörtßßvla (Wurzel) 6 ); ähnliche Lautungen<br />
mit e und ö treffen wir im Westen der Gottscheer<br />
Insel, vemf (fünf) sogar im ganzen Gottscheer<br />
Land. Versuche, diese Eigenheiten als Anzeichen<br />
heterogener, etwa mitteldeutscher Ein- oder<br />
Zuwanderungen in die Sieben Gemeinden und ins<br />
Gottscheer Land zu erklären, sind scharf abzulehnen.<br />
— 6. In manchen modernen Mundarten<br />
<strong>des</strong> Binnenlan<strong>des</strong> neigen i und u neuerdings in<br />
allen Stellungen und insbesondere vor Nasenlauten<br />
wieder zu halb- oder ganz offenen Lauten;<br />
so in großen Gebieten von Nieder- und Oberösterreich,<br />
von Nieder- und Oberbayern, strichweise<br />
auch anderswo. Sie sind in diesen Landschaften<br />
vermutlich erst wieder sekundär entwickelt<br />
worden und dann jüngeren Datums.<br />
b. 1. An beiden Flügeln der östlichen Donaustraße<br />
wird, im Norden in Südböhmen, Südmähren<br />
und um Brunn und Wischau, im Süden im Burgenland,<br />
in der Grafschaft Pitten, in der Mittelsteiermark<br />
mit angrenzenden Gebieten der Obersteiermark<br />
und mit dem Kärntner Lavanttal, \i<br />
und nu gesprochen, das strichweise in der Verzwielautung<br />
bis zu ei und öu weitergediehen ist.<br />
Verstreut tritt auch sonst die Neigung zu dieser<br />
Diphthongierung zutage, so z. B. im Mittermölltal,<br />
um Innsbruck usw. — 2. Nunmehr wenden wir<br />
uns dem mhd. i als besonderem Laut zu ohne<br />
Rücksicht auf die Parallelvokale mhd. u und ü.<br />
In einigen Fällen verwandelte das Mittelbairische<br />
(und teilw. das östlicho Südbairische) mhd. -ivor<br />
Zahnlaut zu ie, z. B. in mhd. nider, zitern,<br />
schrit: ober- und niederösterr. nlodo (niedrig gelegen<br />
adj.), neben nldv (nieder adv.); dslvdtfn, in<br />
Teilen der Steiermark srivd (Schritte, plur.) gegen<br />
srld (sing.). In<strong>des</strong>sen ist im Osten (Niederösterr.,<br />
J ) 6 ist das spirantische -d-, es klingt wie in<br />
engl. the, mother usw.<br />
2 ) a klingt wie ungespanntes, offenes i.<br />
3 ) s liegt zwischen unserem s und sc/t-Laut.<br />
4 ) e ist mittelzungigcs und ungefähr halboffenes e.<br />
5 ) So in den älteren Grammatiken der Grödner<br />
Mundart, z. B. bei J. Steiner (1806).<br />
6 ) jyrenryen (bringen) im Zimbrischen der Sieben<br />
Gemeinden, in Zarz (hier neben prpinen), im<br />
Vintschgau und im Passeier und vennen (finden)<br />
in Luserna, im Mittereisacktal und teilw. im Burggrafenamt<br />
beruhen auf mhd. brengen, venden und<br />
gehören nicht hierher.
Burgenland, Steiermark, Ostkärnten) diphthongisches<br />
ärivd (u. dgl.) auch in den sing, vorgedrungen.<br />
Zur genauen Verbreitung s. die betreffenden<br />
Wörterbuchartikel.<br />
c. 1. In vielen moderneren Mundarten <strong>des</strong> Bairischen<br />
wird mhd. * leicht gerundet und gelegentlich<br />
schwach mittelgaumig gesprochen; so in den<br />
Kärntner und Tiroler Verkehrstälern, in großen<br />
Teilen von Oberbayern und vereinzelt in anderen<br />
Landstrichen; stärker ausgeprägt ist diese Sprechweise<br />
in der Fersentaler Sprachinsel als der modernsten<br />
südbairischen Außenmundart. — 2. Vor<br />
rundenden Mitlauten kann das -i- zu -ü- verändert<br />
werden. Dieser Vorgang gilt in denselben<br />
Mundarten, in denen sich unter diesen Voraussetzungen<br />
auch mhd. e zu ö verwandeln kann<br />
(s. § 4 c 3 und § 26). Daher hört man z. B. in den<br />
Sieben Gemeinden wüpffel 7 ) (Wipfel), hilmmel<br />
(Himmel), wüssen (wischen) usw., im Westen der<br />
Gottschee bilffl 8 ) (Wipfel) usw., bei alten Leuten<br />
in Defreggen wüppfl usw.<br />
d. 1. Vor mhd. l vollzieht sich die Entwicklung<br />
<strong>des</strong> mhd. i analog der von mhd. e in gleicher<br />
Stellung (vgl. § 4 f). Wo altes mhd. el zu öl geworden<br />
ist, steht für mhd. il mundartl. ül, wo dort<br />
ö gilt, entspricht hier ü, bemerken wir dort e, so<br />
tritt hier i ein, finden wir dort el vor, so stoßen wir<br />
hier auf il; daher brauchen wir neben die dortigen<br />
Aussprachen dsdin, dsö'n, dse'n, tseln aus mhd.<br />
zelen (zählen) hier z. B. für mhd. wilde nur wüld 9 ),<br />
wüd, wid, wild einzusetzen und haben damit unseren<br />
Lautstand errechnet. — 2. Ausnahmen gegen<br />
diese Regel haben sich in mehrfacher Hinsicht<br />
ausgebildet. In Nieder- und im angrenzenden<br />
Oberbayern ist §i, ei, öi nicht nur für mhd. el,<br />
sondern ähnlich oder gleich auch für mhd. el und<br />
il eingetreten (s. auch § 4 f und vgl. Karte 4); zum<br />
Wandel von mhd. il zu mundartl. -i d l-, {& d l- usw.<br />
im Osten <strong>des</strong> Sundergaus s. § 4 f 3. — 3. Der<br />
Wandel von il zu ui ist erheblich weiter verbreitet<br />
als der analoge Wandel von el zu oi und von el zu<br />
oi. Er umfaßt das untere Innviertel mit dem<br />
unteren Rottal sowie München mit seiner ganzen<br />
Umgebung bis zum Westufer <strong>des</strong> Stambergersees<br />
und mit dem Westen <strong>des</strong> Sundergaus und sogar<br />
noch Teile <strong>des</strong> salzburgischen Pongaus.<br />
e. 1. Vor folgendem Nasenlaut herrscht, abgesehen<br />
von den oben angeführten Sonderentwicklungen,<br />
im Bairischen für gewöhnlich der i-<br />
Laut. In einigen Gegenden der Mittelsteiermark<br />
und <strong>des</strong> mittleren und südlichen Burgenlan<strong>des</strong> bemerken<br />
wir bei älteren Leuten vor n und m einen<br />
a-artigen Laut unter scharf geschnittenem Atemdruck,<br />
nie aber vor -rj-: khinnv (Kinder), \inbmm<br />
(ich nehme), aber 8\in,rm (singen). — 2. Treten<br />
unsere drei Kurzvokalo i, u und ü ins Stadium<br />
alter Dehnung, so werden daraus nicht wie bei a, c<br />
und o einfach die mhd. Längen d, e und 6, also<br />
keineswegs mhd. i, ü und 4, sondern dio fallenden<br />
mhd. Zwielaute ie, uo und üe. Das erstemal tritt<br />
uns diese Neigung sonderbarerweise vor Nasenlauten<br />
entgegen, so in mittelbair.-ostfränkischen<br />
Reimen der mhd. Dichter, wie ding/vieng, sunjtuon<br />
usw. und in urkundlichen Schriftbildern <strong>des</strong> 13.<br />
und 14. Jhs., wie dieng, suon statt „richtigem"<br />
ding, sun und viele andere Belege. — 3. Im Laufe<br />
<strong>des</strong> 15. Jhs. wird diese Veränderung, die übrigens<br />
im Südbairischen nie recht heimisch gewesen sein<br />
7 ) -pff- mit kurzer Fortis-p und mit geminiertem<br />
starkem ff auszusprechen.<br />
8 ) i{ bezeichnet hier die mittelgaumigo und nicht<br />
die gerundete Aussprache.<br />
9 ) Im Nordbairischen wird daraus «-haltiges,<br />
silbisches l, also wid.<br />
§ 7 b 2—f 1<br />
dürfte, im Bairischen wieder rückgängig gemacht;<br />
doch blieben im Mittel- und Nordbairischen spurenweise<br />
erhaltene Rückstände „unorganischer"<br />
•ien- und -uon-, so etwa in Oberösterreich reon<br />
(Rinne), im Pongau mit dem Salzkammergut, im<br />
nördl. Nieder- und im zentralen Oberösterreich<br />
gevn oder gevnv (gähnen) aus mhd. ginen, das mit<br />
derm, devnn (dienen) aus mhd. dienen reimen kann,<br />
im südl. Niederösterreich g^vmäWn (gähnen) aus<br />
mhd. *ginmulen und schließlich verstreut übers<br />
Mitteibair, WQV 11 (Schlagspur im Blech), das über<br />
älteres wuone aus mhd. wune erwachsen ist. Sogar<br />
mhd. -en- kann gelegentlich über *-ien- zu mittelbair.<br />
-e.v n - werden, z. B. in wen n gvd neben we7}kvd<br />
(schief). — 4. Im ganzen Mittel- und Südbairischen<br />
ist, abgesehen von Westtirol, mhd. niener (nirgends)<br />
zu nindrs(t) u. ähnl., fast im ganzen Mittelbairischen<br />
mit Teilen von Süd-, Nord- und Osttirol,<br />
mit dem Flach- und Tennengau und dem größten<br />
Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> ist niemer zu nimmer, nimmv<br />
verändert worden. Das sieht aus, als wären ihre<br />
älteren -ien- bei der Rückwandlung der „unorganischen"<br />
-ien- zu -in- irrtümlich mitgezogen<br />
worden. In<strong>des</strong>sen könnten diese „falschen" -i- aus<br />
•ie- ebensogut unrichtige Verallgemeinerungen<br />
ursprünglich auf den Schwachdruck innerhalb <strong>des</strong><br />
Satzes eingeengter Spielformen mit -i- statt -iesein.<br />
— 5. Umgekehrt entdecken wir bei den beiden<br />
Fürwörtern ihm und ihnen (mhd. ime und in)<br />
ie-Lautungen, die auf die spätmhd. Nebenformen<br />
iem, ien zurückweisen, nämlich mundartl. $vm,<br />
er) n (oder §vnn). Im ganzen binnenländischen Mittelbairischen<br />
und im östl. Südbairischen treffen<br />
wir im Bauerndialekt diese Lautungen an, so in<br />
der ganzen Steiermark und in Kärnten (ohne das<br />
Oberdrautal mit dem Lurnfeld und ohne das<br />
Lesach- und Gailtal) sowie in ganz Salzburg und<br />
bereits auf Tiroler Boden im Inntal von Innsbruck<br />
abwärts; sogar im westlichsten Nordbairischen<br />
sind em, env über *eim, *einv aus älterem iem,<br />
ienen entstanden. In<strong>des</strong>sen hat nicht allein das<br />
übrige Nordbairische mit Iglau, es haben auch dio<br />
altertümlichsten mittelbair. Randgebiete, Südböhmen<br />
zwischen Wallern und Krumau, dio<br />
Sprachinsel Budweis, dio Sprachzunge Neubistritz-<br />
Neuhaus und die Sprachinseln um Brunn und<br />
Wischau, ferner der südbairische Westen mit den<br />
südbairischen Außenmundarten älteres im(e), in<br />
ohne Zwielaut. Auch hier kann man daran<br />
zweifeln, ob dio te-Varianten, wie man allgemein<br />
glaubt, Restformen der vorübergehenden -ic- <strong>des</strong><br />
13. und 14. Jhs. vor Nasal darstellen oder ob sie<br />
nicht anders entstanden sind, etwa als übertriebene<br />
Verdeutlichungen alter Schwachdruckvarianten im,<br />
in oder em, en. — 6. Im Ostfränkischen, in der<br />
Heimat Wolframs von Eschenbach, sind diese<br />
„falschen" ie vor Nasenlaut, soweit dort dio<br />
Mundart dio mhd. Zwielaute ie als solche beibehalten<br />
hat, in größerer Zahl nachweisbar. Es sind<br />
also dio Wolframschen Reime ding\yieng, sunjtuon<br />
der Parzifaldichtung keineswegs bairischo Dialektmerkmale,<br />
wie jetzt gelegentlich behauptet wird,<br />
sondern sie sind richtigo ostfränkischo Formen.<br />
f. 1. Wie vor Nasenlauten konnte bei vielen<br />
Dichtern <strong>des</strong> Mittelalters auch vor folgendem -hmhd.<br />
i mit mhd. ie ohne Bedenken im Reim gebunden<br />
und in den Urkunden als -ie- geschrieben<br />
werden. Schon Ulrich von Lichtenstein reimt<br />
an mehreren Stellen vihe (Vieh) mit ich ziehe, er siht<br />
mit lieht (Licht, licht) in mittel- und nordbairischer<br />
Weise; dasselbe tut Wolfram in ostfränkischer Art.<br />
Noch heute spricht man in Unterfranken fiv, als<br />
lägo mhd. viehc statt vihe vor, obenso spricht man<br />
fiv, fivx in Niedorösterreich mit Südmähren (ohne<br />
das von der Schriftsprache stärker beeinflußte<br />
41
§ 7f 1—gl3<br />
Wien) und mit Brunn und Wischau, im nördl.<br />
Oberösterreich mit Südböhmen, dem südl. Böhmerwald<br />
und dem Bayrischen Wald. Im ganzen<br />
Nordbairischen gilt entsprechen<strong>des</strong> feix mit ei aus<br />
älterem ie (vgl. leib aus mhd. lieb). Größere Verbreitung<br />
haben im Süden diese Verzwielautungen<br />
in du siehst, er sieht. Hier umfassen die Lautungen<br />
siv(g)sd, slv(x)d die Steiermark (ohne die weststeir.<br />
Bezirke Deutschlandsberg, Stainz und Köflach<br />
und ohne das obersteir. Murgebiet von Leoben<br />
aufwärts), den Flach- und Tennengau und ganz<br />
Nieder- und Oberösterreich mit dem Südrand von<br />
Niederbayern und dem Osten von Oberbayern. —<br />
2. Das Nordbairische hat hier erst jüngere, sekundäre<br />
Zwielaute mit siosd, sivd statt älterem *seisd,<br />
*seid, vgl. feix (Vieh). — 3. Sekundäre und späte<br />
Ansätze zu Zwielauten treffen wir als Folge einer<br />
allgemeinen Neigung zum Gleitlaut -a- zwischen i<br />
und x bei alten Leuten z. T. in Unterkärnten, im<br />
obersteirischen Murgebiet, im Lungau mit dem<br />
Katschtal, im Kärntner Maltatal und in Heiligenblut<br />
sowie in einigen Tiroler Orten, wobei dann<br />
solche id auch vor mhd. -ch- auftreten; z. B. im<br />
Lungau (altertümlich) nicht nur sidxt, sondern auch<br />
hridxtnt (richtet), Midxxe (Michel), Sti9xt (sticht).<br />
Diese Erscheinung hat also mit der vorigen lautgeschichtlich<br />
nichts mehr zu tun.<br />
g. 1. Die modernen bair. Mundarten lassen mhd.<br />
•er- und mhd. -ir- zusammenfallen. Das tut das<br />
Mittelbairische (ausgenommen Oberösterreich mit<br />
angrenzenden Gebieten und den Westen von Altbayern)<br />
und das Nordbair.-Ostfränkische, wie<br />
Karte 6 und § 4 g deutlich vor Augen führen.<br />
Im Mittelbairischen tritt für bei<strong>des</strong> iv ein z. B. in<br />
i unvf (ich werfe) wie mivkkv (merken) 10 ) (s. § 4 g),<br />
ähnlich im Burgenland, in großen Teilen der<br />
Steiermark, im südlichen Kärnten und im Innviertel,<br />
im Flach- und Tennengau. — 2. In den<br />
nördlichen, westlichen und östlichen Rückzugsschollen<br />
<strong>des</strong> Nordbairischen steht dafür gemeinsames<br />
-er- (i werß, m^rkkn,). — 3. Auch in der<br />
Weststeiermark und in Unterkärnten klingen beide<br />
Lautgruppen gleich, und zwar als silbisches -r-<br />
(i wrrf, mrrkhvn). — 4. Sonst gilt zwar analoge,<br />
aber nicht gleiche Entwicklung wie bei mhd. -er-,<br />
also dasselbe Verhältnis wie für gewöhnlich zwischen<br />
mhd. -el- und -il-. Wo für mhd. -er- die<br />
Lautung -er- steht, tritt hier -ir- auf, wo -örvorkommt,<br />
hier -ür-, wo -or- gilt, hier -ur-, wo dort<br />
-öl- zu beobachten ist, hier -ül-: i wirf, würf,<br />
wurf, wülf. — 5. Mit -ir- fällt in diesen Gebieten<br />
fast überall auch mhd. -ür- zusammen, also für<br />
mhd. würgen mundartl. wirgn,, würgry, wurgry,<br />
wülgry. — 6. Nur Nordwesttirol bildet gemeinsam<br />
mit dem Südschwäbisch-Allgäuischen diesbezüglich<br />
eine Ausnahme. Im Außfern, im ganzen tirol.<br />
Lechtal und im Inngebiet oberhalb Imst gilt zwar<br />
für mhd. -ir- verzwielautetes -iw-, für mhd. -Araber<br />
(und ebenso für mhd. -ur-) einfaches -ir-<br />
(-ur-), also i wiorff, kxiztxxo (Kirche), aber wirgv<br />
(„würgen", gurgln „Gurgel"). — 7. Wenn auch im<br />
südlichen Kärnten strichweise -ivr- vorkommt, so<br />
war ein anderer Vorgang maßgebend; erstens gilt<br />
hier dasselbe -ior- auch für mhd. -ür- und ebenso<br />
-war- für mhd. -ur-, zweitens wiederholen sich hier<br />
ähnliche Verzwielautungen in allen anderen -r-<br />
Verbindungen: khidrhn, wizrgry, pQvrg (Berg), Sgvrf<br />
(scharf), dgnrf (Dorf). Die Lautfolgen -iar-, -QVTin<br />
diesem Umfang begegnen uns auch im Obermölltal<br />
mit Heiligenblut. Hier handelt es sich um<br />
Vorgänge jüngeren Datums, während die nord-<br />
10 ) Zu iu aus mhd. -er- und -ir- (und -ür-) s. § 4<br />
g 5, zur Trennung in Oberösterreich zwischen -ereiner-<br />
und -ir-(-ür-) andererseits s. § 4 g 3.<br />
42<br />
westtirolische Unterscheidung zwischen -idr- und<br />
•ir- (-ür-) aus mhd. -ir- und -ür- alt ist. Sie wiederholt<br />
sich streckenweise noch weit davon entfernt<br />
im Hoch-, Mittel- und Niederalemannischen. —<br />
8. Sekundäre Verzwielautungen vor -r- sind im<br />
Mittelbairischen viel früher eingetreten. Bereits zu<br />
Beginn <strong>des</strong> 13. Jhs. stoßen wir in nieder- und<br />
oberösterreichischen Urkunden und Handschriften<br />
auf Schreibungen wie chierche, guorgel. Hier bedeuten<br />
die Zwielautzeichen offenbar den ersten<br />
Schritt zur Vokalisierung <strong>des</strong> -r-, indem -ir-, -urzunächst<br />
zu -im-, -war- und dann weiters, um 1300,<br />
zum jetzigen -iv-, -uv- verwandelt worden sind.<br />
Daher kann seit 1300 im Mitteibair, der Ortsname<br />
Burg bereits als Buoch und umgekehrt Buoch als<br />
Burg aufgeschrieben werden; seither sind eben<br />
beide als büv(g), bzw. als büv(x), gleich ausgesprochen<br />
worden (s. § 50 c 3). — 9. Demgegenüber<br />
existiert unter enger begrenzten Voraussetzungen<br />
im Mittel- und Südbairischen ein viel älterer<br />
Wandel von mhd. -ir- zu diphthongischem -tar-.<br />
An ihm hat auch diesmal mhd. -ür- keinen Anteil<br />
mehr. Er bleibt nunmehr beschränkt auf mhd.<br />
-ir(-) im absoluten Auslaut, vor Vokal, vor<br />
Zahnlaut und vor -n, also auf uns bereits bekannte<br />
Lautfolgen. Vor sich ging er sonderbarerweise<br />
schrittweise. Bereits im 11. Jh. wurde -ir im ahd.<br />
Auslaut verzwielautet, daher in allen südbair.<br />
Sprachinseln midr (mir), dfor (dir), iar (ihr, plur.);<br />
dagegen (ausgenommen das Fersental) ir (ihr, dat.<br />
sing. fern.; gen. plur. aus ahd. ira, iru), pire (Birne),<br />
hirn (hirn „Hirn"). Alle bairischen (und alemannischen)<br />
Dichter <strong>des</strong> Mittelalters können daher<br />
mir usw. schon mit vier (vier) rein reimen. —<br />
10. Etwas später entstand die Verzwielautung vor<br />
Zahnlaut, also wi&rt (Wirt), hidrt (Hirte). Diese<br />
gilt im Tirolischen, und zwar im Nord- und Osttirolischen<br />
häufiger als im Südtirolischen und<br />
ebenso häufig wie im Osttirolischen auch im<br />
Kärntnerischen, im Salzburgischen und im Steirischen,<br />
soweit man dies dort noch erkennen kann.<br />
— 11. Zuletzt wurden alle -ir- vor folgendem<br />
Selbstlaut und vor -n- diphthongiert; daher auch<br />
im Fersental, Kärnten und Steiermark jnvr<br />
(Birne), hlvrn (Hirn). Es stehen z. B. im Lungau<br />
didr (dir) und ti (Tür) sowie dix (dürr) einander<br />
gegenüber, <strong>des</strong>gleichen ü (Uhr); ebenso widxt<br />
(Wirt) und fixtDx (Fürtuch, Schürze) sowie kxuxtß<br />
(kurz); <strong>des</strong>gleichen hldgv, (Hirn) und stigry (sturen,<br />
stöbern), tügr\) (mhd. turn „Turm"). Ähnliche Verhältnisse<br />
treffen wir im obersteir. Murgebiet an:<br />
div und ti sowie dii (dürr), ü; wlvst und fiätv,<br />
khuits; hivdn und ätidn, tüdn. — 12. Auf mittelbair.<br />
Boden sind diese feinen Unterschiede meistens<br />
ausgelöscht, dit> gilt hier für „dir", „Türe"<br />
und „dürr" u ). — 13. In<strong>des</strong>sen entdecken wir drei<br />
Gebiete, in denen für mhd. -ir- gerade in diesen<br />
Sonderstellungen gelegentlich einfaches l vorkommt,<br />
nämlich ml (mir), dl (dir) 12 ), ml (wir).<br />
Es sind am mittleren Lechrain die Gegenden<br />
zwischen Friedberg, Fürstenfeld, Weilheim und<br />
Peiting; der Sundergau (südl. v. München); der<br />
Flachgau mit ganz alten Resten im Salzachgau. In<br />
Teilen <strong>des</strong> Flachgaues und teilw. im tirol. Unterinngebiet<br />
mit dem salzburgischen Mitterpinzgau<br />
begegnen uns gerade wieder in diesen Stellungen<br />
-^-Lautungen wie wi$d (Wirt), hVn (Hirn), kxiSdgg<br />
n ) Doch wird in Teilen von Oberösterreich und<br />
von Oberbayern noch unterschieden zwischen div,<br />
dlvr und dir (dlvr).<br />
12 ) Wenn es auch in der Mittelsteiermark strichweise<br />
ml (mir) heißt, so hat das andere Ursachen;<br />
in anderen mittelstem Mundarten wird umgekehrt<br />
miv usw. statt mich eingesetzt.
(Kirchtag) usw. — 14. Auch hier hat das Nordbairische<br />
erst sekundäre Verzwielautung. Es heißt<br />
z. B. miv (mir), das streng getrennt bleibt von<br />
beiv (Bier) aus mhd. hier. — 15. Sonderbarerweise<br />
wurde im Lienzer Becken und (restweise) im<br />
Mittermölltal in gleicher Stellung mhd. -ir- zu -ur-<br />
(mundartl. jetzt -üa-, 13 ) -üdr-) 13 ) verändert, so um<br />
Lienz (ganz alt) wüat (Wirt), hüa'n (Hirn) und im<br />
Mittermölltal hüdrri,.<br />
§ 8. Mhd. u<br />
Übersicht: a. Mhd. u. — b. Mhd. ul, un, uh. —<br />
c. Mhd. ur.<br />
a. Die parallele Entwicklung von mhd. u zu<br />
mhd. i wird durchgehalten. Diejenigen Fälle, bei<br />
welchen die Reihenschritte der Lautentwicklung<br />
bei mhd. i und u gestört worden sind, wurden<br />
schon § 7 entsprechend gewürdigt. Über mhd. u<br />
bleibt nicht mehr viel zu sagen übrig; die alte<br />
sowie die neue und sekundäre offene Aussprache<br />
<strong>des</strong> u als % wurde hinlänglich § 7 a behandelt,<br />
über die moderne Neigung zum Zwielaut %u oder<br />
du wurde § 7 b berichtet. Für die mittelgaumige<br />
Aussprache ü gilt das § 5 c über mhd. o Gesagte.<br />
Doch ist hier die mittelgaumige Aussprache ü in<br />
Oberkärnten und im Pustertal nicht mehr so weit<br />
verbreitet wie bei ö.<br />
b. 1. Vor -l- ging die Entwicklung analog dem<br />
mhd. -ol- (§ 5 d und Karte 7) vor sich; statt oi aus<br />
mhd. -ol- steht hier -ui-, statt -ol- hier -ul-, statt<br />
-öl- hier -ül- z. B. in süid, suld, süld (schuld) usw. —<br />
2. Vor Nasenlauten ist außer den § 7 a 5 und 7 e<br />
vorgebrachten Feststellungen über die starke Neigung<br />
zu offenem y, und zur vorübergehenden Diphthongierung<br />
zu -uon- sowie über die Restform<br />
mittelbair. WQD 71 (Schlagspur), über *wuone aus<br />
mhd. wune, nichts mehr zu bemerken. — 3. Vor<br />
-h- weist eine Restform sekundäre Verzwielautung<br />
von -u~ zu üv auf für das Nordbairische als absterbende<br />
Lautung füvs (Fuchs); sie ist fast nur<br />
mehr als Hofname zu hören; der Fuchs als Tier<br />
heißt fukß, das ist formell der dat. sing. mhd.<br />
vuhse. Sekundär muß dieser Zwielaut <strong>des</strong>halb<br />
entstanden sein, weil die unmittelbare Fortsetzung<br />
von spätmhd. bair. vuohs statt „richtigem" vuhs<br />
im Nordbair. *fous ergeben hätte (vgl. bouxry<br />
aus mhd. buoche, fous aus mhd. vuoz usw.). Die<br />
Schreibung vuohs ist im Mittelbair. <strong>des</strong> 13., 14. und<br />
15. Jhs. tatsächlich nachweisbar.<br />
c. 1. Bezüglich <strong>des</strong> Schicksals der mhd. Lautfolge<br />
-ur- ist zu dem, was § 7 g mitgeteilt wurde<br />
und daraus zu errechnen ist, einiges hinzuzufügen.<br />
Die Diphthongierung von mhd. -ur- zu -uvr- reicht<br />
in Oberbayern nicht so weit wie die Verzwielautung<br />
von mhd. -ir- und -ür- zu -idr-. Daß in Nordwesttirol<br />
dieser Verzwielautung von mhd. -ir- zu -ior-<br />
Monophthong in-ir- für mhd. -ür- gegenübersteht,<br />
wurde schon § 7 g 6 erwähnt; demgemäß gibt es<br />
auch für mhd. -ur- nur -ur- ohne Zwielaut, also<br />
gurglv (Gurgel) usw. Auch vor einfachem -r, vor<br />
r+Zahnlaut und vor -r- vor Vokal gibt es bei -uim<br />
Südbairischen im Gegensatz zu -i- keine alte<br />
Verzwielautung und höchstens als Resultat jüngerer<br />
Ersatzformen -uvr-, noch viel weniger im<br />
Nordbairischen. — 2. Sonst ist mhd. -ur- meistens<br />
analog mit mhd. -or- entwickelt worden, s. § 5 g<br />
und Karte 8. Um Judenburg (Steiermark) hört<br />
man gülgl (Gurgel) usw. ähnlich wie dqlj (Dorf);<br />
sonst herrscht gurgl, güvH (oder gurett). — 3. Im<br />
Lavanttal wird mhd. -ur- meistens und in der<br />
Weststeiermark immerhin vor Gaumen- und<br />
Lippenlaut als silbisches, ziemlich langes -f- aus-<br />
13 ) Mit mittelgaumigem ü.<br />
§ 7 g 13—§ 9 b<br />
gesprochen und klingt z. B. in gfgl sehr ähnlich<br />
oder überhaupt gleich dem f aus mhd. -ir- und -erin<br />
i loff, mfkhxm aus mhd. ich wirje, merken. —<br />
4. Im Flachgau und im Salzachgau wird mhd. -urzu<br />
-ui- verändert, z. B. in wui'm (Wurm), düire<br />
(durch). Vereinzelt hört man auch im Burgenland<br />
Aussprachen wie wüi'n (Wurm), tüVn (Turm) u. ä.<br />
— 5. Vor Zahnlaut verwandelt sich in der Weststeiermark<br />
-ur- tw. zu-a (ß)-: khd (ß) tß (kurz), ddH (Durst);<br />
Weiteres über dieses -ur- vor Zahnlaut und dergleichen<br />
s. auch § 7 g. — 6. Im gleichen Gebiet,<br />
in dem mhd. -ir- und mhd. -er- zu er verändert<br />
worden sind, tritt parallel für mhd. -ur- mundartlich<br />
-qr- (-or-) ein, also an den Rändern <strong>des</strong><br />
Nordbair. gor«l, gorH (vgl. auch Karte 6). — 7. Ein<br />
absonderliches Verhalten tritt uns im Malta- und<br />
oberen Liesertal (ohne Katschtal) entgegen. Hier<br />
werden alle -ur- vor Zahnlaut zu -or- verwandelt:<br />
kxorts, dorU usw. Falsche Rückbildungen ähnlicher<br />
Art, wie küre (Mutterschaf) statt sonstigem köra,<br />
kgra (zum Lockruf ggorreggorre für Schafe) im<br />
Lurnfeld und Unterdrautal, lassen vermuten, daß<br />
diese Liesertaler Merkwürdigkeit einstens weiter<br />
verbreitet gewesen war.<br />
§ 9. Mhd. ü<br />
Übersicht: a. Mhd. ü. — b. Umlauthinderung.<br />
a. 1. Auch über die mundartliche Entwicklung<br />
<strong>des</strong> mhd. ü bleibt nur wenig zu sagen übrig. Über<br />
das Wesen der Umlaute steht das meiste schon<br />
bei mhd. ö (§ 6) unter den allgemeinen Bemerkungen<br />
über die Umlautentrundung. Durch diese<br />
Entrundung ist das alte -ü- zu neuem -i- verändert<br />
und mit dem mhd. -i- lautgleich geworden. Nur<br />
selten geht es andere Wege als mhd. i. — 2. Nur<br />
das Zimbrische bewahrt innerhalb <strong>des</strong> Gesamtbairischen<br />
nach § 6 a die Rundung <strong>des</strong> alten ü,<br />
z. B. in den Sieben Gemeinden als hütta (Hütte),<br />
üwar (über). In den Dreizehn Gemeinden und in<br />
Lavarone wurde jedoch je<strong>des</strong> ü sekundär zu u<br />
verändert, etwa in den Dreizehn Gemeinden huite,<br />
üwvr. Verursacht wurde dieser sonderbare Wandel<br />
von «zu« unter welschem Einfluß. Auch dio umliegenden<br />
romanischen Mundarten haben ihr älteres<br />
(lombardo-ladinisches) ü neuerdings durch<br />
venezianisches u ersetzt (s. Einltg. 37). — 3. Über<br />
die verschiedene Entwicklung von mhd. -ir- und<br />
mhd. -ür- in Nordwesttirol war schon § 7 g 6 dio<br />
Rede, über eine ähnliche Trennung zwischen -irund<br />
-ür- vor Zahnlaut, im Auslaut und vor Vokal<br />
s. § 7 g 9. Sonst gelton alle Regeln, die im § 7<br />
für mhd. -ir- aufgestellt wurden, ausnahmslos auch<br />
für mhd. -ür-. — 4. Zu erwähnen ist höchstens<br />
noch, daß in der Weststoiormark mhd. -ür- genau<br />
so wie mhd. -er- und wie mhd. -ur- (s. § 4 g 9 und<br />
8c5)tw.zu -9(ß) verändert wurde, z. B. infd(ß)tv,<br />
-t\ (Fürtuch, Schürze), klw(ß)tßn (kürzer) usw.<br />
b. Kurz erwähnt sei dio den Mundartforschern<br />
wohlbekannte Tatsache häufiger Umlauthinderung<br />
im Bairischen und Alemannischen durch gewisse<br />
Mitlaute in bestimmten Stellungen. Fast alle<br />
Gaumen- und Lippenlaute verhindern unter bestimmten<br />
Umständen den Umlaut, sogar Zahnlaute<br />
wie -tt-, -tz- und mancho -n-, -l- und -r-<br />
Verbindungen beseitigen den Umlaut und lassen<br />
-u- statt -ü- zu. Beispiele sind u. a. Luge (Lüge),<br />
Küchel (Küche), Mucke (Mücke), bücken (bücken),<br />
hupfen (hüpfen), MuH (ein Hohlmaß), Butte (Bütte),<br />
Bürde (Bürde), öulden usw. Übrigens ist auch<br />
bei mhd. ü, uo und ou Umlauthinderung wesentlich<br />
häufiger eingetreten, als man gemeiniglich annimmt,<br />
und beim Umlaut von ahd. a hatten bestimmte<br />
Mitlaute bekanntlich den Sekundärumlaut<br />
oder wie man besser sagen kann den verminderten<br />
43
§ 9 b—§ 10 c 1<br />
Umlaut mhd. ä statt <strong>des</strong> Vollumlautes mhd. e<br />
nach sich gezogen; s. auch § 23 c 1. Wenn wir von<br />
diesem mhd. ä absehen, so ist es lehrreich, daß<br />
gerade die allerältesten Mundarten <strong>des</strong> Oberdeutschen<br />
am häufigsten Umlaut vor solchen Mitlauten<br />
aufweisen; fürs Bairische das Zimbrische<br />
der Sieben Gemeinden und fürs Alemannische die<br />
Walliser Außengründungen um den Monte Rosa<br />
und in Formazza. Ferner läßt sich an Hand der<br />
Urkundensprache wahrscheinlich machen, daß<br />
Wörter, welche jetzt keinen Umlaut mehr haben,<br />
ihn nach Ausweis urkundlicher Formen einstens<br />
besessen hatten. Es scheint insbesondere bei mhd.<br />
ü die Tendenz geherrscht zu haben, echte Umlaute<br />
vor bestimmten Konsonanten manchesmal nachträglich<br />
rückgängig zu machen.<br />
B. Die mhd. Langvokale und Zwielaute<br />
(Über mhd. d und mhd. d s. § 1 und 2)<br />
§ 10. Mhd. e (s. auch Karte 9)<br />
Übersicht: a. Die Parallelreihe mhd. e, 6 und<br />
6. — b. e zu ei im Nord-, zu e.v im Süd- und zu g<br />
im Mittelbairischen. — c. Sekundäres §i in mittelbair.<br />
Mundarten. — d. Mhd. in. — e. Mhd. il, er.<br />
a. 1. Die Parallelreihe mhd. e, 6, 6 war in ahd.<br />
Zeit gekennzeichnet durch lange, offene Aussprache<br />
als f, Q, Q. Auf solche Lautungen weisen<br />
einwandfrei die Lehnwörter aus den Fremdsprachen<br />
und in den Fremdsprachen. Nach § 3 i—m und<br />
§ 5 f—g haben sich vielerorts im Bairischen auch<br />
mhd. e und o unter gewissen Bedingungen dieser<br />
Reihe angeschlossen; dies ist heute nicht mehr<br />
überall deutlich erkennbar, weil inzwischen spätmhd.<br />
e aus mhd. e und 6 aus o vor h, l und r oft<br />
nachträglich gekürzt und lautlich verundeutlicht<br />
worden sind. — 2. Auch in dieser Dreierreihe sind<br />
wie in den vorigen Reihen die parallelen Reihenschritte<br />
in der Vokalentwicklung durchgeführt<br />
worden. In<strong>des</strong>sen haben große Teile <strong>des</strong> Mittelund<br />
<strong>des</strong> Südbairischen als Folge alter Mittelgaumigkeit<br />
der ö-Lautungen, sowie um drohenden<br />
Gleichklängen mit anderen klangnahen Lautreihen<br />
zu entgehen, die parallele Entwicklung<br />
fallen und das 6 andere Wege gehen lassen als die<br />
zwei anderen Laute e und 6.<br />
b. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen besteht eine<br />
schöne Dreiteilung in der Entwicklung <strong>des</strong> e nach<br />
den drei Unterdialekten. Sie führt auf verschiedene<br />
Wortakzente zurück. Während <strong>des</strong> 12. Jhs.<br />
lösten sich anscheinend jene uralten Druckverhältnisse,<br />
welche seit urgermanischer Zeit über die<br />
ganze ahd. Zeit unverrückbar festgeblieben waren,<br />
als starre Fesseln auf und zerfielen in eine teils<br />
lautkombinatorische, teils raumgebundene Buntheit.<br />
Im Nordbairischen hat sich dafür unter bestimmten<br />
Voraussetzungen Wortsteigdruck, im<br />
Südbairischen Falldruck, im Mittelbairischen aber<br />
Flachdruck herausgebildet. Ungefähr um 1200<br />
setzte daher die Auseinanderentwicklung <strong>des</strong> e<br />
ein. — 2. Unter Steigdruck bildete sich im Nordbairischen,<br />
wie Karte 9 zeigt, der steigende Zwielaut<br />
§i aus, unter Falldruck im Südbairischen der<br />
fallende Zwielaut g», während im Mittelbairischen<br />
unter seinem Flachdruck der alte ahd. Monophthong<br />
f ungestört erhalten geblieben ist. Dies ist<br />
der einzige Fall im bairischen Lautwesen, bei dem<br />
das modernisierungsfreudige Mittelbairische den<br />
anderen bair. Unterdialekten gegenüber altertümlicher<br />
geblieben ist. Maßgebend war für diese<br />
Ausnahme wie gesagt das schwerwiegende Moment<br />
<strong>des</strong> Wortakzentes. In echter Bauernmundart werden<br />
demgemäß die mhd. Wörter kle (Klee), Peter<br />
(Peter), zehe (Zehe) usw. im Nordbairischen als<br />
44<br />
glei, Beidv, dse.i(h)v, im Südbairischen als $,<br />
Pentr, tsQohn(t) und im Mittelbairischen als gl%,<br />
B$dv, ds$(h)v ausgesprochen. Damit besitzen wir<br />
ein einfaches Kriterium zur Unterscheidung zwischen<br />
dem Nord-, dem Süd- und dem Mittelbairischen.<br />
— 3. Allerdings stimmt diese räumliche<br />
Dreiteilung bei flüchtigem Hinsehen nicht ganz.<br />
Innerhalb <strong>des</strong> Südbairischen begegnet uns gelegentlich<br />
gerade in sehr konservativen Mundarten wieder<br />
eine jüngere Neigung zur Rückbildung „<strong>des</strong> g»<br />
zum einstigen f. Wir finden sie bei den Ältesten<br />
im oberen Iselgebiet, im Tauferer- und Ahrntal<br />
(Südtirol nördl. v. Bruneck) sowie im obersten<br />
Zillertal und im Zimbrischen der Sieben Gemeinden.<br />
Es heißt also in diesen Gegenden bei den<br />
Alten öfters kxl% *) und häufiger Pfydr, tsqhe. Vom<br />
Zimbrischen der Sieben Gemeinden wissen wir<br />
sogar, daß diese nachträgliche Monophthongierung<br />
erst im ausgehenden 17. oder im 18. Jh. erfolgt ist.<br />
Das Zimbrische verfügt nämlich über eine eigene<br />
Schriftsprache; deren ältestes Denkmal, ein Katechismus<br />
von 1607, schreibt vorwiegend ea; die<br />
e-Schreibungen beginnen in der zimbrischen Schriftsprache<br />
erst um 1700. An die älteren Zwielaute erinnern<br />
im Binnenland, etwa im Tauferer- und<br />
Ahrntal, die Lautungen gidn (gehen), widnikx<br />
(wenig), tswfon (zwei, masc.) aus mhd. gen, wenig,<br />
zwen (aber in den Sieben Gemeinden gen, wenikx,<br />
tßwen und im oberen Iselgebiet gln, wlnikx, tswin).<br />
In allen diesen Fällen treffen wir die parallelen<br />
Verhältnisse bei mhd. 6 (s. § 11 d). — 4. Auch im<br />
Obermölltal herrscht Monophthong, also Q (khl$<br />
usw.) gleichwie in ge n (g\ n ) und wie in hrQt aus<br />
mhd. rot usw. als Parallelentwicklung; ebenso im<br />
Kanaltal (Italien) khlq, g$n; rQt. — 5. Im Kärntner<br />
Oberdrautal steht ebenfalls monophthongisches f,<br />
aber ion und meistens gv, also khl$, gidn, rqvt. —<br />
6. Im Bereich der Südkärntner und Untersteirer<br />
Städte hat sich nach Wiener Muster verkehrssprachliches<br />
f auch im Bauerndialekt eingenistet<br />
(s. Karte 9), also khl$, P$tvr, ts$hnt und ebenso<br />
g$n (gen); über die ebendort eingebürgerten<br />
Lautungen rot, höx (hoch) s. § 11 b 2, Fußn. —<br />
7. Die übrigen südbair. Sprachinseln haben die<br />
fallenden Zwielaute behauptet, z. B. in Zarz<br />
kxl&, P&tor, in Gottschee kxlea, Peatdr usw. Auf<br />
feinere phonetische Varianten <strong>des</strong> §D (sowie <strong>des</strong><br />
mittelbair. f) kann hier nicht mehr eingegangen<br />
werden; einige Varianten deutet übrigens die<br />
Karte an. — 8. Im Westen von Oberbayern greifen<br />
diese südbair. go-Lautungen von Tirol über den<br />
oberbayrischen und den schwäbischen Lechrain<br />
aus, sie setzen sich sogar über die Donau über<br />
große Teile von Mittel- und Unterfranken (auch<br />
iv) ungemein weit nach Norden fort. Sie haben<br />
allerdings im Fränkischen historisch-analytisch<br />
nichts mehr mit dem südbair. ev zu tun. Die<br />
Lautung ev ist also nicht allein süd-, sondern auch<br />
westmittelbairisch und ostschwäbisch und sogar<br />
(im Westen) ostfränkisch. — 9. In der Mittelsteiermark<br />
neigen alle fallenden Zwielaute zur<br />
Triphthongierung, also khl&v usw.<br />
c. 1. Verfehlt wäre es, auch fürs ältere Mittelbairische<br />
dieses ev in Anspruch zu nehmen. Alle<br />
mittelbair. Außenmundarten haben übereinstimmend<br />
mit dem mittelbair. Binnenland £, z. B. um<br />
*) Im Iselgebiet und in den Sieben Gemeinden<br />
blieb in<strong>des</strong>sen das g v im absoluten Auslaut durchaus<br />
bewahrt: (Defreggen) kxl^v gegen Pfto, (Sieben<br />
Gemeinden) kx^^P gegen P$tdr, <strong>des</strong>gleichen bleibt<br />
§o vor r, z. B. in den Sieben Gemeinden gor (Ehre),<br />
m§vr (mehr).
Wischau khlq, Pqtnr, ts$yv 2 ). — 2. Nur in zwei<br />
Landschaften <strong>des</strong> Mittelbairischen treffen wir auf<br />
§i, das dem nordbairischen gi gleicht, also auf gl§i,<br />
B§idv usw.; einerseits im Pongau und im steir.<br />
Ennstal, andererseits im niederbayrischen Rottal.<br />
Doch ist in beiden Gebieten die Verzwielautung<br />
im Gegensatz zum Nordbair. erst sekundär erfolgt.<br />
Das erkennt man deutlich daran, daß im Salzburgischen<br />
und im Rottal solche ei auch für andere<br />
ältere f-Lautungen eingetreten sind, für Formen,<br />
die im Mhd. gar kein e besessen hatten; z. B. im<br />
Pinz- und Pongau in r^i'ry (Regen), w$ig (Weg)<br />
oder im Rottal in b$idln (betteln) aus mhd. regen,<br />
weg, betelen. — 3. Das hohe Alter <strong>des</strong> nordbairischen<br />
$i aus mhd. e erkennt man an seinem<br />
Auftreten in der Sprachinsel Iglau. Als im ausgehenden<br />
12. Jh. die Iglauer Gegend vom Egerland<br />
aus besiedelt wurde, war dieses ei gerade im<br />
Entstehen. In einigen Iglauer Ortsnamen konnte<br />
alttschech. e (sprich f) den Wandel <strong>des</strong> mhd. e zu<br />
ei noch mitmachen.<br />
d. 1. Vor folgendem Nasenlaut beschreitet das<br />
mhd. e in großen Landstrichen eigene lautkombinatorische<br />
Sonderwege. Im Osten wie im Westen<br />
<strong>des</strong> Südbairischen herrscht Neigung zu -za-; so,<br />
insbesondere bei alten Leuten, in der Mittelsteiermark<br />
und tw. im Kärntner Lavanttal giv n (gehen),<br />
stiv n (stehen) im Osten; im Westen hören wir<br />
gidn, stidn in Tirol (ohne das TJnterinn- und Kitzbühler<br />
Gebiet, ohne das Stubai-, Sellrain-, ötz- und<br />
Lechtal sowie ohne das Passeier, den Vintschgau<br />
und die sogenannte Deutschgegend) und in Oberkärnten<br />
(ohne das Lesachtal) sowie im Fersental,<br />
in Luserna, Lavarone, Folgaria und in den Dreizehn<br />
Gemeinden. Zu den -i n -Lautungen im oberen Iselgebiet<br />
s. § 10 b 3. — 2. Im Mittelbairischen hat<br />
der Osten (Burgenland, tw. Niederösterreich,<br />
Südmähren, Südböhmen, Brunn, Iglau, Budweis)<br />
unter Näselung Zwielaut, also gQi n , gäi n , strichweise<br />
sogar gai n . — 3. Im Nordbairischen erscheint<br />
in manchen Gegenden gei n usw. mit dem gleichen<br />
Vokal wie für mhd. ie und üe, z. B. in grei n (grün)<br />
aus mhd. grüene.<br />
e. 1. Die sonst stark verbreiteten Sonderentwicklungen<br />
vor mhd. -h- fehlen hier; zehe, siehe<br />
usw. gehen den normalen Weg. — 2. Vor -l- stoßen<br />
wir in weiten Landstrichen <strong>des</strong> Südbairischen auf<br />
Gleichklang mit mhd. -öl-; s. § 3 k, wo Beispiele<br />
für -el- genannt wurden. Im Nordbairischen wird<br />
vor -l- der Zwielaut beseitigt; es heißt nordbair.<br />
sgl (Seele) statt erwartetem *seil. — 3. Vor -rherrscht<br />
im Bairischen die Normalentwicklung,<br />
also südbair. m$vr (mehr), khevrn (umkehren),<br />
mittelbair. (alt) mq, gh?n, nordbair. meiv, gheirf?i;<br />
auch hier findet man weitere Beispiele unter § 3 m.<br />
§ 11. Mhd. 6 (s. auch Karte 10)<br />
Übersicht: a. Mhd. 6 im Nord- und Mittelbairischen;<br />
drohende Lautgleichheit mit anderen<br />
Lautreihen und alte Mittelgaumigkeit. — b. 6 im<br />
Südbairischen. — cd vor Fortis und im absoluten<br />
Auslaut. — d. Mhd. 6n.<br />
a. 1. Außerhalb <strong>des</strong> Bairischen hat sich mhd. 6<br />
überall parallel mit mhd. e entwickelt. Darum zeigt<br />
die Karte 10 die außorbairischen Lautgrenzen für<br />
mhd. 6 nicht mehr so genau an wie die Karte 9<br />
für e. — 2. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen ist dagegen<br />
diese parallelo Reihenentwicklung auf weiten<br />
Strecken gestört worden. Nur im Nordbairischen<br />
hat die Parallelität zu e volle Geltung. Für ö steht<br />
2 ) y ist als „spirantischer" Gaumenlaut auszusprechen,<br />
also ein stimmhafter, dem -h- verwandter<br />
-
§ 11 a 6—b 2<br />
die Osthälfte dieser kleinen gg -Insel ei oder gi<br />
dafür einsetzt, so sind das nichtssagende Abirrungen<br />
von der großen gg-Reihe. — 7. In Niederösterreich<br />
mit umliegenden Landschaften herrscht<br />
wie gesagt g. Auch dieses g können wir bald nach<br />
1300 in urkundlichen Schreibungen, wie rat (rot),<br />
astern (Ostern) usw., fassen, da sie nach dem<br />
Schreibgesetz, der mundartliche Laut g ist als<br />
Buchstabe o zu schreiben, ein gesprochenes g<br />
reflektieren. Schon damals dürfte daher im Wienerischen<br />
rgd (rot) gleich geklungen wie z. B. bgd<br />
(Bad, mhd. bat) und rotjbat für Wien einen vokalisch<br />
reinen Reim gebildet haben, wie ja tatsächlich<br />
schon um 1285 der Wiener Jans Enikel<br />
in seinem Fürstenbuch vereinzelt ähnliche Reime<br />
gebrauchte. In der Tat können auch heute im<br />
näheren Umkreis von Wien rgd (rot) und bgd<br />
(Bad) und dergleichen rein gereimt werden, <strong>des</strong>gleichen<br />
z. T. im Gebiet um die oberösterreichisehsteir.-niederösteir.<br />
Dreiländerecke. Die Karte bezeichnet<br />
die Gebiete mit Gleichklang durch senkrechte<br />
Schraffur. — 8. Umsomehr fällt es auf, wenn<br />
die ältesten Bauern <strong>des</strong> übrigen g-Bereiches zwischen<br />
den Lautungen für mhd. 6 und für mhd. a<br />
oft säuberlich unterscheiden 3 ). Nunmehr passen<br />
niederösterr. räd (rot) und bgd (Bad) vokalisch<br />
nicht mehr zusammen, ebensowenig (tw. im Burgenland)<br />
rgd und böd. Das Eigenartige dabei ist nun,<br />
daß zwei sehr ähnliche Laute aneinander vorbeigeglitten<br />
sein müssen, ohne sich im geringsten<br />
miteinander zu vermengen. Das d aus mhd. 6 muß<br />
einstmals geschlossener gewesen sein als das g<br />
aus mhd. a, heute ist jedoch dieses d offener als<br />
das g aus mhd. o! Dieses Rätsel ist nur zu lösen,<br />
wenn einer der beiden Laute einstmals ein unterscheiden<strong>des</strong><br />
Merkmal besessen hatte, das heute<br />
nicht mehr vorhanden ist; anders wären diese<br />
Laute ohne Verwirrung unmöglich aneinander<br />
vorbeigekommen. Das g aus mhd. 6 war offenbar<br />
im 13. Jh. mittelgaumig und klang wie §, das g<br />
aus mhd. o war hingegen immer das hintergaumige,<br />
normale g. Diese einfache Erklärung<br />
entspricht nach § 5 c 1 vortrefflich dem Wandel<br />
aller alten Hintergaumenvokale zu Mittelgaumenlauten,<br />
dem natürlich auch g aus mhd. 6 unterworfen<br />
gewesen war. Damit erfährt dieses rätselhafte<br />
Vorbeigleiten zweier Laute ohne Störung<br />
auf einfache Weise eine wohlgefällige Deutung.<br />
Übrigens ist diese altniederösterreichische Unterscheidung<br />
zwischen d aus mhd. 6 und g aus mhd. a<br />
heute schon aufs schwerste durch Vereinheitlichung<br />
zu gemeinsamem g bedroht. — 9. In gleicher Weise<br />
und unter gleichen Voraussetzungen sind diese<br />
zwei Lautreihen offenbar auch im Salzburger Pinzund<br />
Pongau aneinander vorübergeglitten; auch<br />
dort stehen sich g aus mhd. 6 und gu aus (nhd.<br />
gedehntem) mhd. a, etwa in hrgd (rot) und bgud<br />
(Bad), getrennt gegenüber. — 10. Diese mittelgaumige<br />
Aussprache dürfte auch schuld an der<br />
westmittelbair. Verzwielautung von *§ zu gu, aus<br />
dem wir weiters gp und gi abgeleitet hatten, gewesen<br />
sein. Es ist eine wohlbekannte Erfahrung der<br />
Lautgeschichte, daß Mittelgaumen vokale leichter zu<br />
steigenden Zwielauten werden als hinter- oder<br />
vordergaumige Selbstlaute. Wir bemerken hier zum<br />
erstenmal eine entscheidende Störung paralleler<br />
Reihenschritte infolge einstiger Mittelgaurnigkeit.<br />
Allerdings war bei der Auseinanderentwicklung<br />
von mhd. e zu einfachem £ gegenüber dem paral-<br />
8 ) Die Grenze zwischen dem modernen Gleichklang<br />
und der modernen Trennung von mhd. 6<br />
und a in der ältesten mundartlichen Lautgebung<br />
ist noch nicht genau erforscht und muß auf Karte<br />
10 vielleicht da und dort noch verändert werden.<br />
46<br />
lelen 6 zu den Zwielauten gu, eg, und gi gewiß auch<br />
das Bedürfnis nach Lautdifferenzierung der anderen<br />
g-Reihe aus mhd. a gegenüber mit maßgebend,<br />
also eine Reihenausweichung, eine Phonemenflucht.<br />
Ein ähnliches Differenzierungsbedürfnis<br />
spielt bei den Sonderentwicklungen <strong>des</strong><br />
mhd. 6 in einigen südbairischen Mundarten herein;<br />
ebenso beim Sonderweg <strong>des</strong> mhd. uo zu mundartlichem<br />
ui, dem die Wandlungen von mhd. ie<br />
und üe zu mundartlichem id gegenübertreten; <strong>des</strong>gleichen<br />
bei gt> aus mhd. ei gegen ä aus mhd. ou,<br />
öu (s. § 20 a 1 und Einltg. 41).<br />
b. 1. Seit 1200 bemerken wir nämlich im Südbair.<br />
für mhd. 6 (allerdings sehr seltene) oa-Schreibungen,<br />
zwei Jahrzehnte später treten die gleichen<br />
oa-Schreibungen für mhd. ei dazu. Dementsprechend<br />
sind in den verkehrsreicheren Landschaften<br />
<strong>des</strong> Südbairischen mhd. 6 und mhd. ei tatsächlich<br />
als gü-Lautung zusammengefallen. Um 1400 banden<br />
südbairische Dichter bereits 6 und ei im Reim<br />
miteinander, etwa Hans Vintler in seinen „Pluomen<br />
der tugent" schonen/weinen oder Oswald von<br />
Wolkenstein im Binnenreim röt, tot/breit. Unsere<br />
Karte hebt die südbair. Gebiete mit Gleichklang<br />
von mhd. 6 und ei durch waagrechte Schraffen<br />
deutlich hervor. Es sind: Die westl. Obersteiermark<br />
mit dem salzburgischen Lungau, Nord- und<br />
Unterkärnten und teilweise die nördliche Mittelsteiermark<br />
im Osten; im Westen die Gegend um<br />
das Südtiroler Städtedreieck Brixen, Bozen und<br />
Meran mit dem Vintschgau und in Nordtirol das<br />
ganze Inntal von Schwaz aufwärts mit dem Zillertal,<br />
aber ohne die übrigen Nordtiroler Hochtäler;<br />
schließlich der Westen von Oberbayern und das<br />
Tiroler Lechtal, soweit sie während <strong>des</strong> Mittelalters<br />
noch der Diözese Augsburg unterstanden<br />
waren. Gleichklang besteht ferner in einigen<br />
Sprachinseln, in Zarz und Deutschruth, wo rgvt,<br />
gvstrn, hgvx denselben Vokalismus wie prgvt<br />
(breit), mgvstr (Meister), plgvx (bleich) aufweisen,<br />
ebenso in den Dreizehn Gemeinden, in Luserna und<br />
Lavarone mit rgvt gleich wie prgvt und ebenso in<br />
Teilen der Sieben Gemeinden (vgl. aber weiter<br />
unten); ferner in Folgaria mit ruvt wie priwt. —<br />
2. In<strong>des</strong>sen haben sich vor allem verkehrsferne<br />
südbair. Mundarten bis jetzt erfolgreich gegen<br />
diesen Gleichklang wehren können (vgl. Einltg. 41).<br />
Entweder es blieb gv aus mhd. 6 bestehen, dann<br />
mußte gv aus mhd. ei zu ä umgebogen werden; man<br />
unterscheidet also zwischen rgvt und prät, um<br />
„Reimwörter" mit ö und ei auszusuchen. So in<br />
Paznaun und Stanz am Arlberg, am Reggelsberg<br />
8üdöstl. Bozen, im Ostpustertal mit seinen<br />
Sprachinseln Pladen und Zahre und im südlichen<br />
Kärnten mit der Sprachinsel Tischlwang (dazu<br />
8. auch § 20 g 5) 4 ). Oder es blieb in älterer Weise<br />
das gv aus mhd. ei erhalten, dann mußte entweder<br />
die alte Mittelgaumigkeit <strong>des</strong> öd aus mhd. 6 fortbestehen<br />
oder dieses 6o sich irgendwie weiterentwickeln.<br />
Es treten einander r&dt und prgvt<br />
gegenüber, so in der Mittelsteiermark mit dem<br />
burgenländischen Raabtal, im Mittermölltal und<br />
dem Lienzer Becken und in den Tiroler Hochgebirgslandschaften<br />
<strong>des</strong> Obersill-, Stubai-, ötz-,<br />
*) Unter Wiener Einfluß erscheint am Südrand<br />
von Kärnten das jüngere Stadt- und verkehrssprachliche<br />
ö (röt gegen prät) und unter Einfluß<br />
der alten Knappensprache am Weißensee und im<br />
Kanaltal g (rgt gegen prät), ebenso in einigen<br />
Gemeinden südl. von Oberdrauburg (Kärnten).<br />
Unter Salzburger Einfluß steht wahrscheinlich im<br />
Obermölltal g (hrgt gegen prgvt).
Passeier-, Obereisack- und Westpustertales 5 ). —<br />
3. Daraus entstand Ü9 im tirolischen Oberlechgebiet<br />
und in Teilen <strong>des</strong> tirolischen Unterinnbereiches,<br />
wo sich rüdt und prQvt gegenübertreten;<br />
in einigen Gemeinden dieser beiden Gebiete wird<br />
dieses U9 aus 6 als Mittelgaumenvokal Ü9 hintergaumigem<br />
u9 aus mhd. uo gegenübergestellt, so<br />
daß z. B. auch rüdt aus röt und güdt aus guot säuberlich<br />
getrennt bleiben. Auch in der südöstlichsten<br />
Steiermark, um Radkersburg und Mureck, stehen<br />
sich rüdt (hier wie güdt) und prgvt scharf gegenüber.<br />
In der Pustertaler Hochgemeinde Tilliach (südl.<br />
Lienz) wurde dieses öd aus mhd. 6 gewissermaßen<br />
„überpustertalerisch" zu gi (vgl. guit aus mhd.<br />
guot, § 18 a 2), daher tilliacherisches rgit gegen<br />
prQat. Dasselbe gi dürfte nach § 16 e 1 einstens auch<br />
um Radkersburg üblich gewesen sein (s. Einltg. 51).<br />
In den innersten Talwinkeln <strong>des</strong> östlichen Tirolerischen<br />
besteht ähnlich wie bei §v aus mhd. e<br />
(s. § 10 b 3) Neigung zu sekundärer Monophthongierung<br />
8 ), so bei röt oder ret (rot) 7 ) gegen prgvt<br />
(breit) im oberen Iselgebiet, in Innervillgratten,<br />
im Tauferer- und Ahrntal und (ganz alt) im obersten<br />
Zillertal; Monophthongierung im selben Sinne<br />
wie bei mhd. e, aber ohne Mittelgaumigkeit treffen<br />
wir in den Sieben Gemeinden in rgt gegen prgDt 8 ).<br />
Man ersieht aus diesen Gegenüberstellungen der<br />
Lautungen für mhd. 6 und für mhd. ei das Bedürfnis<br />
der verkehrsfernen Mundarten nach säuberlicher<br />
Trennung der alten Lautreihen, man<br />
könnte fast sagen, eine phonologische Überempfindlichkeit<br />
mit Lautdifferenzierungen um<br />
jeden Preis. Man erkennt daraus außerdem die<br />
mannigfachen Nachwirkungen alter Mittelgaumigkeit<br />
<strong>des</strong> mhd. ö, wie wir sie auch fürs Mittelbair.<br />
aufgedeckt haben.<br />
c. 1. Im absoluten Auslaut bewahren zwar<br />
einzelne südbair. Mundarten eine besondere Vorliebe<br />
zum Zwielaut (s. oben, Fußn. 6). In anderen<br />
südbair. Mundarten wird jedoch gerade im absoluten<br />
Auslaut langes mhd. 6 so behandelt, als läge<br />
kurzes mhd. o vor; so in der älteren Sprechweise<br />
von Unterkärnten (itröu „Stroh", tswöu „zwei",<br />
fern.); in der ältesten Mundart auch im Krappfeld,<br />
im Metnitz- und im Gurktal (um Straßburg und<br />
Gurk); doch werden diese Formen überall durch<br />
die „lautgerechten" Aussprachen ätrgv, tsivgv (dieses<br />
gleich dem neutr. tswgv aus mhd. zwei) ersetzt.<br />
— 2. Vor altem Starkreibelaut konnte das mhd. 6<br />
so früh gekürzt werden, daß es gelegentlich aus der<br />
allgemeinen Reihenentwicklung aussprang und<br />
den gleichen Sonderweg zu g beschritt, wie wir ihn<br />
manchesmal beim spätmhd. *6 aus mhd. o vor h<br />
und r (s. § 5 f 2 und 5 g) kennengelernt haben.<br />
Es heißt in der ganzen Mittelsteiermark v grgßßv<br />
6 ) Im Gottscheer Land ist trotz sonstiger Mittelgaumigkeit<br />
(ü aus mhd. u, äö aus mhd. u, üo aus<br />
mhd. uo) hier ga üblich (rgat gegen prgait; im<br />
Westen der Insel ruat gegen pruait).<br />
6 ) Im absoluten Auslaut bleibt vielfach der alto<br />
Zwielaut, etwa in Ströo (Stroh), tswbd (zwei, fern.,<br />
mhd.-südbair. zwo).<br />
7 ) Dieses e ist durch leichte Mittelgaumigkeit<br />
unterschieden vom e-Laut anderen Ursprungs.<br />
8 ) In Einsilbern hört man auch (analoges) rgvt,<br />
in Mehrsilbern nach lautgesetzlichem rgter (analoges)<br />
prgtgr statt älterem prgvtar; es herrscht also<br />
in den Sieben Gemeinden Neigung zum Ausgleich<br />
zwischen beiden Lautreihen. Im Osten der Insel,<br />
um Foza, wird scharf getrennt: rgt gegen prgit.<br />
Doch bleibt in den Sieben Gemeinden im absoluten<br />
Auslaut und vor -r- der Zwielaut, z. B. in<br />
strgn (Stroh), göre (Ohr) usw. Dasselbe gilt vor -r<br />
boi mhd. ö: ßor (Oehr), hQnrn (hören).<br />
§ llb 2—d5<br />
(v grgsv) und danach grgs (groß) statt „lautgerechtem"<br />
*grgns, *gröds, grüds etc.<br />
d. 1. Vor Nasenlauten begegnet uns mhd. ö in<br />
Ion (Lohn), böne (Bohne). Im Nordbairischen<br />
haben wir neben lautgesetzlichem lgu n , bgu n (vgl.<br />
rgud) strichweise die Spielformen lou n , bou n mit<br />
dem gleichen ou n wie für die mhd. Lautfolge -uonetwa<br />
in dou n (tun) aus mhd. tuon. Außerhalb <strong>des</strong><br />
oberbayr. rpztf-Gebietes mit seinem lgv n fällt in<br />
Ober- und Niederbayern das genäselte 6 gewöhnlich<br />
mit mhd. -an- und mit nhd. -an- zusammen,<br />
ebenso im Salzburgischen. Man sagt lö n , bö n u. ä.,<br />
die mit mö n (Mann) u. ä. gereimt werden können. —<br />
2. Im Sundergau (südl. v. München) spricht man<br />
jedoch ldu n (aber mö n ). — 3. Zwischen Freising<br />
und Wasserburg (Oberbayern) treffen wir vereinzelt<br />
auf die altertümlichen Lautformen loi n ,<br />
boi n . Sie erklären sich hier (nach Einltg. 51) am<br />
besten auf folgende Weise: Für mhd. -iu- war in<br />
diesen Gegenden einstmals öu üblich, wie heute<br />
noch im Osten anschließend (s. § 16 b 6 und Karte<br />
13) z. B. in nöu (neu), döufe (Teufel), blöu n (bleuen).<br />
Dieses du aus mhd. iu wird im allgemeinen verschieden<br />
von gu aus mhd. ö in r§ud (rot) ausgesprochen,<br />
vor Nasal aber wird infolge einer in<br />
Altbayern herrschenden Neigung genäselter Vokale<br />
zu geschlossener Aussprache l$u n zu lou n verändert;<br />
dieses sieht nunmehr aus, als wäre sein<br />
du aus mhd. iu entstanden; es stimmt zu blöu n<br />
(bleuen). Nun wurde älteres 5u aus mhd. iu im<br />
Einflußgebiet von München durch jüngeres und<br />
einstens „eleganteres" oi ersetzt und nöu, döuje,<br />
blöu n zu nöi, döife, blöi n „verbessert". Es versteht<br />
sich von selbst, daß dieser Reihenersatz auch auf<br />
löu n ausgedehnt wurde und sich auch dieses löu n zu<br />
löi n verwandelt hat. — 4. Um Neubistritz-Neuhaus<br />
(westliches Südmähren) begegnet uns gleichfalls<br />
löi n , das hier eine andere Vorgeschichte aufweist.<br />
Es paßt zu rgid, gisdvn usw.; doch wird im übrigen<br />
modernen rgid-Gebiet (s. Karte 10) nur lg n oder<br />
lgu n (zu diesem s. unten) gesprochen. Andererseits<br />
finden wir weit über das moderne rgid-Gebiet<br />
hinaus im Pulkautal und um Znaim die absterbendo<br />
Aussprache böi nd l (Bohne), ebenso um Preßburg,<br />
auf der großen Schutt und im nördlichen Burgen -<br />
land pöi nd l, püi nd l, pöüi nd l und vereinzelt auch<br />
löui n (Lohn), <strong>des</strong>gleichen im niederöst. Pulkautal<br />
und um Znaim in Südmähren bgißßn (Nüsse vom<br />
Baum schlagen) aus mhd. bözen „schlagen" (vgl.<br />
Einltg. 49). Diese Restformen bürgen für eine<br />
einstmals große Ausbreitung der Lautungen gi in<br />
rgid usw. nach Osten bis ins Burgenland. Im Norden<br />
<strong>des</strong> Wald- und Weinviertels leistet in gleicher<br />
Weise für älteres öi die „falsche" Ersatzform<br />
Nonndorf in mehr als einem Dutzend von Ortsnamen<br />
Gewähr, mundartl. NQ n dgr>f. Die Schreibungen<br />
Non-, Nandorf sind seit dem 15. Jh. bezeugt.<br />
Offenbar hat man, als man rgid, gisdrm usw.<br />
durch neueres rgd, gsdvn ersetzte, fälschlicherweise<br />
auch das lautgerechto Ngi"dgnf, Nöi"dg»f analog<br />
zu Ng n dgvf umgestaltet.; auszugehen ist von mhd.<br />
Niuivendorf (Neuendorf). — 5. In der oberösterreichischen<br />
Zentrallandschaft mit ihrem cp in regd<br />
usw. ist meistens auch l$g n ungestört erhalten. —<br />
6. In größeren Teilen von Nioderösterreich und <strong>des</strong><br />
Burgenlan<strong>des</strong> sind dio Selbstlaute in lg n , bg nd l<br />
nachträglich verzwielautot worden, also täu n ,<br />
bäu nd l (vgl. mäu n ). Im Südbairischen rgvt-Hcreich<br />
neigt der Osten, insbes. in der Mittelsteiermark,<br />
zu uv; also lüD n . Dieselbe Neigung besteht im<br />
Westen, in Oberkärnten und Tirol (ohno Unterinngobiet)<br />
in lÜD n , püv n mit dem gleichen uv wie<br />
für mhd. uo und mit paralleler Entwicklung zu<br />
iv n aus mhd. -in-. Auch im Fersental, in Luserna,<br />
Lavarone, Folgaria und in den Dreizehn Gemeinden<br />
47
§ 11 d 5—§ 13 b 2<br />
tritt uv n , in Folgaria sogar ui n , dafür ein. — 8. In<strong>des</strong>sen<br />
haben bei -ön- wie bei -en- etliche Tiroler<br />
Landschaften die lautkombinatorische Veränderung<br />
durch -n- nicht mitgemacht, so das Inntal<br />
von Telfs abwärts mit dem Stubai-, Seilrain-,<br />
ötz- und Passeiertal und der Vintschgau mit der<br />
Deutschgegend sowie einige verstreute Gemeinden<br />
<strong>des</strong> Etschlan<strong>des</strong> und <strong>des</strong> Eisacktales. — 9. Im<br />
Tiroler Lechtal, <strong>des</strong>sen oberer Teil rüdt gebraucht,<br />
heißt es trotzdem lgo n , pgn n . — 10. In Teilen <strong>des</strong><br />
Oberiselgebietes hört man lün, püne 9 ) und in<br />
Innervillgratten len, pene 10 ). — 11. Im Pustertal<br />
sind alle älteren Ü9 aus mhd. uo zu ui geworden<br />
(s. § 18 a 2). Ebenso wie *tüdn, *güdt zu tuin,<br />
guit ist auch*lü9n, *pü9ne zuluin, puine verändert<br />
worden. Doch hat die Hochgemeinde Tilliach diese<br />
Sondorentwicklung nicht geteilt und bleibt bei<br />
Igin, pgine (vgl. rgit) stehen; dementsprechend hat<br />
das anschließende Kärntner Lesachtal Igan, pQane<br />
wie rgat gegen tudn (tun), gu9t (gut). — 12. Auch<br />
in den südbairischen Sprachinseln ging genäseltes 6<br />
meistens normale Wege, z. B. in den Sieben Gemeinden<br />
lg(v)n, pgna wie rg(v)t, an rqta (eine<br />
rote), in Zarz Igvn, pgane wie rgot, in Gottschee<br />
Igan, pganv (luan, puanv) wie roat (ruat) usw.<br />
§ 12. Mhd. 6<br />
1. Im allgemeinen ist mhd. 6 entrundet worden<br />
und dadurch mit mhd. e zusammengefallen; zur<br />
Entrundung der Umlaute s. § 6 a, zur Behandlung<br />
<strong>des</strong> e, dem hier meistens nichts mehr beizufügen<br />
ist, s. § 10; die dort aufgestellten Regeln gelten<br />
in gleichem Umfang auch hier und sind ebenso<br />
bei mhd. vlöhe (Flöhe), böse (böse), schone (schön),<br />
köle (Kohl), hören (hören) usw. in Kraft. — 2. Die<br />
zimbrischen Mundarten sind innerhalb <strong>des</strong> Bairischen<br />
die einzigen, welche nicht entrunden. Sie<br />
haben normalerweise das 6 parallel zu c entwickelt,<br />
z. B. in den Dreizehn Gemeinden flgohe *), pfoze,<br />
hüd n 2 ), hgnrn. Doch haben sich diese 6 in den<br />
Sieben Gemeinden, ausgenommen vor -r-, der mhd.<br />
ö-Reihe angeschlossen und dadurch den Paral-<br />
lelismus gestört: vlQye 3 ), p$ze, s$ne gegen hQ'vrn. —<br />
3. Infolge der Entrundung besteht wie gesagt<br />
Gleichheit mit mhd. e, daher nordbair. fleix, beis,<br />
sei n (sei n ), ghgl, heitfn, mittelbair. flq, bqs, ££»<br />
(&$i n ), ghg, h$o'n (alt h$ri) und südbair. fleo(x),<br />
pevs(e), s$D)i (sidn), h^vrn. — 4. Dessenungeachtet<br />
ist im Sundergau (südl. v. München) und in einigen<br />
Dörfern um Kufstein mhd. 6 mit mhd. e nicht<br />
zusammengefallen und als gi von dem g aus mhd.<br />
e getrennt gehalten. Es heißt etwa in Schliersee<br />
flQi, bQis, §Qi n , ghgi (Kohl), hgVn gegen khlq, BqdD,<br />
ge n , s$i, ghä'n (umkehren). Eine ähnliche Differenzierung<br />
besteht restweise in einigen Gegenden <strong>des</strong><br />
südl. Bayrischen Wal<strong>des</strong>, wo es bei alten Leuten<br />
fl$i, beis gegen gl$, B$dv lautet. Ähnliche Reste<br />
alter Unterscheidung treffen wir übrigens im nordöstlichsten<br />
Tirol auch bei mhd. ü als gi gegen<br />
mhd. * als ai (s. § 15 4).<br />
§ 13. Mhd. * (vgl. Karte 11)<br />
Üborsicht: a. Mhd. i, ü und ü in den oberdeutschen<br />
Dialekten. — b. Die Diphthongierung<br />
8 ) Deren ü ist mittelgaumig zu lesen.<br />
10 ). Deren e ist schwach mittelgaumig zu lesen.<br />
*) l ist vordergaumiges (palatales) -l- ähnlich<br />
wie in ital. baltaglia oder wie in kroat.-slowen.<br />
kralj.<br />
2 ) Vgl. in Luserna &üv n ; in den Dreizehn Gemeinden<br />
werden alle -w-Laute zu -u- verändert<br />
(s. § 9 a 2).<br />
3 ) -y- ist „spirantisches" g, das ähnlich klingt<br />
wie h.<br />
48<br />
im Bairischen. — c. Ältere Diphthongierungen<br />
vor Vokal. — d. Varianten von ai und au. — e. i<br />
und ü werden zu ä. — f. Sonderentwicklungen <strong>des</strong><br />
%. — g. Mhd. in. — h. Mhd. il. — i. Mhd. ir. —<br />
j. Umlaut von ai zu e im Zimbrischen.<br />
a. 1. Die Vokale der Parallelreihe i, ü und Ü<br />
wurden in ahd. Zeit nach Ausweis der modernen<br />
Vorarlberger und Schweizer Mundarten geschlossen<br />
und lang ausgesprochen. Diese langen Vokale sind<br />
dadurch z. B. im Südvorarlbergischen noch heute<br />
in zweifacher Hinsicht von der Parallelreihe mhd.<br />
i, u und ü unterschieden: durch die Dauer und<br />
durch den Offenheitsgrad. Die lehrreichen südvorarlbergischen<br />
Gegenüberstellungen von vnb<br />
(Weib) aus mhd. vnb gegen s{b (Sieb) aus mhd.<br />
sib, von hübt) (Haube) aus mhd. hübe gegen stybv<br />
(Stube) aus mhd. stube u. ä. sind schon § 7 a 2<br />
erwähnt worden. — 2. Die oberdeutschen Mundarten<br />
gliedern sich, was unsere Parallelreihe betrifft,<br />
in drei Gruppen: das Südalemannische behält,<br />
wie Karte 11 erkennen läßt, noch die ahd.<br />
Lautungen wib, hüs, hüsli (Häuslein) unverändert<br />
bei; das Schwäbische deutet uns mit seinen Zwielauten<br />
vftib, h,3us, hsisle (weib, hous, heiste) einen<br />
moderneren Übergangsstand an, das Bairische, das<br />
Ostfränkische und das Mitteldeutsche haben mit<br />
der vollen Verzwielautung in waeb, haos, haesl(d)<br />
den modernsten Zustand erreicht. Man kann<br />
geradezu im Raum die Zeitstufen ablesen, indem<br />
immer die ältesten Lautungen im westlichen Hochgebirgsland<br />
Vorarlberg, die etwas jüngeren Lautungen<br />
im nördlichen, sanfteren Schwäbischen und<br />
die jüngsten Formen im westlichen Bairischen,<br />
sonach rund um den Allgäu, aufgebaut sind (vgl.<br />
Einltg. 21).<br />
b. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen tauchen die<br />
ältesten urkundlichen Zwielautschroibungen ei und<br />
ou ganz vereinzelt schon um 1100 auf, und zwar<br />
in Südtirol. Daraus darf man jedoch nicht schließen,<br />
daß die Diphthongierung selbst, wie oft gemeint<br />
wird, im Tirolischen früher als anderswo im Bairischen<br />
entstanden ist; nur haben sie die Südtiroler<br />
Schreiber früher bemerkt als die Kanzlisten<br />
anderwärts und früher in der Schreibung berücksichtigt.<br />
Südtirol war das einzige bairische Gebiet<br />
mit zweisprachigen Schreibern, die bald nach<br />
deutsch-, bald nach italienischsprachiger Tradition<br />
amtierten. Die polyglotten Kanzlisten entschließen<br />
sich erfahrungsgemäß eher zu lautgetreuen Umschriften<br />
und befreien sich früher von historischen<br />
Schreibgewohnheiten als die Beamten <strong>des</strong> einsprachigen<br />
Binnenlan<strong>des</strong>, die ihrerseits Divergenzen<br />
zwischen Buchstaben und Laut schwerer<br />
feststellen. Häufiger werden allmählich die bair.<br />
Zwielautschreibungen ei und ou überall seit dem<br />
Ende <strong>des</strong> 12. Jhs.; um 1250 kommen äi und au (lies<br />
ai, au) und zur selben Zeit au auf. — 2. Die Neigung<br />
zur allgemeinen Diphthongierung war gesamtbairisch;<br />
das steht einwandfrei fest. Eine Reihe<br />
bairischer Sprachinseln wurde noch zu Zeiten,<br />
als die Verzwielautung entweder noch nicht begonnen<br />
hatte oder erst in den Anfängen steckte,<br />
angelegt. Das Zimbrische der Sieben Gemeinden<br />
hat zwar die Diphthongierung in waep, haos,<br />
hdözle, es hat aber diese Zwielaute nach Ausweis<br />
von entlehnten Sachbezeichnungen und Ortsnamen<br />
im Neuland wie woddel (eine Art Schaufel),<br />
kvmäon (Gemeinde), Zlaet (Schio, Ortsname),<br />
Pvldöde (Palü, Ortsname) aus altvenez. badil,<br />
komün, *Skled, *Palüdi (vlat. badile, comüne,<br />
*Aesculetu, *Palü<strong>des</strong>) erst auf dem Boden dor<br />
Sprachinsel selbsttätig geschaffen und nur die<br />
monogenetische Tendenz zur Verzwielautung, nicht
aber die Diphthonge selbst aus der Heimat mitgebracht<br />
(s. Einltg. 30).<br />
c. Doch sind im absoluten A.uslaut und vor Vokal<br />
im Bairischen in vereinzelten Fällen schon in<br />
spätahd. Zeit i und ü zu ei und ou geworden; es<br />
hat ein ähnlicher Zustand geherrscht, wie wir ihn<br />
jetzt noch z. T. im Süd- und im Niederalemannischen<br />
vor uns haben, etwa in wib, hüs gegen blei<br />
(Blei), sneiiv (schneien), sou (Sau). Ahd. Schreibungen,<br />
wie Paveia (Pavia), salveia (Salbei) x ) und<br />
im 10. Jh. (aus Südtirol) Soupach (Saubach), weisen<br />
in diese Richtung. Ihr ei und ou gingen späterhin<br />
manchesmal den gleichen Weg wie die alten Zwielaute<br />
mhd. ei und ou und wurden mit ihnen geradezu<br />
vertauscht — ähnliches finden wir bei mhd. iu<br />
im Hiatus (s. § 16 d). Spuren dieser Verwechslung<br />
von i mit ahd. ei entdecken wir in urkundlichem<br />
äb(e)tai (Abtei) und vöitai (Vogtei) aus mittellat.<br />
abbatia, vocatia bis um 1350 2 ), ferner in etlichen<br />
Wörtern, die jetzt phonetisches ai, als läge i vor,<br />
statt erwartetem qv aus ahd. -ei- aufweisen; so im<br />
ötztal taiia (eine Art Almhütte) neben imsterischem<br />
toviv und im Innerpitztal sing. tqr>, plur. aber<br />
taiidn aus ahd. *teija für altroman. *t$ga (vlat.<br />
t$gia, vgl. Meyer-Lübke, ERW 8616a); in tirol.<br />
graiie, grain, grau (zweiräderiger, langer Ochsenkarren)<br />
aus ahd. *gari(g)a für vlat. qua(d)rlga<br />
(s. Meyer-Lübke 6918), neben dem ein ahd.<br />
*gareia existiert haben muß; aus ihm seinerseits<br />
ist oberkärntn. grqiie, grQp u. ä. geflossen; in<br />
nordtirol. olddrlai (allerlei) zu mhd. leije (Art) statt<br />
erwartetem -IQD (vgl. § 20 i); im zarzerischen dat.<br />
tswäien (zweien) zum nom. tswgv (mhd. zweien,<br />
zwei) u. e. a.<br />
d. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen herrschen im<br />
allgemeinen die Lautungen ae und ao (für gewöhnlich<br />
hier sonst und im Wörterbuch der leichteren<br />
Lesbarkeit wegen ai und au geschrieben).<br />
Sie nehmen mannigfache Lautschattierungen an,<br />
unter denen hier nur die wichtigsten genannt<br />
werden. Neben dem weit verbreiteten ae und ao<br />
(waeb, haos) selbst gilt in Mittelkärnten äe und<br />
äo, <strong>des</strong>gleichen in den Sieben Gemeinden und in<br />
Gottschee. Die österreichischen Stadtmundarten<br />
ziehen äe, äo vor, die bayrischen ae und ao. Vereinzelt<br />
neigen diese Zwielaute zu Monophthongen,<br />
insbesondere im Bereich tschechischer und magyarischer<br />
Nachbarschaft; so im nördlichen Böhmerwald<br />
mit dem angrenzenden Bayrischen Wald<br />
(wäb, häs), um Wischau und Deutschpilsen und<br />
in den deutschen Außenmundarten um Budapest;<br />
seit dem ersten Weltkrieg auch in Wien, von wo<br />
sich diese monophthongische Aussprache seither<br />
mit erstaunlicher Geschwindigkeit über das umliegende<br />
Niederösterreich ausbreitet (s. Einltg. 26<br />
und 38). Die ungefähre Grenze für dio älteste<br />
Generation verzeichnet die Karte 11; bei der<br />
Jugend greifen die Monophthonge bereits über<br />
ganz Niederösterreich aus, westlich Znaim sogar<br />
auf Südmähren und in den ersten Anfängen (nach<br />
Beobachtungen um 1953) langsam auch aufs<br />
nördlichste Burgenland. In Wien selbst hört man<br />
in einigen Außenbezirken bereits neuerdings fallende<br />
Zwielaute, wävb, häv3. Dieso Wandlungen<br />
vollziehen sich unbewußt und lautgesetzlich (s. auch<br />
Einleitung 26). Im Mitterpinzgau bahnt sich die<br />
Monophthongierung aus eigenem Antrieb in mehreren<br />
Gemeinden an. An der oborpfälzisch-ostfränkischen<br />
Grenze waren ä und ä zwischen Amberg<br />
*) Hier und in ähnlichen Fällen ist -eia sogar<br />
für nachtoniges vlat. -ja (vlat. *salvia) eingetreten.<br />
8 ) Seit 1300 kommen abtii, voitii (aus mhd.<br />
abetie, voitie) als jüngere Lehnformen auf. Nach<br />
1350 treten sie die Alleinherrschaft an.<br />
§ 13 b 2—e 2<br />
und Erlangen üblich, sie sind aber jetzt im Verschwinden.<br />
— 2. Im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong>,<br />
in der sogenannten Suchen (mit einigen angrenzenden<br />
Gemeinden) hört man weip, höüs 3 ) oder wdip,<br />
hdüi 3 ). Mit dem Schwäbischen haben diese Aussprachen<br />
nichts zu tun; entstanden sind sie,weil<br />
auch angrenzende slowenische Mundarten ei und<br />
öü sprechen, z. B. in reiba (Fisch), döüSa (Seele)<br />
statt schriftslowen. riba, dusa. Auch sonst entdecken<br />
wir in der Suchen mancherlei Slowenismen.<br />
— 3. Im Südosten herrscht insbesondere in der<br />
Mittelsteiermark Neigung zu Triphthongen in<br />
wäe 9 b, häö*s — den äußersten Bereich verzeichnet<br />
unsere Karte. Ähnliches hört man individuell auch<br />
in Südmähren und Südböhmen, ohne daß Grenzen<br />
gezogen werden können.<br />
e. 1. Einstmals gab es im Mittelbairischen seit<br />
1300 und im Nordbairischen seit wenigen Jahrzehnten<br />
später sonderbarerweise für dieses ae, ao<br />
aus mhd. *, ü und ü den gemeinsamen Monophthong<br />
ä; so z. B. nach Urkunden aus Oberösterreich 1301<br />
SuxiJcer8torf (Schweikersdorf) aus mhd. Swidgeresdorf,<br />
1331 Rapolzwinchel (Rappeswinkel) aus<br />
Richpol<strong>des</strong>winkel, 1343 Frahaim (Fraham) aus<br />
Vriheim; 1354 P^sching (Pasching) aus Püschach,<br />
1382 Räp (Raab) über Raub aus ahd. Rürippe usw.<br />
mit analogen Fällen aus Niederösterreich mit dem<br />
nördlichen Burgenland, aus Niederbayern, aus der<br />
Oberpfalz und dem Egerland. Entsprechende<br />
Reime gebraucht der Kärntner Hofdichter Heinrich<br />
von dem Türlin nach Wiener Vorbildern,<br />
und zwar um 1225, sofern die literarhistorische<br />
Datierung <strong>des</strong> „Mantels" und der „Krone" nicht,<br />
wie es mir auf Grund spraehgeschichtlicher Kriterien<br />
vorkommt, um einige Jahrzehnte zu früh<br />
angesetzt worden ist. Seine üjou- und i/ei-Roime<br />
gewinnen nämlich sonst im Lichto der Schreibungen<br />
der Urkunden und der Reime aller anderen<br />
bair. Dichter im Mittel- und im Nordbair. erst<br />
zwischen 1280 und 1300 festen Boden. Später hat<br />
man im Mitteibair, diese ö-Lautungen meistens<br />
wieder durch ai und au ersetzt. Auch mhd. d, ä,<br />
ou, öü sind ja zu diesem a-Laut geworden. Dadurch<br />
waren zu viele homonyme Wörter entstanden.<br />
Bei dieser künstlichen Rückbildung hat man<br />
mannigfache a als Restformen vergessen und<br />
andere a, dio gar nicht auf ü zurückgehen, fälschlicherweise<br />
zu ao umgestaltet. Restformen sind<br />
u. a. dnbä (dabei) und sä! (sei! imp.) im südl.<br />
Egerland, im Böhmerwald und im Bayrischen<br />
Wald, in Südböhmen und in der Kernlandschaft<br />
von Oberösterreich, gäd (gibt) und lad (liegt) aus<br />
mhd. git, lit in Südböhmen und in der Kernlandschaft<br />
von Oborösterreich, bäkßtaö (Zaunpfahl) aus<br />
rnhd. *bigeställe (vgl. mhd. bistall) in Wien und<br />
Niederösterreich. — 2. Oder in äj- (auf- in aufsperren<br />
usw.) im Nordbairischen bis zur Donau -<br />
linio als Gerade von Ingolstadt bis Passau, in<br />
Südböhmen und in der oberösterr. Kernlandschaft;<br />
ebenso affv (herauf) und äffe (hinauf); aufs Nordbairischo<br />
beschränkt bleiben sä (Sau), bräd (Braut),<br />
glä'm (klauben), draßtn (draußen), hafftn (Haufen;<br />
dieses tw. auch in Oberösterreich) u. a. Falsche<br />
Überbildungen sind z. B. Räowüsdovf (und sogar<br />
Räew-; Raubersdorf) östl. Regonsburg aus mhd.<br />
Rähwincsdorf, Däo'mMöx (neben Da'mslöx Darmschlag)<br />
im Egerland über mhd. Därviischlich aus alttschech.<br />
Dalcmi/Slich, haefftlgöld (Angeld) aus mhd.<br />
*häftel-, haftgclt (um Vohenstrauß, Oberpfalz),<br />
Draoßthöf (Drasenhofen, Niedorösterr.) aus mhd.<br />
Drdsenhof und Traßpüog (Draßburg, Burgonland)<br />
aus mhd. *Driwcnburg. Zum einstigen Verhältnis<br />
<strong>des</strong> mittelbairischen ö-Lautes aus mhd. ü zum<br />
3 ) ö und ü sind mittelgaumig.<br />
49
§ 13 e 2—§ 14 b 2<br />
ä-Laut aus mhd. ou etwa in mhd. Reimen und zu<br />
deren gemeinsamen mittel- und nordbair. Schicksalen<br />
s. § 21 a.<br />
f. Strichweise wurde die alte Parallelität <strong>des</strong><br />
ae zu ao gestört durch eine leichte Verdumpfung<br />
<strong>des</strong> ae zu äe in verkehrsferneren Burgenländer<br />
Gebieten und weniger stark zu äe in größeren<br />
Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> und in der angrenzenden<br />
Oststeiermark. In Moschendorf im Burgenland<br />
(östl. Güssing) tritt sogar ä ein: wäb (Weib), rätn<br />
(reiten) usw., ebenso für mhd. Ü, iü in mäs (Mäuse),<br />
läxtn (leuchten). Das äo aus mhd. u wurde davon<br />
nicht betroffen.<br />
g. 1. Vor Nasenlauten tritt dieses äe im Burgenland<br />
und in der Oststeiermark deutlicher und in<br />
größeren Gebieten hervor, z. B. in wäe n (Wein),<br />
läem (Leim). — 2. In einigen nieder- und oberösterr.<br />
Landschaften neigt genäseltes ae zu Q (w$ n ,<br />
l^rn) oder zu gi (wqi n usw.); wei n usw. begegnet<br />
uns im Pinz- und Pongau, wein, wein im Kärntner<br />
Oberdrautal. Altertümliche Restformen mit § n<br />
hört man in oberösterr. Ortsnamen. Natürlich<br />
treffen wir ä n (oder g n ) auch überall dort, wo allgemeine<br />
Monophthongierung äe zu ä eingetreten<br />
ist. — 3. In großen Teilen von Oberbayern (mit<br />
München) und Niederbayern tritt unter Näselung<br />
ei mit sehr kurzem e ein: wei n , leim; doch wird<br />
diese phonetische Besonderheit den Sprechern<br />
nicht bewußt.<br />
h. Vor -l- wurde die Lautfolge ai aus mhd. -ilim<br />
Nord- und im östl. Südbairischen und sonst<br />
überall dort, wo der nachvokalische -Z-Laut -ühaltig<br />
klingt (s. Karte 4), zu -äl- vereinfacht; so<br />
in Mittel- und Unterkärnten, in der Steiermark und<br />
im Burgenland mit der Grafschaft Pitten im Süden,<br />
auf der Großen Schutt, in Bösing und Modern der<br />
Slowakei im Osten, in Südmähren mit Brunn und<br />
vWischau, in Südböhmen mit Budweis, im Böhmerwald,<br />
im Egerland mit Iglau und der Oberpfalz<br />
im Norden und am südlichen Lechrain im Westen<br />
<strong>des</strong> Mittelbairischen. Überall dort sagt man demnach<br />
khäl (Keil), wäl (Weile), <strong>des</strong>gleichen äl, äln<br />
(Eule) aus mhd. iXle usw. Nur um den Ossiachersee<br />
in Kärnten im Süden und im Ascher Ländchen im<br />
äußersten Norden bleibt trotz dem sonderbaren<br />
-J-Laut das ae beibehalten. Durch die volle Vokalisierung<br />
<strong>des</strong> -Z- entsteht in Nieder- und Oberösterroich<br />
ghäö usf., in Salzburg, im Innviertel<br />
und in Nieder- und Oberbayern ghäe usf. Im<br />
Kärntner Lieser- und Maltatal hört man sonderbarerweise<br />
khgl usw.<br />
i. Vor -r- treten nur selten Sonderentwicklungen<br />
ein. Im Westen der Sieben Gemeinden wird vairn<br />
(feiern), air (Luft; aus altvenez. aire) zu v$rn, £r<br />
oder vevrn, enr. Am Ostrand <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong><br />
hört man gelegentlich pä(r), pgo(r) (Quecke; aus<br />
altslaw. pyr(i)) statt ostbair. bäe(r), päw. Vor<br />
der schweren Mitlautverbindung -rt- in Feiertag<br />
kommen Vereinfachungen vor. Im Westen der<br />
Sieben Gemeinden gilt vartakx neben lautgerechtem<br />
ve(v)rtakx, in den Dreizehn Gemeinden<br />
venrtakx, in Zarz värtakx, im Unterlavanttal<br />
(Kärnten) alt vartv, värtv, im westlichsten Niederösterreich<br />
fattD, zwischen Regensburg, Ingolstadt<br />
und Dorfen an der oberpfälz.-ober-niederbayr.<br />
Dreiländerecko farlto, jattn, faxt® und zwischen<br />
Fürstenfeld, Kochl und Eschenlohe (Oberbayern)<br />
förtv.<br />
j. Im Zimbrischen existiert in den Sieben Gemeinden<br />
als analoger Umlaut zu äe das phonologisch<br />
völlig isolierte e, das uns lautgeschichtlich<br />
einstweilen ein Rätsel bleibt; z. B. in rexxor<br />
(reicher, comp.), dar rexx^rste (der reichste-),<br />
& (bereichern) zu räex (reich) und ebenso<br />
50<br />
wetor, der wetzrs'te, dorwetern (erweitern) sowie wete<br />
(die Weite) zu wäet (weit) usw. In Luserna, Folgaria<br />
und Lavarone fällt dieses e als e- oder ei-<br />
Lautung sekundär mit mundartl. e, ei aus mhd. e<br />
zusammen. In den Dreizehn Gemeinden fehlt diese<br />
sonderbare e-Lautung.<br />
§ 14. Mhd. ü (s. Karte 11)<br />
Übersicht: a. Mhd. ü; uff, uß, min, din, sin,<br />
in- statt üf, uz, min, din, sin, in-. — b. Mhd. un,<br />
um. — c. Mhd. ul. — d. Mhd. ür.<br />
a. 1. Im allgemeinen geht, wie schon § 13 bemerkt<br />
wurde, die Entwicklung <strong>des</strong> mhd. ü parallel<br />
zu der <strong>des</strong> mhd. *. Es bleibt also hier über u nicht<br />
mehr viel Bemerkenswertes zu sagen übrig. Die<br />
Mittelgaumigkeit, über die das Grundsätzliche auch<br />
schon § 5 c vermerkt worden ist, bedarf einer<br />
kurzen Betrachtung. Wie bei mundartlichem ü<br />
aus mhd. u (s. § 8 a) ist auch hier die alte Mittelgaumigkeit<br />
im Gail-und Lesachtal und an der Drau<br />
und Rienz im Pustertal beseitigt worden (s.<br />
Karte 11), während sie sonst im Palatovelarisierungsgebiet<br />
erhalten geblieben ist. Dafür begegnet<br />
sie uns sonderbarerweise in einem Teil <strong>des</strong><br />
Salzkammergutes, wo aö (neben öu aus mhd. d)<br />
den einzigen Mittelgaumenvokal darstellt. In der<br />
Mittelsteiermark unterdrücken die jüngeren Leute<br />
bei äö 3 diese Mittelgaumigkeit und setzen dafür<br />
lieber äo 3 ein, obgleich i[ü aus mhd. u erhalten<br />
bleibt. — 2. In einigen Dörfern nördl. von Ingolstadt<br />
(Oberbayern) wurde ao neuerlich zu ä gewandelt;<br />
dieses ä dürfte aber, z. B. in häs (Haus),<br />
mit dem § 13 e erwähnten Wandel von ü zu ä<br />
kaum mehr etwas zu tun haben. — 3. Merkwürdig<br />
sind einige Verkürzungen zu mhd. u. Nach<br />
der bairischen Urkundensprache war uff- statt<br />
auf- (in aufsperren usw.) einstmals weit verbreitet.<br />
Es ist jenes uff- mit verkürztem u statt ü, das wir<br />
in Vorarlberg als tiff-, off- und im Rheinfränkisehen<br />
als uf- noch erhalten haben. Daran gemahnen<br />
(veraltetes) Uff- (neben aö/-) in Pladen und Zahre,<br />
ferner (veraltetes) üff- in Gurgl im ötztal, üffd<br />
(und öffe) in Gurgl, im inneren Zillertal und uffals<br />
Erinnerungsform in Krimml (Pinzgau). An die<br />
alemann. Verkürzungen di{,ßßn (draußen) in Vorarlberg<br />
und dußßo im Schwäbischen gemahnt uns<br />
als Alemannismus dußßü im Stanzer- und Paznauntal<br />
auf der Tiroler Seite <strong>des</strong> Arlberges. —<br />
4. Ähnliche Kürzungen (oder alte Kürzen) begegnen<br />
uns in min (mein), din (dein), zin (sein) im Osten<br />
der Sieben Gemeinden; es sind Formen, die auch<br />
in mhd. Reimen bairischer Dichtungen, z. B. im<br />
Biterolf, nachweisbar sind. Über in- (in insperren)<br />
und inher (herein), inhin (hinein) in den bair.<br />
Sprachinseln und in beharrsamen bair. Binnenmundarten<br />
statt ein-, einher, einhin geben die<br />
betreffenden Wörterbuchartikel Auskunft.<br />
b. 1. Dort, wo vor Nasenlauten statt i die<br />
Lautungen e, ei, ei usw. vorkommen (s. § 13 g 2/3),<br />
treten uns hier die Parallellautungen g, ou, QU<br />
entgegen: brg n , brQu n (braun) im Pinz- und Pongau<br />
usw.; fvsöumo (versäumen) hört man tw. auch noch<br />
um den Achensee, proun, fasoumdn im Kärntner<br />
Oberdrautal, brgu n in Ober- und Niederbayern. —<br />
2. Mit folgendem m ist im Mittel- und Nordbairischen<br />
in weiten Landstrichen schon früh, im<br />
ausgehenden 13. Jh., am entstanden, das nunmehr<br />
mit -am- aus mhd. -oum- zusammenfällt; fosämofn)<br />
rärnv(n) (räumen) usf. können mit bäm (Baum),<br />
dräm (Traum), drätnv (träumen) rein gereimt werden.<br />
So im Mittel- und Nordbairischen mit Teilen<br />
der Sprachinseln Brunn und Wischau. Auch ins<br />
östliche Südbairische sind diese -öm-Formen vorgedrungen.<br />
Dagegen weist auf mittelbair. Boden
die Sprachzunge Neubistritz-Neuhaus (westl. Südmähren)<br />
viorzüomt) (wie päom usw.!) auf; ebenso<br />
gilt fvsäomn (und bäom usw.) im mittleren Mühlviertel<br />
mit Südböhmen und der Sprachinsel Budweis.<br />
Doch wird in der Sprachinsel Iglau und z. T.<br />
um Brunn und Wischau zwischen vvrzäomvn u. ä.<br />
und päm noch unterschieden; <strong>des</strong>gleichen in den<br />
übrigen Dialekten mit -aum- aus mhd. -um-. Die<br />
Grenze verläuft, indem die angeführten Siedlungen<br />
noch westliches -aum- haben, folgendermaßen: Von<br />
Wassertrüdingen (Mittelfranken) zur Lechmündung,<br />
lechaufwärts bis Augsburg, entlang <strong>des</strong><br />
Amnaersees nach Weilheim (Oberbayern) und durch<br />
den Walchensee, weiter bei Terfens (Tirol) über<br />
den Inn und bei Uderns über den Ziller, ferner<br />
nördlich von Krimml (Salzburg) nach Saalfelden,<br />
Golling, Abtenau, Klein-Arl und nach Gmünd<br />
(Kärnten), Gurk, Passering (südl. Hüttenberg), wo<br />
die cmm-Grenze den östlichsten Punkt erreicht;<br />
dann nach Westen umbiegend über Maria Saal,<br />
St. Ruprecht b. Villach und Hermagor, wo sie die<br />
Sprachgrenze trifft. Der obere Lechrain, das obere<br />
Loisachtal, das Innsbrucker Becken, der Pinz-,<br />
Pon- und Tennengau haben noch -aum-, ebenso<br />
das Moll-, Lieser-, Gurk- und Glantal; das Kanaltal,<br />
Villach und Klagenfurt haben schon -am-, <strong>des</strong>gleichen<br />
der Lungau, der Flachgau, das tirol.<br />
Unterinngebiet und fast ganz Altbayern. Doch<br />
dringen die -äm-Lautungen, da sie die Stadt- und<br />
Verkehrsmundarten bevorzugen, überall vor. Außerdem<br />
treffen wir mitten im südbairischen aum-<br />
Gebiet in konservativen Sprachlandschaften auf<br />
zwei -äm-Inseln: die eine liegt an der tirol.-kärntn.<br />
Grenze im Obermölltal und dem Iselgebiet von<br />
Matrei abwärts mit Kais sowie im östlichsten<br />
Pustertal mit Inner-, aber ohne Außervillgratten<br />
und im oberen Lesachtal; <strong>des</strong>gleichen herrscht<br />
vrzämen (versäumen) in der Sprachinsel Zarz, aber<br />
vdrzaumen in Pladen, Zahre usw. Die andere Insel<br />
umfaßt das Tauferer-, das Ahrntal und das hinterste<br />
Zillertal. Übrigens ist -am- in kxäm weiter,<br />
in däm (Daumen), pfrämv (Pflaume) weniger weit<br />
verbreitet.<br />
c. 1. Vor -l-, z. B. in Maul, faul aus mhd. mül,<br />
vül, wird im Mittel- und Nordbairischen wie bei<br />
mhd. -il- (s. § 13 h) wieder, wenn auch nicht in so<br />
großem Umfang, zu -ü- monophthongiert: nordbair.<br />
mal, jäl. Doch bleibt in der Sprachinsel Iglau<br />
daneben z. T. maul. Aus mal wurde in Übereinstimmung<br />
mit mhd. -il- im östlichen Mitteibair.<br />
mäö, im westlichen mäe. In größeren Teilen <strong>des</strong><br />
Burgenlan<strong>des</strong>, in der Steiermark (ohne Jogelland)<br />
und am gebirgigen Südrand von Oberösterroich<br />
bleibt die ältere Aussprache maul, maui, ebenso<br />
im Salzachgau und am oberbayr. Lechrain sowie<br />
um Mittenwald und Garmisch und in Teilen <strong>des</strong><br />
tirol. Unterinngebietes. — 2. Sonderbar sind die<br />
Lautungen mgl, fgl. Wir finden sie einerseits im<br />
nördlichen Böhmerwald, andererseits, teilweise sogar<br />
neben mgol, fgvl, im Kärntner Lieser- und<br />
Obergurktal und (mgi) im Lungau mit dem<br />
Kärntner Katschtal sowie m$l im Kärntner Maltatal.<br />
Dort klingen sie gleich wie in tgl, tovl, tgi, tQl<br />
(Teil) und wie in anderen Wörtern mit mhd. -eil-.<br />
Daher kommt es, daß infolge „falscher" Umreihung<br />
(ganz alt) im obersten steir. Murgebiet und im<br />
obersten kärntn. Lavanttal statt Teil, Seil usw.<br />
auch ,,falsches" taul, saul zu hören ist.<br />
d. 1. Vor folgendem -r- gilt meistens die normale<br />
Entsprechung -au- (bau(r), bautjv, bäuv „Bauer"<br />
usw.). Die ältesten Leute <strong>des</strong> Salzkammergutes<br />
und <strong>des</strong> östlichsten Flachgaus sagen bauwv, sauwv<br />
(sauer). — 2. In Westkärnten (Untermölltal, östl.<br />
Oberdrau- und östl. Gailtal, Millstatt, Lurnfeld,<br />
Gegendtal und Westhälfte <strong>des</strong> Ossiachersees) tritt<br />
4*<br />
§ 14 b 2—§ 16 a 1<br />
dafür päwdr, säurar ein. Ebendort heißt es strichweise<br />
auch geträwdn, -äbm, häwdn, -bm, fräiwndn<br />
(getrauen, hauen, Frauen) aus mhd. getrüeji,<br />
houwen, vrouwen. — 3. Im Westen der Sieben<br />
Gemeinden kommt pgr, zgr (pQ~vr, zQvr) neben<br />
pdor, zäor vor.<br />
§ 15. Mhd. ü und iü als Umlaute zu ahd. ü und iu<br />
1. Die Umlaute von ahd. ü in mhd. müse (plur.<br />
zu müs „Maus"), hüselin (dem. zu hüs „Haus")<br />
und von ahd. iu in mhd. Hüte (Leute), liühten<br />
(leuchten) aus frühahd. liuti, Hiuhtjan sind, wie uns<br />
urkundliche Schreibungen lehren, schon in spätahd.<br />
Zeit zusammengefallen. Sie werden von aufmerksamen<br />
Schreibern seit ugf. 1000 unter dem Buchstaben<br />
u (musi, husir; luti, lullten) gegen das<br />
Schriftzeichen iu für altes iu in tiuval (Teufel),<br />
ichgiuzzo (ich gieße) vereinheitlicht; in gleicher Weise<br />
schreiben lautbeobachtende Kanzlisten <strong>des</strong> 14. Jhs.<br />
mause, häuser und läute, tauchten gegen teuvel, ich<br />
geuz. Die phonetischen Ursachen für diesen Gleichklang<br />
von ü und iü erfahren wir § 16 a 2. Die<br />
gleiche Verteilung gilt heute noch in unverfälschten<br />
Bauernmundarten; um Garmisch (Oberbayern)<br />
spricht man mäis, hüisnr wie läit, laixtn gegen<br />
tüifl, i güis. — 2. Durch die Umlautentrundung<br />
(s. § 6 a) sind mhd. Ü und iü gemeinsam über<br />
aü zu ai mit dem anderen ai aus mhd. i gleich<br />
geworden. Alles, was § 13 über mhd. % mitgeteilt<br />
worden ist, gilt daher auch für mhd. Ü und iü. —<br />
3. Allerdings mit zwei Ausnahmen. Wie immer<br />
blieb auch hier im Zimbrischen die alte Umlautrundung<br />
erhalten, etwa in Luserna maus, haüznr;<br />
laut, laüxtn und in den Sieben Gemeinden mäöze,<br />
häözor; läöte, läöxten (individuell auch mqize usf. 1 ).<br />
Dieses aü ist in den Dreizehn Gemeinden und in<br />
Lavarone neuerdings zu au verändert worden, wie<br />
sich dort auch mhd. ü zu u verwandelt hat (s.<br />
§ 9 a 2); daher in den Dreizehn Gemeinden mauze,<br />
liauzor; laute, lauxlvn. — 4. Im Zillertal mit<br />
Teilen <strong>des</strong> tirol. Unterinngebietes ist der allgemeine<br />
Zusammenfall mit ai aus mhd. i gleichfalls, und<br />
zwar diesmal trotz Umlautentrundung, unterblieben;<br />
für unsere zwei Umlaute gilt oi. Während<br />
sonach im Bairischen sonst z. B. mhd. müse und<br />
lisc als mais und lais einen reinen Reim ergeben,<br />
bleiben sie im Zillertal usw. als mgiza und laizd<br />
lautlich streng geschieden.<br />
§ 16. Mhd. iu (s. die Karten 12, 13 und 14)<br />
Übersicht: a. Mhd. iu im Verhältnis zu mhd.<br />
iü; iu wurde zu spätahd. i'{ii, i{ü. — b. Mundartlich<br />
ui, i, oi, io, iu, eo, öu, öü, ei; — c. und aü, ai gleich<br />
wie für mhd. ü, iü. — d. Mhd. -iuiv-. — e. Mhd.<br />
-iu(we)n-. — f. Mhd. -iu(we)l-. — g. Mhd. -iur-.<br />
— h. -iu- vor Lippenlauten. — i. iu wird vereinzelt<br />
zu mundartl. e. — j. Vertauschungen mit<br />
mhd. ie. — k. Vertauschungen mit mhd. uo.<br />
a. 1. Die Lautverhältnisso für mhd. iu erscheinen<br />
uns auf den ersten Blick verworren und xmübersichtlich<br />
wegen der mannigfachen Lautvarianten,<br />
wegen verkehrssprachlicher Überschichtungen und<br />
wegen eigenartiger Übertritte zu anderen Reihen.<br />
Kennt man aber die Lautgeschichte im Lichte der<br />
Urkundensprache und der Lehnwörter genauer als<br />
Ganzheit, so lösen sich die scheinbaren Schwierigkeiten<br />
auf und werden zum wohlgefügten System.<br />
Ahd.-mhd. iu geht in den echten Bauernmundarten,<br />
soweit es nicht in ahd. Zeit regelrecht umge-<br />
*) Daher wird ugf. seit 1900 in der zimbrischen<br />
Schriftsprache (dazu s. § 10 b 3) auch moise,<br />
hoiser, loite, loiehten geschrieben. Vorher galten dio<br />
Schreibungen mause, meuse, mause usw.<br />
51
§ 16 al—b4<br />
lautet ist, andere Wege als mhd. iü; das wissen<br />
wir schon aus dem § 15. Die Mitlaute -r- und -wwirkten<br />
bei iu umlauthindernd; ahd. tiuri (teuer),<br />
stiurra (Steuergeld), niuwi (neu), triuwi (treu) usw.<br />
haben im Oberdeutschen keinen Umlaut; auch<br />
-hs- war im Westen <strong>des</strong> Bairischen umlauthindernd,<br />
daher loikßn, luikßn über mhd. liuhsene aus ahd.<br />
> *liuhsina; nur im Ostbairischen trat über mhd.<br />
*Hühsene richtiger Umlaut zu laikßn (Genaueres<br />
s. im Wörterbuch unter Leuchse [Runge eines<br />
Leiterwagens]) ein. Bei den starken Zeitwörtern<br />
der 2. Kl. ist der Umlaut in der 2., 3. pers. sing,<br />
präs. giuzzis (du gießt), giuzzit (er gießt) usf. unter<br />
Einwirkung der 1. pers. giuzzu (ich gieße) und<br />
<strong>des</strong> imp. giuz\ (gieß!) früh unterdrückt worden.<br />
Daher z. B. in Garmisch tüir, itüir, nüi, trüi sowie<br />
du guißt, rrr guißt nach \ güis und güis! wie tüifl<br />
(Teufel), hüir (heuer) aus ahd. tiuval, hiuru gegen<br />
mäis (Mäuse), laixtn (leuchten) usf. — 2. Der Umlaut<br />
<strong>des</strong> Zwielautes ahd. iu ist nach § 15 mit mhd.<br />
Ü ugf. um 1000 gleichlautend geworden. Das iu<br />
selbst wurde nämlich damals offenbar nicht mehr<br />
als i + u ausgesprochen, sondern die beiden Zwielautkomponenten<br />
waren bereits ohne Umlaut aneinander<br />
angeglichen worden und lauteten üu oder uü<br />
oder schon uji, uü. Aus diesen neuen Aussprachen erklären<br />
sich weitere Erscheinungen, etwa daß ugf.<br />
seit 1000 älteres vuir (Feuer) schon als viur aufgezeichnet<br />
und in unsere -i«-Reihe aufgenommen<br />
werden konnte (Garmisch füir), daß noch im 11. Jh.<br />
lat. eu in (Matt)Heus im Rahmen der mhd. -iu-<br />
Reihe mundartl. zu ui, oi, etwa in (Garmisch)<br />
Hüls, werden konnte und daß schließlich dieses<br />
spätahd. *Hius(o) sowie weitere Lehnwörter,<br />
etwa spätahd. *Liuo (Eligius) aus vlat. *Li(gi)uo<br />
oder *triuo (Viehtrift) aus vlat. trggo (aus vorröm.<br />
*troju; s. Moyer-Lübke ERW 8934) sogar im<br />
v ahd. gen.-dat. noch zu -iü- umlauten konnten *).<br />
Sobald dieses neue üu oder uü umlautete, mußte<br />
es natürlich automatisch zu üü, 4 werden, zu jenem<br />
Laut, der auch den Umlaut von ahd. u repräsentiert<br />
hat.<br />
b. 1. Ist das richtig, so mußte im 13. Jh. oil und<br />
öu aus ahd. iu weiters zu oi und eu (hier e -\- u) entrundet<br />
werden oder konnte durch eine geringe<br />
Lautvariation zu ui und iu ,,rückgebildet" werden.<br />
Die Urkundensprache läßt diese Wege schön verfolgen.<br />
Die Lautung ui besteht, wie Karte 12 zeigt,<br />
am Rand <strong>des</strong> Mitteibair, z. B. in nüi (neu), düir<br />
(teuer), düifl (Teufel) im Bayrischen Wald, in der<br />
südlichen Oberpfalz, im nördlichsten Niederbayern,<br />
im Westen von Oberbayern und im Westen<br />
und der Mitte <strong>des</strong> Tirolischen sowie im Schwäbischen.<br />
Um Friedberg, Landsberg, Weilheim, Starnberg<br />
und Aichach in Oberbayern neigt dieses ui<br />
(mit mannigfachen Varianten, wie üi, ii) zu i in ni,<br />
dir, dlfl usf. (s. Einltg. 44). — 2. Auch im Osten<br />
bilden die Gebiete mit ui die Umrahmung zum<br />
großen mittelbair. oi-Bereich, der allerdings selbst<br />
von Streuinseln anderer Art mannigfach unterbrochen<br />
wird. Je weiter wir übrigens die Donau<br />
abwärts nach Osten wandern, <strong>des</strong>to seltener werden<br />
die echtmundartlichen Entsprechungen für mhd.<br />
*) Diesen Umlaut finden wir (ganz alt) im dat.<br />
zu den Hofnamen Huizd und (ö)LuiJ9 im ötzund<br />
Silltal pan Haizn, pan (Q)Laiivn sowie, etwas<br />
entstellt, im Wipptal (ganz alt) bei truipn (Viehtrift),<br />
plur. traijan sowie in der häufigen Tiroler<br />
Nebenform traii^n, traidn, train neben trui(idn)<br />
(Viehtrift). Sie gehen auf die spätahd. dat.-Formen<br />
*Hiüsin, *Liüin, *triüin zum nom. *Hiuso, *Liuo,<br />
*triuo zurück. Die ahd. Schreibung Triu(o) für<br />
vlat.. *trgju ist beim Burgnamen Trui (b. Bozen)<br />
urkundlich schon im 11. Jh. belogt.<br />
iu. Sofern wir von den starken Zeitwörtern der<br />
2. Kl., wie gießen, ziehen usw. (darüber s. § 16 j<br />
1 — 3), deren -iu- sich verhältnismäßig gut halten,<br />
absehen, bildeten nämlich diese ahd. iu von Haus<br />
aus eine verhältnismäßig gliederarme Reihe, eine<br />
Reihe, die jetzt, wenn es hoch geht, äußerstenfalls<br />
zwei Dutzend feste Reihenglieder umfaßt. Bei allen<br />
gliederarmen Reihen besteht nach Einleitg. 44 aber<br />
die Gefahr der Reihenauflösung und Reihenzersetzung<br />
und die Tendenz <strong>des</strong> Anschlusses an verwandte<br />
Großreihen. Die schwerste Bedrohnis<br />
für die -m-Reihe ist seit der Neuzeit (s. § 16<br />
c 5) der Ersatz durch „Verkehrs-" und „schriftsprachliches"<br />
ai mit seinen Ersatzformen näi,<br />
däi(r) oder däiv, däifö statt der alten nüi usw.;<br />
die zweite Bedrohung ist der Übertritt zu mhd.<br />
ie bei den starken Zeitwörtern gießen usw. und<br />
bei tief, Stief-, Dieb, lieb statt älterem geußen,<br />
teuf, Steuf-, Deub, leub (s. § 16 j). Unsere Karte 12<br />
stützt sich zwar im ganzen Westen auf eine<br />
Reihe von Belegen, in Niederösterreich aber als<br />
unmittelbares Vorgelände <strong>des</strong> großen Modernisierungszentrums<br />
Wien, sofern wir von Ortsnamen<br />
absehen, oft nur noch auf ein einziges Wort,<br />
auf ghöi (Kinn); auch bei diesem Wort blieb die<br />
alte Lautung nur <strong>des</strong>halb erhalten, weil es ein<br />
schriftsprachliches Seitenstück dazu, Keue, das<br />
zerstörend hätte einwirken können, zufällig nicht<br />
gibt. Einen räumlichen -Mi-Rahmen um den ostmittelbair.<br />
oi-Bereich bilden im Süden, wie die<br />
Karte vorführt, die Mittel- und Obersteiermark<br />
(ohne Ennstal) und das Burgenland, im Osten<br />
die Große Schutt, Bösing und Modern, im Norden<br />
Südmähren und Südböhmen und die Sprachinseln<br />
Wischau, Brunn und Budweis. In diesen östlichen<br />
Gebieten stimmt -ui- räumlich überall zusammen<br />
mit -ul- aus mhd. -ol- (vgl. Karte 7 und<br />
§ 5 d). Wie dieses als -ul- war -ui- nach Ausweis<br />
urkundlicher Schreibungen bis ins 17. und 18. Jh.<br />
auch in Niederösterreich mit angrenzenden Teilen<br />
von Oberösterreich allgemein gebräuchlich; ui<br />
wurde hier erst in der früheren Neuzeit durch<br />
das jetzige oi ersetzt. Im burgenländischen Seewinkel<br />
stimmt gleichfalls göuißßn (gießen) usw. mit<br />
höulds (Holz) zusammen. — 3. Der niederösterr.<br />
-oi-Bereich selbst setzt sich heute übers steirische<br />
Ennstal und über das ganze Land Salzburg<br />
einerseits nach Mittelkärnten, andererseits nach<br />
Osttirol fort; er findet jenseits der oberösterr.<br />
Beharrsamkeitsbrücke mit ihrem ausgefallenen eo<br />
(8. unter 4) in Nieder-, im östlichen Oberbayern<br />
und im östlichen Tirol eine großräumige Parallele.<br />
Urkundliches oi ist in seinem gegenwärtigen westlichen<br />
Verbreitungsgebiet bereits im ausgehenden<br />
13. Jh., ui nach einer kurzen Unterbrechung<br />
gleichfalls seit dieser Zeit wieder faßbar. Wenn<br />
mitten im westlichen oi-Bereich um Kufstein<br />
wie um Salzburg zwei m'-Inseln auftauchen, so<br />
sind hier diese Lautungen gewiß nur noch sekundäre<br />
Varianten von oi; <strong>des</strong>gleichen dürfen wir das<br />
oberkärnterische pi als Spielform zu oi auslegen.<br />
3. Die alten Varianten von uü, oü, nämlich<br />
üu, öu (oder eu), haben wir in den Lehnwörtern<br />
trentin. äteura (Steuergeld), spreußa (älter trentin.<br />
spreuzza aus mhd. spriütze; Spreize), slowen. mundartl.<br />
devp (neben divp) erhalten. Ihre Fortsetzungen<br />
sind mundartl. io, iu und eo (in der Karte senkrecht<br />
schraffiert). Die Lautung io in nio, gioßßn treffen<br />
wir im niederbayr. Vils- und Isartal, wo sie<br />
neuerdings gerne durch in (nlv, givßßn) ersetzt<br />
worden (vgl. Einltg. 44). — 4. Im nördlichen<br />
Salzachgau tritt unmittelbar dem io-Gebiot benachbart<br />
iu (niu, diufe) auf; es ist derselbe<br />
iu-Laut, der im ganzen Salzachgau die mhd.<br />
Lautfolgo -er- vertritt (s. § 4 g 5) und der hier wie
dort wohl aus unserem älteren eu, eo entstanden<br />
ist. Als Erinnerungsform ließ sich vor 30—40<br />
Jahren iu, io auch im Innviertel, wo jetzt nur<br />
oi gilt, aufspüren (vgl. Einltg. 44). — 5. Es besteht<br />
ein Zusammenhang zwischen iu und dem oberösterr.<br />
eo; vor Nasenlaut wird (§ 16 e 3) diese<br />
Raumverbindung zwischen eo und iu noch fester<br />
hergestellt. Das eo selbst beherrscht jetzt nur mehr<br />
die Kernlandschaft von Oberösterreich, etwa in<br />
neo, deo(r), deofö, geoßßn. Sein Bereich deckt sich<br />
mit dem von §Q aus mhd. 6 (s. § 11 a 5 und Karte<br />
10). So wie §Q aus 6 nach Erinnerungsformen <strong>des</strong><br />
Ausseer Ländchens und der inneren Talwinkel <strong>des</strong><br />
oberösterr. Steyrbereiches einstmals weiter nach<br />
Osten und Süden gereicht hatte, stoßen wir<br />
auch hier auf analoge Erinnerungsformen wie neo<br />
(neau) in denselben Landschaften; so wie dort<br />
im östlichsten Flachgau %wv (Ohr) aus älterem<br />
*gg» u. ä. eine Brücke zum Salzachgau andeuten,<br />
deuten auch hier im östlichsten Flachgau halbvergessene<br />
Aussprachen wie dewv (teuer), heiw<br />
(heuer) aus älterem *deoo, *heov die Verbindung<br />
zum salzachgauerischen iw-Gebiet an. — 6. Zwischen<br />
Neustadt a. d. Donau und Altenmarkt a.d. Traun<br />
(Oberbayern) hört man bei den alten Leuten<br />
Öu (nou, döufe); die Intensität der Mittelgaumigkeit<br />
<strong>des</strong> ö ist nicht überall gleich stark. Es werden<br />
die 5w-Formen neuerdings stark vom modernen<br />
öi verdrängt. Diesem öi-Ersatz verdanken wir<br />
das westlich angrenzende löi n (Lohn) aus mhd.<br />
Ion (s. § 11 d 3). — 7. Die Lautung oü (mittelgaumig)<br />
treffen wir auch im Virgental nordwestl.<br />
von Lienz, etwa in noüüe, toüvl, goüßßn.<br />
Vielleicht dürfen wir das altbayr. öu wieder als<br />
sekundäre Variante von eo, io verstehen und<br />
seinen Bereich unmittelbar mit dem benachbarten<br />
•m-Gebiet verbinden; so gewännen wir nunmehr<br />
schon einen großen öu-iu-io-eo-Haum (vgl.<br />
Einltg. 44). In ähnlicher Weise dürfen wir das<br />
Virgener öü als Variante von oi, das es dialektgeographisch<br />
rundherum einschließt, betrachten. —<br />
8. Merkwürdig ist das oststeir. ei (äi) in nei,<br />
deivl (näi, däivl), das zu ei, äi aus mhd. e in<br />
leVry (legen), weikhvn (wecken; läVn, wäikhvn)<br />
paßt. Es ist wohl nichts anderes als ein etwas<br />
willkürlicher Anschluß einer älteren gliederarmen<br />
Reihe an die große ei-Reihe (vgl. Einltg. 44).<br />
c. 1. Alle diese Lautungen beruhen mithin<br />
letzten En<strong>des</strong> gemeinsam auf einer verhältnismäßig<br />
frühen Umlautentrundung von oü zu oi,<br />
ui und von öu zu eu, eo usw. Ihr verdanken<br />
wir fürs Binnenbairische auch den Gegensatz<br />
zwischen oi usw. aus mhd. iu gegen ai für mhd.<br />
iü und u. oi, eo usw. waren durch ihre Entrundung<br />
aus der Parallelreihe ei, ou, ei (entrundet<br />
aus öü) für mhd. i, ü, u (und iü) ausgestoßen worden<br />
und konnten an ihren weiteren Schicksalen<br />
nicht mehr teilnehmen. — 2. Stellen wir uns<br />
nun vor, daß die Entrundung erst später vor<br />
sich gegangen wäre. Auf solche Weise konnten<br />
öu, oü aus mhd. iu an dem neuerlichen Wandel<br />
der genannten Parallelreihe zu ai, au, aü ohne<br />
weiteres noch teilnehmen, es konnte sich für<br />
öu, oü gleichfalls aü ergeben, dieses aü konnte<br />
solchermaßen mit aü aus mhd. ü, iü schließlich<br />
zusammenfallen. Es mußte sich, da der erste<br />
Zwielautteil a nicht gerundet gesprochen werden<br />
kann, die ganze Rundung auf das ü als zweiten<br />
Zwielautteil zusammendrängen; öu und oü mußte<br />
geradezu zu jenem aü werden, das auch dem<br />
u und iü entsprach, zu jenem aü und ai also,<br />
das wir § 15 schon behandelt haben. Bei anhaltender<br />
Umlautrundung wurde solchermaßen<br />
iu mit iü und u zwangsläufig gleichlautend.<br />
Tatsächlich ist der Gleichklang dieser drei<br />
§ 16 b 4—c5<br />
ursprünglich getrennten Laute überall, wo erst<br />
im 14. und 15. Jh. entrundet worden oder wo<br />
die Umlautrundung bis heute erhalten geblieben<br />
ist, vorhanden. Im größeren Teil <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />
wird noch heute mit Rundung<br />
mäös, läöxdn gesprochen, daher heißt es ebenso<br />
näö, däövl usw. In der Nachbarschaft <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />
liegt das Nordbairische, in dem Belege<br />
mit Umlautentrundung erst im 14. Jh.<br />
greifbar werden — im Mittel- und Südbairischen<br />
wurde ja nach § 6 a 1 schon im 13. Jh. entrundet—;<br />
daher nimmt es uns nicht wunder, wenn<br />
man auch im Nordbair. einheitlich mäis, laixtn<br />
wie näi, däifl gebraucht. — 3. Auch die südbair.<br />
Sprachinseln haben, wie § 6 a 1 erläutert<br />
worden ist, die Rundung noch unberührt aus<br />
der Heimat mitgenommen und die Entrundung<br />
erst nachträglich auf eigene Faust durchgeführt<br />
und hinken zeitlich nach. Das Zimbrische<br />
der Sieben Gemeinden hat die Rundung bis<br />
heute erhalten, daher auch hier der Gleichklang<br />
etwa in den Sieben Gemeinden als mäöze, läöxten<br />
und als näöje, tdövel oder in den Dreizehn Gemeinden<br />
mit ihrem sekundären au als mauze, lauxtnn<br />
und als nauge, tauvvl. — 4. Denselben Gleichklang<br />
finden wir daher trotz nachheriger Entrundung<br />
in allen übrigen südbair. Außengründungen:<br />
in Zarz (mäize, läixtn wie näie, täivl), in Pladen,<br />
Zahre (maize, laixtn wie naije, iaivl), im Fersental<br />
(mais, laixtn wie nai, taivl) und um Gottschee<br />
(maiz9, laixtn wie naip, taivl) 2 ). Die<br />
Ansicht, daß die südbairischen Sprachinselmundarten<br />
diesen Gleichklang einer alten binnenbairischen<br />
Verkehrssprache verdanken,besteht im Spiegel<br />
unserer lautgeschichtlichen Auslegung zu<br />
Unrecht. Sie kann schon <strong>des</strong>halb nicht zutreffen,<br />
weil diese Sprachinseln überall ausgesprochene<br />
Bauernkolonien waren und weil nach unseren<br />
neuen Erkenntnissen ihr grobbäuerlicher Lautstand<br />
und Wortschatz so deutlich in den Vordergrund<br />
rücken, daß wir ihnen auch fürs 12., 13.<br />
und 14. Jh. schwerlich verkehrssprachliches Wesen<br />
unterschieben können. — 5. Anders lagen<br />
allerdings die Verhältnisse bei der binnenbair.<br />
Dichter- und Hofsprache seit 1200. Bei ihr können<br />
wir denselben Gleichklang im Lichte der<br />
Lautformen für höfische Burgennamen noch jetzt<br />
aufzeigen. Der häufige höfische Burgenname mhd.<br />
Riuicental (Reuental, Reintal) lautet überall<br />
auch im Bauerndialekt Raintol, Rai n dQi mit „höfischem"<br />
ai und nicht, wie man nach der Bauernmundart<br />
erwarten würde, *Rointyl, *Roi n dQi usw.<br />
mit den echtbäuerlichen Entsprechungen oi, ui oder<br />
ähnlich! 3 ). Die höfische „Salonspracho" <strong>des</strong> Hochund<br />
Spätmittelalters verdankt ihrerseits den Gleichklang<br />
von iu mit iü und ü gewiß den großen<br />
Dichtervorbildern Wolfram von Eschenbach, Hartmann<br />
von Aue und Gottfried von Straßburg; deren<br />
ostfränkischer und niederaleman. Dialekt durfte<br />
nach Ausweis ihrer Reime schon im 13. Jh. wie<br />
nach ihrem heutigen Lautstand diese drei Laute<br />
bedenkenlos untereinander reimen. Aber das war<br />
nicht der damaligo Bauorndialekt unserer binnenbairischen<br />
Landstriche. Der höfische Gleichklang<br />
dieser drei Laute wirkt auf die binnenbairischen<br />
Bauernmundarten, wie die urkundlichen Schreibungen<br />
für die verkehrsfernen Hof- und Flurnamen<br />
nachhaltig zeigen, erst seit dem 17. Jh. stärker ein,<br />
2 ) Zu den sekundären ei-Lautungen meize,<br />
leixtn, neifs, teivl in der Suchen vgl. man § 13 d 2.<br />
3 ) In ähnlichen Namen, z. B. in Reintal in Niederösterreich,<br />
liegt mhd. Rintal zugrunde. Dessen<br />
mundartliches Rai n dgi hat natürlich mit unsorer<br />
Gruppe nichts zu tun.<br />
53
§ 16 c 5—g3<br />
und auch seither in größerem Ausmaß vorderhand<br />
nur im Osten <strong>des</strong> Bairischen. Zu seinen Folgen bei<br />
den iu- Entsprechungen um Wien s. § 16 b 2.<br />
d. Vor folgendem w nimmt iu in Wörtern wie<br />
mhd. niuwe, riuwen, bliuwen, kiuwen, niuwen<br />
(Gerste, Mohn u. dgl. stampfen), kiuwe (Kauwerkzeuge<br />
der Haustiere, Kinn) oder nhd. neu, reuen,<br />
bleuen, kauen, *neuen, *Keue in manchen Landstrichen<br />
in der ältesten Bauernsprache einen<br />
anderen Weg und weist ai statt erwartetem ui auf;<br />
es ist dasselbe ai, das sonst für mhd. -öuw-, etwa<br />
in hai aus höuwe (Heu), vorkommt, so daß nunmehr<br />
nai und hai reine Reime ergeben. In der Weststeiermark<br />
und im Lavanttal sagt man daher<br />
grräi", 4 ) pläi n , khäi n , näi n ; khäiu. näi ergeben hier tatsächlich<br />
vokalisch reine Reime mit häi. Ihnen stehen<br />
z. B. tuivl, tüin usf. gegenüber. Einstmals war<br />
dieses ai nach Ausweis von Restformen verkehrsferner<br />
Bauernwörter weiter verbreitet. In *Keue<br />
spricht man im obersteir. Murgebiet von Leoben<br />
aufwärts bis zur Salzburger Grenze khäi neben<br />
neuerem khüi, <strong>des</strong>gleichen auf der Kärntner Seite<br />
im Görtschitztal, im Krappfeld und im Gurkund<br />
Metnitztal khäia, khäi neben jüngerem<br />
khöia, khöi; gerade in demjenigen Wort, welches<br />
sich nach unseren Erfahrungen aus Niederösterreich<br />
(§ 16 b 2) als schriftspracheferner Ausdruck<br />
für die Aufhellung älterer Lautverhältnisse in hervorragender<br />
Weise eignet. Gleichfalls in einem<br />
schriftsprachefernen Bauernwort, in neuen (Gerste<br />
oder Mohn stampfen), setzen sich diese ai-Reste<br />
aus mhd. -iuw- nach Westen weiter fort, als<br />
näpn vom Obergurktal aus neben neuerem nöisn<br />
ins Gegendtal und bei ganz alten Leuten strichweise<br />
bis ins Oberdrautal, Lurnfeld und Gailtal.<br />
Im Lesachtal treten uns nai\e, giraiien, planen<br />
usw. sogar noch einmal in voller Reihe entgegen.<br />
Der Zusammenfall von mhd. -iuw- und mhd. -öüwv<br />
erinnert auffallend an ähnliche Gleichklänge im<br />
Nieder- und Südalemannischen, wie nöü aus mhd.<br />
niuwe mit höü (Heu) aus mhd. höuwe, röüiw<br />
(reuen) und itröüüv (streuen) aus mhd. riuwen und<br />
ströuwen usf.; auch dort werden nöü und tür<br />
(teuer), tüfl (Teufel) usw. verschieden behandelt.<br />
Es soll damit keineswegs gesagt werden, daß sich<br />
im kärntn.-steir. Grenzgebiet, um das es sich ja<br />
hier vorwiegend handelt, Alemannen eingewandert<br />
wären; immerhin waren aber hier wie dort gleichartige<br />
phonetische Kräfte am Werk. Sie erinnern<br />
an die althochdeutsche Verzwielautung von mhd. i<br />
und u im Auslaut und vor Vokal zu ei und ou vor<br />
der allgemeinen Diphthongierung, die gleichfalls<br />
zu Verwechslungen mit dem alten Zwielaut ei<br />
geführt hat und wieder im Aleman. Seitenstücke<br />
besitzt (s. § 13 c) 6 ). In den Wörtern Lie (Rauchluke<br />
oberm offenen Herd) aus ahd. *hleo, gen.<br />
*hliwi stf. und Spreu, ahd. spriu, plur. spri(u)wir<br />
besteht eine derartige Formenfülle, daß es besser<br />
ist, auf sie in den entsprechenden Wörterbuchartikeln<br />
einzugehen.<br />
e. 1. Vor folgendem -n- treten einige Besonderheiten<br />
auf. Bei reuen kommt im m'-Gebiet wider<br />
Erwarten vielfach roi n vor. Lehrreich sind die<br />
4 ) Im Unterlavanttal gnräin, pläin, khäüi usw.<br />
6 ) In euch, ahd. iuwich, mhd. iuch, treffen wir<br />
diese Sonderentwicklung, sofern nicht etwa ausnahmsweise<br />
Umlaut vor -w- oder verkohrssprachlicher<br />
Einfluß vorliegt, im Mittel- und Nordburgenland<br />
als äix an. Sonst gilt üix (s. § 16 j 6 und 16 k)<br />
und oix; doch besteht euch in der echten Bauernmundart<br />
im Binnenbairischen nur im Südosten<br />
und auch da nur als Höflichkeitsform den Eltern<br />
und Paten gegenüber. Sonst ist es durch enk ersetzt<br />
worden.<br />
54<br />
Lautungen rüv n , khün n (rüd n , khü9 n oder rör> n ,<br />
khöv n ) in der Radkersburger Gegend der südlichsten<br />
Oststeiermark. Es scheint, daß man hier einstmals<br />
für mhd. ö allgemein gi, für mhd. rot, osteren<br />
mundartlich rgit, gistrm (rot, Ostern) usw. gebraucht<br />
hatte, den gleichen pi-Laut, wie ihn die angrenzende<br />
slow. Mundart in klQitsa (Dörrbirne) aus mhd.<br />
klotze bis heute festhält. Als nachher dieses alte qi<br />
durch das jetzige üd verdrängt wurde, ersetzte<br />
man offenbar gemeinsam mit *loi n (Lohn) als<br />
lüD n , lüd n , löv n auch *roi n „fälschlich" als rüv n<br />
usw. (s. Einltg. 51). — 2. In den Wörtern Beunde<br />
(umzäunte Waldwiese, Waldweide etc.) 6 ) und<br />
Freund (Verwandter) 7 ) aus ahd. biwenti, vriunt<br />
begegnen uns weitere Sonderwege der Lautgruppe<br />
-iun-. Vereinzelt treffen wir auf die Aussprachen<br />
bgo n d (fröD n d) im niederösterr. Wald- und Weinviertel,<br />
in ganz Niederbayern und in Oberbayern<br />
zwischen München und Erding und zwischen<br />
Schongau und PfafTenhofen a. d. Hm sowie vorherrschend<br />
im niederbayr. Rottal und im oberbayr.<br />
Inntal zwischen Kiefersfelden und Kirchdorf und<br />
wieder vereinzelt in der Oberpfalz zwischen Amberg<br />
und Regensburg. Bgv n d statt erwartetem und vorherrschendem<br />
böi n d erklärt sich aus einem alten<br />
Wechsel von gv und gi im sing, und plur., der<br />
eigentlich nur dem mhd. ei, z. B. in sing, ggvs<br />
gegen plur. ggiß, zusteht; er ist nach § 20 h 3 heute<br />
im Nordbair. lebendig erhalten und war auch im<br />
Mitteibair, einstmals vorhanden. Er hat zum lautgesetzlichen<br />
plur. bgi n d, frgi n d den analogen sing.<br />
bgo n d, frgo n d entstehen lassen. — 3. Im oberösterr.<br />
eo-Gebiet mit neo, geoßßn usw. hört man im Süden<br />
beau n d, freau n d, im Norden 6f» n d, fr$v n d. Beau n d<br />
finden wir aber über das eo-Gebiet hinaus im<br />
ganzen Salzkammergut, b$o n d, fr%n n d noch weiter<br />
hinaus im oberen Innviertel mit dem nördl. Flachgau<br />
sowie im Salzachgau (ohne Berchtesgadner<br />
Land); es stellt damit die vermutete feste Verbindung<br />
zwischen dem binnenoberösterr. eo-Gebiet<br />
mit dem salzburgischen ««-Gebiet endgültig her<br />
(s. § 16 b 5). Auch nach Osten greift über einstiges<br />
eo-Gebiot b%v n d ins Steyrlingtal und bis Grünburg<br />
an der Steyr (Oberösterr.) aus.<br />
f. Vor folgendem -l- verfügen wir nur über<br />
zwei zuständige Wörter, Bleuel (Holzklotz zum<br />
Wäschebleuen) und Kneuel; sie stehen aber<br />
erstens in ständigem Wechsel mit Bleu und<br />
Kneu(en), zweitens haben sich bei Kneuel die<br />
Umlautformen Kneuel und die Neubildung Knaul<br />
zu diesem Kneuel störend eingemengt (dazu s. im<br />
Wörterbuch unter Bleu, Bleuel und unter Kneuel).<br />
Immerhin läßt sich sagen, daß die mhd. Lautfolge<br />
-iu(we)l- im größten Teil <strong>des</strong> Mitteibair, sowie im<br />
Burgenland und in der Steiermark gleich wie mhd.<br />
-ol- behandelt wird, im Nordbair. als -äl- mit<br />
mhd. -il- zusammenfällt und im Rest <strong>des</strong> Südbair.<br />
als normal behandeltes mhd. iu aufscheint.<br />
g. 1. Vor folgendem -r- haben wir die Wörter<br />
Feuer, teuer, heuer. Besondere Lautungen hören<br />
wir (alt) im unteren Mühl-, im Waldviertel sowie<br />
im Ybbs- und Erlaftal in jöv, JÜD USW. ; die gleichen<br />
Lautungen treffen wir (ganz alt) von Neckenmarkt<br />
südwärts im Burgenland an. — 2. Im Westen<br />
der Sieben Gemeinden stoßen wir wie bei ir und<br />
ür statt auf sonstigen Zwielaut (vdör, tdör) auf<br />
Monophthonge in wdr, t5r neben woor, ttvr.—<br />
3. Als Erinnerungsformen begegnen uns im Salzkammergut<br />
mit dem östlichsten Flachgau fewv,<br />
dewo; vgl. dazu § 16 b 5.<br />
6 ) In Kärnten und im Pustertal gilt painte aus<br />
mhd. biünte, spätahd. biüinti.<br />
7 ) In Freund ist auf weiten Strecken das verkehrssprachliche<br />
jrai(n)d durchgedrungen.
h. Vor folgenden Lippenlauten können oi und<br />
ui im Ostmittelbairischen zu oü und uü gerundet<br />
werden, so im Ybbs- und Erlaftal döüf (tief),<br />
sdöüfmüvdo (Stiefmutter). In Teilen von Südmähren<br />
und um Brunn und Wischau hört man<br />
sogar (Wischau) tülf, stülfmüitv, dulp (Dieb);<br />
ähnliches kommt uns in der Grafschaft Pitten,<br />
im Burgenland mit der Oststeiermark links sowie<br />
in der Weststeiermark rechts der Mur und in<br />
einigen Bergorten <strong>des</strong> obersteir. Murgebietes<br />
(stolfmuntv) unter.<br />
i. 1. In manchen Wörtern wird mhd. iu im<br />
Mitteibair behandelt, als läge mhd. e oder ö vor.<br />
So im mittleren und östlichen Südmähren, im<br />
nördlichsten Waldviertel und in Südböhmen<br />
sdeifmüidv, -müvdv, Mef-; <strong>des</strong>gleichen in der oberösterr.<br />
Kernlandschaft mit dem Mühl- und dem<br />
unteren Innviertel, weiters in den niederbayr.<br />
Gegenden um Rottalmünster, Passau und Vilshofen<br />
bis knapp vor Grafenau im Bayrischen Wald.<br />
Mancherorts hört man in diesen Gegenden e auch<br />
in Neham (Neu-, Nöham) als Orts- und in Nebn,<br />
Nebao(r) (Neubauer) als Hofnamen und in ähnlichen<br />
Lautungen. — 2. Ganz alt heißt es in diesen<br />
Gegenden auch deffm, deffv (Tiefe) und deffn (noch<br />
tiefer) zu deof, döif, düif (tief). — 3. Anders<br />
geartet ist deiffv, dölffo (Tiefe) u. ä. im größten<br />
Teil von Niederbayern und in der südlichsten<br />
Oberpfalz, dölffo im südl. Burgenland und däülffv<br />
um Brunn. Diese Lautungen entspringen aus der<br />
Vorstellung, als wären döif, düif, düüf, dülf (tief)<br />
eigentlich ein altes *tolf; dieses müßte im Umlaut<br />
dieselbe Lautung haben wie z. B. Höhle zu hohl,<br />
Hölzer zu Holz usf.<br />
j. 1. Vom Althochdeutschen her bestehen häufige<br />
Wechselformen zwischen mhd. ie (ahd. io) neben<br />
mhd. iu; etwa bei den starken Zeitwörtern der<br />
2. Klasse im inf. giezzen und im plur. wir giezze?i,<br />
ir giezt, sie giezzent neben sg. ich giuz(ze), du<br />
giuz(ze)st, er giuzt und im imp. giuz! 8 ), wobei<br />
die ahd. Unterscheidung zwischen io vor -h- und<br />
Zahnlauten (giozzan,zionan) u. iuvor Gaumen-und<br />
Lippenlauten (skiuban „schieben", riuchan „riechen")<br />
im Mhd. durch Formenzwang bereits ausgeglichen<br />
war. Ein ähnlicher Wechsel hätte innerhalb<br />
<strong>des</strong> Paradigmas eigentlich bei den Eigenschaftswörtern<br />
zu bestehen, etwa bei der tieffe<br />
(ahd. tniffo, masc. nom. sing.) gegen liuffen (ahd.<br />
tiuffun, dat. plur. fern.) und dem tiüffen (ahd.<br />
tiüffin, dat. sing. masc). 9 ) Das Schwanken kann<br />
auf die Dauer nicht bestehen bleiben und muß<br />
gegenseitig ausgeglichen werden. — 2. Bei den<br />
Zeitwörtern zeigt uns die Karte 13, daß tatsächlich<br />
im größeren Teil <strong>des</strong> Bairischen einschließlich<br />
der Sprachinseln zwischen gießen, wir, sie gießen,<br />
eß gießt mit ie und ich geuß, du geußt, er geußt und<br />
geuß! mit eu, iu ausgeglichen worden ist. Das<br />
Mittelbairische hat sich im groben gesehen für das<br />
alte iu <strong>des</strong> sing, (mundartl. oi, ui, iu, io, eo, öu)<br />
auch im plur. und im inf. entschlossen, also für<br />
geußen nach ich geuß usw., das Süd- und Nordbairische<br />
aber für ie, also für ich gieß usw. nach<br />
gießen. Genauer besehen, reicht die Verallgemeinerung<br />
<strong>des</strong> iu nach Karte 13 im Norden bis zur geraden<br />
Verbindungslinie von Taus (Böhmen) bis Ingolstadt<br />
(Oborbayern) und nach Süden zur zweiten Geraden<br />
von Ingolstadt bis Straßwalchen (Salzburg) und<br />
8 ) Zur Umlautunterdrückung in ahd. giuzzis (du<br />
gießt), giuzzit (er gießt) s. § 16 a 1.<br />
9 ) Lehrreich ist das Verhalten einiger Ortsnamen.<br />
Schriftsprachliches Tiefen-, Teufenbach erscheint<br />
ganz alt als Taifftnpox aus ahd. däno tiüffin pache,<br />
jünger als Tuiffmpox aus frühmhd. Tiuffenpach<br />
und neu als Tinffmpox für mhd. Tieffcnpach.<br />
§ 16 h—j 5<br />
weiter nach Abtenau, zum Dachstein, nach Türnitz<br />
(Niederöst.) und entlang der steir.-burgenländ.<br />
Grenze nach Süden bis zur Sprachgrenze. Doch<br />
haben Wien mit Umgebung und andere Städte nach<br />
der Verkehrs- und Schriftsprache allgemeines ie<br />
(givßßn statt goißßn). Im übrigen Gebiet weiter<br />
südlich und weiter nördlich gilt gießen statt geußen.<br />
In Osttirol mit dem Ostpustertal treffen wir<br />
jedoch mitten im Südbairischen noch einmal auf<br />
eine kleine ew-Inssl (goißßn statt südbair. givßßn).<br />
Die süd- und nordbair. Sprachinseln haben gießen<br />
verallgemeinert, z. B. in den Sieben Gemeinden<br />
ix gißße, du glßßeßt, ar glßßet, war glßßen, ar glßßet,<br />
zngißßent; glßßen. Es wäre verfehlt, die südbair.<br />
Außenmundarten <strong>des</strong>wegen wiederum verkehrssprachlicher<br />
Verfärbungen zu zeihen; vielmehr ist<br />
dort der Ausgleich in derselben Weise wie in den<br />
bäuerlichen südbair. Heimatmundarten erfolgt. —<br />
3. Immerhin existieren altertümliche Landschaften<br />
mit lebendigem Nebeneinander von ich geuß usw.<br />
gegen gießen usw.; z. B. in Garmisch * güis, duguißt,<br />
vr guißt; güis! gegen mivr giaßßn, es givßtß,<br />
si givßßnt; givßßn. Dieser alte Zustand, <strong>des</strong>sen<br />
Verbreitung unsere Karte durch die dünne Borstenlinie<br />
und die dicke Linie umreißt, erstreckt sich,<br />
sofern wir von mitteldeutschen und ostfränkischen<br />
Inseln absehen, über den größten Teil <strong>des</strong> Schwäbischen<br />
mit dem Südwesten und dem äußersten<br />
Süden von Oberbayern, über Tirol und Salzburg,<br />
übers kärntn. Obermöll-und Katschtal, übers nordwestliche<br />
obersteir. Murgebiet und übers steir.<br />
Ennsgebiet, weiters über die Bergorte <strong>des</strong> Lavanttales<br />
und der nördlichen Weststeiermark. —<br />
4. Zu einer sonderbaren Überbildung kam es im<br />
Westpustertal: Nach gr tsoixt (er zieht) neben<br />
tsiddn (ziehen) sagt man dos giroixt nie (das reut<br />
mich) neben analogem girlddn statt *giroidn<br />
(reuen). — 5. Bei den Eigenschafts- und Hauptwörtern<br />
ist eu am weitesten verbreitet in teuf<br />
(tief). Die Verbreitung zeigt die Karte 14 durch<br />
senkrechte Schraffur. Teilo von Westtirol, das<br />
Land Salzburg mit angrenzenden Nachbarstreifen<br />
(ohne Flachgau) und das Mitteibair, ohne Oberbayern,<br />
aber mit dem Burgenland bilden drei große<br />
Restschollen mit kleineren vorgelagerten Inseln im<br />
nördl. Salzachgau und in der Weststeiermark; wie<br />
bei den Zeitwörtern haben die mittelbair. Außenorte<br />
eu, die süd- und nordbair. Außenorte ie. Bei<br />
Steuf- wird im Westen der eu- Bereich größer, im<br />
Osten kleiner als bei teuf. Steuf(mutter) füllt nach<br />
Karte 14 die beharrsamen Landschaften Tirols und<br />
größere Teile <strong>des</strong> Salzburgischen aus, <strong>des</strong>gleichen<br />
die oberösterreichische Kernlandschaft mit starken<br />
Ausweitungen nach Niederbayern und Südböhmen,<br />
ferner Südmähren mit dem Weinviertel, das Burgenland<br />
mit der Grafschaft Pitten und die Weststeiermark<br />
; auch hier gibt es, wie die Karte erkennen<br />
läßt, einige vorgelagerte Inseln. Im Pflanzennamen<br />
Stiefmütterlein sind die
§ 16 j 5—§ 17 a 7<br />
noch lebte, ist von lieb endgültig verdrängt worden.<br />
— 6. Aus diesem ständigen Wechsel von<br />
Lautungen für mhd. iu und für mhd. ie ergaben<br />
sich im kärntn.-tirol. Grenzgebiet gelegentlich<br />
falsche ie- und üf-Formen. Das oben erwähnte<br />
Wort Lie spricht man in Teilen <strong>des</strong> Mittermölltales<br />
und <strong>des</strong> Lienzer Beckens irrigerweise als<br />
iQidn, loira aus, als läge Leite statt Lie zugrunde;<br />
in größeren Teilen <strong>des</strong> Mölltales sagt man umgekehrt<br />
statt allgemeinerem kstoidndn (das Stocken<br />
flüssigen Fettes) aus mhd. *stiuden(en) nunmehr<br />
„ganz verfehlt" kstiddndn. Ähnliches gibt es in der<br />
Oststeiermark, z. B. bei der streuweise auftretenden<br />
„falschen" Bildung Idx (euch) statt üix, die<br />
in den Ersatz von güisn, düif, stüif- durch gldsn,<br />
dldf, sdidf- hineingezogen worden ist.<br />
k. Durch „falsche" Rückbildungen wurde<br />
mundartliches ui aus mhd. iu manchesmal mit ui<br />
aus mhd. uo verwechselt und geriet in <strong>des</strong>sen<br />
Ersatz durch jüngeres ud, üd hinein (s. § 18 a 3).<br />
Weil in der Oststeiermark älteres güit, müitv (gut,<br />
Mutter) durch neues güdt, müdtn verdrängt wird,<br />
ersetzt man darüber hinaus im Süden dieser<br />
Landschaft gelegentlich das oben erwähnte üix<br />
(euch) oder Uüifmüitn (Stiefmutter) durch üdx,<br />
stüdfmüdtv (vgl. auch Einltg. 51).<br />
§ 17. Mhd. ie (vgl. Karte 15)<br />
Übersicht: a. Nordbair. ei, ou aus mhd. ie, uo;<br />
mittel-, südbair. i&, ud; i, ü. — b. Einzelne Lautkombinationen.<br />
— c. Mhd. ien, uon. — d. Mhd.<br />
iel, uol. — e. Mhd. ier, uor.<br />
a. 1. Mit mhd. ie stehen wir vor der letzten<br />
wohlgefügten Dreierreihe parallel entwickelter Vokale,<br />
vor mhd. ie, uo und iie. Auch hier dient die<br />
dazu gehörige Karte 15 für mhd. uo zugleich dem<br />
mhd. ie und iie. Gewisse Störungen der parallelen<br />
vEntwicklung betreffen nur das hintergaumige uo;<br />
es hat sich streckenweise infolge zeitweiliger Mittelgaumigkeit<br />
(s. § 5 c) über üd eigenwillig zu ui<br />
verändert (s. § 18 a 2). — 2. Dem Fachschrifttum<br />
am bekanntesten ist die Umbildung <strong>des</strong> Nordbairischen<br />
zu den sogenannten „gestürzten" Zwielauten<br />
ei und ou *), indem es im Nordbair. für<br />
mhd. stiege (Stiege), lieht (Licht), knie (Knie),<br />
für mhd. bluot (Blut), kuo (Kuh) und für mhd.<br />
müede (müde), hüeten (hüten) mundartl. Sdeix,<br />
leixd, gnei; bloud, ghou; meid, hei(d)n lautet. Zu<br />
Ende <strong>des</strong> 12. Jhs., als die nordbair. Außengründung<br />
Iglau angelegt worden war, waren diese „steigenden"<br />
Zwielaute, wie wir richtiger sagen wollen,<br />
offenbar noch nicht vorhanden oder gerade im<br />
Entstehen begriffen. Neu entlehnte Iglauer Ortsnamen<br />
haben für tschech. ie und uo (u), die um<br />
1200 nachweisbar als richtige Diphthonge ausgesprochen<br />
wurden, den Wandel zu Iglauer ei<br />
und ou in steix, leixt, khnei; plout, khou; meid, heitn<br />
noch miterlebt 2 ). Diese ei und ou stehen in engem<br />
*) „Gestürzt" nannte man sie von mhd. ie, uo<br />
aus gesehen <strong>des</strong> Schriftbil<strong>des</strong> wegen, weil sie<br />
graphisch aussehen wie umgestürzt: ei, ou. —<br />
ou klingt vereinzelt leicht mittelgaumig.<br />
2 ) Verfehlt ist es, ahd. Majuskel-Schreibungen,<br />
o .<br />
wie Oudalrich usw. statt Udalrich, als Beweis für<br />
die Existenz <strong>des</strong> modernen ow-Lautes schon in<br />
der ahd. Sprachperiode auszulegen. Erstens kam<br />
Ou- nur als Majuskel, als solche aber auch außerhalb<br />
<strong>des</strong> Nord- im Gesamtbairischen und sogar<br />
im ganzen Oberdeutschen vor, in Landschaften,<br />
wo von diesem ou keine Spur vorhanden ist. ou<br />
fehlt aber in Klein-Schreibungen. Das Normalzeichen<br />
M als Großbuchstabe mußte wegen Platzmangels<br />
bald „richtig" als Uo-, bald jedoch<br />
56<br />
Zusammenhang mit den übrigen steigenden Zwielauten<br />
<strong>des</strong> Nordbair. aus mhd. Vokallänge, mit QU<br />
aus mhd. ä (s. Karte 1 und § 1 e) und aus mhd. 6<br />
(s. Karte 10 und § 11 a 2) und mit ei aus mhd. e<br />
(s. Karte 9 und § 10 a 2). Genaueres s. auch Vorw. 17<br />
und Einltg. 32. Daher fallen die Grenzen für diese<br />
steigenden Zwielaute im Norden gegen das Mitteldeutsche<br />
und Ostfränkische in eine einheitliche<br />
Linie zusammen. Nur nach Süden, gegen das<br />
Mittelbairische zu, löst sich der Linienstrang auf.<br />
Am weitesten nach Süden reichen, wie ein Vergleich<br />
von Karte 15 mit Karte 9 und 1 schön<br />
veranschaulicht, unsere ei und ou aus mhd. ie<br />
und uo, weniger weit §i aus mhd. e, am wenigsten<br />
weit qu aus mhd. ä 3 ). — 3. In einigen verkehrsgebundenen<br />
Ausdrücken, wie lieb, Mutter, Bruder,<br />
gut, ragen die mittelbair. in- und «»-Lautungen<br />
von Süden aus mehr oder weniger tief ins nordbair.<br />
ei- und ou-Gebiet hinein, wie denn auch sonst<br />
jüngere Leute mit der Stadt- und Verkehrsmundart<br />
die mittelbair. iv und uv bevorzugen. Bei<br />
einigen Wörtern, etwa bei Mutter, sind ebenso<br />
im Norden ostfränk. -ü-Lautungen eingesickert. —<br />
4. Im Mitteldeutschen und Ostfränkischen gelten<br />
ja die Monophthonge i und ü: Mix, blüd usw.<br />
Auch sie sind ugf. um 1200 entstanden. — 5. Sonst<br />
herrschen im allgemeinen im Oberdeutschen die<br />
fallenden alten Zwielaute id, ud, id(üd). Sie sind<br />
auch im Ostfränkischen in <strong>des</strong>sen Westhälfte ungestört<br />
erhalten geblieben; dies muß ausdrücklich<br />
bemerkt werden, um den weitverbreiteten<br />
Irrtum, es gäbe im Ostfränk. nur i und ü, zu beseitigen<br />
(dazu s. auch die Karte). — 6. Man spricht<br />
im Mittelbair. und im Osten <strong>des</strong> Südbair. vorwiegend<br />
iv, UD, im Westen <strong>des</strong> Südbair. id, ud<br />
(MID'T}, blüvd bzw. htlvgn,, plüdt). In der Mittelsteiermark<br />
mit Unterkärnten und dem Burgenland<br />
macht sich die Neigung zu Triphthongen<br />
(&{4»'?j usw.) bemerkbar. In weiten Landstrichen<br />
<strong>des</strong> Mittel- und Südbair. kommt daneben \v, i{v<br />
dort, wo auch mundartl. \, n statt mhd. i, u auftritt<br />
(s. § 7 a), vor; <strong>des</strong>gleichen wird dort, wo einfaches<br />
i leicht gerundet ist (s. § 7 c 1), das iv natürlich in<br />
gleicher Weise mit Rundung artikuliert. — 7. Sekundär<br />
werden diese fallenden Zwielaute in welscher<br />
Nachbarschaft oder auf dem Boden lang anhaltender<br />
Romanität gelegentlich zu i, ü (ü) monoph-<br />
,.falsch" als Ou- in den Zeilenraum hineinverlegt<br />
werden. Zweitens wäre eine Lautung ahd. ou nach<br />
den allgemeinen Erfahrungen gewiß ebenso wie<br />
mhd. ou aus german. au (s. § 21 a) zu mundartl.nordbair.<br />
ä weiterentwickelt worden und dürfte<br />
nicht mehr als ow-Laut erhalten bleiben. Mithin<br />
ist der Versuch, die nordbair. Ou-Schreibungen als<br />
Zeugnis höchsten Alters der „gestürzten" Diphthonge<br />
hinzustellen, in jeder Hinsicht als gescheitert<br />
abzulehnen. Er ist in den Bereich rein<br />
graphischer Papier- und Buchstabenangelegenheiten<br />
zu verweisen (s. dazu auch Vorwort 10 und<br />
Einltg. 32).<br />
3 ) Daher ist es ein Mißgriff, den inneren Zusammenhang<br />
zwischen diesen steigenden Zwielauten<br />
<strong>des</strong> Nordbairischen lauthistorisch zerreißen<br />
zu wollen und etwa gar, wie es geschehen<br />
ist, das Nordbair. als Mischmundart hinzustellen,<br />
nur weil ei und ou aus mhd. ie und uo in rheinischen<br />
Mundarten um Düsseldorf, QU aus mhd. 6 im<br />
Mittelbair. und §i aus mhd. c im Schwäbischen<br />
Lautparallelen aufweisen. Vielmehr entspringen<br />
alle diese steigenden Zwielaute <strong>des</strong> Nordbair.<br />
wie gesagt der einheitlichen Neigung, gewisse<br />
mhd. Längen und Zwielaute mit Steigdruck<br />
zu steigenden Diphthongen zu machen. Dazu 8.<br />
gleichfalls Vorw. 10 und Einltg. 32.
*) Im absoluten Auslaut bleibt der Zwielaut: in<br />
Defreggen kxnln, kxüo, in den Sieben Gemeinden<br />
kxnlv, kxüD. In den Sieben Gemeinden bleibt<br />
der Zwielaut außerdem vor r: vivr (vier), znuor<br />
(Schnur).<br />
5 ) Zur genauen Entwicklung von mhd. en, 6n<br />
und ein s. die oben genannten Zitate, zu -ein- s.<br />
§ 20 j.<br />
•) Erhalten blieb dieses ä in den Wioner Abwandlungsformen<br />
mio dän, si dän (wir, sie tun)<br />
§ 17 a 7—18 a 2<br />
thongiert, ähnlich, wie in diesen Gegenden auch<br />
südbair. ejo aus mhd. e (s. § 10 b 3), südbair. 5a, QTO<br />
aus mhd. 6 (s. § 11 b 3) und QT> aus mhd. ei (s.<br />
§ 20 c 2) zu f, 5, g vereinfacht worden sind. Aussprachen<br />
wie stige, Uxt; plüt; mlde, hitn finden<br />
wir einerseits im inneren Defreggen (nordwestl.<br />
v. Lienz), andererseits in den Sieben Gemeinden<br />
(ohne Foza): stiga, Uxt', plüt; müde, hüten*).<br />
Nach Ausweis der „zimbrischen Schriftsprache",<br />
die noch im 17. Jh. die Zwielautaussprache in den<br />
Schreibungen stiega, guot (guet) usw. graphisch<br />
andeutet (vgl. auch § 10 b 3), sind min<strong>des</strong>tens die<br />
zimbrischen Monophthonge erst in der späteren<br />
Neuzeit an Stelle der Zwielaute getreten. Mitteldeutsche<br />
Einflüsse darf man hier nicht mehr in<br />
Erwägung ziehen. — 8. In fliegen, tief, Stief-,<br />
Dieb (s. § 16 j und Karte 14) gehen die ie, soweit<br />
nicht mhd. iu auftritt, natürlicherweise auch<br />
unsere Wege. — 9. Desgleichen im Mittel- und<br />
Südbair. in allen Fällen, bei denen mhd. i, u, ü<br />
sekundär vor Nasenlauten, vor h und r zu spätmhd.<br />
ie, uo, üe verwandelt worden sind (s. § 7 e—g).<br />
Im Nordbair. wurde davon nur feix (Vieh) über<br />
viehe aus mhd. vihe betroffen.<br />
b. 1. Über die sonderbaren Monophthongierungen<br />
zu l und ü vor folgendem -ch- in Zieche (Polsterüberzug),<br />
Krieche (eine Zwetschkensorte), Buche<br />
im Ostmittelbair. erfahren wir Näheres bei<br />
mhd. ch unter § 34 i 7. — 2. Verkürzt wird mhd.<br />
muoz (ich, er muß) zu muß teilw. im Pustertal<br />
und mhd. müezzen (müssen) in einem viel größeren<br />
Bereich zu mißßn, meßßen, mevßßn (dazu s. im<br />
Wörterbuch unter müßen).<br />
c. 1. Vor Nasenlauten gilt im Nordbairischen<br />
z. T. die normale Entwicklung, also ghei n (Kien),<br />
deinv (dienen); dou n (tun); grei n (grün). Doch wird<br />
dafür in einigen Landstrichen §i, QU eingesetzt;<br />
in anderen ist älteres ei n , QU 11 aus mhd. en, 6n,<br />
etwa in g$i n (gehen), lgu n (Lohn) zu ei, ou geworden<br />
(s. § 10 d 3 und 11 d 1). Vor folgendem<br />
-m- tritt dabei im größeren Teil <strong>des</strong> Nordbair. e,<br />
ö pin: remv (Riemen), möm (Muhme, Tante). —<br />
2. Im Mittel- und Südbair. steht dafür teilweise<br />
g», QV in gh$v n , dpo", gr$v n ; sie sind um 1300 in<br />
großen Gebieten mit mhd. -ein, etwa in MQp n , und<br />
bald nach 1200 im Südbair. meistens mit mhd.<br />
en, 6n in grfo", IQV U usw. zusammengefallen. Dafür<br />
herrschen ta und wa (khid n , tud n usw.) im südl.<br />
Lechrain, in Tirol (ohne Innsbrucker Becken und<br />
ohne Tiroler Unterinngebiet), in Oberkärnten mit<br />
dem Lurnfeld und im südlichen Kämten um die<br />
Städte Villach, Klagenfurt und Völkermarkt;<br />
auch in Teilen der Mittelsteiermark und <strong>des</strong> ganzen<br />
Burgenlan<strong>des</strong> sowie ganz alt im Lavanttal treffen<br />
wir auf diese iv n , uv n , <strong>des</strong>gleichen um Wischau<br />
und teilw. um Brunn sowie im nordöstlichsten<br />
und im nordwestlichsten Südmähren 5 ). — 3. In<br />
denjenigen mittel- und südbair. Mundarten, in<br />
welchen mundartl. ov aus mhd. ei nachträglich<br />
durch ä ersetzt wurde, begegnen uns die „falschen"<br />
Überbildungen dä n (tun), mäm (Muhme),<br />
grämvd (Grummet) im Altwienerischen (heute<br />
nicht mehr) 8 d. 1. Vor folgendem l tritt im Nordbair. statt<br />
ie, üe die Lautung öl ein, ebenso meistens auch<br />
für uo: ghöl (kühl), wöln (wühlen); Sdöl (Stuhl),<br />
Söl (Schule); doch haben für -uol- drei nordbair.<br />
Inseln noch -ol- oder ganz alt -oul- (Sdol, sdoul),<br />
nämlich das östliche Egerland um Duppau, Luditz,<br />
Cihana; das Ascher Ländchen und die Gegend um<br />
Pegnitz, Nürnberg und Thalmässing. In der<br />
Sprachinsel Iglau heißt es khöül, htoul. — 2. Im<br />
Mitteibair, sind die üblichen Lautungen ghü und<br />
üdüi; doch sind Restformen wie ghiv, ghive weit<br />
verbreitet, insbes. himeghirfn (wetterleuchten,<br />
genau genommen „himmelkühlen"), weil es als<br />
„Himmelkehren" mißverstanden wurde. Auch<br />
ghiv, wiv'n sind noch, z. B. in Oberösterreich,<br />
Nieder- und Oberbayern, bei den Alten teilweise<br />
verbreitet. — 3. In nicht so großen Gebieten ist<br />
der Zwielaut in -uol- bewahrt; erhalten ist er im<br />
tirol. Unterinngebiet mit dem Pinz- und Pongau<br />
(sduvi), im südlichen Flach- und Salzachgau, im<br />
sogenannten Staudengebiet (um Aichach in Oberbayern;<br />
Müv), um Tölz (sdüvi) und im westl.<br />
Südböhmen mit Aigen und Ulrichsberg in Oberösterreich<br />
(sduol) sowie schließlich in der Sprachinsel<br />
Wischau (stuvl). — 4. Sdul u. dgl. hört man<br />
um Brunn, in Südmähren, im östl. Südböhmen<br />
und im Böhmerwald als ältere Vorform <strong>des</strong> erwähnten<br />
Sdui; ebenso gilt Stul im Burgenland, in<br />
der Steiermark und in Unterkärnten. — 5. Sonderbar<br />
ist die Neigung zu -oi, -ol. Aussprachen wie<br />
idöi, Söi treffen wir im untersten Innviertel, im<br />
westl. Sundergau bis zum Dorf Schwaben östl.<br />
München, (ganz alt) im Salzkammergut, im Steyr-<br />
Gebiet und im Ybbs- und Erlaftal, schließlich<br />
(stöl) im Obergurk-, Gegend- und Liesertal. Und<br />
weil im Maltatal (Kämten) und im obersten<br />
Loisachtal (Oberbayern) Holz zu holte verändert<br />
worden ist, entspricht analog für dieses stol auch<br />
&töl. — 6. In größeren Gebieten ist -ol-, -oi- erhalten<br />
im schriftsprachefernen Wort Multer (Back-,<br />
Holzmulde) aus mhd. muolhterc über das Sdol-<br />
Gebiet hinaus im Waldviertel und im Viertel ober<br />
dem Wienerwald mit angrenzenden Teilen der<br />
Steiermark, im südlichen Traunviertel, in großen<br />
Teilen <strong>des</strong> Innviertels und in Mittelkärnten mit<br />
dem obersten steir. Murgebiet; in Wulscher (Maulwurf)<br />
aus mhd. wuolscher, einem kärntn.-südtirol.<br />
Dialektausdruck, in Mittelkärnten (woUkr).<br />
e. Vor folgendem -r- stoßen wir überall auf die<br />
normale Entwicklung; etwa für vier, Schnur,<br />
führen steht nordbair. feiv, Snouv, feitfn, mittelbair.<br />
fiv, Snüv, firfn, südbair. /far, Snüor, fidrn.<br />
§ 18. Mhd. uo (s. Karte 15)<br />
a. 1. Im § 5c wurde ausführlich auf die ehemalige<br />
Mittelgaumigkeit auch <strong>des</strong> mhd. uo im Bairischen<br />
<strong>des</strong> 13. Jhs. als üa hingewiesen. Heuto treffen wir<br />
nach Karte 15 diese alten wa-Lautungen ugf. in<br />
den gleichen Gebieten an, in denen ü für mhd. u<br />
(8. § 8 a 1) und aü für mhd. ü (Karto 11 und<br />
§ 14 a 1) üblich sind: in der südl. Mittelstciermark,<br />
) und ähnlich im südlichen Körnten in Oberkärnten, in den Tiroler Hochtälern, im<br />
(zu ä aus mhd. ei s. § 20 g 7).<br />
Ultental b. Meran, in Stanzach am tirol. Loch<br />
und im Allgäu, in Zahro und um Gottschee in<br />
plüdl usw., femer im Ahmtal (nördl. v. Bruneck)<br />
in plüit. — 2. In einem großen mittelbair. Gebiet<br />
einschließlich der Steiermark und <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong><br />
gegen den inf. duv'n. — Die plur.-Formen zeigen<br />
im übrigen im Westen Umlaut zu mhd. üe, in der<br />
Tiroler Kernlandschaft auch der inf. (tun); vielerorts<br />
weisen dio plur.-Formen gänzlich unregolmäßigo<br />
Kürzungen auf (darüber s. im Wörterbuch<br />
unter tun).<br />
57
§ 18 a 2—20 b<br />
wurde nach Ausweis der Urkundensprache um<br />
1300 dieses üo zu ui überspitzt. Urkundliche ui-<br />
Belege reichen min<strong>des</strong>tens bis ins westl. Oberösterreich,<br />
andere Anzeichen einstiger ui für mhd.<br />
uo gleich weit. In<strong>des</strong>sen ist seither dieses ui von<br />
der Donaustraße aus weit nach Osten zurückgeschoben<br />
worden. Blüid, hüid (Hut), ghüi usw.<br />
gelten jetzt, wie uns Karte 15 lehrt, nur mehr in<br />
Südmähren mit Brunn (aber ohne Wischau), im<br />
nördl. Waldviertel, im Weinviertel mit dem Marchfeld<br />
nördlich der Donau, um Preßburg, Bösing<br />
und Modern im äußersten Osten sowie fast im<br />
ganzen Burgenland mit der sogenannten steirischen<br />
Heanzerei (um Hartberg) südlich der Donau;<br />
ferner, räumlich isoliert, im Pustertal mit der<br />
Sprachinsel Pladen 1 ). Wenn auch in Foza als der<br />
östlichsten der Sieben Gemeinden und in Folgaria<br />
pluit usw. auftritt, so ist dies sicher anders<br />
zu beurteilen; es beruht eher auf einer romanisierenden<br />
Wiedergabe <strong>des</strong> U9 als ui. — 3. ..Vereinzelte<br />
Restformen mit ui und falsche Überbildungen<br />
von ui zu uv reichen manchesmal weit<br />
nach Westen. In Kufe aus mhd. kuoffe (Schlittenkufe)<br />
entdecken wir wi-Reste als ghuiffv, ghoiffv,<br />
ghoüppfv u. ä. im Ybbs- und Erlaftal, vereinzelt<br />
bis an die Pielach, in Teilen der Grafschaft Pitten<br />
und im südlichen Waldviertel; in Gegenden, wo<br />
sonst nur uv auftritt. Im oberösterr. Hausruckviertel<br />
tritt für mhd. *neigetzen (nicken, neigen)<br />
statt älterem *nüi n getzen modernes nüvgetßn auf;<br />
zu oberösterr. ui n aus mhd. ein s. § 20 j 3.<br />
Eine Restform liegt im Ortsnamen Feuersbrunn<br />
mit einer Umbildung von üi aus mhd. uo zu üi,<br />
öi aus mhd. iu beim südlichen Waldviertel vor (s.<br />
Einltg. 51); Auch heute weichen unter unserer Kontrolle<br />
an den Rändern <strong>des</strong> jetzigen «i-Gebietes<br />
in Niederösterreich, im Burgenland und in der<br />
Steiermark diese ui von Jalirzehnt zu Jahrzehnt<br />
merklich zurück.<br />
§ 19. Mhd. üe (vgl. Karte 15)<br />
Da mhd. üe durch die Umlautentrundung (s.<br />
§ \3 a) mit mhd. ie zusammengefallen ist, genügt<br />
es hier im großen und ganzen, bezüglich der Lautentwicklung<br />
auf mhd. ie (§ 17) zu verweisen. Nur<br />
eine Kleinigkeit ist darüber hinaus zu bemerken.<br />
Im Zimbrischen ist hier wie sonst die alte Umlautrundung<br />
beibehalten: müde, hüten in den<br />
Sieben Gemeinden, müvdi, hüvtn in Luserna. In<br />
den Dreizehn Gemeinden und in Lavarone wurde<br />
dieses üv zu UD verändert, so wie mhd. ü zu u<br />
(s. § 9 a 2) und wie *aü aus mhd. xl zu au (s. § 15 2)<br />
verändert worden ist; daher in Lavarone müvdi,<br />
hüvtn und in den Dreizehn Gemeinden müdde,<br />
vüdtvn (hüten).<br />
§ 20. Mhd. ei (s. Karte 16)<br />
Übersicht: a. Allgemeines; Störung der Parallelität<br />
zu mhd. ou, öü. — b. Verbreitung von QV<br />
im Bair. und Schwab.; Vergleich mit französ.<br />
Lautveränderungen. — c. Sekundäre Weiterentwicklungen<br />
<strong>des</strong> QV. — d. Gleichklang mit -ar-. —<br />
e. Theorien über die Entstehung <strong>des</strong> QV. — f. QI-<br />
Inseln. — g. ä-Inseln und ihre Herkunft. — h. QV<br />
in Ein-, Q{ in Mehrsilbern. — i. Mhd. -ei/-. —<br />
j. Mhd. ein, eim. — k. Mhd. eil. — 1. Verkehrslehnwörter<br />
mit ä. — m. Die Kirchenwörter heilig,<br />
Geist, Fleisch, rein; klein. — n. Der analoge Um-<br />
x ) Doch bleibt im m-Gebiet in -uor- und -uochgewöhnlich<br />
uv erhalten; andererseits treffen wir<br />
in Teilen <strong>des</strong> Weinviertels, im Burgenland und in<br />
der steir. Heanzerei ui aus mhd. -ur- vor n, wo man<br />
es nicht erwarten würde, z. B. in wüi'n (Wurm),<br />
hüi'naoß(v) (Hornisse) aus mhd. wurm, hurnüz.<br />
58<br />
laut. — o. Mhd. ei, Kontraktionsergebnis aus ahd.<br />
-egi-.<br />
a. 1. Unsere letzte Parallelreihe wäre im Vokalismus<br />
theoretisch mhd. ei, ou, öu. Wir müssen<br />
bei ihr insbesondere bei mhd. ei ausführlicher<br />
werden, als dies sonst der Fall war, weil gerade<br />
über die Entstehung der mundartlichen Lautungen<br />
für mhd. ei mancherlei problematische Theorien<br />
ausgesprochen und verbreitet worden sind. Diese<br />
letzte Dreierreihe <strong>des</strong> Vokalismus ist gründlicher<br />
als die übrigen Parallelreihen durch ein willkürlich<br />
scheinen<strong>des</strong> Abspringen <strong>des</strong> vordergaumigen<br />
Glie<strong>des</strong> gestört worden, eben <strong>des</strong> mhd. ei.<br />
Mhd. ou und öü sind im Bairischen zu mundartl.<br />
ä geworden (s. § 21 a und § 22 a), mhd. ei hat<br />
sich dagegen zu bair. QV, Qi entwickelt, statt daß<br />
es gleichfalls seinen Weg zu ä gefunden hätte;<br />
daran ändert auch die Tatsache nichts, daß in<br />
großen Teilen, gewissermaßen als Entschädigung<br />
dafür, hintennach diejenigen mhd. ei, welche aus<br />
ahd. -egi- zusammengezogen oder, wie der Fachmann<br />
sagt, zu ei kontrahiert worden sind (s. § 20 o),<br />
doch noch zum erwarteten ä gemacht wurden<br />
und daß das alte mhd. ei selbst, wenn auch erst<br />
infolge phonologischer Ausweichungen vor anderen<br />
Reihen oder unter heterogenen Einflüssen, sich<br />
gleichfalls später in einzelnen Landstrichen doch<br />
der erwarteten ä -Aussprache zuwandte (darüber<br />
s. § 20 g). Festgehalten wurde die Parallelität in<br />
der allgemeinen Reihenentwicklung bis ugf. um<br />
1200; erst seither macht sich die Störung bemerkbar.<br />
Als um 800 nach Ausweis der Schreibungen<br />
ou für älteres au eintrat, wurde gleichzeitig auch<br />
ei aus ai gebildet, und als sich zu Beginn <strong>des</strong> 12. Jhs.<br />
Rückentwicklung von ou zu au bemerkbar machte,<br />
wurde parallel dazu ei wieder zu ai verwandelt<br />
(s. Einltg. 43). — 2. Als Kennwörter wählen wir<br />
aus: für die allgemeine Entwicklung der mhd.<br />
Einsilber breit, als Vertreter für heiz (heiß), ich<br />
weiz (ich weiß), geiz (Geiß), weich, reif (Reifen)<br />
usf., für die Entwicklung der mhd. Mehrsilber<br />
leitere (Leiter), als Vertreter für geizze (Geißen),<br />
ein breiter, seiveren und geiveren (geifern kleiner<br />
Kinder) usf., für die mhd. Lautfolge -eij- geheije<br />
(Höhenrauch), als Vertreter für meije (Mai), -lei<br />
in zweierlei usf., für die erwähnten -egi- Kontraktionen<br />
er tr'e'it (er trägt) als Vertreter für Veit<br />
(legt), eide (Egge), eidehse (Eidechse) usf. Die<br />
Verhältnisse sehen auch hier auf den ersten Blick<br />
unübersichtlich aus; sie werden im Lichte unserer<br />
vier dialekthistorischen Quellen, der Sprachinselmundarten,<br />
der Lehnwörter, der echtmundartlichen<br />
Schreibungen in den Urkunden und der<br />
mundartlichen Merkwürdigkeiten in der mhd.<br />
Dichtersprache als gemeinsames Auskunftsmittel,<br />
so klar, wie wir sie hier darstellen können.<br />
b. Charakteristisch ist für die bairischen Bauernmundarten<br />
der Wandel von mhd. ei zu QV. Der<br />
p»-Laut beherrscht nahezu das Gesamtbairische,<br />
solange wir uns auf die mhd. Einsilber beschränken;<br />
er kehrt überraschenderweise im Westschwäbischen<br />
(mit Teilen von Vorarlberg) wieder.<br />
Hier wie dort ging der Weg über älteres Qi. Der<br />
Versuch, die westschwäbische Veränderung für<br />
mhd. ei, ai über QI ZU QV mit der buchstabenähnlichen<br />
Verwandlung von altfranz. ei über oi<br />
zu gesprochenem neufranzös. oa (richtiger uä)<br />
gleichzusetzen, scheitert m. E. an mehreren Bedenken;<br />
an den andersgearteten französ. Akzentverhältnissen<br />
; daran, daß dem Französischen unser<br />
Zwischenglied ai fehlt; noch mehr daran, daß man<br />
scheinbar verwandte Lautwandlungen zweier ihrem<br />
lautlichen Innenbau nach so verschiedenen Sprachen,<br />
wie es einerseits das Französische, anderer -
seits unsere oberdeutschen Dialekte sind, lauthistorisch<br />
nicht miteinander vergleichen darf. Die<br />
gemeinsame Verbreitung von gv und gi zeigt unsere<br />
Karte auffallend mit ihrer dicken Linie.<br />
c. 1. Das bair. gv wird in wenigen Landstrichen<br />
sekundär umgeändert. Um Cham, Viechtach und<br />
Falkenstein im oberpfälz.-niederbayr. Grenzgebiet<br />
sagt man jetzt brüvd usw. statt brgvd, um Folgaria<br />
(im Trentino) priwt statt zimbr. prgvt. — 2. Am<br />
Nordrand <strong>des</strong> Nordbair., in einem schmalen<br />
Streifen von Asch (Böhmen) bis Neuhaus b. Sulzburg<br />
(Oberpfalz), gilt sekundäre Monophthongierung<br />
: bräd usw. Monophthongierung besteht ferner<br />
im Innerdefreggen (prgt) sowie neuerdings unter<br />
analoger Einwirkung einer ähnlichen Monophthongierung<br />
von gr> aus mhd. 6 zu g (an rgtdr „ein<br />
roter" und rgt „rot"; s. § 11 b 3) und als Folge<br />
romanisch bedingter Abneigung gegen fallende<br />
Zwielaute (s. § 17 a 7) im Großteil der Sieben<br />
Gemeinden in an prgtdr und sogar oft schon in prgt.<br />
d. 1. Im Mittel-, im westlichen Nord- sowie im<br />
östlichen Südbairischen, wo nachvokalisches -rzu<br />
-o- verändert und -ar- z. B. in sgvf (scharf)<br />
zu gv gewandelt worden ist, fällt dieses -gvmeistens<br />
mit unserem gv aus mhd. ei lautlich<br />
zusammen; und zwar z. B. in Oberösterreich nach<br />
Ausweis von urkundlichen Verwechslungen der<br />
Buchstabenfolgen -ar- mit -ai- schon gegen 1300.<br />
Doch wird (bei den Alten) einerseits in Niederösterreich,<br />
im Nordburgenland und teilweise in<br />
Südmähren, andererseits im Flach- und Salzachgau<br />
z. B. zwischen sgvf und swävf oder zwischen sövf<br />
und swgof noch streng unterschieden (s. Einltg. 41<br />
und § 1 h 2). — 2. Im Südbairischen wieder droht<br />
Gleichklang mit gv aus mhd. 6 (s. Einltg. 41u.47<br />
und § 20 g 5, § 11 b und Karte 10). Wir haben<br />
(§ 11 b 2) die mannigfachen Bemühungen um das<br />
Entrinnen aus diesem drohenden Gleichklang schon<br />
erfahren und kommen später nochmals darauf<br />
zurück. Die Karte 10 bezeichnet diejenigen Dialektlandschaften,<br />
in welchen es tatsächlich zum<br />
Zusammenfall von go aus mhd. ei mit gv aus mhd.<br />
6 gekommen ist, durch waagrechte Schraffen.<br />
e. 1. Die Entwicklungsreihe frühahd. ai zu ahd.<br />
ei, frühmhd. ai und seit 1200 zu mhd.-bair. gi<br />
läßt sich mit unseren dialekthistorischen Quellen<br />
von allen Seiten her erhärten; ebenso ist der Wandel<br />
zu gv urkundlich durch vereinzelte oa-Schreibungen<br />
schon seit 1220 gut nachweisbar; er gehört auch<br />
schon der mhd. Sprachperiode <strong>des</strong> Bairischen an,<br />
mag auch, um es gleich zu sagen, dieses gv nicht<br />
überall gleichzeitig erreicht worden und mögen<br />
manche bair. Mundarten erst etwas später zum<br />
modernen Lautstand gv gelangt sein. Nicht überzeugend<br />
wirkt hingegen die allgemein anerkannte<br />
Annahme, das gi aus älterem ai sei abhängig von<br />
der Verdumpfung von mhd. a, ä zu g entstanden.<br />
Dann müßten folgerichtig alle Mundarten mit den<br />
Lautungen gi und gn für mhd. ei gleichzeitig mhd.<br />
a oder zumin<strong>des</strong>ten mhd. « zum p-Laut verdumpft<br />
haben. Das ist nicht der Fall. Das Schwäbische mit<br />
seinem brgid und brgnd spricht trotzdem häsv<br />
(die Hasen) und gaßßv (die Gasse) mit unverdumpftem<br />
mhd. a-Laut, ja das Zimbrische als<br />
altertümlichste bair. Mundart läßt sogar mhd. d<br />
unverdumpft und sagt nicht nur hazen, sondern<br />
auch pläzen aus mhd. blasen usw. (s. § 1^ k). Außerdem<br />
wird ja auch heute im Niederösterr. an aus mhd.<br />
ei von gv aus mhd. -ar- und im westl. Böhmerwald<br />
gi aus mhd. ei (in Mehrsilbern) von -ol-, -oiaus<br />
mhd. -al- unterschieden. Vielmehr scheint<br />
das Abspringen von mhd. ei zu gi, gv aus der<br />
alten Parallelreihe in erster Linie phonologisch<br />
bedingt gewesen zu sein. Nach dem Parallelismus<br />
wäre ja wie gesagt mhd. ei genau so zu<br />
§ 20 b—f<br />
ä geworden, wie dies bei ä aus mhd. ou und öü<br />
der Fall war. Überdies verwandelte sich damals<br />
auch mhd. ä und nicht viel später mhd. ä zu<br />
diesem a-Laut (s. § 2 e/f); sogar mhd. i und ü<br />
wurden im 13. Jh. zumin<strong>des</strong>ten im Mittel- und<br />
Nordbairischen vorübergehend zu diesem ä-Laut<br />
umgebildet (s. § 13 e). Im Zimbrischen wieder,<br />
wo mhd. ou zu 5 und mhd. öü zu o gewandelt<br />
sind, hätte parallel dazu mhd. ei zu e, das nun mit<br />
zimbr. e aus mhd. e in Kollision geraten wäre,<br />
verwandelt werden müssen. Es wäre also entweder<br />
der Platz <strong>des</strong> a-Lautes überbesetzt oder (im Zimbrischen)<br />
der Platz <strong>des</strong> e-Lautes zu stark okkupiert<br />
worden. So beruht unser Abspringen <strong>des</strong> mhd. ei<br />
aus den Reihenschritten, so kompliziert es uns<br />
auch phonetisch und lautphysiologisch bleibt, am<br />
ehesten auf phonologischen Reihenausweichungen<br />
vor drohendem Gleichklang. — 2. Trotz den<br />
Schwierigkeiten ist die Abwicklung <strong>des</strong> Wandels<br />
von ai über gi zu gv im Bairischen überall als Art<br />
automatische Kettenreaktion abgelaufen. Sie war<br />
neigungsmäßig vorausbestimmt und muß eine<br />
zwangsläufige Selbstverständlichkeit gewesen sein.<br />
Das erkennt man am schönsten an dem Verhalten<br />
der älteren bair. Aiißenmundarten. Sie haben auf<br />
eigene Faust diese ganze Entwicklungsreihe genau<br />
so abgerollt wie die Binnenmundarton, sie haben<br />
sie oft genug auch in Neuentlehnungen, die nachweisbar<br />
erst im Außengebiet aus der umgebenden<br />
Fremdsprache übernommen worden sind, durchgeführt.<br />
Beispielsweise hat das Zimbrische aus dem<br />
Altvenezianischen den Rechtsbegriff plaido (Streit<br />
vor Gericht; aus vlat. placitum) nicht nur entlehnt,<br />
sondern auch sein ai über gi (plgide in der Gemeinde<br />
Foza der Sieben Gemeinden; vgl. § 20 f) richtig zu<br />
gv (plgvde) werden lassen. Es ist also in diesen<br />
Außengründungen, und zwar nach ähnlichen Beispielen<br />
außerhalb <strong>des</strong> Zimbrischen noch in anderen,<br />
der binnenbair. Wandel von ai über gi zu gv in der<br />
Kolonie wie in der Heimat automatisch vor sich<br />
gegangen (s. auch Einltg. 30 u. 41). — 3. Außerdem<br />
zeigt uns die Lehnwortforschung einwandfrei, daß<br />
innerhalb <strong>des</strong> Bair. die Lautung gi aus älterem ai<br />
erst ugf. seit 1200 denkbar ist. Während fremdsprachiges<br />
gi ugf. vor 1200 im Bair., z. B. im<br />
niederösterr. Ortsnamen Staatz, mhd. Stöiitz, aus<br />
alttschech. Stojec, noch als mhd. öü wiedergegeben<br />
werden mußte, kann seither frem<strong>des</strong> gi, z. B. in<br />
den Lehnwörtern Schleier (mundartlich slgvr) für<br />
mhd. sloi(e)r und Einze (Gabeldeichsel) aus alttschech.<br />
ojnica (mundartl.-bair. go n dsn, antßn) und<br />
im Ortsnamen Znaim aus tschech. Znojtno als<br />
(n-Lautung schon in die mhd. ei-Reihe eingefügt<br />
werden; das war möglich, eben weil im 13. Jh. mhd.<br />
ei bereits gi gelautet hatte 1 ).<br />
f. Ebenso weist das dialektgeographische Bild<br />
der Karte 16 mit ihren Borstenlinien einwandfrei<br />
auf dieses ältere gi für jetziges gv hin. Nicht weniger<br />
als sechs alte {«-Inseln legen rund um das moderne<br />
po-Gebiet als konservative Randschollen dieses<br />
oinstige gi etwa in prgit, brgid augenfällig nahe, und<br />
zwar in Ein- und nicht nur in alten Mehrsilbern<br />
(s. § 20 h). Wir treffen gi in prgit in der Sprachinsel<br />
Wischau, z. T. in der Nordhälfte der Sprachinsel<br />
Iglau, in der Sprachzungo Neubistritz-Neuhaus;<br />
im Binnenbairischen zwischen Eichstätt<br />
*) Es handelt sich bei Einze offenbar um eines<br />
jener Lehnwörter, welche zur Zeit der Hofhaltung<br />
<strong>des</strong> Böhmenkönigs Premysl Ottokar in Wien vorerst<br />
wienerisch und von Wien aus erst bairisch<br />
geworden sind. Damit hängt auch die Tatsache<br />
zusammen, daß bei Einze die Wiener Ausspracho<br />
ä für mhd. ei (s. § 20 g 1 und 20 1 1) im Bair. neben<br />
seltenerem ländlichem gv dominiert.<br />
59
seits unsere oberdeutschen Dialekte sind, lauthistorisch<br />
nicht miteinander vergleichen darf. Die<br />
gemeinsame Verbreitung von gn und gi zeigt unsere<br />
Karte auffallend mit ihrer dicken Linie.<br />
c. 1. Das bair. gv wird in wenigen Landstrichen<br />
sekundär umgeändert. Um Cham, Viechtach und<br />
Falkenstein im oberpfälz.-niederbayr. Grenzgebiet<br />
sagt man jetzt brüvd usw. statt brgvd, um Folgaria<br />
(im Trentino) pruvt statt zimbr. prgvt. — 2. Am<br />
Nordrand <strong>des</strong> Nordbair., in einem schmalen<br />
Streifen von Asch (Böhmen) bis Neuhaus b. Sulzburg<br />
(Oberpfalz), gilt sekundäre Monophthongierung<br />
: bräd usw. Monophthongierung besteht ferner<br />
im Innerdefreggen (pröt) sowie neuerdings unter<br />
analoger Einwirkung einer ähnlichen Monophthongierung<br />
von gn aus mhd. dzug (an rgtdr „ein<br />
roter" und rgt „rot"; s. § 11 b 3) und als Folge<br />
romanisch bedingter Abneigung gegen fallende<br />
Zwielaute (s. § 17 a 7) im Großteil der Sieben<br />
Gemeinden in an prgtdr und sogar oft schon in pröt.<br />
d. 1. Im Mittel-, im westlichen Nord- sowie im<br />
östlichen Südbairischen, wo nachvokalisches -rzu<br />
-»- verändert und -ar- z. B. in sgvf (scharf)<br />
zu gv gewandelt worden ist, fällt dieses -gvmeistens<br />
mit unserem gn aus mhd. ei lautlich<br />
zusammen; und zwar z. B. in Oberösterreich nach<br />
Ausweis von urkundlichen Verwechslungen der<br />
Buchstabenfolgen -ar- mit -ai- schon gegen 1300.<br />
Doch wird (bei den Alten) einerseits in Niederösterreich,<br />
im Nordburgenland und teilweise in<br />
Südmähren, andererseits im Flach- und Salzachgau<br />
z. B. zwischen sQvf und swävf oder zwischen sövf<br />
und swgnf noch streng unterschieden (s. Einltg. 41<br />
und § 1 h 2). — 2. Im Südbairischen wieder droht<br />
Gleichklang mit gv aus mhd. 6 (s. Einltg. 41u.47<br />
und § 20 g 5, § 11 b und Karte 10). Wir haben<br />
(§ 11 b 2) die mannigfachen Bemühungen um das<br />
Entrinnen aus diesem drohenden Gleichklang schon<br />
erfahren und kommen später nochmals darauf<br />
zurück. Die Karte 10 bezeichnet diejenigen Dialektlandschaften,<br />
in welchen es tatsächlich zum<br />
Zusammenfall von gv aus mhd. ei mit gv aus mhd.<br />
6 gekommen ist, durch waagrechte Schraffen.<br />
e. 1. Die Entwicklungsreihe frühahd. ai zu ahd.<br />
ei, frühmhd. ai und seit 1200 zu mhd.-bair. gi<br />
läßt sich mit unseren dialekthistorischen Quellen<br />
von allen Seiten her erhärten; ebenso ist der Wandel<br />
zu gv urkundlich durch vereinzelte oa-Schreibungen<br />
schon seit 1220 gut nachweisbar; er gehört auch<br />
schon der mhd. Sprachperiode <strong>des</strong> Bairisehen an,<br />
mag auch, um es gleich zu sagen, dieses gv nicht<br />
überall gleichzeitig erreicht worden und mögen<br />
manche bair. Mundarten erst etwas später zum<br />
modernen Lautstand gv gelangt sein. Nicht überzeugend<br />
wirkt hingegen die allgemein anerkannte<br />
Annahme, das gi aus älterem ai sei abhängig von<br />
der Verdumpfung von mhd. a, d zu g entstanden.<br />
Dann müßten folgerichtig alle Mundarten mit den<br />
Lautungen gi und gn für mhd. ei gleichzeitig mhd.<br />
a oder zumin<strong>des</strong>ten mhd. ä zum p-Laut verdumpft<br />
haben. Das ist nicht der Fall. Das Schwäbische mit<br />
seinem brgid und brgvd spricht trotzdem häsv<br />
(die Hasen) und gaßßo (die Gasse) mit unverdumpftem<br />
mhd. a-Laut, ja das Zimbrischo als<br />
altertümlichste bair. Mundart läßt sogar mhd. d<br />
unverdumpft und sagt nicht nur hazen, sondern<br />
auch pliizcn aus mhd. blasen usw. (s. § 1 k). Außerdem<br />
wird ja auch heuto im Niedcrösterr. an aus mhd.<br />
ei von gv aus mhd. -ar- und im westl. Böhmerwald<br />
gi aus mhd. ei (in Mehrsilbern) von -ol-, -oiaus<br />
mhd. -al- unterschieden. Vielmehr scheint<br />
das Abspringen von mhd. ei zu gi, gn aus der<br />
alten Parallelreihe in erster Linie phonologisch<br />
bedingt gewesen zu sein. Nach dem Parallelismus<br />
wäre ja wio gesagt mhd. ei genau so zu<br />
§ 20 b—f<br />
ä geworden, wie dies bei a aus mhd. ou und öü<br />
der Fall war. Überdies verwandelte sich damals<br />
auch mhd. d und nicht viel später mhd. ä zu<br />
diesem a-Laut (s. § 2 e/f); sogar mhd. i und ü<br />
wurden im 13. Jh. zumin<strong>des</strong>ten im Mittel- und<br />
Nordbairischen vorübergehend zu diesem ü-Laut<br />
umgebildet (s. § 13 e). Im Zimbrischen wieder,<br />
wo mhd. ou zu
§ 20 f—<br />
(Mittelfranken) und Ingolstadt (Oberbayern), im<br />
Nordostschwäbischen, in der Gemeinde Foza der<br />
Sprachinsel der Sieben Gemeinden, schließlich in<br />
der Sprachinsel Gottschee, wo dieses qi landschaftlich<br />
mit qai und uai wechselt. Es sind lauter<br />
ausgesprochen konservative Mundartlandschaften,<br />
die auf dem älteren qi beharren.<br />
g. 1. Damit kommen wir zu den sonderbaren<br />
ö-Mundarten innerhalb <strong>des</strong> Bairischen. Es ist merkwürdig,<br />
daß dieses uns irgendwie „unbairisch"<br />
anmutende ä für mhd. ei in nicht weniger als sieben,<br />
wenn man pedantisch ist, sogar in neun verstreuten<br />
Gebieten vorhanden ist. So vor allem in Wien,<br />
wo man bräd, häs usw. statt ländlichem brqvd,<br />
hqvs sagt. Über Alter und Ursprung dieses wienerischen<br />
ä gibt es mehrere Theorien; u. a. die Annahme<br />
einer Übertragung aus dem Fränkischen<br />
durch das mittelalterliche Herrschergeschlecht der<br />
Babenberger im 13. Jh.; die Babenberger waren<br />
aber, wie man jetzt weiß, gar keine Franken; sie<br />
waren ein bodenständiges ostmärkisches Geschlecht;<br />
gegen die Annahme einer schlesisch-mährischen<br />
Einsickerung im 17. Jh. wieder spricht das viel<br />
ältere Auftreten urkundlicher Wiener a-, ä- und<br />
e-Schreibungen, die man alle als a-Laut lesen<br />
muß, seit 1290. Die ö-Laute sind m. E. je nach<br />
ihrem Gebiet sehr verschiedener Herkunft; sie<br />
sind außerdem teils soziologischen, teils phonologischen<br />
Ursprungs; sie sind aber keineswegs auch<br />
nur irgendwo das Ergebnis eines bodenständigen<br />
Parallelismus zum Wandel von mhd. ou, öü zum<br />
gleichen ä-Laut. ä für mhd. ou, öü ist nämlich im<br />
Bair. schon seit 1220 urkundlich nachweisbar, ä<br />
für mhd. ei kommt aber erst gegen 1300 auf!<br />
Solche ä-Mundarten <strong>des</strong> Bairischen sind: (1.) Wien<br />
und mit ihm zum großen Teil die österreichische<br />
Stadt- und Verkehrsmundart; (2.) Teile von Südmähren<br />
und die Südhälfte der Sprachinsel Iglau;<br />
(3. v ) einige spätmittelalterliche Bergwerksgründungen<br />
<strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>; (4.) die beiden Täler Paznaun<br />
und Stanz auf der Tiroler Seite <strong>des</strong> Arlbergpasses;<br />
(5.) der sogenannte Reggelsberg südöstl. v. Bozen;<br />
(6.) das Hoch- und Ostpustertal mit seinen späteren<br />
Außengründungen Pladen und Zahre, aber<br />
ohne seine älteren Sprachinseln Deutschruth und<br />
Zarz; (7.) das südliche Kärnten mit der Sprachinsel<br />
Tischlwang. Die Karte 16 führt uns diese<br />
Inseln durch waagrechte Schraffur vor. — 2. Der<br />
Weg zu diesem ä-Laut war nach meinem Dafürhalten<br />
in den einzelnen Gebieten wie gesagt verschieden.<br />
In Wien scheinen eine soziologische und<br />
eine phonologische Komponente zusammengewirkt<br />
zu haben. Einerseits hat am ehesten der Einfluß<br />
jener vielen Schweizer, die seit dem Jahre 1272<br />
mit Rudolf I. von Habsburg und seinem Sohn<br />
Albrecht I. nach Wien gekommen waren, zur Entwicklung<br />
<strong>des</strong> ä-Lautes beigetragen; dem Historiker<br />
ist die starke Verschweizerung <strong>des</strong> maßgebenden<br />
Wiener Hoflebens in den Jahrzehnten<br />
um 1300 wohlbekannt, haben doch die Wiener<br />
gegen sie sogar zwei schwere und gefährliche Aufstände<br />
unternommen. Das paßt zeitlich gut zu den<br />
ersten urkundlichen Zeugnissen <strong>des</strong> ä aus ei um<br />
1300 dazu. Dieser Schweizer Welle verdankt zunächst<br />
das Wienerische und von ihm ausstrahlend<br />
das Ostbairische auch den Ausdruck Qöti (mundartl.<br />
ged „Pate"J für älteres gesamtbair. Tote und<br />
die Wortform Achse (mundartl. akß) mit Umlaut<br />
für älteres heimisches Achse (Wagenachse; mundartl.<br />
qkß; Näheres darüber s. die Wörterbuchartikel<br />
Qöti und Achse). Nun stammte die Mehrzahl<br />
dieser Begleiter und Nachzügler der Habsburger<br />
aus räumlichen Gründen sicherlich aus den damaligen<br />
Habsburger Besitzungen in der näheren<br />
Ostschweiz. Dort aber liegt im Thurgau und in<br />
60<br />
umliegenden Gegenden ein großes Gebiet, in <strong>des</strong>sen<br />
Dialekt mhd. ei und mhd. ä mundartlich als ä zusammenfallen,<br />
z. B. in mundartl. brät (breit),<br />
mär (Meier) und lär (leer) u. ä., wo schon im ausgehenden<br />
Mittelalter z. B. mhd. meir/lär vokalisch<br />
reine Reime bilden konnten und noch jetzt bilden<br />
können, z. B. im „Ring <strong>des</strong> Wittenweiler", dem<br />
Gedicht eines Thurgauers, um 1400. Wollten die<br />
Wiener dieses „höfische" ä nachahmen, so mußten<br />
sie dafür, da sie ja selbst diesen (J-Laut nicht<br />
mehr besaßen, natürlich ihren klangnächsten Laut,<br />
das war ä, verbaiernd dafür einsetzen. Sie mußten<br />
das „höfische" brät, mär ebenso durch brät, mär<br />
wiedergeben, wie sie für lär, sär (Schere) ihr lär,<br />
äär sprachen. Der andere, der phonologische Grund,<br />
konnte trotz der Scheu vor dem anderweitig<br />
überbesetzten ä-Laut nachträglich das ältere äv aus<br />
mhd. ei dennoch ausweichend zu ä werden lassen;<br />
er fiel gewiß auch in die Waagschale. Mhd. ei wird<br />
ja im umliegenden Niederösterreichischen als<br />
do-Laut von der Gefahr bedroht, mit qv aus mhd.<br />
-ar- zusammenzufallen (s. § 20 d); eine phonologische<br />
Gefahr, die sich neuerdings unter unseren Augen<br />
gegenwärtig tatsächlich zu verwirklichen beginnt<br />
und die in Oberösterreich mit angrenzenden Gebieten<br />
und im Osten von Altbayern schon um 1300<br />
zur Wahrheit geworden war. Das Bedürfnis nach<br />
einem ausweichenden Ersatzlaut für dieses gefährdete<br />
äv aus mhd. ei, und sei es auch das gleichfalls<br />
gefährdete ä, war bei der Verbaierung <strong>des</strong><br />
schweizerisch-höfischen ä als Wiener ä-Laut bestimmtmitentscheidend.<br />
— 3. Im südmährischen,<br />
im südiglauerischen ä-Gebiet und in den vereinzelten<br />
ä-Inseln <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> hat eher die spätmittelalterliche<br />
ä-Aussprache <strong>des</strong> mhd. ei in der<br />
Stadt- und Verkehrsmundart von Mähren den Ausschlag<br />
gegeben; sie steht ihrerseits in Beziehungen<br />
zu den weiten ä-Gebieten <strong>des</strong> Mitteldeutschen und<br />
Ostfränkischen. — 4. In Stanz und Paznaun auf<br />
der Tiroler Seite <strong>des</strong> Arlbergs ist das ä am ehesten<br />
als Verbaierung jenes älteren ä, wie es für mhd. ei<br />
jenseits <strong>des</strong> Arlbergpasses im Montafon und im<br />
Klostertal, z. B. in brät, haß, lätra (Leiter) usw.,<br />
gesprochen wird, zu betrachten. Stanz und Paznaun<br />
unterstanden im Mittelalter gleich Südvorarlberg<br />
dem Bistum Chur und wurden zunächst<br />
eben vom Montafon und dem Klostertal aus deutsch<br />
besiedelt. Zahlreiche Alemannismen, wie z. B. das<br />
bereits erwähnte dußßv (draußen, § 14 a 2), heben<br />
daher die Stanzer und Paznauner Sprechweise von<br />
allen übrigen Tiroler Mundarten ab. Mit diesen<br />
Alemannismen ist das als ä-Laut verbaierte ä auf<br />
eine Stufe zu stellen. — 5. Am Reggelsberg und im<br />
Ostpustertal mit ihren urkundlichen ö-Zeugnissen<br />
seit 1300 bedeuten diese ä-Lautungen offenbar in<br />
erster Linie ein phonologisches Ausweichen <strong>des</strong><br />
älteren äv vor einem anderen Laut, vor südbair. qv<br />
aus mhd.
aneinandergrenzen. Beide Laute wären ja im 13. Jh.<br />
als ä verbaiert worden. Nun gehörten dem Kärntner<br />
Herzog die Städte St. Veit als Residenz und<br />
Klagenfurt als herzogliche Gründung <strong>des</strong> 13. Jhs.,<br />
Villach hinwieder, die dritte alte Stadt der Kärntner<br />
Merzlandschaft, sowie Feldkirchen waren seit Beginn<br />
<strong>des</strong> Hochmittelalters und bis zu den Zeiten<br />
der Kaiserin Maria Theresia im Besitz <strong>des</strong> ostfränkkischen<br />
Bistums Bamberg und dienten vielen<br />
höheren Beamten aus Oberfranken, aus einem<br />
einheitlichen ö-Gebiet, als dauernder Amtssitz.<br />
Diese historischen Verhältnisse haben bei der Ausbildung<br />
<strong>des</strong> mundartl. ä im Süden von Kärnten bestimmt<br />
mitgewirkt. Auch hier stammen die ältesten<br />
urkundlichen ä-Belege aus der Zeit um 1300. —<br />
7. Es sind also diese ö-Inseln m. E. keine Folgen<br />
paralleler Entwicklungsschritte in unserer alten<br />
Dreierreihe mhd. ei, ou, öü mehr; sie sind teils<br />
Nachwirkungen oberschichtlicher oder sonstweicher<br />
Einsickerungen von außen herein, teils phonologisch<br />
bedingter Reihenausweichungen. Diese ä<br />
sind keinem unbefangenen Lautwandel mehr gefolgt,<br />
sondern in Randgebieten oft schon mehr<br />
oder weniger offensichtlicher Lautersatz. Darum<br />
gibt es in den ä-Gebieten, ausgenommen nur<br />
Paznaun und Stanz, deutliche oder versteckte Restformen<br />
mit gv (insbes. vor Nasenlauten) und unorganische,<br />
also „falsche" Rückbildungen anderer<br />
po-Lautungen zu unserem ä; Unregelmäßigkeiten,<br />
die bei einem richtigen Wandel ausgeschlossen<br />
wären. Restformen sind z. B. thiim (schäumen)<br />
neben tSäm (Schaum) aus tirol. *Tschaim (Wortmischung<br />
aus mhd. veim und schriftd. Scliaum)*)<br />
in einigen Orten um Sillian im Pustertal, tsem<br />
(Schaum) in Außervillgratten 3 ). In Südkärnten<br />
weist u. a. auf älteres go die Völkermarkter Wetterregel:<br />
hgt de Petsn an huvt, werte wetvr guvt, hgt<br />
de Petsn an khr$s 4 ), wqrts wetvr pqs (hat die Petzen<br />
(Bergname) einen Hut, wird das Wetter gut,<br />
hat die P. einen Kreis, wird das Wetter bös); sie<br />
ergibt erst einen reinen Reim, wenn man das mißlungene<br />
khrgs und das p$s durch älteres khrgvs —<br />
mit gv aus mhd. ei (mhd. kreiz) — und durch<br />
pgvs b ) ersetzt; ferner der aufs Wörtherseebecken<br />
beschränkte „Reimspruch" in einem Sagentypus<br />
über die Saugen Frauen: päiir 1 sä pgvn wgn dr pödn<br />
kfrgrn is wiv ätän l (Bauer, säe Bohnen, wenn der<br />
Boden gefroren ist wie Stein!); der Spruch ergibt<br />
erst einen reinen Reim, wenn wir das moderne stän<br />
durch älteres Stgvn ersetzen; es begegnen uns versteckte<br />
gv- Reste in analogem Umlaut von gv zu ev<br />
etwa in den Reggelsberger und Mittelkärntner<br />
Komparativen prevtr (breiter) usw. (s. § 20 n).<br />
Hierher gehören schließlich als „falsche" Überbildungen<br />
auch tän usw. für lautgerechtes tgvn aus<br />
mhd. tuon im Mittelkärntner ä-Gebiet und miv dän<br />
(wir tun) im Wienerischen (vgl. § 17 c 3). — 8. Übrigens<br />
dringt jetzt auch im Stadtdialekt von München<br />
unter unseren Augen ostfränk. ä, z. B. in bräd, häs,<br />
immer mehr statt <strong>des</strong> bodenständigen brgvd, hgvs<br />
vor. Die starke Durchsickerung <strong>des</strong> oberen Münchener<br />
Beamtentums und <strong>des</strong> Münchener Großunter-<br />
2 ) Vgl. pustertal. puine (Bohne) aus älterem<br />
puzne, pgDne; tSuim setzt also ein älteres *tigvmen<br />
voraus.<br />
3 ) Zum e aus älterem gv vgl. man im benachbarten<br />
Innervillgratten pene aus älterem pöane<br />
und pgnne.<br />
*) khr(s (Kreis) ist Willkürlautung <strong>des</strong> Reimes<br />
willen; s. das Folgende.<br />
5 ) Aus mhd. böse, Umstandswort zu mhd. b6se<br />
(böse). — Das Wort Kreis ist in echtmundartlicher<br />
Aussprache khräs in Südkärnten meistens durch<br />
hochsprachliches khrais ersetzt worden.<br />
§ 20 g 6—h 3<br />
nehmertums seit den letzten 150 Jahren mit<br />
Franken ist der gesellschaftliche Untergrund hiefür,<br />
h. 1. Eine weitere merkwürdige Behandlung <strong>des</strong><br />
mhd. ei trifft man vor allem im Nordbair. an. Wohl<br />
steht unser fallender Zwielaut gv in den mhd. Einsilbern,<br />
also in brgvd, hgvs, ggvs, \ hgvs (ich heiße)<br />
usw. War aber das betreffende Wort oder die<br />
betreffende Wortform in mhd. Zeit zwei- oder mehrsilbig,<br />
z. B. in leitete, ein breiter, geizze, heizzen<br />
(heißen, inf.), so tritt der steigende Zwielaut gi ein:<br />
Igittvn, v brgidv, ggiß, hgißßn. Diese sonderbare<br />
Differenzierung, die uns besonders deutlich im<br />
Nebeneinander von sing, ggvs gegen plur. ggiß vor<br />
Augen tritt, ist, gemessen an der Lautung Igittvn,<br />
nach dem senkrecht schraffierten Gebiet unserer<br />
Karte, jetzt im ganzen Nordbairischen erhalten,<br />
ferner darüber hinaus bei den Alten im Böhmerwald,<br />
im westlichen Südböhmen, im oberösterreichischen<br />
Obermühlviertel und sogar noch südlich<br />
der Donau auf ausgesprochen mittelbair.<br />
Boden im Hausruckviertel. Man beachte, daß in<br />
Bayern die Südgrenze <strong>des</strong> nordbair. gi alter Mehrsilber<br />
zusammenfällt mit der Nordgrenze eines<br />
zweiten gi- Lautes; er ist nunmehr im Mittelbair.<br />
aus mhd. -al- entstanden z. B. in gid (alt), hgis<br />
(Hals), gi aus mhd. ei und gi aus mhd. -al- meiden<br />
sich also im Raum gegenseitig. Man ersieht daraus<br />
sehr schön wieder das Bedürfnis nach strenger<br />
Unterscheidung alter phonologischer Reihen. Dieses<br />
Unterscheidungsbedürfnis hat im Mittelbair.,<br />
wo früher das Mehrsilber-pi für mhd. ei sicherlich<br />
gleichfalls überall dagewesen war, offenbar die<br />
nachherige Verallgemeinerung der Einsilber-po<br />
nach sich gezogen; <strong>des</strong>halb, weil man wiederum<br />
einem Gleichklang entgehen wollte. Nach Ausweis<br />
urkundlicher Buchstabenvertauschungen von -aimit<br />
-al- seit 1300 und anderer Anzeichen war das<br />
Nebeneinander der Einsilber-p» und der Mehrsilber-pi<br />
einstens in Altbayern weit verbreitet und<br />
im österreichischen Donaubereich nach Süden zu<br />
bis in den Flachgau und in die nördliche Oststeiermark<br />
hinein üblich (s. unten). — 2. Aus diesem<br />
künstlichen Ersatz von gi durch gv erklären sich<br />
im Mittelbair. in verkehrsfernen Bauernwörtern<br />
einerseits mannigfache Restformen mit gi, andererseits<br />
„falsche" Überbildungen mit gv aus gi<br />
(und oi n ) anderen Ursprungs. Dabei hat man freilich<br />
jene Mundarten, welche gi allgemein und<br />
auch in den Einsilbern verwenden, beiseite zu<br />
lassen (s. § 20 f). Nur wenige Restformen und nur<br />
eine einzige Art der Überbildungen seien erwähnt.<br />
Der Buchweizen, mhd. heiden („paganus") genannt,<br />
heißt zwischen Mühldorf (Oberbayern) und Obernberg<br />
am Inn (Oberösterreich) hgVm entgegen sonstigem<br />
hgv'n, hgo'm; vom Nordbair. aus hat sich bis ins<br />
Berchtesgadner Land und bis tief nach Oberösterreich<br />
hinein hgisvri (heiser) mit gi erhalten; gewiß,<br />
weil man dabei an den hgis, an den Hals, dachte;<br />
in sgifvn, ggifvn (geifern kleiner Kinder) aus mhd.<br />
seiveren, geiveren treffen wir dorartigo Restformen<br />
noch im Chiemgau, im Flachgau und im Hausruckviertel<br />
an; wgiwind, wgüwind (Weichwind — warmer<br />
Frühlingswind) besteht im oberen Piolach-, im<br />
Erlaf- und im Ybbstal mit dem obersten oberöstorr.<br />
Ennstal sowio im östlichen Teil <strong>des</strong> Wienerwaldcs<br />
neben wgv(z)wind im Waldviertel; plgittn (den<br />
Geistlichen beim Umgang oder eino hoho Persönlichkeit<br />
feierlich begleiten) finden wir schließlich<br />
(ganz alt) im Jogelland der Oststeiermark. —<br />
3. Zur plur.-Form böi n d, bgi n d (Beundo) aus mhd.<br />
biundfe) bildete man in weiten Landstrichen nicht<br />
nur <strong>des</strong> Nord-, sondern auch <strong>des</strong> Mittelbair. nach<br />
Vorlagen wie plur. ggiß, sing, ggvs oder plur. Swgiff,<br />
sing. Sivgvf (&chwoif) u. ü. den analogen, aber<br />
lautgeschichtlich „falschen" sing. bgv n d ( zur Ver-<br />
61
§ 20 h 3—j 3<br />
breitung s. § 16 e 2). — 4. Das Südbairische kannte<br />
diese nord.- mittelbair. Differenzierung nach der<br />
Silbenanzahl <strong>des</strong> Wortes nicht, es behandelt mhd.<br />
ei, gleichgültig ob in Ein- oder Mehrsilbern, seit<br />
altersher gleichartig. Der älteste urkundl. oa-Beleg<br />
<strong>des</strong> Südbair. für mhd. ei überhaupt, Moasar um<br />
1220 in Brixner Urkunden (sonst Maisar geschrieben,<br />
das ist der aus Mais bei Meran), ist<br />
bereits ein Mehrsilber. Damit kommen wir zur<br />
lautgeschichtlichen Ursache der Differenzierung als<br />
solcher. Das Mittel- und Nordbairische haben nämlich<br />
zwischen Ein- und Mehrsilbern oft einen<br />
Akzentunterschied. Die mhd. Einsilber, z.B.<br />
Fisch sing., naß, Kopf werden fall- (oder zweital-)<br />
druckig ausgesprochen, z. B. um Brunn und<br />
Iglau vtß, nöß, khöp(ff), die dazugehörigen mhd.<br />
Mehrsilber aber steigdruckig, etwa viß (plur.,<br />
mhd. vische), vißßvr (Fischer), vngßßv ein (nasser),<br />
kldpp(ff)m (köpfen) usf., eine Erscheinung, aus<br />
der wir imstande sind, die sogenannte mittelbairische<br />
Einsilberdehnung (s. § 34 k) akzentmäßig<br />
zu deuten. Aus ihr versteht sich jetzt ebensogut<br />
die mittel- und nordbair. Differenzierung zwischen<br />
gv und gi je nach der Silbenanzahl <strong>des</strong> Wortkörpers.<br />
Das gv der Einsilber repräsentiert ja gleichfalls<br />
einen ausgesprochen fallenden, das gi der Mehrsilber<br />
hingegen einen ebenso typisch steigenden<br />
Zwielaut. Also bestehen auch hier dieselben<br />
akzentbestimmten Bindungen. Demgegenüber gibt<br />
es in den meisten südbair. Mundarten tatsächlich<br />
keine Einsilberdehnung, natürlich auch keinen<br />
nach der Silbenanzahl variierbaren Akzent. Das<br />
Südbair. neigt vielmehr seit altersher, soweit es<br />
möglich ist, zur Verallgemeinerung <strong>des</strong> Falldrucks.<br />
Das zeigen uns u. a. die Wandlungen von mhd. e zu<br />
$v (s. § 10 b 2) und von mhd. 6 zu gv (s. § 11 b 1)<br />
und damit zu fallenden und falldruckigen Lautungen<br />
an. Natürlich konnte unter diesen Umständen<br />
im Südbair. auch bei mhd. ei kein Akzentunterschied<br />
je nach der Silbenanzahl und keine Lautdifferenzierung<br />
auf kommen; ei mußte überall zum gleichen<br />
Vokal, möglichst zu einem fallenden Zwielaut<br />
werden, und das ist eben gv.<br />
i. 1. Mit den pi-Lauten der Mehrsilber darf man<br />
unter keinen Umständen eine dritte Gruppe mundartlicher<br />
pt-Lautungen verwechseln. Sie ist strichweise<br />
im Gesamtbairischen vorhanden und geht<br />
nicht mehr von einem gewöhnlichen ei, sondern<br />
von mhd. ei-\-j aus; sie ist also genau genommen<br />
aus der mhd. Lautgruppo -eij- entstanden. Diese<br />
Gruppe wird (über gvi) überall dort zu gi, wo sich<br />
das folgende -j- min<strong>des</strong>tens bis ins 13. oder 14. Jh.<br />
erhalten hatto; so nicht selten in gehcijc, heije<br />
(Höhenrauch), in meije (Mai; vor allem im dat.acc.<br />
meijen), im plur. eijer (Eier) und danach gelegentlich<br />
auch im sing, ei, in -leije der Zusammensetzungen<br />
zweier-, allerlei usw. sowie in bair.-mhd.<br />
weijer, weijet (Leitseil am Ochsengespann) aus<br />
tschech. vajir und aus slowen. vajet. Die Lautungen<br />
gdhgip, khQi aus geheije begegnen uns in Tirol im<br />
Lienzer Becken, im Zillertal, im Unterinngebiet,<br />
in Kärnten im Mölltal, im Salzburgischen in<br />
Krimml, toilw. im Pongau und im Lungau, auf<br />
steir. Gebiet im obersten Murbereich und in der<br />
Oststeiermark, in Oberösterreich im Flußbereich<br />
der Enns; im Salzachgau sowie in anderen Teilen<br />
Altbayerns; im Eigenschaftswort mhd. geheijig<br />
aind die pz-Formen noch weiter verbreitet. Im<br />
Worte Mai herrscht in Westtirol noch jotzt ein<br />
lebendiges Nebeneinander zwischen nom. mgv und<br />
dat. mgvio; mgjo treffen wir im Zimbrischen,<br />
mQie (Maibaum) in Zarz, mgi, mgie, mgi\e (Mai) in<br />
Tirol im Eisack-, Sarn-, Ulten-, Ostpuster-,<br />
Ziller- und teilw. im Unterinntal und im Lienzer<br />
62<br />
Becken, in Kärnten im Mölltal, in Niederösterreich<br />
ausgenommen das Ybbstal, in Oberösterreich<br />
im Hausruck-, im Obermühlviertel mit<br />
Südböhmen und dem Böhmerwald, im Nordbairischen<br />
und in erheblichen Teilen von Oberund<br />
Niederbayern; den plur. gijpr, giar treffen wir<br />
im Zimbrischen (gjdr), im Lienzer Becken, veraltet<br />
im Mühlviertel; auf den sing, (gi) haben diese<br />
Formen übergegriffen in den Sprachinseln Zarz<br />
und Fersental, im Mittermölltal und teilw. im<br />
Böhmerwald; bei -lei(je) begegnet uns -Igi in Zarz,<br />
im Mittermölltal, im steir. Jogelland und im Mürztal,<br />
im Pinzgau, im Nordbair. mit Südböhmen,<br />
mit dem Böhmerwald und mit dem nördlichen<br />
Niederbayern; in wgiv, südbair. wgivt steht gi in<br />
Tirol im Unterinngebiet, in Kärnten im Mölltal,<br />
in Salzburg im Tennengau, im Pinz- und Pongau<br />
mit dem Salzkammergut, im steir. Ennstal und<br />
als wouv, als läge mhd. *wiuer vor, zwischen<br />
Freising und Wasserburg in Oberbayern. In den<br />
übrigen po-Mundarten herrscht gv, insofern diese<br />
Wörter vorkommen und soweit sich außerdem<br />
nicht schriftsprachliche Ersatzformen eingemengt,<br />
ferner soweit schließlich nicht auf Grund von<br />
§ 13 c durch Verwechslung mit mhd. -i(j)- in der<br />
Mundart -aij- eingetreten ist. — 2. In denjenigen<br />
Mundarten, welche ä für mhd. ei aufweisen, tritt,<br />
z. B. im südlichen Kärnten, dafür -aii-, -äi- auf,<br />
etwa in hairaux (Höhenrauch), mäi, äpr (meistens<br />
älan), wäivt; aber man vergleiche -la. Doch gibt<br />
es in den ä -Inseln gelegentlich auch Restformen<br />
mit -gii- und ähnliches; sie erinnern an das ältere<br />
gv (äv) für mhd. ei dieser Gegenden (s. § 20 g 7);<br />
so teilw. im Ostpustertal mgiie (Mai) neben prät,<br />
im Gailtal grgva und im Lesachtal grgiie (langer<br />
Ochsenkarren) aus der ahd. Nebenform *garei(j)a<br />
zu *gari(j)a (s. § 13 c) neben prät und im Lurnfelder<br />
Ortsnamen Rgivx (Roiach), mhd. (Z)Reijach<br />
aus altslowen. Srejach (bei den Mittemdorfern)<br />
wieder neben prät.<br />
j. 1. Vor folgendem -n- und -m- weichen von<br />
der Normalentwicklung ab: mit U3 n , uv n (z. B. in<br />
stü3 n , stüv 11 „Stein") das Oberinntal mit dem<br />
Außfern, das tirol. Unterlech-, das Zillertal, das<br />
Burggrafenamt um Meran, das Ober- und Untereisacktal<br />
und das Etschland, ebenso das Fersental,<br />
Lavarone, Luserna, Folgaria und die Dreizehn<br />
Gemeinden; die Umgebung von Obervellach im<br />
kärntn. Mölltal; weiters die Mittelsteiermark mit<br />
Unterkärnten (veraltet) und dem südlichen Burgenland;<br />
die Sprachinsel Wischau und der Norden<br />
der Sprachinsel Iglau, obwohl sonst in beiden<br />
Inseln durchaus gi überwiegt; mit sdüv n usw.<br />
auch der Osten <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>, während der<br />
Westen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> und der angrenzende<br />
Osten der mittleren Oberpfalz jetzt nach dem<br />
plur. auch im sing. sdgi n , jedoch meistens glQn n<br />
(klein) gebraucht.— 2. Monophthongisches sdä n<br />
usw. reicht im Nordbair. über das Gebiet mit<br />
bräd (breit) etwas weiter nach Süden; vor m, etwa<br />
in hdm (heim), greift der Monophthong strichweise<br />
sogar bisSn die mittlere Oberpfalz herunter.<br />
Auch im tirol. Oberlechtal stoßen wir auf -g n ,<br />
z. B. in stQ n , wgnv (weinen) usw. — 3. Auch vor<br />
Nasenlauten besteht im Nordbair. meistens die<br />
Differenzierung zwischen Ein- und Mehrsilbern,<br />
und zwar diesmal auch in der Sprachinsel Iglau,<br />
die sonst einheitliches gi vorzieht. „Stein" sing,<br />
lautet um Iglau stü9 n , „Steine" plur. aber Stgi n ,<br />
ebenso mit gi wginv (weinen) usf. Dio gleichen<br />
gi n der Mehrsilber gelten natürlich im Nordbair.<br />
und darüber hinaus gleich weit wie gi in Igittvn<br />
usf. (8. Karte 16); dafür tritt im nordöstlichen<br />
Egerland &düi n , wüinv ein, Hin aber auch im<br />
Obermühlviertel mit Teilen <strong>des</strong> angrenzenden
Südböhmens sowie südlich der Donau wieder im<br />
Hausruckviertel. Ebendort sagt man natürlich<br />
auch mginv (meinen), wginn (weinen) bzw. müin(v),<br />
wüin(v) usf. — 4. Die mannigfachen Sonderformen<br />
in den Wörtern mhd. einlif (elf) und zweinzig<br />
(zwanzig) behandelt besser das Wörterbuch unter<br />
den Stichwörtern elf und zweinzig.<br />
k. Mhd. ei vor l beschreitet in größeren Gebieten<br />
<strong>des</strong> Bairischen Sonderwege. In den Wörtern Teil,<br />
Seil, heilen entspricht im Nord- und Mitteibair, g,<br />
also dgl; im mittelbair. Vokalisierungsgebiet <strong>des</strong><br />
nachvokalischen -Z-Lautes dgi; dgvl, dgvi hört man<br />
noch in Teilen <strong>des</strong> östl. Egerlan<strong>des</strong>, ferner im<br />
Obermühlviertel mit dem westl. Südböhmen, in<br />
südlichen Teilen der Mittelsteiermark, im ganzen<br />
Salzburgischen (dQvi) mit dem äußersten Südrand<br />
von Oberösterreich und mit dem steir. Ennstal<br />
sowie mit dem obersten steirischen Murgebiet<br />
(tQvl neben tgl), weiters am oberbayr. Lechrain<br />
mit angrenzenden Teilen von Oberbayern (dgvl,<br />
dgvi, dQv) und tgvl im Südbair. Das tirol. Oberlechtal<br />
hat sein sonderbares tgl, das zu stg n (Stein)<br />
paßt. Vereinzelt stoßen wir auf dQvi auch in Nieder -<br />
und in angrenzenden Teilen von Oberbayern. Zur<br />
Umbildung zu taul, saul im kamtn.-steir. Grenzgebiet<br />
s. § 14 c 2. Im Kärntner Maltatal tritt<br />
dafür tgl ein. Vielfach sind die bodenständigen<br />
Lautungen durch verkehrssprachliche Ersatzformen,<br />
durch tau, sail, haiin (däl, däi usw.) ersetzt<br />
worden.<br />
1. 1. In etlichen Verkehrswörtern ist unter Einfluß<br />
<strong>des</strong> Wienerischen ä statt erwartetem gv mehr<br />
oder weniger weit verbreitet. Den größten Raum<br />
unter diesen stadtsprachlichen Lehnformen hat<br />
ohne Zweifel antßn (Gabeldeichsel) erobert. Bei<br />
ihm hat die Wiener ä-Aussprache im Gesamtbairischen,<br />
soweit eben das Wort Einze vorkommt,<br />
die echten Lautungen mit gv bis auf wenige Reste<br />
beseitigt. Ebenso geht weit nach Bayern hinaus<br />
gränv (herumwandernder Hausierer, der mit hauserzeugten<br />
Kleinwaren handelt); er müßte eigentlich<br />
grgvnv heißen, denn er kam früher aus dem<br />
einstigen österr. Kronland Krain. In Oberösterreich<br />
gilt ratßn für „reizen"; häso (heiser) statt<br />
erwartetem hgvsv hat von Wien aus Niederösterreich<br />
und Teile von Südmähren erobert; auch<br />
maßßl (Meißel), batß (Beize), batßn (beizen) u. a.<br />
sind in mehr oder weniger weitem Umkreis um<br />
Wien mit ä, a bauernmundartlich geworden. Umgekehrt<br />
war es beim wienerischen gsbäs (Spaß)<br />
und bei der Ableitung gsbaßßix (spaßig, sonderbar);<br />
Spaß ist ein Lehnwort aus dem Welschen, das uns<br />
im 17. Jh. in Wien auftretende venezianische<br />
Schauspieler-, Komikergruppen und italienische<br />
Marionettenspieler vermittelt hatten; auf Grund<br />
der Gleichung, daß für wienerisches ä in brüd u.<br />
dgl. in der Landmundart gv in brgixl u. dgl. steht,<br />
ist gsbäs, gsbaßßix unrichtig als gsbgns, gsbgvßßi<br />
„verbäuerlicht" worden; es ist nachher in dieser<br />
„falschen" Umsetzung <strong>des</strong> Wiener Raumes gemeinbairisch<br />
geworden. — 2. Desgleichen hat die<br />
Kärntner und Steirer Stadtsprache mit ihrem ä<br />
in einigen Ausdrücken solche Formen mit ö weit<br />
ins geschlossene Kärntner po-Gebiet hinein aussenden<br />
können. Hädn (Buchweizen) gilt statt<br />
„richtigem" hgvdn nicht nur in ganz Kärnten,<br />
sondern darüber hinaus auch im obersten steir.<br />
Murgebiet und in der Weststeiermnrk; jräsn<br />
(Freisen, gewisse Krämpfe kleiner Kinder) geht<br />
noch weiter nach Osten bis Radkersburg und bis<br />
ins südliche Burgenland.<br />
m. 1. In den Kirchenwörtern heilig, Geht,<br />
Fleisch, rein haben sich im Bairischen Lautungen<br />
durchgesetzt, die aussehen, als lüge mhd. i zugrunde.<br />
Nach Ausweis urkundlicher Schreibungen<br />
§ 20 j 3—m 3<br />
mit ei statt älterem ai kamen diese spätmhd.<br />
Ersatzformen erst um 1350 auf. Sie stammen<br />
wohl aus der Prager Kanzlei- und aus der Hofsprache<br />
der luxemburgischen Kaiser; aus einem<br />
Bereich, in dem seit 1300 die Lautgrenze zwischen<br />
mhd. i und mhd. ei auch sonst nicht streng eingehalten<br />
worden ist und beide Lautreihen ineinanderfließen.<br />
Zwei Jahrzehnte vorher hatten sich<br />
in<strong>des</strong>sen in diesen Kirchenwörtern speziell die<br />
Wiener Formen hälig, gast, fläs im Bairischen<br />
ausgebreitet gehabt. Das beweisen seit 1330 die<br />
urkundlichen Schreibungen hälig, gast, fläsch (und<br />
ähnlich), das zeigen Reime wie bei Oswald von<br />
Wolkenstein heilig/sälig und Hofnamen, etwa<br />
Halling(er) bei Meran (älter Haelig und vor 1330<br />
Hailig geschrieben). Sie stimmen zu den oben<br />
erwähnten Wiener Ausstrahlungen antßn, ä n dsn<br />
usw. Die ursprünglicheren po-Lautungen leben in<br />
Sonderbedeutungen oder in beharrsamsten Rückzugsschollen<br />
noch im verborgenen fort, z. B. in<br />
ggvst (Gespenst) im Tiroler Lechtal, in vlgaiß<br />
(Fleisch) in Gottschee und vlgvß (Fleisch) in den<br />
Sieben Gemeinden, in hgvl[kx in den Sieben und<br />
hgvlakx, vgvlakx (heilig) in den Dreizehn Gemeinden,<br />
in rgv n , rgvn (geheuer) in Mundarten an<br />
der steir.-kärntn. Grenze. — 2. Unter dem zunehmenden<br />
Gewicht verkehrssprachlicher Begriffsvorstellungen<br />
werden seit dem 19. Jh. immer<br />
mehr Wörter mit hochsprachlichem ai in die echte<br />
Mundart übernommen; z. B. bestehen die echten<br />
Aussprachen khgvsdr (Kaiser), gmgv n (Gemeinde),<br />
khrgvs (Kreis) vielerorts nur mehr in Flur- und<br />
Hofnamen oder in völlig verkehrsfernen Begriffen<br />
(insbes. in Zusammensetzungen) fort. Sonst sind sie<br />
schon durch die hochsprachlichen Lehnformen<br />
khaiser, gemainde, khrais verdrängt worden. —<br />
3. Nicht in den Bereich hoch- und verkehrssprachlicher<br />
Entlehnungen gehören m. E. alem.<br />
klin (klein) statt mhd. kleine und <strong>des</strong>sen Ausläufer<br />
ins Bairischo. Aus aleman. klin verbaiertes<br />
kxlai n (statt kxlgv n ) tritt uns im tirol. Lechtal mit<br />
dem oberen schwäbischen Lechrain entgegen, <strong>des</strong>gleichen<br />
in den Dreizehn Gemeinden als khlai n ;<br />
dazu darf bemerkt werden, daß das Zimbrische<br />
auch sonst oft speziell ans Lechtalerische erinnert;<br />
schließlich gilt khlai n weit davon entfernt in der<br />
mittelbair. Sprachinsel Wischau; eine dritte „Ablautform"<br />
neben mhd. kleine und *klinc, nämlich<br />
*kline, treffen wir als kxli n in Stanz und Paznaun,<br />
im Oberinntal von Fließ aufwärts und im Obervintschgau,<br />
ferner bei den älteren Leuten im<br />
ötztal als kxline, kosend für Kinder und junge<br />
Haustiere, neben allgemeinem kxlQnnc; es kann<br />
kxli n , kxline ein Rückstand jenes Alemannisierungsvorstoßes<br />
nach Westtirol zwischen 1100<br />
und 1250 sein, von dem hier schon öfter die Rede<br />
war 6 ). Ich halte auf alle Fälle aleman.-wischauerisches<br />
*klin und westtirol. *klin statt klein für<br />
eines der Ergebnisse kosenden Lautspieles; ihm<br />
sind z. B. auch im Schlesischen klinisch ig (kleinwinzig)<br />
und im Bair. dio scheinbare Ablautsform<br />
kleinwunzig neben kleinwinzig sowie weitere lautspielende<br />
Koseumbildungen <strong>des</strong> Wortes winzig im<br />
Bair. (s. unter winzig im Wörterbuch) zu vergleichen.<br />
8 ) Wenn in bair. Urkunden seit 1400 im Komp.<br />
und Superlat. vereinzelt die Schreibungen kliener,<br />
der klienste auftreten, so haben diese Schreibungen<br />
mit unseren scheinbaren Ablautformcn nichts zu<br />
schaffen. Es sind falsche Umsetzungen der analogen<br />
Umlautformen (s. § 20 n) mundartl. gkvnn,<br />
dv glev n sd nach Mustern wie mundartl. revm,<br />
devnv und geschriebenes Riemen, dienen als kliener,<br />
klicnst.<br />
63
§ 20 n l—o 1<br />
n. 1. Das mundartliche gv kann analog zu er><br />
umlauten. Der analoge Umlaut tritt z. B. im<br />
Komp. brevdn (breiter), gl§vno (kleiner) zu brgvd,<br />
glQv n ein, <strong>des</strong>gleichen im plur. Sweyff (Schweife),<br />
g§vß (Ziegen) zu äwQvf, ggvs (sing.), in den Verkleinerungsformen<br />
äw§vffe (Schweiflein), g§vßßl<br />
(Geißlein) und in den feminina abstracta br$vdn<br />
(Breite), wyoxv (Weichheit) gegen brgvttn (Ackerbreite)<br />
zu brQvd, WQDX (weich). Wo jedoch wirklich<br />
lautgesetzlich Umlaut zu erwarten wäre, z. B.<br />
in WQvtß (Weizen), wgnkko (Wäsche einweichen)<br />
usw. aus frühahd. hwaitzi, waichian, fehlt er durchaus.<br />
Er fehlt vielfach auch im Gebiet <strong>des</strong> gi für<br />
Einsilber. Dagegen finden wir ihn, abgesehen von<br />
Paznaun und Stanz, als Erinnerung an das frühere<br />
gv (äv) fast immer in den bair. ä-Mundarten;<br />
z. B. am Reggelsberg und im südlichen Mittelkärnten<br />
in prevtdr, äwevf, gevsl; in Jcxliansr im<br />
Altklagenfurterischen 7 ) und am Reggelsberg, in<br />
khlidna vereinzelt im südlichen Oberkärnten und<br />
vereinzelt im Hoch- und Ostpustertal; vgl. dazu<br />
§ 20 g 7. Deutlich wird die Analogie als seine<br />
Ursache durch die zimbrischen Lautungen (Luserna)<br />
prgvtvr, plur. swgvf, fern, abstr. wgvx usw.<br />
zu den umlautlosen Formen prgvt, Swgvf, wgvx.<br />
Das ev richtet sich im Südbair. nach dem §D als<br />
Umlaut zu gv aus mhd. 6, im Mitteibair, nach<br />
analogem mhd. -ör- als Umlaut zu mhd. -or-.<br />
In manchen go-Gebieten, z. B. im Weinviertel,<br />
konnte jedoch dieser analoge ei-Umlaut bisher im<br />
wesentlichen noch nicht recht durchdringen. —<br />
2. In einigen Gegenden hat er sich in<strong>des</strong>sen nach<br />
mhd. -er- als Umlaut zu -ar- gerichtet; zu prgvt,<br />
brQvd erscheint z. B. als Komp. prlvtvr, brivdv um<br />
Brunn, in Teilen <strong>des</strong> niederösterr. Pulkautales und<br />
in der Znaimer Gegend, im Salzachgau, nach<br />
hgvs (heiß) hivßßv z. B. im Flachgau. Maßgebend<br />
wurden als Vorbilder ivgo (ärger) zu gvg (arg) u. ä.<br />
vWeil im Salzachgau dieses mhd. -er- durch -iuvertreten<br />
ist (s. § 4 g 5 und Karte 6), so tritt<br />
folgerichtig iu auch in briuttv, hiußßv zu brgvd,<br />
hgvs ein. Diese stellte man sich hier gewissermaßen<br />
als brart, harß vor. — 3. Weil in der Sprachzunge<br />
Neubistritz-Neuhaus mhd. ei und mhd. 6<br />
als gi zusammenfallen und grgis (groß) mit seinem<br />
Komp. greßßv zu prgit stimmt, so machte man<br />
nach diesem neuen Muster den Komp. prqtvr nach,<br />
gleichsam gedacht als altes *br6ter statt breiter. —<br />
4. Lautgeschichtlich unklar sind im Zillertal und<br />
teilweise darüber hinaus im Unterinngebiet einige<br />
analoge Umlautformen mit mundartlichem ä neben<br />
allgemeinem gv, uo n , z. B. (zillertal.) kxlädl (kleiner<br />
Wecken, gewissermaßen das Kleinlein) zu kxlüona<br />
(klein), gapärd (Knochenwerk) zu püd n (Bein,<br />
Knochen), plur. püd n r, zaxx< ir (Schwächling) zu<br />
zgvxxV/ (harnen), wäxxf (die Weiche <strong>des</strong> Körpers)<br />
neben w§vxx^ (das Weichsein) zu WQVX USW. Wir<br />
dürfen sie kaum mit merkwürdigen Verkürzungen<br />
von mundartl. gv zu a, wie sie im obersten Iselgebiet,<br />
z. B. in Virgen hattßn (heizen), wattße<br />
(Weizen) vor tz, in Verbindung bringen; Formen<br />
übrigens, die uns auch ihrerseits schon absonderlich<br />
genug anmuten.<br />
o. 1. Zu Beginn unserer Ausführungen wurde<br />
im Zusammenhang mit dem auffallenden Ausspringen<br />
<strong>des</strong> mhd. ei als gi, gv aus der Dreierreihe<br />
mhd. ei, ou, öü angedeutet, daß durch die Kontraktion<br />
von ahd. -egi- zu mhd. ei und zu bair. ö<br />
in gewisser Hinsicht ein nachträglicher Lückenbüßer<br />
für das allgemeine mhd. ei erstand, ein<br />
Ersatz, der nun doch noch den „parallelen Wandel"<br />
7 ) Diese Form aus meiner Kinderzoit ist jetzt<br />
nur mehr Erinnerungsform und ausgestorben.<br />
64<br />
von mhd. ou und öü zu ä ausfüllend nachholte.<br />
Diesen „Ersatzwandel", wie man geradezu sagen<br />
könnte, haben wir als Abschluß dieses schwierigen<br />
Kapitels über mhd. ei näher ins Auge zu fassen.<br />
Es sind auch seine Verhältnisse auf den ersten<br />
Blick etwas verwickelt. Wir haben als Bezeichnung<br />
für die Kontraktion aus ahd. -egi- etwas willkürlich<br />
das graphische Zeichen ei und das Kennwort<br />
er treu (er trägt) ausgewählt. Wir stellen<br />
jetzt darüber hinaus als weitere Reihenglieder fest:<br />
Veit (legt), eidehse (Eidechse), gejeide (Jägerei),<br />
getreide (Getreide), meidelin (Mädchen), alem. seit<br />
(sagt); eide (Egge), s'einse (Sense) aus ahd. tregit,<br />
legit, egidehsa, gajegidi, gatregidi, megidilin, alem.<br />
segit; egida, segansa. Diesem ei setzen wir ein<br />
anderes mhd. ei, fernerhin ei geschrieben, entgegen,<br />
das Kontraktionsergebnis aus ahd. -aga- {-age-,<br />
-agö- u. dgl.). ei wird seinerseits anders behandelt<br />
und fällt im Bair. durchaus mit dem normalen<br />
mhd. ei in breit usw. zusammen; etwa in mhd.-bair.<br />
seit (sagt), kleit (klagt), meid (Magd, Mädchen),<br />
weisen (Pflugschar) u. a. aus ahd. saget, klagot,<br />
magad, waganso acc.-sun; dafür tritt mundartl.<br />
z. B. sQvd (sagt) ein, das mit brgvd reimen kann.<br />
Dieser umständliche Apparat wird keineswegs zur<br />
Gänze erörtert werden, wir werden aber doch<br />
manches davon vorbringen müssen; erstens, weil<br />
mannigfache Überschneidungen der Reihen und<br />
auch fremde Einbrüche bei der ausgesprochen<br />
gliederarmen ei-Reihe vorhanden sind, zweitens<br />
weil viele Mundarten eine sehr deutliche Abneigung<br />
gegen alle Kontraktionsformen an den<br />
Tag legen; vor allem die allerälteste bair. Mundart,<br />
das Zimbrische der Sieben Gemeinden, das überhaupt<br />
keine richtigen Kontraktionen mehr aufweist.<br />
Das Zimbrische hat sich um 1100, also vor<br />
den Kontraktionen, die nach § 27 e/f erst um 1150<br />
entstanden sind, selbständig gemacht. Halten wir<br />
uns zunächst an die verbreiteteste ei-Form, an eide<br />
(Egge). Hier wird in der Tat nahezu der ganze<br />
bair. Raum von unseren ä-Entsprechungen beherrscht,<br />
fast überall gilt ädn, a"n mit ö 8 ); auch<br />
bei eidehse ist ö noch weit verbreitet 9 ) in ädakßl<br />
(mit Varianten) 10 ); er trat, $v dräd (er trägt) und<br />
er lät, ev lud (er legt) steht mit ä im Zillertal,<br />
im tirol. Oberlechtal, im Sundergau und um<br />
Wischau"), das ä bleibt im Zillertal und im<br />
Sundergau vom mhd. ei, z. B. in eor zgvt, ä sgvd<br />
8 ) alte im Zillertal, at im tirol. Unterinngebiet<br />
und im Sundergau, attn um Freising, Schwaben<br />
(östl. v. München) und Isen. — Keine Kontraktion<br />
besteht in Oberösterreich mit dem Flach- und<br />
Tennengau, dem Salzkammergut, mit Südböhmen<br />
und dem südl. Böhmerwald auf der einen Seite<br />
als e'?j, als egdte, ekkv, -kr} im westlichen und<br />
mittleren Tirol mit dem Lechrain und angrenzenden<br />
Teilen Oberbayerns und mit den südbair.<br />
Sprachinseln auf der zweiten Seite und als e'^ im<br />
Staudengebiet (um Aichach) und als e'n, ID'TJ, Vn,<br />
ix, ex in der westl. Oberpfalz sowie im angrenzenden<br />
Franken auf der dritten Seite.<br />
•) Bei (H)Egedechse fehlt dio Kontraktion wieder<br />
im Tirolischen mit seinen Sprachinseln, in Oberkärnten<br />
und streuweiso auch sonst im Bairischen,<br />
z. B. im Lavanttal, im Salzkammergut, im Obermühlviertel<br />
usw.; Genaueres s. Artikel Eidechse im<br />
Wörterbuch, ebendort s. die sonderbaren Spielformen<br />
dazu.<br />
10 ) Zu gvdakßl mit gv s. weiter unten.<br />
u ) Gerade bei den Zeitwortformen ist durch<br />
Paradigmenausgleich in den meisten bair. Mundarten<br />
die Kontraktion aufgehoben worden; sonach<br />
tragt (tregt) und sagt.
(er sagt) reinlich geschieden 12 ). — 2. In<strong>des</strong>sen<br />
bemerkt man gerade hier im Inn-, Hausruck- und<br />
Obermühlviertel mit Südböhmen eine empfindliche<br />
Störung durch die Entsprechungen drqvd<br />
(trägt), lövd (legt) mit QV, als läge ei vor; in großen<br />
Teilen von Nieder- und Oberösterreich, in der<br />
Ober- und Weststeiermark mit dem mittelsteir.<br />
Murtal herrscht QV ebenso „regelwidrig" in Qvdakßl,<br />
wie denn überhaupt gelegentliche Abirrungen von<br />
ei zur ei-Reihe vorkommen. Bei giQvd (insbes. in<br />
der Verbindung wültß giQnd für „die wilde Jagd")<br />
und vollends bei drövd (Getreide) ist das regelwidrige<br />
QV statt ä vorherrschend 13 ); vom Wort<br />
Getreide wissen wir, daß es in mhd. Zeit aus dem<br />
Mitteldeutschen entlehnt worden ist, bei Gejeide<br />
als Wort der Jägersprache, die auch sonst stark<br />
von mitteld. Lehnwörtern durchsetzt ist, dürfen<br />
wir das gleiche annehmen. Sie fallen als Lehnwörter<br />
nicht mehr in die Waagschale. — 3. Allerdings<br />
glich im Mitteibair, zu Beginn <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />
und im Südbair. bis um 1300 die Entsprechung<br />
für mhd. ei aus ahd. -egi- noch nicht dem jetzigen<br />
ä; es bestand damals noch ein steigender Zwielaut,<br />
er klang aber trotzdem nicht gleich wie (heutiges)<br />
ai aus mhd. i etwa in vnb, zit; vielmehr war es<br />
ein eigener Zwielaut, wie er sonst nur noch (nach<br />
Entrundung) für mhd. öü vor folgendem -w- existiert<br />
hatte, nämlich äi. Dieses äi unterschied sich<br />
mithin in gleicher Weise vom Laut ä aus sonstigem<br />
mhd. öü, aus mhd. ou wie aus mhd. d und ä. Der<br />
merkwürdige Sonderlaut äi besteht tatsächlich in<br />
der Sprachinsel Gottschee lebendig fort in läit<br />
(legt), gdj,äi (Gejeide); deren äi paßt wirklich nur<br />
zu häi (Heu) aus mhd. höuwe, aber weder zu ai<br />
in baip (Weib) noch zu ä in päms (Bäume), lärz<br />
(leer); bägrye (Wagen, plur.) aus mhd. vnb; böume;<br />
lare; wägene dazu. Darum konnten die ältesten<br />
mhd. Dichter <strong>des</strong> Bairischen, sofern sie echtbairisch<br />
vorgingen, dieses ei nicht anders als mit<br />
sich selbst reimen; genau so, wie dies der Gottscheer<br />
heute noch tun muß. Sorglosere Dichter<br />
banden allerdings, soweit sie wienerisch-mittelbair.<br />
Einflüssen unterworfen waren, dieses ei<br />
immerhin mit mhd. i; als erster der vermeintliche<br />
Kärntner Heinrich von dem Türlin (um 1225),<br />
nach fünfzigjähriger Pause als nächster Ulrich von<br />
dem Türlin, weiters Walberan, der Pleier usw.;<br />
natürlich auch der Wiener Jans Enikel (um 1285),<br />
ferner Helbling, Teichner und Suchenwirt. Seit<br />
wann im Mitteibair, dieses äi dann wirklich mit<br />
ai aus mhd. i gleich geworden ist, das wissen wir<br />
nicht genau. Tatsache ist jedenfalls, daß heute<br />
gerade die beharrsamsten mittelbair. Rückzugsmundarten<br />
für ei dasselbe ai aufweisen wie für<br />
mhd. i. Aidakßl — vgl. wäib aus mhd. wib —<br />
treffen wir im Nordbair., das auch sonst gerne die<br />
Rolle als Konservator altmittelbair. Formen auf<br />
sich nimmt, ferner strichweise in Ober- und Niederbayern,<br />
weiters im Flach- und Tennengau mit<br />
umliegenden Landschaften (häi-) sowie in größeren<br />
Teilen <strong>des</strong> Inn- und Mühlviertels mit dem Hausruckviertel;<br />
äVn (äVn,; Egge) taucht im größten<br />
Teil <strong>des</strong> Nordbair. auf, weiters in Neubistritz-<br />
12 ) Weiters bleibt davon geschieden zillertal.<br />
Mek, Slext (schlägt) und sunderg. sied aus mhd.<br />
sieht.<br />
13 ) Die bodenständigen Entsprechungen leben<br />
nur noch bei Gejeide und bei ihm nur um Gottscheo<br />
(gd[äi), im ötz- und Zillertal (gHädd, -gd), am<br />
Lechrain (gfö(g)) und zwischen Roth (südl. Nürnberg)<br />
und Schrobenhausen (gäx, giü(g)), oft mit<br />
fälschlich angehängtem -g (-x). Eine Sonderstellung<br />
bezieht zimbrisches gojigax on gvjegax<br />
(wilde Jagd).<br />
§ 20 o l—o 5<br />
Neuhaus und in den Sprachinseln Iglau, Budweis<br />
und Brunn und aittn (Egge) zwischen Landshut<br />
und Regensburg; säi n s(n) (Sense) aus mhd. seinse<br />
läßt sich im Flach- und Tennengau mit dem Salzkammergut<br />
und dem oberen Innviertel nachweisen;<br />
es ist ein Wort, das sonst im Bair. nur<br />
noch im Salzburgischen mit dem tirol. Unterinnund<br />
mit dem Zillertal und im Osten von Oberbayern<br />
sowie im größten Teil von Niederbayern<br />
mit Kontraktion (sä n sn u. ä.) auftritt. Besonders<br />
wertvoll wird uns diese Form, weil es sonst im<br />
Flachgau keine ei-Kontraktion gibt 14 ). Dasselbe<br />
ai, als läge mhd. i vor, haben wir in Personennamen,<br />
die im Mhd. mit Mein- und Rein- aus<br />
ahd. Megin-, Regin- beginnen, vor uns, oder besser<br />
gesagt, in damit gebildeten Ortsnamen. Sie lauten<br />
jetzt mundartl. mit Mäi n - und Räi n - an: im Waldviertel<br />
z. B. in Meinharts, Meinhartsschlag, Reinboten,<br />
Reingers, im Mühlviertel in Reimprechts, im<br />
Innviertel in Meingaß, Meinharting 15 ) usw. Gleiches<br />
gilt in Niederbayern und im Flachgau. —<br />
4. Dagegen hat sich im südbair. Binnenland durchaus<br />
ä aus mhd. ei ausgebildet; auch große Teile<br />
<strong>des</strong> Mittelbair. haben sich, z. B. in ä'n (Egge;<br />
s. oben), doch noch für dieses ä entscheiden können.<br />
Nach den ei/a-Reimen der Steir. Reimchronik (um<br />
1310), nach urkundlichen ^-Schreibungen seit 1300<br />
und nach anderen Merkmalen waren diese ü-Lautungen<br />
zu Beginn <strong>des</strong> Spätmittelalters schon da. —<br />
5. Auf dem Boden jener Landschaften, welche in<br />
alter Zeit zum Bistum Augsburg gehört hatten<br />
oder sonstwie alemannischen Einflüssen ausgesetzt<br />
waren, stoßen wir statt auf ä überraschenderweise<br />
auf eine völlig andere Entsprechung, auf e. Dieses<br />
e nimmt sich aus, als läge mhd. Vollumlaut-e<br />
zugrunde, daneben gibt es auch mundartl. ei; 16 )<br />
so in Westtirol und im westlichsten Oberbayern.<br />
Ihm hat sich dort überdies in alem. Weise mhd.<br />
seit (sagt) usw. angeschlossen, für das ja im Bair.<br />
mhd. seit eintrat. Man spricht im Otztal, in Zirl,<br />
in Mittenwald und Murnau, am Westufer <strong>des</strong><br />
Starnbergersees und in Mering (östl. v. Augsburg)<br />
in alemannisierender Weise tret (trägt), let (legt),<br />
aber auch set (sagt) und sogar kxlct (klagt) usw.<br />
(daneben treit usw.). Es ist dieselbe Landschaft,<br />
in der man, gleichfalls alemannisierend, für mhd.<br />
ou und für mhd. öü mundartl. ö und c statt <strong>des</strong><br />
echtbair. ä-Lautes einsetzt (s. § 21 b und § 22 a<br />
2 — 7). Wenn <strong>des</strong>senungeachtet die Lautungen<br />
tret, let, set usf. in Zentraltirol strichweise über den<br />
ö-Bereich hinaus ins bair. ä-Gebiet übergreifen,<br />
so darf man diese Störung <strong>des</strong> Parallelismus ohne<br />
Bedenken mit einer alten dialektgeographischen<br />
Raumdynamik in Beziehungen bringen. Wir haben<br />
mehrfach auf jene große Alemannisierungswelle<br />
<strong>des</strong> 12. und <strong>des</strong> beginnenden 13. Jhs. hingewiesen,<br />
welche über den Arlberg hereingestoßen war und<br />
deren Folgen seit der Mitte <strong>des</strong> 13. Jhs. durch<br />
einen bairischen Gegenstoß großenteils aufgehoben<br />
worden sind. Als neuerliche Rückstände aus dieser<br />
Zeit dürfen wir die veralteten Aussprachen tret,<br />
let, zet (sagt) u. ä. im Obersilltal und in Tux im<br />
14 ) Sonst kehren Kontraktionsformen beim Worte<br />
Sense erst im Ostfränkischen und im Westmitteldeutschen<br />
wieder.<br />
15 ) Gelegentliche Abirrungen zu Mä n -, Rä n -<br />
(geschrieben Man-, Ran-) in Oberösterreich darf<br />
man vielleicht auf Rechnung <strong>des</strong> Wandels von<br />
mhd. i zu ä (s. § 13 e), andere Abirrungen zu<br />
Men-, Ren- auf Rechnung <strong>des</strong> restweiso faßbaren<br />
Wechsels von mundartlichem ai n mit e n (s. § 13 g 2)<br />
setzen. Sie wiegen daher hier nicht mehr schwer.<br />
1B ) Zum Wandel dieses e, das ja zusammengefallen<br />
ist mit mhd. c, zu ei 8. § 4 b 5.<br />
65
§ 20 o 5—21 b 2<br />
hintersten Zillertal auffassen, die neben gläbm<br />
(glauben) usw. mit ä aus mhd. ou vorkommen;<br />
dies dürfen wir umso eher tun, als im Obersilltal<br />
auch ö- und insbes. e-Reste aus mhd. ou, öü statt<br />
<strong>des</strong> jetzt herrschenden ä vorkommen (s. § 21 b 2).<br />
§ 21. Mhd. ou (s. Karte 17)<br />
Übersicht: a. Allgemeines; Verhältnis zu mhd.<br />
ü. — b. Alemannisieren<strong>des</strong> ö. — c. Mhd. oum. —<br />
d. Mhd. ouw, oug, ougg, ouk, ouch. — e. Verkehrssprachliche<br />
Einsickerungen.<br />
a. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Oberdeutschen besteht in<br />
der Behandlung <strong>des</strong> mhd. ou eine Zweiteilung.<br />
Das Bairische und das Ostfränkische haben den<br />
alten Zwielaut im allgemeinen zum hellen ä-Laut<br />
monophthongiert, während das Alemannische einen<br />
o-artigen Monophthong besitzt oder den alten<br />
steigenden Zwielaut au, qu beibehalten hat. Speziell<br />
im Bairischen wurde die moderne Lautung ä<br />
bald nach 1200 erreicht. Doch ist heute im Mittel -<br />
bair. und teilweise im Nordbair. dieses ä nicht<br />
mehr überall erhalten. Das ä aus mhd. ou ist zunächst<br />
mit jenem anderen ä, das inzwischen aus<br />
mhd. u entstanden war (s. § 13 e), vereinheitlicht<br />
worden; zuerst im Mittel-, nicht viel später wieder<br />
im Nordbairischen. Wir stellen zum Vergleich<br />
zwei „ReimWörter" nebeneinander, mhd. gelouben<br />
(glauben) und klüben (klauben, lesen, pflücken).<br />
Der Gleichklang, den Karte 17 für dieses Wortpaar<br />
mit der dicken Linie umrandet, erstreckt<br />
sich im Mitteibair, über die ganze Donau-, aber<br />
nicht mehr über die Isarstraße von Nieder- und<br />
Oberbayern und geht übers ganze Nordbair. Bereits<br />
in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 13. Jhs. reimte ein<br />
wienerisch beeinflußter Dichter Österreichs in<br />
diesen und in anderen Wörtern mhd. ou mit mhd.<br />
ü; es ist der verwienerte Adoptivkärntner Heinrich<br />
Xon dem Türlin um 1225, sofern diese frühe Datierung<br />
stimmt; ihm folgten erst fünfzig Jahre<br />
später Ulrich von dem Türlin, der Wiener Jans<br />
Enikel und schließlich Helbling, Wernher der<br />
Gartenaere, Suchenwirt, Teichner u. a. m. Aufklärung<br />
über den Lautwert dieser Reime bringt<br />
uns die Urkundensprache. Seit der zweiten Hälfte<br />
<strong>des</strong> 13. Jhs. und insbesondere seit 1300 wurde<br />
im Mittelbairischen nicht nur für mhd. ou, sondern<br />
jetzt auch für mhd. ü gelegentlich d, ä, e geschrieben<br />
und demzufolge ä gesprochen. Damit war der<br />
mittelbair. Gleichklang als ä tatsächlich erreicht.<br />
Dasselbe macht sich etwas später im Nordbairischen<br />
bemerkbar. — 2. In<strong>des</strong>sen hat das<br />
Südbair. die zweite Umbildung von mhd. ü zu ä<br />
nicht mehr mitgemacht. Es trennt säuberlich<br />
gläbm von khlaubm oder läfn (laufen) von haufn<br />
(Haufen) aus mhd. gelouben, louffen, bzw. klüben,<br />
hüffe usw. Im Bair. muß übrigens die Tendenz,<br />
den alten Zwielaut ou zu ä zu verwandeln, schon<br />
im 12. Jh. fest verwurzelt gewesen sein. Seine<br />
Außengründungen haben abgesehen vom Zimbrischen<br />
(s. § 21 b 3) dieses ä in der Diaspora<br />
selbständig erreicht. Deshalb können auch neuentlehnte<br />
au aus der Fremdsprache, z. B. im<br />
Fersental räk (Heiserkeit), plät (viergeteiltes Holzstück<br />
aus einem Baumklotz) aus altvenez. rauka,<br />
plauta, Wörter, die es in der Tiroler Heimat der<br />
Fersentaler nicht gibt und nie gegeben hat, an dem<br />
Wandel noch teilnehmen; ähnliches gibt es in den<br />
mittelbair. Außengründungen. — 3. Der einstige<br />
ä-Bestand ist aber im Mittelbair. für mhd. ou<br />
wie für mhd. u oft nur mehr in Restformen bewahrt<br />
und auch im südlichen Nordbair. schon<br />
stark durchlöchert. An ihre Stelle trat hochsprachliches<br />
au. Bei geloubenjklüben ist das ä auf<br />
mittelbair. Boden bis in den äußersten Norden<br />
66<br />
von Niederösterreich zurückgedrängt worden und<br />
nur mehr im Nordbair. einigermaßen intakt, bei<br />
louffen/hüffe bestehen in größeren Teilen von<br />
Niederösterreich und an den Rändern von Oberösterreich<br />
laffv und teilw. haffn usw. noch fort;<br />
ja es steht sogar vielfach noch unterschieden<br />
laffv, laffm gegen hauffv, hauffm. Unter verkehrssprachlichem<br />
Wiener und Regensburger Einfluß<br />
ist vielmehr für beide mhd. Laute, für mhd. ou<br />
wie für mhd. ü, auch hier gewöhnlich nobleres au<br />
eingetreten, also gläu'm (glauben) wie gläu'm<br />
(klauben; s. die Karte) und lauffv wie hauffv.<br />
Vielfach sind, insbes. in Niederösterreich und<br />
Südmähren, Restformen mit ä aus mhd. ou zurückgeblieben,<br />
z. B. neben gläu'm (glauben) noch<br />
säb, säwö, säwvs (Strohschaub zum Dachdecken)<br />
aus mhd. schoub, schoubböz. — 5. Die mittel- und<br />
nordbair. Sprachinseln um Iglau, Brunn und<br />
Wischau bewahren in<strong>des</strong>sen als älteren Zustand<br />
noch den Unterschied, z. B. gläbm neben khläubm,<br />
läffv neben häuffv. — 6. Die gleichen Lautwege<br />
besehritt übrigens mhd. öü als Umlaut von mhd.<br />
ou, s. § 22 a.<br />
b. 1. Unsere Karte zeigt fürs Alemannische, für<br />
Vorarlberg und Schwaben, die oben erwähnten<br />
ö und au; und zwar au, QU im Binnenschwäbischen,<br />
aü im Allgäu, ö in Nprdwestschwaben, ö im<br />
schwäbischen Lechrain. Überdies ist im Aleman.,<br />
abgesehen von der Lautfolge mhd. -ouw- (s. § 21 d),<br />
diese normale Entwicklung überall und im Gegensatz<br />
zum Bairischen (s. § 21 d) auch in den Lautfolgen<br />
mhd. -oug-, -ougg- usw. eingetreten. Nun<br />
reichen diese alemannischen Lautungen über den<br />
Lech und den Arlberg nach unserer Karte nach<br />
Osten auf bairischen Boden herüber, sowohl ins<br />
westliche Oberbayern als auch nach Westtirol. Die<br />
Lautformen selbst sind wie im Alemannischen<br />
nicht einheitlich. Im Staudengebiet gilt vom Norden<br />
herunter bis knapp vor Landsberg am Lech<br />
und bis vor Inning am Ammersee das gleiche g<br />
wie im angrenzenden Nordschwaben, also glö'm,<br />
Igffü (läffv) usw.; südlich davon spricht man mit<br />
dem schwäbischen auch am bayr. Lechrain bis<br />
zum Starnbergersee und im obersten Loisachtal ö<br />
(öu) in glöwv (glöubm), löfo (loffv, löuffm), <strong>des</strong>gleichen<br />
im unteren tirol. Lechtal; daneben erscheinen<br />
zwei voneinander getrennte p-Inseln im<br />
Ammergau und im tirol. Oberlechtal. Im übrigen<br />
Außfern und im tirol. Oberinntal von Telfs aufwärts<br />
tritt dafür öu ein, woneben man im Stanzerund<br />
Paznaunertal bei alten Leuten auch Qu zu<br />
hören bekommt; im Ötztal schließlich begegnet<br />
uns (mittelgaumiges) 5 (globm, kxoffm). Im südlichen<br />
Oberbayern reichen die alemannischen Lautungen<br />
ungefähr bis zu jener älteren Ostgrenze <strong>des</strong><br />
Bistums Augsburg, wie sie im Mittelalter verlaufen<br />
war; in Westtirol läßt sich die Ostgrenze<br />
<strong>des</strong> aleman. ö (öu, 6) m. W. vorderhand noch nicht<br />
mit einer alten kirchlichen oder politischen Grenze<br />
in Beziehung bringen. Zweifelsohne haben wir es<br />
auch diesmal wieder mit einem jener Alemannismen,<br />
wie sie im 12. und 13. Jh. über den Lech und<br />
den Arlberg vorgestoßen sind, zu tun, mit westlichen<br />
Einflüssen, die wir schon <strong>des</strong> öfteren kennen<br />
gelernt haben und die in Teilen von Oberbayern<br />
und von Tirol nachträglich durch einen bairischen<br />
Gegenstoß seit ugf. 1250 wieder verbaiert worden<br />
sind (vgl. Einltg. 22). Diese ö-Lautungen verhalten<br />
sich parallel zu den ugf. gleich weit verbreiteten<br />
e-Lautungen aus mhd. ei für ahd. -egi- (s. § 20 o). —<br />
2. Wie bei den meisten Alemannismen dieser Art<br />
dienen auch hier Restformen mit ö oder mit e<br />
(und vor Nasal mit f) für mhd. öü in verkehrsfernen<br />
Wörtern als Zeugnis dafür, daß diese<br />
aleman. ö selbst wirklich einmal weiter nach Osten
gereicht hatten. Im Obervintschgau heißt Laatsch,<br />
urkundl. mhd. Lou<strong>des</strong>, Lan<strong>des</strong> geschrieben, noch<br />
jetzt LgtS; l%nn (Lawine) tritt uns statt „lautgesetzlichem"<br />
länv im Stubaital und im Sellrain<br />
sowie als Ortsname L$rw neben allgemeinem länv<br />
im Silltal entgegen; z$mar (Brautausstattung) aus<br />
söüniäre (der Leiter <strong>des</strong> Saumpfer<strong>des</strong>; mit alemannisierendem<br />
Umlaut gegen bair. soumär)<br />
treffen wir im Sill- und Stubaital, im Sellrain, im<br />
Passeier und im Obereisacktal. In ähnlicher Weise<br />
reicht im nördl. Oberbayern strichweise dropff<br />
(Dachtraufe) statt echtbair. drapff aus mhd.<br />
troupf, trouff über die allgemeine ö/ä-Grenze ins<br />
ä-Gebiet hinein; ebenso ist im syntaktisch nicht<br />
ohrenfälligen Wort auch um Dachau, Pappenheim,<br />
Heidenheim und Dinkelsbühl g statt bair.-fränk.<br />
ä, äx zu hören; bei solchen unauffälligen Satzteilen<br />
scheinen auch sonst Spuren älteren Lautstan<strong>des</strong>,<br />
die im Gegensatz zum neuen, allgemeinen<br />
Lautstand stehen, öfters durch. — 3. Mit den<br />
Westtiroler Mundarten teilt auch das Zimbrische<br />
als Westtiroler Außengründung diese alemannische<br />
ö-Schattierung, allerdings in mannigfachen Variationen.<br />
In den Sieben Gemeinden herrscht geschlossenes<br />
6, das phonologisch für sich allein<br />
steht, etwa in Möwen (glauben), löffen (laufen)<br />
oder, um Neuentlehnungen aus dem benachbarten<br />
Venezianischen zu nennen, in krokka (Nadelbaumzweig,<br />
der an Stelle eines abgehauenen<br />
Zweiges hervorwächst) aus vlat. *crauca (mit<br />
deutschem Umlaut, der für die Romanistik hochinteressant<br />
ist). In Luserna und Lavarone ist<br />
daraus gv geworden (glgvbm, Igmron, krQ'vk), das<br />
nunmehr zusammenfällt mit QV aus mhd. 6 (s.<br />
§ 11 b 1) und aus mhd. ei (s. § 20 d); g gilt um<br />
Folgaria (glgbm, Igimn, krQk) und in den Dreizehn<br />
Gemeinden (glgwtm, l§fvn, krQke). — 4. Dabei ist<br />
eines lehrreich. Nach der Westtiroler Urkundensprache<br />
ist der Wandel von spätmhd. au (von dem<br />
man aber nicht weiß, wie es in Westtirol ausgesprochen<br />
worden ist; etwa als äut) zum momodernen<br />
ö erst um 1400 eingetreten; vorher wird,<br />
selbst in literaturfernen Eigennamen, immer au<br />
geschrieben. Daher haben auch jene nachherigen<br />
„Zimbern", welche von Westtirol aus ugf. um<br />
1100 in die Sieben Gemeinden als älteste „zimbrische"<br />
Muttergründung ausgewandert sind, bestimmt<br />
noch das alte Westtiroler au mitgebracht.<br />
Sie haben <strong>des</strong>senungeachtet in sonderbarer Übereinstimmung<br />
mit ihrer Heimat im nachhinein auch<br />
den o-Laut ausgebildet. Es liegt etwas Wunderbares<br />
im Wesen neigungsmäßig vorausbestimmter<br />
Monogenesis: die schlummernde Tendenz zu einem<br />
bestimmten Lautwandel bringt es mit sich, daß<br />
oft Jahrhunderte nach der Trennung die Heimatund<br />
die Außenmundart trotzdem die gleichen<br />
Lautentwicklungen ablaufen und bis zur gleichen<br />
Endstufe ausreifen lassen.<br />
c. 1. In der Lautfolge mhd. -oum- in Wörtern wie<br />
Traum, Baum, (räumen, Kahm, säumen (Saum-'<br />
lasten transportieren) aus mhd. troum, boian,<br />
troumcn, roum, soumen beherrschen diese ö-Lnutungen<br />
im Bair. den allgemeinen Raum <strong>des</strong> ä für<br />
mhd. ou. Es fällt aber ou vor m trotzdem in einer<br />
viel größeren Landschaft mit mhd. ü zusammen<br />
als sonst; das geschah <strong>des</strong>halb, weil mhd. -um-,<br />
wie § 14 b 2 zeigte, in viel größeren Gebieten zu-ämgeworden<br />
ist als sonst mhd.;* zu «. — 2. In Luserna<br />
und Lavarone ist lautgerechtes gn aus mhd. ou<br />
gleich wie gv aus mhd. 6n und ein (s. § 11 d 6 und<br />
20 j 1) zu uv n gewandelt worden, also trümn, pünm,<br />
entrüDindn, rümn.<br />
d. 1. Vor gewissen Mitlauten schlägt das mhd.<br />
ou im Bairischen seine besondere Entwicklung zu<br />
au statt zu ä ein. Dies gilt in erster Linie vor<br />
§ 21b 2—d4<br />
folgendem -w- in Wörtern wie z. B. in mhd. vrouwe<br />
(Frau), schouwen (schauen), ouwe (Au), genouwe<br />
(genau); weiters vor -g- in ouge (Auge), lougenen<br />
(leugnen) usw., vor -gg- in mhd. einougge (einäugig),<br />
vor -ck- in (ostmittelbair.) roucken (rauchen lassen),<br />
in spoucken (davon-, herumjagen), joucken (überlegungslos<br />
herumrennen, hinausjagen) und ververeinzelt<br />
vor -ch- in mhd. rouchen (rauchen),<br />
brouchen (brauchen) usw. (s. weiter unten). Am<br />
weitesten verbreitet ist diese Sonderentwicklung<br />
ohne Zweifel in der Lautfolge mhd. -ouw-; an ihr<br />
hat auch das Aleman. teilgenommen. Die Lautfolgen<br />
oug, ougg usw. haben jedoch nur mehr im<br />
Bair. ihren eigenwilligen Weg beschritten, er gilt<br />
weder im Aleman. noch im Ostfränk. Phonetisch<br />
erklärt sich die aw-Lautung vor w durch die Aussprache<br />
-ouw- als -auit-; sie mußte den Zwielautcharakter<br />
wahren. Eine Erklärung für das mundartl.<br />
au vor den Gaumenlauten g usw. wird § 22 b 1<br />
vorgelegt werden. Das moderne Ergebnis ist jetzt<br />
im Bair. wie gesagt au, als läge mhd. ü vor, und<br />
zwar im Gesamtbairischen, also auch im Südbair.<br />
Daher die jetzigen Aussprachen frau, saufgjn, au,<br />
gnau; aug, laugn,v(n), gvnauk(kad) (dazu s. auch<br />
§ 22 b 3), (ostmittelbair.) raukkv(n), spaukxn,<br />
j.aukxn. Sie stimmen zu haus (Haus) aus mhd. hüs<br />
dazu. — 2. In rauchen ist zwar im allgemeinen der<br />
Wandel zu ä durchgedrungen (räxn usw.), doch<br />
sagt man rauht), räuxty einerseits in Niederbayern<br />
und in der Oberpfalz, rauhn andererseits in den<br />
verkehrsreicheren Teilen von Kärnten (im ganzen<br />
Drautal, im Untermölltal, im Millstätter Becken,<br />
im Gegendtal und im ganzen Glangebiet). Brauchen<br />
lautet im Binnenbair. immer nur mit au aus mhd. ü,<br />
nur gottsch. prä(u)xxVi und zimbr. pröxx^n,<br />
pröxxzn der Sieben Gemeinden weisen auf mhd.<br />
ou(öu). — 3. Die mittelbair. Dichter <strong>des</strong> Mittelalters<br />
reimten in allen genannten Gruppen, soweit<br />
es möglich ist, mhd. ou schon im 13. Jh. mit ü;<br />
doch sagt das noch nicht viel in Hinblick auf die allgemeine<br />
Reimmöglichkeit <strong>des</strong> Mittelbairischen von<br />
mhd. ou mit mhd. ü (s. § 21 a). Die südbair.<br />
Dichter verhielten sich, soweit sie wienerisch beeiflußt<br />
waren, nicht anders. Doch verbanden die<br />
echt südbairisch reimenden Dichter ou vor g, gg, ck<br />
erst ab 1300 mit ü. Das hat seinen guten Grund. Ihn<br />
erkennen wir an der Mundart von Gottschee, einer<br />
Außengründung, die zwar erst ugf. um 1325 entstanden,die<br />
aber von einer sehr konservativen Binnenlandschaft<br />
aus besiedelt worden ist, vom kärntn.tirolischen<br />
Grenzgebiet. In der Sprachinsel Gottschee<br />
wird, zumin<strong>des</strong>t in ihren beharrsamen<br />
östlichen und westlichen Randgebieten, mhd. ou<br />
vor w, g (vor gg, ck fehlen Belege) und vor ch als<br />
äu (äg) gesprochen. Dieses äu gleicht nur sich<br />
selbst, es wird reinlich auseinandergehalten von aü<br />
aus mhd. ü. Es heißt um Gottscheo vräugd (Frau),<br />
säugty (schauen), äugd, räuxx*h P r (* u xx>l m >t äu,<br />
das sich sowohl von ü in gdlüfnn, läff?n als von aü in<br />
khlaübm, haüffd usw. deutlich abhebt. Hier könnte<br />
also heute noch mhd. ou in vrouwe, ouge, in unserer<br />
Sonderstellung, nur wieder mit ou im Reim gut<br />
gebunden werden und mit keinem anderen Vokal.<br />
Dies ist derselbe Zustand, wie man ihn z. B. bei<br />
dem Südbaiern Ulrich von Lichtenstein im 13. Jh.<br />
tatsächlich vorfindet. Wenn trotzdem auch alle<br />
südbair. Dichter mhd. -ouw- und mhd. -uw- z. B. in<br />
vrouiccnjgelrü(w)cn untereinander reimen, so hat<br />
das einen anderen Grund. Es geht das auf die<br />
leuchtenden literarischen Vorbilder mhd. Dichtkunst,<br />
auf Hartmann von Aue und Gottfried von<br />
Straßburg, zurück; dioso hatten entsprechend<br />
ihrer süd- und niederalemon. Mundart (vgl. südaleman.<br />
frouuv/bouun) schon damals solche Reimo<br />
als rein empfunden und bilden können.— 4. Aus<br />
6* 67
§ 21 d 4—§ 22 a 4<br />
dem Gottscheer -äu- leitet sich das Verhalten der<br />
übrigen südbair. Außenmundarten ab. Schon in der<br />
Herzlandschaft der Gottscheer Insel werden die<br />
seltsamen äu der Randlandschaften zu ä vereinfacht;<br />
vräga, Sägr}, ägz, räxxVi- Zwar ist die Lautfolge<br />
-ouw- in den übrigen Außenmundarten wie<br />
auch sonst überall zu au geworden (vrau, Saugt}),<br />
sogar im Zimbrischen. Vor -g- usw. ist jedoch mhd.<br />
ou dem Wandel zu ä nachgefolgt. Darum sagt man<br />
in Zarz äge, lägryen, räxxn, ebenso in Deutschruth<br />
und in Zahre und sogar im Fersental als der modernsten<br />
südbair. Außenmundart äg, lägnpn, räxan.<br />
Nur Pladen und Tischlwang haben sich mit ihrem<br />
äuge, laugryen und Tischlwang auch mit rauxn<br />
(Pladen räxxVi) ans Binnenbair. enger angeschlossen<br />
an die (kärntn.) Lautungen äuge, laugrpn,<br />
rauhn (neben rähn). Hingegen besitzen die mittelund<br />
nordbair. Sprachinseln um Brunn, Wischau,<br />
Budweis und Iglau zur Gänze schon die binnenbairischen<br />
Verteilungen. — 5. Diese Sonderentwicklung<br />
besteht jedoch bei mhd. oug, ougg, ouk<br />
usw. wie erwähnt im Alemannischen nicht mehr,<br />
ebensowenig in Westtirol, im westlichsten Oberbayern<br />
und im Zimbrischen mit deren alemannisierendem<br />
ö u. dgl. Für bair. aug (Auge) z.B. gilt im<br />
westlichsten Oberbayern je nachdem gg, ög<br />
oder öug, in Westtirol öug, gg, oge und im Zimbrischen<br />
öge, gvge, gg(e), die immer je nachdem<br />
zu glg'm, glönm, glöubm, glöbm; klöwen, glgvbm,<br />
glgbm oder zu glgwon usw. dazupassen. Zum alemannisierenden<br />
Umlaut legr^nn in diesen Gebieten<br />
s. auch § 22 a 4. — 6. Gegen diese bairische Sonderregelung<br />
vor g stellen sich sonderbarerweise<br />
altertümliche Mundartentsprechungen für mhd.<br />
loug (Lohe) und boug (Bogen). Sie haben regelwidriges<br />
ö. Statt erwartetem mundartl. laug überraschen<br />
uns mit der Aussprache lag die Grafschaft<br />
Pitten in Niederösterreich, das mittlere Burgenland,<br />
die südliche Mittelsteiermark (teilw. läkx)<br />
und nördlich der Donau das obere Mühlviertel; an<br />
Stolle von gelegentlichem bäug und der häufigen<br />
Verkleinerungsform bäigl (bogenförmiges Weißgebäck)<br />
tritt pägl, pägv (bogenförmiges Allerseelenbrot)<br />
im Vintschgau und im tirol. Oborinngebiet,<br />
bä (auch dsönvbä) im Weinviertel sowie in<br />
der Verkleinerungsform pägl (dass.) im Burgenland,<br />
ferner päg, pägl (Jochpolster; ein Ring zum<br />
Festmachen der Deichsel am Ochsenjoch) in Kärnten,<br />
weitors als fern, bä (eine bestimmto Art von<br />
Ackerfurchen) in der Oststeiermark und in der<br />
Grafschaft Pitten, schließlich die Ableitungen<br />
pägilat im Pustertal und päsir}kxat im Defreggen<br />
und im Liesertal für krummbeinig. Bei päg usw.<br />
denkt man an Verallgemeinerung <strong>des</strong> Umlautes<br />
aus mhd. böüge im plur. zu boug; ähnliches hat<br />
man sich bei lüg vorzustellen, obgleich lag heute<br />
oft als sing, tantum auftritt; denn mhd. -öügwird<br />
im Bair. tatsächlich lautgesetzlich zu mundartl.<br />
-äg- (s. § 22 b 1). Lautgesetzlich sind in der<br />
Sprachinsel Gottschee pägd, päugd (Ring am<br />
Ochsenjoch), teilw. in Oberösterreich laug (Flamme)<br />
und im Zimbrischen lökx entwickelt.<br />
e. Bei einigen rechts-, kirchen- oder sonstwie<br />
verkehrsgebundenen Wörtern machen sich hochsprachl.<br />
Einsickerungen geltend. Die echtmundartl.<br />
Lautungen (kärntn.) tsäwarn (zaubern),<br />
räbm (rauben), täb (taub, stumpf, blöd) sowie<br />
räunr (Räuber) sind im Binnenland so gut wio im<br />
Aussterben, <strong>des</strong>gleichen khäf (Kauf), läfi(g) (läufig),<br />
khäfdr (Käufer) u. e. a. Für sie tritt tsauwzrn, raubm,<br />
taub, rauww (in Altbayern, Tirol und Oberösterreich<br />
raium), weiters khauf, laifig, khaifor auf,<br />
während etwa khäfm seine echte Lautentsprechung<br />
besser behauptet.<br />
68<br />
§ 22. Mhd. öü (s. Karte 18)<br />
Übersicht: a. Mhd. öü im allgemeinen. —<br />
b. Mhd. öü vor g, gg, k. — c. Mhd. öüw.<br />
a. 1. Mhd. öü findet sich nur in wenigen Wörtern<br />
und bildet eine ausgesprochen gliederarme Reihe;<br />
sein Lautbestand ist daher für innere Zersetzungen<br />
und für Angriffe von außen ebenso anfällig wie<br />
mhd. iu (s. § 16) oder mhd. -eij- (s. § 20 i). Störungen<br />
und Verwirrungen haben sich überdies durch<br />
lautliche Differenzierungen innerhalb <strong>des</strong> Wortparadigmas<br />
ergeben oder besser gesagt durch<br />
deren nachträgliche Ausgleichsformen (s. § 22 c). —<br />
2. Weil es an Beleggut mangelt, müssen wir gegen<br />
unsere Grundsätze auch Formen, bei denen der<br />
Verdacht ihrer Entstehung durch Wortanalogie<br />
besteht, mit heranziehen, wie Bäumlein, Bäume zu<br />
Baum. Bei ihnen sowie meistenteils bei mhd.-bair.<br />
kröül (Kreuel, Drei-, Fünfzack, Kralle) und löune<br />
(Leune, d. i. Lawine) ist die Parallelität zu mhd. ou<br />
und zu mhd. ei (aus ahd. -egi-; s. § 20 o) gewahrt,<br />
ausgenommen vor länger beibehaltenem w. Wo<br />
für mhd. ou (und ei) der Laut ä entspricht, gilt er<br />
auch hier; daher im Bair., z. B. in Kärnten,<br />
päml(e), päm(dr), khräl, läne; wo in West tirol<br />
und im westlichsten Oberbayem ö usw. für mhd. ou<br />
herrscht, entstand hier e (oder vor Nasal teilweise<br />
f): kxrel, lenv (l$nv, l
halten die Westtiroler Lautungen legn,v, semdr und<br />
rexx® einen zweifachen Alemannismus: einerseits<br />
ihre alemannisierenden ö, andererseits ihren alem.<br />
Umlaut von ou zu öü ! — 5. Nach Kreuel, Leune<br />
richtet sich auch, soweit echtmundartliche Lautentsprechungen<br />
überliefert worden sind, Freude<br />
aus mhd. vröüde 2 ). Am oberbayr. Lechrain und in<br />
Westtirol entspricht dafür das alemannisierende<br />
fred, am Starnberger- und am Kochelsee das<br />
echtbair. fräd, ebenso im oberen Loisach- und im<br />
obersten Isartal und wieder im tirol. Oberlechtal<br />
(fräd); <strong>des</strong>gleichen in der Sprachinsel Zahre<br />
(vräde) sowie weit davon entfernt im Ascher<br />
Ländchen als äußerstem Norden <strong>des</strong> bair. Dialektgebietes<br />
(fräd). Nach Ausweis urkundlicher Ortsnamenschreibungen,<br />
wie Vrädenberg, -stein, -eck<br />
usw. <strong>des</strong> 14. und 15. Jhs. für Freudenberg, -stein,<br />
-eck, war die Lautform fräd früher einmal gemeinbairisch.<br />
Jedoch breitete sich die neue Ersatzform<br />
fraid unter höfischem Einfluß schon im 14. Jh.<br />
aus; Ottokar aus der Gaal reimte als Obersteirer<br />
schon ugf. um 1310 gegen alten Brauch vröüde mit<br />
ich giüde (ich prahle). — 6. Soweit dieses mhd. öü<br />
einstmals vor altem -w- gestanden war, hat es<br />
gleich dem Kontraktionsergebnis mhd. ei für ahd.<br />
-egi- (s. § 20 o) einen eigenen Wegbeschritten. Es erhielt<br />
im Südbair. bis gegen 1300 (über älteres *äü)a\s<br />
öi-Lautung eine isolierte Stellung; nur äi aus dem<br />
erwähnten mhd. ei war ihm lautgleich, denn für<br />
mhd. i und d stand ja z. B. in waib (Weib), mais<br />
(Mäuse) das säuberlich geschiedene ai. Wieder bewahrt<br />
allein die Sprachinsel Gottschee in vräidd<br />
gegen baip (Weib), maizd (Mäuse) und gegen pämo<br />
(Bäume), pämle (Bäumlein), die kein ahd. -w- hatten,<br />
diese erstaunliche Altertümlichkeit 3 ), öüu<br />
schlug folgerichtig den parallelen Weg zu mhd.<br />
-ouw- und <strong>des</strong>sen äu ein. Das gottscheeische äigle<br />
(Äuglein) ist dagegen am ehesten erst analog zu<br />
äug9 (Auge) gebildet worden. — 7. Schon einmal<br />
erwähnt wurde als Besonderheit der abwegige<br />
Wandel von mhd. öü zu ä im Westtiroler Oberlechtal<br />
sowie in Resten im Oberinntal. Einige<br />
Spuren dieser Merkwürdigkeit entdeckt man im<br />
verborgenen auch im ötztal. Der Baum heißt<br />
dort statt erwartetem p§m (so im Unterötztal)<br />
pämdn, der Oaugg, ein männlicher Kinderschreck<br />
südbair. Sagengutes, gäkkz oder gükki}; ihre ä<br />
entspringen m. E. einer Verallgemeinerung <strong>des</strong><br />
ahd. gen.-dat.-Umlautes in *böümin, *göüggin zum<br />
(aleman.) ahd. nom. boumo 4 ), gouggo 6 ). Jetzt<br />
verstehen wir auch das ötztalerische (z wildv)<br />
g^iäde (die wilde Jagd) mit seinem ä aus mhd. ei<br />
besser; auch hier wäre nach ötzt. ar zet (er sagt),<br />
ar tret (er trägt) usw. oder legtpn (leugnen) eigentlich<br />
die Lautung e zu erwarten.<br />
b. 1. Während im Bairischen, wie § 21 d gezeigt<br />
worden ist, mhd. ou vor g, gg, ck als Zwielaut au<br />
% ) Das uralte zimbr. vröwsde paßt zu ahd.<br />
vrewida.<br />
3 ) Bei Kreuel und Leune können wir dio Sonderstellung<br />
im Gottscheeischen leider nicht fassen;<br />
diese Wörter fehlen unserer Sprachinselmundart.<br />
*) Im südl. Teil <strong>des</strong> alemannischen <strong>Dialektraumes</strong><br />
wird das Wort Baum schwach abgewandelt, also<br />
nom. sing, bömv ( = Bäumen). So ist denn auch dio<br />
schwache Deklination von Baum im ötztal ein<br />
Alemannismus. Auch in den Dreizehn Gemeinden<br />
heißt es pgmc und in Zahro päme l<br />
•) Die gleiche Rolle spielt als Kinderschreck in<br />
einigen Mundarten <strong>des</strong> südl. Mittelkärntens dr<br />
kaufe, das gleichfalls auf ahd. gouggo weist (dat.acc.<br />
kaukkn).<br />
§ 22 a 4—c 1<br />
fortbesteht und der Monophthongierung zu ä<br />
erfolgreichen Widerstand geleistet hatte, gab es<br />
bei <strong>des</strong>sen Umlaut öü einen solchen Widerstand<br />
vor g usw. nicht mehr. Offenbar wurde in alter<br />
Zeit in den Lautgruppen oug, ougg, ouck (ouch)<br />
der Gaumenlaut so weit hinten artikuliert, daß er<br />
imstande war, das unmittelbar vorausgehende u<br />
<strong>des</strong> Zwielautes au zu stützen. Sobald jedoch diese<br />
Gaumenlaute durch „Umlautsmouillierung" palatal<br />
ausgesprochen wurden, fiel diese hintergaumige<br />
Aussprache natürlich weg und damit auch die<br />
zwielauterhaltende Kraft von g, gg usw. — 2. Für<br />
mhd. -öügge in Zusammensetzungen wie einöügge<br />
(einäugig), *birgöügge (mit Augen verschiedener<br />
Färbung) erscheint daher -ak, -akknd; so in Oberbayern<br />
(ohne den Nordosten) mit der niederbayr.<br />
Gegend um Landshut, im Unterinntal mit dem<br />
Zillertal und im Ultental (südl. v. Meran) und<br />
entsprechend -ek, -ekkvt am oberbayr. und Schwab.<br />
Lechrain und im Oberinntal von Telfs aufwärts;<br />
nach unseren Regeln heißt es -ak im tirol. Oberlechtal.<br />
Sonach erscheint auch mhd. saugen (an<br />
der Mutterbrust säugen) echtmundartlich, z. B. in<br />
Osttirol, als sägn, mhd. *zöügge (die eingespannten<br />
Zugtiere) in Steiermark und im angrenzenden<br />
Kärnten als tsak (auch tsakx, tsäg) usw. Darum<br />
vor allem müssen wir auch bei mundartl.-bair.<br />
lüg (Lohe) und päg (etwas Bogenförmiges), vgl.<br />
mhd. loug, boug (§ 21 d 6),Übertragung von Pluralformen<br />
mit öü auf den Singular annehmen. Lautungen<br />
wie aigl (Äuglein), aigln (äugeln) haben wir in<br />
den Bereich der Analogie zu verweisen und in<br />
Beziehung zu bringen mit Vorlagen wie haisl<br />
(Häuschen), haidl (Häutlein) zu haus, haud. —<br />
3. In<strong>des</strong>sen leisteten unsere Gaumenlaute eben<br />
ihrer hintergaumigen Aussprache wegen dem Umlaut<br />
als solchem, bzw. der „Mouillierung" überhaupt,<br />
oft erfolgreichen Widerstand. Der Umlaut<br />
fehlt ja im Bair. in mhd. lougenen, er fehlt ebenso<br />
in jaucken, spaucken und raucken (soweit diese<br />
Wörter überhaupt vorkommen); er fehlt in weiten<br />
Landstrichen auch in -auk, aukktxl (-äugig); so<br />
immerhin in Niederbayern mit der südöstlichen<br />
Oberpfalz, im Süd- und Nordwesten von Niederösterreich,<br />
im Flach- und Tennengau, im Pinzgau<br />
und Oberpongau 6 ).<br />
c. 1. Unübersichtlich werden die Verhältnisse<br />
erst bei der mhd. Lautgruppo -öüw-, insoweit sich<br />
bei ihr der w-Laut länger behauptet hat; etwa in<br />
mhd. slröüwe kommen uns die weit auseinanderliegenden<br />
Lautentsprechungen iirai, Strä, streb,<br />
slröwe, Strq, Straüüe und Stroi, Stroib unter; das<br />
historische Wachstum allerdieser Formen kann nicht<br />
mehr ohne weiteres überblickt werden. Nicht viel anders<br />
steht es beim Worte Heu. Dennoch gelingt es uns<br />
auch hier, das scheinbar unentwirrbare Durcheinander<br />
noch einigermaßen in Ordnung zu bringen.<br />
Allerdings haben wir dabei in sehr komplizierte<br />
Dinge der Lautgeschichto vorzustoßen und überdies<br />
bis in die frühahd. Sprachperiodo zurückzugreifen.<br />
Die ahd. Schreibweisen bringen wegen<br />
ihrer Ungenauigkeiten leider keine Klarheit mehr 7 ).<br />
Bei den Zeitwörtern streuen, feuen (Getreide<br />
reinigen oder sieben), fleuen (Wäscho schwemmen),<br />
•) Soweit nicht -ak(knd) und -auk(knd) fortbesteht,<br />
hat sich dio verkehrssprachl. Neubildung<br />
-augecht (mundartl. -augod) festgesetzt.<br />
7 ) Da in der ahd. Rechtschreibung statt einfachem<br />
U) gewöhnlich doppeltes uu und statt <strong>des</strong><br />
mhd. ö durchaus der lat. Buchstabe o geschrieben<br />
wurde, weiß man oft nicht, ob z. B. im 10. Jh. ein<br />
geschriebenes strouuis lautlich als strouwis oder als<br />
8tröwis richtig zu lesen ist u. dgl.<br />
69
§ 22 c 1—c 5<br />
freuen 8 ), dreuen (drohen) 9 ) haben wir — halten<br />
wir uns an das Beispiel streuen — für die frühahd.<br />
Zeit lautgerechte Verdoppelung <strong>des</strong> -w- vor folgendem<br />
-j- und Umlauthinderung, also im inf.<br />
strauwjan (sprich strauuian), vorauszusetzen, <strong>des</strong>gleichen<br />
in der 1. pers. sing. präs. ich strauwju;<br />
sie müssen lautgesetzlich in gleicher Weise über<br />
mhd. strouwen, ich strouwe zu nhd. *strauen führen,<br />
so wie sich z. B. frühahd. jrauwjä über mhd.<br />
vrouwe zu Frau entwickelt hat. Daß es die Lautung<br />
strauen im Bair. auch tatsächlich gegeben hat,<br />
beweist das osttirol. Iselgebiet mit seinen daraus<br />
geflossenen Mundartaussprachen ätraügry, straüüdn<br />
(streuen; vgl. ebendort vraüüdn „Frauen") und<br />
mit der Ableitung straüge, straüüz (Streu). —<br />
2. Folgte dagegen statt <strong>des</strong> -/- in frühahd. Zeit nur<br />
ein -i-, so mußte nach den damaligen Lautgesetzen<br />
die Mitlautverdoppelung unterbleiben und vor dem<br />
einfachen -w- außerdem der Vollumlaut <strong>des</strong> ahd.<br />
a zu e eintreten; demnach stand in der 3. pers.<br />
sing. präs. frühahd. strawit, ahd. streunt, ströwit<br />
(dieses mit Rundung von e zu ö vor folgendem w).<br />
Erhielten sich in der Mundart überdies die schwachdruckigen<br />
-a- bis ins 12. oder 13. Jh., so kam auf<br />
solche Weise mhd. ströwdt heraus; ugf. um 1100<br />
hatte ja im Bair. der Wandel von ahd. -u-, wie in<br />
ahd. Zeit je<strong>des</strong> geschriebene w genau genommen<br />
ausgesprochen worden war (also etwa strö-uit mit<br />
Silbentrennung), zu unserem doppelippigen -w-<br />
Laut begonnen. Es ergab sich fürs Mhd. die bair.<br />
Aussprache ströwet. Durch Verallgemeinerung von<br />
mhd. ströwest (streust) und ströwet (streut) im<br />
ganzen Flexionsparadigma bildeten sich daraus<br />
(nach Umlautentrundung) die inff. Strebm, febm<br />
usw. und nach ihnen strewe, Streb (Streu). Es ist<br />
daher gewiß kein Zufall, wenn diese -efe-Lautungen,<br />
deren Verbreitung auf unserer Karte dick umrandet<br />
ist, gerade nur dort auftreten, wo Aus- und<br />
Abfall <strong>des</strong> schwachdruckigen mhd. -e- innerhalb<br />
dfes Bair. am spätesten oder überhaupt nicht mehr<br />
durchgeführt worden ist: nämlich im Tirolischen<br />
mit angrenzenden Teilen von Bayern und mit<br />
Ober- und Mittelkärnten sowie in den südbair.<br />
Sprachinseln. Es heißt dort tatsächlich strebm und<br />
streive (streb), febrn und flebm (soweit diese Wörter<br />
vorkommen), frebm (in Westkämten und in den<br />
meisten südbair. Sprachinseln), drebm (in Westkärnten<br />
und den südbair. Sprachinseln). Auch<br />
beim Hauptwort ahd. eivi, d. i. eigentlich der gen.dat.<br />
zum nom. ou (Mutterschaf), gilt, soweit es<br />
vorhanden ist, in diesen Landstrichen ewe, eb. In<br />
den älteren südbair. Sprachinseln hat sich sogar<br />
ahd. hcivi, höuri (Heu) in dieser Weise erhalten.<br />
Es erscheint als heiwe in Zarz und Deutschruth<br />
und als hei(b) im Fersental 10 ). Im Zimbrischen<br />
ist noch das gerundete ö stehen geblieben, wie dem<br />
Zimbrischen ja überhaupt die modernere Umlautentrundung<br />
fehlt. In den Sieben Gemeinden entspricht<br />
ströwen, ströwe, dröwen, vröwen, Öive, höwe,<br />
ähnlich in Luserna (s'tröbm, ströwe usf.), in Folgaria<br />
(struübm usf.), in Lavarone (s'tröubm) und in den<br />
Dreizehn Gemeinden (ströuwon) durchaus mit den<br />
üblichen Lautentsprechungon für (gedehntes) mhd.<br />
ö. — 3. Fand jedoch bei der ahd. Lautfolgo -ö-<br />
8 ) Jetzt meistens durch hochsprachliches (g)fraiizn,<br />
frai n , fraidn verdrängt, z. B. in Gottscheo<br />
gevraiizn.<br />
•) Im Westen und Norden <strong>des</strong> Bair. tritt an<br />
seine Stelle dröen als Neubildung zu mhd. drö<br />
(Drohung); daher auch nhd.-schriftsprachliches<br />
drohen neben poetischem dräuen.<br />
10 ) In der Forsentaler Gemeinde Palu, die am<br />
spätesten und erst um 1300 deutsch kolonisiert<br />
worden ist, gilt binncntirol. hai neben strei(b) usw.<br />
70<br />
+ -ui- noch vor dem Wandel von u zu w der Ausfall<br />
<strong>des</strong> schwachdruckigen -i- statt, so ergab sich<br />
aus ströust zwangsläufig ströüt; dasselbe gilt natürlich<br />
auch bei frühem Abfall <strong>des</strong> auslautenden<br />
-9: von frühmhd. ich ströud, ströip, öxp, höud ausgehend,<br />
muß in gleicher Weise ich ströü und ebenso<br />
ströü (Streu), öü (Mutterschaf), höü (Heu) entstehen;<br />
durch Ausgleich können auch diese Lautungen<br />
in die inff. ströü(9)n usw. eindringen.<br />
Daraus ergaben sich, da ja mhd. öü im Bair. zu ä<br />
führt, von selbst die Mundartlautungen Strän<br />
(Strä n , Strädn), iträ, ä (oder auch är), hä. Sie enthielten<br />
jetzt die gleiche Lautgruppe wie das Wort<br />
Freude, <strong>des</strong>halb erscheint das einzige Gottscheer<br />
Wort, das daran teilnimmt, Heu, tatsächlich als<br />
häi mit äi (vgl. dazugottsch. vräide).sträbeherrscht,<br />
wie Karte 18 zeigt, nahezu das gesamtbair. Gebiet;<br />
nicht viel anders steht es mit strän und mit<br />
fän, flän, ä(r), soweit diese Wörter eben noch<br />
vorhanden sind. In Nord- und Mittelschwaben und<br />
am oberbayr. Lechrain gilt dementsprechend strq,<br />
str$ n (Streu), streyo (streuen), deren g-Laut fürs<br />
Schwäbische auffällt (vgl. ebendort mein „mähen").<br />
Die Lautung hä, die auch dazugehört, ist freilich<br />
zu einer ausgesprochenen Rückzugsform geworden.<br />
Sie lebt noch im Ober- und Unterpinzgau, im<br />
Lungau, im Lieser- und Obermölltal und im Iselgebiet,<br />
ferner im Tiroler Oberinngebiet mit dem<br />
Ötztal u ) und dem tirol. Oberlechtal sowie in<br />
Zahre und (als häi) in Gottschee, schließlich im<br />
Egerland mit angrenzenden Teilen der Oberpfalz<br />
12 ). Noch im vorigen Jahrhundert galt hä<br />
überdies um Weilheim und Garmisch sowie im<br />
Sundergau (Oberbayern), am Millstättersee und<br />
im Gegendtal (Kärnten), im 14. und 15. Jh. war es<br />
nach Ausweis gelegentlicher Schreibungen hä, hä,<br />
ha, he noch weiter verbreitet. In Zusammensetzungen<br />
entdecken wir dieses hä- noch in häbloomvd<br />
(Heublumen) sowie besonders in Flurund<br />
Siedlungsnamen, z. B. in hämvd, d. i. Heumahd,<br />
in Haberg (Heuberg) und dergleichen so<br />
gut wie im ganzen Bair., <strong>des</strong>gleichen ist für mundartlich<br />
gai (Gau, Handelsgebiet etwa <strong>des</strong> Fleischhauers)<br />
aus mhd. göü in Siedlungsnamen wie öaberg,<br />
Oadorf und anderen nicht selten Oä- vorzufinden.<br />
In ähnlicher Weise treffen wir in solchen<br />
Zusammensetzungen in Westtirol auf he-, z. B.<br />
im Flurnamen Hepparg (Heuberg) oder im Innerötztal<br />
in hepplüanidn (Heublumen). — 4. In manchen<br />
bair. Mundarten vermischte man das alte<br />
Nebeneinander von mhd. strouwen und ströüt und<br />
das ähnliche lautgesetzliche Nebeneinander von<br />
nom. höü, göü und dat. houwe, gouive (diese aus<br />
frühahd. hauwja, gauivja) zu den Kompromißformen<br />
*ströüüen und *ströüüt, *höüü und<br />
*höüü(e), *göüü und *göüü(e); diese Lautfolge<br />
-öüü- mußte dann über aüii und durch Entrundung<br />
über aii zum ai überleiten. Das war offenbar der<br />
Weg zu den mundartl. Lautungen hai (Heu), gai<br />
(Gau). Sie überdecken nach Karte 18 den Großteil<br />
<strong>des</strong> Bairischon. Dies war auch der Weg zu Mräi<br />
(Streu) in Niederösterreich, in der Oststeiermark<br />
und im Burgenland (s. Karte) und zu idräi n<br />
(streuen) in Teilen <strong>des</strong>selben Gebietes. Hai, gai<br />
gilt auch im angrenzenden Schwäbischen. — 5. Im<br />
Südalemannischen, etwa in Vorarlberg, sind diese<br />
öü und öüü, z. B. in höü, Ströüüi (Streu), ströüün<br />
(streuen) usf., bis heute lebendig geblieben. Sie<br />
n ) Im ötztal steht neben nom. hä im dat. häwe.<br />
12 ) Doch kann man das egerland. hä, wenn man<br />
will, gleich beurteilen wie dnbä (dabei) und sä I<br />
(sei!), also als sekundäre Monophthongierung aus<br />
älterem fiäi (s. § 13 e). Dann hat es mit unseren<br />
/iä-Lautungen nichts mehr zu tun.
fallen dort lautlich zusammen mit mundartlichem<br />
öüü aus mhd. -iuw- (s. § 16 d) in nöü (neu), röüüo<br />
(reuen) usf. Im nördlichsten Vorarlberg und um<br />
Lindau am Bodensee ist dann dieses öü zu ei<br />
entrundet worden: hei, streibv. Wenn tirolischerseits<br />
auch im Stanzertal am Arlberg hei vorkommt,<br />
so dürfen wir es wegen der mannigfachen weiteren<br />
Stanzer Alemannismen als „verbaiertes" montafon-klostertalerisches<br />
höü auffassen. — 6. Man<br />
Der Konsonantismus<br />
A. Die alten Palatalkonsonanten<br />
§ 23. Übersicht: a. Wesen und Verbreitung der<br />
Palatalkonsonanten. — b. Palatalkonsonanten und<br />
Umlaut in den Lehnwörtern. — c. Mouillierungsund<br />
umlauthindernde Konsonanten.<br />
a. 1. Vielfach herrscht die alte, von den Phonetikern<br />
<strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts übernommene<br />
Meinung, es bestünde in den oberdeutschen Dialekten<br />
nirgends ein Unterschied in der Aussprache<br />
<strong>des</strong>selben Mitlautphonems, je nachdem<br />
ob es bei vorder- oder bei hintergaumigen Vokalen<br />
steht; es gäbe auch die bühnendeutsche Differenzierung<br />
zwischen dem palatalen i^-Laut in<br />
z ixxl (Sichel) und dem velaren ajyr-Laut in maxx?n<br />
im Dialekt nicht. Diese Meinung wird noch in<br />
manchen oberd. Mundartgrammatiken weitergeschleppt.<br />
In Wahrheit ist die Differenzierung<br />
zwischen Palatal- und Velarkonsonanten und<br />
dergleichen im Ostfränkischen stark ausgeprägt,<br />
sie ist auch im Bairischen nahezu überall fühlbar;<br />
z. B. wird im Wienerischen in sixxh widv (wieder),<br />
Untn (finden) x> d, ntn merklich weiter vorne<br />
artikuliert als in niQxxV/, bi{dv (Puder), gfuntn<br />
(gefunden). Die gleichen Verhältnisse finden wir<br />
in München und in den meisten Bauernmundarten.<br />
Allerdings kommen diese Unterscheidungen<br />
dem Laien und leider oft auch dem „geschulten"<br />
Phonetiker nicht zu Bewußtsein. Sie sind phonologisch<br />
in der Tat nur Spielformen derselben Lautvorstellungen<br />
x, d, ntn. Man empfindet sie umso<br />
weniger, als sie in unserer Rechtschreibung über<br />
keinen graphischen Ausdruck verfügen. Außerdem<br />
ist in den bair. Mundarten der Unterschied meistenteils<br />
nicht so groß wie im korrekten Bühnendeutsch<br />
beim ix- und beim aA'-Laut. — 2. Dessenungeachtet<br />
spielten diese Differenzierungen in alter<br />
Zeit und spielen jetzt ihre Folgen im modernen<br />
Bairischen eine zu bedeutende Rolle, als daß wir<br />
darüber hinweggehen dürften. Vor allem in der<br />
Geschichte <strong>des</strong> Umlautes gewinnen sie im Rahmen<br />
der sogenannten Schererschen Mouilliorungstheorie,<br />
aber auch in gewissen Besonderheiten <strong>des</strong><br />
Mitlautstan<strong>des</strong> selbst ein schweres Gewicht. Da<br />
bei allen Mitlauten Palatalisierungen oder, wie es<br />
Scherer ausdrückte, Mouillierungen bestanden<br />
hatten, so stellen wir dieses Kapitel an den Anfang<br />
<strong>des</strong> gesamten Konsonantismus. — 3. Am wenigsten<br />
treten diese Palatalisierungen in Kärnten und in<br />
den Tiroler Vorkehrslandschaften <strong>des</strong> Inn-, <strong>des</strong><br />
Etschtales und <strong>des</strong> Vintschgaus sowie im Salzburg.-Obersteir.<br />
hervor; hier besteht tatsächlich<br />
in nidar und püddr beim -d- kaum ein Unterschied,<br />
und es wird in sixxl und jngxx'i ( s lhl und<br />
niQhn) das x (h) gleich weit hinten gebildet.<br />
Auch sonst ist im Süd- und Mitteibair, die Differenz<br />
gewöhnlich nicht groß, etwas stärker schon<br />
im Nordbair. Doch dürfen wir fürs Südbairischo<br />
als beharrsamsten bair. Unterdialekt dio Regel<br />
aufstellen: Je altertümlicher dio Dialektlandschaft<br />
§ 22 c 5—§ 23 a 4<br />
kann sich vorstellen, daß dieses öü(ü) auch zu<br />
oi(b) entrundet werden könnte, so wie etwa ähnlich<br />
im Sundergau mhd. 6 zu mundartl. QI entrundet<br />
wurde (s. § 12 4). Damit haben wir als<br />
letztes auch die Ostallgäuer Lautungen hoi, stroibo<br />
erklärt. Sie greifen auf das Tiroler Unterlechtal<br />
und ganz veraltet auch auf die Gegend um Lermoos<br />
(südl. der Zugspitze) und damit immerhin auf<br />
halbbairisches Gebiet über.<br />
ist, <strong>des</strong>to deutlicher werden die Palatalisierungen.<br />
Das heißt mit anderen Worten, in frühmittelund<br />
althochdeutscher Zeit müssen die Mouillierungen<br />
stark ausgeprägt gewesen sein. In den<br />
inneren Winkeln der Hochtäler wird diese Palatalisierung<br />
nach vorder- und mittelgaumigen Vokalen<br />
oft derart deutlich, daß man bei alten Leuten<br />
beim ersten Hinhören geradezu meint, ausgesprochen<br />
vorderzungige Mitlaute zu hören; etwa<br />
beim innerötztalerischen lükkxa (Lücke), pittn<br />
(bitten), zixxl® (Sichel) nimmt man zuerst etwa<br />
littsa, pikkn, ziisla wahr. Ebenso ergeht es uns im<br />
Innerziller-, im Innersilltal, im Oborpasseier, im<br />
Ahrntal und im obersten Iselgebiet. Gleich deutlich<br />
ist die Palatalität in der südbair. Sprachinsel<br />
Gottschee x ) 2 ) 3 ). In Teilen <strong>des</strong> Gottscheer Ländchens<br />
wird daher zwischen Mittelgaumenvokalen<br />
und Palatalkonsonanten nicht selten sogar ein<br />
kurzer -i-Gleitlaut eingeschoben; etwa in der<br />
Suchen in pQidn (Boden), hyizo (Hose), pQitd,<br />
ebenda sowie in anderen Randgebieten dieser<br />
Sprachinsel in räigry (Regen), bäigrp (Wagen,<br />
plur.), in vainßtdr (Fenster), Hainze (Hänschen)<br />
und in hi{int (Hund), ge§pi{inndn (gesponnen) statt<br />
normalem gottscheeischem podn, hözd, p3t9, ragt},<br />
bägnp, vanßter, Hanze, hi[nt, g38pi[nndn. — 4. Desgleichen<br />
wird in der Mittelsteiermark, in Teilen<br />
<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> und (veraltet) im Kärntner<br />
Lavanttal bei den Nasenlauten ein großer Unterschied<br />
gemacht und auch sonst stark differenziert.<br />
Die alten Leute dieser Landschaften sagen z. B.<br />
ninnvsd (ninderst, nirgends), gh[nnv (Kinder),<br />
fintn (finden), sl[itn (Schlitten) mit ausgesprochenen<br />
Palatalkonsonanten und stellen ihnen ebenso<br />
übertriebene Velarisierungen etwa in junmtn (gefunden),<br />
IiQnmt (Hand), hiinmt (Hund), htiut}mv<br />
*) Wenn in Zarz und Deutschruth diese Palatalisierungen<br />
nicht so stark erscheinen, so steckt<br />
dahinter gewiß ein Slawismus.<br />
2 ) Eine Besonderheit größter Weiträumigkeit<br />
offenbart sich uns in folgendem Fall: In den<br />
Sprachinseln und in den Tiroler Hochtälern wird<br />
nach -r- und -l- jeder Gaumenlaut palatalisiert,<br />
etwa in ötztal. kxglx (Kalk), Stprx (stark), pärge<br />
(Berge). Derselbe Zustand begegnet uns im Ostfränk.<br />
als ghölx, Märg, bgrg (und danach in der<br />
Bühnonspracho als JiQrxan „horchen"). Daraus<br />
ergibt sich für alte Zeiten der oberdeutsche Großraum<br />
als geschlossene Einheit.<br />
3 ) In den Dreizehn Gemeinden ist nach Vordergaumenlauten<br />
-xt sogar (individ.) bis -ßt getrieben<br />
worden: khneßt oder kxvncßt (Knecht), khnißte<br />
(zunichte, böswillig). Anders zu beurteilen ist dort<br />
nachkonsonantisches l z. B. in pläzon (blason),<br />
flaiß (Fleisch) und -II- für älteres -II- sowio l und ?i<br />
vor folgendem t, otwa in balt (Wald), dat. balle,<br />
alt (alt), haut (Hand), hufit (Hund), g^b{üa (Gäbellein)<br />
usw.; dazu s. Einltg. 37.<br />
71
§ 23 a 4—c 1<br />
(Hunger), brunm (Brunnen) oder gar in jif/mtn<br />
(fumpm), h,Qtnt usw. gegenüber. — 5. Jedoch<br />
scheinen für gewöhnlich im Gesamtbair, diese<br />
Differenzierungen schon um 1300 außer Gebrauch<br />
gesetzt und auf das moderne bescheidenere Maß<br />
zurückgeschraubt worden zu sein. Seit 1300 tauchen<br />
nämlich in den Urkunden Schreibungen auf, welche<br />
uns gewisse erstarrte Abirrungen, sozusagen Ausnahmen,<br />
bereits als bewußte Sonderformen vor<br />
Augen bringen, was natürlich beim lebensvollen<br />
Lautstand der Unterscheidung nicht möglich gewesen<br />
wäre. Seither finden wir urkundliche Formen,<br />
wie geivingen (gewinnen), Hummer-, Hummel- und<br />
sogar Hunder (t)- in den vielen Flurnamen wie<br />
Hungerberg, -stein, -bach usw. Ebenso mannigfach<br />
sind die Abirrungen in den modernen Mundarten<br />
übers Bairische hinaus. Weit verbreitet sind gwiiynp<br />
(gewinnen), tinjm, (Tinte), gSvnry (geschwind); an<br />
der kärntn.-steir. Grenze gilt swirmrm (schwimmen),<br />
vielerorts taucht niryryo&d (ninderst, nirgends) auf;<br />
teilw. in der Mittelsteiermark und ganz alt in<br />
Unterkärnten sowie im Metnitztal besteht äliki}<br />
(Schlitten), strichweise Qv n si%l (Einsiedler) und in<br />
den Ostalpenländern vielfach mirißd (Sensengriff<br />
für die linke Hand) neben mintl aus mhd. mintel,<br />
d. i. eigentlich das Kinn; auf die Gegenseite stellen<br />
sich das weit verbreitete hummv (Hunger), weiters<br />
lum(p)l (Lunge) aus mhd. lung(g)ele, mittelkärntn.<br />
teilw. umm^rn, (ungern). Zu solchen Umbildungen<br />
bestand eine überall gültige Neigung.<br />
Willkürliche Mißgriffe sind es, etwa auf egerländ.<br />
dse.nkßt (zuen<strong>des</strong>, ringsherum) wegen <strong>des</strong> häufigen<br />
-7}- aus mhd. -nn-, -nd- in mitteld. Mundarten oder<br />
auf brünnerischem prum (Brunnen) wegen <strong>des</strong><br />
burgenländ. prum, prunm (Brunnen) scharfsinnige<br />
Herkunftstheorien aufzubauen, wie dies gelegentlich<br />
geschehen ist.<br />
b. Die bairischen Lehnwörter in den Fremdsprachen,<br />
vor allem im Slowenischen, erbringen<br />
mit ihren Ersatzlauten den eindeutigen Beweis für<br />
die Existenz solcher deutscher Palatalkonsonanten<br />
in den älteren Sprachperioden. Diese Lehnwörter<br />
zeigen uns das Vorhandensein derartiger „mouillierter"<br />
Mitlaute im (Süd-)Bairischen für die Zeit<br />
zwischen 750 und 1300 an. In diesen Fremdsprachen<br />
wird vor allem bair. n und l nach i, teilweise<br />
auch nach i, im Slowenischen als palatales<br />
nj, Ij wiedergegeben, <strong>des</strong>gleichen vor folgendem<br />
schwachdruckigem ahd. i und j, z. B. in slowen.mundartl.<br />
zinjati (denken, sinnen), bulja (Braten-,<br />
Mehlspeisfülle), v§(a (Steuer, Rechtsstreit; dieses<br />
ist über altslowen. *veca, *vetja aus ahd. wetti<br />
entstanden). Es ist sicherlich kein Zufall, wenn<br />
im (Süd-)Bair. während der gleichen Zeit, zwischen<br />
750 und 1300, in den Entlehnungen aus den<br />
Fremdsprachen, sofern bei hintergaumigen Selbstlauten<br />
ein % oder fremder Palatalkonsonant stand,<br />
gleichfalls Umlaut eintrat (insoweit nicht etwa<br />
Umlauthinderung galt; über sie 8. § 23 c 1); im<br />
übrigen Bairischen läßt sich im Lichte der Lehnwort-<br />
und Ortsnamenkunde die lebendige Umlautfähigkeit<br />
immerhin bis ins 13. Jh. nachweisen.<br />
Als Umlaut betrachten wir hier auch mhd.<br />
e der Paulschen Regel für älteres e (e.) (s. § 3 o).<br />
Beispiele sind etwa Döfering im Bayrischen Wald<br />
aus alttschech. *Dobri6e, Schiada im Egerländ über<br />
mhd. *Slätin aus tschech. *Sldlina, Höritz im<br />
Böhmerwald für tschech. Horice, Hödnitz in Südmähren<br />
für tschech. Hodonice, Qör(it)z mehrfach<br />
in Kärnten und Steiermark aus slowen. Oorica,<br />
Fiatschach mehrfach in den beiden genannten<br />
Ländern über mhd. Vlätschach aus slowen. BlaSah<br />
(älter *Blatjah), Oirlan in Südtirol über mhd.<br />
Qürneldn aus vlat. 'Cornetjänum (jetzt trentin.-<br />
72<br />
mundartl. daraus Kornaiän), Völlan, ebd., aus<br />
vlat. *FQljdna (jetzt trent.-mdal. Foiäna) usw.<br />
oder mit e der Paulschen Regel Bötz, Be'tz mehrfach<br />
aus tschech. Beöice bzw. aus slowen. Beöica,<br />
Schöllschitz bei Brunn aus tschech. *Öele§ice,<br />
Pe'tsch in Friaul bei Pladen-Zahre aus altfriaul.<br />
*Ampe.cium, Völs in Südtirol über mhd. Vel(le)s<br />
aus vlat. *Fellis, worauf auch das grödnerisehe<br />
Fi9 als „falscher" sing, zum „plur". *Fidi zurückgeht,<br />
usw. In solchen Fällen haben die älteren<br />
Sprachinseln noch auf eigene Faust Umlaut geschaffen.<br />
Das führen uns z. B. unwiderleglich die<br />
Sieben Gemeinden vor mit ihren Ortsnamen Gelle<br />
für it. Gällio, Zl$ge für it. Asiago (dieses aus älterem<br />
urkundl. Asiliagum für vlat. *Acüiacum;<br />
hier bewirkte den Umlaut sogar der vorausgehende<br />
altvenez. Palatalkonsonant -Ij-, -1-); oder<br />
in Zarz D'Älße aus altslowen. Dalca, -tja (jetzt<br />
nach der slowen. Mundart Dav6a geschrieben); bei<br />
Iglau Seelenz über mhd. *Säritz aus alttschech.<br />
*Zzdrek, locativ -ce usw. Umlautfähigkeit und<br />
Palatalkonsonant bilden in ihrem gemeinsamen<br />
Auftreten zeitlich und räumlich eine in sich geschlossene<br />
Einheit. Die lebendige Umlautfähigkeit<br />
hört im Bair. meistenteils gleichzeitig mit der<br />
Umlautentrundung auf. Mit ihr sind auch die<br />
Palatalkonsonanten selbst phonologisch überflüssig<br />
geworden. Etwaige Bedenken gegen die Scherersche<br />
Mouillierungstheorie sind nach diesen Ausführungen<br />
nach allen Seiten hin endgültig widerlegt.<br />
c. 1. Als stärkstes Beweismittel für die Scherersche<br />
Mouillierungstheorie betrachtet man seit Jahrzehnten<br />
mit Recht jene klar umgrenzbare Konsonantengruppe,<br />
welche den Umlaut bald vermindern,<br />
was bei mhd. ä der Fall ist, bald ganz aufhalten<br />
kann; z. B. -ch- in bair.-mundartl. haxxl (Hechel)<br />
aus mhd. hächele; in Küchel (Küche) aus ahd.<br />
kuchina; im oberösterr. Ortsnamen Bauching aus<br />
mhd. Büchingen; in brauchen aus frühahd. brauchjan;<br />
in suechen aus frühahd. söchjan; im niederbayr.<br />
Ortsnamen Loiching aus mhd. *Liuchingen usw.<br />
Gewisse Mitlaute leisteten der Mouillierung und<br />
Palatalisierung offensichtlich erfolgreichen Widerstand.<br />
Umlauthinderungen haben wir bei mhd. ü<br />
§ 9 b, bei mhd. iu § 16 a und bei mhd. ou § 22 b 1/2<br />
besprochen. Für alle umlauthindernden Konsonanten<br />
ist bei ihrer Artikulation die starke Senkung<br />
der Hinterzunge charakteristisch; so vor allem<br />
bei den Gaumenlauten ch, ck, gg, g und bei den<br />
Lippenlauten ff, pf, pp, b, w, aber auch bei den<br />
Lautgruppen rr (mit ursprünglich uvularem r),<br />
rw, Ih, Id, (ursprünglich war das l M-haltig; vgl.<br />
§ 49 c 1), hs, ht, bei mhd. u auch bei tt, tz; z. B. in<br />
bair. Küchel (Küche), rucken, lugg (locker), Luge;<br />
tauffen, hupfen, Luppe (Käselab), glauben, Frau;<br />
darren (dörren), färben (mhd. värweri), wälsch<br />
(mhd. wälhüch), Gulden (mhd. guldin); Gewächs,<br />
brächten (großsprechen); Mutt (ein Getreidemaß,<br />
ahd. mutti), Schütze (Weberschiff). Außerdem ist<br />
der Umlaut vor folgendem i am häufigsten, vor j<br />
etwas seltener, vor i nicht allzu oft und im Bair.<br />
vor ei nie eingetreten. An den oben zitierten Stellen<br />
wurde bereits das zahlenmäßige Zunehmen der<br />
umgelauteten Formen in älterer Zeit erwähnt;<br />
sowohl die ältere Urkundensprache als auch die<br />
altertümlichsten Mundarten, im Bair. vor allem<br />
das Zimbrische der Sieben Gemeinden, im Alemannischen<br />
das Wallisischo, weisen in diese Richtung.<br />
Das Mitteldeutsche gebraucht den Umlaut<br />
lieber als das Bairische und das Alemannische.<br />
Aus dem Mitteld. stammen bekanntlich die nhd.<br />
Schreibungen Küche, rücken, Lüge, hüpfen sowie<br />
die älteren Nebenformen taufen, glauben, Gülden. —
§ 23 c 2—§ 24 a 5<br />
2. Unübersichtlich werden die lautgesetzlichen<br />
Verhältnisse allerdings, sobald wir den morphologisch<br />
verursachten Umlaut, also den analogen<br />
Umlautzwang der Wortbildung und der Flexion,<br />
mit der Lautgeschichte verquicken. Es ist jener<br />
analoge Umlaut, wie wir ihn in den Pluralformen,<br />
in den Verkleinerungsformen, in der Steigerung der<br />
Eigenschaftswörter und bei den feminina abstracta<br />
mehrfach erkannt haben, z. B. §§ 2 h, 6 c, 13 j,<br />
20 g 7, 20 n, 22 a 2 und 22 b 2. Der analoge Umlaut<br />
hat mit der gesetzmäßigen Lautentwicklung unmittelbar<br />
nichts mehr zu tun.<br />
B. Die konsonantisch gebrauchten Vokale<br />
§24.Spätahd. ? (i)<br />
Übersicht: a. /- im Anlaut. — b. -j- im Inlaut.<br />
a. 1. Die ersten Einzellaute, die wir beim Konsonantismus<br />
vornehmen wollen, sind eigentlich ursprünglich<br />
zwei mitlautende Vokale gewesen,<br />
nämlich j und u, geschrieben meistens / und w.<br />
Beginnen wir mit j im Anlaut. Schon in spätahd,<br />
Zeit hat sich im Oberdeutschen / verschieden entwickelt.<br />
Vor i, etwa in jiht, wurde es zu g: Gicht;<br />
sonst blieb es bis heute als i erhalten, etwa in bair.<br />
i? (i a )» ¥> x (Joch), ieln (jäten). Aus lautgesetzlich<br />
bedingten Wechselformen, wie mhd. ez gist<br />
neben jesen (part. prät. gejeren), entstand durch<br />
Paradigmenausgleich bald gesen und bald jesen<br />
(und geren; „gären"); in gleicher Weise stand im<br />
Mhd. jehen (sagen) neben er giht und danach,<br />
soweit dieses Zeitwort fortlebt, z. B. in Mittelkärnten<br />
und Osttirol j§vhn (mit Nachdruck, klagend<br />
aussprechen) oder in Zarz gäiyr} (sagen), bald mit<br />
j-, bald mit g-. Vor lautgesetzlich entwickeltem ö<br />
herrscht in Jörg neben Oörg (Georg), entstanden<br />
über ahd. *Jorjo aus vlat. Öortju, GeQrgius, usw.<br />
Schwanken. Wenn aber ein Mitlaut vorausging,<br />
z. B. in mundartl. SQntörgry (Sankt Georgen im<br />
Katschtal), so fiel das -/- offenbar lautgesetzlich<br />
aus. Daher steht (neben dem kompromisselnden<br />
f dr gixt) mundartlich noch oft frixt (Rheuma,<br />
Freisen). Aus der häufigen Verbindung mhd.<br />
sant (J)ilig (St. Ägydius) und aus der mhd. Zusammensetzung<br />
gart-(j)ilje (Gartenlilie) stammen wohl<br />
die mundartlichen Nebenformen Ilg (Ägydius) und<br />
Ilge (Lilie) neben den lautgerechten Entsprechungen<br />
Qilg, Gilge; das eine ist über ahd. * Jiljo aus<br />
vlat. Gilju entstanden (vgl. ital. Giglio und franz.<br />
Gil „Ägydius"), das andere über ahd. *jilia (Lilie)<br />
aus vlat. giliu (vgl. it. giglio „Lilie"); dabei<br />
kann allerdings auch Dissimilation hereingepielt<br />
haben x teld. diese alten Verhältnisse zwischen i- und ggrundlegend<br />
geändert. Im Mittel- und Niederdeutschen<br />
wurde zunächst altes g- auf weiten<br />
Strecken zu j- gewandelt; man denke etwa an den<br />
Spottspruch 'ne jut jebratne Jans is 'ne jute Jabe<br />
Jottes (eine gutgebratene Gans ist eine gute Gabe<br />
Gottes) auf das Berlinerische. In Teilen <strong>des</strong> Zentralmitteldeutschen<br />
und in der Osthälfte <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />
hat man dann dieses /- wieder zu g-<br />
,,verbessert". Bei diesem Ersatz ist man zu weit<br />
gegangen. Man hat nicht nur für jut das landgängigere<br />
gut, sondern irrtümlich auch für Jahr, jung,<br />
Joch usw. vermeintlich eleganteres gor, gim, göx<br />
(güvx, güx) „wiederhergestellt". Das Nordbairische,<br />
das seit dem 14. Jh. mundartlich zunehmend<br />
unter ostfränkischen Einfluß gerät, hat sich diese<br />
übertriebenen Aussprachen mit g- als goun (Jahr),<br />
gut}, göx (güvx, güx) gleichfalls zu eigen gemacht.<br />
Sie reichen wortweise verschieden weit nach<br />
Süden, in gguv, gun, bis ans bzw. bis ins Regental<br />
und bis an die untere Naab sowie bis über die nördlichste<br />
Ausbuchtung <strong>des</strong> Altmühltales in Mittelfranken;<br />
in den ausgesprochenen Bauernwörtern<br />
gö(x) (Ochsenjoch) und uniltß göi(x) (wil<strong>des</strong><br />
Gejeide, wilde Jagd) teilweise bis an die Donau<br />
nach Ingolstadt, Regensburg und bis in den<br />
Bayrischen Wald und in den nördlichen Böhmerwald,<br />
denn die g- weichen wieder zurück. Die<br />
Sprachinsel Iglau hat als nordbair. Außengründung<br />
um 1200, vor Einsetzen der fränk. Einflüsse aufs<br />
Nordbair., natürlich die ursprünglichen j- bowahrt.<br />
Nach „falschen" /-Schreibungen für g- sowie nach<br />
„falschen" /-Lautungen für g- zu schließen, griff<br />
diese Neigung zum Überersatz von /- durch g- oder<br />
besser gesagt zur nachherigen Rückbildung zu jseinerzeit<br />
sogar über ganz Niederbayern und über<br />
große Teile von Oberösterreich über die Donau<br />
nach Süden. Belege in Ortsnamen haben wir dafür<br />
noch bei Landshut in Niederbayern und im Vöcklatal.<br />
— 4. Ungefähr ebensoweit reichen beim Lehnwort<br />
Germ (Preßhefe) aus mhd. gerwe, das erst zur<br />
Neuzeit aus dem Mitteldeutschen übernommen<br />
wurde, in den Altersmundarten /- Formen(iev'm,<br />
i^rei}, iarm u. ä.) nach Süden, nämlich über die<br />
Sprachinseln Iglau, Wischau und Brunn nach Südmähren<br />
bis Drasenhofen im Woinviertel und nach<br />
Südböhmen wieder über Oberösterreich (ohne das<br />
Ennsgebiet) bis Ebensee (ohne das Salzkammergut)<br />
und wiederum bis ins Vöcklatal und nach Niederbayern.<br />
— 5. Unter fremdsprachigem Einfluß kann<br />
das alte j- reibelautartig ausgesprochen werden.<br />
Im südmährischen Jaispitztal, in Teilen der<br />
Sprachinseln Wischau und Iglau erscheint dafür<br />
). — 2. Doch scheint es, daß in spätahd. z-, dz-, dj-, also zö (ja), zöv (Jahr), bzw. dzö usw.<br />
Zeit <strong>des</strong> ausgehenden 11. Jhs. aus j- auch vor Auszugehen ist dabei von den mundartlichen Aus-<br />
anderen Vokalen, insoweit der Hauptdruck erst sprachen z-, dz-, dj- für tschech. d- vor folgendem e<br />
auf der zweiten Wortsilbe lag, g- entstehen konnte. etwa in mähr, djäzni, dz-, z-, j- (Zahnfleisch) neben<br />
Darauf führen uns Restformen wie Gehdnnea schriftspr. dosen aus altslaw. de<br />
für Johannes und Geröni für Hieronymus (vlat.<br />
Öerominu, vgl. it. Gerölamo und franz. Jeröme),<br />
etwa in Gottschee als GohQnnzßtokx und im Innerötztal<br />
als sgntdgdhgnndßtgkx (neben sgntdhgnnaßtgkx)<br />
für den Johannistag, weitere als mdal.<br />
Aussprache Sa(i)gDhöns für St. Johann im Pongau,<br />
im Innviertel und bei Kitzbühel und als<br />
nordbair. GhönvsbiD (Johannisbeere); ebenso altmundartlich<br />
als GrQni (Hieronymus), geschrieben<br />
Granig, Kronig als Hof- und Familienname. —<br />
3. Doch haben sich im Nordbair. durch eine<br />
frühnhd. Welle aus dem Ostfränk.-Zentralmit-<br />
*) § 3 p war von einer vorübergehenden Präjotierung<br />
vor e-Lauten die Rede. Für eine gewisse<br />
Unordnung bei /- spricht ferner tirol. Ieclihalm<br />
(Jochpolster) über mhd. iech(h)alm(e) aus ahd.<br />
jochhalm(o).<br />
n sna u. ä. Im Zimbrischen<br />
(aber nicht im Fersentalerischen) gebraucht<br />
insbesondere die jüngere Generation in<br />
Anlehnung an die venezian. Aussprachen dzja,<br />
d£a (it. gia „schon") usw. auch ihrerseits z. B. dijä<br />
(ja), dijär (Jahr) usw. oder diä, diär neben dem<br />
ebenfalls schon halb vervvelschtenzimbr. Reibelaut j-<br />
(jä, jär) als Normallautung 2 ). Im Zimbrischen<br />
wurden diese Aussprachen auf den Inlaut übertragen,<br />
z. B. in den Siebon Gemeinden p/ar, Qdzjar<br />
(Eier), Serje, icrdijc (Schergo), in Luserna und<br />
Lavarono §d£m (aber Seri).<br />
2<br />
) Umgekehrt wird auf dem Boden einstigen<br />
Zimberntuma in einigen Tälern um die Sieben<br />
Gemeinden im Venezianischen statt venez. dij-<br />
„verzimbernd" ;', z. B. in ja (schon), jovo (Joch) für<br />
it. gia, giovo, gesprochen.<br />
73
§ 24 b—§ 25 a 6<br />
b. Im Inlaut ist für spätahd. -/-, soweit es erhalten<br />
geblieben oder in Lehnwörtern neu dazugekommen<br />
ist, gleichfalls gewöhnlich g eingetreten,<br />
z. B. in Scherge, Vilge (Vorabend kirchlicher Festtage),<br />
Venedig aus it. Venezia bzw. aus altvenez.<br />
* Venedia (vgl. venez.- mundartl. Venezia), ferner<br />
in den § 24 a 1 erwähnten Lehnwörtern Görg (Georg),<br />
öilg (Ägydius), Oilge (Lilie). Jedoch haben einige<br />
echte Bauernmundarten gelegentlich j bewahrt,<br />
z. B. das Zimbrische der Sieben Gemeinden in<br />
£erje neben serge gegen vjlge und Venedige; aber<br />
auch in lörjot (Lärchenpech), das gar nicht dazugehört,<br />
weil es über mhd. Hergät mit g aus ahd.<br />
Herigät über altvenez. *lar(i)gädo aus vlat.<br />
Haricätum entstanden ist; ferner in den Dreizehn<br />
Gemeinden im Hofnamen Dzjördzjar, das ist sozusagen<br />
der Jörger, und in Vxmirdzje (Venedig). Das<br />
Wort Lerget bildet auch in Binnenmundarten eine<br />
sonderbare Ausnahme. Die Lautungen leriat,<br />
lerian entdecken wir auch im Untergail-, Gitschtal<br />
und am Weißensee, glervt, glörvt überdies im Lungau<br />
mit dem Liesertal. Für ahd. *erjotag (Dienstag)<br />
trat über frühmhd. ergetag (ötztaler. ergdtQkx)<br />
durch -e- Ausfall und Mittelsilbenschwund mundartl.<br />
* Ergtag, Erchtag, Ertag (und durch Sproßvokal<br />
wieder Erichtag) ein; darüber s. Ergetag<br />
im Wörterbuch.<br />
§25. Spätahd. w (u)<br />
Übersicht: a. w im allgemeinen. — b. -w- im<br />
Inlaut.<br />
a. 1. Es ist für unsere Zwecke überflüssig, die<br />
Entwicklung <strong>des</strong> frühahd. u in ihrer Vielfalt<br />
eingehend darzulegen. Das Bairische beschritt<br />
meistenteils dabei die gleichen Wege wie unsere<br />
Schriftsprache. Und wo dies nicht der Fall war,<br />
wurde das z. T. schon § 22 c entsprechend gewürdigt;<br />
einiges wird am Schluß dieses Paragraphen<br />
erwähnt werden. — 2. Nach Ausweis der ahd.<br />
Lehnwörter in den Fremdsprachen, etwa nordslowen.<br />
uäga, tiäha (Waage), friaul. uäge. aus ahd.<br />
wäga, wurde dieser Laut in ahd. Zeit entsprechend<br />
dem Indogermanischen noch als konsonantisch<br />
gebrauchter Vokal, als u, ausgesprochen. Insoweit<br />
in anderen Fremdsprachen jetzt dafür zahnlippiges<br />
v eintritt, z. B. im Grödner. vega, im Poln.<br />
waga (sprich väga), im Südslowen. väga, ebenso im<br />
Russ., im Tschech. väha und in magyarischen<br />
Mundarten väga, handelt es sich nur um nachträgliche<br />
Verwandlungen von u zu v in den Fremdsprachen<br />
selbst, also um Veränderungen, die mit<br />
der deutschen Lautgeschichte unmittelbar nichts<br />
mehr zu tun haben. — 3. Nach datierbaren Wortund<br />
Ortsnamenentlehnungen aus unseren Mundarten<br />
in die benachbarten Fremdsprachen wurde<br />
dieses halbvokalischo u ugf. seit 1100 zu jenem<br />
doppellippigen KJanglaut w, wie wir ihn heute<br />
z. B. in wQg (Waage) wirklich aussprechen, verändert.<br />
Weil sämtliche umliegenden Sprachen diesen<br />
w-Laut nicht haben, so sind sie seither gezwungen,<br />
dafür ihren klangähnlichsten Laut einzusetzen,<br />
das ist ihr stimmhafter Doppellippenlaut b; z.B.<br />
in grödn. und slowen.- mundartl. bundr (Wunder).<br />
Das neue w ist inlautend gleichfalls seit 1100 —<br />
nicht überall zur gleichen Zeit—mit jenem anderen<br />
bair. -w- zusammengefallen, das seinerseits aus 6<br />
über altbair. -p- (s. § 27 a 4) ugf. um 1050 wieder<br />
zu -6- rückverändert worden und seit etwa 1100<br />
gleichfalls zu -w- geworden war. Während also<br />
in ahd. Zeit auf bairischem Boden z. B. halpa<br />
(eine halbe) mit zualua (swalwa geschrieben) keinesfalls<br />
im Reim verbindbar gewesen wäre, ergeben<br />
seit 1100 oder im Laufe <strong>des</strong> 12. Jhs. halwa und<br />
zwalwa einen konsonantisch reinen Reim. Um 1100<br />
74<br />
entdecken wir daher die allerersten „falschen"<br />
w-Schreibungen für altes -6- und umgekehrt auch<br />
die ersten „falschen" -b- Sehreibungen für altes w.<br />
Doch werden diese Buchstabenvertauschungen erst<br />
seit 1200 etwas allgemeiner. Immerhin hat schon<br />
die älteste bair. Außengründung, haben die Sieben<br />
Gemeinden mit ihrem Zimbrischen, deren deutschsprachige<br />
Kolonisation um 1100 vor sich gegangen<br />
war, schon das gemeinsame neue w (wäge usf.).<br />
Sie haben es wohl schon fertig aus der Heimat<br />
mitgebracht und vermögen halwa mit zwalwa x )<br />
bereits einwandfrei zu reimen. — 4. Schon vorhin<br />
wurde angedeutet, daß die umliegenden Fremdsprachen,<br />
da sie ein w selbst nicht besitzen, gezwungen<br />
sind, das deutsche w mit ihrem stimmhaften<br />
b wiederzugeben. Einige hundert Lehnwortbelege<br />
dafür ließen sich beibringen. Ebenso<br />
muß umgekehrt seither das Bair. dieses stimmhafte<br />
slaw., roman. und magyar. 6 mit seinem eigenen<br />
M?-Laut wiedergeben; z. B. in egerländ. wakko<br />
(ein Weihegebäck zu Ostern und zu Weihnachten)<br />
aus tschech. bdbka, im burgenländ. Ortsnamen<br />
Wikß (Wix) aus alt-magyar. Bükkös (jetzt Bükk),<br />
in kärntn. wäwa, wäbm (Vettel) aus slowen. baba<br />
(Ahnfrau) und in tirol. wattn (ein Kartenspiel)<br />
aus venez. batter (eigentlich schlagen). — 5. Das<br />
Fehlen <strong>des</strong> bair. w-Lautes in den Fremdsprachen<br />
hat auf die exponierten Grenz- und auf die Sprachinselmundarten<br />
eingewirkt. In allen älteren bairischen<br />
und in den meisten bairisch beeinflußten<br />
Sprachinselmundarten ist entweder die Neigung<br />
da, unser w in undeutscher Weise als stimmhaftes b<br />
auszusprechen, oder der Ersatz von w durch dieses b<br />
ist bereits zu fester Lautgewohnheit erhoben worden.<br />
Lautungen wie baip (Weib), bqg(e) (Waage)<br />
usw. gelten angefangen von den Sieben Gemeinden<br />
übers ganze Zimbrische und übers Fersental, über<br />
Zahre, Pladen, Tischlwang und über Zarz und<br />
Deutschruth zu den Außengründungen in der<br />
Slowakei und über Wischau, Brunn, Budweis bis<br />
Iglau bald individuell, bald durchaus. Auch einige<br />
unmittelbar an der Sprachgrenze liegende Mundartlandschaften<br />
fallen dieser b -Aussprache wegen<br />
dem Binnenländer auf; ihre Leute werden nicht<br />
selten durch treffliche Spottsprüche auf diese<br />
Eigentümlichkeit gutmütig gehänselt, etwa die<br />
Bewohner einiger Gemeinden <strong>des</strong> Kanaltales, die<br />
um Ferlach in Kärnten, die einiger südlichster<br />
Landstriche der Mittelsteiermark und die Bewohner<br />
um Marburg a. d. Drau, die von Prahlitz<br />
und Pohrlitz in Südmähren und von Prachatitz in<br />
Südböhmen. — 6. Seit 1300 wird in den Urkunden<br />
gelegentlich der Buchstabe b nicht mehr allein im<br />
In-, sondern auch schon im Anlaut urkundlich für<br />
den w-Laut eingesetzt. Das ist lediglich eine Übertragung<br />
der Schreibweise aus dem Wortinneren<br />
auf den Anlaut: weil hqlwe mit w gesprochen und<br />
halbe mit b geschrieben wurde, hat man folgerichtig<br />
waib, wQg <strong>des</strong>selben w-Lautes wegen in<br />
gleicher Weise als beib, bag mit b aufschreiben<br />
können. Eine Verwechslung mit dem anlautenden<br />
schriftsprachl. b- in Berg, Baum war in der bair.<br />
Urkundensprache kaum möglich, da dieses andere<br />
6 in den bair. Kanzleien als p- transkribiert wurde:<br />
Perg, Paum. Es wäre ein grundlegender Irrtum,<br />
den Schreibungen beib, bag usw. phonetischen Wert<br />
beizumessen oder sie gar als Beweis für eine alte<br />
gemeinbair. Aussprache <strong>des</strong> w- als 6-Laut aufzufassen.<br />
Wohl wären an und für sich die alten<br />
Sprachinselmundartcn, die ja tatsächlich b- für<br />
w- einsetzen, wie so oft dazu geeignet, alte gemeinbair.<br />
Zustände aufzuhellen. Aber gerade hier ver-<br />
l ) Jedoch heißt es in den Sieben Gemeinden<br />
meistens zwalwvla.
sagen sie in dieser Hinsicht. Die echten Archaismen<br />
der Außenmundarten kehren in den Tiroler<br />
Hochtalmundarten wieder. In unserem Falle haben<br />
jedoch gerade die Hochtalmundarten einschließlich<br />
der konservativsten, <strong>des</strong> ötztalerischen, keine<br />
Spur von solchen &-Lautungen für bair. w! —<br />
7. In der Lautfolge qu- (sprich kxu-) wurde in<br />
echten Erbwörtern das -u- beseitigt, nachdem es<br />
vorher meistens den folgenden Vokal modifiziert<br />
hatte. Aus ahd. quät (Kot) entstand im Bair. mhd.<br />
kot, aus ahd. querdar mhd. kö(r)der usw. Weitere<br />
Beispiele dafür findet man § 26.<br />
b. 1. Das Bairische hat im Inlaut das -w- oft<br />
dort beibehalten, wo es die Nachbardialekte ausstoßen,<br />
z.B. in Snaibm (schneien), spaibm (speien),<br />
kxlaibm (Kleie). Diese w-Formen sind geradezu<br />
bair. Kennformen. Die altertümlichsten Mundarten<br />
haben -w- sogar bei den alten -tm-Stämmen<br />
in den flektierten Formen bewahrt. Es heißt z. B.<br />
im Innerötztal im nom. snf» (Schnee), kxlgv (Klee),<br />
hä (Heu), Ströd (Stroh), im dat. aber Snevwe,<br />
a. An die Behandlung <strong>des</strong> w-Lautes sei die Vorführung<br />
jener merkwürdigen Mitlautgruppe angeschlossen,<br />
welcho imstande ist, vordergaumige<br />
Stammvokale in gerundete oder gar in hintergaumige<br />
Selbstlaute zu verwandeln; z. B. in<br />
schriftd. schöpfen, Löffel, löschen mit ö usw. aus<br />
mhd. schepfen, leffel, leschen mit c. Unter ihnen<br />
spielte in ältester Zeit das soeben besprochene<br />
ahd. y, eine dominierende Rolle. In vereinzelten<br />
Fällen verursachte es schon in frühahd. Zeit eino<br />
Veränderung der alten Vokalo i und c zu u und o,<br />
§ 25 a 6—§ 26 b 1<br />
bzw. zu ü und ö; allerdings kommen diese „Umlaute"<br />
selbst in der ältesten Orthographie nicht<br />
zum Ausdruck. Die ahd. Rechtschreibung hatte<br />
für die Laute ö und ü noch keine eigenen Buchstaben<br />
besessen. Sie war gezwungen, die Zeichen o<br />
und u dafür einzusetzen. Für altes w'e'la (wohl),<br />
welta (wollte), gewi (Gau) wurde wola, wolta, gowi<br />
schon im 9., für wirken ivurken gar schon im ausgehenden<br />
8. Jh. geschrieben. Zu lesen sind die<br />
neuen Schriftbilder gewiß als ugla, uglta; göui,<br />
uiirkxzn, also teils mit hinterem, teils mit gerundetem<br />
Selbstlaut, wobei die Lautinterpretationen auf<br />
den modernen Mundartverhältnissen oder auf<br />
Schlüssen, die man aus ihnen zu ziehen hat, beruhen.<br />
Im 12. Jh. kamen neue Schreibungen dazu, etwa<br />
fünf (fünf) für älteres finf, bei dem wir in Hinblick<br />
auf das Nebeneinander von mhd. vünviu, vünf<br />
und vunfzehen (fünfzehn) bezüglich u oder ü im unklaren<br />
sind, ferner woefra (Woche), chone (Ehegattin),<br />
chonala (Quendel), die wir wegen der jetzigen Entsprechungen<br />
woxx 3 , gottsch. kxond, mittelbair.<br />
ghü nd lgräud, ghü d l- (Konelkraut) x ) lautlich als<br />
kxlyowe, häwe, strodwe oder in Zarz im nom. zn$v, im<br />
dat. znenbe. Erst dem Paradigmenausgleich verdankt<br />
das Gottscheeische seine Lautungen nom.<br />
zneab, khleab, täb (Tau); ähnliche Kompromiß -<br />
formen trifft man in Zahre und in Teilen der Mittelsteiermark.<br />
Desgleichen sind echtmundartlich die<br />
bair. Stichwörter rüewig (ruhig), strßwen (aus Stroh)<br />
und aus dem Inlaut übertragen bläw (blau), grdw<br />
(grau) u.a.; Schwanken herrscht zwischen gel und<br />
gelb (ahd. g'e'lo, ein g'e'lwer). Durchaus geschwunden<br />
ist das -w- in den Substantiven Brei(en), Mel<br />
(Mehl), Har (Flachs) neben härwen (aus Flachs). —<br />
2. Einen eigenartigen Zustand bemerkt man im<br />
oberen Zillertal. Hier lautet der nom. änqo, der<br />
dat. aber Snoip; für mhd. we sagt man w$v, die<br />
Wehen aber heißen da woipn. Offenbar ist eu in<br />
spätahd. sneue, ueuun durch Kürzung <strong>des</strong> e in die<br />
mhd. tw-Reüie übergegangen und mit diesem iu<br />
weiter zu oi geworden (über iu zu tirol. oi s.<br />
§ 16 b 2). In gleicher Weise haben wir die altbayr.<br />
Ortsnamen Soien, Seeon usw., mundartl. Soi n ,<br />
Sui n wQxxa, kxgnd, kxgnvla zu übertragen haben und<br />
die für älteres w'e'cha, quetia, quenala eingetreten<br />
sind, schließlich choden (sagen) und chüt (er sagt)<br />
aus älterem quedan, quidit. Die letzten zwei Formen<br />
dürfen wir wegen der modernen Entsprechungen<br />
zimbr. kxöden (Sieben Gemeinden) und kxaut (sagt;<br />
Dreizehn Gemeinden) und wegen zarzerischem<br />
kxait (sagt) lautlich sicher als frühmhd. kx§ddn,<br />
kxüt auflösen, wieder mit gerundeten „Umlauten".<br />
Nach modernen aleman. Mundartformen sind<br />
fruscing (Frischling), gewunnen (gewinnen), sivummen<br />
(schwimmen) in den Schriften <strong>des</strong> St. Gallener<br />
Mönches Notker und nach modernen bair. Lautungen<br />
ist die Schreibung fromede (fremd) <strong>des</strong> 12. Jhs.<br />
in bair. Quellen als gewi{nndn, ixvi\rnmdn; vrömddd<br />
auszulegen. Der Gewinn aus dieser kleinen Studie<br />
ist ein zwiefacher: erstens wissen wir jetzt, daß die<br />
ersten Vokalrundungen schon in frühahd. Zeit, im<br />
8. Jh., da waren, zweitens erfuhren wir aus den<br />
Schriftbildern wurken, gowi (göiii), daß es schon<br />
usw., zu beurteilen. Sie enthalten wahrschein-<br />
im 8. Jh. gerundete Umlaute gegeben hatte, daß<br />
lich einen uralten dat. plur. ahd. *sewjun zum<br />
aber diese Umlaute „orthographisch" noch nicht<br />
nom. sing. *sewjo (Seebewohner); *sewjo ist gleich<br />
deutlich sichtbar sind und als u, o transkribiert<br />
gebildet worden wie ahd. beckjo, becko (Bachan-<br />
werden mußten. Bei<strong>des</strong> ist für die Geschichte <strong>des</strong><br />
wohner), dieses haben wir in Bildungen wie z. B.<br />
Umlautes von grundlegender Bedeutung.<br />
Mivsbekhv (die Miesbacher), Mißtlbekko (die<br />
b. 1. Die Auswirkungen dieser rundenden Konso-<br />
Mistelbacher) zu den Ortsnamen Mlvsbox (Miesnanten<br />
auf den bair. Vokalstand sind heute noch<br />
bach, Oberbayern) und Mißtlbg (Mistelbach,<br />
mannigfach. Es ziehen im Bair. außer w auch m,<br />
Niederösterr.) lebendig vor uns. — 3. Den West-<br />
pf, pp, seh und gelegentlich st, sp, vereinzelt auch<br />
kärntner Wandel von „echtem" und von ,,unecht" -<br />
andere Mitlaute, Rundung nach sich. Sofern wir<br />
sekundärem u zu w, etwa in päwvr (Bauer), häit&n,<br />
die konservativste Mundart, das Zimbrische, als<br />
häbm (hauen) aus älterem päxpr, häipn, haben wir<br />
einzige bair. Sprechweise, die dio alte Umlaut-<br />
bereits § 14 d 1 besprochen; zu den Wandlungen<br />
rundung in vollem Umfang erhalten hat, ins Auge<br />
von baww (Bauer) zu bauwn sowie zu den Erin-<br />
fassen, so bemerken wir, daß unsere sekundären<br />
nerungsformen ewD (Ohr) und fewv (Feuer) aus<br />
Rundungen im Altbairischen nicht den großen<br />
älterem ego, fegn u. dgl. im Salzkammergut und am<br />
Umfang erreicht hatten, wie er in den südale-<br />
Ostrand <strong>des</strong> Flachgaues s. § 11 a 6 und § 16 b 5.<br />
mannischen oder in ostfränkischen Mundarten, dio<br />
gleichfalls gerundete Umlaute beibehalten, fort-<br />
C. Die vokalrundenden Konsonanten<br />
lebt. Immerhin treffen wir im Zimbrischen auf die<br />
Lautungen höwe (Heu) als Reimwort zu ahd. göwi,<br />
§ 26. Übersicht: a. Rundungen in alter Zeit. —<br />
wiirxxcn (wirken), auf vi{<br />
b. Rundungen in den modernen Mundarten.<br />
n ff (fünf), hi{mmel (Himmel),<br />
vrömmvdc (fremd), wüpffcl (Wipfel), söpßcn<br />
(schöpfen), wüppa (Witwe), lassen (löschen), ivüSSen<br />
(wischen; daneben wiSscn). In manchen Mundarten<br />
hat nachträglich diese Rundung einen erheblich<br />
größeren Umfang angenommen; auch in<br />
Teilen der Sieben Gemeinden (s. § 4 c 3). In einigen<br />
bair. Landschaften blieb diese Rundung sogar<br />
trotz allgemeiner Umlautcntrundung fortbestehen,<br />
x ) Wenn daneben im Südbair. kxwcndl und in<br />
einigen Tiroler Tälern sogar tsiccndl vorkommt, so<br />
sind dies Entlehnungen aus der Schriftsprache.<br />
75
§ 26 b 1—§ 27 a 4<br />
etwa im Westen der Gottscheer Insel, im oberen<br />
Iselgebiet und (ganz alt) im Lungau (s. ebd.). —<br />
2. Gelegentlich erzeugten diese rundenden Konsonanten<br />
überraschenderweise dieselbe Wirkung wie<br />
die Paulsche Regel, z. B. in Schwester, gestern,<br />
Wespe (neben Wespe) und im verhältnismäßig<br />
jungen Lehnwort Zwespe (Zwetschke), vgl. auch<br />
§ 3 o 2; schließlich konnte unter Einfluß dieser<br />
Konsonantengruppe mundartl. Q im Salzachgau<br />
zu o verändert werden, als läge mhd. o vor: oään<br />
(Asche), dswö-v (zwahen, waschen; s. § 1 m 2). —<br />
3. Doch bleiben diese Lautungen lauter Gelegenheitsbildungen<br />
ohne durchgreifende Konsequenz.<br />
Es heißt etwa im Zimbrischen der Sieben Gemeinden<br />
zwar meistens vrömmede, für mhd. hemdde (Hemd)<br />
als altes Reimwort dazu aber gewöhnlich hemmode.<br />
Am klarsten tritt diese Freizügigkeit der Behandlung<br />
in der ahd. Lautfolge que- zutage. In<br />
bair. kem(m)en (kommen) aus ahd. qu'e'man, das<br />
sich jetzt flexivisch meistens nach nem(m)en<br />
(nehmen) richtet, ist das u völlig wirkungslos verklungen;<br />
in bair. keck (ahd. queck) hat das u vor<br />
seinem Schwund immerhin den Wandel von e zu e<br />
bewirkt, ebenso natürlich in Kecksilber (Quecksilber)<br />
2 ); in zimbr. kxöden (sagen) hat das u bereits<br />
unsere Rundung hinterlassen; in zarz. kxoune und<br />
gottsch. kxono (Gattin) und in mittelbair. ghü nd lgräud<br />
(Quendel) hat es schließlich als vierte Möglichkeit<br />
vollends Hintergaumenvokal hervorgerufen.<br />
— 4. Im Worte nimmer liegt im Bair., z. B.<br />
in zimbr. npnmar, keine Rundung vor, wohl aber<br />
im Aleman. mit seinem nümme, numme. Nach<br />
Abwanderung der „Zimbern" hat sich in Westtirol<br />
jedoch als einer der im 12. Jh. über den Arlberg<br />
nach Osten vorstoßenden Alemannismen nummv<br />
eingenistet.<br />
D. Die Lindlaute<br />
§ 27. Allgemeines über die Lindlaute<br />
Übersicht: a. Die Lind Verschlußlaute in ahd.<br />
Zeit. — b. Westtirolisches -p- als Grenzversteifung.<br />
— c. Das Notkersche Anlautgesetz; das Schrödersche<br />
Assimilationsgesetz; gg-. — d. Die Auslautverhärtung.<br />
— e. Die neuerliche Stimmhaftigkeit<br />
im Mhd. — f. Die Kontraktionen. — g. Die<br />
mhd. Stimmhaftigkeit in konservativen und anderen<br />
Mundarten. — h. Die mhd. Zweisilberdehnung.<br />
— i. Die Dreisilberkürzung. — j. Lind Verschlußlaute<br />
als Gleitlaut.<br />
a. 1. In frühahd. Zeit, um 750, gab es als Lindlaute<br />
mit stimmhaftor Aussprache z (geschrieben s),<br />
v und d, b, g für german. s, f und d (6), b, g; gleichzeitig<br />
war aus älterem german. p spirantisches ö<br />
entstanden, das sich bald darauf zu d verwandelte.<br />
Ferner war seither der Hauchlaut h stimmhaft.<br />
Als Reibelaute blieben z und v bis ins Hochmittelalter<br />
bzw. bis in die Neuzeit herein unverändert<br />
stimmhaft stehen, während die Lindverschlußlaute<br />
d, b, g schon damals oder bald danach eine<br />
mehr oder weniger deutliche Neigung zu den stimmlosen<br />
Starklauten t, p, k (alle drei unbehaucht auszusprechen)<br />
an den Tag legten. — 2. Höchst<br />
merkwürdig ist nun bei dieser Tendenz zu t, p, k<br />
die evidente Durchbrechung <strong>des</strong> Prinzips paralleler<br />
Reihonschritte in der Lautentwicklung, sowohl<br />
was den Zeitpunkt als was die Verbreitung<br />
im Raum betrifft. Man würde ja erwarten, daß<br />
zur gleichen Zeit, als d zu t verändert wurde, auch<br />
b zu p und g zu k werden sollte und daß überall<br />
dort, wo der Wandel von d zu t stattfand, natürlich<br />
auch b zu p und g zu k hätte werden sollen. Weder<br />
2 ) Auch hier hat sich daneben hochsprachl.<br />
khwekxsilwär und strichweise in Tirol überschriftsprachl.<br />
tswekxsilti&r festgesetzt.<br />
76<br />
die zeitliche noch die räumliche Einheit dieser drei<br />
Wandlungen ist eingehalten worden, vielmehr bestehen<br />
zwischen den drei Lautwandlungen graduelle<br />
Abstufungen. Wir könnten sie bei der Betrachtung<br />
der modernen <strong>Lautgeographie</strong> außer<br />
acht lassen, hätten sie nicht bis in die moderne<br />
Zeit hinein ihre deutlichen Spuren hinterlassen. —<br />
3. Zuerst, und schon um 750, brach der Wandel von<br />
d zu t hervor; frühahd. dag (Tag), uedar (Wetter)<br />
usw. wurden schon um 750 zu tag und uetar gewandelt.<br />
Außerdem hat dieser Wandel nicht nur<br />
das Bairische, sondern nahezu das ganze Hochdeutsche<br />
erfaßt. Damit ist für uns, die wir ja vom<br />
spätahd. Lautstand ausgehen, der neue ahd. -t-<br />
Laut aus der Reihe der Lindlaute ausgeschieden<br />
und gehört für den weiteren Verlauf unserer Betrachtung<br />
den Starklauten zu. — 4. Dagegen ist<br />
der parallele Wandel von b zu p, z. B. in ahd. pauin<br />
(Baum), skipa (Scheibe), halpa (eine halbe), im<br />
Bair. erst zwanzig Jahre später, ugf. um 770,<br />
urkundlich greifbar. Außerdem machte er sich<br />
in ältester Zeit nur mehr im Bair. und Aleman.<br />
bemerkbar und nicht mehr im Ostfränk.-Mitteld.<br />
Er wurde überdies im Aleman., wo er nicht recht<br />
durchgegriffen hatte, im Laufe <strong>des</strong> 9. Jhs. im Inwie<br />
im Anlaut wieder rückgängig gemacht. Seit<br />
900 zeichneten die alem. Schreiber normalerweise<br />
nur boum, skiba, halba usw. mit dem Lindlautzeichen<br />
auf. Im Bair. selbst bleiben diese p-Bezeichnungen<br />
immerhin bis ugf. um 1050 durchaus<br />
in tibung. Dann verwandelt sich auch im Bair.<br />
nach Ausweis <strong>des</strong> Schreibgebrauchs im Inlaut das<br />
-p- wieder zu -&-, es wird seither auch im Bair.<br />
wieder schiba, halba usw. geschrieben. Im Anlaut<br />
erhielt sich aber im Bair. in der Regel das p- in<br />
poum, p'e'rg (Berg) usw. Anlautende p-Schreibung<br />
hält sich als bair. Dialekteigentümlichkeit bis zum<br />
Einsickern der neuhochdeutschen Orthographie im<br />
16./17. Jh., ja in Siedlungs- und Familiennamen,<br />
wie Paumgartner, Paumkircher, Perg (in Oberösterreich),<br />
Pichl (mhd. bühel) usw., bis jetzt.<br />
Damit scheidet für unsere weitere Untersuchung<br />
der Lindlaute auch das anlautende b- als bair.<br />
Fortis p- weiterhin aus und gehört zu den Starklauten<br />
(s. § 36 a); doch wurde es in bestimmten<br />
Ausnahmefällen (s. § 36 a 2) trotzdem als Lenis<br />
behandelt. Während der Zeit <strong>des</strong> herrschenden<br />
altbair. -p- wurde folgerichtig slawisches b nicht<br />
mehr als b, das es sonach im Altbairischen gar<br />
nicht gab, wiedergegeben, sondern als ahd. v, f;<br />
z. B. wurde noch im 11. Jh. slowen. *B§brovnica<br />
(Bieberbach) für altslowen. *Bibrov\nica zum<br />
Flußnamen Feffernitz (mundartl. Fe.nfrnite), es<br />
wurde slowen. Ribnica (Fischbach) über spätahd.urkundl.<br />
Rivinitza zu jetzigem Reifnitz, oder der<br />
häufige Kärntner und Steirer Flußname Velach<br />
(Vellach) entstand über ahd. Velaha aus slowen.<br />
Bela (die weiße). Ältere Entlehnungen, wie z. B.<br />
niederösterr. Raming oder richtiger ahd.-urkdl.<br />
Räpiniccha und Pielach, ahd. Pialaha aus frühslnw.<br />
Rübini6ä (Fischbach) bzw. aus frühslaw.<br />
Bela (Weißenbach), mit ihrem ahd. p aus fremdem<br />
6, sind folgerichtig vor 770, vor dem bair. Wandel<br />
von b zu p, entlehnt worden. Noch deutlicher wird<br />
diese alte -p-Aussprache <strong>des</strong> Bair. im Lichte der<br />
Lehnwörter in den Fremdsprachen. Z. B. slowen.kroat.<br />
I6pa, löjpa (Laube), grödn. tupa (Taube),<br />
slowen.-kroat. £&pa, Sk&pa (Schaub), slowen. Sipa<br />
(Fensterscheibe), grödn. Sipa (dass.) u. a. legen<br />
sichere Zeugenschaft für den phonetischen Lautwert<br />
dieser altbair. p-Schroibungen ab. Die p waren<br />
keine blutleere Schreibermode, sie wurden tatsächlich<br />
gesprochen (s. Einltg. 34 — 35). Innerhalb<br />
der kurzen Spanne zwischen 750, als d zu t, und<br />
770, als 6 zu p geworden war, sind offenbar die
Lehnwörter butla (Beutel) ins Grödnerische und<br />
bQta (mal in Zahlww., ahd. bot „Gebot") ins<br />
Trentinische gekommen; sie weisen schon das<br />
neue bair. t, aber noch das alte bair. b auf. — 5. Der<br />
dritte Parallelwandel dazu hätte g zu k verändern<br />
müssen. Tatsächlich wird im älteren Altbairischen,<br />
vor allem in Urkunden aus Altbayern, gelegentlich<br />
z. B. macar, makar (mager) und dergleichen geschrieben.<br />
Die Ansätze zu diesem Fortis-fc waren<br />
vorhanden, es reifte jedoch der Wandel nicht mehr<br />
aus. Außerdem bleiben diese vereinzelten -k- und<br />
-c-Schreibungen aufs Bairische beschränkt. Die<br />
Lehnwörter in den umgebenden slawischen und<br />
romanischen Sprachen haben keine solchen inlautenden<br />
-k- mehr. — 6. Die Störung <strong>des</strong> erwarteten<br />
Parallelismus ist zweifelsohne phono-<br />
Iogisch bedingt (vgl. Einltg. 43). Der linde d-Laut<br />
wurde nachhaltiger zum Starklaut, in unserem<br />
Falle zum t, gedrängt als das alte linde b und g.<br />
Seinen Platz besetzte ja langsam das andere, das<br />
neue d, das z. B. in dach (Dach), ledar (Leder)<br />
vorkommt. Das alte d mußte ausweichen, wollte<br />
es sich nicht in die Gefahr begeben, mit dem neuen<br />
d aus german. p durcheinanderzugeraten. Die alten<br />
Lindlaute g und b hatten keinen so energischen<br />
Konkurrenten, sie konnten leicht zum alten Lindlaut<br />
zurückkehren. Immerhin war in dieser<br />
Periode nicht allein das alte d, sondern auch g und<br />
b bestimmt stimmlos geworden; sie hatten den<br />
alten Stimmton sicherlich aufgegeben. Nur stimmlose<br />
Lenes können sich in Fortes verwandeln,<br />
niemals stimmhafte.<br />
b. Die verschollenen inlautenden -p-Lautungen<br />
<strong>des</strong> Altbairischen konnten unter den beschriebenen<br />
Gegebenheiten leicht zum bewußten Merkmal<br />
unseres Dialektes werden (s. Einltg. 24); Aussprachen<br />
wie s'kipa, halpa, tüpa usf. waren fürs<br />
spätere Ahd. eines der speziellen Kennzeichen <strong>des</strong><br />
bairischen Dialektes, es gab sie ja seit 900 im<br />
Alemannischen nicht mehr. An der Dialektgrenze<br />
gegen das Alemannische ist damals das -p- zu<br />
einem bewußten bair. Merkmal geworden. Nun<br />
ist es eine alte Erfahrungstatsache, daß alte gemeinsame<br />
Eigentümlichkeiten einer Sprachlandschaft<br />
dort, wo sie im Gegensatz zu nachbarsprachlichen<br />
Lautungen stehen, länger fortleben<br />
können als im wohlgeborgenen Binnenland. Solche<br />
Erscheinungen habe ich (Einltg. 24) mit einem<br />
besonderen Fachausdruck als „Grenzversteifungen"<br />
bezeichnet. Tatsächlich ist gerade in Westtirol,<br />
an der aleman. Dialektgrenze, in einer Reihe<br />
von Wörtern inlauten<strong>des</strong> -p- lebendig geblieben;<br />
sonst nirgends. Es bildet geradezu ein Charakteristikum<br />
der Westtiroler Grenzmundart, allerdings<br />
mit einigen Ausläufern ins Zentraltirolische hinein.<br />
So erklären sich westtir. sirpn (Scherbe), kxlaupv<br />
(klauben), saipo (Scheibe, das ist die Form der<br />
Heuschwaden, wie sie entstehen, wenn man eine<br />
Mahd vom Mittelpunkt aus spiralisch nach außen<br />
abmäht), wQpD (Wabe) u. e. a. als echte Grenzversteifungen,<br />
da dafür im Binnenland Sirwn oder<br />
Serbin, kxlaubm, Saiwv, WQWD mit -w- eintritt. Die<br />
eine oder andere -p-Lautung, z. B. täirpm, reicht<br />
bis ins Sillgebiet oder gar bis ins Zillertal, läpar<br />
(Lauber, d. i. ein gekrümmtes Laubmesser),<br />
täpe (taub), iäpe (Schaub) sogar bis ins Pustertal<br />
und in seine Außengründungen Zarz und Deutschruth.<br />
Da von Westtirol au3 die Sieben Gemeinden<br />
nach ihren Wortschatzeigenheiten und<br />
nach anderen Anzeichen besiedelt worden sind, so<br />
finden wir dieselben -p-Reste auch in den Sieben<br />
Gemeinden, und zwar nicht nur in kxlaupen (meistens<br />
demin. kxlaüpdlen), iaipen (Scheiben), iöpo<br />
(Schaub), sondern darübor hinaus auch noch in<br />
Sipen (schieben), zalpa (Salbe), zalpcn (salben), die<br />
§ 27 a 4—c 3<br />
in Westtirol selbst m. W. jetzt nur mehr Sirrwv,<br />
sqlvm mit -w- lauten.<br />
c. 1. Die gemeinoberdeutsche Neigung, die Lindverschlußlaute<br />
b, d, g im Ahd. stimmlos zu sprechen,<br />
hatte zwei weitere ahd. Lautgesetze gefördert:<br />
das sogenannte Notkersche Anlautgesetz<br />
und die „mittelhochdeutsche" Auslautverhärtung;<br />
bei<strong>des</strong> waren Lauterscheinungen, die sich auch<br />
über die Lindreibelaute ausgedehnt hatten. Das<br />
Notkersche Anlautgesetz besagt in der bisher bekannten<br />
Formulierung folgen<strong>des</strong>: Treten d, g in<br />
den absoluten Anlaut oder hört das vorausgehende<br />
Wort mit einem Starklaut auf, so wird daraus<br />
t-, k- (b- war im bair. Althochdeutschen ohnehin<br />
schon zum Starklaut p- geworden); es heißt also<br />
der ger (der Ger), aber ker oder Nötker, oder es<br />
heißt demo dache (dem Dache), aber lach, altaz<br />
tach (altes Dach). In der Auslautverhärtung vollzogen<br />
sich nach bisher bekannter Formulierung<br />
die gleichen Verstärkungen im Auslaut: zu den<br />
Dativen tage, stabe (dem Stab), rade (dem Rad)<br />
traten im nom.-acc. tac (später tach, lies takx),<br />
stap, rat. Beide Veränderungen sind schon fürs<br />
ausgehende 8. Jh. nachweisbar. Der übliche Beisatz<br />
„mittelhochdeutsch" zu „Auslautverhärtung" ist<br />
unrichtig; man müßte genau genommen „althochdeutsche<br />
Auslautverhärtung" sagen. In mhd.<br />
Sprachperiode wurde sie nur noch gewohnheitsmäßig<br />
weitergepflegt. — 2. Die Nachwirkungen<br />
<strong>des</strong> Notkerschen Anlautgesetzes, das nach den<br />
Sprachdenkmälern nur in ahd. Zeit volle Geltung<br />
besessen hatte, erkennen wir im Lehnwortaustausch<br />
mit den Fremdsprachen; einerseits an ahd.<br />
Lautungen, welche damals aus unseren Mundarten<br />
in die Fremdsprachen, andererseits an ahd.<br />
Lautungen, welche umgekehrt aus den Fremdsprachen<br />
ins Bairische übernommen worden waren.<br />
Durch den ständigen Wechsel von g- und k- (gcr<br />
und ker) konnte dos Bair. damals ohne weiteres<br />
frem<strong>des</strong> k- (unbehaucht!) als heimisches g- wiedergeben.<br />
Z. B. wurde frühslaw. *kari6u (daraus<br />
altslaw. kor{ci, slowen. korec) über frühahd. *garitz<br />
und ahd. *geritz zu bair. Gcrz (ein Getreidehohlmaß)<br />
und vlat. *calvia (schädelförmiges Hohlmaß)<br />
über mhd. galveie zu pustertal. gqlfe werden,<br />
<strong>des</strong>gleichen altmagyar. *Kärtäs (Baumgarten) über<br />
ahd. *öärtas, mhd. Gurts zu Gaas (burgenländ.<br />
Ortsname), frühslowen. *Kurkä über ahd. Curca,<br />
Gurca zu Gurk (kärntn. Fluß- und Ortsname) und<br />
altlad. *Corneljänu über ahd. *Gürnilan und mhd.<br />
Gürn(e)ldn zu Girlan (Ortsname in Südtirol).<br />
Umgekehrt nennt der Kärntner Slowene den ahd.<br />
Ortsnamen Sani Gangolf (Sankt Gangolf) nach<br />
diesem Anlautgesetz noch jetzt Sent Kandolf mit<br />
k-, den Kärntner Mittagskogel nach dem ahd.<br />
Frauennamen Gc'pa, Kepa jo nach der slowen.<br />
Mundart Gepa oder Kepa (und mit jüngeren slowen.<br />
Wandlungen daraus jepa, Tsepa) und ein ahd.<br />
Gozzilinesdorf (Gösselsdorf) bald Gösljina Vas, bald<br />
Kosljina Vas; der Grödner nennt die Almen in der<br />
Nähe der Geislerspitzo (ahd. *Gisilhercsspitz, Küber<br />
altlad. *Kizleres) jetzt Tiiild(r)s. — 3. Auch<br />
bei ahd. z und v läßt sich im Lichte von Entlehnungen<br />
das Notkcrscho Anlautgesetz aufdecken.<br />
Normalerweise wird in ahd. Zeit dieses z mit<br />
stimmhaftem fremdem £ wiedergegeben, z. B. in<br />
slowen. idgrad, grödn. iegr (Sakristei) aus ahd.<br />
8agardri, in slowen. Zibrid (Hofnamo) und tschech.<br />
Zibrid (Eigenname) aus mhd. Sivrid usw. In<br />
Heiligennamen aber, dio häufig mit sanfkjt verbunden<br />
wurden und deren z dann nach Starklaut<br />
stand, z. B. in Sebastian, Silvester, Simon, ferner<br />
in einigen anderen Wörtern, wio san(k)t, SibiUe,<br />
erscheint stimmloses i-, z. B. im Slowen. SeboStijän,<br />
77
§ 27 c 3—c 8<br />
Bebester, Simon; ient, sibilja, gewiß als Folge <strong>des</strong><br />
Notkerschen Anlautgesetzes. Ähnliches gibt es in<br />
den übrigen slawischen Sprachen. Der Kärntner<br />
Ortsname Sankt Veit heißt im Slowen. mundartl.<br />
Sent Fld mit F-, er setzt also eine ahd. Aussprache<br />
Sant Fid mit F- voraus; als Hofname aber erscheint<br />
Veid im Kärntner Slowenischen öfter als<br />
Bid, dem ein ahd. Vid mitv- als Vorlage diente.<br />
Es galt danach auch bei den Lindreibelauten dieses<br />
Anlautgesetz. Ihm verdankt das Ahd. bestimmt<br />
seine Fähigkeit, auch frem<strong>des</strong> ts- bis tief ins 11. Jh.<br />
hinein als z- (geschrieben s-) zu entlehnen. Aus<br />
altmagyar. *Csoun (jetzt mundartl.-westmagyar.<br />
Csun statt korrektem *Csön geschrieben) entstand<br />
ahd. *Soundorf, jetzt nach der deutschen<br />
Mundart Sandorf geschrieben, aus slowen. Cace<br />
(altslowen. *Ca6e) bildete sich über mhd. Saeck<br />
jetziges Saak (Kärntner Ortsname) und aus altfriaul.<br />
Öividade (Cividale) wurde mhd. Sibedät.<br />
Wäre im Ahd. kein anlautverhärtetes s- neben<br />
normalem z- vorhanden gewesen, so wären diese<br />
fremden ^f- sicherlich immer als ahd. ts- (geschrieben<br />
z-) wiedergegeben worden, übrigens ein<br />
Ersatz, der gelegentlich wirklich auftrat. — 4. Doch<br />
dürften ugf. um 1100 das Notkersche Anlautgesetz<br />
außer Kraft gesetzt worden sein und die Lenes auch<br />
im Anlaut die Alleinherrschaft angetreten haben.<br />
Dafür spricht nicht allein das Aufhören der gelegentlichen<br />
k- und «-Schreibungen statt g- und dum<br />
1100, dafür sprechen auch gewisse Veränderungen<br />
im Lautersatz bei Entlehnungen in die<br />
Fremdsprachen bzw. bei Entlehnungen aus diesen<br />
Fremdsprachen ins Bairische seit dieser Zeit. Es<br />
entwickelte sich als Art Entschädigung eine andere<br />
Lautregel, das E. Schrödersche Assimilationsgesetz<br />
(Anz. f. d. Altert. 24, 19). Stand nämlich im<br />
Wortinneren ein Starkverschlußlaut, p, t, k, so<br />
wurden in bodenständigen Wörtern die anlautenden<br />
Lindlaute d-, g- als t-, k- ugf. um 1100 an die<br />
Intensität <strong>des</strong> Inlautes angeglichen. Dieser Regel<br />
verdanken wir die im Südbair. bewahrten mhd.<br />
Lautformen taitß (deutsch) mhd. tiütsch, tpmpff<br />
(Dampf) mhd. tampf, taiisnt (tausend) mhd. tüsent,<br />
tQxt (Docht) mhd. täht, takßn, täsn (abgehackte<br />
Nadelbaumzweige) mhd. *tähse, tenk (links) mhd.<br />
tengge, tenkc, tgntßn (tanzen), die entweder aus<br />
etymologischen Erwägungen oder sicherer Etymologien<br />
wegen in ahd. Zeit d- besitzen mußten: ahd.<br />
diütisk, dampf, düstint, däht, *dähse, *denki 1 ),<br />
franz. dancer. An sie haben sich nur noch einige<br />
affekt- und lautmalendo Wörter angeschlossen,<br />
z. B. zentralkämtn.-zentraltirol. tgndor (Donner).<br />
— 5. In gleicher Weise steht in Kärnten und Südtirol<br />
(unbehauchtes!) k- vor inlautender Verschlußlautfortis,<br />
etwa in kuk(ke), kukkots (Kukkuck),<br />
kukkv, (gucken) aus ahd. * gucken, klokke<br />
(Glocke) aus ahd. glocka, kikkotsn (stottern) aus<br />
ahd. *gickatzen, kgkkotsn (gackern) aus ahd.<br />
gackctzen, glunkntsn (baumeln, Läuten der Kirchenglocke<br />
in Absätzen) 2 ), kqttcr neben ggtter (Gatter)<br />
a ) Seine Wort verwandten dgnkxn (danken),<br />
denkxn (denken) haben ihrer verkehrssprachlichen<br />
Begriffsverbindungen wegen d- beibehalten können.<br />
2 ) Im Alem. wird -kkvtßn zu -tß(i)gen umgedreht.<br />
Daher gilt auch in Westtirol dieses alemannisierendo<br />
gitßkv (stottern), ggtßko (gackern), gluntßkn<br />
(baumeln) usw.; mit ihm hat das Zimbrische, etwa<br />
in den Sieben Gemeinden, als ältere Vorformen der<br />
westtirolischen Lautungen kitßßigen, katßßigen,<br />
khintßigen. Die Vorliebe für die Lautfolgo -tßk- ist<br />
in Westtirol groß. Im Vintschgau trifft man auf<br />
Aussprachen wie iveftßk (Wespe), leftßk (Lefze)<br />
u. ä. Formen.<br />
78<br />
aus ahd. gataro, kgmpdr, kampdr (bequem, munter)<br />
über mhd. *gamper, *gämper aus ahd. *gangbar,<br />
*gängberi usw. Auch hier haben sich andere lautmalende<br />
und ähnliehe Wörter angeschlossen, z. B.<br />
kärntn. Icgra, südtirol. kerre (Mutterschaf) als<br />
Substantivierung eines mundartl. Lockrufes für<br />
Schafe, kur-kur (Lautnachahmung <strong>des</strong> Taubenrufes;<br />
mit Fistelstimme zu sprechen) und das<br />
Scheltwort pakäßßi (Bagage) neben pagäßßi. Damit<br />
hatten sich das Bair. und das Aleman. zu<br />
Beginn der mhd. Sprachperiode ein neues, selbständiges<br />
Phonem geschaffen, den anlautenden<br />
Starklaut k- (man könnte populärer auch gg- dafür<br />
schreiben). Er unterscheidet sich etwa in kukke,<br />
klokke sowohl von g- z. B. in güdt (gut), glgs als von<br />
kx- in kxüz (Kuh), kxlüsg (klug). Die mittel- und<br />
niederdeutschen Dialekte und mit ihnen die nhd.<br />
Schriftsprache haben ihn nicht und verfügen über<br />
kein entsprechen<strong>des</strong> Äquivalent. Das neue k- ist<br />
gleichzeitig vortrefflich geeignet, die fremdsprachigen<br />
anlautenden k-, die ja gleichfalls überall<br />
unbehaucht sind, unverändert wiederzugeben; z. B.<br />
in südbair. kgffor (Kampfer) aus altvenez. caffora,<br />
in kärntn. köslvts, kgvslvts (Steckstange mit Löchern<br />
zum Höher- und Tieferstellen <strong>des</strong> Wiesbaumes am<br />
Heukarren) aus slowen. kozolec u. v. a. — 6. Die<br />
mhd. Wiedergabe <strong>des</strong> fremden anlautenden k- als<br />
richtigen Är-Laut hebt sich scharf ab vom ahd.<br />
Ersatz als g- in Qerz, Galfe (s. § 27 c 2), aber auch<br />
vom kx-, wie es als Folge der hd. Lautverschiebung<br />
in noch älteren Entlehnungen vorkommt, z. B. in<br />
den Südtiroler Ortsnamen Kxgltarn (Kaltem),<br />
Kxeßtlan (Köstlan), Kxleiran(t) (Klörant) aus<br />
vlat. *Cal(i)därium (jetzt Caldiero, d. i. eigentlich<br />
der warme Kessel), *Castelliänum, *Clariänum oder<br />
in den Wörtern (südbair.) kxeßte (Kastanie), kxitte<br />
(Quitte), kxgttße (Katze) über ahd. chestinna,<br />
chutina, chatza aus vlat. castania, quudanaea, catta.<br />
Wir sind imstande, im Südbair. je nachdem, ob<br />
frem<strong>des</strong> k- in unserer Sprache als kx-, als g- oder<br />
als k- auftritt, zu unterscheiden, ob das betreffende<br />
Wort in voralthochdeutscher Zeit vor 700, in althochdeutscher<br />
Zeit zwischen 700 und 1100 oder<br />
in mittel- und neuhochdeutscher Zeit nach 1100<br />
eingedeutscht worden ist 3 ). — 7. Dieses sonderbare<br />
k- <strong>des</strong> Anlautes selbst ist jetzt allerdings auf<br />
bair. Boden nur mehr in Kärnten und Südtirol<br />
sowie in allen alten süd-, mittel- und nordbair.<br />
Sprachinseln erhalten geblieben. Sonst ist es infolge<br />
der mittel- und nordbair. Konsonantenschwächung<br />
(s. § 34 c 4/6) mit anlautendem gzusammengefallen;<br />
merkwürdigerweise auch im<br />
südl. Burgenland, in der südl. Mittel-, in der Westund<br />
im Westen der Obersteiermark sowie im<br />
Süden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Salzburg und in Nordtirol;<br />
also in Gegenden, in denen sonst diese Konsonantenschwächung<br />
noch nicht durchgegriffen hat.<br />
Urkundliche k- und c-Schreibungen liegen für unser<br />
Phonem k- vor 1300 aus dem Gesamtbairischen vor,<br />
vor ugf. 1500 außerdem aus dem Bereich der<br />
Steiermark, <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Salzburg und von Nordtirol.<br />
Nebenbei bemerkt sind diese ^-Lautungen<br />
auch in Vorarlberg und in großen Teilen der Schweiz<br />
bis heute bestehen geblieben (s. Karte 21). — 8. In<br />
den modernen südbair. Mundarten macht sich das<br />
Notkersche Anlautgesetz zum zweitenmal geltend.<br />
3 ) Allerdings sind im Vorton diese klaren Verhältnisse,<br />
z. B. in mundartl. kxaräs (Garngo),<br />
kxalqs, -s (Kalesche), kxalop (Galopp) usw. manchmal<br />
durcheinandergeraten, wie denn überhaupt im<br />
Vorton mannigfache Störungen in der allgemeinen<br />
Konsonantenontwicklung eingetreten sind. Dies<br />
ist eine Tatsache, die bisher unbeachtet geblieben<br />
ist.
Es heißt in der gesamten südbair. Bauernmundart<br />
jetzt wieder wie in ahd. Zeit dar güote<br />
mit g-, aber küdt iß (gut ist es!), hgtß küdt (hat es<br />
gut) mit k-; es heißt ebenso in den Tiroler Hochtälern,<br />
etwa im ötztal, dar virygdr (der Finger) oder<br />
ar zet (er sagt) mit stimmhaftem Lindlaut, aber<br />
Qxt ffin,g 9r (acht Finger), kxglt ßet ar („kalt" sagt<br />
er), ßet ar nüixt ? (sagt er nichts ?) mit stimmlosem<br />
Starklaut. Inwieweit es sich dabei um ein<br />
verdecktes Fortbestehen der ahd. Verhältnisse oder<br />
um eine Neuschöpfung handelt, ist nicht sicher<br />
zu entscheiden; wahrscheinlicher ist wohl ein neues<br />
Wiederaufleben. Über weitere Anlauterscheinungen<br />
s. § 27 c 3.<br />
d. 1. Die ahd. Auslautverhärtung von -b, -d, -g<br />
zu -p, -t, -kx hatte einen bedeutend größeren<br />
Umfang, als man gemeiniglich nach den Grammatiken<br />
glaubt. Sie galt ebenso für die Reibelaute<br />
z (z) und v, für den Hauchlaut h, ja sogar, wenn<br />
auch in etwas anderer Form, für m, n und teilweise<br />
für l. Den erweiterten Bereich zeigen uns die<br />
mhd. Schreibweisen als tote Schriftzeichen weniger<br />
klar als lebende Mundarten. Die Auslautverhärtung<br />
ist nämlich in allen Tiroler Hochtälern<br />
einschließlich <strong>des</strong> Puster- und <strong>des</strong> Kärntner<br />
Lesachtales sowie in den südbair. Sprachinseln (ohne<br />
Fersental, Luserna, Lavarone und Folgaria) in<br />
vollem Umfang bewahrt; s. Karte 22. Wir können<br />
diese Lauterscheinung dank heute bestehender<br />
Verhältnisse genauestens überprüfen. Nehmen wir<br />
wieder als die konservativste Mundart dieser<br />
Beharrsamkeitsgruppe das Zimbrische der Sieben<br />
Gemeinden zum Vorbild. Hier lauten z. B. die<br />
Dative deme stawe (dem Stab), deme tage (dem<br />
Tag), deme rade (dem Rad), <strong>des</strong>gleichen deme hove<br />
(dem Hof), deme graze (dem Gras), deme iüye (dem<br />
Schuh) mit dem stimmhaften Mitlaut <strong>des</strong> Wortinneren;<br />
im Wortauslaut <strong>des</strong> nom.-acc. tritt aber<br />
dafür der stimmlose Starklaut ein und macht so die<br />
Auslautverhärtung deutlich sichtbar. Diese Nominative<br />
lauten stap, takx, Tat, hoff, graß, süx- Zu<br />
den Dativen deme zi\,ne (dem Sohn), deme tarnen<br />
(dem lahmen), deme täle (dem Tal) mit kurzem<br />
Mitlaut tritt im nom.-acc. mit seinem Auslaut<br />
lang anhaltender Mitlaut: zipi, leim, tal (neben<br />
ausgeglichenem täl). Nach dem Zimbrischen gemessen,<br />
gibt es nur mehr einen einzigen Lindlaut,<br />
der von der Alislautverhärtung nicht betroffen<br />
wird, das ist die Liquida -r, z. B. in tör (Tor). Die<br />
gleichen Verhältnisse kehren in der ganzen oben<br />
erwähnten Beharrsamkeitsgruppo <strong>des</strong> Südbair.<br />
wieder. Die lebendigen Mundarten gewähren uns<br />
also viel gründlicheren Einblick in die ahd.-mhd.<br />
Lautzustände als die alten Buchstaben handschriftlicher<br />
Aufzeichnungen. — 2. Dabei füllt<br />
eines auf. Es haben immer nur diejenigen Mtindarten<br />
die Auslautverhärtung bewahrt, welche auch<br />
auslauten<strong>des</strong> Schwachdruck-e festgehalten haben;<br />
oder umgekehrt: alle diejenigen Mundarten, welche<br />
das Auslaut-e abstoßen und apokopieren, geben<br />
die Auslautverhärtung auf. Das versteht sich aus<br />
dem erleichterten Paradigmenausgleich zwischen<br />
nom.-acc. und dat. nach Abfall <strong>des</strong> -c. Solange<br />
z. B. nom. tgkx und dat. tgge, wie in den Tiroler<br />
Hochtälern, einander unverändert gegenüberstehen,<br />
war die Möglichkeit, diese beiden Flexionsformen<br />
gleich zu machen, noch gering. Sobald<br />
aber neben den alten nom. tgkx durch Apokope im<br />
dat. tgg trat, stand der Weg zur gegenseitigen<br />
Angleichung sofort offen; es konnten jetzt beide<br />
Formen zu t(>g vereinheitlicht werden. Es verzichtete<br />
das Mitteibair., da es schon im ausgehenden<br />
12. Jh. sein Auslaut-e verlor, nach urkundl.<br />
Schreibungen, wie nom. -dat. Pcrg usw., zur<br />
§ 27 c 8—f<br />
gleichen Zeit auf die Auslautverhärtung und auf<br />
die auslautenden Schwachdruckvokale. Im Südbair.<br />
fand dieser Verzicht auf die Auslautverhärtung<br />
erst im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs. oder in Tirol<br />
erst um 1300 statt; es ist wiederum dieselbe Zeit,<br />
zu der die Apokope durchgeführt wurde. Der Zusammenhang<br />
zwischen Apokope und Verhärtungsverlust<br />
steht zeitlich und räumlich fest vor uns. —<br />
3. In einigen Restformen leben Verhärtungsformen<br />
trotz Apokope fort. Im größten Teil <strong>des</strong> Südbair.<br />
heißt es für die Raumvorstellung Igrikx (und<br />
danach sogar oft flektiert a Igr^kx^r), für die<br />
Zeitvorstellung aber Igv, (und a lgn,gdr); im ersten<br />
Fall hat das mhd. adj. lanc, im zweiten das mhd.<br />
adv. lange entschieden. In etwas anderer Weise<br />
treffen wir auf die gleiche Differenzierung in der<br />
oberösterr. Beharrsamkeitsbrücke als lg n g gegen<br />
Igry und im konservativsten Nordbair. als löv n g<br />
gegen Ign,. In größeren Teilen <strong>des</strong> Südbair. gilt<br />
ebenso iun)cx (a iur^kx^r) für jung. Auf größeren<br />
Strecken <strong>des</strong> Nordbair. findet man bfloug (Pflug),<br />
<strong>des</strong>sen -g auf altes -kx weist, neben „richtigem"<br />
bfloux (zum Wandel von -g- zu nordbair. -x- s.<br />
§ 29 b 1). Im Mitteibair, sind weit verbreitet dinp<br />
(Dieb) und bgik (Balg), man vergleiche dagegen<br />
wäib, wäi (Weib) und weg, we (Weg) usf. Andere<br />
Beispiele bietet das Wörterbuch. In Kärnten und<br />
teilw. in Steiermark ist bei d die Auslautverhärtung<br />
sogar verkehre- und stadtmundartl. und<br />
überall da: rgt gegen redor, khint gegen khinddr,<br />
wglt gegen waldar, ebenso stadtmundartl. sogar in<br />
gngt (Gnade) gegen gngdn (Gnaden) usw.<br />
e. Jene stimmlose Artikulation der Lindverschlußlaute,<br />
wie sie uns das Notkersche Anlautgesetz<br />
und die althochdeutsche Auslautverhärtung<br />
für die ahd. Sprachperiode nahelegen, ist ugf. um<br />
1100 beseitigt worden. An ihre Stelle trat als<br />
scheinbare Wiederherstellung die alte Stimmhaftigkeit,<br />
ausgenommen beim t aus german. d und<br />
bei den anlautenden bair. p-, t- und k-. Für neue<br />
Stimmhaftigkeit seit 1100 sprechen drei gewichtige<br />
Argumente. Erstens wären sonst der Wandel jenes<br />
inlautenden spätahd. -&- in schiba (Scheibe), tftba<br />
(Taube), halba (halbe), das im Bair. lim 1050 aus<br />
•p- (skipa, tüpa, halpa) entstanden war, um 1100<br />
zu modernem -w- (siwa, tüwa, haltva) und sein<br />
nunmehriger Gleichklang mit dem w-Laut aus ahd.<br />
u (s. § 25 a 3) schwer vorstellbar. Zweitens wären<br />
die sogenannten Kontraktionen <strong>des</strong> Bair., wie in<br />
mhd. treu (trägt) aus ahd. tregit <strong>des</strong> 12. Jhs., die<br />
imstande sind, die Lindverschlußlaute -g-, -b-, -dvöllig<br />
verklingen zu lassen, ein Ding der Unmöglichkeit,<br />
denn der Schwund dieser Konsonanten<br />
setzt unbedingt vorherige Stimmhaftigkeit voraus.<br />
Drittens schließlich hätten sonst kaum sämtliche<br />
konservativen Mundarten <strong>des</strong> Südbair. einschließlich<br />
<strong>des</strong> Zimbrischen der Sieben Gemeinden mit<br />
seiner Isolierung dem übrigen Binnenland gegenüber<br />
um 1100 voll übereinstimmend stimmhafte<br />
Lindverschlußlaute, vor allem auch die Tiroler<br />
Hochtalmundarten. Neben dieser neuen Stimmhaftigkeit<br />
wurde die alte Auslautverhürtung wie<br />
gesagt nur mehr als festgefrorene Lautgewohnheit<br />
weitergeschleppt.<br />
f. Um die Mitte <strong>des</strong> 12. Jhs. entstanden die<br />
erwähnten Kontraktionen. Vor allem vor folgendem<br />
s, z, aber auch sonst, wurden die intervokalischen<br />
Lindverschlußlaute ausgestoßen, wobei mhd.<br />
Zwielaute oder wenn nicht anders neue Vokallängcn<br />
entstanden. Die Wandlungen von ahd.<br />
•agn-, -arjo-, -agc- zu mhd. ci in mhd. klcist (klagst)<br />
usw. und von ahd. -cgi-, -ega- zu mhd. ci in mhd.<br />
tretet (trägst), eide (Egge), strichweise in seitisc<br />
(Sense) aus ahd. tregte, cgida, segnnsa usw. haben<br />
wir schon § 20 o behandelt; es wurde zur gleichen<br />
79
§27f—<br />
Zeit in großen bair. Gebieten -eba- über mhd. iu Lindverschlußlaute sogar, z. B. in mgyv, ledv, zu<br />
zu mundartl. oi, ui in khroiß, khruiß „Krebs", mhd. Reibelauten. Solche Aussprachen vernimmt man<br />
kriuzze aus ahd. krebazzo; es wurde ahd. -oga- zu insbesondere in fließender Rede u.a. im Wein- und<br />
mhd. oi, z. B. in mhd.-bair. voit (Vogt) aus ahd. Waldviertel, in oberösterr. Gebieten, in Nieder-<br />
vogät; ferner wurde ahd. -oba-, -obo- zu mhd. ou bayern und in der Zentrallandschaft von Ober-<br />
und mundartl. ä, z. B. in tirol. teilw. äse, äßße bayern bis nahe an München heran. Etwa in<br />
(Heubansen in der Scheune) über mhd. *ous(s)e Deisenhofen bei München habe ich im Jahre 1931<br />
aus ahd. obasa und im tirol. Hof- und Familien- bei einem alten Mann sogar als Ansageformen<br />
namen Praßt über gemeinbair.-mhd. proust(Probst) hgzn, ÖVD (Ofen), ledv, mgyv und Däizrihöw (Deisen-<br />
aus ahd. probost; ahd. -ibi-, -igi- wurde zu mhd. i, hofen) aufnotiert. Allerdings kommen diese flüssi-<br />
z. B. in Seifert über mhd. Sivrid aus ahd. Sigivrid geren Aussprachen jetzt rasch außer Gebrauch;<br />
und in mhd. glst (gibst), list (liegst) aus ahd. gibis, insbesondere in den Ansageformen von Einzel-<br />
ligis; spätahd. -udi- wurde zu mhd. 4 in frühmhd. wörtern, die gerne überdeutlich ausgesprochen<br />
kust (sagst) aus spätahd. kudis (ahd. quidis); werden, unterbleiben sie. Möglicherweise sind sie<br />
schließlich wurden ahd. -ada-, -uoda- zu mhd. -ä-, in diesen mittelbair. Binnenmundarten erst wieder<br />
-uo- in den mhd. Personennamen Albreht, Kälhöch, neu gebildet worden und stehen in keinem unmittel-<br />
Uolrich aus ahd. Adalpreht, Chadalhöch, Uodalbaren Zusammenhang mehr mit der mhd. Stimmrich.<br />
Das Zimbrische der Sieben Gemeinden kennt haftigkeit. Die bair. Verkehrsmundarten besitzen<br />
als Außengründung um 1100, vor Eintritt der bin- sie jedenfalls fast nirgends mehr. — 3. Über die<br />
nenmundartlichen Kontraktionen, keine solchen Schicksale der anlautenden alten Lindlaute, die ja<br />
Zusammenziehungen.<br />
in den mittelbair. Binnenmundarten nach dem<br />
vorigen einstmals stimmlos geworden sind, s.<br />
g. 1. Diese mittelhochdeutsche Stimmhaftigkeit § 34 c 3. — 4. Gelegentlich stoßen wir jedoch in<br />
ist wie gesagt in den Beharrsamkeitsmundarten sonst recht modernen Sprachlandschaften aus-<br />
noch schön erhalten. Mit den neuen stimmhaften nahmsweise auf unsere Stimmhaftigkeit. Das be-<br />
Verschlußlauten haben sich nunmehr die alten, trifft vor allem Gebiete an der Sprachgrenze. So<br />
seit 750 im Inlaut ununterbrochen stimmhaft ge- werden (oder wurden besser gesagt) in allen<br />
bliebenen Reibelavite z und v sowie der Hauchlaut h isolierten bair. Stadtsprachinseln unter fremd-<br />
zu einer großen Gruppe von stimmhaften Lindsprachigem Einfluß die Laute g und d (und soweit<br />
lauten zusammengeschlossen, ebenso natürlich b für w eintrat, auch dieses) in tönender Umgebung<br />
auch der neue Sonorlaut w, gleichgültig nun, ob er durchaus stimmhaft gebildet, etwa in Laibach,<br />
aus ahd. u oder aus ahd.-bair. p geflossen war. Marburg, Pettau und Cilli; in Preßburg, Brunn<br />
Damit besaß die mhd. Sprachperiode sechs Lind- und Prag. Das Pragerdeutsch galt bis gegen Ende<br />
laute, d, g, w; z, v, h; die Nasen- und Fließlaute n, <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts für die Nieder- und<br />
m, 1}; l, r, die in stimmhafter Umgebung ohnehin Oberösterreicher und für die Wiener als das<br />
schon immer Stimm ton besaßen und ihn heute schönste Deutsch auf dem Boden der alten österr.-<br />
noch besitzen, wollen wir hier ihrer konstanten ungar. Monarchie; bei den Kärntnern und Steirern<br />
Sonorität wegen beiseite lassen; <strong>des</strong>gleichen ferner- genoß das alte Laibacherdeutsch diesen vorzüghin<br />
w, das ja ebenfalls überall stimmhaft ist. lichen Ruf; mit Recht. Es hat sich in diesen expo-<br />
Unsere Lind Verschluß- und Lindreibelaute und h nierten Stadtmundarten, die je<strong>des</strong> mundartlich-<br />
sind nun noch jetzt in allen Tiroler Hochtal- und in bäuerlichen Einflusses in ihrer Abgeschlossenheit<br />
allen bair. Außenmundarten stimmhaft, z. B. in- entbehrten, die Sprechweise unter der ständigen<br />
lautend im ötztal in mgcpr (mager), pa tgge (bei Einwirkimg der vielen Zuwanderer aus den ver-<br />
Tag), leddr (Leder), mitn rgde (mit dem Rad), schiedensten deutschen Sprachlandschaften mög-<br />
&vm (Ofen), in h&ve (im Hof), ii} grgze (im Gras), lichst aller lokalen Dialektschattierungen ent-<br />
hQzn (Hasen), in äüdhe (im Schuh); ebenso anäußert. Die Sprechweise der Sprachinseln ist auf<br />
lautend, soweit nicht unsere Nachläufer <strong>des</strong> Not- solche Weise in den Städten und nur in den Städten<br />
kerschen Anlautgesotzes störend eingreifen (s. maßgebend geworden für die altosten*. Hoch-<br />
§ 27 c 8): dar grödßße (der große), a dindar (ein sprache. Nun nahm bezüglich der Lindreibelaute<br />
dünner), dar vögl (der Vogel), du zeßt (du sagst), das Altpragerische, wie man es bei alten Deutsch-<br />
alviüß (ein Haus). Dieselbe Stimmhaftigkeit entpragern heute noch hören kann, einen merkdecken<br />
wir im Iselgebiet mit dem Lienzer Becken würdigen Standpunkt ein. Es sprach wohl das s<br />
(ausgenommen die Stadt Lienz), in den abgeschie- stimmhaft aus, z. B. in du zäkßt (du sagst), häzn<br />
deneren Seitentälern und Seitengräben <strong>des</strong> Puster- (Hasen), aizn (Eisen), es sprach aber gleichzeitig das<br />
tals, etwa in Tilliach, in Innervillgratten, im alte mhd. v stimmlos als /, et%va in fögl (Vogel),<br />
Tauferer- und Ahrntal; <strong>des</strong>gleichen im Wipp-, im öfn (Ofen). Wahrscheinlich war diese Zweiteilung<br />
Stubai-, im Zillertal und im Passeier; ferner in lesesprachlich bedingt, deckt sie sich doch mit der<br />
allen alten südbair. Sprachinseln mit dem Fersen- nhd. Bühnensprache. Inwieweit die nhd. Bühnental<br />
; um Brunn, Wischau, Iglau; in den beiden sehr aussprache genauer mit dem alten Pragerdeutsch<br />
beharrsamen südmährischen Sprachzungen um zusammenhängt, kann hier nicht untersucht wer-<br />
Prahlitz und Pohrlitz im Osten und um Neuden. Tatsache ist, daß die gleichen Verhältnisse<br />
bistritz-Neuhaus im Westen; weiters im Kanaltal auch in den Stadtmundarten von Brunn, Preß-<br />
(ohne Tarvis), bei den ältesten Leuten auch im burg, Laibach usw. üblich waren; <strong>des</strong>gleichen in<br />
Lungau mit dem Liesertal und in Heiligenblut; der altösterreichischen Beamten- und Offiziers-<br />
schließlich in der Mittelsteiermark (ohne Murtal) sprache, die sich auch sonst gern ans alte Prager-<br />
mit dem Kärntner Lavanttal im Westen und dem deutsch hielt *). Dazu stehen die gleichen Ver-<br />
Burgenland (ohne die Städte und ohne den Nordhältnisse im Spiegel bestimmter Lehnwörter in den<br />
rand) im Osten, wo Stimmhaftigkeit allerdings Fremdsprachen in engeren Beziehungen. Noch in<br />
nur im Inlaut besteht. Auch in konservativen Entlehnungen <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts, etwa in<br />
alem. Rückzugsgebieten treffen wir sie nach meinen kärntn.-slowen. äiznpgnar (Eisenbahner), plüzna<br />
Beobachtungen deutlich, z. B. im Wallis und im (Bluse) mit z, ebenso in grödner. aizmpgnr, pluzl<br />
Montafon. — 2. Selbst in verhältnismäßig modernen<br />
mittelbair. Bauornmundorten stößt man<br />
immerhin im Inlaut oft auf stimmhafte Aussprache, *) Die Wörter Teufel, elfe, zwölfe wurden im<br />
insbesondere bei alten Leuten. Hier neigen die Pragerdeutsch usw. mit w(b) gesprochen (taibl,<br />
elbe, tswelbe, aber elf, tswelf).<br />
80
gegen kärntn.-slowen. t$fl und grödner. tofl (Schiefertafel),<br />
treten sie uns entgegen. — 6. Ein eigenartiger<br />
Romanismus herrscht im Osten der Sieben<br />
Gemeinden. Hier neigt die umgebende venezian.<br />
Mundart zum Wandel von gemeinvenez. z, z. B. in<br />
röza, zu z (röza), andererseits neigt das gemeinvenez.<br />
z, z. B. in venez. t$za, biözo, zu ö (teöa,<br />
biööo). Die Folge davon ist auch ein zimbr. Schwanken,<br />
das aber nunmehr zu weit geht; z. B. in der<br />
Gemeinde Foza tritt für normales zimbrisches<br />
kx$ze (Käse) nunmehr x$ze, aber auch x$öe und im<br />
umgekehrten Verfahren für normales s'tauda (Staude,<br />
Strauch) s'tauöa, aber auch stauza ein. Um<br />
Hermagor im Kärntner Gailtal hat die deutsche<br />
Bauernmundart g und d zu den Reibelauten y und ö<br />
gewandelt, eine Lautveränderung, die ebenso die<br />
angrenzenden slowenischen Gailtaler Mundarten<br />
durchführen. Ebenso sind in Deutschruth, den<br />
slowenischen Nachbarmundarten folgend, g und d<br />
gleichfalls zu y und ö verändert worden. — 6. Vermutlich<br />
zu Beginn der Neuzeit fängt dann im Bair.<br />
der allgemeine Verlust <strong>des</strong> Stimmtons der mhd.<br />
Laute an. Stimmhaftes d, g (schreiben wir vielleicht<br />
zur Verdeutlichung d, g), ferner h, z, v werden zu d,<br />
g, h, s, f, zunächst wahrscheinlich nur im Anlaut,<br />
später im Inlaut, und zwar wie erwähnt vorerst<br />
wohl in den binnendeutschen Stadtmundarten.<br />
Was der Anlaß war, wissen wir noch nicht. Noch<br />
heute ist aber in den binnendeutschen Stadtmundarten<br />
die Stimmlosigkeit überall deutlicher ausgeprägt<br />
als in den Bauernmundarten. Die verkehrsgebundensten<br />
Landschaften haben sie zuerst, die<br />
verkehrsfernen Landschaften zuletzt durchgeführt,<br />
die konservativsten Gebiete der Tiroler Hochtäler<br />
und die alten Sprachinseln vermochten die moderne<br />
Stimmlosigkeit, wie wir bereits wissen, bislang<br />
noch abzulehnen. Bei dieser Modernisierung verloren<br />
die Lindverschlußlaute nunmehr zum zweitenmal<br />
den Stimmton, zum erstenmal hatten sie<br />
ihn ja vorübergehend während der ahd. Sprachperiodo<br />
aufgegeben; die Lindreibelaute z (z) und v<br />
wurden jedoch zum erstenmal diesem Schicksal<br />
ausgesetzt.<br />
h. 1. Mit der spätahd. Lenisierung von b, g, d<br />
sowie mit den alten Lenes z, v und h in stimmhafter<br />
Umgebung und mit der andauernden Stimmhaftigkeit<br />
von m, n, l, r hängt so gut wie sicher eine<br />
Umwälzung der Quantitätsverhältnisse zusammen,<br />
die wir gewohnt sind, als ,,neuhochdeutsche Dehnung"<br />
zu bezeichnen. Wir wollen sie zutreffender<br />
„die mittelhochdeutsche Zweisilberdehnung" nennen.<br />
Es sind im Bairischen nach übereinstimmender<br />
Auskunft unserer vier dialekthistorischen Quellen<br />
alle ahd. Kurzvokale im 12. Jh., also in frühmittelhochdeutscher<br />
Zeit, vor diesen stimmhaften Lindlauten,<br />
insoweit sie nicht verdoppelt waren (mm,<br />
nn, II, rr) und nicht in Verbindung mit anderen<br />
Mitlauten standen (//, rb, nd usw.), in Zweisilbern<br />
gelängt worden, z. B. mhd. hazen, ztfwn, regzn<br />
(hascn, sehen, regen) usf. sind zu hüzzn, z^hdn,<br />
r$g3n usf. gedehnt. Vorerst dürften diese neuen<br />
Längen von den alten Längen, z. B. in plüidn,<br />
P£ter (blasen, Peter), noch durch ihro Intonation<br />
unterschieden geblieben sein, später verlor sich<br />
auch diese Akzentdifferenzierung. Derselbo Vorgang<br />
hat sich nahezu im ganzen Hochdeutschen<br />
abgespielt. Nachträglich wurden allerdings diese<br />
Längungen in Oberösterreich und angrenzenden<br />
Teilen von Salzburg und Niederbayern sekundär<br />
wieder gekürzt. — 2. Das Zimbrischo der Sieben<br />
Gemeinden hat sich um 1100 und vor Durchführung<br />
der Zweisilberdehnung vom Binnenland<br />
abgesondert. Daher ist es die einzige bair. Mundart,<br />
welche den älteren Lautstand erhalten hat. Es heißt<br />
in der Mundart der Sieben Gemeinden jetzt noch<br />
§ 27 g 4—i 2<br />
mit Kürze oder richtiger gesagt mit Halblänge<br />
hazen, r§gen, legen, oven, niddr, stuwa; bei mhd. i<br />
und u bestehen diese Kürzen auch in Zarz und<br />
Deutschruth: njdr, sttdje. In der alten Mundart<br />
der Sieben Gemeinden bleiben davon die echten<br />
Längen sowohl durch ihre Dauer als auch durch<br />
richtige Akzentmerkmale getrennt, z. B. in pläzen,<br />
P^tdr, an rgtdr (ein roter), lip (lieb), dar gute aus<br />
mhd. blasen, Peter, ein roter, lieb, der guote. Ähnliche<br />
Verhältnisse treffen wir auf hochdeutschem<br />
Boden nur mehr in südaleman. Mundarten an, z. B.<br />
im Montafon in hazn gegen bl§zv. Dieses zimbr.südaleman.<br />
Verwandtschaft hat mit Siedlungsbeziehungen<br />
nichts zu tun. Sie beruht einzig und<br />
allein auf dem gemeinsamen Stehenbleiben beider<br />
Sprachgebiete auf demselben uralten Sprachstand.<br />
Parallele Archaismen hüben und drüben sind u. a.<br />
noch die Beibehaltung der Umlautrundung (zimbr.<br />
hülta „Hütte", rökxxß „Röcke", montaf. hi{ttD,<br />
rökx) und das Festhalten <strong>des</strong> unverdumpften<br />
a-Lautes (zimbr. hazen, montaf. hazv). — 3. Doch<br />
trat vor einfachem l und r auch in den Sieben<br />
Gemeinden schon Dehnung ein, z. B. in mfl (Mehl)<br />
aus ahd. m'e'lo, sein (schälen), vil (viel); tür (Tür),<br />
pira (Birne), pörn (bohren); ebenso in Zarz in<br />
vil, tir, plre. Demnach sind die Dehnungen vor<br />
Liquiden etwas älter. — 4. Desgleichen hat das<br />
Zimbrische, diesmal auch bei Einsilbern, vor<br />
r-f Zahnlaut mhd. a und e behandelt, als lägen<br />
mhd. ä und e vor; z. B. in pärt (Bart), gärto (Garten)<br />
oder in hgürl (Herd), $nrda (Erde); Näheres darüber<br />
§ 1 g und § 3 m 1. Diese Dehnungen sind nach<br />
weiteren Anzeichen zu schließen schon im 11. Jh.<br />
durchgeführt worden.<br />
i. 1. Doch haben sich vor Lind Verschluß- und<br />
Lindreibelaut die ahd.-frühmhd. Drei- und Viersilber<br />
(Proparoxytona usw.) gegen diese Zweisilberdehnung<br />
noch einige Zeit gesträubt. Das hängt<br />
gewiß mit einem Bedürfnis der frühmittelhd.<br />
Sprachperiodo zusammen, alle Wortkörper ohne<br />
Rücksicht auf die Anzahl der Silben nach ihrer<br />
Dauer möglichst gleich lang zu gestalten. Wurde<br />
mhd. hasen zu hüsen gedehnt, so konnte das<br />
Gleichmaß dazu z. B. bei mhd. gabele (Gabel)<br />
nur erreicht werden, wenn sein Stammvokal<br />
kurz blieb, häsen und gabele beanspruchen<br />
in der Tat ugf. dieselbe Zeitdauer. Der<br />
gleichen Tendenz entspringen auch die Überdehnungen<br />
der mhd. Einsilber mit alter Vokalkürze,<br />
worauf wir § 34 k 2 zu sprechen kommen<br />
werden. — 2. Schon im Zimbrischen der Sieben<br />
Gemeinden wird in den Dreisilbern der Vokal als<br />
ausgeprägte Kürze gesprochen, also gäwnla, während<br />
in hazen usw. immerhin Halblange steht. Der<br />
gleiche Gegensatz besteht bei niddr und an niddr3r<br />
usw. Dieses Verfahren wirkt automatisch und greift<br />
in den Sieben Gemeinden überall durch. Nennen<br />
wirdieseErscheinungdioDreisilborkürzung. Sio<br />
gilt ebenso im Pustertal, etwa in nidq gegen<br />
a nidgdQ; selbst dann ist sie im Pustertal wirksam,<br />
wenn durch nachherigen Wegfall schwachdruckiger<br />
mhd. 3 die Dreisilber inzwischen zu modernen<br />
Zweisilbern vorkürzt erscheinen, z. B. in gQwl<br />
(Gabel), hpivg (Hafer), fedg(Feder),pihl(Bühel, plur.<br />
neben pihl, sing.), efndl (Ofenlein) und cfn(e)<br />
(Öfen, plur. neben öufn, sing.) usw. aus ahd.<br />
gabala, habaro, vedara, bühili, ovanili, ovana.<br />
Auch in einigen schwäbischen, ostfränkischen und<br />
in den rheinfränkischen Mundarten gilt die Dreisilberkürzung.<br />
Sio war einstmals überall im Bair.<br />
da. Nach § 3 f 2 hat sio deutliche Nachwirkungen in<br />
der Vokalentwicklung. Mhd. c behielt speziell in<br />
ahd. Dreisilbern trotz nachheriger Dehnung den<br />
alten f-Laut bei, wie er sonst nur für nhd. Kürzo<br />
auftritt, während unter mhd. Zweisilberdehnung<br />
6 81
§ 27 i 2—§ 28 b 2<br />
dafür das e der Dehnung auftritt. — 3. Eine andere<br />
Auswirkung der Dreisilberkürzung betrifft die<br />
Konsonanten. Sie werden in alten Dreisilbern nicht<br />
selten eben infolge vorausgehender Kürze sekundär<br />
verdoppelt. In einigen Gebieten <strong>des</strong> Bair., insbesondere<br />
<strong>des</strong> Südbairischen, werden -t- und -m- in<br />
alten Dreisilbern geminiert, in alten Zweisilbern<br />
aber nicht. Im ötztal steht z. B. Dehnung und<br />
einfacher Mitlaut in kxnetn (kneten), vgtdr (Vater),<br />
hgm&r (Hammer), zümdr (Sommer), vgl. ahd.<br />
kn'etan, vatar, hamar, sutnar; aber Kürze und Doppellaut<br />
in vettar (Vetter, Onkel), gdvgttar (Gevatter),<br />
kxgmmvra (Kammer) aus ahd. vetir(r)o, gavataro,<br />
kamara. Allerdings sind diese Verhältnisse in großen<br />
Teilen <strong>des</strong> Bair. durch neue Sonderordnungen der<br />
Dauer vor t und vor allem vor m gestört worden, ja<br />
diese nachträglichen Störungen schillern in derart<br />
vielen Lokalfärbungen, daß es zuviel Raum beanspruchen<br />
würde, sie hier auch nur in den Grundzügen<br />
anzudeuten. Weit verbreitet sind Geminationen<br />
in alten Dreisilbern auch bei mhd. -b- zu<br />
-pp-, z. B. in mundartl. rippin (ribeln, fest reiben),<br />
kh§ppln (keifen), $§ppzrn (klirren), tippl (Tübel,<br />
Beule) und strichweise in gQppl (Gabel), ngppl<br />
(Nabel), neppln (nebelig werden) und danach auch<br />
in neppl (Nebel), in gpar oder äpvr (aper) neben<br />
sches -r ergeben haben und nur altes silbisches -r<br />
Gleitlaute hervorrufen kann; vgl. etwa noch jetzt<br />
in den südbair. Sprachinseln und in den Tiroler und<br />
teilw. in den Westkärntner Hochtälern, z. B. im<br />
Kärntner Gailtal, a dindr gegen dinar, pr$nar;<br />
teldr, a jauldr gegen faular, fälar.<br />
äiodr (ahd. *ababar, *ababeri) usw. In Teilen <strong>des</strong><br />
Mitteibair., vor allem in Niederösterreich, stoßen<br />
wir bei diesen Wörtern auf -6-, das nach Ausweis<br />
der mittelbair. Sprachinseln Wischau und Brunn<br />
mit tipl, rlpln usw. wenn auch nicht aus verdoppeltem,<br />
so doch aus verhärtetem p entstanden<br />
ist. Auch andere Mitlaute erfuhren in alten Dreisilbern<br />
manchesmal Mitlautverdoppelung; es heißt<br />
z. B. in weiten südbair. Landstrichen flgttzrn<br />
(flattern), flottdrn oder fluttzrn (flattern) neben<br />
flgdarn, flödarn, flüdarn, in Tirol teilw. ggoßßl, -la<br />
(Geißel) neben ggvsl, -la (mhd. geisele) usw.<br />
j. 1. Neu entstanden sind neigungsbedingte Gleitlaute<br />
als solche Lindverschlußlaute. Nach l, n, r,<br />
n, m, traten, soweit feststellbar, auf gesamtbair.<br />
Gebiet d, g, b schon im 13. und 14. Jh. auf; sie sind<br />
z. B. in mandl (Männlein), hä n dl (Hähnloin),<br />
kligldor (Keller), v itüldrrr (ein stiller), nindarst<br />
(nirgends) aus frühmhd. niener, in allen alten<br />
mittel- und nordbair. Außenmundarten bis jetzt<br />
erhalten und bestehen in ähnlicher Form im westl.<br />
Südbair. fort; im westl. Südbair. mit seinen Sprachinseln<br />
auch noch in tondar (Donner), v lärdar (ein<br />
leerer) und südlich <strong>des</strong> Zentralalpenkammes sogar<br />
in a kxlgn(n)dar (ein kleiner) usw.; ferner im westl.<br />
Südbair. und in den Sprachinseln auch in engt<br />
(Engel), fitigzr (Finger) gegen ennale (Engelchen),<br />
sintyn (singen) und ebenda auch in himbl (Himmel),<br />
sgmbi (Schemel; aber nicht mehr im Zimbrischen),<br />
ferner in etlichen südbair. Einzelgebieten mit den<br />
Sprachinseln (ohne das Zimbrische) auch in pämbl<br />
(Bäumchen), rämbl (Rähmlein), ja gelegentlich,<br />
z. B. in Zahro, sogar in hgmbzr (Hammer), zümbar<br />
(Sommer); ähnlich im Gailtal. Abgesehen vom<br />
schriftsprachefernen ninderst sowie in -dl- ( d §28. Spätahd. d<br />
Übersicht: a. Allgemeines. — b. d im An-, Inund<br />
Auslaut. — c. -Id-, -nd-. — d. -rd-,<br />
a. Ein Gutteil <strong>des</strong>sen, was die Entwicklung <strong>des</strong><br />
spätahd. Lautes d betrifft, wurde entweder schon<br />
in den allgemeinen Ausführungen über die Lindlaute<br />
erörtert, oder es wird noch in der zusammenfassenden<br />
Darstellung der Starklaute zur Sprache<br />
kommen.<br />
b. 1. Im Anlaut bewahrt das Südbairische den<br />
alten Unterschied zwischen etymologischem d- und<br />
t- genau, z. B. in dgx (Dach) gegen tgg (Tag; s.<br />
§ 34 c 3 und Karte 21). Auch dort, wo die nhd.<br />
Schriftsprache falsche t- oder d- einsetzt, geht das<br />
Südbair. den richtigen Weg, daher südbair. drum<br />
(Trumm), druml (Trommel), aber turn (dumm),<br />
tglkvt (dalkecht, töricht, unbeholfen) usw. Dieselbe<br />
exakte Scheidung besteht in den mittel- und nordbair.<br />
Außen-, aber nicht mehr in den mittel- und<br />
nordbair. Binnenmundarten. Über jene Fälle, in<br />
denen ugf. seit 1100 wider Erwarten t- statt etymologischem<br />
d- als Folge <strong>des</strong> Schröderschen Assimilationsgesetzes<br />
auftritt, findet man Näheres § 27<br />
c 1, c 4 und c 8; über den mittel- und nordbair.<br />
Zusammenfall von d- und t- als gemeinsame Halbfortis<br />
oder Fortis s. § 34 c 3. — 2. Über das auslautende<br />
-d und seine Auslautverhärtung in den<br />
konservativen Mundarten <strong>des</strong> Südbair. wurde<br />
§ 27 d ausführlich gehandelt. Primär und sekundär<br />
auslauten<strong>des</strong> ~d in Rad, miiede usw. schwindet in<br />
einigen Streugebieten; so in der Südtiroler Zentrallandschaft<br />
zwischen Meran, Gufidaun, Bozen und<br />
Salurn (mit dem Ulten- und Sarntal) z. B. in rg,<br />
?nia, foni (Schmied), wgo (Weide), i rei (ich rede),<br />
i snai (ich schneide); ebenso im Fersental; weiters<br />
im Lavanttal und in der Weststeiermark, wo Restformen<br />
wie * Snäi (und danach der „falsche" inf.<br />
snain, inainvn „schneiden") und i rei weit über<br />
das eigentliche Schwund-Gebiet hinaus vorkommen<br />
und uns noch im oberösterr. Hausruckviertel begegnen;<br />
Schwund gilt ferner in zahlreichen Restformen<br />
zwischen Grafing (Oberbayern) und Dorfen<br />
(Niederbayern); <strong>des</strong> weiteren in voller Reihe im<br />
Sundergau (Oberbayern); zwischen Freising, Fürstenfeld<br />
und Reichertshausen (Oberbayern) an der<br />
mittleren Amper und an der oberen lim; schließlich<br />
in drei größeren nordbair. Schollen, nämlich<br />
im Egerland zwischen Graßlitz, Joachimstal,<br />
Netschetin und Plan, wobei die genannten Orte<br />
selbst außerhalb <strong>des</strong> Schwund-Gebietes hegen; in<br />
der Oberpfalz und Teilen Böhmens zu beiden<br />
Seiten <strong>des</strong> modernisierenden Naabtales einerseits<br />
zwischen Ronsberg (Böhmen), Pfreimd (Ober-<br />
l) sind pfalz) und Schorndorf östlich der Naab, anderer-<br />
sie im binnenländischen Nord- und Mittelbair. und seits westlich der Naab westwärts der Linie Asch<br />
im östl. Südbair. jetzt wieder beseitigt. — 2. Dabei (Böhmen), Weißenstadt (Oberfranken), Bayreuth,<br />
fällt es auf, daß diese Gleitlaute fehlen, solange Sulzbach (Oberpf.), Amberg, Burglengenfeld lind<br />
schwachdruckiger ahd.-frühmhd. Langvokal vor Regensburg, nordwärts von Ingolstadt (Ober-<br />
dem folgenden -r steht; also im Komparativ, bei bayorn) und ostwärts der Linie Eichstätt (Mittel-<br />
dem das Bair. ahd. -
Lechrain, ivilddz gsiägd (neben -da) im Zillertal und<br />
deren -g gewiß erst einer nachträglichen Wiederanlehnung<br />
an jagen zu verdanken und kein falscher<br />
Ersatz mehr.<br />
*) Vor mhd.-bair. -är (mhd. -dre) gilt (s. § 27 j 2)<br />
kein Gleitlaut mehr; daher erscheint der häufige<br />
ahd. Ortsname Walddrun (Wallern, bei den Waldleuten)<br />
urkundl. schon gegen 1100 gelegentlich als<br />
Wallarun, Wallaren.<br />
3 ) Über die palatalen h- und /-Lautungen in den<br />
Dreizohn Gemeinden s. § 23 a 3, Fußn. 3.<br />
§ 28 b 2—c 3<br />
der südlichen Oberpfalz wltß ggid mit lautgerechtem<br />
-d gegenübersteht; oder in Teilen <strong>des</strong> oberen<br />
Lavanttales rgw (Rad) neben rg und rgd. —<br />
3. "Über Stimmhaftigkeit und Spirantisierung von<br />
inlautendem intervokalischem -d- s. § 27 e und g,<br />
über weitere verwandte Inlauterscheinungen s.<br />
§ 27 i. Vereinzelt trat intervokalisch Wandel zu<br />
-r- ein, z. B. in prüvrv (Bruder), färv, ferv (Feder),<br />
pgrv (Bader) usw. um Altenmarkt im Pongau<br />
(ganz alt), um Knittelfeld (alt), restweise in Teilen<br />
<strong>des</strong> Flach- und Salzachgaues und schließlich in<br />
der Wachau mit dem westl. anschließenden Donautal.<br />
Im Mitteibair, hat sich diesem Wandel auch<br />
jenes -d- angeschlossen, das seit 1300 sekundär<br />
aus altem -t- entstanden war, z. B. in müvrv<br />
(Mutter), wert) (Wetter), ghgrv (Kater). Der Flach-,<br />
Tennen- und Salzachgau verdankt diesem Wandel<br />
seine Sonderform Mirchen (Mittwoch; mundartl.<br />
miuxxri> mivxxTl), deren älteste urkundliche<br />
Zeugnisse immerhin schon im 16. Jh. nachweisbar<br />
sind. In Ortsnamen und Bauernwörtern entdecken<br />
wir vereinzelte Restformen mit -r- aus -d- oder -tweit<br />
darüber hinaus in großen Teilen von Nieder -<br />
und Oberösterreich und von Nieder- und Oberbayern.<br />
Zur mittel- und nordbair. Veränderung<br />
von (südbair.) -dn, -dl zu -n, - d l s. § 34 c 6.<br />
c. 1. Im Gesamtbair, zeigten nach urkundl.<br />
Zeugnissen die Lautfolgen -Id- und -nd- schon<br />
gegen 1100 Neigung zur Angleichung zu -II- und<br />
•nn-; allerdings vorerst nur, insoweit diese Lautgruppe<br />
nicht im Auslaut oder nicht vor silbischem<br />
mhd. l und r der folgenden Silbe stand; dort trat<br />
entweder Auslautverhärtung zu -It, -nt ein (s.<br />
§ 27 d) oder das -d- mußte, wie z. B. in spätmhd.bair.<br />
kelder (Keller), mänder (Männer), als Gleitlaut<br />
automatisch wieder neu entstehen (s. § 27 j) 2 ).<br />
Dieser alten Angleichung verdankt u. a. das Magyarische<br />
seine Lehnform Vala aus dem spät-ahd. dat.<br />
demo Walde, demo Walle (zu magyar. v- speziell<br />
aus ahd. u- s. § 25 a 1); diese Burgenländer<br />
Siedlung Vala heißt jetzt im Deutschen mit einer<br />
Suffixableitung Wallern 2 ). Dem Bemühen, die<br />
richtigen -Id- und -nd- für -II- und -nn- künstlich<br />
einzuführen, verdanken wir in südbair. Sprachinsel-<br />
und Hochtalmundarten falsche Rückbildungen,<br />
wie dat. zinde, nom. zint (Sinn) u. ä.,<br />
sowie den ötztaler Ortsnamen mundartl. tsi Vende<br />
(Vent) aus mhd. renne (Hochmoor). Die alten Verhältnisse<br />
<strong>des</strong> Schwun<strong>des</strong> haben sich im Zimbrischen<br />
der Sieben Gemeinden bis heut« erhalten. Die<br />
Wörter Kind, Zahn (ahd. kind, zand), Wald lauten<br />
zwar mit Auslautverhärtung kxpit, tsant, walt, die<br />
Verkleinerungs- und Pluralformen dazu zwar mit<br />
„Gleitlaut" kx{ndle, tsendle, u-eldle (daneben weltle<br />
nach dem Auslaut) und ebenso mit „Gleitlaut"<br />
an xv\lddr (ein wilder), an fyiddr (ein linder), hingegen<br />
weisen die datt. und andero Formen unsero<br />
-nn-, -II- auf: me kxpine (dem Kind), me tsannc<br />
(dem Zahn), tsenne (Zähne), me walle (dem Wald),<br />
iville (wild), linne (lind); ebenso in den Dreizehn<br />
Gemeinden kx\ht, tsaht, walt; kx[hdla, tscndla,<br />
weldla (wella), an w(ld9r usw. gegen me kx\nhe,<br />
me tsaniie, tsenne, w{Ue, l{nne 3 hältnisse, allerdings mannigfach durch Paradigmenausgleich<br />
gestört, treffen wir in den übrigen<br />
zimbrischen Sprachinseln, im Fersental und sogar<br />
in Südtirol von Lana und Klausen die Etsch und<br />
den Eisack abwärts mit dem Ulten- und Sarntal. —<br />
2. Bald nach 1300 trat im Mittel- und Nordbair.<br />
und im Osten <strong>des</strong> Südbair. ein neuerlicher Wandel<br />
von -Id-, -nd- zu -II-, -nn- ein, ein Wandel, der nun<br />
auch schon die Gleitlaute mitnahm. Die ursprünglichen<br />
Verhältnisse sind allerdings teils durch<br />
Paradigmenausgleich, teils durch hoch- und verkehrssprachlichen<br />
Einfluß gelegentlich gestört<br />
worden; überdies sind, historisch begreiflich, die<br />
mittel- und nordbair. Außenmundarten, da sie<br />
sich schon vorher und um 1200 vom Binnenland<br />
abgesondert hatten, von dieser neuen Lautwelle<br />
nicht mehr erreicht worden. Außerdem wurden<br />
diese sekundären -II- und -nn- gleich den alten -IIund<br />
-nn- nachträglich meistens zu -l- und -n- abgeschwächt.<br />
Daher mundartl. f§lv (Felder); danach<br />
gelegentlich auch sing. f§ („Feld"), ghinv (Kinder),<br />
ninvsd (ninderst, nirgends)<br />
). Ähnliche Ver-<br />
4 ), hünvd (hundert),<br />
wünv (Wunder), wgnvn (wandern) 5 ) u. e. a. Sie<br />
sind in der echten Bauernmundart im Nordbair.<br />
(teilw. noch mit Geminata -II-, -nn- gesprochen)<br />
üblich, ebenso im Mitteibair., jedoch ohne Oberbayern<br />
(aber mit dem Staudengebiet bis hinauf<br />
zum Starnbergersee, mit dem Salzachgau und der<br />
Rosenheimer Gegend), ohne den Westen und Norden<br />
von Niederbayern und ohne die Regensburger<br />
Gegend (aber mit einer größeren Restinsel nördl.<br />
von Landshut), hingegen noch in dem tirol. Unterinngebiet,<br />
dem Pinz-, Flach- und Tennengau und<br />
in der Steiermark (ganz alt sogar mit dem Oberlavanttal),<br />
wo also -l-, -n- vorherrscht. Ausgenommen<br />
bleibt in<strong>des</strong>sen das südliche Burgenland<br />
mit -Id-, -nd-; ferner die verkehrsgebundenen Landschaften<br />
<strong>des</strong> Mitteibair., etwa Wien und seine<br />
"Umgebung und die mittelbair. Stadt- und Verkehrsmundart.<br />
— 3. Die mhd. Lautfolge -ndn (aus<br />
ahd. -ndan) wurde für gewöhnlich zu -ntn verdeutlicht,<br />
etwa in jintn (finden), gjuntn (gefunden),<br />
gsdgntn (gestanden) 6 ); infolge<strong>des</strong>sen wurde es mit<br />
-ntn aus ahd. -ntan vereinheitlicht, z. B. in bintn<br />
(binden), buntn (gebunden). In jenen Mundarten<br />
Westtirols und <strong>des</strong> oberbayr. Lechrains, die in<br />
alem. Weise silbisches -n zu -v wandeln (s. § 46 h 1),<br />
war diese Verhärtung zu -t- zwischen zwei -nüberflüssig;<br />
man spricht liier „lautgerecht" fmdn,<br />
kfundü, kätgndo, In<strong>des</strong>sen gibt es auch einigo verstreut«<br />
binnenbair. Mundartbezirke, in denen -ndn<br />
aus ahd. -ndan zu -nnzn, -nn angeglichen worden<br />
ist. Es lautet im östlichen Südtirol (im Etschland,<br />
im Sarntal, im Eisack-, Puster-, Ahm- und Tauferertal),<br />
in Osttirol und im Kärntner Lesach- und<br />
Gailtal fin, (k)fun, kitgn (aber pintn usw.) oder<br />
jinnzn, finvn usw., auch imObergurk- und Gegendtal<br />
finvti, fünmi, kstöunvn, ferner in großen Teilen<br />
der Mittelsteierrnark f[nnvn (j[nnnn), funmvn<br />
(analog auch funnvn), gstgnmnn, weiters im Salzachgau<br />
finv, (g)fünv, gsdönv; schließlich ebenso<br />
oder ähnlich im Nordbair. (mit dem Ostfränk.), im<br />
Böhmerwald und im Bayrischen Wald und in der<br />
Landshuter Gegend sowie im größeren Teil von<br />
Oberbayern nach Osten bis Rosenheim und nach<br />
Westen bis zum bayr. Lcchrain; ja sogar noch bis<br />
in den äußersten Norden von Tirol zwischen<br />
*) Zu -nd- in bair. nindcrs(t) aus mhd. niener<br />
s. § 27 j.<br />
5 ) Über mhd.-bair. hundert, wunder, wandern<br />
aus ahd. himtert, tuuntar, wanlarön 8. § 35 c 1.<br />
8 ) Über mhd.-bair. gestanden aus ahd.-bair.<br />
gastantan s. § 35 c 1.<br />
83
§ 28 c 3—§ 29 b 3<br />
Schamitz und Leutasch nördlich von Innsbruck<br />
finna, funna, TcitQnna.<br />
d. 1. Die ahd. Lautfolge -rd- wurde nach Ausweis<br />
der urkundl. Schreibungen im 13. Jh. meistens zu<br />
-r- vereinfacht. Demgemäß erscheint -r- auch in<br />
den Mundarten, soweit nicht, wie in hert (Herd),<br />
wert (wert) und teilw. in den Ortsnamen Wert,<br />
Wort und Hart (mhd. wert, hart aus ahd. werid<br />
„Insel" und hard „Sumpfwald"), Auslautverhärtung<br />
entschied; daneben steht -r- in den Ortsnamen<br />
Wernberg, Wernegg, Wöhr, Haar aus mhd.<br />
Werdenberg, Werdenegge, Werde, Harde (datt.).<br />
Derselbe Wandel liegt in den Ortsnamen Harrern,<br />
Wahrem aus den ahd. dat. plur. Harddrun, Weridärun<br />
vor. Demnach gilt mundartlich j, w$or oder<br />
{ wlor (ich werde), { wür (ich würde), pür(n)<br />
(Bürde), er>rr>, $nrn (Erde) usw. Nur die altertümlichsten<br />
südbair. Sprachinsel- und Hochtalmundarten<br />
schließen sich aus, z. B. die Sieben<br />
Gemeinden mit purde, %vrda und das ötztal mit<br />
pürde, eorda oder mit seinem Hofnamen Gdh§nrde<br />
(Gehörde aus ahd. gahorida) und mit seinem urtümlichen<br />
dat. henrde zum nom. hevxt (Herd). —<br />
2. Ahd. grammatischer Wechsel hat entschieden<br />
bei wortn (geworden) im Puster- und Lesachtal<br />
neben wevrn (werden), bei gwqrttn in großen Teilen<br />
der Steiermark mit der Grafschaft Pitten und <strong>des</strong><br />
Burgenlan<strong>des</strong> neben wg'n, to^v'n, vgl. ahd. w'e'rdan<br />
inf., xvortan part. prät.; ferner in zimbr. gmx\.ntet<br />
(auch gmntnnet, gmnpit; gefunden) neben v\nnen<br />
(finden), vgl. ahd. inf. fmdan, part. funtan. Wenn<br />
im Mitteibair, ent (Erde) und im Südbair. eortn<br />
neben echtem ^fo^'n, e.orn weit verbreitet sind, so<br />
hat bei den f-Formen wahrscheinlich Verkehrs- und<br />
vor allem kirchensprachliche Lautgebung entschieden.<br />
§ 29. Spätahd. g (s. die Karten 19 und 20)<br />
Üborsicht: a. Allgemeines. — Inlauten<strong>des</strong> -g-.<br />
— c. Auslauten<strong>des</strong> -g. — d. -gt. — e. Die Vorsilbe<br />
ge-; ph<br />
a. Ähnlich wie beim d-Laut ist auch hier viel<br />
Einschlägiges entweder schon erörtert worden, oder<br />
es wird später bei anderer Gelegeniieit vorgebracht<br />
werden. Über mhd.-südbair. k- (gg-) als Folgeerscheinung<br />
<strong>des</strong> Schröderschen Assimilationsgesetzes<br />
wurde- § 27 c 5 gesprochen, über den allgemeinen<br />
mittel- und nordbair. Wandel <strong>des</strong> anlautenden<br />
g- zur Halbfortis oder Fortis und zugleich<br />
über die Vereinheitlichung mit gg- wird<br />
§ 34 c gehandelt werden; über die Auslautverhärtung<br />
zu -kx s. § 27 d; über Stimmhaftigkeit,<br />
Spirantisierung und über Stimmlosigkoit <strong>des</strong> g-<br />
Lautes § 27 e und g, über den mittel- und nordbair.<br />
Wandel von -gty und -gl zu -'?} und -ols. § 34c 6.<br />
b. 1. Wichtig sind hier das -g- zwischen Vokalen,<br />
das auslautende -g unabhängig von der alten Aaslautverhiirtung,<br />
die Lautfolgo -gt und schließlich<br />
die Vorsilbe ge-. Die mitteldeutschen Dialekto<br />
haben das intervokalische -g- über spirantisches<br />
-y- meistenteils zu -x- verwandelt; nach Ausweis<br />
der historischen Quellen fand dieser Wandel kurz<br />
nach dem Verklingen <strong>des</strong> inlautenden -h- und<br />
ungefähr um 1200 statt. Nicht viel später wird die<br />
gleiche Veränderung im Nordbair., das diese Veränderung<br />
auch mitmachte, greifbar, z. B. in mözn<br />
(mager), wäxo d und bewahrt den älteren nordbair. Zustand. Nicht<br />
betroffen wurden im Nordbair. von diesem Wandel<br />
die Lautgruppen -gry und -gl. — 2. Die Lautgruppe<br />
-gl bezieht im Grenzgebiet zwischen dem Süd- und<br />
dem Mitteibair, gelegentlich eine Sonderstellung.<br />
Im steir. Ennstal, in Teilen <strong>des</strong> Pongaus und im<br />
Salzkammergut stoßen wir z. B. in ikl (ike; „Igel"),<br />
dsivlcl (dslvke; „Ziegel") usw. wider Erwarten auf<br />
Halbfortes und stellenweise sogar (bei den Alten)<br />
auf richtige Starklaute. — 3. Den mitteld.-nordbair.<br />
Wandel von -g- zu -x- treffen wir scheinbar<br />
auch in Wien und in der Umgebung von Wien an,<br />
z. B. in mQxn (mager), dsäxv (Uhrzeiger), büxv<br />
(Pilger; Plattenbruder aus der Wiener Vorstadt)<br />
usw. Doch ersetzen die jüngeren Wiener diese -xneuerdings<br />
durch -g- und lassen -x- nur in Wörtern,<br />
die sie nicht mehr mit schriftsprachlichen Parallelen<br />
vergleichen können, z. B. der Bedeutung wegen<br />
in büxv, unverändert stehen. Dafür breiten sich<br />
diese Wiener -x- in der Umgebung von Wien, z. B.<br />
um Stockerau, Zistersdorf, Neunkirchen, Eisenstadt<br />
usw. immer mehr aus. Man versuchte in<br />
einer Art Frankophilie, diese Wiener -x- als eines<br />
jener vermeintlichen Merkmale fränkischer Kolonisation<br />
in Niederösterreich, mit denen noch heute<br />
viel Unfug getrieben wird, hinzustellen. In<strong>des</strong>sen<br />
verraten uns Restformen in und um Wien, z. B. der<br />
Flurname Krieau aus älterem Chriegau oder das<br />
Marchfelder Wort doläi (völlig erschöpft) aus mhd.<br />
*(d) erlagig, daß in Wien und seinem Vorgelände<br />
einstens intervokalisches -g- ganz verschwunden<br />
gewesen war; nach gewissen urkundlichen Schreibungen<br />
ugf. seit 1300. Tatsächlich wird es in zwei<br />
abseitigen Flügellandschaften nördlich und südlich<br />
der Donau, der großen Modernisierungsachse <strong>des</strong><br />
Bairischen, noch jetzt unterdrückt, so in Teilen<br />
von Südmähren, im nördlichen Waldviertel und<br />
in größeren Teilen <strong>des</strong> Weinviertels nördlich der<br />
Donau, im größten Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>, im<br />
Jogelland der Steiermark und in abseitigen Bauerndörfern<br />
der niederösterr. Grafschaft Pitten südlich<br />
<strong>des</strong> Stromes, z. B. in mQ-o (mager), gle-v, gli-v<br />
(Geleger; Bodensatz oder andere Rückstände <strong>des</strong><br />
Weines); in Restwörtern vermögen wir den<br />
einstigen -,7-Schwund im ganzen Burgenland, in<br />
der ganzen Oststeiermark und im ganzen Osten von<br />
Niederösterreich nachzuweisen, z. B. um Mureck<br />
(Steiermark) in trQ-v (Trager; Leuchso am Leiterwagen),<br />
beim mundartl. Ortsnamen läwo (Jagerberg,<br />
östl. v. Wildon) usw. Nun wird im selben Gebiet<br />
auch inlauten<strong>des</strong> -ch- entweder jetzt noch unterdrückt<br />
oder wurde es, wenigstens nach alten Quellen,<br />
in diesem ganzen Ostraum einstens ausgelassen,<br />
und man spricht teils heute noch bräuD (brauchen),<br />
SÜ(D)-D oder süio (suchen) usw. oder hat man es teils<br />
nachweisbar gesprochen; man stellte aber in Wien<br />
und seiner Umgebung auch hier künstlich die -xneu<br />
her (s. § 34 i 9) und setzt nunmehr in Wien<br />
nobleres bräuxi], süvxi} dafür ein. So stellen sich<br />
die Lautungen ?HQXD (mager) usw. als „falsche"<br />
Ersatzformen dar. Man hat dieses -x- irrtümlich<br />
auch dort, wo eigentlich -g- hingehören würde,<br />
hineingoflickt. Überdies sind die fränk.-mitteld.<br />
-ch- aus -g- erst seit 1200, die niederösterr. -chfür<br />
-g- gar erst in der Neuzeit und auch da selten<br />
nachweisbar. Diese -x- aus altem -g- kommen daher<br />
als etwaiges Beweismittel für eine nichtbairische<br />
und für eine fränkische Besiedlung von Nieder-<br />
lo (Wägenlein) usw. Die Südgrenzo österroich, <strong>des</strong>sen Eindeutschung in den Grund-<br />
<strong>des</strong> nordbair. -z-Lautes geben uns folgendo zügen schon im 8. Jh. begann, nicht mehr in Frage.<br />
Grenzorto: Taus (Böhmen), Straubing (Nieder- Übrigens hört man -x-Lautungen auch im nordbayern),<br />
Rotenburg (ebd.), Ingolstadt (Oberöstl. Südmähren, ohne daß oin räumlicher Zusambayern),<br />
Monheim (Mittelfranken), öttingen. Die menhang mit dem niederösterr. -x-Gebiet be-<br />
nordbair. Außenmundart um Iglau weist in der stünde. Hior haben sie insofern ein anderes Wesen,<br />
moderneren Südhälfte stimmhaftes -g-, in der als in Südmähren -x- auch vor folgendem -l, z. B.<br />
konservativeren Nordhälfte spirantisches -y- auf<br />
84
in ixl (Igel), dsivxl (Ziegel) usf., auftritt; ähnliche<br />
Lautungen treffen wir verkehrssprachlich in Brunn,<br />
Wischau und Iglau. Um Wien spricht man aber<br />
einzig und allein IH, dslrfil. Wie manches andere in<br />
Südmähren wird auch sein -x- ostmitteldeutschen<br />
Ursprungs sein und einen Ableger einer alten<br />
deutschmährischen Verkehrssprache beinhalten. —<br />
4. Wenn in Niederösterreich, in der Steiermark und<br />
im Burgenland jüngere Mundartschichten hiatustilgende<br />
-g- (oder -x-) gebrauchen und v näigo (ein<br />
neuer), v w$gn (ein weher, ein schmerzender) oder<br />
v näixv, v WQXX) für älteres v näin, v wq-v einsetzen,<br />
so ist wohl auch das die Auswirkung neuer<br />
Wiederherstellungen von -x- und -g-. Anders liegen<br />
die Dinge bei hiatustilgendem -g- im Südbair., z. B.<br />
bei tirol.-kärntn. saugn, (schauen), tirol. hldgdr<br />
(neben hidddr, „diesseitig"), oder gar bei Saugry,<br />
haugn, (hauen), paign, (die Bienen) in Luserna und<br />
bei vrä(u)g9 (Frau), vaugn, (fallen) in Teilen <strong>des</strong><br />
Gottscheer Lan<strong>des</strong>. Das sind echte Hiatustilger<br />
und kein falscher Ersatz mehr. In diesen Mundarten<br />
war ja inlauten<strong>des</strong> -g- immer da.<br />
c. 1. Primär und sekundär auslauten<strong>des</strong> -g, z. B.<br />
in Tag, Luge (Lüge), Sage (Säge), ist in einem<br />
größeren Gebiet geschwunden als inlauten<strong>des</strong> -g-;<br />
so in einer größeren Landschaft um Schrobenhausen,<br />
Fahrenzhausen, Freising und Wollnzach<br />
im nordwestlichen Oberbayern; an der niederbayr.-oberpfälz.<br />
Grenze im nördlichen Böhmerwald<br />
um Viechtach, Zwiesel und Straubing; im<br />
größten Teil von Südmähren mit dem nordöstl.<br />
Waldviertel, im größten Teil <strong>des</strong> Weinviertels;<br />
auch fast im ganzen Burgenland mit der Grafschaft<br />
Pitten und in der ganzen Oststeiormark<br />
spricht man dq, lü, SQ. Sogar im Fersental begegnet<br />
uns tö, lü, zö. In gnüd (genug) ist der<br />
Schwund angefangen von Kärnten bis nach Südmähren<br />
eingetreten. — 2. Unter Schwachdruck<br />
ist - in großen<br />
Teilen von Tirol und in Westkärnten -g. Im Salzburgischen<br />
mit dem tirol. Unterinngebiet, dem<br />
Salzachgau, dem steir. Ennsgebiet und dem Salzkammergut<br />
gibt es die Lautungen flaißßig, möHgg<br />
in echter Bauernmundart.<br />
d. Die auslautendo Lautfolge -gt in sagt, tragt<br />
(trägt) usf. ist, soweit nicht die mhd. Kontraktion<br />
fortbesteht (s. § 20 o), zu -kt assimiliert worden,<br />
ebenso die Lautfolge -gst zu -kßt. Man spricht du<br />
SQkßt (am Nordrand <strong>des</strong> Nordbair. mit analogem<br />
ostfränk. Umlaut sekßl), cv sgkt (sekt) und du<br />
trgkßt (drekßt), eo trokt (drekt), vgl. aber ostfränk.<br />
sexd, drexd. Das binnenländische Südbair. hat dieses<br />
-kt weiter zu -k angeglichen. In Tirol, Kärnten, im<br />
Pinz-, Pon- und Lungau, in der Steiermark mit<br />
der Grafschaft Pitten (ganz alt) sowie im Süden<br />
<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> bis Draßmarkt und Mannersdorf<br />
tritt also sgk, drok (irgk) ein. Merkwürdig ist<br />
in<strong>des</strong>sen sös(t), tröS(t), söt, tröt um Sillian und<br />
Tillinch im Pustertal und ähnlich in den Sprachinseln<br />
Pladen und Zahre. Auch in den Sieben<br />
Gemeinden gilt trast, trat. Parallel dazu wird vielfach<br />
dio Lautfolgo -bt behandelt: mittel- und nordbair.<br />
gipt, südbair. gip, in den Sieben Gemeinden<br />
git.<br />
e. 1. Hier lassen sich am besten dio landschaftlich<br />
bunt schillernden Lautverhültnisso bei der Vorsilbe<br />
§ 29 b 3—e 4<br />
ge- und einige verwandte Erscheinungen unterbringen.<br />
Die Karte 19 zeigt uns augenfällig, wie<br />
von der Donaustraße aus gemessen nach Norden<br />
und Süden gleichzeitig stufenweise je nach dem<br />
folgenden Mitlaut die Verkürzung von ge- zu goder<br />
sein gänzliches Verklingen abnimmt; dazu<br />
sei kurz bemerkt, daß die nördlichen Grenzeintragungen<br />
nicht ganz genau sind. Immerhin darf<br />
man die Raumbilder in die zeitliche Entwicklung<br />
umprojizieren. Danach wurde zuerst ge- vor folgendem<br />
s- zu g-, z. B. in gesungen, gestanden; etwas<br />
später vor /- in gefaßt, gefangen; noch später vor<br />
h- in gehabt, geheißen; bei diesen drei Typen rückt<br />
allein schon das Gebiet mit erhaltenem ge- (go-,<br />
g{-) der Donau von beiden Seiten her immer um<br />
ein Stückchen näher. Noch stärker nähert es sich<br />
zangenartig bei einer großen Gruppe vor w-, j-, l-,<br />
r-, n-, m- in gewesen, gejagt, gelebt, gerungen, genommen,<br />
gemacht. Am weitesten reicht von Norden<br />
herunter und von Süden herauf die Erhaltung <strong>des</strong><br />
ge- vor den Verschlußlauten d-, g-, p-, t-, k- in<br />
gedenkt (gedacht), gegossen, gebeten, getragen, gekauft.<br />
Auch nach den dialekthistorischen Quellen<br />
dürfte ge- zuerst vor s-, dann vor /-, weiters vor h-,<br />
später vor w-, j- usw. und erst zuletzt vor d-, gusf.<br />
verkürzt worden sein; im Mittelbair. zwischen<br />
1180 und 1250, im Südbair. zwischen 1220 und<br />
1300. — 2. Vor s- ist demnach die Vollform ge- im<br />
Norden nur mehr rheinfränkisch, hessisch und<br />
erzgebirgisch-sächsisch und nicht mehr ostfränkisch,<br />
im Süden gilt sie nur in den südbair. Sprachinseln<br />
(ohne Fersental und ohno Tischlwang) sowie<br />
in Tilliach und Innervillgratten im Ostpustertal;<br />
z. B. in Gottscheo gdzwppn und in Tilliach gizunrien;<br />
vor /- in gifost (gefaßt) usw. bleibt geschon<br />
in größeren Teilen <strong>des</strong> Östpustertalcs erhalten;<br />
vor h- in gehgpt, gehgt reicht dio Erhaltung<br />
<strong>des</strong> ge- im Norden ins Ostfränk. und bestellt überdies<br />
in allen Tiroler Hochtälern; in geivesn usf.<br />
zieht sie in Tirol noch das Pitztal und das Sellrain<br />
und in Kärnten das Oberdrau- und das Gailtal<br />
auf dio beharrsame Seite; in gedenkt usw. umfaßt<br />
sie schließlich darüber hinaus Kärnten, in Südtirol<br />
das Burggrafenamt und dos Etschland, in Nordtirol<br />
abgesondert das Oberlechtal, ferner einige<br />
Gemeinden der Sprachinseln Brunn, Wischau und<br />
Iglau. — 3. In einigen Wörtern fehlt nach dem<br />
Ahd.-Mhd. auch in der ältesten Bauernmundart<br />
oft die Vorsilbe, so in mhd. bracht, tro/Jcn, funden,<br />
kommen (kämmen), gangen, <strong>des</strong>gleichen oft in<br />
künnt (künnen), törfl (törfjcn), worden (steir.burgenl.<br />
auch gwgrln). Demgegenüber erlauben<br />
sich dio bair. Mundarten gelegentlich zweimalige<br />
Setzung der Vorsilbe, etwa in südbair. geg 1 halten<br />
(behalten), geg'wohnt (gewohnt), geglaubt (geglaubt).<br />
— 4. In denjenigen mittelbair. Mundarten,<br />
welche dio Beseitigung <strong>des</strong> ge- vor Verschlußlauten<br />
etwas später erreichten, hinterließ das g 1 -<br />
8trich\veise eine besondere Verstärkung <strong>des</strong> Verschlußlautes,<br />
wie sie das Mittelbair. sonst nicht zu<br />
bilden imstande ist. Es stehen sich in Oberösterreich<br />
die part. prät. koßßn (gegossen), pet (gebetet),<br />
tenkt (gedacht), trQ'n (getragen), khauft<br />
(gekauft) und ebenso ichQVn (behalten) etc. mit<br />
Anlautfortes und dio inff. geoßßn, bettn, dengn,<br />
drQ'n, ghauffm und ghiji'n mit normalen Anlautlenes<br />
gegenüber. Diese Differenzierungen gelten<br />
nach unserer Karte 19 weit hinaus nach Altbayern,<br />
merkwürdigerweise aber nicht mehr in<br />
Niederösterreich. Hier wird goßßn, bet, dqnkt,<br />
drg'n, gha(u)fft mit dem gleichen Anlaut gesprochen<br />
wie ginßßn (goißßn), bettn, dengn, drQ'n,<br />
gha(u)ffn. Nochmals treffen wir auf die Unterscheidung<br />
um Marburg in Jugoslawien; übrigens<br />
finden wir sio auch im Südalemannischen und<br />
85
§ 29 e 4—§ 30 b 2<br />
demnach in Vorarlberg. Im Südaleman. tritt<br />
sogar für ahd. gabüro (Nachbar, Bauer) pur mit<br />
Fortis auf 1 ), wo in Oberösterreich und in Altbayern<br />
nur bäu(r), bauuv mit Lenis und dementsprechend<br />
in Kärnten nur päudr ohne ge- da<br />
ist. — 5. Einstmals bestand in großen synkopierenden<br />
Gebieten auch sonst die Neigung zur Angleichung<br />
<strong>des</strong> g- an den folgenden Mitlaut; insbesondere<br />
entstand d- vor n- und Z-. Noch jetzt<br />
herrschen Aussprachen wie dnumv (genommen),<br />
dnäd (genäht) in der Kernlandschaft von Oberösterreich<br />
und bei alten Leuten in der Obersteiermark,<br />
ferner im Pinz- und Pongau (s. Karte 20).<br />
Danach hat auf mittelbair. Seite dieses dn-Gebietes<br />
älteres kchn-, da es seit 1300 auch zu gngeworden<br />
war, gleichfalls das dn- erreicht, z. B. in<br />
oberösterr. dn§xd (Knecht), dnobf (Knopf). Im<br />
gleichen Gebiet der Steiermark und <strong>des</strong> Salzburgischen,<br />
ferner im Salzkammergut und z. T. im<br />
tirol. Unterinngebiet wurde gl- zu dl- in dlept<br />
(gelebt), dlqxt (gelacht), ebenso in dlQ8 (Glas),<br />
dloklcn, (Glocke) und im mittelbair. Anteil dl- auch<br />
für älteres kehl- in dl$ (Klee), dläu'm (klauben). —<br />
6. Nach Lautungen in abseitigen Landstrichen <strong>des</strong><br />
östlichen Mittel- und Südbair. hatten diese Assimilationen<br />
einstmals einen weiteren Umfang. Man<br />
hört bei alten Leuten der Ober- und der nördlichen<br />
Mittelsteiermark, <strong>des</strong> mittleren und nördlichen<br />
Burgenlan<strong>des</strong> und in Niederösterreich auch die<br />
angeglichenen Aussprachen pfgßt (gefaßt), pmgxt<br />
(gemacht) usw. statt modernerem kfgßt, gmqxt;<br />
im Fersental neben pfqßt sogar tätgntn (gestanden),<br />
tsurmdn (gesungen), allerdings neben grmät, gmngxt.<br />
Das neue pf- von pfgßt gleicht dem alten pf- in<br />
pfgn (Pfanne), pflüvg (Pflug). — 7. Da sich nun<br />
in weiten Landstrichen die Neigung durchsetzte,<br />
das neue pf-, insoweit es für kf- steht, wieder zu kfzu<br />
verbessern, so hat man mancherorts <strong>des</strong> guten<br />
zu viel getan und auch das alte pf- irrtümlich zu<br />
kf- „korrigiert". „Falsche" kf- in kfön (Pfanne),<br />
kfloug (Pflug) usw. neben kfgßt treffen wir in voller<br />
Reihe um Jechnitz im Egerland und in der nordbair.<br />
Sprachinsel Iglau, in kfgun, kflüi, kfintßtD<br />
(Donnerstag) und kfgßt ebenso im südlichen Burgenland<br />
und in der südlichsten Mittelsteiermark<br />
(s. Karte 20). Diese kf- für pf- sind lokale Zufallsausroifungen<br />
eines „falschen" Ersatzes, da die<br />
Neigung zu diesen Überbildungen ja überall gegeben<br />
war. — 8. In Unterkärnten, in der Ober- und<br />
in der Mittelsteiermark troffen wir sogar auf völlig<br />
mißratene Überbildungen wie kslggn, (das Pferd<br />
beschlagen) und kStätir}, -tvn (Bestattung, Leichenbegängnis);<br />
mißraten, da „Assimilation" von käzu<br />
ps-, die hier wieder zu kS- „zurückgebildet"<br />
wurde, in Wirklichkeit gewiß nie eingetreten war.<br />
Es liegt eine zu weit ausgedehnte „Verbesserung"<br />
vor uns, lautgeschichtlich gesehen also ein ausgesprochener<br />
Fehler. — 9. Für ge- vor stammanlautendem<br />
r-, z. B. in gerunnen (geronnen), gerauft,<br />
sind Sonderwege weit verbreitet (s. Karte 19).<br />
Überall, wo anlauten<strong>des</strong> hr- für altes r- besteht<br />
(s. § 60 b 1), entspricht für per- jetzt ghr-, khr-, kxr-.<br />
Es heißt ghrui}nzn, ghrafft, weil es auch hrirypn,<br />
hraffn mit hr- läutet. Dieses ghr- begegnet uns im<br />
Mittelbair. selbst im /ir-Bereich, auch wenn sonst<br />
vor Mitlaut, z. B. in Khnecht, Khlee, die Behauchung<br />
längst aufgegebon worden ist (s. § 38 a 6<br />
und Karte 21); doch bleibt dann auch das alte ghrin<br />
ghrgppfo (Krapfen), ghrQnds (Kranz) usw. erhalten.<br />
Dieso isolierte Behauchung in ghr- wurdo<br />
auf unserer Karto nur punktiert umgrenzt. Wo<br />
aber trotz Behauchung in khnqxt, khlq, khrgpffn<br />
*) Man vgl. noch schles. paur mit p- für sonstiges<br />
b-; doch ist im Schles. ge- sonst erhalten geblieben.<br />
86<br />
hier grurynpn, grafft mit gr- auftritt, habe ich die<br />
gr-Grenze gegen khr- in unseren Wörtern gestrichelt<br />
eingezeichnet; sie wiegt jetzt viel schwerer.<br />
An diesen Grenzen erkennt man, daß das Ostbairische<br />
solche ghr- aus ge-\-r nicht besessen hatte,<br />
daß das ghr- (khr-, kxr-) sonst jedoch auf bair.<br />
Boden, soweit eben Synkope eintrat, vorherrschte.<br />
Ausgenommen bleibt allerdings auch Westtirol,<br />
das sich mit seinem gr- (grunnv, grafft) schon<br />
offenkundig an das aleman. gr- anlehnt. Völlig<br />
fällt eine mittelkärntn. Insel im Obergurk- und<br />
Gegendtal (und bei der ältesten Generation auch<br />
im Obermetnitztal) aus dem Rahmen. Hier wird<br />
trotz allgemeiner Synkope in gmgxt, gnät usw.<br />
gwuryryDn, gnräft eingesetzt, während rundherum<br />
khrurmtm, khraft herrscht. Eine zweite gr»r-Insel<br />
treffen wir im unteren Lavanttal. Um das Unterlavanttal<br />
weist die Umgebung gr- auf. Zu den<br />
weiteren Schicksalen dieses ghr-, khr-, kxr- s.<br />
§ 38 a 9. Aus der weiten Verbreitung <strong>des</strong> ghr- aus<br />
ge-\-r darf man fürs Bairische älterer Zeit auf eine<br />
ebenso große Verbreitung von hr- in älterer Zeit<br />
schließen, also auf einstmals nahezu gemeinbair.<br />
Aussprachen wie hrir^rpri, hraffn, hrös (Roß) usw.<br />
Zwar treffen wir dieses ghr- auch in Gegenden, wo<br />
jetzt nur r- gesprochen wird, z. B. in Mittelkärnten<br />
und in Zentral tirol. Auch in diesen Gebieten hat<br />
man nach Ausweis von kxrurynpn, Mirur^rm<br />
einstens hrirynpn usw. mit hr- gebraucht. Nebenbei<br />
bemerkt weicht dieses hr- vor unseren Augen<br />
überall vor r- zurück, indem riryvpn älteres hrirywpn<br />
allenthalben verdrängt.<br />
§ 30. Spätahd. b<br />
a. Daß der frühahd. Lindlaut b während der<br />
zweiten Hälfte <strong>des</strong> 8. Jhs. im Bair. zum Starklaut p<br />
verändert gewesen war und daß er inlautend um<br />
1050 wieder zu -6- zurückgewandelt wurde, haben<br />
wir § 27 a 4 erwähnt, auch daß sich dieses inlautende<br />
-b- um 1100 im Bair. zu -w- umzubilden<br />
begann und seither mit dem alten inlautenden -w-,<br />
soweit dieses erhalten blieb, zusammenfiel (§ 25 a 3),<br />
daß das anlautende ahd.-bair. p- bis ins Spätmittelalter<br />
unverändert fortbestand, wurde § 27 a 4<br />
erörtert. Über die weiteren Schicksale dieses pim<br />
Bair. wird § 34 c, über sp- § 34 c 3 gehandelt<br />
werden. Die übrigen Merkwürdigkeiten der Lautentwicklung<br />
<strong>des</strong> frühahd. 6-Lautes kennen wir<br />
meistens schon, so vor allem seine Auslautverhärtung<br />
zu -p (s. § 27 d), seine gelegentliche Verdoppelung<br />
zu -pp- oder seine Inlautverhärtung zu<br />
-p- in alten Dreisilbern (s. § 27 i 3). Auch Restformen<br />
mit inlautendem -p- als Westtiroler Grenzversteifungen<br />
aus der ahd.-bair. Sprachperiode sind<br />
uns bereite bekannt (s. § 27 b). Auf die Vertauschungsmöglichkeiten<br />
von ahd. -b- und -u- vor<br />
folgendem 4- und -r- kommen wir § 31 d zurück,<br />
auf den allgemeinen Gleichklang von altem 6 und v<br />
in den Sieben Gemeinden s. § 31 c. Zur ahd.<br />
Lautfolge -mp- s. § 36 b 2. Solchermaßen bleibt<br />
hier über die Lautgeschichte und Lautgeographio<br />
kaum mehr Wesentliches zu Bagen übrig.<br />
b. 1. Erwähnenswert ist, daß im Bairischen<br />
gleich wie im Ostfränkischen und wie meistenteils<br />
im Mitteldeutschen inlauton<strong>des</strong> -b- zu -w- verändert<br />
erscheint, während im Alemannischen westlich<br />
<strong>des</strong> Arlbergs und <strong>des</strong> Lecha dafür stimmhaftes<br />
-b- eintritt. Es stehen sich z. B. bair. iwo<br />
(über) und alem. ibsr, i(br scharf gegenüber. —<br />
2. Vor folgendem n wird dieses w im Südbairischen<br />
und in den bair. Sprachinseln zu stimmhaftem<br />
•b-, etwa in g$m (geben), räibm (reiben) usw.<br />
Dieses -bm wurde später im Zuge der mittelbair.<br />
Konsonantenschwächung außerhalb von Tirol und
§ 30 b 2—§ 31 d 2<br />
Kärnten zu silbischem -m: g
§ 31 d 2—§ 32 a 4<br />
neben hhäiw (Käfer) in Teilen <strong>des</strong> Burgenländischen,<br />
gqivmrn im Norden der Sprachinsel Iglau<br />
und gQtnw'n um Brunn (geifern) sowie SQOnm'n<br />
in Schiltern (Südmähren) und SQtrwln um Rechnitz<br />
im Burgenland (geifern) aus mhd. seiveren. Die<br />
Verbindung zum Schlesischen führt teilweise von<br />
Budweis über Iglau, teilweise vom Burgenland<br />
über Brunn, Wischau, Olmütz und dem Schönhengstgau<br />
als Brückenpfeiler ins Ostmitteldeutsche.<br />
Über weitere schlesische Spuren in diesen bair. Gebieten<br />
s. auch § 39 c 2.<br />
e. Vor folgendem -s kann sowohl altes -v- als<br />
auch neues -ff- lautgerecht zu -p- umgebildet werden.<br />
Daher die im Bair. weitverbreiteten Lautungen<br />
wepßn (Wespe) und lepßn (Lippe). Es stehen für<br />
deren -vs- (ahd. wevsa, levs) daneben allerdings,<br />
wie die Artikel Wespe, Lefze <strong>des</strong> Wörterbuches<br />
zeigen werden, auch andere Möglichkeiten zur<br />
Beseitigung der seltenen und schwer aussprechbaren<br />
Lautfolge -vs- zur Verfügung. Nur in Zarz<br />
und Deutschruth bestehen wävze und lävze unberührt<br />
bis zur Gegenwart fort. In denselben Bereich<br />
gehören nhd. hübsch und zimbr. (in den Sieben<br />
Gemeinden) hüppos aus der abgewandelten Form<br />
ein hübscher zu hüvisch (höfisch, Übersetzung aus<br />
altfranz. courteis, courtois); weiters die mundartliche<br />
Aussprache KxopstQo n (Kufstein); in manchen<br />
Gegenden ist der Wandel von älterem -fs- zu -pssogar<br />
als festes Lautgesetz erhalten geblieben. Im<br />
tirolischen Silltal spricht man du hilp§t (du hilfst),<br />
du kxäpst (du kaufst), du terpst (du darfst) usw.,<br />
<strong>des</strong>gleichen im Oberlavanttal du hülpst, du khapst,<br />
du tarpst. In der nördlichen Weststeiermark behilft<br />
man sich bei dieser Lautfolge verschieden<br />
und läßt entweder das / oder das s aus {hülst, hülft);<br />
im östlichsten Mittelkämten schiebt man hingegen<br />
einen Vokal ein: du hülfvst usw. Dazu stimmen die<br />
Lautungen ivmvvsn, leiwsn (Wespe, Lefze), die<br />
nicht nur in Mittelkämten, sondern ebenso oder<br />
mit Spielformen gelegentlich auch anderswo im<br />
Bair. anzutreffen sind.<br />
V<br />
§32. Spätahd. s<br />
Übersicht: a. Der spätahd. Lautstand im<br />
Lichte der Sprachinselmundarten. — b. Die Weiterentwicklung<br />
bis zum modernen Lautstand.<br />
a. 1. Die Entwicklung <strong>des</strong> Lautes s ist, wenn man<br />
sie angefangen von der ahd. Zeit bis zum modernen<br />
Lautstand untersucht, nach mehreren Richtungen<br />
hin erfolgt und weist eine lebhafte Bewegungsfähigkeit<br />
avtf, die sich jedoch auf kurze Formeln<br />
bringen läßt. Wir müssen den älteren Entwicklungsgang<br />
etwas genauer verfolgen, weil etliche<br />
ältere Stadien in gewissen Mundarten entweder<br />
tatsächlich lebendig geblieben sind oder der Aufhellung<br />
sonderbarer Relikte dienlich werden. —<br />
2. Seit der ausgehenden ahd. Sprachperiode besaß<br />
das Bairischo insgesamt vier verschiedene Zischlaute.<br />
Erstens ein starkes ß, das mit unserem<br />
schriftdeutschen Zischlaut der Wörter essen, Wasser,<br />
Fuß identisch ist und das in ahd.-mhd. Zeit als z<br />
(mhd. ezzen, wazzer, vuoz) geschrieben wurde, also<br />
ein reines Fortis-/?; entstanden ist es durch dio hd.<br />
Lautverschiebung aus germ. t. Zweitens ein stimmhaftes<br />
z, das zwischen i wie in franz. jour (Tag) und<br />
-2- wie in bühnend. vizz (Wiese) lag, in ahd.-mhd.<br />
Zeit als s geschrieben wurde und aus germ. s in<br />
stimmhafter Umgebung um 750 entstanden ist,<br />
etwa in mhd. zeh»n (sehen), hazo (Hase), vr\za<br />
(Wiese). Drittens ein starkes stimmloses ß, das<br />
zwischen dem oben erwähnten ß und ß (seh) lag,<br />
z. B. in mißt (Mist), haßpdl (Haspel); es wurde in<br />
ahd.-mhd. Zeit gleichfalls als Buchstabe s geschrieben<br />
und ist auch aus germ. s, diesmal aber in stimm-<br />
88<br />
loser Umgebung, entstanden. Viertens schließlich<br />
jenen scharfen, vollen $-Laut, wie er um die Mitte<br />
<strong>des</strong> 11. Jhs. (s. § 42 a 1) etwa in mhd. dreschen,<br />
visch (Fisch) aus älterem sk (ahd. dreskan, visk)<br />
entstanden war, und der noch heute in dreschen,<br />
Fisch usw. fortbesteht. Diese alten Verhältnisse<br />
offenbaren uns die frühmhd. Lehnwörter in den<br />
Fremdsprachen und deutlicher die Konservierung<br />
in der altertümlichsten Mundart <strong>des</strong> Bairischen,<br />
im Zimbrischen der Sieben Gemeinden, das wir<br />
schon öfters als lebendiges Museum frühmittelhochdeutscher<br />
Sprachzustände kennengelernt haben.<br />
Den /J-Laut spricht man in den Sieben<br />
Gemeinden in $ßßen, waßßdr, den z-Laut in zeyen,<br />
hazo, pfenrzix (Pfirsich), znaidar (Schneider),<br />
zwain (Schwein), den /J-Laut in mißße (Messe),<br />
gvunßße (gewisse), ßtgvn (Stein), ßpekx (Speck),<br />
hüßta (Husten), haßpel (Haspel), mißt (Mist),<br />
kxerßßa (Kirsche), den y^-Laut schließlich in<br />
dreßßen (dreschen), viß (Fisch). Das Zimbrische<br />
der Sieben Gemeinden hat, wie schon mehrfach<br />
erwähnt worden ist, seit 1600 seine eigene Schriftsprache.<br />
Deren Rechtschreibung beruht auf der<br />
altvenezianischen Orthographie, die ihrerseits wiederum<br />
wie die italienische Rechtschreibung auf<br />
den vulgärlat. Buchstabengebrauch zurückführt,<br />
von dem gleichzeitig auch die ahd.-mhd. Orthographie<br />
ausgeht. In dieser zimbrischen Schriftsprache<br />
werden nun die oben genannten Laute<br />
in folgender Weise transkribiert: ezzen, bazzer,vuuz;<br />
seghen, haso, pfersieh, snaidar, sbain; misse, gabisse,<br />
stoan, speck, huusta, haspel, mist, kerssa; dreschen,<br />
visch. Wer wird durch diese Schreibungen nicht<br />
sofort an die Orthographie der alt- und mittelhochdeutschen<br />
Sprachperiode erinnert mit ihren<br />
korrespondierenden Schriftbildern mhd. ezzen,<br />
wazzer, vuoz; sehen, hase, pf ersieh, snidaere, swin;<br />
messe, gewisse, stein, speck, huoste, haspel, mist,<br />
k'ersse; dreschen, visch ? Mit unseren gewonnenen<br />
Gleichungen, der Buchstabe z ist als ß, der Buchstabe<br />
s bald als z, bald als ß und die Buchstabenfolgo<br />
seh als ß zu lesen und auszusprechen, haben<br />
wir aus dem Zimbrischen einen dem Mhd. zeitgleichen,<br />
sicheren Schlüssel zur frühmhd. Phonetik<br />
der Zischlaute gefunden. Ist auch der Weg von<br />
diesen zimbrischen und mhd. Lautungen und<br />
Schriftbildern zu jenen Lautverhältnissen, wie sie<br />
uns die modernen bair. Mundarten bieten, verwikkelt,<br />
so läßt er sich dennoch in unseren vier<br />
dialekthistorischen Quellen in den Einzelstadien<br />
Schritt für Schritt verfolgen. Das Wesentliche ist<br />
dabei: Es sind die Zwischenlauto z und ß beseitigt<br />
worden, indem sie bald zu den reinen Zischlauten<br />
z und ß, bald zu den vollen seh -Lauten z und ß umgestaltet<br />
wurden. — 3. Die übrigen südbair.<br />
Sprachinselmundarten haben dem Zimbrischen<br />
gegenüber meistens nur kleinere Veränderungen<br />
vorgenommen. In slowenischer Umgebung haben<br />
sich zimbr. z und ß zu z und ß verwandelt, da das<br />
Slowenische solche „vermischte" Zischlaute normalerweise<br />
nicht besitzt. Durch diesen Slawismus<br />
ist insofern eine Vermengung eingetreten, als das<br />
alte ß mit dem alten ß lautgleich wurde. Dio oben<br />
genannten zimbr. Lautungen spricht man im<br />
Zarzerischen als üßßn, wgßßr, vuaß; iüiyn, hoide,<br />
pfenriax, znaidar, iwäin; meßßc, gew[ßße, stgün,<br />
Späkx, hudßte, hgßpl, mißt, kxcrßßc; dräßßn, v[ß<br />
aus. Dieselbe Zischlautverteilung gilt in der<br />
Sprachinsel Gottscheo: aßßn, woßßdr, vüsß; iähn,<br />
hüzz3, pfeariaix, znaidar, iwain; vxcßßd, gzwißßz,<br />
itgain, Spakx, hüvßtd, hgßpl, mißt, kxarßßd; draßßn,<br />
viß, _ 4. Im Zusammenhang mit gewissen Neigungen<br />
zu Zischlautnssimilationen slowenischer<br />
Mundarten, auf deren Wesen wir hier nicht näher
§ 32 a 4—b 5<br />
eingehen wollen, haben zwei Außenmundarten auf<br />
slowenischem Sprachboden in gleicher Weise alle<br />
vier Zischlaute auf einer neutralen Basis vereinigt<br />
und kennen nur mehr z und ß statt der zarzerischen<br />
ß, z, ß. Diese neuerliche Vereinfachung<br />
besteht einerseits in Deutschruth, andererseits in<br />
der Suchen als westlichstem Teil <strong>des</strong> Gottscheer<br />
Lan<strong>des</strong>. Man spricht etwa in der Suchen aßßn,<br />
bgßßr, vüdß; zäyn,, hüdzd, fearzax, zneidar, zbein;<br />
meßßd, gdbdßßd, ßticein, ßpakx, hüdßtd, hgßpl, maßt,<br />
kharßßd; draßßn, vdß und mit derselben Zischlautgruppierung<br />
in Deutschruth. Alle diese Veränderungen<br />
haben mit der deutschen Lautgeschichte<br />
an sich nichts mehr zu tun, sie beruhen auf heterogenen<br />
Einwirkungen aus dem slow. Umland (vgl.<br />
Einltg 36).<br />
b. 1. Die erste Umbildung der mhd.-zimbr.<br />
Verhältnisse betraf, sofern wir vom Genitiv-s<br />
absehen 1 ), das anlautende s- vor Selbstlaut. Es<br />
verlor zuallererst seine sch-artige Färbung und<br />
wurde nach vereinzelten urkundlichen z-Schreibungen,<br />
wie zee (See) usw., im Mitteibair, schon<br />
kurz vor 1200 zum reinen stimmhaften z-Laut.<br />
Im Fersental ist dieser neue Zustand bis heute erhalten<br />
geblieben; man spricht bereits z$gn. (sehen), zfr»<br />
(See) usw., dagegen immer noch hözon (Hasen,<br />
plur.), meiß, gvbiß, stön n , s'pgkx, huvst, hgßpl, mißt.<br />
Auch die zweite Umbildung, der häufige Wandel<br />
von vorkonsonantischem Anlaut-s und von -s- nach<br />
-r- zum vollen s-(z- jLaut, ist im Fersental schon<br />
da: Snaidvr, swai n , v%vrzdn (Fersen, plur.), kherzdn<br />
(Kirschen, plur.). Dieselben Verhältnisse trifft man<br />
in den Dreizehn Gemeinden, in Luserna, Lavarone,<br />
Folgaria. Allerdings besteht in allen diesen Außenmundarten<br />
eine zweite Erklärungsmöglichkeit für<br />
diese Neuerung im vorvokalischen z- als Triebkraft:<br />
ein welscher, in unserem Fall ein trentinischer<br />
Einfluß; denn das Trentinische besitzt vor<br />
Vokal auch nur anlauten<strong>des</strong> z- und kein z- mehr,<br />
das es hingegen im Inlaut sehr wohl kennt. Ebenso<br />
kann der Wandel <strong>des</strong> intervokalischen und<br />
vorvokalischen z und ß zu z und ß in Pladen und<br />
Zahre auf welschem, in unserem Fall auf friaulischem,<br />
Einfluß beruhen. Da das Friaulische weder<br />
im vorvokalischen An- noch im intervokalischen<br />
Inlaut z, ß besitzt und in diesen Stellungen nur<br />
z, ß aufweist, gilt auch in Pladen und Zahre nur<br />
z, ß: z$n (sehen), liQze; meßße, gebißßc gleich wie<br />
eßßn, bgßßar, vüdß; wie im Friaul. steht aber<br />
vor Mitlaut und nach r ß und z etwa in stän, s'pekx,<br />
hüdßte, hgßpl, mißt; in znaidar, Ibain, vearze,<br />
kxerßße gleich wie in dreßßn, viß; die entsprechenden<br />
Lautkombinationen mit z und s gibt es eben<br />
auch im Friaulischen. In<strong>des</strong>sen existiert auch im<br />
Binnenland in Heiligenblut, wo kein welscher Einfluß<br />
möglich ist, bei den Alten die Fersentaler<br />
Verteilung: z^hiy, hgzn, meiß, gwis, s'tOD n , speikx,<br />
hüds'tn, hgßpl, mißt, veazn, kxerßßn, snaida, äivai n ,<br />
vgl. eißßn, wgßßa, vüds; dreißßn, viß 2 ). Man kann<br />
also zumin<strong>des</strong>ten die Fersentaler Entwicklungen<br />
ebonso gut als jenes vollwertige bair. Entwicklungs-<br />
*) Schon im 12. Jh. wurde in den Handschriften<br />
gelegentlich das Genitiv-» als z geschrieben, etwa<br />
in gotcz (Gottes), und gewiß auch schon als -ß<br />
gesprochen. Auch in den Sieben Gemeinden wird<br />
gottez geschrieben und gotteß gesprochen. Hingegen<br />
bestehen in Zarz und Gottscheo die lautgerechten<br />
Entsprechungen gotteß, bzw. göltiß usw.<br />
2<br />
) Im restlichen Obermölltal wurden die Heiligenbluter<br />
Verhältnisse einerseits durch Verlust der<br />
Stimmhaftigkeit, andererseits durch volle £-Lautungen<br />
stark vergröbert: sext}, hösn, meis", gwü,<br />
8tOD n , Speikx, hüditn, hohpl, miit, feaSn, kheain,<br />
Snaida, sivai n Stadium buchen, wie es etwa im 13. Jh. im Binnenland<br />
wirklich geherrscht hatte<br />
, vgl. eisn, wösa, füss, dreien, fii.<br />
3 ). — 2. Die anderen<br />
zwei zeitlichen Schritte beruhen im Binnenbair.<br />
auf der endgültigen Beseitigung der Zwischenlaute<br />
z, ß. In allen anlautenden Mitlautverbindungen<br />
sowie inlautend in rs, ms, sp und teilweise in st<br />
nähert sich z, s dem vollen s-Laut, in den übrigen<br />
Stellungen dem vollen s-Laut; die ersten Schritte<br />
zum s oder zum z haben wir im Fersental, in den<br />
Dreizehn Gemeinden, in Zahre und in Heiligenblut<br />
(s. § 32 b 1) schon erfahren. Damit waren die<br />
sonderbaren Zwischenlaute z und ß endgültig beseitigt;<br />
seither gab es (vor Verlust <strong>des</strong> Stimmtons)<br />
nur mehr die vier Phoneme z, z und s, S oder (nach<br />
Verlust <strong>des</strong> Stimmtons) gar nur mehr die zwei<br />
Phoneme 8, &. Die Urkundensprache, die mhd.<br />
Reime und der Lehnwortaustausch an den Sprachgrenzen<br />
deuten diese weiteren Neuerungen gemeinsam<br />
mit den moderneren Sprachinselmundarten,<br />
soweit man aus diesen Quellen eben solche<br />
Neuerungen noch erfassen kann, fürs Mittel- und<br />
Nordbair. schon seit dem beginnenden 13. Jh., fürs<br />
Südbair. teilweise erst im 15. und 16. Jh. an.<br />
Schon im 13. Jh. reimten die mittelbair. Dichter<br />
ahd. -z und -s z. B. in vaz (Faß) und gras (Gras) konsonantisch<br />
rein, und in den Handschriften und<br />
Urkunden wurden schon damals im Mittel- und<br />
Nordbair. dementsprechend die Lautzeichen z und<br />
8 häufig im Aus- und gelegentlich im Inlaut vertauscht,<br />
etwa in es, aus, das für älteres mhd. ez,<br />
Hz, daz, in waz, dez für älteres mhd. was (war),<br />
<strong>des</strong> (<strong>des</strong>sen) oder in lezen, gewezen; müessen für<br />
älteres lesen, gewesen; müezzen. Die mittel- und<br />
nordbair. Sprachinseln um Brunn, Wischau, Budweis<br />
und Iglau haben als Außengründungen um<br />
1200, sofern man von der alten Stimmhaftigkeit<br />
vor und zwischen Vokalen absieht, bereits Verhältnisse,<br />
die zu den modernen Binnenmundarten<br />
passen; z. B. um Brunn äißßn, bgßßnr, vüiß; z$yn,<br />
hQzn (plur.); mäiß, g(s)biß; vqvrzn, khenrßßn,<br />
Snäidor, sbäi n , stün n , Späikx, hgßpl; jedoch hüißtn,<br />
mißt mit -ßt als Sonderfall (s. § 32 b 5); ferner<br />
dräißßn, viß. — 3. Über den Verlust <strong>des</strong> Stimmtons,<br />
auf Grund <strong>des</strong>sen z, z zu s, s verändert wurden<br />
und sich in den meisten modernen Binnenmundarten<br />
die Brünner Lautungen zfy?}, hgzn, v^nrzn zu<br />
binnenbair. s^hn, hgsn, f%nr§n (gegen khqnrßßn !)<br />
umbilden mußten, sowie über gewisse binnenbair.<br />
Restschollen mit der alten Stimmhaftigkeit s.<br />
§ 27 e. — 4. Andererseits vermögen jedoch die<br />
südbair. Dichter <strong>des</strong> Spätmittelalters bis ins 15. Jh.<br />
frühmhd. -«- und -seh- im Reim zu binden, etwa<br />
um 1310 Ottokar aus der Gaal in seiner Steirischen<br />
Reimchronik rossejgedroschen oder noch um<br />
1400 der Tiroler Oswald von Wolkenstein kmsenf<br />
wischen als Zeugnis dafür, daß sich speziell im<br />
Südbair. die -ÄCÄ-haltigo Aussprache <strong>des</strong> inlautenden<br />
ahd. «-Lautes bis ins ausgehende Mittelalter<br />
erhalten hat. — 5. Auch die inlautende<br />
Lautfolgo -st- dürfte im ganzen Südbair. bis ins<br />
15. Jh. in mist, huzstn *), äwestar (Schwester) usw.<br />
3<br />
) Allerdings hat das Gottscheeische, abgesehen<br />
von seiner leichten Slawisiorung (s. § 32 a 3), aus<br />
dem kärntn.-tirol. Grenzgebiet um 1325 noch die<br />
älteren Verhältnisse, wie sie dio Sieben Gemeinden<br />
konservieren, festgehalten. Das kürntn.-tirol. Grenzgebiet,<br />
die Urheimat der Gottacheer, ist als Binnenmundart<br />
bis heute derart konservativ geblieben,<br />
daß wir ihm ein Beharren auf Lautzuständen, dio<br />
sonst im Südbair. schon im 13. Jh. langsam außer<br />
Brauch gesetzt worden waren, bis ins 14. Jh. hinein<br />
ohne weiteres zumuten können.<br />
4<br />
) Wonn speziell im Worte Husten im Osten von<br />
Ober-, im Westen und Süden von Niederösterreich,<br />
89
§ 32 b 5—§ 33 b 1<br />
bestehen geblieben sein. In Kärnten und Steiermark<br />
entdecken wir noch im 15. Jh. -sc/if-Schreibungen,<br />
im Burgenland beweist uns die kroatische<br />
Namenform RuSta für die Stadt Bust, deutschmundartl.<br />
jetzt Rüsd (d. i. mhd. rust „Feldulmenhain"),<br />
diese &-Aussprache noch fürs beginnende<br />
16. Jh.; denn die Kroaten sind erst gegen 1530 ins<br />
Burgenland eingewandert und haben im Bezirk<br />
Eisenstadt, in dem Rust liegt, damals ihre Ortsnamenformen<br />
mit wenigen Ausnahmen aus dem<br />
Deutschen und nicht aus dem Magyarischen entlehnt<br />
5 ). Seither haben sich allerdings diese -St- weit<br />
nach Westen zurückgezogen. In<strong>des</strong>sen ist die volkstümliche<br />
Ansicht, diese -^-Lautungen wären nur<br />
auf Tirol und Schwaben beschränkt, nicht richtig,<br />
wenngleich Tirol und Schwaben, vom Osten aus<br />
betrachtet, tatsächlich die Kerngebiete für dieses<br />
-St- bilden. Nach der ältesten Bauernmundart zieht<br />
die Grenze zwischen mi§t und mist usw. noch jetzt<br />
Oberkärnten, den obersten Pinzgau <strong>des</strong> Salzburger<br />
Lan<strong>des</strong>, den Westen von Oberbayern und den<br />
Süden von Mittelfranken auf die -&-Seite. Die<br />
Grenzorte und Grenzgebiete mit altem St sind<br />
gerade noch: in Kärnten Tröppolach im Gailtal,<br />
Lind im Drautal, Fragant und Mallnitz im Mölltal;<br />
in Salzburg Rrimml; in Tirol das Zillertal und<br />
Terfens am Inn; in Oberbayern Bayrischzell,<br />
Weyern bei Miesbach, Dürnhaar südl. von München,<br />
Fürstenfeld-Bruck westl. von München,<br />
Fahrenzhausen nördl. von München, Pfaffenhofen<br />
an der Um; in der Oberpfalz Altmannsstein westl.<br />
von Kelheim, Beilngries; in Mittelfranken Thalmässing,<br />
Spalt, Rothenburg ob der Tauber; in<br />
Unterfranken Miltenburg. Jedoch verläuft bei is<br />
(ist) in Bayern die Grenze bedeutend weiter westlich<br />
; offenbar war <strong>des</strong>sen -t so früh abgefallen, daß<br />
das nunmehr auslautende -s wie normales Auslaut-s<br />
behandelt werden konnte und es nicht mehr teilnahm<br />
an der Sonderentwicklung <strong>des</strong> -st-. Fürs<br />
Mittel- und Nordbair. beweisen die st- der Außenmundarten<br />
schon für die Zeit um 1200 das neue<br />
-st-.*Sie stimmen damit zeitlich zu gewissen Anzeichen<br />
anderer dialekthistorischer Quellen. Demgegenüber<br />
dürfte jedoch die verkehrsfernere Sprechweise<br />
der mittelbair. Landbauern immerhin noch<br />
bis ins 14. Jh. das ältere -St- in mist usw. festgehalten<br />
haben. Es ist nämlich im Mittelbair. gelegentlich<br />
altes -st- mit jenem neuem -St- (und -ht-)<br />
durcheinandorgeraten, das nachweisbar erst um<br />
1300 aus älterem -rt-, etwa in bgosd, bQvxd (Bart)<br />
(s. auch § 50 e 5) entstanden war; das ist nur unter<br />
der Voraussetzung möglich, daß sich das neue<br />
St aus rt schon entwickelte, als das alte -St- aus ahd.<br />
-st- (um 1300) noch vorhanden gewesen war. Z. B.<br />
wird teilweise im Innviertol bivxd (Biestmilch)<br />
aus mhd. biest, verstreut übers ganze Mittelbair.<br />
bgsdln, bgsin (Baden der Hühner) aus mhd. bähte-<br />
7ien (zu bäht „Staub") neben bQ(x)dln, im südlichsten<br />
Oberösterreich und der angrenzenden Steiermark<br />
bgsd(l)vd, bgSd(l)vd neben b{j(x)d(l)n(d)<br />
(Kehricht) aus mhd. bähtach und im Südosten von<br />
Oberbayorn sowie in benachbarten österr. Grenzgebieten<br />
strichweise d^s(d)ln oder d$sdir}v aus mhd.<br />
dehtenen neben lautgesetzlichem d$(x)dln (die<br />
im Burgenland mit der nördlichen Oststeiormark<br />
lautwidriges hüDSdn statt erwartetem hüosdn,<br />
hüisdn auftritt, so wurde dabei ein irrtümliches<br />
Huersten mit eingeschobenem -r- maßgebend; vgl.<br />
ebendort düvSd (Durst) usw.<br />
6 ) Das Magyarische kommt, da es für Rust heute<br />
die Form Ruszt (sprich Rußt) als Neuentlehnung,<br />
in älterer Zeit Szll als Übersetzung (magyar. szll ist<br />
die Feldulme) für unser Rust gebraucht, nicht in<br />
Betracht.<br />
90<br />
Schuhe oder das lecke Faß dichten) gesprochen. —<br />
6. Die Lautfolgen -rs- und -rst- sind außerhalb<br />
der konservativsten südbair. Sprachinseln (s. oben)<br />
zu -rS(t) - geworden, und zwar bei -rs- mit einfachem<br />
frühahd. -s-Laut zu -rS- mit lindem S (oder alt mit<br />
stimmhaftem i), mit verdoppeltem frühahd. -s-<br />
Laut zu -rß- mit starkem ß; es stehen sich fevrSn<br />
(-zn) und kh§rßßn aus frühahd. f'ersna, kerssja<br />
gegenüber. — 7. Doch gibt es in Mittelkärnten, im<br />
Obergurk- und im Gegendtal, eine Landschaft,<br />
wo die alten Bauern durchaus -rs(t)- gebrauchen:<br />
fevrsn, kh^rnsn (mit Kärntner Lenisierung aller<br />
alten Starkreibelaute; s. § 34 j 2), gms (Arsch),<br />
pfevrsDX (Pfirsich), duorst (Durst), g§vrstn (Gerste)<br />
usw. Das -rs-Gebiet dürfte einstens größer gewesen<br />
sein, da insbesondere unter Schwachdruck noch<br />
jetzt im Liesertal und am Millstättersee neben<br />
f^vrsn usw. immerhin in ninddrst (nirgends),<br />
gnddrst (anders), dr §vrste (der erste) -rst- restweise<br />
fortbesteht; man vgl. gemeinkärntn. nindorSt<br />
usw. Für inlauten<strong>des</strong> -rs- (mit Lindlaut) finden wir<br />
auch anderswo die Aussprache /fsn (Ferse) mit<br />
•s- statt -S-, nämlich in der nördlichen Oststeiermark<br />
mit angrenzenden Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>;<br />
im oberösterr. Kernland mit dem Oberybbs- und<br />
Obererlaftal in Niederösterreich; vielfach auch im<br />
niederbayr.-oberpfälz. Grenzgebiet. Bei ganz alten<br />
Leuten hörte ich um 1916/18 auch im westl.<br />
obersteir. Murgebiet die heute fast verschollene<br />
Lautung i$sn. Über weitere Veränderungen der<br />
Lautfolgen -rs- und -rst- etwa zu -r-, -h- u. dgl.<br />
s. § 50 e 3 ff.<br />
§ 33. Spätahd. h<br />
Übersicht: a. h- im Anlaut. — b. -h- zwischen<br />
Vokalen. — c. -h im Auslaut. — d. -ht-. — e. -hs-,<br />
a. 1. Wenn wir hier den Hauchlaut anfügen, so<br />
ist das eine Verlegenheitslösung, aber ein Ausweg,<br />
der sich in Hinblick auf gewisse Parallelitäten <strong>des</strong><br />
/j-Lautes mit den übrigen Lindlauten schon im<br />
§ 27 mehrfach bewährt hat. Beim anlautenden hbestehen<br />
mehrere erwähnenswerte Besonderheiten.<br />
Darüber, in welchen Gegenden der Hauchlaut<br />
stimmhaft und in welchen er stimmlos ist, lese man<br />
§ 27 e, g nach. — 2. Selten kommt es vor, daß anlauten<strong>des</strong><br />
h- wegbleibt. Es ist dies in Formwörtern<br />
<strong>des</strong> Satzes der Fall, da sie gerne im Schwachdruck<br />
stehen; z. B. im Pustertal j gn (ich habe), du gS<br />
(du hast) und dergleichen. In solchen Formwörtern<br />
wird gelegentlich auch umgekehrt unrichtiges<br />
h- vorgesetzt, z. B. in südbair. und teilw.<br />
mittelbair. hivtß (jetzt) oder in Zarz heiyiSt, heim(c)St<br />
und in den Sieben Gemeinden hemmis't<br />
(jetzt) aus mhd. ebenerst (so in Tiroler Urkunden<br />
<strong>des</strong> 13./14. Jh.); ihnen stehen in den Dreizehn<br />
Gemeinden eibon$st, in Lusernn, Folgaria und<br />
Lavarone vb$s't und in Gottschee abäSt, anäSt,<br />
aläSt, adäSt ohne dieses sekundäre h- gegenüber.<br />
— 3. In den Dreizehn Gemeinden kann h-<br />
(oft nur individuell) vor Hintergaumenvokalen zu v<br />
werden, z. B. in vnngar (Hunger), vüstnn (hüten),<br />
vgnßßDn (heißen). Umgekehrt kann sich in der<br />
gleichen Stellung v- zu h- wandeln, z. B. in hnllixe<br />
(Füllen) neben vullixz ou s «hd. vüllicha. Ansätze<br />
dazu finden wir auch in Gottschee z. B. in a hü&rt<br />
(einmal) aus mhd. einiu vart (einmal), hgahd (Föhre)<br />
neben a vüart, vgahd; inlautend in Gottschee in<br />
üvdr(le) (Ahorn) neben seltenem ül&r.<br />
b. 1. Inlautend besteht zwischen Vokalen landschaftliche<br />
Buntheit und oft sogar innerhalb einund<br />
derselben Landschaft wortweisea Schwanken.<br />
Es ist hier nicht möglich, die reiche Fülle an<br />
Formen und Varianten in den einzelnen Landschaften<br />
vorzuführen. Ein zusammenfassender
Überblick ist immerhin erreichbar. Das konservative<br />
Gebiet und vor allem das Südbair. hält in<br />
verkehrsferneren Landstrichen meistens unverändertes<br />
-h- fest; vor allem die Tiroler Hochtäler,<br />
etwa das Zillertal mit h§vha (Höhe), ghagry (Ahorn),<br />
eihdr (Ähre), tghv (Dohle), laihry (leihen), ts$vho<br />
(Zehe), trühv (Truhe), zeiht} (sehen), tseihry (zehn),<br />
VQvrhv (Föhre), silhw, (schielen). Dieses h, das in<br />
den Hochtälern und in den Außenmundarten<br />
überall stimmhaft gesprochen wird, dürfte schon<br />
in spätahd. Zeit zu spirantischem -y- geneigt haben,<br />
weshalb -y- sowohl in süd-, in mittel- als auch in<br />
nordbair. Außenmundarten erhalten geblieben ist.<br />
So im Zimbrischen der Sieben Gemeinden in<br />
h8y(dn)e, ayorn, eyvra, taya, laiyen, ts$y(9n)a,<br />
truya, z§yen, tseyen, vorya, äilyen. Desgleichen gilt<br />
-y- in Zarz, in Deutschruth, in der Suchen, als<br />
konservativstem Teil <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong>, aber<br />
auch um Brunn und Wischau sowie (teilweise) in<br />
der südmährischen Sprachzunge Prahlitz-Pohrlitz<br />
und in der Nordhälfte der Iglauer Insel. — 2. In<br />
den Tiroler Verkehrstälern, im größeren Teil <strong>des</strong><br />
Salzburgischen und teilweise im Nordbair. neigt<br />
das intervokalische -h- zum Reibelaut -x-, z. 13.<br />
um Innsbruck eixdr (Ähre), tguxa (Dohle) usw. 1 ).<br />
Auch um München und Wien hört man dieses -x-,<br />
<strong>des</strong>gleichen, Kärnten ausgenommen, in den Stadtund<br />
Verkehrsmundarten. — 3. In großen Teilen<br />
<strong>des</strong> Mittel- und Nordbair. und strichweise im Südbair.<br />
bleibt dieses -h- entweder bis heute geschwunden,<br />
oder es war zumin<strong>des</strong>t früher beseitigt; nach<br />
Ausweis der Urkunden ging dieser Schwund ugf.<br />
um 1300 vor sich. In der Herzlandschaft von<br />
Niederösterreich und in Teilen von Niederbayern<br />
wurde -h-, -x- jedoch nachträglich neu hergestellt.<br />
Dabei sind gelegentlich Fehler unterlaufen, so daß<br />
man in schriftsprachefernen Wörtern, insbesondere<br />
in Zähre, auch „falsche" Formen, wie dsägo,<br />
dsärv, neben richtigem dsähv, dsäxv zu hören bekommt.<br />
— 4. Auf südbair. Boden ist dieser Schwund<br />
verhältnismäßig selten zu beobachten. Streng<br />
durchgeführt ist er heute in den Sprachinseln<br />
Pladen und Zahre: Äfo, Qrl (Ahorn), fr (Ähre), lain<br />
(leihen), ts^a, trü-e, zqn, tsein, vöüre, Hin. Auch im<br />
Lesachtal dürfte einstens Schwund geherrscht<br />
haben; „falsche" Wiederherstellungen, wie lihe<br />
(Rauchluke), ghgdle (Arl, d. i. eine primitive<br />
Pfluggattung), raihile (Querleiste am Stadeltor<br />
und am Rechen) aus mhd. lie, arle, rie weisen in<br />
diese Richtung. Nahezu ebenso radikal wurde dos<br />
•h- in den Südtiroler Bauernmundarten von Klausen<br />
den Eisack und von Bozen die Etsch abwärts<br />
bis gegen Salurn beseitigt, wo man eir, laidn,<br />
fcsgo, seidn oder aeigry (sehen), tsein (zehn), föur<br />
(Föhre), Hin spricht; Restformen dieser Art<br />
roichen bis ins Westpustertal. In den Dreizehn<br />
Gemeinden überwiegt -h-, das mit -y- und -gwechselt,<br />
in den übrigen zimbrischen Inseln treffen<br />
wir ein Durcheinander, z. B. in Luserna gvxor<br />
(Ähre), töxl (Dohle); JIQD (Höhe), ür (Ahorn), tsen,<br />
vor, Hin; laigty, trügi (Truhe), zfyn und sogar<br />
tsearn (Zehe) mit -r-, — 5. Von Südosten aus betrachtet,<br />
beginnt ein großes mittelbair. Schwundgebiet,<br />
um nochmals darauf zurückzukommen, bei<br />
Güssing im Burgenland, bei Gleisdorf und Birkfeld<br />
in der Steiermark; es erstreckt sich südlich<br />
der Donau bis in den Seewinkel am Neusiedlersee<br />
und bis Parndorf, hört aber gegen die Donau zu<br />
auf. Nördlich der Donau kommt der Schwund<br />
wioder in Teilen <strong>des</strong> Wein- und Waldviortels zum<br />
Vorschein; in Oberösterreich bezieht das Schwund-<br />
1 ) Jedoch hier und in anderen Mundarten Quhgvrn<br />
mit -h-, weil man bei diesem Wort irrtümlich an<br />
Hörn dachte.<br />
§ 33 b 1—b 6<br />
gebiet bereits die Donaulandschaft selbst ein, es<br />
umschließt von Oberösterreich aus auch das niederösterr.<br />
Ybbs- und Erlaftal, den Salzburger Flach -<br />
und Tennengau und zieht fast ganz Niederbayern<br />
und den oberbayr. Salzachgau mit dem Berchtesgadner<br />
Land noch auf seine Seite. Der allgemeine<br />
-/t-Schwund reicht in Oberbayern bis gegen Wasserburg<br />
und Erding und in der südl. Oberpfalz bis<br />
zur Laber und zum Cham, mag auch dort der<br />
Schwund nicht mehr überall erhalten sein. Ein<br />
drittes Schwundgebiet erstreckt sich vom Schwäbischen,<br />
Ostfränkischen und Mitteldeutschen herein<br />
ins Nordbairische mit den Grenzorten (im Schwundgebiet)<br />
Augsburg und Donauwörth in Schwaben,<br />
öttingen, Weißenburg am Sand, Hilpoldstein und<br />
Hersbruck in Mittelfranken, ferner mit den Grenzorten<br />
im Süden Parkstein und Tirschenreuth in<br />
der Oberpfalz und mit Plan, Mies und Staab im<br />
Egerland. In lajv (leihen), wayo (weihen) greift er<br />
über diese Orte weiter nach Süden bis Thalmässing,<br />
Amberg und Taus vor. Im nördlichen Böhmerwald,<br />
im Bayrischen Wald mit weiträumigen Ausstrahlungen<br />
nach Niederbayern tritt dafür neuerdings<br />
läi'-n., wäi'Tj ein, Formen, die auch im Weinviertel<br />
als „Verbesserungen" der altheimischen<br />
Formen läiv, wäro auftauchen. — 6. Vielleicht stehen<br />
diese Modernisierungen mit scheinbarem -g- in<br />
Verbindung mit weiteren Besonderheiten. Ein<br />
merkwürdiges Verhalten beobachtet man nämlich<br />
bei alten Gewährsleuten in einigen abgelegenen<br />
Gemeinden <strong>des</strong> Lavanttales in Unterkärnten. Die<br />
inff. lauten s^vhvn (sehen), k&^vhvn (geschehen),<br />
die partt. prät. dazu aber Jc$$vgn,, ks^ogr},, als läge<br />
alter „grammatischer Wechsel" zwischen -h- und<br />
-g- vor; ihn hat es in Wirklichkeit bei diesen<br />
beiden Verben nie gegeben. Tatsächlich entschieden<br />
allerdings bei diesen altlavanttalerischen Lautungen<br />
Vorlagen wie inff. tslnhvn (ziehen), flivhvn<br />
(fliegen), säihvn (seihen) und partt. prät. gDteöugn,<br />
leflöugn., kslgry mit uraltem Wechsel. Man spricht<br />
in Angleichung an die partt. in einigen Gemeinden<br />
<strong>des</strong> Unterlavanttales auch schon die inff. mit -g-,<br />
also tsivgn,, flivgn, säigry; ebenso auch wieder s^ogn,<br />
ks^vgry. Nun sind bei diesen Zeitwörtern auch im<br />
größten Teil <strong>des</strong> Mittel- und im Süden <strong>des</strong> Nordbair.<br />
die inff. mit -g- üblich, ausgenommen seihen,<br />
also z. B. mittelbair. dffio'?}, /ho'ji; «£'?$,
§ 33 b 6—e 1<br />
bair. Stadtmundarten auch saigry entgegen, ausgenommen<br />
allerdings Tirol. — 7. Einerseits im<br />
südlichen Kärnten, andererseits in großen Teilen<br />
von Niederbayern erscheint auch das Wort Truhe<br />
regelwidrig mit -g- als trügry oder driVv, statt trühn<br />
oder drü(h)v im übrigen Bair. Das abwegige -gberuht<br />
hier wohl auf Wortmischung aus ahd. truha<br />
und *trugula; die zweite Form lebt in Teilen von<br />
Oberösterreich als drugl, drufe und im Kärntner<br />
Slowenischen als mundartl. trügua (aus älterem<br />
slowen. trugla) fort. — 8. Über die Sonderwege<br />
<strong>des</strong> Wortes Zähre war bereits die Rede. — 9. Nach<br />
Liquiden, etwa in mhd. vorhe (Föhre) und schuhen<br />
(schielen), blieb das -h- nur im Süden bewahrt,<br />
also in der Steiermark (ohne Jogelland), in<br />
Kärnten, Salzburg (ohne den nördl. Flachgau),<br />
in Tirol und im südlichen Oberbayern. — 10. Als<br />
Hiatustilger erscheint seit dem 14. Jh. -7t- in<br />
großen Gebieten und in Räumen, wo nach den<br />
älteren Quellen -h- sonst nie geschwunden war, etwa<br />
in rohe (roh), Lohe (Lohe), Liehe (Rauchluke; im<br />
Südbair.) aus mhd. ro, 16, lie. Sonderbarerweise<br />
reicht hier das -h- trotz seiner späten binnenländischen<br />
Belege auch in die alten Sprachinseln.<br />
Hingegon wird man oststeir.-ostniederösterr. MrQx<br />
(Stroh), frpx (froh), frwhv (früher) besser als<br />
„falsche" Wiederherstellung von -h- und -h auffassen.<br />
Über näix (neu), v näixv (ein neuer) u. e. a.<br />
s. § 29 b 4.<br />
c. Im absoluten Auslaut wurde unser Hauchlaut<br />
in alter Zeit lautgesetzlich zu -ch „verhärtet"<br />
(s. § 27 d). Tatsächlich blieb dieses -x Z. B. in<br />
nach, hoch, Floh, Schuh im größten Teil <strong>des</strong> Südbair.<br />
erhalten, nämlich in der Steiermark (ohne<br />
Jogel- und Ausseor Land, aber mit dem burgenländischen<br />
Raab- und mit dem niederösterr. Oberybbs-<br />
und Obererlaftal), in Oberkärnten, in Tirol<br />
(ohne den Reggelsberg und ohne den Oborvintschgau),<br />
bestehen blieb es ferner im Süden und Westen<br />
von Oberbayorn mit den Grenzorten Eisenarzt,<br />
Rosenheim, Ebersberg, Freising und Neuburg a. d.<br />
Donau; weiters im Westen und Norden der Oberpfnlz<br />
und im Egerland, während es sonst im Mittelund<br />
Nordbair. fehlt. Im Südbair. blieb -x- Doch<br />
ist in Floh, hoch, Schuh, also gerado im absoluten<br />
Auslaut, -x in Mittel- und Unterkärnten geschwunden<br />
fflQo, hQv, SIID), obenso in den obersteir.<br />
Bezirken Neumarkt, Unzmarkt, Oberwölz und<br />
Murau. Im Osten dieses Schwundgebietes ist demgegenüber<br />
im sekundären Auslaut das -x bestehen<br />
geblieben, etwa in h$vx (Höhe), fleox (Flöhe), fix<br />
(Vieh). So feine Differenzierungen leistet sich also<br />
die Mundart, daß sio strichweise primär und<br />
sekundär auslauten<strong>des</strong> -h noch unterscheidet. Im<br />
übrigen bair. Raum stimmt hingegen der Schwund<br />
von altem und von neugebildetem Auslaut-A zusammen.<br />
Erhalten blieben diese -x immer in Brunn,<br />
Wischau und in der Nordhälfto der Iglauer Insel.<br />
Die Wörtor zäh, gäh behaupteten ausnahmsweise<br />
ihr -x sogar in Niederösterreich und in Altbayern,<br />
wobei uns allerdings in Niederbayern noben gäx<br />
dsäg mit „falsch" wiederhergestelltem -g entgegentritt.<br />
Im Marktwort Vieh hinwiederum hat<br />
der größto Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> noch flo mit<br />
Schwund, ebenso der Süden, Westen und Nordwesten<br />
von Niederösterreich; dio nähere und weitere<br />
Umgebung von Wien mit dem niederösterr.<br />
Donautal und dio Brünner Straße haben bis ins<br />
Südmährische fix, fivx; Oberösterreich mit Südböhmen,<br />
der Bayrischo Wald und der größto Teil<br />
<strong>des</strong> Böhmerwal<strong>des</strong> warten wieder mit fin, der<br />
Süden von Oberösterreich mit fi auf, der nördl.<br />
Böhmerwald und das Regental mit fei-, fi treffen<br />
wir auch im Flach-, Tonnen- und Salzachgau,<br />
im steir. Ennstal, im Lungau, im westlichsten<br />
92<br />
obersteir. Murgebiet und in Mittelkärnten, ausgenommen<br />
das Städtedreieck Klagenfurt-St. Veit-<br />
Villach mit seinem verkehrssprachl.-wienerischen<br />
fix. Im übrigen bair. Raum bleibt in fix, feix das<br />
auslautende -x überall bestehen. Nur noch im<br />
Südtiroler Verkehrsgebiet südlich von Klausen und<br />
Meran taucht nochmals fi auf. Im gleichen Gebiet<br />
wie bei Floh usw. gilt Schwund in mhd. vurch<br />
bzw. in mundartl. füryr, fü(v)r\ (Furche). Auch<br />
bei diesem Wort stoßen wir in Niederbayern auf<br />
„falsches" füvg mit -g statt -x.<br />
d. 1. In einigen bair. Landschaften ist auch in<br />
der mhd. Lautfolge -ht- nach alter Länge und bei<br />
Einsilberdehnung (s. § 34 k 3) -x- geschwunden;<br />
dies, obgleich im Bair. schon im 12. Jh. teilweise<br />
kriecht, nacht, leuchten für mhd. Jcneht, naht, liühten<br />
mit dem gleichen -ch- geschrieben wurde, das von<br />
rechtswegen nur dem sekundären mhd. -cht- z. B.<br />
der Lautungen sticht (er sticht), aus ahd. stichit,<br />
und macht (er macht), aus ahd. machot usw., zukäme;<br />
bei dem „sekundären" -cht ist hingegen<br />
der Reibelaut durchaus erhalten geblieben. Nur<br />
im Südbair. ist -xt gleichgültig welcher Herkunft<br />
durchaus bewahrt geblieben. Im größten Teil von<br />
Niederbayern sagt man infolge alter Einsilberdehnung<br />
im sing. gn,qd, n$d (im plur. oft noch<br />
gnext, naxt; ebenso sdixt, moxt); auch in der<br />
nördl. Oberpfalz und im südl. Egerland zwischen<br />
Lauf (Mittelfranken) und Pilsen (Egerland) erscheint<br />
grßvd und streuweise ngod (neben ngxt,<br />
aus dem dat. verallgemeinert); gn$d, ghnqd und<br />
nQd begegnen uns ferner nordwestlich von München<br />
im Staudengebiet und seiner Nachbarschaft um<br />
Dachau, Freising, Pfaffenhofen an der Ihn, Schrobenhausen<br />
und Aichach; schließlich um Tegemsee<br />
und um Tölz. In livd, leid (Licht) u. ä. fehlt -hin<br />
einem geschlossenen Dreieck an der niederbayr.oberpfälz.<br />
Grenze mit den Eckpunkten Wallern<br />
(Böhmerwald), Altomünster (Oberbayern) und<br />
Taus (Egorland); ebenso in einer weit davon<br />
entfernton Insel an der steir.-burgenländ. Grenze<br />
um Hartberg und Oberwart. Im Staudengebiet,<br />
im Böhmerwald und in Teilen <strong>des</strong> Bayrischen<br />
Wal<strong>des</strong> heißt die Fichte (aus mhd.-bair. viühte,<br />
bzw. aus mhd.-nordbair.-mitteld. viehte) fäidn oder<br />
feidn; dieses fäidn finden wir wieder um Hartberg<br />
und Oberwart. Die strenge Reihenordnung ist<br />
beim Schwund <strong>des</strong> -h- vor -t- gelockert und gestört.<br />
— 2. Daß einstmals solche Schwundformen<br />
weiter verbreitet und allgemeiner üblich gewesen<br />
waren, bemerkt man an falschen Rückbildungen,<br />
wie läihdn (Leite, Wiesonhang), Fäihd (Veit) im<br />
Böhmerwald und im westlichen Südböhmen,<br />
Dofäihd, Hofname bei Rosenheim, aus mhd.<br />
David, ds'iDxdo (Teil der Ochsenbespannung) und<br />
Sdüvxdn, sdüixdn (Stute) an der steir.-burgenländ.<br />
Grenze aus mhd. zieter, stuote, ja sogar an Überbildungen<br />
in Kärnten und Slowenien wie Feichtendorf<br />
im Lumfeld und Feichting (mhd. Vitingen,<br />
slowen. Bitinj) mit ihren alten Veitskapellen. —<br />
3. Zum gelegentlichen Wandel von -ht zu -st in<br />
den Dreizehn Gemeinden s. § 23 a 3, Fußn. 3; über<br />
„falsche" -st-, -st- für -ht- s. § 32 b 5 und 60e5/f.<br />
e. 1. Dio Meinung, es wäre im Bair. die Lautfolge<br />
-hs- nicht wie in anderen hochdeutschen<br />
Dialekten zu -ss-, -s§- assimiliert gewesen, wird<br />
zwar allgemein anerkannt, sio ist dennoch<br />
unrichtig. Schon in frühmhd. Zeit lassen sich auf<br />
rnittelbair. Boden -»«-Schreibungen für mhd. -h-sund<br />
umgekehrt -/««-Schreibungen für mhd. -ssurkundlich<br />
nachweisen, z. B. aus Niederösterreich<br />
1170 Sassengange (Sachsengang), 1180 Ossenburg<br />
(Ochsenburg), 1170 Louchsc statt älterem Loussc<br />
(Lassen) oder aus Oberösterreich 1147 Tasperch<br />
(Dachsberg), 1088 (sie!) Ahsa (Aschach); aller-
dinga tauchen diese Verwechslungen auf südbair.<br />
Gebiet erst im 13. Jh. auf. Mit diesem alten Wandel<br />
hängt das Auftreten von -ss-, -sä-, -tS- für mhd.<br />
-hs- in schriftsprachefernen und in anderen ausgesprochenen<br />
Bauernwörtern zusammen. — 2. Anders<br />
zu beurteilen sind freilich noch die nordbair. -<br />
ostfränk. -s aus mhd. -hs unter alter Einsilberdehnung<br />
in nordbair. flgm, ostfränk. flgs (Flachs)<br />
und in nordbair. (veraltet) füvs (Fuchs) 2 ); sie<br />
sind vergleichbar den nordbair. Lautungen gn^pd<br />
(Knecht) und ngvd (Nacht; s. § 33 d 1), also<br />
gleichfalls alten Einsilbern. Allerdings sind die<br />
lautgesetzlichen Einsilberformen oft schon durch<br />
flQkß und fast durchaus durch fukß, aus den ursprünglich<br />
zweisilbigen datt. mhd. vlahse, vuhse,<br />
verdrängt, bei denen echtes -kß steht; strichweise<br />
sind sie gar durch die Mischformen flgvgs<br />
oder flQvkß aus nom. flgos + dat. flgkß ersetzt<br />
worden, flgns, flgs als nom.-acc. (und teils schon<br />
als dat.) finden wir nördlich der Linie Pilsen<br />
(Böhmen), Haid, Neulosimthal, Neuhaus (Oberpfalz),<br />
Rieden (südl. von Amberg), Schwend (südwestl.<br />
von Sulzbach), Olsbach (östl. von Altdorf;<br />
Mittelfranken), Hersbruck, Pottenstein, Thurnau<br />
(Oberfranken), Lichtenfels, Haßfurt (Unterfranken),<br />
Rimpar, Remlingen, wobei die angegebenen<br />
Orte selbst schon im Schwundgebiet liegen. Doch<br />
hat sich im nördlichen Oberfranken und im nördlichen<br />
Egerland die -^-Lautung <strong>des</strong> Dativs im<br />
nom. schon allgemein durchgesetzt. Grenzorte für<br />
-kß sind: Kulmbach (Oberfranken), Friedenfels,<br />
Waldsassen, Lauterbach (Egerland), Elbogen,<br />
Weseritz. — 3. In Wörtern wie Achse, wachsen,<br />
Achsel, Ochse, sechs usw., also in Mehrsilbern mit<br />
schriftsprachlichen Vorbildern, treffen wir -ss-<br />
Lautungen nur in außerbair. Gebieten, etwa im<br />
nordwestlichsten Vorarlberg mit der Lindauer<br />
Gegend und im nordwestlichen Unterfranken. —<br />
4. Aber im Bauernwort Deichsel und in den schriftsprachefernen<br />
Wörtern Leuchse (Runge am Leiterwagen)<br />
und Dachsen (meistens plur.; abgehackte<br />
Nadelbaumzweige) sind derartige Reste mit -ssund<br />
dergleichen auch innerhalb <strong>des</strong> Bair. weit<br />
verbreitet; das Wort Dachsen als solches fehlt<br />
allerdings im Norden, so im Burgenland, im größeren<br />
Teil der Steiermark, in Niederösterreich, im<br />
größeren Teil von Oberösterreich, in der Nordwesthälfto<br />
von Niederbayern und im Nordbair.<br />
Dlßßlo (Deichsel) herrscht zunächst in Vorarlberg<br />
und im Allgäu, daisl im Norden <strong>des</strong> Ostfränkischen,<br />
dais(s)l aber auch schon im Osten der Oberpfalz<br />
und im Egerland mit einem Vorstoß über die<br />
mittlere Naab bei Pfreimd bis an die Westgrenzo<br />
<strong>des</strong> Nordbair. bei Neumarkt (Oberpfalz) und Altdorf<br />
(Mittelfranken). Ferner finden wir tai&tl im<br />
Puster-, im Oberdrau- und Gailtal und taiMl im<br />
größten Teil <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong>; sonst gilt im<br />
Bair. daikßl, taikßl mit -kß-. Weiter verbreitet<br />
sind Restformen mit -ss- und dergleichen in Leuchse,<br />
einem Wort, das über ahd. *liühsin(ni)a aus frühslaw.<br />
liusinjä entlehnt wurde. Mit -ss- usw. tritt<br />
es auf in Vorarlberg (lüsmv) und zwischen Lindau<br />
und Sonthofen im Allgäu \li(v)sniD); im Zillertal<br />
(loiiSü); in Mittelkärnten (ohne Liesergebiot;<br />
laisn), in der Obersteiermark (ohne Mürzgebiet;<br />
läisn), in Oberösterreich, dem größten Teil von<br />
Südböhmen und im Böhmerwald (laissn), im<br />
westlichen und nördlichen Waldviertel und im<br />
westlichen Südmähren (laißtn); in der Oststeiermark<br />
und im südlichen Burgenland (läidsn), an<br />
der niederösterr.-burgenländ.-stcir. Dreilünderccko<br />
(laissn); in Niederbayern und im nördlichen<br />
Böhmerwald (laiß(t)n) sowie im Nordbair. (lai-<br />
*) Über die Lautung füns (Fuchs) s. § 8 b 3.<br />
§ 33 e 1—§ 34 a 2<br />
ßßn). Dagegen hat ein zweites slawisches Lehnwort,<br />
Krächse (Tragreff), das über ahd. *krähsin-<br />
(ni)a aus frühslaw. *krasinjä (altslaw. kros\nja)<br />
eingedeutscht worden war, im bair. Sprachgebiet,<br />
soweit es verbreitet ist, überall -kß- (khrakßn<br />
usw.). Für bair. Dachsen treffen wir auf täSsn, -v im<br />
Obervintschgau und in Westtirol mit dem tirol.<br />
Lechgebiet, auf t
§ 34 a 2—c 1<br />
gekehrt alte Vokallängen gekürzt. In einem gewissen<br />
Zusammenhang mit ihr steht jene Fülle<br />
weiterer Lautwandlungen, die wir gewohnt sind,<br />
als Einsilberdehnung zu bezeichnen. Die Einsilberdehnung<br />
ist allerdings hinsichtlich der Selbstlautdauer<br />
älter und nur in der Umbildung der<br />
Mitlaute eins mit der Konsonantenschwächung<br />
selbst. — 3. Durch das Streben nach Lenisierung<br />
ergab sich im Mittel- und Nordbair. oft eine Vereinheitlichung<br />
mit den ursprünglichen Lindlauten.<br />
Das betrifft vor allem die Verschluß- und Reibelaute.<br />
Die Affrikata kx verlor nach vorheriger<br />
Abschwächung zu kh im Mitteibair, in den meisten<br />
Stellungen ihre Behauchung und konnte dann je<br />
nach der Lautstellung zum Starkverschlußlaut k<br />
oder gar zum Lindlaut g verwandelt werden. Die<br />
Abschwächung erfaßte aber auch die übrigen<br />
Fortes. Daher sind für das Folgende Vergleichspaare<br />
mit ursprünglicher Fortis und Lenis wichtig,<br />
z. B. Faß und Glas, wissen und Wiesen, offen und<br />
Ojen, brechen und sehen, Krug und Gras, stinken<br />
ßäivvla (Säbel); in ffranza (Franse), kaffq (Kaffee).<br />
Auch die übrigen zimbr. Mundarten und das Fersen -<br />
talerische verfugen über die neuen Anlaut-Phoneme<br />
s- und / und gleichfalls unter fremdem Einfluß<br />
das Zarzerische über s- und /- in säwl, sakramdnt,<br />
fr§nze, kofß; <strong>des</strong>gleichen die Mundarten in Pladen,<br />
Zahre, Tischlwang, Deutsehruth und Gottschee<br />
über s- und /-, ebenso die mittel- und nordbair.<br />
Außenmundarten. Sogar einige Stadtsprachinseln,<br />
z. B. das absterbende Laibacher- und Pragerdeutsch,<br />
unterscheiden (in Laibach) säbl und zinnen<br />
(sinnen). Diese Möglichkeit ist selbst den konservativsten<br />
Binnenmundarten nicht gegeben. Sie<br />
mußten dafür ihre stimmhaften Lindlaute einsetzen,<br />
etwa im ötztal zakramint, vrgnza, kxo.v\.<br />
Allerdings erkennt man heute diesen Ersatz in<br />
den meisten Binnenmundarten nicht mehr, weil<br />
sie z- und v- in zinnen, vögl zu s- und /- (sinnen,<br />
fögl) verändert haben und demzufolge auch<br />
sakramint, frgnsn wieder mit s- und /- sprechen<br />
und singen, Schatten und Schaden, Wetter und Feder,<br />
Buckel und Kugel usw. oder frühmhd. ausgedrückt<br />
vaz und glas, wizzen und wisen, offen und oven,<br />
brechen und sehen, kruog und gras, stinken und<br />
singen, schale und schade, w'e'ter und vedere, puggel<br />
und kugele. — 4. Die ursprünglichen Verhältnisse<br />
hat das Südbair. gut, die Mda. der westl. Tiroler<br />
Hochtäler im ötz- und Passeiertal besser, hat<br />
aber am besten das Zimbrische der Sieben Gemeinden<br />
erhalten. Diese Mundarten werden oft zum<br />
Ausgangspunkt unserer historischen Untersuchungen<br />
erhoben werden.<br />
b. 1. Die westlichen Tiroler Hochtäler haben den<br />
Sieben Gemeinden gegenüber insofern eine Bereicherung<br />
im Fortisbestand durchgeführt, als sie<br />
die anlautenden linden Zischlaute vor Konsonant<br />
zu Starklauten gemacht haben. Den Lautungen<br />
zlagen (schlagen), znaidar (Schneider), zwain<br />
(Schwein.) der Sieben Gemeinden treten im ötztal<br />
ßl$gn, ßnaidar, ßwain gegenüber. Auf solcho Weise<br />
treffen wir im ötztal Fortes in folgenden Stellungen:<br />
p in päm (Baum), perkx', -PP- m müssen. Es mußte in alter Zeit, ugf. im 12. und<br />
13. Jh., roman. ff- und ß- sogar als pf- und tßübernommen<br />
werden, etwa in den Ortsnamen<br />
Pfund (it. Fondo), zimbr. Tßilve (Selva), slaw. ßsogar<br />
schon ugf. seit 750, z. B. in (burgenländ.)<br />
Tßeiwnnpg (Zöbernbach) aus slow. *Soborja. —<br />
4. Zarz und Deutschruth gehen in der Anpassungsfähigkeit<br />
an das slawische Lautsystem so weit, daß<br />
in jungen Entlehnungen sogar slowen. x- erhalten<br />
bleibt, etwa in xuälain (loben), paxüißßain (ärgern)<br />
aus slowen. hvaliti, pohujsati (spr. xvaliti,<br />
poxuißati). Jedoch wurde in älterer Zeit frem<strong>des</strong><br />
ch- immer als kch- übernommen, z. B. in südostbair.<br />
Keusche (baufälliges Haus, Kleinbesitz) aus slowen.<br />
hisa, in bair. Kren (Meerrettich) aus slowen. hren<br />
usw. Noch im letzten Jahrzehnt wirkt sich dieses<br />
Substitutionsgesetz aus; die Wiener sprechen das<br />
xaraßv! (es genügt!) der russischen Besatzungssoklaten<br />
meistens als gharaSQ! nach. — 5. Wenn<br />
auch im Burgenländischen Anlautfortes gesprochen<br />
werden, so ist dies eine Neubildung, über die<br />
später die Rede sein wird.<br />
kxrippa c. 1. Die mittelbair. Konsonantenschwächung<br />
(Krippo); t in tgkx (Tag); in wctdr (Wetter); in göl als solche ist eine so bedeutende Lautumwäl-<br />
(Gott), wozu man dgx (Dach), vedora (Feder), zung, daß sie, was die Fülle der Einzelverände-<br />
ix red (ich rede) vergleiche; im Passeier k in rungen und was den hohen Hundertsatz <strong>des</strong> von<br />
kgkkatßn (gackern), klökkD (Glocke) und im ötztal ihr erfaßten Wortschatzes anlangt, ebenbürtig<br />
piikkl (Buckel) gegen g in ggßt (Gast), glgß (Glas), neben der hochd. Lautverschiebung steht, mögen<br />
kxügl (Kugel); kx in ötzt. kxüo (Kuh), kxffokx auch für unser Gefühl ihre Neugestaltungen von<br />
(Krug); ßtekkxi} (Stecken), ßtinkxn. (stinken) gegen den älteren Formen nicht mehr so weit entfernt<br />
kk in mükka (Mücko) und gegen T$ in zirppn (singen); sein wie z. B. das hd. ßß aus germ. t und dergleichen.<br />
pff in pffgrrar (Pfarrer); ßimpffm (schimpfen), Ähnelt sie auch einer anderen Erscheinung, der<br />
wipp ff l (Wipfel); tß in tßait (Zeit); wettßn (wetzen), großräumigeren binnendeutschen Konsonanten-<br />
zgltß (Salz); tß in tßö*p(pm) (Wams); icättßn (Ohrschwächung, so hebt sie sich doch wieder grundfeige);<br />
ß in wgßß9r (Wasser), wißßn (wissen), legend von ihr ab. Diese binnendeutsche Lenisie-<br />
VQß (Faß), pldßßn (büßon) gegen z in zevhiy (sehen), rung umfaßt ihrerseits alle diejenigen deutschen<br />
wiza (Wiese); ß in ßaiwa (Scheibe), ßlQgn (schlagen); Dialekte, welche nicht mehr unmittelbar an der<br />
dreßßn (dreschen), viß (Fisch); (passeier.) kxcrßßo Sprachgrenze liegen; sie greift aufs Dänische<br />
(Kirsche) gegen i in vcorZn (Ferse); ,v>n (ötztaler.) über. Für sie ist es charakteristisch, daß sie abge-<br />
n\QxxV> (machen), malxxfi (melken), kxQLv (Kalk) sehen vom Anlaut alle Fortes ohne Ausnahme<br />
gegen h in zenhn (sehen), ßilhi) (schielen); ff in radikal abgeschwächt hat. Sie ging meistens so<br />
gffe (Affe), öffc (offen), halffm (helfen) gegen v in weit, daß mehrsilbige Wortkörper, wie wedzr (Wet-<br />
ovm (Ofen), wclve (Wölfe). — 2. Die erste Leniter), maxn (machen), ladzr (Leiter), tc{nd9r (Winsierung<br />
gilt den Reibelauten im Anlaut. Sie wurden ter), m$rgn. (merken), wohl noch zwei Schall-, aber<br />
überall außer in Westtirol, also auch in den öst- nur mehr eine Drucksilbe aufweisen. Ist diese<br />
lichen Tiroler Hochtälern und außerhalb der Sieben Sprechweise dem Ostfranken sozusagen angeboren,<br />
Gemeinden in allen Außenmundarten durchgeführt. so bereitet deren Nachahmung dem Baiern größte<br />
Man spricht z. B. im oberen Iselgebiet kxügl, kxüv; Schwierigkeiten; umgekehrt ist es dem Ostfran-<br />
Stekkx?n, &tin,kxin; pfgrra; Umpff3n;tsait,ts&3ppm, ken wieder nicht gegeben, mittelbair. lettn (löten)<br />
üaiwe, Slögn, <strong>des</strong>gleichen in den Dreizehn Gemein- mit Inlautfortis und mit seinen überdeutlichen<br />
den, im Fereental, um Iglau, im Zillertal usw. — zwei Drucksilben nachzubilden. Diese binnen-<br />
3. Das Zimbrische hat sich unter fremdem Einfluß deutscho Konsonantenschwächung reicht mit ihrer<br />
die Fähigkeit angeeignet, im Anlaut neue Stark- Ausnahmslosigkeit von Norden und Nordwesten bis<br />
reibelaute zu sprechen, Laute, die es im Mhd. nicht zum bair. Dialektraum heran. Da sie im Säch-<br />
gegeben hatte, z. B. in ßahraminto (Sakrament), sischen, im Thüringischen, im Ostfränkischen und<br />
94
im Nordschwäbischen, aber nicht mehr im Bairischen<br />
und ebensowenig im Südschwäbischen beheimatet<br />
ist, so zieht ihre Südgrenze entlang dem<br />
Nordrand <strong>des</strong> Egerländischen, an der Nord- und<br />
Westgrenze der Oberpfalz in Ober- und Mittelfranken,<br />
indem die Nürnberger und Eichstätter<br />
Gegend trotz ihrem vorwiegend bair. Dialektgepräge<br />
daran noch teilnimmt; von der Donau<br />
bis Augsburg ist der Lech die Grenze. Weit über<br />
Augsburg hinaus ist auch schwäbischerseits die<br />
binnendeutsche Konsonantenschwächung noch<br />
nicht nach Süden vorgedrungen. In allerjüngster<br />
Zeit beginnt sie sich zwischen Ingolstadt und<br />
Sulzbach auf altbayr. Gebiet festzusetzen. Die<br />
alten Leute sprechen hier noch Portes (§ßn „essen",<br />
m Qxi}> Igitv, wintv, mqrkry), die jungen aber vielfach<br />
schon Halblenes oder Lenes {esn, mgxry, Igidv,<br />
windv, mergn). Doch werden sonst gerade am Nordund<br />
Westrand der Oberpfalz bairischerseits die<br />
einheimischen Geminaten besonders deutlich artikuliert:<br />
eßßn, mQxxi}f Igittn, winttv, m§rkkn,;<br />
also eine Art Grenzversteifung. — 2. Von dieser<br />
ausnahmslosen Konsonantenschwächung hebt sich<br />
unsere mittel- und nordbair. Lenisierung wie gesagt<br />
scharf ab. Sie gestattet für die ahd. Geminata<br />
bis heute Starklaute, also für ahd. ezzan, machen,<br />
hlaittara, vrintlar, Vierecken, lötten. — 3. Abgesehen<br />
von diesen Sonderfällen verfügt allerdings auch<br />
das Mittel- und Nordbair. nur über Lindlaute.<br />
Die alten Starklaute fallen dann oft mit den alten<br />
Lindlauten zusammen. Im Anlaut erreichte die<br />
Abschwächung nur Halbfortes und Halblenes, z. B.<br />
in Niederösterreich b$ng (Berg), bäm (Baum) aus<br />
bair.-ahd. p'e'rg, paum; dg(g) (Tag) wie dgx (Dach)<br />
aus ahd. tag (dach), gggvtßn (gackern), glokkry<br />
(Glocke) wie ggsd (Gast), glgs (Glas) aus frühmhd.<br />
caggetzen, clogge, gast, glas; glätCm (klauben),<br />
grün(g) (Krug) wie gläu'm (glauben), grgs (Gras)<br />
aus chltibön, chruog (galauben, gras); ghüo (Kuh),<br />
ghgid (kalt) aus ahd. chuo, ehalt; Mit}(g)v (stinken)<br />
aus stinchan; bfgoro (Pfarrer) aus pfarrdri; dsäid<br />
(Zeit) aus zit; dsakkv (Tschako); säVm (Scheibe),<br />
Slg'n. (schlagen) aus schiba, slahan; die Leniszeichen<br />
sind also hier als Halblenis oder als Halbfortis<br />
auszusprechen; ebenso übrigens auch in<br />
«V'TJ (sagen), finn (Finger) usf. Im Nordbair., in<br />
Südmähren und in Teilen <strong>des</strong> Salzburgischen nähern<br />
sich diese Anlaute schon den Fortes, weshalb<br />
manche Mundartgrammatiken für diese Gegenden<br />
lieber die Lautzeichen der Fortes einsetzen. In<br />
gleicher Weise werden die sekundären Mitlautgruppen<br />
behandelt, z. B. niederösterr. gfgßt (gefaßt),<br />
gsbrunv (gesprungen), bsaißßn (betrügen),<br />
dsdsäd (zerzerrt). Eine Sonderstellung beziehen in<br />
Oberösterreich jene anlautenden Fortes t-, p-, k-,<br />
welche aus ged-, geb-, geg- assimiliert worden sind<br />
(s. § 29 o 4). Sekundär haben das Burgcnland und<br />
die steir. Heanzerei alle anlautenden Halbfortes<br />
gleichgültig welchen Ursprungs neuerdings wieder<br />
zu richtigen Fortes gemacht; pf»rf (Berg), päm;<br />
tg wie tg~x; kggntßn, kloukkti wie kgsd, klgs; kläu'm<br />
(klauben), krüi (Krug) wie kläu'tn (glauben); khüi,<br />
khgld; pßgvrv, tßäid; tjiakkv; ßäVm, ßlg'n; kffgßt,<br />
kßprurw, pßaißßn, tßtßäd; <strong>des</strong>gleichen ßg'n, ffinv.<br />
Doch können diese Fortes, sobald das Wort in<br />
den Steigdruck <strong>des</strong> Satzes kommt, wieder Ionisiert<br />
werden. Im Norden <strong>des</strong> Burgenländer Bezirkes<br />
Neusiedl und in der Umgebung von Eisenstadt<br />
bilden sich jetzt nochmals Halbfortes aus; dabei<br />
ist Wiener Einfluß maßgebend. Doch sind dieso<br />
Anlautfortes <strong>des</strong> Burgenlandea und der steirischen<br />
Heanzeroi gewiß eine jüngere Angelegenheit an<br />
Stelle älterer Halblenes; denn für die Lautfolgo<br />
8p- z. B. in Speck, speien gilt in der steirischen<br />
Heanzerei und im Burgenland zwischen Strom<br />
§ 34 c 1—c 6<br />
(Burgenland), Burgau (Steiermark), Pöllau (westl.<br />
Hartberg), Waldbach bei Vorau, Pinkafeld (Burgenland)<br />
und Rechnitz noch jetzt Sw- (Swdig, Swäi'm<br />
usw.) mit ausgesprochener Lenisierung <strong>des</strong> p- zu<br />
w-. In einzelnen Restformen, wie gäwglto (Espe,<br />
mhd. aspalter) sind solche -§w- noch um ein Stück<br />
weiter verbreitet. — 4. Auch im Inlaut wurden<br />
im Mittel- und Nordbair. die alten Fortes, soweit<br />
sie nicht auf frühahd. Geminaten zurückgehen,<br />
lenisiert und vielfach mit den alten Lenes gleich<br />
gemacht. Man spricht hier wedv aus ahd. w'e'tar<br />
wie fedv aus vedara; gggvtßn aus gaggetzen wie<br />
mggv aus magar, bügl (Buckel) aus mhd. buggel,<br />
aber ghüH aus ahd. chugala; ädekkv aus steccho wie<br />
rnukkry aus mugga; Sdüdsn, sgids aus (er-)stutzen,<br />
salz; wädsn aus mhd. watsche; m§xv, m§-v aus<br />
melchan. Über Einzelheiten bei dieser Inlautlenisierung<br />
erfahren wir Näheres in den folgenden<br />
Ausführungen. Zu ihr gehört mittelbar auch der<br />
Verlust der Behauchung <strong>des</strong> kh außer im vorvokalischen<br />
Anlaut (Beispiele dafür s. oben) und<br />
die Vokalisierung von l und r nach dem Stammvokal<br />
in gid (alt), b$vg (Berg), denn beide Erscheinungen<br />
sind gleichfalls um 1300, und ungefähr<br />
im gleichen Gebiet wie die Lenisierung, vorwiegend<br />
im mittelbair. Bereich, durchgeführt worden. Bei<br />
der Liquidenvokalisierung handelt es sich um eine<br />
Angelegenheit, die aufs Bairischo beschränkt bleibt.<br />
Beziehen wir den Behauchungsverlust und die<br />
Liquidenvokalisierung (über die letztgenannte s.<br />
die §§ 49 c 6/7 und § 50 c 3) in die mittelbair.<br />
Konsonantenschwächung ein, so wurden fast vier<br />
Fünftel aller mittelbair. Wortformen von dieser<br />
Konsonantenschwächung irgendwie betroffen. An<br />
dieser Zahl vermag man erst den gewaltigen Umfang<br />
der Lautumwälzung selbst richtig zu beurteilen.<br />
— 5. Damit nicht genug. Diese Konsonantenschwächung<br />
hat durch ihre neuen Lenes<br />
auch die alten Lindlaute aufgelockert. Die alten<br />
Lenes bemühten sich, soweit sie es konnten, vor<br />
ihren neuen Konkurrenten auszuweichen. Gewiß<br />
hat Pfalz recht mit seiner Vermutung, daß die<br />
streckenweise Spirantisierung der alten intervokalischen<br />
-d- und -g- zu -ö- und -y- in lebv (Leder),<br />
mgyv (mager) usw. in Nieder- und Oberösterreich<br />
und weiters der Wandel <strong>des</strong> -ö- zu -r- {lerv „Leder";<br />
s. § 27 g 2 und 28 b 3) zunächst nur die echten<br />
Lindlaute betroffen hatte. Man wollte den neuen<br />
Lindlauten in wedo und in gggntßn, gügv („Kukkuck"<br />
aus kukkv) Platz machen. Wenn hinterher<br />
trotzdem auch die sekundären Lindlauto<br />
spirantisiert wurden und uns nunmehr auch die<br />
Aussprachen wedo (wem), ggyntßn, güyn usw. begegnen,<br />
so ist das nur ein nachträglicher Lautausgleich.<br />
Der Ausgleich selbst ist noch nicht<br />
überall durchgeführt worden. Dort, wo das alte<br />
-g- zu -x- verwandelt (mgxv) oder beseitigt wurde<br />
(mg-v; s. § 29 b 3), blieb das neue -g- in gggntßn<br />
usw. erhalten, wenn auch im Nordbnir. gelegentlich<br />
-gg- auch schon als -x- auftritt. — 6. In Teilen<br />
<strong>des</strong> Mittel- und Nordbair. werden dio nlten Lautfolgen<br />
-tn, -ggn und -tl-, -ggl anders behandelt als<br />
die alten -dn, -gn und -dl, -gl; z. B. sind dio Lautungen<br />
für mhd. schate (Schatten), hdggc (Haken),<br />
blälel(i7i) (Blüttchen), buggel anders beschaffen als<br />
die Lautungen für schade (Schaden), wagen (Wagen),<br />
rädel(in) (Rädchen), igcl, und z. B. könnten<br />
schatc/schade keinen konsonantisch reinen Reim<br />
ergeben. Die alten Fortes haben sich immerhin<br />
als Lenes behauptet, dio alten Lenes aber wurden<br />
beseitigt. Daher der Gegensatz zwischen mittelund<br />
nordbair. igdn (Schatten) und Sg'n (Schaden),<br />
zwischen hggn, und wg'i}, zwischen blädl und rä d l l )<br />
Zu Außsprachevarianten <strong>des</strong> -dl s. § 50 e 1.<br />
95
§ 34 c 6—c 10<br />
und zwischen bügl und Wl. Allerdings sind auch<br />
diese Unterschiede im Mittel- und Nordbair. neuerdings<br />
oft wieder ausgelöscht worden. Erhalten sind<br />
sie in Niederösterreieh ohne den äußersten Westen,<br />
in der Steiermark, im Burgenland und in Südmähren,<br />
im oberösterr. Ennsgebiet, im oberösterr.-steir.<br />
Salzkammergut sowie im Pon- und<br />
Pinzgau und im tirol. Unterinngebiet südlich der<br />
Donau, nördlich <strong>des</strong> Stromes im nördlichen Südböhmen,<br />
im Böhmervvald und im Bayrischen Wald<br />
sowie im Egerland (ohne die Gegend um Eger und<br />
Asch). Ausgleich gilt dagegen in der Oberpfalz,<br />
in Ober- und Niederbayern, im größten Teil von<br />
Oberösterreich mit den angrenzenden Landstrichen<br />
<strong>des</strong> Flach- und Tennengaus, den niederösterr. Gebieten<br />
um Amstetten, Isper und Weitra und mit<br />
dem südlichen Südböhmen. In bäi d l (Beutel), bq d ln<br />
(betteln) und sg d und Kärnten vermag man allerdings bislang<br />
Widerstand zu leisten und bewahrt die älteren<br />
Lautverhältnisse, verwendet also z. B. sgtn oder<br />
SQttn (Schatten) gegen sgdn (Schaden) usw. Während<br />
<strong>des</strong> 14. Jhs. wurde nach Ausweis der Urkundensprache<br />
auch die Oberpfalz und das Egerland,<br />
also das Nordbairische, von der Donaustraße<br />
aus erfaßt, wenn dort auch die Vokalisierung<br />
<strong>des</strong> -r- in bqvx (Berg) schon so lange zögerte, daß<br />
sie abseits <strong>des</strong> Naabtales noch nicht recht heimisch<br />
ist und die Vokalisierung <strong>des</strong> l in gid (alt) im Nordbair.<br />
ganz fehlt. Seit dem 14. Jh. dringt, wie die<br />
Urkundensprache zeigt, die Lenisierung langsam<br />
in die Steiermark vor; die Vokalisierung <strong>des</strong> -llehnt<br />
aber das Steirische bis heute erfolgreich ab,<br />
ebenso den Behauchungsverlust <strong>des</strong> kh. Ähnliche<br />
Widerstände trifft man im Burgenland, in dem<br />
l (Sattel) geht dieser Ausgleich -r- zwar meistens zu -o- vokalisiert ist, der äußerste<br />
sogar über Niederösterreich bis ins Burgenland Süden aber die Behauchung festhält und die Süd-<br />
und bis nach Südmähren. — 7. Ein weit vorhälfte etwa von Güssing an die Fortes behauptet<br />
geschrittenes Stadium <strong>des</strong> Ausweichens haben jene und dio alten Leute fast überall im Lande am -l-<br />
Mundarten erreicht, welche vor -n, -m und -ry aus festhalten. Im Salzburger Land liegt die Staffelung<br />
-dn, -bm, -gry den Vokal näseln, als lägen mhd. -n, fast verkehrt; es wurde in noch höherem Maße<br />
-m, und -n, vor; etwa in drim (getrieben), Sdum zur Übergangslandschaft vom modernisierten Mit-<br />
(Stube), sim (sieben, Zahlwort), liiy (liegen) usw. telbairischen zum konservativen Südbairischen als<br />
Die Zentrallandschaft dieser abwegigen Lautungen die Steiermark und das Burgenland, obgleich sich<br />
ist Oborösterreich. Darüber hinaus finden wir ge- im Flachgau die Konsonantenschwächung und die<br />
näseltes sdum, liry in großen Teilen von Nieder- Liquidenvokalisierung auch schon im 14 Jh. urösterreich,<br />
der nördlichen Steiermark und von kundlich nachweisen lassen; <strong>des</strong>gleichen im tirol.<br />
Nieder- und Oborbayern, in sim ist sie nahezu Unterinngebiet von Schwaz ostwärts. Im Salz-<br />
gomeinbair. In Oberösterreich wurde auch dieser burgischen und in Tirol bleibt behauchtes kh (bzw.<br />
Auswoichversuch vor den neuen -n aus -tn usw. affriziertes kx) zwar fast überall bestehen, die<br />
in einigen Wörtern, etwa in älin (Schlitten), grin Vokalisierung <strong>des</strong> -r- dehnt sich immerhin über<br />
(geritten) mit Näselung, noch einmal zunichte ge- den Flach- und Tennengau aus, die Lenisierung<br />
macht als extremste Auswirkung der Lautanglei- erobert unter unseren Augen im Pongau und im<br />
chungon. — 8. Zu einem weiteren Lautausgloich Unterpinzgau zusehends Gelände, während sie im<br />
neigen dio mittelbair. Mundarten an verschiedenen Mitterpinzgau schon fest eingebürgert ist, die<br />
Stollen neuerdings bei den Lauten -ng- aus altem Vokalisierung <strong>des</strong> -l- herrscht abgesehen von<br />
-nk- und bei -iy- aus altem -ng-. Die alten Wort- Krimml sogar überall, selbst im Lungau, der sonst<br />
paare stinken und singen, denken und sprengen, auf dem südbair. Lautstand beharrt. Es sind also<br />
krank und lange (zeitlich) bilden bei don jüngeren nicht überall alle Neuerungswellen gleich schnell<br />
Leuten zwischen Ingolstadt und Rosenheim und vorgestoßen. Gelegentlich haben sie sogar große<br />
zwischen Straubing vind Ybbs als Sdirw und sltiD, Streifen übersprungen. Nach der Urkundensprache<br />
als dcjjD und sbrctyv und als grQn und Igt} bereitswar<br />
die 4-Vokalisierung in der Mittelsteiermark<br />
reino Keime, während die ältero mittelbair. Mund- in alter Zeit ebensowenig heimisch, wie sie es jetzt<br />
art zwischen Sdingo und sin», dengD und sbretw, ist, auch die -r-Vokalisierung hat min<strong>des</strong>tens in<br />
grgng und Ign fast überall noch trennt. — 9. Über den die Weststeiermark und ins westliche Obermurgo-<br />
Zusammenfall von -ch- und -h-, von -ff- und -vbiet bis heute noch nicht Eingang gefunden. Dessenund<br />
von -zz- und -s- und über dio wechselnden ungeachtet wimmelt es weit im Süden, in der<br />
lautkombinatorischen Voraussetzungen dazu in den Untersteiermark, fürs 14. und 15. Jh. von urkund-<br />
einzelnen Mundarten s. § 34 g \ind i, über die lichen Beiegon für die -l- und -r-Vokalisierung.<br />
Lenisierung im Auslaut der frühmhd. Einsilber Andererseits weisen gewisse Anzeichen auf ein<br />
s. § 34 k. — 10. Den Beschluß unserer Darstellung Festhalten aller alten Lautstufen im Nordwesten<br />
der folgenschweren mittelbair. Konsonantenschwä- von Niederösterreich nicht allzu weit von Wien,<br />
chung bildet oino zusammenfassende Schilderung dem Herd der Neuerungen, bis ins 15. Jh. Dio<br />
der Raumgeschichto bis zu den modernen dialekt- alten Verhältnisse sind auch in Westbayern gegen<br />
geographischen Verhältnissen, wie sio uns dio den Lech zu stufenweise angeordnet erhalten ge-<br />
Karten 21 und 26 vergegenwärtigen. Urkundlich blieben. Noch der ganze Südwesten von Ober-<br />
lassen sich dio Mitlautschwächung, der Behaubayern behält das -r- in bgürg und insbesondere in<br />
chungsverlust und die Liquidenvokalisierung schon surff; das behauchte kh besteht immerhin am<br />
gegen 1300 durch richtige Belege und durch um- West- und Südrand von Oberbayern fort, sein<br />
gekehrte Schreibungen gut nachweisen. Zuerst Raum überschreitet in einem Gebiet, das auf der<br />
tauchen sio um Wien und fast gleichzeitig an der Karte wie ein nach Norden weisender Finger aus-<br />
ganzen Isar-Donaustraßo auf, an der Verbindungssieht, sogar dio Donau und roieht nahe an dio<br />
linio von Wien nach München. Dio Kernländer Altmühl heran, ja auf Karte 21 sehen wir sogar<br />
<strong>des</strong> Mittelbairischen, Nieder- und Oberösterreich mitten an der Isarstraße, um Landshut und Landau<br />
(ohne deren Südrand), Nieder- und Oberbayern in Niederbayern, noch eine A.7i-Insel. Das erhaltene<br />
(ohne <strong>des</strong>sen Süd- und Westrand) sind der engero •l- begleitet überall das bayrische Lechufer, und<br />
Avisstrahlungsbereich und waren seit 1300 dio dio alten Fortes roichen vom konservativen Ge-<br />
Heimat der Neuerungen. Mittelbair. Dichtor <strong>des</strong> birgsland am bayr. Lechrain immerhin bis gegen<br />
Spätmittelalters, wie der Wienor Jans Enikel, Augsburg nach Norden; über die Lechgrenzo setzen<br />
reimten seit 1280 schon im Sinno dieser Neuerun- sich die alten Starklaute westwärts ins Schwäbigen,<br />
<strong>des</strong>gleichen gelegentlich auch Dichter der sche fort. Nur das anlautende k- in kgkkvlßn,<br />
südbair. Alpenländor, sowoit sio wienerisch be- kukko, klokkry ist überraschend weit nach Süden<br />
einflußt waren. In den südbair. Kernländern Tirol zurückgewichen, obgleich es bis ins 15. Jh. hinein<br />
96
als c-, k- "urkundlich in Steiermark, Salzburg und<br />
Tirol wohlbezeugt ist. Jetzt besteht dieses k- nur<br />
mehr in Südtirol und in Kärnten fort, aber selbst<br />
dort sind die Stadt- und die Verkehrssprache schon<br />
bemüht, es bald durch g-, bald durch kh- zu ersetzen.<br />
— 11. Da unsere mittelbair. Lautverschiebung,<br />
bestehend aus Lenisierung, Behauchungsverlust<br />
und Liquidenvokalisierung, im Mittelbair.<br />
selbst erst gegen 1300 und im Nordbair.<br />
erst im 14. Jh. aufkam, so haben die mittel- und<br />
nordbair. Außenmundarten an ihr keinen Anteil<br />
mehr genommen und sogar das schwer bedrohte kkonserviert;<br />
das gilt für Brunn, Wischau und<br />
Budweis in gleicher Weise wie für Iglau 2 ). Auch<br />
die beiden beharrsamen Sprachzungen Südmährens<br />
um Neubistritz - Neuhaus und um Prahlitz - Pohrlitz<br />
behaupten, abgesehen von ihrem Wandel von<br />
k- zu g-, den alten Lautstand. Die Sprechweise<br />
ähnelt in diesen Restschollen durch ihre „harte"<br />
Aussprache auffallend dem südbair. Dialekt, doch<br />
verbergen sich hinter dieser scheinbaren Verwandtschaft<br />
in keiner Weise etwa alte siedlungsgeschichtliche<br />
Zusammenhänge; es liegt auf beiden<br />
Seiten, in den südmährischen Rückzugsgebieten<br />
und im Südbair., lediglich ein gemeinsames Beharren<br />
auf dem einstmals gemeinbair. Stand <strong>des</strong><br />
13. Jhs. vor. Auch in der Binnenmundart <strong>des</strong><br />
burgenländ. Seewinkels vermochte die älteste<br />
Generation, abgesehen vom selbständigen Phonem<br />
k- und vom behauchten inlautenden kh, den alten<br />
Zustand zu bewahren. Die Seewinkler Insel wird<br />
auf Karte 21 gut sichtbar. — 12. In diesem raumgeschichtlichen<br />
Überblick sehen wir unsere drei<br />
Neuerungen seit ihrem Entstehen ununterbrochen<br />
im Vordringen begriffen. Ihre Wellen von der<br />
Isar-Donaustraße aus bleiben auch gegenwärtig<br />
in Bewegung. Bei meinen Kundfahrten in die<br />
Grenzlandschaften ließ sich immer wieder an dem<br />
ursprünglichen Lautstand und dem neuen Zustand<br />
beobachten, wie oft im selben Dorf die alte<br />
Generation die alten Formen, die zum Südbair.<br />
stimmen, die junge Generation hingegen bereits dio<br />
neuen Formen <strong>des</strong> Mittelbair. gebraucht. Diesen<br />
lebendigen Vorstoß <strong>des</strong> Mittelbair. bemerken wir<br />
sowohl am West- und Südrand von Oberbayern<br />
als auch in Salzburg, Steiermark, am Südrand von<br />
Ober- und Niederösterreich, soweit diese in Betracht<br />
kommen, im Burgenland und sogar in den<br />
beiden Südmährer Sprachzungen. Auf den Karten<br />
ist dann unseren Grundsätzen gemäß immer die<br />
äußerste Verbreitung der jeweils ältesten Lautung<br />
angegeben. Nur bei Schwaz in Tirol und in den<br />
Außenmundarten stehen die älteren Lautungen<br />
unverrückbar fest. — 13. Die fortwährende Beweglichkeit<br />
der Raumgrenze hat ihre Rückwirkung<br />
auf die Lautgebung. Einerseits behaupten sich<br />
unter Umständen Restformen älterer Prägung. Es<br />
hielt sich trotz allgemeiner Lenisierung in zwei<br />
Landstrichen altes -t- nach -n- fast unberührt,<br />
nämlich einerseits im oberen Mühlviertel mit<br />
angrenzenden Teilen <strong>des</strong> Böhmervval<strong>des</strong> und <strong>des</strong><br />
Bayrischen Wal<strong>des</strong>, andererseits im Burgenland,<br />
wo überall lautgesetzliches wedn, fQdn (Vater),<br />
tnüvdD, müido (Mutter) und „falsches", lautwidriges<br />
hantl (Händchen), bcnt(t)v (Bänder) usw.<br />
nebeneinanderstehen. Im Burgenland, im südwestlichen<br />
Oberösterreich und im Flachgau tritt<br />
neben lautgesetzlichem dsügD (Zucker), hQ'n, (Haken)<br />
mit -g- dsuvkkrr, oder huvkkiy (Gabelzinke)<br />
2 ) Wenn dio Südhälfto der Sprachinsel Iglau das<br />
-/- vokalisiert und gitf ggt (Geld) usw. spricht, so<br />
ist das eine selbständige Neuerung. Das binnenländischo<br />
Nordbairischo als Iglauer Heimatmundort<br />
bewahrt durchaus -/-: öld, göld.<br />
§ 34 c 10—d 1<br />
mit -k- auf, im Flach- und Tennengau gelegentlich<br />
auch schon dsukkv, hokki}. In neuerrungenen Lenisierungsgebieten<br />
gibt es demgegenüber „falsche"<br />
-d-Lautungen statt erwartetem -U-, wie IQvdv<br />
(Leiter), windv (Winter), hlndn (hüten) statt<br />
lautgesetzlichem gemeinmittelbair. Igvttv, winttn,<br />
hivttn aus ahd. hlaitt(a)ra, winttar, huotten. Solche<br />
falsche Uberbildungen kommen in einem schmalen<br />
Grenzstreifen entlang dem Außenrand <strong>des</strong> Gebietes<br />
für südbair. wetv, fätv, müvtv und südbair.<br />
iQvtv, wintv, hivtn fast überall vor; so am Lechrain,<br />
im südlichen Oberbayern, an der Salzach <strong>des</strong><br />
mittleren Pinz- und <strong>des</strong> Pongaus und in der Steiermark,<br />
angefangen von Liezen über Eisenerz und<br />
südlich an Brück a. d. Mur vorbei über Graz und<br />
Fürstenfeld-Fehring bis um Güssing im Burgenland,<br />
bei jüngeren Leuten gelegentlich auch im<br />
Seewinkel. Hier heißt es also nach wedv, fgdv usw.<br />
auch iQndv usw. Mithin treffen wir im neuhinzugewonnenen<br />
Lenisierungsgebiet auf Restformen<br />
und auf Uberbildungen, auf Lautgestaltungen,<br />
die mit einem unbewußten lautgesetzlichen<br />
Wandel nichts mehr zu tun haben, sondern schon<br />
in den Bereich bewußt herbeigeführten Ersatzes<br />
hineingehören.<br />
d. 1. Acht von unseren elf Starklauten haben<br />
bereits im Rahmen der hochdeutschen Lautverschiebung<br />
oder bei deren phonologischen Nachwehen<br />
jene ahd. Form erreicht, an die wir hier<br />
angeknüpft haben. Durch die Lautverschiebung<br />
selbst sind gegen 700 pff und ff aus germ. p, Iß und ßß<br />
aus germ. t und kch und ch aus germ. k entstanden;<br />
im Laufe <strong>des</strong> 8. Jhs. entwickelten sich t aus germ.<br />
d, p- und -pp- aus germ. b- und -bb-. Dio Entwicklung<br />
der ahd. Affrikaten und Starkreibelauto für<br />
german. p, t, k aber erfolgte in zeitgloichcn Reihenschritten<br />
ohne phonologischo Störungen, während<br />
als Ausläufer der hd. Lautverschiebung selbst die<br />
etwas spätere Umwandlung von gorm. d, b, g zu<br />
ahd. t. p, *-gg- in den Reihenschritten aus triftigen<br />
phonologischen Gründen (s. § 27 a) gestört wurde.<br />
Erst viel später, im 11. Jh., kam es durch das<br />
Schröderscho Assimilationsgesetz zur Ausbildung<br />
von k- (gg-)t durch die Veränderung <strong>des</strong> ahd. sk zu<br />
ß (8. § 42 a 1) und zu tß in Lehnwörtern und bei<br />
Vokalausfall. Nun tauchen im Fachschrifttum viele<br />
Versuche auf, mit Hilfe von Wortgestalten, in<br />
denen ein Laut scheinbar der Lautverschiebung<br />
unterworfen worden ist, ein anderer nicht, sich die<br />
einheitlich anmutende hochdeutsche Lautverschiebung<br />
in zeitgestaffelto Einzelvorgängo zerstückelt<br />
zu denken. Z. B. wird immer wieder angenommen,<br />
daß ahd. pforta zu einem Zeitpunkt aus<br />
lat. porta ins Deutsche entlehnt worden sei, als<br />
im Deutschen selbst zwar das t schon zu tz, das p<br />
aber noch nicht zu pf „verschoben" gewesen sei.<br />
An Hand weiterer Beiego dieser Art kam man gewöhnlich<br />
zu folgender Chronologie: Zuerst wäret<br />
zu tz, etwas später p zu pf und zuletzt k zu kch<br />
gewandelt worden; doch gibt es auch andero<br />
Reihungsversucho. Alle Reihungen stoßen in<strong>des</strong>sen<br />
auf unüberwindliche Schwierigkeiten, auf Komplikationen,<br />
die man sonderbarerweise oft nur allzugern<br />
unbeachtet beiseite schob. Neben Pforte läßt<br />
sich bekanntlich auch Porze, das eine Umkehrung<br />
dieser Zeitenfolgo nach sich zöge, nachweisen.<br />
In manchen bair. Mundarten heißt der Wetzsteinbehälter<br />
Kchumpf, in anderen G(g)umpf, wieder<br />
in anderen Kchumpusw.;diese Spielformen müßten<br />
dio Chronologen genau genommen zur Verzweiflung<br />
bringen. Nun läßt sich eine ganze Schar<br />
von solchen chronologisch sinnwidrigen Doppelformen<br />
ins Treffen führen. Das Rätsel ist so<br />
einfach, daß man sich über das lange Ausbleiben<br />
seiner Lösung hinterher wundert. Sio bietet sich<br />
97
§ 34 d 1—e 2<br />
uns in gelegentlichen Affrikaten-, Reibelaut- und<br />
Verschlußlautdissimilationen dar. Danach sind<br />
Pforte und Porze nur noch Dissimilationspro -<br />
dukto aus der gemeinsamen Grundform Pforze,<br />
die daneben tatsächlich vorkommt, oder es sind<br />
bair.-mundartl. G(g)umpf und Kchump aus älterem<br />
Kchumpf nach zwei verschiedenen Richtungen hin<br />
dissimiliert worden. Pech ist für uns aus älterem<br />
Pfech dissimiliert, kchurt und gurz aus älterem<br />
gemeinsamem kchurz, bair.-alem. O(gJunggel (Kunkel)<br />
zunächst aus älterem kchunachla, kchunkchala<br />
zu Ggunkchcl dissimiliert und nachher zu Ggunggel<br />
assimiliert, mundartl.-bair. Gabeß (Weißkraut) aus<br />
Kchabeß dissimiliert worden. Ganz arg liegen die<br />
Dingo bei bair.-mundartl. Pfiffeß, -etz, Pfipß,<br />
Pipß und Zipf (sie!) „Pips", bei Pfropfen neben<br />
altem Pfroffen, bei alom. Kripfe für Krippe durch<br />
Affrikatenassimilation, obenso bei alem. kripfen<br />
noben griffen (lebhaft greifen). In gleicher Weise<br />
lassen sich ahd. tunicha (Tünche) aus Hzunicha,<br />
spätahd. pfärvrid (Pferd) aus älterem pärvrid, ahd.<br />
pinapfel aus pfinapfel, ahd. persich neben pf'ersich<br />
(Pfirsich), ahd. putzi neben pfutzi (Pfütze), ahd.<br />
prb'ssa neben pfressa (Presse), ahd. puliz, pfuliz<br />
(Pilz) und Dutzende ähnlicher Belege bald als<br />
Dis-, bald als Assimilationsprodukt zwanglos auslegen,<br />
unbelastet von den bisherigen Zweifeln. Was<br />
die Affrikatendissimilationen im allgemeinen anlangt,<br />
ist das Gesetz der altgriechischen Aspiratendissimilation<br />
beim Aorist, das jedem humanistisch<br />
Geschulten wohlbekannt ist, vortrefflich<br />
zum Vorgleich geeignet. Wie stark unsere ahd.<br />
Dis- und Assimilationen auch in den lebenden bair.<br />
Mundarten nachwirken, ersehen wir an dem bair.<br />
Nebeneinander vonkchapfen, kchaffen, gapfen, gaffen<br />
(gaffen) oder von Kchucffe, Kchuepfe, G(g)ueffe,<br />
Kchueche, Gfgjueche (Schlittenkufe). Sie führen<br />
jeden weiteren Vorsuch einer chronologischen<br />
Aufspaltimg der hochdeutschen Lautverschiebung<br />
sofort ad absurdum.— 2. Es muß freilich zugegeben<br />
werden, daß mit unseren As- und Dissimilationen<br />
nicht alle Schwierigkeiten beseitigt sind, die sich<br />
unserer Auffassung, die hochdeutsche Lautverschiebung<br />
sei eine phonologische Einhoit, ihre parallelen<br />
Reihenschritto wären zu ein und derselben<br />
Zeit vor sich gegangen, in den Weg stellen. In<strong>des</strong>sen<br />
kann man dieso Schwierigkeiten ebensogut<br />
anders beheben als vermittels der so prekären<br />
Zerstückelung in drei zeitlich getrennte Vorgänge.<br />
Die scheinbaren Störungen sind, wie ich glaube,<br />
in verschiedener Art zu erklären. Erstens, indem<br />
sich viele kch inbesondere in alten Ortsnamen aus<br />
dem Spätillyrischen herleiten lassen, ^las seinerseits<br />
älteres k- zu ch- werden ließ. Der Name Körnten,<br />
ahd. Charantäna, zum Beispiel, der im chronologisierenden<br />
Fachschrifttum über die hd. Lautverschiebung<br />
eine große Rollo spielt, weil zwar<br />
scheinbar k zu kch, t aber nicht zu tz „verschoben"<br />
erscheint, beruht wohl auf jenem spätülyr. *Charantana,<br />
das offenbar auch für das altrussischo<br />
Chorutanc beim Kiewer Historiographen Nestor<br />
(um 1000) maßgebend war. Wir dürfen ferner<br />
vermuten, daß im 8. und 9. Jh. in Landstrichen<br />
<strong>des</strong> östlichen Österreich gelegentlich auch Wörter<br />
und Namen slawischer Herkunft durch das illyr.<br />
Medium dem Bair. vermittelt worden sind; wohl<br />
auch jene Belege, wolcho so gerne als „schwerstes"<br />
Argument für den späten Wandel von k- zu<br />
kch- im Bair. ins Treffen geführt werdon. Zum<br />
allgemeinen Ersatz <strong>des</strong> fremden Reibelautes chals<br />
deutsches kch- im Anlaut s. § 34 b 4. — 3. Zweitens,<br />
indem im Anlaut unter Schwachdruck älteres<br />
gg-, k- häufig zu kch- wurde, z. B. in kärntn.mundartl.<br />
Khatarit} (Guttaring, Ortsname) aus<br />
altslowon. *Kolari6e (slowen-mundartl. KotdrtSe),<br />
98<br />
in tirol.-mundartl. KxQälrut (Kastelrut) aus vlat.<br />
castellum riiptum und in wiener, ghnräs (Garage),<br />
ghitä (Gitarre). — 4. Drittens, indem Lehnwörter,<br />
die aus dem Altfranzösischen übers Westfränkische<br />
zu uns gelangten, altfranz. cha- (spr. kja-)<br />
aus vlat. ca- als altfränk. kcha- wiedergaben und<br />
daher als ahd. charro (Karren), chdp'ella (Kapelle),<br />
frühahd. *chavia ahd. chevia (Käfig), chdnzella<br />
(Kanzel) statt vlat. carrus, capella, cavea, cancella<br />
erscheinen. — 5. Viertens, indem lesesprachliche<br />
Entlehnungen wie ahd. chrutzi aus vlat. ertteem<br />
(Kreuz) Sondergesetzen unterworfen sind. —<br />
6. Schließlich, indem noch weitere, lokal bedingte<br />
Substitutionsgesetze, die ich hier nicht mehr eigens<br />
anführen will, sowie gewisse Sondergesetze in der<br />
Entwicklung der slawischen Sprachen und Mundarten<br />
mit hereinspielen und dort, wo wir auf<br />
Grund von § 27 c 2 g- erwarten würden, für frem<strong>des</strong><br />
k- ahd. kch- usw. ermöglicht haben.<br />
e. 1. Auffallend ist im Inlaut manchmal ein<br />
Wechsel zwischen Reibelaut und Affrikata oder<br />
zwischen ahd. -t- und -tt-, -r- und -rr- bei -/a-Stämmen<br />
der Konjugation und der Deklination. Das bair.<br />
Erbwort für „seicht" ist ahd. adj. vlSzzi, gen. plur.<br />
vlötzio und adv. vlozzo. Daher erscheint dieses<br />
Wort im Bair., soweit es erhalten ist, jetzt räumlich<br />
getrennt in nicht weniger als vier Grundformen:<br />
als fl6ß(e), als flötz(e), als flöß(e) und sogar als<br />
kompromisseln<strong>des</strong> flotz(e). Dieselbe Vielfalt liegt<br />
vor beim Zeitwort rößen, rötzen, rötzen, rößen<br />
(dörren, braten, insbes. den Flachs rösten) mit<br />
seinen Ableitungen und beim Zeitwort flößen,<br />
flötzen, flötzen, flößen (flößen). Dabei konnten folgende<br />
ahd. Verbalformen maßgebend werden:<br />
*ich vlötziu, *du vlözzis, *ich vlözta, *gavlozt. Das<br />
fortwährende landschaftliche Spiel zwischen bleichen<br />
und bleicken (bleichen, blgohv und blgvkkv) und<br />
zwischen weichen und weicken (die Wäsche einweichen)<br />
beruht gleichfalls auf den ahd. Wechselformen<br />
ich pleickiu mit -ck- gegen du pleichis mit<br />
-ch- oder richtiger gesagt auf Paradigmenausgleich<br />
bald in der einen, bald in der anderen Richtung.<br />
Schwieriger ist die Erklärung <strong>des</strong> Schwankens<br />
zwischen Strauche und Straucke (Schnupfen). Auf<br />
ahd. ich sleipfiu neben du sleiffis beruht das landschaftliche<br />
Durcheinander bei schleipfen und schleif -<br />
fen (Slgoppfo, hlqvffv usw.; nachschleifen lassen)<br />
und bei den dazugehörigen Ableitungen. Doch ist<br />
Schwanken dieser Axt sonst verhältnismäßig selten.<br />
Das Bair. zieht nicht so oft wie das Mitteid.-<br />
Ostfränk., aber häufiger als das Südalem. Reibelaut<br />
der Affrikata oder, vom German. aus gesehen, einfachen<br />
Konsonanten der Geminata vor. Es heißt im<br />
Gesamtbair, auechen, brauchen, legen, ligen, mhd.bair.<br />
hugen (denken) und meistens spercn (vereinzelt<br />
spärren und kompromisselnd sperren) usw. Bei<br />
büeßen taucht erst im tirol. Lechtal büctzen (Wäsche<br />
flicken) auf, doch herrschte im Bair. mhd. witze<br />
(Strafe, Fegefeuer) und mhd. truchsdtze (Truchseß).<br />
Zur Verbreitung aller dieser Formen s. das Wörterbuch.<br />
Den oben angegebenen Formen stehen im<br />
Südalem. leggen, liggen, huggen, spärren gegenüber<br />
und im Höchstaleman. <strong>des</strong> Wallis auch ziakkxen<br />
(suchen), breikkxcn (brauchen). — 2. Bei den<br />
schwach flektierten -;a-Verben mit -t(t)-, wie<br />
hüetten (hüten), lötten (löten), tötten (töten), leitlen<br />
(leiton), ergab z. B. dio 1. pere. präs. ind. ahd. ich<br />
huottiu -tt-, daher gilt im Mitteibair, hivttn, lettn,<br />
de.ttn, Igvttn,dio 2.pers.duhuotis ergab über -t- mundartl.<br />
-d-, daher nordbair. hei(d)n, lci(d)n, dei(d)n,<br />
lqi(d)n. Das Südbair. hat dio ahd. -tt- Gemination<br />
nach Ausweis der Sprachinselmundarten nach<br />
Langvokal schon in ahd. Zeit aufgegeben, z. B. in<br />
zimbr. lq(t))tvra (Leiter) aus ahd. hlaittra. Seine<br />
Aussprachen lassen daher nicht erkennen, ob man
dem -t- oder dem -ff-den Vorrang eingeräumt hatte;<br />
vgl. z. B. zimbr. hüten, löten, töten, Igvten.<br />
f. Bei den Affrikaten treffen wir im Zimbrischen<br />
der Sieben Gemeinden auf einen sonderbaren Lautstand.<br />
Sonst fällt bei den Geminaten im Bair. die<br />
Silbengrenze immer in den Verschlußlaut; z. B.<br />
herrschen im ötztal die Silbentrennungen rek-kxß<br />
(Röcke), hgvt-tßn (heizen), wet-tßen (wetzen),<br />
kxep-pffe (Köpfe). In den Sieben Gemeinden verlagerte<br />
sich demgegenüber die Silbengrenze auffallenderweise<br />
in den Reibelaut: rökx-xß, hgotß'<br />
ßen, wetß-ßen, kxöpf-ffe, vitß-ßa (Wicke). Es scheint<br />
ein altvenezianisch bedingter Romanismus vorzuliegen.<br />
Im modernen Venez. sind nämlich die<br />
altvenez. Affrikaten zu reinen Reibelauten verändert<br />
worden; es lautet jetzt venez. piaßßa für it.<br />
piazza; <strong>des</strong>gleichen im Anlaut, z. B. in ßanko für it.<br />
zanco; die Inlautform geht sicher auf altvenez.<br />
*platßßa usf. zurück. Damit sind wir bereits bei<br />
den Lautungen der Sieben Gemeinden angelangt<br />
(s. auch Einltg. 37). Im Osten der Sieben Gemeinden,<br />
etwa in Foza, ist sogar der modern-venez.<br />
Stand mit völligem Verlust <strong>des</strong> Verschlusses erreicht<br />
worden: röxxe, hgißßen, veßßen, xöffe;<br />
ebenso natürlich in ßer^kke (links), ßüi (zu), ffaffe<br />
(Pfaffe, Geistlicher) statt allgemeinerem tßen,kke,<br />
tßüD, pffaffe; individuell ist die Vereinfachung<br />
zum Reibelaut schon übers ganze deutschsprachige<br />
Gebiet der Sieben Gemeinden verbreitet 3 ).<br />
Eine gewisse Neigung zu diesen Wandlungen<br />
scheint individuell auch in den Dreizehn Gemeinden<br />
zu bestehen. In den übrigen zimbr. Sprachinseln,<br />
in Luserna, Lavarone, Folgaria sowie im Fersental,<br />
ist dieser Romanismus nicht üblich.<br />
g. Im übrigen besteht abgesehen von den konservativen<br />
Rückzugsgebieten gegenwärtig im ganzen<br />
Binnenbairischen die Tendenz nach Vereinfachung<br />
aller Geminaten. Statt älterem wettn, wgßßzr,<br />
hgottßn, mqxxVi wird neuerdings auf weiten Strekken<br />
lieber wetn, wgßar, hgvtßn, mgxry eingesetzt.<br />
Diese neue Neigung hängt mit dem Zunehmen falldruckiger<br />
Wortakzente zusammen.<br />
h. 1. Das Bairische neigte zu Gleitlauten zwischen<br />
Nasal oder Liquida und ß, ß, ff und x- Sehr<br />
stark ausgeprägt sind die Gleitlaute noch jetzt im<br />
Nordtirol., insbesondere in <strong>des</strong>sen Westen. Hier<br />
gelten sie auch im Satzsandhi. Im ötztal hört man<br />
beim raschen Sprechen Lautungen wie an-t-ßöpff<br />
(einen Schopf), ix kxgn-t-ß (ich kann es), im Oberinntal<br />
auch am-p-ffinndr (einen Finger). Einstens<br />
dürften diese Einschiebungen allgemein südbair.<br />
und sogar gemeinbair. gewesen sein. Sie begegnen<br />
uns vor allem auch im Wortinneren. Es heißt in<br />
Tirol, Kärnten und einigen benachbarten Landstrichen<br />
ments (Mensch), wintsn (wünschen), in<br />
Tirol vielfach hgltß (Hals), hgmpff (Hanf), fimpff<br />
(fünf). Innerhalb <strong>des</strong> Wortes sind diese Gleitlaute<br />
nach Kurzvokal oft noch heute nahezu gemeinbair.,<br />
z. B. in Niederösterreich mentßo (dio Mädchen)<br />
neben m$n£ (das Mädchen), dieses mit Einsilberdehnung.<br />
Im Nordbair. und im Salzkammergut<br />
ßagt man mit neuer Dissimilation fentßv (Fenster),<br />
fintßo (finster) statt bair. (nur noch strichweise<br />
erhalten) fenißtn, fintßto *) und statt tirol. fentßter,<br />
jintßtdr. Dio „Gans" nennt das Mittel- und Nordbair.<br />
zwar gQns (gQ n s), „dio Gänse" aber vielfach<br />
föntß. Für „München" (12. Jh. Münichcn) gilt im<br />
3 ) Nur dio Affrikata kx leistet stellenweise<br />
Widerstand; sio wird in einigen Ortschaften der<br />
Sieben Gemeinden sogar zu kh gewandelt.<br />
4 ) Im Südosten und sonst strichweiso ist jenstar,<br />
finster erhalten goblieben. In Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong><br />
und der Oststeiormark gilt fei n sto, fii n sto,<br />
gQu n 8, gqi n s usw.<br />
§ 34 e 2—i 1<br />
Südbair. teilw. Mirykxn (neben Minvxn) und<br />
dementsprechend im Mitteibair. Min,gio (s. § 38 a 7).<br />
Zeugnisse für die gemeinbairische und gemeinhochdeutsche<br />
Existenz solcher Gleitlaute sind u. a.<br />
bair. und hochd. Münze aus ahd. munizza, Pülz<br />
(Pilz) aus ahd. puliz und Hirz (Hirsch) aus ahd.<br />
hiruz, das im Zimbrischen als hyrtß, im Bayrischen<br />
Wald als hivtß, in zahlreichen Flurnamen<br />
als Hirz- und bis um 1400 als gemeinbair.-mhd.<br />
hirz fortlebte. Erst um 1400 tauchen auf bair.<br />
Boden, mitteldeutschen Lautgesetzen folgend,<br />
Schreibungen wie hirs, hirsch auf. — 3. Im Südbair.<br />
wurden solche Gleitlaute <strong>des</strong> Satzsandhi<br />
gelegentlich fest. In Hauptwörtern wie Tschopf<br />
(Schopf), Tschüppel (Schübel, Büschel) und in Zeitwörtern<br />
wie tscheppern (scheppern, klirren) u. dgl.<br />
sind sie oft zu treffen. Bei lautmalenden Wörtern,<br />
wie pfuggetzen (das Geräusch, das entsteht, wenn<br />
ein dicker Brei siedet), p/luttern (flattern) a. u.,<br />
sind sie neben juggetzen, fluttern weit verbreitet; bei<br />
pfnehen (niesen), pfneggetzen (dass.) und verwandten<br />
Ausdrücken ist pfn- gemeinbair. geworden,<br />
soweit eben diese Ausdrücke noch erhalten sind.<br />
Auch einige tsch- sind so gut wie gemeinbair.<br />
geworden. — 4. In Teilen <strong>des</strong> Mitteibair, mit<br />
Ausstrahlungen ins Steir. und ins Nordbair. gibt<br />
es öfters Gleitlaute auch in gheßtl (Kessel), neßtl<br />
(Nessel); meßtn (messen), fgßtn (fassen), ghevßtn<br />
(Kirsche); im nördlichen Flachgau, in Teilen <strong>des</strong><br />
Salzachgaus und im südwestlichsten Innviertel<br />
sogar in dgo n xdn (donnern), sbiuxtn (sperren) und<br />
in ähnlichen Fällen.<br />
i. 1. Aus dem mhd. Bestreben heraus, alle Silben<br />
soweit wie möglich gleich lang zu gestalten, wurde<br />
im Vergleich zum Ahd. bald kurzer Selbstlaut<br />
gelängt und im Zusammenhang damit oft auch<br />
der Starklaut Ionisiert, bald wieder langer Selbstlaut<br />
gekürzt. Fassen wir vorerst nur die Zwei-<br />
(und Mehr-)silber ins Auge. Heute gibt es bei<br />
ihnen in unserer Sprache nur zwei Arten von<br />
Silben: Langvokal-{-Lenis oder Kurzvokal -f-Fortis,<br />
also Hä-sen, blasen oder wet-ten, max-x^n. Im<br />
Ahd. gab es aber vier Typen. Wählen wir wieder<br />
das Zimbrischo der Sieben Gemeinden zum Ausgangspunkt,<br />
so bestanden nebeneinander: Kurzvokal<br />
-f-Lenis in ha-zen (Hasen), rc-gen (Regen). Der<br />
erste Typus paßt in dio nhd. Ordnung nicht hinein,<br />
weil er zu kurz ist; daher längte dio Zweisilberdehnung<br />
(s. § 27 h) den Kurzvokal außerhalb der<br />
Sieben Gemeinden im Bair. und ließ hä-sn, re-gn<br />
entstehen. Doch bestand über dio Zweisilberdehnung<br />
hinaus bei Drei- und Viersilbern z. B. in<br />
zimbr. gä-ivnla (Gabel) noch so lange Kürze, bis<br />
Apokopo und Synkope auch dio alten Dreisilber<br />
meistenteils zu Zweisilbern umgestaltet hatte. Dann<br />
konnten auch diese Dreisilber Dehnung erfahren:<br />
Gä-bl (s. § 27 i). Man erkennt aus der älteren<br />
Dreisilberkürzung deutlich dio erwähnte Tendenz,<br />
alle Wörter unabhängig von der Silbenzahl gleich<br />
lang zu machen: zimbr. hazen und gäwvla beanspruchen<br />
ungefähr dio gleiche Zeitdauer. Der<br />
zweite und der dritte zimbr.-ahd. Quantitätstypus<br />
der Zweisilber als solche gleichen der modernen<br />
Ordnung. Es sind silbenauslautender Langvokal,<br />
etwa in zimbr. plä-zen (blasen), P$-t3r (Peter),<br />
ferner Kurzvokal + Starklaut in cß-ßen (easen),<br />
max-xeHt wet-ten, wetß-ßen (ötzt. wcl-tßn); dem<br />
dritten Typus haben sich dio Nasalvorbindungcn<br />
angeschlossen, also kxin-dar (Kinder); im Südbair.<br />
auch w(n-t9r (Winter) und lem-ple (Lämrnlein),<br />
denen allerdings mittel- und nordbair. wint-tv,<br />
lamp-pö gegenübertroten. Diese zwei Typen blieben,<br />
soweit nicht Geminatenvereinfachung eintrat<br />
(s. § 34 g), überall unangetastet. Ihnen wurden<br />
dio gedehnten Zweisilber, wio Hä-an aus ha-zen,<br />
99
§ 34 i 1—i 7<br />
angeschlossen. — 2. Der vierte und letzte ahd.zimbr.<br />
Typus paßt ebensowenig in die nhd.<br />
Quantitätsordnung hinein wie der erste. Es waren<br />
die überlangen Silben mit Langvokal + Starklaut,<br />
wie zimbr. zläf-fen (schlafen), püx-xa (Buche),<br />
hgvß-ßen (heißen), kxläff-tar (Klafter), rüß-ßen<br />
(Feuer schüren, ahd. *ruosken). Mit ihnen gingen<br />
helf-jen (helfen), tverf-fen (werfen), zaltß-ßen (ötzt.<br />
zglt-tßn), melx-xen (melken), kxirx-xa (Kirche),<br />
kx§rß-ßa (Kirsche); bei ihnen erfüllten Kurzvokal<br />
-f- Liquida die gleiche Funktion wie Langvokal;<br />
<strong>des</strong>gleichen hgotß-ßen (ötzt. hgvt-tßn),<br />
zlgnpf-fen (ötzt. ßlgnp-pffm), kxräpf-fo (ötzt. kxrgppffm);<br />
übor die alte südbair. Vereinfachung von<br />
-tt- zu -t- nach Vokallänge war schon die Rede.<br />
Unsere Bühnensprache beseitigte diesen Typus<br />
meistens durch Lenisierung <strong>des</strong> geminierten Starklautes:<br />
schlä-fen, Bü-che, hei-ßen, hel-jen, werben,<br />
sal-zen, mel-ken, Kir-che, Kirsche, hei-zen; nur<br />
bei Krap-fen, Klaf-ter kürzte sie den Selbstlaut.<br />
Auch die meisten hochd. Dialekte beschritten bald<br />
den Weg der Lenisierung, bald den Weg der Selbstlautkürzung.<br />
Sonach bilden die Silbengestalten<br />
zläf'fen usw. innerhalb <strong>des</strong> Oberdeutschen einen<br />
erstaunlichen Archaismus. Ihr großes Verbreitungsgebiet<br />
liegt jetzt auf dem Boden <strong>des</strong> Südalemannischen,<br />
jenes Dialekts, welcher gleichfalls<br />
in großem Raum die überkurzen Silben ha-so,<br />
re-gv unverändert konserviert. Vom südlichen<br />
Vorarlberg her setzen sich diese überlangen Silben<br />
in ßlgf-fü usf. nach Westtirol fort. Darüber hinaus<br />
bestellen sie in allen Tiroler Hochtälern mit dem<br />
Ahrntal, dem Oberiselgebiet, mit Tilliach und dem<br />
Kärntner Lesachtal sowie in den südbair. Außenmundarten,<br />
ausgenommen Luserna, Lavarone, Folgaria,<br />
Fersental und Tischlwang, auf deren Verhältnisse<br />
wir noch zu sprechen kommen. Die<br />
oben genannten Wörter lauten daher z. B. um<br />
Gottschco noch: zlüffm, pii3xxv> khlüfftar, khrüpjiffd,<br />
halßm, barffm, zauttßn, hgaittßn, mauxxi},<br />
kharßßa oder im oberen Iselgebiet slöffin usw. —<br />
3. Die modernen Mundarten haben diesen überlangen<br />
Typus wie gesagt in zweifacher Weise an<br />
das neue Silbensystem angleichen können. Entweder<br />
man ließ den Langvokal weiterhin lang,<br />
dann mußte der Mitlaut lenisiert werden, oder<br />
man kürzte den Langvokal, dann durfte der Mitlaut<br />
als Fortis fortbestehen. Es ergab sich also<br />
entweder slgjm, püoxn, khlgftor, h^lfm, wqrfm.<br />
sgltsn, JiQDtsn, m^lxn, kh^rsn oder slgßm, pi&xxn,<br />
khlgfftzr, hclffm, tverffm, sQlttßn, JiQDttßn, m^lxxn,<br />
kherßßn. Bei<strong>des</strong> fügt sich ins neuo Quantitätssystem<br />
zwanglos ein. Der Osten <strong>des</strong> Bair. hat<br />
sich im allgemeinen für die alte Selbstlautlänge<br />
und für dio Lenisiening entschlossen, also für<br />
slgfm usw., und nur vor -tß- und -tt-, aber auch<br />
hier nur teilweise, blieb die Kürze mit. Fortis,<br />
also sglttßn, hgnttßn, hivltn; außerdem schlugen<br />
im Osten wie im Bühnendeutschen khlgfftn und<br />
khrpppfm den anderen Weg ein; so das Burgenland<br />
und dio Steiermark (ohne Ennsgebiet). Die<br />
allgemeine Lenisierung beherrscht auch den größten<br />
Teil <strong>des</strong> Nordbair. und die jüngeren südbair.<br />
Sprachinseln, das Schwäbische, das Ostfränkischo<br />
und teilw. den Lechrain. Der Westen, Tirol und<br />
Salzburg mit dem steir. Ennsgebiet bis zum Gesäuse<br />
sowie der Süden von Oberbayern haben<br />
ßich dagegen für dio Selbstlautkürzung und für<br />
die Beibehaltung der Fortes entschieden, also für<br />
slgffm, pu9xxn usw. Nieder- und Oberösterreich<br />
und der größte Teil von Nieder- und Oberbayern<br />
nehmen eine Zwischenstellung oin, ebenso in<br />
ältester Prägung der Salzach-, der Flachgau und<br />
das Salzkammergut. Vor -ff-, -ßß- und den Affrikaton<br />
wurde der Selbstlaut gekürzt, also ilgßn,<br />
100<br />
helffn, hgvßßn usw.; dann gingen diese Mundarten<br />
mit dem Westen. Vor -ch- aber blieb die Dehnung,<br />
es trat Lenisierung ein, also büvxv, mQxv, ghivxv;<br />
diesmal stimmen sie zum Osten. — 4. Im Lungau,<br />
wo nach § 1 1 1 für mhd. a und d unter Länge<br />
(mittleres) ö, unter Kürze aber p steht, ist nach<br />
unserer Darstellung Selbstlautkürzung eingetreten.<br />
Dessenungeachtet blieb der o-Laut der Länge aus<br />
der älteren Zeit fortbestehen, so daß man ausnahmsweise<br />
sloffm, loßßn (lassen), itroßßn (Straße),<br />
kxlofftn, kxroppfm (mit ahd. ä) gegen sgffm (schaffen),<br />
ggßßn (Gasse), gft (dann), tgppffv (tapfer)<br />
(mit ahd. a) gebraucht. Auch sonst stoßen wir<br />
vereinzelt auf diese Besonderheit. — 5. Jene Umordnung,<br />
welche den Mitlaut abschwächte, ist<br />
immerhin so alt, daß sie noch von der mittelbair.<br />
Konsonantenschwächung erfaßt werden konnte.<br />
Sie wurde daher für den Mitlautstand unserer<br />
Wortkörper überall dort, wo die Lenisierung selbst<br />
in Kraft ist, von ebenso schweren Folgen wie sonst<br />
überall unsere Konsonantenschwächung. Das Folgende<br />
ist daher in gewissem Sinne der erste Nachtrag<br />
zu dem Kapitel über die mittelbair. Konsonantenschwächung;<br />
den zweiten Nachtrag dazu<br />
finden wir im § 34 k bei der Einsilberdehnung. Vor<br />
allem liegen uns die Verhältnisse in denjenigen<br />
Mundarten am Herzen, in welchen die alten<br />
Reibelautgeminaten nach alter Vokallänge vereinfacht<br />
und abgeschwächt worden sind. Es tritt<br />
gelegentlich über die Lenisierung hinaus Stimmhaftigkeit<br />
und bei -ch- sogar Schwund ein. Das<br />
Wesen der Verstimmhaftung können wir am<br />
schönsten in den jüngeren zimbr. Inseln von<br />
Luserna, Lavarone und Folgaria und im Fersental<br />
studieren. Hier behielt nur -x- seine Stimmlosigkeit,<br />
etwa in Luserna püvxvn (Buchen, plur.),<br />
melxon, kx\rxvn (Kirchen, plur.); sonst steht nach<br />
alter Länge vorvokalisch immer stimmhafter<br />
Reibelaut: slävon, hgozon, helvon, w$rvDn, rüdzon,<br />
kxgrznn (Kirschen, plur.). Ihre -v- und -£- fallen<br />
mit den alten -v- und -z- z. B. in övon (Ofen),<br />
v^rzn[n (Ferse) zusammen; man vergleiche dagegen<br />
in den konservativen Dreizehn Gemeinden<br />
slüffnn, hgoßßon, hqlffrm, xc^rßvn, rüdßßün, kx§rßßvn,<br />
aber ÖUVDH, VQorze. Es versteht sich von<br />
selbst, daß nach mhd. Kurzvokal, etwa in eßßün,<br />
viaxxnn, urißßon (wissen), dr$ßßnn (dreschen),<br />
diese Lenisierungen nicht eingetreten sind. — 6. Im<br />
Ostfränk., Schwab., Nordbair., im größten Teil<br />
<strong>des</strong> Mittelbair., <strong>des</strong> Steir. und <strong>des</strong> Burgenländ.<br />
ist nach unseren Regeln aus *püoxxo> *tn^lxxcn><br />
*kxirxx, ganz geschwunden.<br />
Daher fällt dort, in den Randschollen von Niederösterreich,<br />
im größten Teil von Oberösterreich und<br />
im angrenzenden Niederbayern, teilweiso in der<br />
Oststeiermark und im Burgenland, auch -x- aus:<br />
bräuD (brauchen), büo-n, chln-v (Polsterüberzug,<br />
mhd. zieche), grln-rfll (eine Zwetschkensorte; mhd.<br />
krieche), bzw. vereinfacht bü-n, dsi-D, gri-i^l,<br />
ferner m^//o, mQlitin, mg-v (melken), ghimo<br />
(Kirche). Dieser -ch-Schwund entwickelte sich<br />
schon um 1300 in ganz Nieder- und Oberösterreich
§ 34 j 4—k 3<br />
Liquida wurden fast überall im Bair. vereinfacht sekundäre Einsilber, denen eine ähnliche Ge-<br />
und der vorausgehende Selbstlaut gelängt. Es staltung anhaftete wie dem älteren zimbr. iakx,<br />
heißt im Mitteibair, meistens sin,v (singen), gSwümv treten, nämlich (in Iglau) ziJcx (Säcke) aus zimbr.<br />
(geschwommen), rinv (rinnen), gle (alle), bfgvrv zdkxxe oder_neben iglauerisches viß (der Fisch)<br />
(Pfarrer). In den südbair. Sprachinseln blieben<br />
jedoch die ursprünglichen Verhältnisse; etwa um<br />
aus zimbr. viß neues igl. viß (die Fische) aus zimbr.<br />
Gottscheo zinrpn, gozunimnidn, rinnen, gllai, pfQrrar. vißße. Vor diesen sekundären Einsilbern, die im<br />
Auch in Tirol sind diese Geminaten meistenteils Akzent und in der Quantität unseren echten Ein-<br />
gut erhalten, nur -rr- ist außerhalb der Hochtäler silbern gleich geworden wären, mußten die echten<br />
und außerhalb <strong>des</strong> Puster- und Lesachtales auf Einsilber morphologisch ausweichen. Sonach sind<br />
weiten Strecken vereinfacht: pjgrvr, ngr (Narr). die neuen Formen zgkx und viß sing, ein lautliches<br />
Boi -m- ist die Verteilung von einfachem und geminiertem<br />
Mitlaut violfach völlig unabhängig gewor- Ausweichprodukt auf der Flucht vor zikx> viß<br />
den von mhd. Verhältnissen, doch liegen die plur. Nun verstehen wir erst, warum z. B.<br />
Dingo zu kompliziert, als daß wir hier näher das Iglauerische sing, khöpff (Kopf), süß (Schuß),<br />
darauf eingehen könnten. Merkwürdig sind schließ- tiß (Tisch) usw. als alte Ein- und plur. khepff<br />
lich falscho Doppel-nn- im südlichen Burgenland, (Köpfe), Siß (Schüsse) oder tißlvr (Tischler), tiß<br />
in der Mittelsteiermark, im obersteir. Obermur- (Tische), tißßl (Tischlein) als alte Mehrsilber in<br />
gebiet und in Unterkärnten z. B. in v Sennni oder der Stammsilbenquantität immer noch streng<br />
v Seinn\ (eine schöne), khinnj, (König) usw. insbes. scheidet. Sie sind aber in der gesamten Wortdauer<br />
bei den ältesten Leuten.<br />
doch wieder gleich lang gestaltet. Die beharr -<br />
samsten Mundarten <strong>des</strong> Südbair. haben diese Neu-<br />
k. 1. Dio bisherigen Ausführungen bezüglich ordnung nicht; sie haben sie nicht notwendig,<br />
der Silben- und Wortdauer galten in erster Linie weil bei ihnen noch keine Apokope herrscht und<br />
den Zwei- und Mehrsilbern. Doch haben auch die daher z. B. sing, (zimbr.) iakx und plur. iekxxz,<br />
alten Einsilber ihre Silbendauor verändert, Ein- sing, viß und plur. vißße ohnedies noch nicht versilber<br />
hier im Sinne <strong>des</strong> Frühmittelhochdeutschen wechselt werden können. Die überbreite Akzentu-<br />
und nicht etwa der modernen Mundarten gemeint. ation von zgkx, viß usw. ist vor allem dort not-<br />
Sie sind im Vokal gedehnt worden. Wir stehen wendig, wo gleichzeitig Apokope durchgeführt<br />
hiemit vor der Einsilberdehnung; auf sie hinzu- worden ist. Ihre Folge ist dann eben unsere Einweisen<br />
waren wir schon mehrfach gezwungen gewesilberdehnung. Diese selbst ist ungemein weit<br />
sen. Getragen wurde diese Einsilberdehnung wieder verbreitet. Sio herrscht nicht nur im ganzen mittel-<br />
von dem uns bekannten Bemühen, dio Wortkörper und nordbair. Binnenland mit dem Burgenland<br />
unabhängig von ihrer Silbenzahl gleich lang zu und der Oststeiermark (s. die dicke Linie der<br />
gestalten. Im 12. Jh. wurden aus diesem Bestreben Karte 22), sie gilt auch im Schwäbischen, im Ost-<br />
heraus durch dio Zweisilberdehnung, soweit es fränkischen und im Mitteldeutschen. Auf ober-<br />
notwendig war, in Zweisilbern die Stammsilbe gedeutschem Boden haben sich dagegen nur das<br />
längt, dio Dreisilber aber tunlichst gekürzt, ebenso Südalemannische und das Südbairische erfolgreich<br />
dio Mehrsilber mit überlanger Stammsilbe ver- wehren können, doch werden wir später erfahren,<br />
ändort. Dio alten Einsilber mußten folgerichtig daß sich dio Einsilberdehnung vorübergehend<br />
irgendwio überlang gestaltet werden. Lassen wir immerhin auch über dio südbair. Verkehrsland-<br />
dio Lautungen <strong>des</strong> ötztales sprechen, mit denen die schaften ausgebreitet hatte, wenn auch zeitlich<br />
Entsprechungen in den älteren südbair. Außen- viel später als im Mitteibair, selbst als Ursprungsmundarten<br />
und in den Tiroler Hochtälern samt gebiet. — 3. Dio alten Einsilber waren dabei<br />
dem Puster- und Lesachtal konform sind. Sio haben durch ihren neuen übertriebenen Zweital- oder<br />
den mhd. Stammvokal zwar überkurz erhalten, Falldruck doch wieder so lang geworden wie die<br />
haben aber im Zusammenhang damit scharfen alten Zwei- und Dreisilber. Im Sinne der Gleich-<br />
Steigdruck und einen übermäßig langen Auslautmachung aller Wörter ohne Rücksicht auf die<br />
konsonantcn, der notwendigenfalls durch Aus- Silbenzahl hatte sich also nichts geändert. Da nun<br />
lautverhärtung (s. § 27 cl) fortisiert erscheint. durch überdehnung und Zweitaldruck der alten<br />
Damit ist dio angestrebto Überlange z. B. in ötzt. Einsilber der angestrobte Zweck ohnedies erreicht<br />
tgkx (Tag), rgt (Rad), grgß (Gras), hoff (Hof) usw., war, wurde dio starke, überlango Aussprache der<br />
genau eigentlich tgkx, rgt usw. zu schreiben, tat- Auslautkonsonanten bald überflüssig. Sie konnten<br />
sächlich erreicht. Dio Verbreitung dieser Art von um 1300 der mittel- und nordbair. Konsonanten-<br />
Überlängung der Einsilber verzeichnet unsere schwächung anheimfallen. Abgesehen von den<br />
Karte 22 schwarz koloriert südlich der dicken Linie. Außenmundarten um Brunn, Iglau usw. heißt es<br />
Damit waren sich im 12. Jh. tatsächlich dio Zwei- daher jetzt im Mittel- und Nordbair. mit Lenisilber<br />
pläscn, häscn, wetten und sldfcn, die Dreisierung fii, ghöbf, süs, dis im sing, der echten<br />
silber gäwcle, vtrfcrc und die Einsilber nach dem Einsilber, es heißt aber natürlich mit Fortis im<br />
Muster iakx rhythmisch gleichwertig geworden. plur. usw. fiß, ghepff, siß oder dißlo, dißßl in sekun-<br />
Wann diese eigenartige Aussprache der Einsilber dären Einsilbern und in erhaltenen Mehrsilbern.<br />
erreicht worden ist, wissen wir nicht; daß sie um In abseitigeren Landstrichen <strong>des</strong> Nordbair. behaup-<br />
1100 schon bestanden hat, lassen die gleichartigen ten sogar dio einstmals zweisilbigen Formen <strong>des</strong><br />
Verhältnisse der Sieben Gemeinden vermuten. — dat. ihre lautgesetzliche Vokalkürze. Es lautet<br />
2. Im Laufe <strong>des</strong> 12. Jh. ist aber im Mittel- und dort der nom. <strong>des</strong> sing, zwar dis, ghünbf, hülds<br />
Nordbair. eino grundlegende Umwäb.ung im Ein- (Holz), sölds (Salz), gnfnd (Knecht), nQixl (Nacht),<br />
silberakzent eingetreten. Nach den Außenmund- flgos (Flachs), fold (Feld), mÖD<br />
arten um Brunn, Wischau, Buclweis und Iglau zu<br />
schließen, trat damals an Stelle <strong>des</strong> scharfen Steigdrucks<br />
eine zweital- oder falldruckigo Überdehnung<br />
<strong>des</strong> Vokals. Statt zimbr. täkx, ~«&A* (Sack), viß<br />
(Fisch), väß (Faß) steht z. B. um Iglau tgg, zQkx,<br />
viß, vgß. Dio Schuld an dieser Umbildung trug<br />
offenbar dio Apokope <strong>des</strong> ausgehenden 12. Jhs. Sie<br />
ließ neben dio primären Iglauer Einsilber zgkx usw.<br />
n (Mann), löo n g<br />
(lang, räumlich), die entsprechenden dat.-Formen<br />
usw. aber im Sinne alter Mehrsilber diß, ghopff,<br />
holtß, egltß, gn$xt, ngxt, fg'l, mgn, vn Ignno; überall<br />
im Nordbair. natürlich im plur. diß, ghepff,<br />
höltßo, gii$xU n iQlv, mgno und im plur. in<br />
entsprechender Lautung auch im ganzen Mittelbau*.<br />
Man ersieht daraus, daß Dehnung unter<br />
Umständen auch besondere Wego <strong>des</strong> Selbst-und<br />
102
§ 34 j 4—k 3<br />
Liquida wurden fast überall im Bair. vereinfacht<br />
und der vorausgehende Selbstlaut gelängt. Es<br />
heißt im Mitteibair, meistens sw,v (singen), gswümv<br />
(geschwommen), rinv (rinnen), gle (alle), bfgvrv<br />
(Pfarrer). In den südbair. Sprachinseln blieben<br />
jedoch die ursprünglichen Verhältnisse; etwa um<br />
Gottschee zirynpn, gdzwümmdn, rinnen, gllai, pforrar.<br />
Auch in Tirol sind diese Geminaten meistenteils<br />
gut erhalten, nur -rr- ist außerhalb der Hochtäler<br />
und außerhalb <strong>des</strong> Puster- und Lesachtales auf<br />
weiten Strecken vereinfacht: pfgrdr, ngr (Narr).<br />
Bei -m- ist die Verteilung von einfachem und geminiertem<br />
Mitlaut vielfach völlig unabhängig geworden<br />
von mhd. Verhältnissen, doch liegen die<br />
Dinge zu kompliziert, als daß wir hier näher<br />
darauf eingehen könnten. Merkwürdig sind schließlich<br />
falsche Doppel-nn- im südlichen Burgenland,<br />
in der Mittelsteiermark, im obersteir. Obermurgebiet<br />
und in Unterkärnten z. B. in o s§nnni oder<br />
v seinni (eine schöne), khinni (König) usw. insbes.<br />
bei den ältesten Leuten.<br />
k. 1. Die bisherigen Ausführungen bezüglich<br />
der Silben- und Wortdauer galten in erster Linie<br />
den Zwei- und Mehrsilbern. Doch haben auch die<br />
alten Einsilber ihre Silbendauer verändert, Einsilber<br />
hier im Sinne <strong>des</strong> Frühmittelhochdeutschen<br />
und nicht etwa der modernen Mundarten gemeint.<br />
Sie sind im Vokal gedehnt worden. Wir stehen<br />
hiemit vor der Einsilberdehnung; auf sie hinzuweisen<br />
waren wir schon mehrfach gezwungen gewesen.<br />
Getragen wurde diese Einsilberdehnung wieder<br />
von dem uns bekannten Bemühen, die Wortkörper<br />
unabhängig von ihrer Silbenzahl gleich lang zu<br />
gestalten. Im 12. Jh. wurden aus diesem Bestreben<br />
heraus durch die Zweisilberdehnung, soweit es<br />
notwendig war, in Zweisilbern die Stammsilbe gelängt,<br />
die Dreisilber aber tunlichst gekürzt, ebenso<br />
die Mehrsilber mit überlanger Stammsilbe verändert.<br />
Die alten Einsilber mußten folgerichtig<br />
irgendwie überlang gestaltet werden. Lassen wir<br />
die Lautungen <strong>des</strong> ötztales sprechen, mit denen die<br />
Entsprechungen in den älteren südbair. Außenmundarten<br />
und in den Tiroler Hochtälern samt<br />
dem Puster- und Lesachtal konform sind. Sie haben<br />
den mhd. Stammvokal zwar überkurz erhalten,<br />
haben aber im Zusammenhang damit scharfen<br />
Steigdruck und einen übermäßig langen Auslautkonsonanten,<br />
der notwendigenfalls durch Auslautverhärtung<br />
(s. § 27 d) fortisiert erscheint.<br />
Damit ist die angestrebte Überlänge z. B. in ötzt.<br />
tgkx (Tag), rgt (Rad), grgß (Gras), hoff (Hof) usw.,<br />
genau eigentlich tgkx, rgt usw. zu schreiben, tatsächlich<br />
erreicht. Die Verbreitung dieser Art von<br />
Überlängung der Einsilber verzeichnet unsere<br />
Karte 22 schwarz koloriert südlich der dicken Linie.<br />
Damit waren sich im 12. Jh. tatsächlich die Zweisilber<br />
pläsen, häsen, wetten und släfen, die Dreisilber<br />
gäwele, vedere und die Einsilber nach dem<br />
Muster takx rhythmisch gleichwertig geworden.<br />
Wann diese eigenartige Aussprache der Einsilber<br />
erreicht worden ist, wissen wir nicht; daß sie um<br />
1100 schon bestanden hat, lassen die gleichartigen<br />
Verhältnisse der Sieben Gemeinden vermuten. —<br />
2. Im Laufe <strong>des</strong> 12. Jh. ist aber im Mittel- und<br />
Nordbair. eine grundlegende Umwälzung im Einsilberakzent<br />
eingetreten. Nach den Außenmundarten<br />
um Brunn, Wischau, Budweis und Iglau zu<br />
schließen, trat damals an Stelle <strong>des</strong> scharfen Steigdrucks<br />
eine zweital- oder falldnickige Überdehnung<br />
<strong>des</strong> Vokals. Statt zimbr. täkx, zäkx (Sack), viß<br />
(Fisch), väß (Faß) steht z. B. um Iglau tgg, zgkx,<br />
viß, vgß. Die Schuld an dieser Umbildung trug<br />
offenbar die Apokope <strong>des</strong> ausgehenden 12. Jhs. Sie<br />
ließ neben die primären Iglauer Einsilber zgkx usw.<br />
102<br />
sekundäre Einsilber, denen eine ähnliche Gestaltung<br />
anhaftete wie dem älteren zimbr. zäkx,<br />
treten, nämlich (in Iglau) zekx (Säcke) aus zimbr.<br />
zikxxß oder neben iglauerisches viß (der Fisch)<br />
aus zimbr. viß neues igl. viß (die Fische) aus zimbr.<br />
vißße. Vor diesen sekundären Einsilbern, die im<br />
Akzent und in der Quantität unseren echten Einsilbern<br />
gleich geworden wären, mußten die echten<br />
Einsilber morphologisch ausweichen. Sonach sind<br />
die neuen Formen zgkx und viß sing, ein lautliches<br />
Ausweichprodükt auf der Flucht vor zikx, viß<br />
plur. Nun verstehen wir erst, warum z. B.<br />
das Iglauerische sing, khöpff (Kopf), süß (Schuß),<br />
tlß (Tisch) usw. als alte Ein- und plur. khepff<br />
(Köpfe), Siß (Schüsse) oder tißlvr (Tischler), tiß<br />
(Tische), tißßl (Tischlein) als alte Mehrsilber in<br />
der Stammsilbenquantität immer noch streng<br />
scheidet. Sie sind aber in der gesamten Wortdauer<br />
doch wieder gleich lang gestaltet. Die beharr -<br />
samsten Mundarten <strong>des</strong> Südbair. haben diese Neuordnung<br />
nicht; sie haben sie nicht notwendig,<br />
weil bei ihnen noch keine Apokope herrscht und<br />
daher z. B. sing, (zimbr.) zakx und plur. zekxxv,<br />
sing, viß und plur. vißße ohnedies noch nicht verwechselt<br />
werden können. Die überbreite Akzentuation<br />
von zgkx, viß usw. ist vor allem dort notwendig,<br />
wo gleichzeitig Apokope durchgeführt<br />
worden ist. Ihre Folge ist dann eben unsere Einsilberdehnung.<br />
Diese selbst ist ungemein weit<br />
verbreitet. Sie herrscht nicht nur im ganzen mittelund<br />
nordbair. Binnenland mit dem Burgenland<br />
und der Oststeiermark (s. die dicke Linie der<br />
Karte 22), sie gilt auch im Schwäbischen, im Ostfränkischen<br />
und im Mitteldeutschen. Auf oberdeutschem<br />
Boden haben sich dagegen nur das<br />
Südalemannische und das Südbairische erfolgreich<br />
wehren können, doch werden wir später erfahren,<br />
daß sich die Einsilberdehnung vorübergehend<br />
immerhin auch über die südbair. Verkehrslandschaften<br />
ausgebreitet hatte, wenn auch zeitlich<br />
viel später als im Mitteibair, selbst als Ursprungsgebiet.<br />
— 3. Die alten Einsilber waren dabei<br />
durch ihren neuen übertriebenen Zweital- oder<br />
Falldruck doch wieder so lang geworden wie die<br />
alten Zwei- und Dreisilber. Im Sinne der Gleichmachung<br />
aller Wörter ohne Rücksicht auf die<br />
Silbenzahl hatte sich also nichts geändert. Da nun<br />
durch Überdehnung und Zweitaldruck der alten<br />
Einsilber der angestrebte Zweck ohnedies erreicht<br />
war, wurde die starke, überlange Aussprache der<br />
Auslautkonsonanten bald überflüssig. Sie konnten<br />
um 1300 der mittel- und nordbair. Konsonantenschwächung<br />
anheimfallen. Abgesehen von den<br />
Außenmundarten um Brunn, Iglau usw. heißt es<br />
daher jetzt im Mittel- und Nordbair. mit Lenisierung<br />
jls, ghöbf, süs, dis im sing, der echten<br />
Einsilber, es heißt aber natürlich mit Fortis im<br />
plur. usw. fiß, ghepff, siß oder dißlv, dißßl in sekundären<br />
Einsilbern und in erhaltenen Mehrsilbern.<br />
In abseitigeren Landstrichen <strong>des</strong> Nordbair. behaupten<br />
sogar die einstmals zweisilbigen Formen <strong>des</strong><br />
dat. ihre lautgesetzliche Vokalkürze. Es lautet<br />
dort der nom. <strong>des</strong> sing, zwar dis, ghüvbf, hülds<br />
(Holz), sölds (Salz), g^vd (Knecht), ngod (Nacht),<br />
flgvs (Flachs), fold (Feld), möv n (Mann), löv n g<br />
(lang, räumlich), die entsprechenden dat.-Formen<br />
usw. aber im Sinne alter Mehrsilber diß, ghopff,<br />
holtß, sgltß, gn$xt, ngxt, fgl, mgn, vn lgt}n,D; überall<br />
im Nordbair. natürlich im plur. diß, ghepff,<br />
höltßv, gryext, naxt, fglv, mgnv und im plur. in<br />
entsprechender Lautung auch im ganzen Mittelbair.<br />
Man ersieht daraus, daß Dehnung unter<br />
Umständen auch besondere Wege <strong>des</strong> Selbst-und
Mitlautstan<strong>des</strong> nach sich zog, die es bei den kurz<br />
gebliebenen Stammsilben der Mehrsilber nicht gab.<br />
Die lautliche Unterscheidung zwischen nom. und<br />
dat. sing, setzt sich übrigens im Bauerndialekt<br />
weit ins Ostfränk. hinein fort; auch im Bayrischen<br />
Wald und im Böhmerwald treffen wir bei den<br />
Alten noch kurzvokalische dat.-Formen. Isolierte<br />
Reste reichen sogar tief nach Oberösterreich hinein.<br />
Im Hausruckviertel nennt man das Brennholz<br />
hoids (aus hölds), einen kleinen Waldbestand aber<br />
nach dem alten dat. hoitß und mit lautwidriger<br />
Analogie das Haus schlechthin haus (aus nom.<br />
*häus), den Hausflur aber hauß (aus dat. hauß) 4 ).<br />
Sonst ist freilich überall in den apokopierenden<br />
Mundarten der dat. sing, an den nom. angeglichen<br />
worden. — 4. Über die Auslautkonsonanten<br />
der alten Einsilber ist also um 1300 alles das<br />
hereingebrochen, was wir als mittelbair. Konsonantenschwächung<br />
schon kennen. Z. B. schwindet<br />
-ch in bau (Bauch), bg (Bach) usw. wie -ch- im<br />
Inlaut nach Langvokal und wie im Auslaut -h; bei<br />
einigen Schwachdruckwörtern <strong>des</strong> Satzes, wie<br />
auch, ich, mich, dich, sich, ist der Schwund sogar<br />
so gut wie gemeinbair. und das -x nur mehr im<br />
inneren ötz-, Sill- und Zillertal, in Teilen von<br />
Gottschee und in den Sieben Gemeinden erhalten.<br />
Wenn uns im allgemeinen Schwundgebiet gelegentlich<br />
trotzdem -c/t-Formen wie dgx (Dach) in<br />
Niederösterreich, in Südmähren und in Teilen <strong>des</strong><br />
Burgenlan<strong>des</strong> unterkommen, so liegt Verallgemeinerung<br />
der dat.-Form, mhd. deme dache, zugrunde.<br />
— 5. Im Nordbair. ist die Einsilberdehnung<br />
in Übereinstimmung mit dem Ostfränk. am<br />
besten bewahrt. Je weiter man nach Osten wandert,<br />
<strong>des</strong>to mehr Ausnahmen stellen sich ein. Am<br />
häufigsten scheinen Abweichungen in der Oststeiermark<br />
und im Burgenland vorzukommen. —<br />
6. In jedem der drei bair. Unterdialekte haben die<br />
Formen der 1. pers. sing. präs. ind. wie frühmhd.<br />
ich Stiche, ich triffe, ich hilfe der starken und wie<br />
ich mache, ich wische der schwachen Zeitwörter<br />
jeweils einen anderen Weg eingeschlagen. Die Entsprechungen<br />
richteten sich fast überall irgendwie<br />
nach dem imp. stich! triff! hilf! mache! wische!<br />
Im Südbair. werden dabei die starken und die<br />
schwachen Zeitwörter in der Weise vereinheitlicht,<br />
daß sich die Formen der schwachen Verba nach<br />
denen der starken richten. Ausgenommen allerdings<br />
das Zimbrische, das zwischen ind. und imp.<br />
noch in ahd. Weise unterscheidet und im imp.<br />
sogar die starken und schwachen Zeitwörter verschieden<br />
behandelt. Es heißt ix stixx&> ix hiW e ><br />
aber stix! Hlf !, es heißt jedoch ix maxxz, ix wißße<br />
und maxxe! wißße! Ausgenommen auch die<br />
Mundart von Zahre, die durchaus das -eder schwachen<br />
Verba durchführt: i s'tixxe* * hilffe, i trifte<br />
und s'tixxe! hilffe! triffe! nach i mgxx e > * wißße<br />
und mgxxß! wißße! Sonst herrscht im Südbair.<br />
in allen Mundarten Endungslosigkeit nach dem<br />
imp. der starken Zeitwörter, und zwar auch in<br />
denjenigen Mundarten, welche nicht apokopieren<br />
und sonst auslauten<strong>des</strong> Schwachdruck-e erhalten<br />
haben; z. B. in Gottschee i stix « ach $ li ! und<br />
x<br />
danach i mgx und mgx! Die Folge davon ist,<br />
daß in denjenigen Gegenden, wo die Einsilberdehnung<br />
auf das Südbair. übergreift, 1. pers. sing,<br />
und imp. die gleiche Einsilberdehnung aufweisen,<br />
z. B. im Burgenland i Sti, ßtl! und danach i mQ<br />
und mg! Anders macht es das Mittelbair. Auch<br />
hier hat für die 1. pers. der imp. entschieden; aber<br />
hier haben nach ihm die starken Verba Einsilber<br />
dehnung, die schwachen nicht: i Sdix, Mix! gegen<br />
4 ) Über die nachträgliche Beseitigung der<br />
Vokallängen in Oberösterreich s. § 27 h 1.<br />
§ 34 k 3—k 7<br />
g, vngx! Und weil bei den starken Verben<br />
sitzen und bitten der mhd. imp. ausnahmsweise<br />
zweisilbig war und sitze! bitte! lautete, hat auch<br />
das Mittelbair. ausnahmsweise keine Einsilberdehnung<br />
und sagt % süß, i bit und süß ! bit! Das<br />
Nordbair. hat in Übereinstimmung mit dem Ostfränk.<br />
und Schwab, wieder ausgeglichen, jedoch<br />
nicht mehr wie im Südbair. nach den einsilbigen<br />
starken, sondern diesmal nach den zweisilbigen<br />
schwachen Formen. In der (nördlichen) Oberpfalz<br />
und im Egerland treffen wir auf die ungedehnten<br />
Formen i idix und sdix! und * mgx und mgx!<br />
Daraus dürfen wir für die frühmhd. Zeit vor der<br />
Apokope rekonstruieren: Fürs Südbair. ich stich,<br />
stich /und danach ich mach, mach !; fürs Mittelbair.<br />
ich stich, stich ! gegen ich mache, mache !; fürs Nordbair.<br />
ich Stiche, stiche! nach ich mache, mache!<br />
Dies ist ein Musterbeispiel dafür, wie exakt man<br />
manchesmal bei genauem Hinsehen alte Sprachzustände<br />
aufhellen kann. — 7. Betrachten wir<br />
zum Abschluß die Einsilberdehnung dialekt- und<br />
sprachgeschichtlich, so darf man fürs Bair. die<br />
Isar-Donaustraße als ihre älteste Heimat vermuten,<br />
weil dort auch die Apokope am frühesten bezeugt<br />
ist. Weiters darf man, wie wir schon angedeutet<br />
haben, auch für die südbair. Verkehrsgebiete ein<br />
späteres und vorübergehen<strong>des</strong> Einsickern der Einsilberdehnung<br />
annehmen. Wohl sprechen die<br />
südbair. Außenmundarten, die keine Spur von ihr<br />
besitzen, für ihr völliges Fehlen im Mittelhochdeutsch<br />
der Alpenländer. In<strong>des</strong>sen zeigt uns<br />
Karte 22 erstens, daß die Einsilberdehnung noch<br />
jetzt am Nordrand <strong>des</strong> Südbair. strichweise<br />
existiert. Die dicke Linie der Karte als Südgrenze<br />
der allgemeinen Dehnung läßt zwar das Innsbrucker<br />
Becken auf der südbair. Seite, nimmt<br />
aber südlich davon das Stubai- und das Obersilltal<br />
und noch südlich <strong>des</strong> Brennerpasses das Oboreisacktal<br />
auf die modernere Seite, ebenso das<br />
Zillertal und nochmals südlich der Zentralalpenkette<br />
das obere Iselgebiet. Es sind dies sonst<br />
höchst konservative Rückzugslandschaften, die<br />
sogar die Apokope abgelehnt haben. Vereinzelte<br />
Restformen mit Dehnung, wie gwis (gewiß), süs<br />
(Schuß), beobachten wir in Westtirol bis in den<br />
Vintschgau und ins Innbrucker Becken, <strong>des</strong>gleichen<br />
in der Mittelsteiermark mit dem Mürzgebiet und<br />
mit einem kleinen Vorstoß über die Packstraßo<br />
ins kärntn. Oberlavanttal (s. Karte). Auf mittel-<br />
steir. Boden begegnen uns Restformen wie dgx<br />
(Dach), ngxt (Nacht) mit Q für mhd. a, das sonst<br />
nur unter Dehnung möglich ist. Und zwar liegen<br />
die Verhältnisse so, daß die Reste der Dehnung<br />
vor unseren Augen je weiter im Süden <strong>des</strong>to<br />
rascher zusammenschmelzen. Sind auch die<br />
Dehnungsformen auf südbair. Boden nicht so alt<br />
wie im Mittel- lind Nordbair., so verbürgen doch<br />
die veralteten Aussprachen tlß, zQkx usw. im Obereisacktal<br />
und im Oberiselgebiet einen nicht ganz<br />
neuen und nachhaltigen Einbruch in die Alpenlünder.<br />
Diese Täler sind auf der Karte wegen ihrer<br />
Auslautverhärtung schwarz koloriert, sio befinden<br />
sjch jedoch schon nördlich der Dehnungsgronzo.<br />
Überdies stoßen wir in Nordtirol vielfach auf die<br />
Lautungen mun (Mann) und i kxun (ich kann),<br />
zwar jetzt mit Kürze, aber mit dem w-Laut, den das<br />
genäselto a in Tirol sonst nur dann erreicht, wenn<br />
mhd. a gedehnt war (s. § 1 n 5); ferner auf feol<br />
(Fell) aus älterem *Fel statt erwartetem *Fell<br />
(fei) wieder mit Dehnung. Außerdem entdecken<br />
wir um Innsbruck, ferner im Zentrum von<br />
Südtirol, weiters in den verkehrsreicheren Landschaften<br />
Kärntens und im mittelsteir. Mur- und<br />
Mürzgebiet die Aussprachen fle(i)kx (Fleck) und<br />
103
Mitlautstan<strong>des</strong> nach sich zog, die es bei den kurz<br />
gebliebenen Stammsilben der Mehrsilber nicht gab.<br />
Die lautliche Unterscheidung zwischen nom. und<br />
dat. sing, setzt sich übrigens im Bauerndialekt<br />
weit ins Ostfränk. hinein fort; auch im Bayrischen<br />
Wald und im Böhmerwald treffen wir bei den<br />
Alten noch kurzvokalische dat.-Formen. Isolierte<br />
Reste reichen sogar tief nach Oberösterreich hinein.<br />
Im Hausruckviertel nennt man das Brennholz<br />
hoids (aus hölds), einen kleinen Waldbestand aber<br />
nach dem alten dat. hoitß und mit lautwidriger<br />
Analogie das Haus schlechthin haus (aus nom.<br />
*häus), den Hausflur aber hauß (aus dat. hauß) 4 ).<br />
Sonst ist freilich überall in den apokopierenden<br />
Mundarten der dat. sing, an den nom. angeglichen<br />
worden. — 4. Über dio Auslautkonsonanten<br />
der alten Einsilber ist also um 1300 alles das<br />
hereingebrochen, was wir als mittelbair. Konsonantenschwächung<br />
schon kennen. Z. B. schwindet<br />
•ch in bau (Bauch), ÖQ (Bach) usw. wie -ch- im<br />
Inlaut nach Langvokal und wie im Auslaut -h; bei<br />
einigen Schwachdruckwörtern <strong>des</strong> Satzes, wie<br />
auch, ich, mich, dich, sich, ist der Schwund sogar<br />
so gut wie gerneinbair. und das -x nur mehr im<br />
inneren ötz-, Sill- und Zillertal, in Teilen von<br />
Gottscheo und in den Sieben Gemeinden erhalten.<br />
Wenn uns im allgemeinen Schwundgebiet gelegentlich<br />
trotzdem -c/t-Formen wie dgx (Dach) in<br />
Niederösterreich, in Südmähren und in Teilen <strong>des</strong><br />
Burgenlan<strong>des</strong> unterkommen, so liegt Verallgemeinerung<br />
der dat.-Form, mhd. deme dache, zugrunde.<br />
— 5. Im Nordbair. ist dio Einsilberdehnung<br />
in Übereinstimmung mit dem Ostfrünk. am<br />
besten bewahrt. Je weiter man nach Osten wandert,<br />
<strong>des</strong>to mehr Ausnahmen stellen sich ein. Am<br />
häufigsten scheinen Abweichungen in der Oststeiermark<br />
und im Burgenland vorzukommen. —<br />
6. In jedem der drei bair. Unterdialekte haben die<br />
Formen der 1. pers. sing. präs. ind. wie frühmhd.<br />
ich sliche, ich triffe, ich hilfe der starken und wie<br />
ich mache, ich ivische der schwachen Zeitwörter<br />
jeweils einen anderen Weg eingeschlagen. Die Entsprechungen<br />
richteten sich fast überall irgendwie<br />
nach dem imp. stich! triff! hilf! mache! wische!<br />
Im Südbair. werden dabei die starken und die<br />
schwachen Zeitwörter in der Weise vereinheitlicht,<br />
daß sich die Formen der schwachen Verba nach<br />
denen der starken richten. Ausgenommen allerdings<br />
das Zimbrische, das zwischen ind. und imp.<br />
noch in ahd. Weise unterscheidet und im imp.<br />
sogar die starken und schwachen Zeitwörter verschieden<br />
behandelt. Es heißt ix slixxe, ix h\lffc,<br />
aber stix ! h[lf I, es heißt jedoch ix inaxx?-, ix wißßc<br />
und maxxü! wißßc! Ausgenommen auch die<br />
Mundart von Zahre, die durchaus das -eder schwachen<br />
Verba durchführt: i siixx c i ' hilffc, i triße<br />
und s'tixxc! hilffcJ triffe! nach i mQxxc, i wißßc<br />
und mQxxG l wißßc l Sonst herrscht im Südbair.<br />
in allen Mundarten Endungslosigkeit nach dem<br />
imp. der starken Zeitwörter, und zwar auch in<br />
denjenigen Mundarten, welche nicht npokopieren<br />
und sonst auslauten<strong>des</strong> Schwachdruck-e erhalten<br />
haben; z. B. in Gottscheo i stix nach stix! und<br />
danach i mgx und mgxl Die Folge davon ist,<br />
daß in denjenigen Gegenden, wo die Einsilberdehnung<br />
auf das Südbair. übergreift, 1. pers. sing.<br />
und imp. die gleiche Einsilberdehnung aufweisen,<br />
z. B. im Burgenland * iti, ßti! und danach i mQ<br />
und mQ! Anders macht es das Mittelbair. Auch<br />
hier hat für dio 1. pers. der imp. entschieden; aber<br />
hier haben nach ihm die starken Verba Einsilber<br />
dehnung, dio schwachen nicht: i Sdix, Sriix! gegen<br />
*) Über dio nachträgliche Beseitigung der<br />
Vokallängen in Oberösterreich s. § 27 h 1.<br />
§ 34 k 3—k 7<br />
Q Q Und weil bei den starken Verben<br />
sitzen und bitten der mhd. imp. ausnahmsweise<br />
zweisilbig war und sitze! bitte! lautete, hat auch<br />
das Mittelbair. ausnahmsweise keine Einsilberdehnung<br />
und sagt i süß, i bit und süß l bit! Das<br />
Nordbair. hat in Übereinstimmung mit dem Ostfränk.<br />
und Schwab, wieder ausgeglichen, jedoch<br />
nicht mehr wie im Südbair. nach den einsilbigen<br />
starken, sondern diesmal nach den zweisilbigen<br />
schwachen Formen. In der (nördlichen) Oberpfalz<br />
und im Egerland treffen wir auf dio ungedehnten<br />
Formen i Mix und Sdixl und i mgx und mgx-'<br />
Daraus dürfen wir für die frühmhd. Zeit vor der<br />
Apokopo rekonstruieren: Fürs Südbair. ich stich,<br />
stich / und danach ich mach, mach !; fürs Mittelbair.<br />
ich stich, stich ! gegen ich mache, mache !; fürs Nordbair.<br />
ich stiche, stiche! nach ich mache, mache!<br />
Dies ist ein Musterbeispiel dafür, wie exakt man<br />
manchesmal bei genauem Hinsehen alte Sprachzustände<br />
aufhellen kann. — 7. Betrachten wir<br />
zum Abschluß dio Einsilberdehnung dialekt- und<br />
sprachgeschichtlich, so darf man fürs Bair. dio<br />
Isar-Donaustraßo als ihre älteste Heimat vermuten,<br />
weil dort auch die Apokopo am früheston bezeugt<br />
ist. Weiters darf man, wie wir schon angedeutet<br />
haben, auch für die südbair. Verkehrsgebiete ein<br />
späteres und vorübergehen<strong>des</strong> Einsickern der Einsilberdehnung<br />
annehmen. Wohl sprechen dio<br />
südbair. Außenmundarten, die keine Spur von ihr<br />
besitzen, für ihr völliges Fehlen im Mittelhochdeutsch<br />
der Alpenländer. In<strong>des</strong>sen zeigt uns<br />
Karto 22 erstens, daß die Einsilberdehnung noch<br />
jetzt am Nordrand <strong>des</strong> Südbair. strichweise<br />
existiert. Die dicke Linie der Karte als Südgrenzo<br />
der allgemeinen Dehnung läßt zwar dns Innsbrucker<br />
Becken auf der südbair. Seite, nimmt<br />
aber südlich davon das Stubai- und das Obersilltal<br />
und noch südlich <strong>des</strong> Brennerpasses das Obereisacktal<br />
auf die modernero Seite, ebenso das<br />
Zillertal und nochmals südlich der Zentralalpenketto<br />
das obere Iselgebiet. Es sind dies Honst<br />
höchst konservative Rückzugslandschaften, die<br />
sogar die Apokopo abgelehnt haben. Vereinzelte<br />
Restformen mit Dehnung, wie gwls (gewiß), .sü-i<br />
(Schuß), beobachten wir in Westtirol bis in den<br />
Vintschgau und ins Innbrucker Becken, <strong>des</strong>gleichen<br />
in der Mittelsteiermark mit dem Mürzgebiet und<br />
mit einem kleinen Vorstoß über die l'ackstraßo<br />
ins kärntn. Obcrlavanttal (s. Karte). Auf mittel-<br />
steir. Boden begegnen uns Restformen wie x<br />
(Dach), nQxt (Nacht) mit (> für mhd. a, das sonst<br />
nur unter Dehnung möglich ist. Und /.war liogen<br />
die Verhältni&se so, daß die Reste der Dehnung<br />
vor unseren Augen je weiter im Süden <strong>des</strong>to<br />
rascher zusammenschmolzen. Sind auch die<br />
Dehnungsformen auf südbair. Boden nicht so alt<br />
wie im Mittel- und Nordbair., HO verbürgen doch<br />
die veralteten Aussprachen tlß, zQkx usw. im Obereisacktal<br />
und im Oberiselgebict einen nicht ganz<br />
neuen und nachhaltigen Einbruch in die Alpenländer.<br />
Diese Täler sind auf der Karte wogen ihrer<br />
Auslautverhärtung schwarz koloriert, sie befinden<br />
sich jedoch schon nördlich der Dehnungsgrenze.<br />
Überdies stoßen wir in Nordtirol vielfach auf die<br />
Lautungen mnn (Mann) und i kxun (ich kann),<br />
zwar jetzt mit Kürze, aber mit dem w-Laut, den das<br />
genäsclte a in Tirol sonst nur dann erreicht, wenn<br />
mhd. a gedehnt war (s. § 1 n 5); ferner ouf j^nl<br />
(Fell) aus älterem *Fcl statt erwartetem *Fcll<br />
(]$l) wieder mit Dehnung. Außerdem entdecken<br />
wir um Innsbruck, ferner im Zentrum von<br />
Südtirol, weitere in den verkehrsreicheren Landschaften<br />
Kämtcns und im mittolsteir. Mur- und<br />
Mürzgebiet dio Aussprachen flc(i)kx (Fleck) und<br />
103
§ 34k 7—§ 35b 3<br />
spe(i)kx mit altem, geschlossenem e für mhd. e,<br />
in Sprachlandschaften, wo solches geschlossenes e<br />
nur auf Grund alter Dehnung aus e entstehen kann<br />
(s. § 3 f 1; jene Umstände, welche dieses Gesetz<br />
stören könnten, liegen bei mhd. vleck und speck<br />
nicht vor). Man hat also min<strong>des</strong>tens in den Verkehrszentren<br />
der drei südbair. Länder Tirol,<br />
Kärnten und Steiermark die Einsilberdehnung<br />
einmal ebensogut gekannt wio in ihrem.Ursprungsgebiet,<br />
der Isar-Donaustraße. — 8. Übrigens ist<br />
dio Einsilberdehnung die einzige Lauterscheinung,<br />
die sich aus dem südbair. Raum merklich nach<br />
Nordon zu ins Mitteibair, zurückzieht. Alle anderen<br />
mittelbair. Eigentümlichkeiten dringen vom Mittelbair.<br />
aus nach Süden vor. Die Bewegungsumkehrung<br />
mag zusammenhängen mit dem Fehlen<br />
jeder Stützo für die Einsilberdehnung in der<br />
Schrift- und Verkehrssprache. Die Dehnungsformon<br />
werden unmodern. In Wien unterscheiden die<br />
jüngeren Leute nicht mehr zwischen sing. di£<br />
und plur. diß usw. und gleichen trotz den morphologischen<br />
Schwierigkeiten nach der Schriftsprache<br />
zugunsten der Kürzen aus. Diß ist für sie sing,<br />
und plur., und beido Formen klingen bereits gleich;<br />
dasselbe gilt natürlich bei vielen anderen Hauptwörtern,<br />
z. B. bei dsipff (Zipf), flek (Fleck) usw.,<br />
bei denen die Altwiener den sing, als dslbj, Sdlx,<br />
/leg noch reinlich vom plur. als dsipff, Mix, flek<br />
auseinanderhalten.<br />
§ 3.5. Spätahd. t (s. Karte 21)<br />
Übersicht: a. Allgemeines. — b. Dio „falschen"<br />
Salzburger -tt-. — c. Lautwidriges -nd- aus ahd.<br />
-nt-, — d. Quantitätsstörungen vor -rt. — e. Lautwidriges<br />
Auslaut-rf für ahd. -t.<br />
a. Vieles über dio Entwicklung <strong>des</strong> t und über<br />
seinen modemon Lautstand wurde bereits in<br />
früheren Paragraphen behandelt, so daß hier oft<br />
nur auf dio betreffenden Stellen vorwiesen wird,<br />
über die Quantitätsverwirrung vor -t- s. § 27 i 3,<br />
über dio Behandlung <strong>des</strong> anlautenden t- § 34 c 3<br />
und Karte 21, über die aus ahd. d- durch das<br />
Schrödersche Assimilationsgesetz entstandenen<br />
mhd. t- § 27 c 4, über dio mittel- und nordbair.<br />
Abachwächung <strong>des</strong> einfachen ahd. -t- im Inlaut zu<br />
-d- % 34 c 4 und Karte 21, über den Wandel dieses<br />
sekundären -d- zu -r- § 28 b 3, über die Sonderbehandlung<br />
der Lautgruppen -ten, -tcl § 34 c 6/7,<br />
über das Fortbestehen der ahd. Geminata -tt- als<br />
Fort'is-t(t)- trotz der mittelbair. Konsonantenschwächung<br />
§ 34 c 1 und über den Wandel dieses<br />
•tt- trotz seiner Sonderstellung zu -d- an der<br />
Grenzo gegen das Südbair. § 34 c 13, über den<br />
Gegensatz zwischen mundartl. -«-und -d- zwischen<br />
dem Mittel- und Nordbair. bei den alten -/a-Verben,<br />
wie bei mhd. hüct(t)cn, § 34 e 2, über das restweiso<br />
Stehenbleiben <strong>des</strong> -t- nach vorausgehendem -nstatt<br />
erwartetem -d- in einigen mittelbair. Landstrichen<br />
§ 34 c 13. Damit ist über t im Anlaut<br />
alles und über t im Inlaut das meiste gesagt.<br />
b. 1. Beim inlautenden -t- finden wir im Salzburgischen<br />
ein eigenartiges Verhalten. Hier wird<br />
ahd. -t- so lange lautgesetzlich behandelt, als es<br />
etymologisch fest an den Inlaut gebunden bleibt,<br />
z.B. in den Wörtern Kater, Wetter, Beutel, betteln,<br />
Schatten. Sio lauten im Salzburgischen wie anderswo<br />
südlich der Lonisiorungsgrenzo (Karte 21)<br />
kxQutn, w^itn, päitt, p$tln. Min, nördlich dieser<br />
Grenzo gxQudn, wqidn, bäidl, bqdln, südn. Liegen<br />
jedoch Wortformen vor uns, in denen t bald im<br />
Aus-, bald im Inlaut steht, so ist fliese Lnutentwicklung<br />
gestört. Im Auslaut herrschen bei den<br />
alten Einsilbern gleichfalls noch dio lautgerechten<br />
Entsprechungen prQnt (breit), Qit (alt), haut (Haut),<br />
104<br />
bzw. brQvd, Qid, häud. Im Inlaut tritt bei diesen<br />
Wörtern jedoch erstaunlicherweise statt erwartetem<br />
-t- (-d-) oft jenes -tt- auf, das sonst nur für<br />
ahd. -tt- in Igotto (Leiter), hivttn (hüten) usw.<br />
möglich ist, z. B. in dv brqnt (der breite), rm qittv<br />
(ein alter), hau (Häute), haittl (Häutchen), vgl.<br />
auch Einltg. 53. Räumlich deckt sich die Verbreitung<br />
dieser „falschen" -tt- mit jenem vergrößerten<br />
Lan<strong>des</strong>umfang <strong>des</strong> historischen Lan<strong>des</strong> Salzburg,<br />
wie er ugf. um 1300 bestanden hatte, denn diese<br />
auffallenden -tt- gelten nicht allein überall innerhalb<br />
der jetzigen Lan<strong>des</strong>grenzen, sondern auch<br />
darüber hinaus im Osten im steir. Ennstal bis<br />
gegen das Gesäuse, im Süden im kärntn. Katschtal,<br />
im Westen im tirol. Unterinngebiet bis Schwaz<br />
und Kufstein und im oberbayr. Salzachgau, außerdem<br />
im Norden im ganzen Salzkammergut. Dieses<br />
hat zwar politisch nie zu Salzburg gehört, es war<br />
aber seit altersher durch seine Salinenarbeiter<br />
soziologisch mit dem Salzburger Flachgau verbunden.<br />
Wir werden nicht weit daneben greifen,<br />
wenn wir nach diesen Gegebenheiten das Aufkommen<br />
der „falschen Großsalzburger -W-" ins<br />
ausgehende 13. Jh. verlegen. Sie bilden das wichtigste<br />
Salzburger Dialektmerkmal, das es gibt. —<br />
2. Ihre Entstehung verdanken die „falschen"<br />
Salzburger -tt- offensichtlich der formenbildenden<br />
Lautanalogie. Infolgo der Einsilberdehnung standen<br />
sich bei vielen Mitlauten in den alten Einsilbern<br />
einfacho Fortis oder Lenis, in den alten<br />
Mehrsilbern abor Fortisgeminata gegenüber, etwa<br />
(mit einfacher Fortis) im Lungau nQß (naß),<br />
jQß (Faß), sQkx (Sack), pQx (Bach), tlß (Tisch),<br />
(bzw. mit Lenis) im Flachgau nQs, fQs, sQgz, bQx,<br />
dlS; aber im Lungau und im Flachgau v ngßßo<br />
(ein nasser), faßßl (Fäßchen), sekx (Säcke), ba^A-e<br />
(Bächlein), diß (Tische), diß*ßl (Tischlein) mit<br />
Geminata. Den lebendigen Wechsel zwischen einfacher<br />
Fortis (oder Lenis) in Ein- und Fortisgeminata<br />
in Mehrsilbern empfand man als morphologisches<br />
Bildungsprinzip und formte danach zu<br />
haut analoges haittl an Stelle <strong>des</strong> lautgesetzlichen<br />
*häitl usw. So kommt es, daß z. B. analoges haittl<br />
und lautgesetzliches bäitl (Beutel) nicht mehr zusammenstimmen,<br />
obgleich sio beide im bair. Mhd.<br />
als htltcl und btitel ein einwandfreies Reimpaar<br />
gebildot hatten. Vereinzelt treffen wir solche analoge<br />
Mehrsilborfortes auch bei anderen Lauten,<br />
u. zw. diesmal teilwoiso weit übers Salzburgische<br />
hinaus, z. B. im plur. faißt (Fäuste) zu fäusd<br />
(Faust), maiß (Mäuse) zu maus (Maus). — 3. Es<br />
versteht sich von selbst, wenn diese Lautanalogie<br />
nicht in allen Großsalzburger Landschaften gleichmäßig<br />
wirkte. Faßte man z. B. i hräid (ich reite)<br />
als Grundform auf, so ergab sich analoges hraittn<br />
(reiten), hielt man jedoch das lautgesetzliche<br />
hräidn (reiten) für die Grundform, so änderte sich<br />
an dem richtigen Lautstand nichts; wurde der<br />
sing, s läid (die Person) maßgebend, so ergab<br />
sich als plur. lait (Leute), schätzte man den plur.<br />
läid (Leute) höher ein, so trat keine Störung ein<br />
usw. Daher kommt es, daß innerhalb <strong>des</strong> Salzburgischen<br />
bei einigen Wörtern, z. B. bei hräidn<br />
und hraittn, mancherorts von Gemeinde zu Gemeinde<br />
Verschiedenheiten bestehen, <strong>des</strong>gleichen bei<br />
hQidn und hgittn (halten) l ). Solange der Dialektforscher<br />
das Wirken von Lautanalogie nicht<br />
*) Dio mhd. Rechtschreibung läßt uns seit 1300<br />
bei der Unterscheidung zwischen -tt- und -t- im<br />
Stich. Seithor lieben dio Kanzleischreiber eino nouo<br />
Buchstabenhypertrophie und schreiben wahllos<br />
für je<strong>des</strong> -t- neben einfachem -t- auch -U-, -dt-,<br />
-dtt-, -td- und dergleichen.
erkennt, meint er hier für ahd. t eine wilde Gesetzlosigkeit<br />
vor sich zu haben. Es wurde dieses<br />
Salzburger Lan<strong>des</strong>merkmal und sein inneres Gefüge<br />
erst vor wenigen Jahren von mir entdeckt. Im<br />
mundartkundlichen Fachschrifttum ist bislang<br />
nichts darüber zu finden.<br />
c. 1. Nach -n- erfuhr das -t-, insoweit nicht wie<br />
in ahd. winttar (Winter), hinttar (hinter), unttar<br />
(unter) ahd. Geminata vorlag, für gewöhnlich<br />
dieselbe mittelbair. Konsonantenschwächung "wie<br />
sonst das ahd. -t-. Wohl verdunkelte bei -nt- die<br />
mhd. Orthographie meistens die bodenständigen<br />
Lautverhältnisse, da sie nach mitteld. Schreibgebrauch<br />
wahllos -nd- schrieb, gleichgültig, ob in<br />
Wirklichkeit -nd- oder ob -nt- gesprochen wurde.<br />
Als Ersatz für diese Unklarheit bieten uns das<br />
Südbair., die Sprachinselmundarten und gelegentlich<br />
die älteren Lehnwörter in den Fremdsprachen<br />
mit ihrer absoluten Formensicherheit eine Entschädigung.<br />
Nach ihnen wurde nun für lautgesetzliches<br />
ahd. -nt- unter vier verschiedenen Bedingungen<br />
mhd.-bair. -nd- eingesetzt: Erstens bei<br />
Verkehrslehnwörtern aus dem Mitteldeutschen,<br />
wie nach dem Südbair. (z. B. in den Sieben Gemeinden)<br />
wanddrn (wandern), wandeln (wandeln), wipidor<br />
(Wunder), hy,nd9rt (hundert), (in Zarz) liQndl<br />
(Handel), pl%ndr (Plunder), (in Kärnten) tändln<br />
neben tantin (tändeln), (in Tirol) sinde neben sinte<br />
(Sünde); man vgl. dazu ahd. wantarön, wantalon,<br />
unrntar, *huntart, *hantal, *pluntar, mhd. lüntcln,<br />
ahd. sunte noch mit -nt-. Ihr älteres einheimisches<br />
-nt- treffen wir gelegentlich auch in alten Lehnwörtern<br />
wie slowen.-mundartl. (h)dntel (Handel)<br />
und grödn.-ladin, antleries (Händlereien, Kleinkram)<br />
als Petrefakt bewahrt. Zweitens durch<br />
Lautanalogie, etwa in Zarz dat. Ignde neben Igntc<br />
zum nom. Ignt (Land) infolge „falscher" Auflösung<br />
der Auslautverhärtung nach richtigen Vorlagen,<br />
wie dat. kx[nde zu kx[nt (Kind). Drittens durch<br />
einheimische Lenisierung in Schwachdruckwörtern<br />
<strong>des</strong> Satzes und in Schwachdrucksilben <strong>des</strong> Wortes<br />
in und (und) und in (kärntn. alt) Kharndr<br />
(Kärntner), (pustertal.) Tcorna (Mann aus dem<br />
Dorf Terenten) und (südtirol.) Sürndr (Sarntaler)<br />
über mhd. -ndn- für älteres -nin-; daneben bleibt<br />
jedoch merkwürdigerweise das alte -nt- erhalten<br />
in Kharntn (Kärnten), Tevritn (Terenten), Sürntgl<br />
(mhd. Särntin) aus ahd. Charantdnn, Torrcnlün<br />
und Sarenlin. Viertens schließlich durch Ferndissimilation<br />
in südbair. gestanden, Stunde und<br />
ähnlichen Fällen aus ahd. gastantan, stnnt(a). Alle<br />
diese Wörter werden im Bair. behandelt, als läge<br />
ahd. -nd- und nicht das etymologische -nt- vor;<br />
vgl. § 28 c 2. — 2. Stand ahd. -t- in Starkdrucksilben<br />
zwischen zwei -n-, so unterblieb die mittelbair.<br />
Lenisierung zu -d- z. B. in binln (binden),<br />
teentn (wenden). Aus diesen Formen konnte das<br />
•t- axif andere übertragen werden, z. B. auf mittelbair.<br />
i bint (ich binde) statt erwartetem i *bind. —<br />
3. In jüngeren Lehnwörtern der nhd. Zeit herrscht<br />
im Mittelbair. manchesmal Schwanken zwischen<br />
-nt-, -lt- und -ml-, -kl-. Die Wörter grantig (mißgelaunt),<br />
selten lauten im Mittelbair. bald grand[,<br />
sQ(d)n mit Lenisierung, bald grantti, sgttn mit -U-.<br />
Diese späten Lehnwörter sind in den bair. Außenmundarten<br />
noch nicht heimisch. Zum restweisen<br />
Fortleben aller -nt- in einigen mittelbair. Landschaften<br />
s. § 34 c 13. — 4. Unsicherheit besteht<br />
ferner in nlten Drei- sowie in manchen<br />
Zweisilbern, die flexivisch zu Dreisilbern werden<br />
können, z. B. in mittelbair. hantl[ neben hand[<br />
(bitter, herb) aus ahd. hantug, flektiert hanluger<br />
usw. — 5. Auch sonst gibt es bei ahd. -tit- Inkonsequenzen<br />
in den konsonantenschwüchenden Dialekten;<br />
auf sie können wir hier, weil sie zu weit<br />
§ 35 b 3—§ 36 a 3<br />
in Einzelheiten führen würden, nicht mehr<br />
eingehen.<br />
d. Die mittelbair. Verkehrsmundart entzieht<br />
die Lautfolge -rt- der Konsonantenschwächung<br />
und kürzt den vorausgehenden Vokal (über die<br />
echt mittel- und südbair. Dehnung der Bauernmundarten<br />
vor -rt- s. § 27 h 4). Es heißt in Wien<br />
ggvttn (Garten), wivttin (Wirtin) und selbst in<br />
Einsilbern bgvt (Bart), wint (Wirt), <strong>des</strong>gleichen<br />
in München gärttn, wivfr)tlin, bärt (altmünch.<br />
noch bgrd); die echte Bauernmundart bevorzugt<br />
ggvdn, xvivdin, bgvd, wlvd. In jüngeren Lehnwörtern<br />
aus der Verkehrssprache, wio wgottn,<br />
tvärttn (warten), das älteres bäidn und bgvttn<br />
(mhd. biten, betten) verdrängt, hat sich dieses -ttauch<br />
über die Bauernmundart ausgebreitet.<br />
e. Merkwürdig ist dio lautwidrige Veränderung<br />
<strong>des</strong> auslautenden -t zu -d in Nordtirol, in Salzburg<br />
mit dem Kärntner Katschtal und dem obersten<br />
steir. Ennstal; in Landschaften, welche sonst das<br />
alte Fortis-i durchaus bewahren. Hauptsächlich<br />
wurden davon jene Wörter betroffen, welche im<br />
Satz oft im Schwachdruck stehen, etwa hgld<br />
(halt, eben, nur), hai'hl (heute), hgd (hat), nid<br />
(nicht), jedoch im Sill- und Zillertal auch waid<br />
(weit) u. e. a. Inwieweit bei dieser regelwidrigen<br />
Abweichung falscher Auflösung der Auslautverhärtung<br />
nach Mustern wio rgt (llad) dat. rQdc und<br />
inwieweit ausgesprochene Schwachdruckformen<br />
horeinspielen, ist schwer abzugrenzen.<br />
§ 36. Spütahd. p<br />
Übersicht: a. p- im Anlaut. — b. Ahd. -mp-,<br />
a. 1. Die reguläre Entwicklung <strong>des</strong> anlautenden<br />
spätahd. p- (aus gennan. b-; s. § 27 a 4) zu südbair.<br />
und außenmundartl. p- und zu mittel- und nordbair.<br />
stimmlosem b- sowie neuerdings wieder zu<br />
burgenländ. p- wurdo § 34 c 2 behandelt. Mit<br />
diesem p- ist in der bair. Mundart das schriftspr.<br />
p- in Peter, Pipc (Faßhahn) durchaus eins geworden.<br />
Zur Sonderentwicklung der Lautfolge sps.<br />
§ 34 c 3. — 2. Jedoch gibt es beim anlautenden<br />
b- bestimmte Ausnahmen. Bereits § 25 a 4 war<br />
über die Wiedergabe <strong>des</strong> fremden b- in Lehnwörtern,<br />
die akustisch vom fremden Ohr zum<br />
deutschen Mund übernommen worden sind, als<br />
bair. w- die Rede, z. B. in kärntn. wübm (altes<br />
Weib) aus slowen. babn und in tirol. ivatln (ein Kartenspiel)<br />
aus it. batterc. Bis um dio Mitte <strong>des</strong> vorigen<br />
Jhs. war es in Österreich überdies allgemein üblich,<br />
in der lateinischen sowie in der franz.-ital.-spanischen<br />
Lesesprache den Buchstaben b- vor Vokal<br />
ebenfalls als w- auszusprechen. Noch zu meiner<br />
Jugendzeit losen die ältesten Geistlichen v\mufi<br />
(bonus), wencdikxhui (benedictus) usw. Daraus<br />
ergaben sich Gelehrtenlehnwörter und -formen wio<br />
xvcncdikxiin9r (Benediktiner) oder wio dio weit<br />
verbreitete Aussprache <strong>des</strong> Satzes ,,du bist gebencdoit"<br />
im Ave Maria als bair. du pist gexvenQdmt<br />
mit w-. Ob altmundartl. wäl (Ballunterhnltung),<br />
wanda (Musik-, Räuberbande) u. e. a. Iososprnchlich-visucll<br />
oder mundartlich-akustisch entlohnt<br />
worden sind, ist unter diesen Umständen schwer<br />
zu sagen. Heute sind die xv- unter dem Zwang der<br />
neuen Lesesprache durch p- in päl, pandn so gut<br />
wio verdrängt. — 3. In einigen Kirchen- und<br />
Rechtswörtern wurde wider Erwarten in den bair.<br />
Urkunden zum Unterschied vom vorherrschenden<br />
p- im 13. u. 14. Jh. nicht schon b- geschrieben:<br />
bi.schof, bab(c)st (Papst); brief (Urkunde), bernar<br />
(Silbermünze, dio nach der Prügungsweiso von<br />
Verona gemacht wurde); ferner biz (bis), das um<br />
1300 dio heimischen Wörter hinz(c) und unz(c)<br />
zu verdrängen begann. Seit 1280 fing man für<br />
diese 6- gelegentlich an u> zu schreiben: tinschof,<br />
105
§ 36 a 3—§ 37 b 1<br />
wobst, wrief, wernar, wisz; doch setzte sich im<br />
Laufe <strong>des</strong> 14. Jhs. langsam auch bei diesen Wörtern<br />
die reguläre p-Schreibung (pischof usw.)<br />
allgemein durch. Bei diesen Ausdrücken handelte es<br />
sich offenbar um die Wiedergabe von alem. oder<br />
mitteld. und jedenfalls von „unbairischem" b-.<br />
Ein ähnliches Schicksal erfuhr die Vorsilbe bez.<br />
B. in begraben. Bei ihr dürfte allerdings ein<br />
einheimischer Lautwandel maßgeblich geworden<br />
sein: ihr be- steht vor der Hauptdrucksilbe. Die<br />
Schreibung we- hält sich von 1280 an im bair.<br />
Schrifttum bis ins IG. Jh., also viel länger als<br />
sonst. Im Zimbrischen haben sich in allen diesen<br />
Wörtern die w-Lautungen bis jetzt erhalten, also<br />
wißßoff, wäwost, wrlf (Dokument), Wejorn (Verona),<br />
wograicen (das Wort bis fehlt). Daher enthalten<br />
die alten bair. Schreibungen mit b-, w- richtige<br />
Lautworte und waren keine willkürlichen Kanzleimoden.<br />
In Tiroler Ortsnamen wurde manchesmal<br />
auch sonst w- in Silben vor dem Hauptdruck zu<br />
p- verändert, z. B. in PdtQl aus Weittal (Vintschgau)<br />
und in pustertal. Psün (Bassano; älter tirol.<br />
Wassan, später Passan geschrieben).<br />
b. 1. Inlautend gibt es den -p- Laut in Erbwörtern<br />
nur als Geminata -pp-, z. B. in Hippe, Rappe;<br />
weiters in Lehnwörtern verschiedenen Alters, wie<br />
Kappe, Pip(p)e,Dachpappe, Pappendeckel;schließlich<br />
in lautmalenden Wörtern und deren Ableitungen,<br />
etwa Papp, pappen. Dieses -pp- blieb im<br />
Gesamtbair, unverändert, daher wiener, rippni,<br />
rqp, ghgppm, bippm, dQxbQppm, bgppmdekkl, bgp,<br />
bQppm. — 2. In der ahd.-bair. Lautfolge -mpbesteht<br />
eine lautliche Zweiteilung. Entweder es<br />
bleibt das ahd. -mp- unverändert, z. B. in (tirol.)<br />
kxrump (krumm), lampl (Lämmlein), simpl (Schimmelpilz),<br />
kxqmp (Kamm <strong>des</strong> Hahnes), oder es<br />
erscheint als -mm-', so in den „höfischen Wörtern"<br />
aus dem hochmittelalterlichen Rittertum (tirol.)<br />
turn (dumm), iimml (weißes Pferd), kxunwiBr<br />
(Kummer), im Handwerkerausdruck tsimm^r (Holzgezimmer)<br />
und in tsimm9rn (zimmern), wofür im<br />
ötztal noch der ältere heimische Ausdruck pil(h)n<br />
üblich ist; schließlich im heimischen Wort <strong>des</strong><br />
Satzschwachdruckes um (um). Abgesehen von um<br />
dürften die Formen mit -mm- allesamt aus anderen<br />
deutschen Dialekten entlehnt worden sein, denn<br />
die normale Aussprache -mp- ist ein Spezifikum <strong>des</strong><br />
Bairischen. Von den Wörtern mit bair. -mm- für<br />
ahd. -mp- kennt die älteste bair. Mundart, das<br />
Zimbrischo der Sieben Gemeinden, nur ein einziges,<br />
tßlmmorn; die Sprachinsel Zarz außerdem<br />
kxiimmr (Krankheit), während s[mbl (weißes Pferd)<br />
und tumhait (Dummheit) eher aus slowen.-mundartl.<br />
simelj, tumhajt entlehntsind. Daß die Ausdrücke<br />
mit -mm- nicht bodenständig sind, zeigen überdies<br />
-wp-Spuren bei dumm (mhd. tump) in den Ortsnamen<br />
Tumpen (aus bei den Tumpen) am Mondsee<br />
und im ötztal und in der alten Lehnform slowen.<br />
tbp (stumpf), das über nltslaw. *to m p zu ahd.-bair.<br />
tump führt, bei zimmern slowen. eimprati und<br />
grödn. -ladin. tsumpre] (zimmern) zu frühmhd.bair.<br />
*zimpcren. Sio werden den ahd.-bair. Entsprechungen<br />
krump, lamp, *skimpal und insbes.<br />
tump, zimparön besser gerecht als die<br />
Ersatzformen mit -mm-. In den bair. Urkunden<br />
und Handschriften wurdo in turnm usw. seit 1100<br />
für älteres -mp- zögernd -mb- eingesetzt und orst<br />
gegen 1300 gelegentlich -mm- geschrieben 1 falls seit 1300 machten sich bei den bair. Dichtern<br />
erstmals Reime wie tumm/ich kum und darum/ich<br />
kum bemerkbar. Trotz dieses späten Wandels von<br />
•mb- zu -mm- besitzen auch die Außenmundarten<br />
das neue -mm-. Sicherlich führten die Sprachinseln<br />
in Zimmer, um usw. den Wandel von -w6zu<br />
-mm- auf eigene Faust und unabhängig vom<br />
Binnenland durch. — 3. In<strong>des</strong>sen haben einige<br />
bair. Mundarten einen allgemeinen Wandel von<br />
•mp- zu -mm- trotz seines unbair. Wesens durchgeführt,<br />
wenn auch dabei wortweise Verschiedenheiten<br />
auftreten. Am Lechrain haben sich vom<br />
benachbarten Schwäbischen her die Lautungen<br />
lemld, (lemle), siml (Schimmelpilz), gxam (gfiQm,<br />
Kamm) und vereinzelt gJirum (statt bair. lampl,<br />
simpl usf.) festgesetzt. Mitten im bair. Raum, im<br />
Bayrischen Wald und im oberen Böhmerwald,<br />
treffen wir die Aussprachen laml, siml, rumin<br />
(rumpeln, donnern) nochmals. Auch im Pinz- und<br />
Pongau und im steir. Oberennstal stoßen wir auf<br />
die Lautungen lame, Sime, gxrum, in der Restform<br />
siml, Sim(b)l (Schimmelpilz) sogar im Lungau und<br />
im westl. steir. Obermurgebiet. In allen drei Landschaften<br />
fand diese „unbair." Veränderung in der<br />
Ortsnamengebung zufällig ihren Niederschlag: die<br />
Amper, ein altbair. Fluß, heißt im Oberlauf „unbair."<br />
Ommdr, Ammvr und erst weiter unten<br />
Ompv; der Fluß Cham im Bayrischen Wald mundartl.<br />
QhQm, ist aus ahd. Kamp entstanden; mundartl.<br />
Kxrimml im Pinzgau (Krimml) ist aus ahd.<br />
Chrumpila entwickelt. — 4. Auslauten<strong>des</strong> -p(p)<br />
existiert in bair. Erbwörtern nicht.<br />
§ 37. Spätahd.-frühmhd. gg (s. Karte 21)<br />
Übersicht: a. gg- im Anlaut. — b. -gg- im<br />
Inlaut. — c. -gg im Auslaut.<br />
a. Im Anlaut gibt es das selbständige Phonem<br />
gg- erst ugf. seit 1100 (s. § 27 c 5). Es entwickelte<br />
sich aus g- durch das Schrödersche Assimilationsgesetz,<br />
indem daraus durch Angleichung an inlauten<strong>des</strong><br />
p, t, gg die Fortis-
Ogunggel (Kunkel, Spinnstube); viertens treffen<br />
wir es für die german. Geminata gg in Erbwörtern<br />
nach Langvokal in Haggen (Haken), Hueggen und<br />
Zueggen (Gabelzinke); auch in waggeln (wackeln);<br />
fünftens schließlich ebenfalls für germ. gg nach Kurzvokal<br />
in Brügge (Brücke), Mugge (Mücke), lugg(e)<br />
(locker),Egg (e) (Ecke),wenggecht(verboTgen, schräg),<br />
talggen (sich mit dickem Brei zu schaffen machen)<br />
aus ahd. prugga, mugga, luggi, eggi, *wenggoht,<br />
*talggön. — 2. Der mittel- und nordbair. Konsonantenschwächung<br />
und deren Lenisierung zu -gfielen<br />
nur die Gruppen eins bis vier zum<br />
Opfer, etwa in niederösterr. dsügv, bügl, in nordburgenland.<br />
füvgry (Rechenzwiesel); in niederösterr.<br />
ädlgntßn, gigtAßn, gggotßn, gügv, in nordoststeir.<br />
gräingl (dürrer Ast), in niederösterr. hggn,<br />
dsüvgn., hüvgrif, wggln; hingegen blieb die fünfte<br />
Gruppe überall mit Fortis erhalten, etwa in niederösterr.<br />
brukkn,, mukkn, ek, we,nkkr)d 2 ), dgikkn. Die<br />
mittel- und nordbair. Neigung, das sekundäre -gaus<br />
-gg- mit altem -g- aus germ. -g- zu vereinheitlichen<br />
und es insbes. vor -l- und -n- dem alten -glund<br />
-gn- gleich zu machen, wurde bereits § 34 c 6<br />
behandelt, ebendort auch die vereinzelte Neigung,<br />
am Südrand <strong>des</strong> Mitteibair, die Fortis -gg- in<br />
Hueggen, Zueggen und gelegentlich in Buggel,<br />
Zugger trotz der allgemein herrschenden Lenisierung<br />
beizubehalten. Die allgemeine Grenze der<br />
Lenisierung zu -g- fällt auf bair. Boden zusammen<br />
mit der Grenze für -d- aus -t- (Karte 21). — 3. Die<br />
südbair. Stadt- und Verkehrsmundart beseitigt<br />
das Phonem gg und ersetzt es durch kch oder g-.<br />
c. Vom Ahd.-Frühmhd. aus gesehen, stand -ggnie<br />
im absoluten Auslaut. Sekundär tritt es allerdings<br />
durch Apokope, z. B. in Egg, lugg (soweit<br />
dieses nicht schon von schriftd. locker verdrängt ist),<br />
ans Wortende. In diesen Fällen neigt der apokopierende<br />
Teil <strong>des</strong> Südbair. z. T. zur Affrikata<br />
und spricht ekx, lukx- Doch fällt im Wortinneren,<br />
etwa in ekkdr (der an der Ecke wohnt), a lukkdr<br />
(ein lockerer), dio Affrikation sofort wieder weg.<br />
§ 38. Spätahd. kch (s. Karte 21)<br />
Üborsicht: a. Die Wirkungen <strong>des</strong> Wandels<br />
der Affrikata kx zur Aspirata kh, <strong>des</strong> Behauchungsverlustes<br />
und der Lenisierung. — b. Dio verschiedene<br />
Herkunft <strong>des</strong> anlautenden kch-. — c. -kchwird<br />
willkürlich zu -gg-; es wechselt nach Liquida<br />
mit eh.<br />
a. 1. Das ahd. kch bestand vorerst nach Ausweis<br />
<strong>des</strong> Zimbrischen der Sieben Gemeinden und <strong>des</strong><br />
Ötztalerischen, der beiden beharrsamsten bair.<br />
Mundarten, in allen Stellungen aus zwei ausgesprochenen<br />
Fortes (kx)- Dieses kx verändert sich<br />
dann in mehrfacher Weise. Dio Veränderungen<br />
erfolgten, geographisch gesehen, in mehreren im<br />
Raum eingefrorenen Modernisierungswellen, die<br />
sich, grob betrachtet, vom beharrsamen Südwesten<br />
nach dem Norden schrittweise zu Stufenlandschaften<br />
ausgestalteten. Drei Erscheinungen <strong>des</strong><br />
Gesamtkomplexes der mittel- und nordbair.<br />
Konsonantenschwächung wurden dabei maßgebend<br />
: die Mitlautlenisierung selbst, ferner die bisher<br />
unerwähnt gebliebene Neigung, die Affrikata kx<br />
zur Aspirata kh zu verwandeln, und schließlich<br />
der mittel-nordbair. Behauchungsverlust. Dieso<br />
drei Vorgänge kombinierten sich in den einzelnen<br />
Landschaften in so mannigfacher Weise, daß wir<br />
innerhalb <strong>des</strong> Bair. auf nicht weniger als acht<br />
hintcroinandergestaffelto übergangsräume, ausgehend<br />
von Westtirol bis zur Modernisierungsachso<br />
der Donaustraße, vorfinden; sofern wir übers<br />
a ) Daneben jedoch w$D n gnd mit Lenisierung<br />
wegen der sekundären Dehnung <strong>des</strong> Selbstlautes.<br />
§ 37 b 1—§ 38 a 5<br />
Bair. ins ostfränk.-mitteld. Gebiet der radikalen<br />
binnendeutschen Konsonantenschwächung hinausblicken,<br />
kommt noch eine neunte Stufenlandschaft<br />
dazu. Betrachten wir die Räume, ausgehend vom<br />
konservativsten Lautstand bis zu den modernsten<br />
Verhältnissen, hintereinander. — 2. Im ötztal<br />
bleibt die ahd. Reibelautfortis bewahrt, z. B. in<br />
kxüa (Kuh), kxQlt (kalt), kxugla (Kugel); kxrüokx<br />
(Krug); kxnext (Knecht), kxl$v (Klee); ßtitikx*}<br />
(stinken); merkkxry (merken), velkkx^r (Völker);<br />
ßtekkxVi (Stecken), lükkxa (Lücke); vlekx (Fleck),<br />
pökx (Bock). Die Landschaften dieses ältesten<br />
Stadiums umfassen Westtirol, das Innsbrucker<br />
Becken, das Stubai- und Silltal, das Passeier und<br />
das Obereisacktal und als ältesten Außenposten<br />
die Sieben Gemeinden *). — 3. Der erste Schritt<br />
zur Lenisierung ist die § 34 b 2 erwähnte Abschwächung<br />
im Anlaut zu kx-. Sie beherrscht viele<br />
weitere südbair. Mundarten und findet sich nahezu<br />
in allen weiteren südbair. Sprachinseln, im<br />
größten Teil <strong>des</strong> restlichen Tirol, im Lesachtal, im<br />
nördlichen Obermölltal, im größeren Teil <strong>des</strong><br />
Liesergebietes, im Lungau und (ganz alt) in einigen<br />
angrenzenden Gemeinden <strong>des</strong> obersteir. Murgebietes;<br />
ferner teilweise auch auf dem Boden der<br />
mittelbair. Konsonantenschwächung (gx) im Salzburgischen<br />
(ohne Flachgau) mit dem oberen steir.<br />
Ennstal, im Berchtesgadner Land, im südlichsten<br />
Chiemgau, im Werdenfelser Land um Mittenwald<br />
und Garmisch und im Westen <strong>des</strong> Lechrains.<br />
Damit steht dio zweite und dritte Stufenlandschaft<br />
auf dem Weg zur vollen Modernisierung der ursprünglichen<br />
Verhältnisse geschlossen vor uns. —<br />
4. Hiezu eine Bemerkung. In Teilen dieser Landschaften<br />
wird der Verschlußlaut <strong>des</strong> kx oft derart<br />
schwach artikuliert, daß man meint, nur mehr xgehört<br />
zu haben, und daß manchesmal tatsächlich<br />
nur x- vorliegt; das gilt vor allem vor Vokal. Solche<br />
Artikulationen sind öfters am Lechrain sowie im<br />
Pinz- und Pongau zu beobachten, gelegentlich<br />
auch im obersten steir. Ennstal; z. B. in (g)xüv,<br />
(g)xält oder (g)xgid. Diese Bereitschaft zum Verklingen<br />
<strong>des</strong> Verschlußlautes bemerkt man auch<br />
nach -7}- in Min(g)xn, de7}(g)xn (denken), en((j)x<br />
(enk = euch); so gleichfalls am Lechrain, im Pinzund<br />
Pongau und im steir. Ennstal, darüber hinaus<br />
im tirol. Unterinngebiet und im Berchtesgadner<br />
Land und weiter weg im Vintschgau. Zwischen<br />
Fürstenfeld-Brück, dem Ammersee, Weilheim und<br />
dem Stambergersee wurde dieso Abschwäehunp; so<br />
weit getrieben, daß t} ganz schwindet und x zu x<br />
oder gar zu h wurde. Es ergeben sich die Lautungen<br />
sdi n xn, de n xn, e n x oder sdi n hn, de n hn. Sie erinnern<br />
lebhaft an dio höchstalemannischen Aussprachen<br />
sti n xcn, dci"xcn <strong>des</strong> Schweizer Wallis, ohne<br />
daß in<strong>des</strong>sen nur der geringste eiedlungsgeschichtlicho<br />
Zusammenhang zwischen beiden Landschaften<br />
bestünde. Eine ähnliche Abschwächung beobachten<br />
wir in einigen Dörfern <strong>des</strong> südlichen<br />
Lechrains nach Liquiden, z. B. in mcrgxn (merken),<br />
wolgxn (Wolke) oder mcrxn, xvolxn. — 5. Der dritte<br />
Schritt führt uns in die vierte Stufenlandschaft.<br />
Dio Affrikata wurde allgemein zur Aspirata kh<br />
verändert. Es heißt z. B. in Kärntcn khü9, khglt,<br />
khügl, khrüag, khn$xt, -ht, khl£n, Stirikhti, m[rkhn,<br />
fölkhr, stckkhn, lukkhn; nur mehr im Auslaut<br />
bleibt in flekx, pokx das -kx erhalten. Mancherorts<br />
wird allerdings der nachstürzende Hauchlaut noch<br />
stark artikuliert, so daß man fast glaubt, eino<br />
*) Woboi man abzusehen hat von der sonderbaren<br />
Silbentrennung -kx-x- (B. § 34 f), von der<br />
Neigung <strong>des</strong> kx teils zu x» teils zu kh (s. § 34 f,<br />
Fußn.) in den Sieben Gemeinden in ihrer sekundären<br />
Art.<br />
107
§ 38 a 5—a9<br />
schwache Affrikata zu vernehmen; insbesondere<br />
gilt dies für den Inlaut. Aspiriertes kh herrscht im<br />
Bereich der alten Fortes im Etschland, im Talboden<br />
<strong>des</strong> Pustertales, von wo aus es sich unter<br />
unserer Kontrolle zusehends über Südtirol ausbreitet,<br />
anlautend in Teilen der Sprachinsel Gottschee;<br />
aber noch nicht in Tischlwang; weiters im<br />
größten Teil von Kärnten und Steiermark (ohne<br />
Jogelland) und im burgenländ. Raabtal. Kh erstreckt<br />
sich in Form der fünften Stufenlandschaft<br />
auch über konsonantenschwächende mittelbair.<br />
Gebiete (s. Karte 21); u. a. übers Höllental und<br />
übers oberste Ybbstal in Niederösterreich und<br />
über die Maria Zeller-Gegend in der Steiermark,<br />
wo allerdings kh im Aussterben ist und in vorkonsonantischem<br />
Anlaut so gut wie nicht mehr<br />
vorkommt (ghüo; g(h)l$; mivkkhv); gh, kh gilt<br />
ferner im nördlichen Flachgau sowie nach Westen<br />
anschließend entlang <strong>des</strong> Nordran<strong>des</strong> der oberbayr.<br />
Hochgebirgslandschaft, im Staudengebiet<br />
und im Behauchungsbereich der bair.-fränk.schwiib.<br />
Dreistammesecke nördlich der Donau<br />
(vgl. Karto 21); schließlich in der Behauchungsinsel<br />
um Landshut in Niederbayern und in den<br />
übrigen mittol- und nordbair. Restschollen mit<br />
erhaltenem kh (s. Karte 21). — 6. Nach Karte 21<br />
sind wir mit den Gebieten für kz und kh bereits<br />
weit in den Bereich der mittelbair. Konsonantenschwächung<br />
hineingeraten. In der sechsten Stufenlandschaft<br />
mit seinem kh wurde die alte Fortis-M<br />
(und in der dritten Stufenlandschaft die Fortis-fca:),<br />
sofern nicht Geminata vorlag, zu gh (gx) lenisiert.<br />
Die Lenisierung vollzog sich unter drei Voraussetzungen:<br />
erstens im Anlaut, zweitens im Inlaut<br />
nach rt) (soweit nicht -x- eingetreten war), drittens<br />
im Auslaut alter Einsilber; also in ghüv, ghgid,<br />
ghügl, ghrfwg, ghn$xd, ghl$; ädingho; flegx, bögx<br />
(bzw. in gxüD usw.). Die räumliche Ausdehnung<br />
der sechsten (und dritten) Stufenlandschaft erkennen<br />
wir leicht auf unserer Karte; sie umfaßt<br />
alle Landschaften, die darauf nördlich der dicken<br />
Linie als Nordgrenzo der Lenisiorung <strong>des</strong> -t- zu<br />
-d-, da sie ebensogut auch für den Wandel von<br />
kh (kx) zu gh (gx) gilt, noch schraffiert sind;<br />
demnach bilden sie der größte Teil der Mittelund<br />
der Nordosten der Obersteiormark, der Norden<br />
<strong>des</strong> Pon- und Pinzgaues, der nördliche Flachund<br />
der Salzachgau sowio der Nordteil <strong>des</strong> südlichen<br />
Chiemgaues, der Südrand <strong>des</strong> Sundergaus<br />
und der Westen von Oberbayern, soweit nicht gx<br />
herrscht, sowie die erwähnte Dreistammesecke.<br />
Am äußersten Nordrand besteht im Burgenländer<br />
Seewinkel überall nur Neigung zum Behauchungsverlust<br />
der vorkonsonantischen Anlaut-^Ä-<br />
(grüng, gl$, gn^xd), bei don Alten wird dagegen<br />
im Anlaut kh gesprochen (khlq, khrüi, khnqjct).<br />
Daraus können wir, wenn wir wollen, eine siebente,<br />
nunmehr etwas konservativere Stufenlandschaft<br />
herausschneiden. Es ist nach Karte 21 jener<br />
schmale Streifen, der t- und danach kh-, kx- schon im<br />
An-, aber noch nicht im In- und Auslaut<br />
lenisiert und wo es zwar ghüo, ghrüog, ghl?, ghn$xd<br />
mit Lenis, aber noch itinkhn, flekx, bökx mit<br />
Fortis lautet. Er beginnt auf bair. Boden (zwischen<br />
der dicken und der dünnen Borstenlinie der<br />
Karte) mit einem Teilstück <strong>des</strong> südlichon Lechrains,<br />
setzt nach kurzem Zwischenraum im Oberpinzgau<br />
wieder ein, erfaßt den südlichen Pongau<br />
mit dem obersten steir. Ennstal und die Gegenden<br />
um Hallstatt und Ausseo, um Judonburg und<br />
Köflach, Voitsberg und Stainz und einen schmalen<br />
Streifen der südlichen Oststeiermark. — 7. Außerhalb<br />
<strong>des</strong> schraffierten Gebietes der Karto beginnt<br />
als achte und modernste Stufonlandschaft auf<br />
bair. Boden jenes große mittel- und nordbair.<br />
108<br />
Gebiet <strong>des</strong> bair. Binnenlan<strong>des</strong> der Isar-Donaustraße,<br />
welches auch die alte Behauchung größtenteils<br />
beseitigt: gh- bleibt nur mehr im vorvokalischen<br />
Anlaut erhalten, also in ghüv, ghqid, ghü°l;<br />
sonst ist es beseitigt, und man hört nur g- in grüvg,<br />
gn&xd, gl$, das jetzt nach den Regem von § 34 c 2<br />
durchaus mit altem gg- und altem g- zusammenfällt;<br />
weiters in idirygv, <strong>des</strong>sen teilweiser Gleiehklang<br />
als jüngeres ädii}v mit sin,v (singen) und<br />
seinem alten -ng- § 34 c 8 erwähnt wurde; femer<br />
in fleg, bog; in mivkko, fökkv (Völker), Sdekkv, lukko<br />
und in bekkl (Böcklein), deren -kk- aus kch mit<br />
•kk- aus älterem -gg- z. B. in brukkrt, (Brücke) usf.<br />
eins wurde; schließlich in flek (Flecke, plur.),<br />
bek (Böcke, plur.) usw. — 8. In<strong>des</strong>sen besteht<br />
beim Gleichklang von -kk- aus kch und von -kkaus<br />
-gg- auf mittelbair. Boden in verdeckter Weise<br />
doch noch eine Differenzierung. Nach § 46 h 4<br />
wird im Mittelbair. nach dem Reibelaut -x- das<br />
silbische Schwachdruck-n, das sonst meistens erhalten<br />
bleibt, zu v vokalisiert: für südbair. mqxxn<br />
(machen), Sdexx* 1 (stechen) tritt mittelbair. mQxxv*<br />
ädexx® niit -v ein. Derselbe Wandel ist nun im<br />
Mittelbair. auch nach -kk- aus älterem -kx- mit<br />
seinem einstigen -x- vorhanden, z. B. in lukko,<br />
ädekko, sdiiigo, miokkn; es fehlt aber nach -kkaus<br />
älterem -gg-, man vergleiche etwa brukkw,<br />
(Brücke), gukkty (gucken). Also wirkt das -x- der<br />
einstigen Affrikata noch deutlich nach, wenngleich<br />
es selbst nicht mehr existiert. Eine ähnliche<br />
Differenzierung finden wir in einem Teilgebiete <strong>des</strong><br />
Mittelbair. in der verschiedenen Behandlung <strong>des</strong><br />
silbischen -l, je nachdem, ob es nach altem -kxoder<br />
nach altem -gg- steht. Im Südosten von<br />
Oberbayern gilt nach -x-, aber auch nach einstigem<br />
-kx- vokalisiertes -ö, -e, nach -kk- aus altem -ggjedoch<br />
angeglichenes (gutturalisiertes) -l (vgl.<br />
§ 49 d 1); z. B. in sixxß (Sichel) und in bekke<br />
(Böcklein), Sdikke (Stücklein) gegen brikkl (Brücklein).<br />
Die Vorformen, welche diese Unterscheidung<br />
bedingt haben, finden wir noch jetzt in Teilen<br />
<strong>des</strong> Flach- und Salzachgaues als mgxxo, sdexxo<br />
und lukkhv, idekkho usw. gegen gukkty und als<br />
sixxc und bekkhe, idikkhe gegen brikkl! Damit ist<br />
der Beweis dafür erbracht, daß das alte behauchte<br />
-kh- einstens im Binnenland wirklich überall<br />
existiert hatte, sowio ja das alte -kh- auch die<br />
mittel- und nordbair. Außenmundarten in ihrer<br />
Abgeschlossenheit beibehalten (s. § 34 c 11). —<br />
9. Beim anlautenden ghr- aus ahd. kx?' haben an<br />
zwei Stellen <strong>des</strong> Mittelbair. die Verhältnisse um<br />
das lautgesetzlicho hr- in hrltiD (rinnen), hraffv<br />
(raufen) Verwirrung angerichtet. In den Gegenden<br />
mit mittelbair. hr- (s. § 29 e 9 und Karte 19),<br />
z. B. im Innviertel, bleibt dieses hr- auch nach<br />
der Vorsilbe g'- aus mhd. ge- in ghrüno (geronnen),<br />
ghrafft (gerauft) bewahrt. In Anlehnung daran<br />
vermochte sich auch ghr- aus ahd. kehr- in ghrüvg<br />
(Krug), ghrQng (krank) zu behaupten. Ghr- steht<br />
jetzt in scharfem Gegensatz zum sonstigen g- vor<br />
Mitlaut, z. B. in gn^xd, gl$; es sind die ghr- in<br />
gjirüng usw. Stützformen unter Berufung auf<br />
ghrünn und hrino. Einen gegenteiligen Weg schlug<br />
diese Dreiheit hr-, ghr- aus gc + hr- und ghr- aus<br />
altem kehr- in den Verkehrsmundarten <strong>des</strong> Pinz-,<br />
<strong>des</strong> Pongaues und <strong>des</strong> steir. Oberennstales ein.<br />
In diesen Landstrichen empfindet man das hrals<br />
beseitigungswürdige, grobbäuerliche Sprachderbheit<br />
und ersetzt neuerdings hrinn, hraffm gerno<br />
durch rino, raffm; <strong>des</strong>gleichen auch gxrnno, gxrafjt<br />
durch grunn, graßt; darüber hinaus gxrüvg,<br />
gxrgn(g)x, das gar nicht dazugehört, gleichfalls<br />
durch grüog, grgnfg)x/ Ihnen steht jetzt unangetastet<br />
gxnQixd, gxl$(i) mit gx- gegenüber. Während<br />
also im Innviertel altes kch- vor -r- behaucht, altes
§ 38 a 9—c 2<br />
kch- vor -n- und -l- unbehaucht ist, stoßen wir<br />
hier bei den jüngeren Leuten auf das Gegenteil:<br />
kch- vor -r- ist unbehaucht, vor -n- und -l- aber<br />
in alter Weise behaucht! Die mittlere Altersschicht<br />
dieser Salzburger Landstriche vermag sogar falsche<br />
Rückbildungen, wie gxr$v n Lesach- und im Obergailtal sowie in den Außenmundarten<br />
Deutschruth, Zarz, Pladen, Zahre und<br />
Tisehlwang, die von den genannten Binnengebieten<br />
aus besiedelt worden sind; ferner Flegge (größeres<br />
Bodenbrett von bestimmter Länge, Breite und<br />
(grün), gxrgus (Gras) Dicke) statt gemeinbair. Flecke im Lesach-,<br />
zu formen, in denen gar kein Anrecht auf gxr- Pustertal, in Osttirol, im ötztal, in Pladen und<br />
besteht. — 10. Auf wesentlich anderen Grund- Zahre. In Genäcke (Genick) ist -gg- gemeinbair.,<br />
lagen entsteht in einer dritten bair. Landschaft, doch fehlt das Wort den älteren Sprachinseln.<br />
in der nördlichen Oststeiermark, um Graz, im Eine Erklärung für diese merkwürdigen Abwei-<br />
Mürzgebiet und im untersten steir. Ennstal, falsches chungen ist einstweilen nicht auffindbar. — 2. Ein<br />
Anlaut-grTi- vor Mitlaut. Wohl unterschieden hier inkonsequentes Verhalten führen uns dio Ent-<br />
die ältesten Leute meistens noch gut zwischen sprechungen von germ. -Ik- und -rk- vor Augen.<br />
ghrüv(g), ghn$xd, ghl% (ghl$n(b)) mit richtigem Bei ihnen herrscht ständiger Wechsel zwischen<br />
gh- und grgs (Gras), gngd (Gnade), glgs (Glas) kch und ch. In melken, welk, "Werk u. e. a. verläuft<br />
mit g- und grüno (geronnen), grafft (gerauft) jetzt die Grenze zwischen kch und ch oder richtiger<br />
diesmal mit echtem gr-, das im Ostbair. altboden- gesagt für deren moderne Entsprechungen durch<br />
ständig ist (s. § 29 e 9 und Karte 19). Die junge bair. Gebiet, indem <strong>des</strong>sen Westen und Norden<br />
Generation zieht oft schon die verkehrsläufigeren kch, das Binnenbair. aber ch hat. kch treffen wir<br />
g- vor und spricht grüvg, gnqxd, gl$(t>) mit dem- in folgenden Grenzorten: Westlich der Tiroler<br />
selben g- wie in grgs, gngd usw. Die Folge davon Grenze gegen Vorarlberg und gegen den Allgäu,<br />
ist, daß man bei der mittleren und teilweise schon in Weißenbach am Lech und nördlich davon<br />
bei der alten Generation falsche gft-Lautungen, (Tirol), in Reutte, in Oberammergau (Oberbayern),<br />
wie ghrgs, ghngd, ghlgs, ghrünv, ghrafft, zu hören Weilheim, Fürstenfeld-Bruck, Pfaffonhofen a. d.<br />
bekommt. — 11. Die neunte, nunmehr außer- Um, in Regensburg (Oborpfalz) und Taus (Böhmen).<br />
bairische und modernste Stufenlandschaft in der Im Aleman., Ostfränk. und Nordbair. gilt also kch,<br />
allgemeinen Behandlung <strong>des</strong> alten kch- liegt auf im Binnenbair. ch; dio Sprachinsel Iglau geht mit<br />
ostfränk. und nordschwäb. Boden. Dort existieren dem Nord-, die übrigen Außenmundarten gehen<br />
infolge der radikalen binnendeutschen Konsonan- mit dem Binnenbair. In Kalch (Kalk) und Milch<br />
tenschwächung, die überhaupt keine inlautenden greifen jedoch die -cÄ-Formen übers Bair. ins Ost-<br />
Fortes mehr duldet (s. § 34 c 1), im Inlaut nur fränk. und weit ins Aleman. hinein. In Kirche<br />
mehr Lindlaute. Daher findet man z. B. um Bam- steht ch im Bair., Schwab., Ostfränk. und Mitteid.,<br />
berg in Oberfranken außer behauchtem ghü, ghöld, ebenso in schnarchen. In Birke als altem Reimwort<br />
ghuol nur mehr unbehauchte Lonis: grüx, gnexd, zu Kirche begegnet uns ch in Tirol (ohne Isel-<br />
gle (gli); sdingn,, mergn, felgdr; sd§gt}, lign (Lücke); gebiet und Lienzer Becken), im Salzburgischen<br />
fleg, bog; fleg, beg. — 12. In stark fremdsprachig (ohne Lungau) und im Steirischen (ohne Ober-<br />
durchsickerten Grenzlandschaften hört man schon murgebiet von der Kraubather Enge westwärts<br />
durchaus unbehauchtes k, etwa in einigen Weilern und ohne dio Weststeiermark) sowie im öster-<br />
der Suchen im Westen der Sprachinsel Gottschee reichischen Anteil <strong>des</strong> Mitteibair, mit einigen an-<br />
kib, kQUt (kalt), kügU, krüak, knaxt, klcab, steiikry, grenzenden altbayr. Landstrichen; sonst herrscht<br />
merk(k)n,, velkfkpr, s'tak(k)d, lük(k)a, vlak, vlakka; im Bair. in Birke -kch-, das sich ins Ostfränk.ähnlich<br />
um Cesuna in den Sieben Gemeinden kü, Mitteid, und ins Aleman. fortsetzt. Ähnlich liegen<br />
kalt, kugvla usw. Diese überraschenden Lautver- dio Verhältnisse bei Mark (Grenze) und nach ihm<br />
hältnisse haben mit den oben geschilderten Ver- vielfach bei Mark (Knochenmark), das jedoch auf<br />
änderungen nichts mehr zu tun. Sie beruhen auf ahd. marg zurückgeht. In stark tritt zwar jetzt<br />
fremdsprachigen Einflüssen. Weder die romani- •kch ein, doch treffen wir eine große Restinsel mit<br />
schen noch die slawischen Sprachen besitzen •ch, die vom südlichen Oberbayern über Nordtirol<br />
aspirierte oder affrizierte Fortes. Sie sind gezwun- mit dem Vintschgau und dem Passeier, über<br />
gen, unsero kh und kx durch ihren einfachen Salzburg (ohne Flachgau) mit dem Salzkammergut<br />
Verschlußlaut k zu ersetzen. Dieser slaw.-rom. und über die Obersteiermark mit dem obersten<br />
Fremdlautersatz wirkt auf stark fremdsprachig Ybbstal und dem Metnitz- und Mittcrgurktal bis<br />
unterwanderte Grenzdialekte zurück. Jüngero in dio Weststeiermark vorstößt und auch das Zim-<br />
Leute hörte ich übrigens solche k auch in Deutschbrischo einbezieht. In Falke, Volk, Wolke, Balken<br />
ruth und Zarz sprechen.<br />
wird jetzt kch bevorzugt, <strong>des</strong>gleichen in merken.<br />
Welcher Zustand hier einstens geherrscht hat,<br />
b. Beim anlautenden kch- sei kurz zusammen- zeigt folgen<strong>des</strong>: Es existiert zwar in Kärnten und<br />
fassend die verschiedenartige Entstehung gekenn- Steiermark für den Namen <strong>des</strong> Falkenvogels<br />
zeichnet. Der normale Weg ging natürlich über ausschließlich fglkx mit kch, <strong>des</strong>gleichen im Kärnt-<br />
dio ahd. Lautverschiebung von german. k- aus, ner Burgennamen Falkenberg. Der falkenfarbene<br />
etwa in ötztal. kxüa und ahd. chuo (lies kxuo) Ochse aber hat -ch (iglx), und dio erwähnte Burg<br />
aus germ. *kö-. Ihm haben sich die uralten Lehn- nennt sich in der slowen. Bauernmundart Bäuxouwörter<br />
aus vorahd. Zeit, wie kxaldzr (Keller) aus dts, d. i. slowen. *Balhovcc, gleichfalls mit ch;<br />
vlat. cellarium angeschlossen. Doch tritt kch- noch ebenso weisen dio mhd. Schreibungen valh-, valch-<br />
in einigen jüngeren Gruppen, die erst nach der hd. in Ortsnamen mehr oder weniger deutlich auf ch<br />
Lautverschiebung entstanden, a\if; Näheres über<br />
sio findet man § 34 d 2; gelegentlich spielen Affrikatenassimilationen<br />
( s.§ 34 dl) herein, wie umgekehrt<br />
Affrikatendissimilationen ursprüngliches kchzu<br />
gg- und g- zu verwandeln imstande waren<br />
(s. § 34 d 1).<br />
c. 1. Bezüglich <strong>des</strong> inlautenden -kx- ist zum Gesagten<br />
einiges nachzutragen. Auffallend sind im<br />
Südbair. einigo Wörter, die wider Erwarten gegendenwoiso<br />
-gg- statt gemeinbair. -kch- aufweisen.<br />
Hierher gehört iQkkc statt gemoinbair. iQkkxc<br />
(Pfütze) usw. im Ostpustertal, in Osttirol, im<br />
2 ).<br />
Der Balken im gewerblichen Blockbau heißt zwar<br />
jetzt allgemein polkxn usw. mit kch, in den rein<br />
bäuerlichen Bedeutungen „verschließbare Zaunlücko"<br />
und „Verschlag im alten Tiefstall" gilt<br />
jedoch in Rückzugsgebicten von Nieder- und<br />
Oberösterreich und im Flachgau bgifw, bglihv und<br />
*) Doch ist fürs bair. Mhd. oft schwer zu entscheiden,<br />
ob kch oder ch gesprochen wurde, da<br />
nach der damaligen Orthographie boido Laute<br />
meistens als ch transkribiert wurden.<br />
109
§ 38 c 2—§ 39 d<br />
in einem etwas ausgedehnteren Gebiet urkundlich<br />
Palchen, woraus in denselben Bedeutungen in<br />
südosttschech. Mundarten jxilchan(t), parchan(t),<br />
alle mit -ch-, stammt. Das Geuriilk nennt man in<br />
Teilen <strong>des</strong> Vintschgaus gurilx mit -ch, während<br />
bei diesem Wort sonst nur -Tech herrscht; für<br />
merken treffen wir vereinzelt, etwa teilweise im<br />
Vintschgau, in Zarz und Deutschruth und im<br />
Zimbrischon, merxxtn mit ch, ja in würken begegnet<br />
uns ch allgemein im Zimbrischen, im größten<br />
Teil <strong>des</strong> Gottscheeischen, in Tirol, Salzburg und<br />
in bäuerlichen Bedeutungen, wie „den Brotteig<br />
wirken", im Mittel- und sogar im Nordbair. Je<br />
weiter wir im Bair. zeitlich zurückgehen, <strong>des</strong>to<br />
häufiger werden die ch gegenüber den modernen<br />
kch. — 3. Andererseits zieht die konservative<br />
Mundart von Kais am Glockner in allen diesen<br />
Fällen kch vor: melkxn, welkx, w$rkx, kxQlkx,<br />
milkx, rtiQrkx, kxirkxc. Ob der alte Linguistenstroit,<br />
unter welchen lautkombinatorischen Voraussetzungen<br />
im Bair. und Hochdeutschen kch und<br />
unter welchen ch eintrat, jemals endgültig wird<br />
entschieden werden können, bleibt dahingestellt. —<br />
4. Vielleicht ist er gar nicht mehr recht aktuell. Bei l<br />
und r war der Abstand zwischen ch und kch wahrscheinlich<br />
viel kleiner und der Schritt von ch zu kch<br />
und umgekehrt von kch zu ch viel kürzer, als man<br />
gemeiniglich zu glauben geneigt ist. Das deutet<br />
schon das lebendige Schwanken bei mör(g)xv<br />
(merken) u. a. am Lechrain (§ 38 a 4) an, das<br />
beweisen eindeutig Belege mit spätem Übertritt<br />
von einem Laut zum anderen. Im Bair. heißt der<br />
Schwarzspecht vielfach Holkräe, Holkrä, Holker<br />
mit kch, d. i. die Hohl-Krähe; in südbair. Rückzugsgebieten<br />
auch Hole- mit erhaltener Kompositionsfuge.<br />
Im Westpustertal aber überrascht<br />
uns die Aussprache holixa mit -ch-! Umgekehrt<br />
konnte in Wien die Siedlung <strong>des</strong> ahd. Otachar mit<br />
-ch- Ottakring mit -k- ergeben. Ebenso konnte der<br />
urkundlich bezeugte Ortsname Atach-lö im nieder -<br />
österr. Marchfeld, d. i. das mhd. 16, das Gebüsch,<br />
in dem der ahd. at(t)ach, der Attich, wächst, da<br />
das Wort Attich (mittelbair. Qda(x)) in Niederösterreich<br />
nicht mehr verstanden wird und durch<br />
andere Sinngleiche ersetzt worden ist, fälschlich<br />
als Ata-chlö abgeteilt werden. Daraus ergab sich<br />
mit Übergang von -ch- zu -kch- das jetzige Aderklaa<br />
und mundartl. Ödvglg. Es ließen sich an Hand eingedeutschter<br />
Ortsnamen, in denen tschech. -chl-,<br />
•ehr- noch um 1200 als mhd. -kehl-, -kehr- eingedeutscht<br />
worden waren, weitere Beiego beibringen,<br />
doch wollen wir uns mit den drei besonders<br />
instruktiven Beispielen begnügen. Sollte die Verteilung<br />
von ch und kch nach l und r erst spät<br />
endgültig geregelt und in hohem Maße ein Spiel<br />
<strong>des</strong> Zufalls geworden sein ? Fast scheint es so.<br />
Immerhin werden die -ch- nach r und l umso<br />
häufiger, je weiter wir zeitlich zurückgehen und<br />
jo bodenständiger und vorkehrsferner die Wortbedeutung<br />
ist. — 5. Zum Wechsel zwischen kch<br />
und ch in blai(k)chen, Strau(k)che u. a. s. § 34 o 1.<br />
§ 39. Spätahd. pf (s. Karte 20)<br />
Übersicht: a. Allgemeines. — b. pf wird in<br />
Grenzlandschaften zu /. — c. -pf- erscheint als<br />
-pp-. — d. -ff- und -pf- wechseln nach Liquiden.<br />
a. Die Entwicklungen <strong>des</strong> anlautenden spätahd.<br />
pf}- wurden im Zusammenhang mit der mittelbair.<br />
Konsonantenschwächung (§ 34 c 3) erörtert, die<br />
Lenisierung <strong>des</strong> auslautenden -pf infolge der Einsilberdehnung<br />
zu -6/ § 34 k 2, der Wechsel von pf<br />
mit ff bei -/a-Stämmon § 34 e 1 und die Veränderung<br />
von p zu pf und umgekehrt von pf zu p<br />
infolge der alten Affrikatendissimilationen und<br />
110<br />
-assimilationen § 34 d 1, der Wandel von anlautendem<br />
pf- zu kf- § 29 e 7 und Karte 20, die<br />
Neigung <strong>des</strong> Zimbrischen der Sieben Gemeinden<br />
zu#§34f.<br />
b. In einigen stark fremdsprachig durchsickerten<br />
Sprachgrenzlandschaften wird anlauten<strong>des</strong> pf- zu<br />
/- verwandelt. Das Slawische und das Romanische<br />
besitzen kein pf, sie sind genötigt, unsere Labialaffrikata<br />
durch /- als ihren klangnächsten Eigenlaut<br />
zu ersetzen. Darum spricht man in den<br />
Wörtern Pflueg, Pfand, Pfund usw. um Brunn<br />
und Wischau, in der Suchen <strong>des</strong> Gottscheer<br />
Lan<strong>des</strong> und meistenteils in den Sieben Gemeinden<br />
f(f)-. In der Suchen und im Osten der Sieben<br />
Gemeinden ist der fremdsprachige Ersatzlaut -ffsogar<br />
in den In- und Auslaut eingedrungen: in<br />
der Suchen ts\ff (Zipf), nöffl (Apfel, eigentl. epfel),<br />
äiiffm (schupfen) und im Osten der Sieben Gemeinden<br />
dementsprechend ßiff, öffel, ßuffen.<br />
c. 1. Sonst blieb das anlautende pf- im Bair.<br />
unangetastet. Etwas anders steht es im In- und<br />
Auslaut. Da stößt ~pp- in gppl (Apfel), Seppin<br />
(schöpfen), simpm (schimpfen), ghüob (Kopf) aus<br />
dem mitteld. -pp-Gebiet ins nordöstliche Egerland<br />
vor. Es erreicht bei qppl (nicht in allen Wörtern<br />
gleich) die Gerade von Graßlitz bis Manetin.<br />
Ebenso gilt gppl usw. in den Sprachinseln Iglau,<br />
Kremnitz, Deutschproben und greift um Auspitz<br />
sogar bis in südmährisches Gebiet herein;<br />
allerdings ist das Auspitzer Land auch sonst durch<br />
schlesische Merkmale gekennzeichnet. — 2. An<br />
gewissen Rückständen läßt sich erkennen, daß<br />
sich einst in Ostniederösterreich und im nördlichen<br />
Burgenland eine größere Mischzone mit<br />
-pf- und -pp- befunden haben dürfte. Die verbaierte<br />
Überbildung SleppffD für nhd. schleppen,<br />
für ein Wort, das anerkanntermaßen erst in mhd.<br />
Zeit aus dem Niederd. zu uns kam, konnte nur<br />
auf dem Boden einer solchen Mischzone wachsen.<br />
Wir finden sie in Teilen <strong>des</strong> Böhmerwal<strong>des</strong> und<br />
Südböhmens, ebenso in Südmähren und im östlichen<br />
Niederösterreich bis in die Wachau, ferner<br />
in der Sprachinsel Wischau. — 3. Ungefähr im<br />
gleichen Gebiet beobachten wir einen zweiten<br />
Reflex ständigen Wechsels von pf und pp in alter<br />
Zeit; es sind dies vereinzelte -ppv statt erwartetem<br />
•ppm in dqppv (tappen), wieder in SieppD(schleppen)<br />
usw. um Brunn, in Teilen von Südböhrnen und in<br />
Südmähren, im östlichen Niederösterreich und im<br />
nördlichen Burgenland. An und für sich dürfte<br />
im Mittelboir. nach dem Verschlußlaut -pp- lautgesetzlich<br />
nur -m stehen. Nur nach altem Reibelaut,<br />
nach v, ff und pff, z. B. in öfo (Ofen), dreffo<br />
(treffen), huppffo (hüpfen), ist -v die Regel (s.<br />
§ 46 h 5). -ppv setzt also alte Nebenformen mit<br />
-ppffo voraus, wie wir sie in sl^ppffD neben ileppv,<br />
ileppm noch vor uns haben. Demnach hat im Bereich<br />
<strong>des</strong> -ppo einstens wirklich allgemeines<br />
Schwanken zwischen -pp- und -pf- geherrscht.<br />
Man darf bei diesen „falschen" -p/- und bei -ppt><br />
teils an vorübergehende erzgebirgisch-sächsische,<br />
teÜ3 an schlesische Einsickerungen denken. Die<br />
alten Sprachinseln durch Böhmen und Mähren<br />
und durch die Slowakei bilden stehengebliebene<br />
Verkehrspfeiler alter Verbindungsbrücken vom<br />
Erzgebirge und von Schlesien in unseren Raum.<br />
Vor allem sind zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia<br />
nach der Abtretung <strong>des</strong> größten Teiles von<br />
Schlesien an Preußen zahlreiche Beamte, Forstleute,<br />
Weber und Müller in unsere Gegendon<br />
abgewandert. Voraussetzungen für ein solches<br />
Schwanken sind also in mannigfacher Weise gegeben.<br />
d. Nach Liquida gilt für gewöhnlich -ff-, doch<br />
bestehen im Südwesten Reste mit pf, z. B. in
Teilen Tirols äQrpff (scharf) neben hei ff m (helfen),<br />
wgrffm (werfen) usw. Bei genauer Überprüfung der<br />
älteren urkundlichen Belege gewinnt man den<br />
Eindruck, je weiter wir zeitlich zurückgreifen,<br />
<strong>des</strong>to häufiger werden nach r und l die ^/-Formen.<br />
Es gilt das Gegenteil von dem, was wir in diesen<br />
Stellungen bei kch und ch erfahren haben. Bei<br />
ihnen ist der Reibelaut in früherer Zeit häufiger,<br />
hier wird der Reibelaut je früher, <strong>des</strong>to seltener.<br />
§ 40. Spätahd. z-, -tz<br />
Übersicht: a. Allgemeines. — b. -tz nach<br />
Liquiden. — c. -tß- zu mittelbair. -s-,<br />
a. Die spätahd. Affrikata z-, tz-, phonetisch<br />
richtiger tß, neigt im Zimbrischen der Sieben<br />
Gemeinden zu tßß und ßß (s. § 34 f), sie erscheint<br />
sonst in den altertümlichen Mundarten überall<br />
als Doppelfortis (t)tß (§ 34 b 1), sie wird anlautend<br />
im größten Teil <strong>des</strong> Südbair., eingeschlossen die jüngeren<br />
Außenmundarten, zu ts- (§ 34 b 2), wird<br />
aber im Burgenland sekundär wieder zu tß- verstärkt<br />
(§ 34 c 3), in größeren Teilen <strong>des</strong> Südbair.<br />
wird sie auch in- und auslautend zu (t)ts verwandelt<br />
(§ 34 j 1), schließlich wird sie sowohl durch<br />
die mittel-nordbair. Konsonantenschwächung im<br />
An- und Inlaut nach Vokallänge als auch infolge<br />
der Einsilberdehnung im absoluten mhd. Auslaut<br />
zu ds lenisiert, z. B. in dsäid (Zeit; § 34 c 2),<br />
in sdüdsn (stutzen; § 34 c 4) und in Sbids (Spitz;<br />
§34k 1-3).<br />
b. Während nach den Liquiden l und r bei den<br />
Gaumen- und Lippenlauten zwischen Affrikata<br />
kch und Reibelaut ch (s. § 38 c 2) und pf und ff<br />
(s. § 39 d) Schwanken besteht, herrscht bei den<br />
Zahnlauten nach Liquida seit altersher nur die<br />
Affrikata tß allein, z. B. in ötzt. ZQltß (Salz),<br />
zglttßn (salzen), kxüxtß (kurz), waxttßa (Warze);<br />
niemals findet sich der Reibelaut ß.<br />
c. In<strong>des</strong>sen vermochte im Laufe <strong>des</strong> 14. und<br />
15. Jhs. das Mittel- und Nordbair. in Schriftsprachefernen<br />
Wörtern und in Ortsnamen nachträglich<br />
unter bestimmtem Silbenbau -tß- zu -s- zu verändern.<br />
Hier seien urkundlich genauer datierbare<br />
Ortsnamen vorgeführt: In Oberösterreich 1328<br />
Wissleinsfcld (Wieselsfeld) aus älterem (1320)<br />
Witzleins-, 1425 patvssenlehen aus älterem Pautzen-;<br />
in Niederösterreich seit 1500 pums aus älterem<br />
Punz, seit 1433 Leusmayr aus Leutz-, jetzt wieder<br />
Loitzhof mit -tz, in Steiermark seit 1350 Gäms,<br />
Gans (Garns, Gans) aus älterem Gämfnijtz usw.<br />
In gleicher Weise sind etliche Mundartwörtor zu<br />
beurteilen, z. B. mbair. Mlvsl neben Mivdsl (Maria)<br />
aus mhd. *Merze. Diese Veränderung steht<br />
sicher mit der mittelbair. Konsonantenschwächung<br />
in gewissem Zusammenhang.<br />
§ 41. Spätahd. tsch<br />
Üborsicht: a. Entstehung <strong>des</strong> tsch. — b. Weiterentwicklung<br />
<strong>des</strong> tsch.<br />
a. 1. Unter den Affrikaten ist tsch der einzigo<br />
Laut, der erst in spätahd. Zeit möglich geworden<br />
ist. Ungefähr vor 1050 gab es die Lautfolge tß noch<br />
nicht. Gelangten vorher Lehnwörter mit fremdem<br />
tß ins Bairischo, so mußten diese Wörter im Anlaut<br />
dafür z- («-; geschrieben «-) oder tß- (geschrieben<br />
z-; 8. § 27 c 3), im In- und Auslaut entweder -Iß-<br />
(geschrieben tz) oder -ßß- (geschrieben ss) einsetzen;<br />
dafür gibt es insbes. in der Ortsnamengebung<br />
genug Belege. Denn das Slawische und Romanischo<br />
besaßen ihr tß (geschr. ci, ce bzw. £) min<strong>des</strong>tens<br />
seit dem 5. und 6. Jh. das Magyar, seit<br />
dem 9. Jh. (geschr. alt ch, später es), seitdem dio<br />
Baiorn nach der Völkerwanderung ernstlich mit<br />
Trägern dieser Sprachen und Sprachgruppen in<br />
§ 39 d—§ 42 a 1<br />
siedlungsmäßigen und kulturellen Kontakt traten.<br />
Erst seitdem im Bair. älteres s'k zu ß geworden war,<br />
ugf. seit 1050 (s. § 42 a 1), war zugleich mit dem<br />
yÖ-Laut auch das tß heimisch geworden, z. B. in<br />
den Lehnwörtern und Ortsnamen Görtschach (Kärnten,<br />
Steiermark) aus slowen. loc. plur. Goriöah, in<br />
südtirol. Tschirland aus vlat. *öirmulöne (die große<br />
Zirbe), beide noch mit ahd. Druckverlegung auf<br />
die erste Wortsilbe; ferner in Pogdtsche (ein Gebäck)<br />
aus slaw. pogäta, Paw(e)lätsche (provisorisches<br />
Gerüst) aus tschech. paveldö, tirol. Ferndtsch<br />
(eine Weinsorte) aus venez. veronäccio, Palatschingge<br />
(Art Pfannkuchen) aus magyar. palacsint(a).<br />
Dessenungeachtet wurde für das neue tsch<br />
in den Urkunden noch lange Zeit s, ss, ts geschrieben.<br />
— 2. Ferner entwickelte sich tsch bald zur<br />
gleichen Zeit, bald etwas später durch Zusammentritt<br />
verschiedener Lautgruppen infolge spätahd.frühmhd.<br />
Mittelsilbenschwun<strong>des</strong>, etwa im Flußnamen<br />
Etsch aus ahd. Etisa, in ratschen (übermäßig<br />
viel reden) aus ahd. *rätison, in rutschen aus ahd.<br />
*rucchisön, in Pletsche, Plotsche, Platsche (großes<br />
Pflanzenblatt) neben Flecke, Pletteche aus ahd.<br />
pleticha, platucha, in Flutsche neben Flücke und<br />
Flüttiche (flügelartiger Gegenstand) aus ahd.<br />
vluticha, in F(l)etsche neben F(l)ecke, F(l)eckte,<br />
F(l)eteche (Fittich) aus ahd. *vettach x ), in Letsche<br />
(Lippe, große, Tierlippo) aus ahd. lefs usw.; Näheres<br />
über diese Wortformen findet man im Wörterbuch.<br />
— 3. Weiters zeigen laut- und bewegungsnachahmende<br />
Ausdrücke und deren Ableitungen<br />
eine starke Vorliebe für tsch, z. B. tirol. tschdtschen<br />
(schlurfend gehen), p(l)atschen, p(l)ätschen (klatschend<br />
auffallen), hu(i)tschen (schaukeln), (p)f(l)itschen<br />
(sich sehr rasch bewegen) u. v. a. — 4. Gelegentlich<br />
ist tsch nur eine Variante zu seh; anlautend<br />
wird sie verursacht durch dio alten Gleitlaute in<br />
südbair. Tschopf neben Schopf, tscheppern neben<br />
schebern (klirren; s. § 34 h 3), manchmal steht<br />
tsch- auch für s-, so in kärntn. tschcrfeln (schleppend<br />
gehen) für bair. s'crfeln und in tirol. tschünggel(c)n<br />
(heiß werden, von der sengenden Sonnenhitze)<br />
neben sünggel(e)n; Näheres s. im Wörterbuch;<br />
inlautend wird älteres -seh- öfters zu -tsch-, so<br />
in Watsche (Ohrfeige) neben Wäsche in Relikt-<br />
inseln, Tcnggewatsch neben -wasch (Linkshänder),<br />
Taitsch(e) neben Taisch (Mist, Kuhfladen; leeres<br />
Gerede) aus ahd. deisk u. a. (s. Wörterbuch).<br />
b. Dio weitere Behandlung dieses tac/i-Lautcs<br />
in den einzelnen Mundarten ergibt sich aus den<br />
Darlegungen im § 34. Es neigt das tß im Westen<br />
der Sieben Gemeinden zu ßß (§ 34 f) und geht<br />
damit den parallelen Weg zur Affrikate tß, den es<br />
auch sonst einhält. Im Anlaut wird tß außerhalb<br />
der konservativsten südbair. Mundarten zu ti abgeschwächt<br />
(§ 34 b 2) und in einigen südbair. Mundarten<br />
auch in- und auslautend zu ts (§ 34 j 1), es<br />
wird schließlich durch dio mittel- und nordbair.<br />
Mitlautschwächung im An-, im In-und Auslaut nach<br />
Vokallängo zu ds abgeschwächt, etwa in dsakkv<br />
(Tschakko; § 34 c 2), in uxidsn (Ohrfeige; §34 c 4),<br />
ebenso im Auslaut alter Einsilber, z. B. in d&U<br />
(dickbreiigo Masse; vgl. § 34 k).<br />
§ 42. Spätahd. ach<br />
Übersicht: a. Vorgeschichte <strong>des</strong> seh. — b. Seine<br />
Weiterentwicklung.<br />
a. 1. Wie unter den Affrikaten das tsch ist unter<br />
den Starkreibelauten das seh das einzigo unter<br />
vier parallelen Phonemen, das erst in spätahd.<br />
Zeit hinzukam und nicht schon seit der hd. Lautverschiebung<br />
dem festen Lautsystem angehörte.<br />
*) Dio Nebenformen mit fl- stehen unter Einfluß<br />
der einnähen Wortfamilio fliegen usw.<br />
111
§ 42 a 1—§ 43 a<br />
Fürs Hochdeutsche nimmt man in Fachkreisen<br />
allgemein an, daß der Wandel von ahd. sk (genau<br />
von ßk) zu ß, der phonetisch und lautphysiologisch<br />
ein schwieriges Problem der Lautgeschichte darstellt,<br />
erst im Laufe <strong>des</strong> 12. Jhs. vor sich gegangen<br />
wäre; doch paßt die späte Datierung in keiner<br />
Weise zu dem, was unsere dialekthistorischen<br />
Quellen dazu sagen. Drei Quellen, die Sprachinsolmundarten,<br />
die Lehnwörter in den Fremdsprachen<br />
und die Urkundensprache, weisen, was<br />
das Bair. betrifft, in zu großer Entschiedenheit<br />
darauf hin, daß der Wandel z. B. von ahd. dreskan,<br />
tisk, scoup zu mhd. dreschen, tisch, schoub schon<br />
ein Jahrhundert vorher vor sich gegangen war,<br />
als daß daran noch gezweifelt werden könnte —<br />
die vierte Quelle, die mhd. Dichtersprache mit<br />
ihren Reimen, ist zu spät daran, um Kriterien in<br />
die Waagschale werfen zu können. Erstens hat das<br />
Zimbrischo der Sieben Gemeinden, das sich um<br />
1100 abgesondert hat, schon das neue seh in<br />
dreßßen, tiß, ßöpo; in diesem Falle könnte man<br />
sich noch aus der Verlegenheit helfen. Es kommt<br />
auch sonst auf Grund vorausbestimmender Monogeneso<br />
das nachträgliche Beschreiten <strong>des</strong> gleichen<br />
Lautweges in der Außen- und in der Heimatmundart<br />
scheinbar unabhängig voneinander vor, z. B.<br />
bei der Diphthongierung von mhd. i, u zu nhd.bair.<br />
ai, au (s. § 13 b 2), beim Wandel von frühmhd.<br />
ai zu QV (s. § 20 e 2), beim zimbr.-westtir.-alem.<br />
Wandel von mhd. ou zu ö (s. § 21 b 4), beim Wandel<br />
von frühmhd. -mb- zu -mm- (s. § 36 b 2). Ernster<br />
steht es bei Entlehnungen aus dem Spätahd. in<br />
die Nachbarsprachen, die bereits das neue ß, aber<br />
noch das altbair. -p- für germ. -b- aufweisen, z. B.<br />
bei slowen.-kroat. söpa (Strohschaub) l ), bei slowen.mundartl.<br />
slpa und bei grödn.-ladin, sipa (Fensterscheibe)<br />
2 ), die fürs Spätahd. die Lautungen *ßoupo,<br />
*ßipa voraussetzen. Nach ihnen muß das neue<br />
seh schon dagewesen sein, als noch das altbair.<br />
-p- üblich war, das seinerseits um 1050 schon<br />
durch -b- verdrängt wurde (s. § 27 a 4). Dazu<br />
passen nun sehr gut einerseits die ersten seh-, ssund<br />
Äs-Schreibungen für altes sk, andererseits die<br />
ersten f^sc-Schreibungen für älteres frem<strong>des</strong> (t)ß<br />
seit 1050 und nicht erst im 12. Jh.; z. B. in Oberösterreich<br />
1050 Asscha und 1088 Ahsa (Aschach),<br />
1130 Assach (Aschach), in der Steiermark ca.<br />
1080 Ediltscach (Selztal) für *(Tß)Ediltßax aus<br />
slowen. *S§dl£ah (bei den Leuten am sqdlcc, am<br />
kleinen Sattel), in Niederösterreich 1108 Aschrichisbrugge<br />
(Brück an der Leitha) aus ahd.<br />
Askrichcs- und Vischamundi (Fischamend) aus<br />
ahd. Viskahigimundi, 1111 Windissendorf (Windischendorf),<br />
in Tirol seit 1050 (mehrfach) Gote-<br />
Drißßl (aus üf der Jscheln) aus altvenez. *Iskla<br />
(jetzt Ischia) bei Levico östl. Trient; ihre Orte<br />
liegen in Gegenden, in deren Bereich die bair.<br />
Kolonisation nachweisbar erst seit 1200 einsetzte.—<br />
3. Auch die weitverbreitete Meinung, der Wandel<br />
von sk zu ß wäre über eine Zwischenstufe sx gegangen,<br />
ist fürs Oberdeutsche kaum aufrecht zu<br />
erhalten. Bereits J. Schatz hat in seiner Altbair.<br />
Grammatik dagegen den Ortsnamen Garmisch<br />
(über mhd. Germärschöü) aus ahd. Germäresgewi<br />
ins Treffen geführt; bei ihm hat -sg- sicherlich<br />
über -ßk- (mit k- auf Grund <strong>des</strong> Notkerschen<br />
Anlautgesetzes, s. § 27 c) zu seh geführt. Weitere<br />
Gegenbeispiele sind m. E. Fasching, mhd. vaschank<br />
(Fasnacht), urkundl. vereinzeltes mhd. Vinscheu<br />
neben Vinstgeu (Vintschgau) und walliserisches<br />
mißßäbla (Mistgabel) aus ahd. *vastgang (vgl. altnord.<br />
jqstugangr), *Vinustgewi und mistgabala*),<br />
deren -stg- trotz den vorgebrachten Bedenken ohne<br />
weiteres über -s(t)c- zum spätahd. sk und seh<br />
finden konnte. Die hd. Lautverschiebung, die<br />
nebenbei bemerkt die parallelen Lautfolgen sp und<br />
st nicht erfaßt hat, darf man für den Wandel zu ß<br />
keinesfalls heranziehen. Auch die meisten niederd.<br />
Dialekte und sogar das Englische, wo von der hd.<br />
Lautverschiebung keine Spur voller Ausreifung<br />
vorhanden ist, haben gleichfalls ihre ß erreicht.<br />
b. Die weitere Entwicklung <strong>des</strong> scÄ-Lautes ist<br />
in ihren Einzelheiten schon besprochen worden.<br />
Anlautend hielt sich im Binnenland Fortis-/? nur<br />
im Westtirol und in Teilen Zentraltirols, hier vermehrt<br />
durch ß- für ahd. ,,s-impurum" in (ötztal.)<br />
ßlQgil (schlagen), ßnaidar (Schneider), ßtekkx?}<br />
(Stecken); ferner blieb ß- ohne diese Vermehrung<br />
im Zimbrischen der Sieben Gemeinden (s. § 34 b 1).<br />
Sonst trat im Binnenbair. Lenisierung zu 3- ein<br />
(s. § 34 b 2). Eine sekundäre Anlautverstärkung<br />
hat auch hier das Burgenlündische mit seinem ßgeschaffen<br />
(s. § 34 c 3). Im Inlaut ergab die xnittelxind<br />
nordbair. Konsonantenschwächung nach Langvokal<br />
Lenisierung zu s (s. § 34 i), in den jüngeren<br />
zimbr. Sprachinseln und im Fersental trat z. T.<br />
Verstimmhaftung zu z ein (s. § 34 i 5); in Kärnten<br />
und in Teilen Südtirols besteht eine allgemeine<br />
Lenisierung zu § (s. § 34 j). Auch die mittel- und<br />
nordbair. Einsilberdehnung erzeugte im jüngeren<br />
Stadium auslautende Lenis (s. § 34 k 3 f). Zum<br />
gelegentlichen Wechsel von seh mit tsch im Inlaut<br />
s. § 41 a 4, im Anlaut s. § 34 h 3.<br />
salch, Uodalsalch aus ahd. Gotaskalch, Uodalskalch<br />
usw. Wenn trotz dieser Zeugnisse für die Existenz<br />
<strong>des</strong> 4-L.autes sejt 1050 bis ins 12. und teilweise bis<br />
ins 13. und 14. Jh. noch sk, sc, allerdings zahlenmäßig<br />
abnehmend, neben seh geschrieben wurde,<br />
so sind das nur mehr historische Schreibweisen<br />
ohne wirklichen phonetischen Wert 3 § 43. Spätahd. ßß<br />
Übersicht: a. Vorgeschichte. — b. Jüngere<br />
Entwicklung. — c. Besonderheiten.<br />
a. Die drei folgenden ahd. Reibelaute, ßß, xx<br />
und ff sind durch die hd. Lautverschiebung ugf.<br />
um 700 entstanden und kommen in Erbwörtern<br />
nur im In- und Auslaut vor. Sie erleben seither<br />
parallele, gemeinsame Schicksale. Unter fremdem<br />
Einfluß haben es die Sprachinselmundarten seit<br />
). — 2. Daran dem Hochmittelalter langsam gelernt, auch im<br />
vermag auch die zweimal nachweisbare nachträg- Anlaut die Reibelautfortcs ß- oder ß-, ff- und teilliche<br />
Lautsubstitution fremder -Sk- nach vorausweise sogar slawisches x~ zu bilden (s. § 34 b 3/4),<br />
gehendem i durch mhd. seh nichts zu ändern. Das außerhalb der Sieben Gemeinden wurden diese<br />
gilt für Wischau aus tschech. Vißkov (Hauptort Anlaute zu s-, s-, /-, x- abgeschwächt (vgl. § 34 b).<br />
der gleichnamigen Sprachinsel) und für fersental. Leider gebrauchten bei den Gaumen- und Zahnlauten<br />
dio ahd.-bair. Schreiber für Affrikata und<br />
1 Reibelaut fortvs den gleichen Buchstaben und<br />
) Danebon in anderen slowen. und kroat. Mund- transkribierten kx und -Y mit dem Zeichen ch, tß<br />
arten älter entlehntes sköpa.<br />
2<br />
) In anderen slowen. Mundarten treffen wir die *) Wallis. Mbla (Gabel, gabelartige Schaufel) ist<br />
jüngere Lehnform Säjba.<br />
gewiß erst aus mißßäbla neu abstrahiert. Dazu<br />
3<br />
) Vor e, i gibt es, allerdings als orthographische gehört auch der Name <strong>des</strong> Bergstockes der Mischa-<br />
altital. Schreibweise, das Schriftzeichen seh- schon bel-Gruppe, mundartl.wallis. Mißßäbla. Dio Form<br />
seit dem 8. Jh. Für unsere Lautgeschichto bleibt der „Mischabel" erinnert an eine mehrzinkigo<br />
jedoch dieser graphische Sonderfall bolanglos. Gabel.<br />
112
und ß mit dem Zeichen z(z). Das ist bei der Feststellung,<br />
ob in alter Zeit Affrikata oder nur Reibelaut<br />
gesprochen wurde, ein schweres Hindernis,<br />
zumal sich dieser orthographische Brauch im bair.<br />
Schriftwesen bis tief in die mhd. Zeit behauptete.<br />
Vor allem nach Liquiden wäre uns eine genaue<br />
Trennung erwünschter, da in dieser Stellung<br />
zwischen kx und x altes Schwanken besteht; beim<br />
parallelen Schwanken zwischen pff und ff liefert<br />
uns die graphische Unterscheidung der ahd. Rechtschreibung<br />
bessere Unterlagen; über dieses Schwanken<br />
selbst war bereits § 38 c 2/3 und 39 d die Rede.<br />
Nur bei den Zahnlauten herrscht nach l und r<br />
seit der Lautverschiebung einheitlich die Affrikata<br />
tß (s. § 40 b 1).<br />
b. Im Anlaut begegnen uns solche ursprüngliche<br />
Starkreibelaute außerhalb der Sprachinseln im<br />
Binnenland nur in sekundär entstandenen Lautgruppen,<br />
wie (ötztal.) kffqßßn (gefaßt), kßüryrpn<br />
(gesungen), pjßündar-(besonder-), und auch da nur<br />
im West- und teilweise im Zentraltirolischen. Den<br />
älteren südbair. Sprachinseln fehlen diese Lautfolgen;<br />
die mhd. Vielsilbigkeit ist bei ihnen, z. B.<br />
in den Sieben Gemeinden in gvvaßßet, gvzi^nkt,<br />
(a)wozij,nt9r, erhalten. Außerhalb von West- und<br />
(teilweise) von Zentraltirol wurden diese Fortes<br />
lenisiert (kärntn. kJQSt, ksur^vn, psundr; s. § 34 j 1),<br />
im Burgenland aber nachträglich wieder fortisiert<br />
(kffQßt, kßuryiyo, pßunm(d)r>; s. § 34 c 3). In der<br />
Südtiroler Verkehrslandschaft und in Kärnten gibt<br />
es nur mehr Lenes und in Kärnten intervokalisch<br />
gar nur mehr -h- (s. § 34 j 1); in Kärnten werden<br />
vor den intervokalischen Reibelauten auf Grund<br />
der Kärntner Dehnung die vorausgehenden Selbstlaute<br />
gelängt (s. § 34 j 2), <strong>des</strong>gleichen in der Südtiroler<br />
Verkehrslandschaft sowie neuerdings in<br />
Wien und um München (s. § 34 j 3). Über die Verstimmhaftung<br />
von altem -ßß-, -ff- zu -z- und -vnach<br />
Langvokal in den jüngeren zimbr. Sprachinseln<br />
und im Fersental war schon § 34 i 6, über<br />
die weitverbreitete Abschwächung intervokalischer<br />
Reibelautfortis nach Langyokal, der sich oft landschaftlich<br />
vor jedem Reibelaut anders verteilt,<br />
§ 34 i 2/3 und darüber, daß bei -xx- diese Leni-<br />
8ierung in mittelbair. Rückzugsgebieten bis zum<br />
völligen Schwund getrieben wurde, § 34 i 7 die<br />
Rede. Über das Verhältnis zwischen z und ß aus<br />
germ. s, ß aus german. sk und ßß aus german. t<br />
s. § 32 a.<br />
c. Zum Wandel von ß zu ß in einigen Außenmundarten<br />
s. § 32 a 4. Sonst liegt über die jüngere<br />
Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> /?-Lautes und über die<br />
Verteilung verschiedener Lautentsprechungen im<br />
Raum nichts Bemerkenswertes mehr vor.<br />
§ 44. Spätahd. ch<br />
Zur Entwicklungsgeschichte und Lautgeographio<br />
<strong>des</strong> ch (x) wurde alles Beachtenswerte schon § 43<br />
erwähnt und ebendort auf alle jene Stellen unserer<br />
Lautgrammatik, wo Wesentliches darüber zu<br />
finden ist, verwiesen. Nachzutragen ist höchstens<br />
noch ein Hinweis auf § 23 a 1; dort war von dem<br />
Vorhandensein <strong>des</strong> bühnensprachlichen Unterschie<strong>des</strong><br />
zwischen dem i^-Laut und dem a.v-Laut<br />
in den meisten bair. Mundarten in mehr oder<br />
weniger ausgeprägter Form dio Rede.<br />
§ 45. Spätahd. ff<br />
Auch bezüglich <strong>des</strong> Starkreibelautes -ff- ist<br />
§ 43 alles Wesentliche über seine modernen Entsprechungen<br />
und über deren Raumverhältnisso<br />
erwähnt worden.<br />
§ 43 a—§ 46 b 2<br />
F. Die Nasenlaute<br />
§ 46. Spätahd. n (s. Karte 23, 24 und 25)<br />
Übersicht: a. Allgemeines; n- im Anlaut. —<br />
b. -n-SchwundinstarkdruckigenSilben; — c. besondere<br />
Fälle. — d. Völlige Unterdrückung der hinter -<br />
bliebenen Näselung. — e. -n- in alten Einsilbern, —<br />
f. vor Reibelauten, — g. in anderen Stellungen. —<br />
h. Silbisches -n im Schwachdruck, — i. im Schwachdruck<br />
bestimmter Abwandlungsformen.<br />
a. 1. Über gewisse Sonderbehandlungen <strong>des</strong><br />
-n-Lautes findet man schon in vorhergehenden<br />
Paragraphen Auskünfte: über den gelegentlichen<br />
Wandel von -n- nach hinteren Selbstlauten zu -m-<br />
§ 23 a 5, von -n- nach vorderen Selbstlauten zu<br />
-7}- ebenda, über die Vereinfachung der alten Geminata<br />
-nn- zu einfachem -n- und die Dehnung <strong>des</strong><br />
vorausgehenden Vokals § 34 j 4, ebendort über<br />
unorganische -nn- aus altem -n-, über den Wandel<br />
von -rn zu -dn, -rn., -gn, s. § 50 e 2, von -rren zu<br />
-xti, -in und -bm § 50 e 9. Es versteht sich<br />
wohl von selbst, daß -n- an folgenden Lippenlaut<br />
zu -m- und an folgenden Gaumenlaut zu -T}- assimiliert<br />
wird, z. B. in hgmpff (Hanf), sempff (Senf),<br />
himpv (Himbeere) aus mhd. han(e)f, sen(e)f,<br />
hintber oder in henkx (Honig) aus mhd. hönig;<br />
über die Verbreitung dieser und anderer Formen,<br />
wie hQneff, seneff, hindibin, hinig u. a. wird daa<br />
Wörterbuch unter den zuständigen Stichwörtern<br />
Auskunft geben. — 2. Anlauten<strong>des</strong> n- kann durch<br />
Einfrierungen „falscher" Abtrennung im Satzsandhi<br />
wegfallen: n nQtzr z. B. wird fälschlich als<br />
vn-Qter zerlegt. Daher sind Qtdr (Natter), esd (Nest)<br />
u. e. a. weit verbreitet. Umgekehrt kann n- falsch<br />
hinzugefügt werden, etwa in nigl (Igel), nQsd (Ast);<br />
auch über die Verbreitung dieser Formen gibt das<br />
Wörterbuch Auskunft.<br />
b. 1. Das interessante, aber auch ein schwieriges<br />
Raum- und Entwicklungsproblem der bair. Lautgeschichte<br />
und <strong>Lautgeographie</strong> ist hier der Schwund<br />
von -n und seine Art und Weise; er vollzog sich<br />
meistens unter Hinterlassung einer Nüselung <strong>des</strong><br />
vorausgehenden Vokals. In den Einzelheiten ist<br />
dio Geschichte <strong>des</strong> -n-Schwun<strong>des</strong> so vielfältig und<br />
so verwickelt, daß das mundartkundlicho Fachschrifttum,<br />
abgesehen von gründlichen lauthistorischen<br />
Einzelmonographien, oft Fehlurteile<br />
und Mißgriffe enthält; vor allem dio flüchtigen<br />
Erläuterungen moderner dialektgeographischer<br />
Kartenbilder greifen bei ihren ,,lauthistorischen"<br />
Interpretationen gern daneben, insoweit sie auf<br />
diesen heiklen Punkt überhaupt eingehen. Wir<br />
wollen diese Irrtümer richtigstellen und gleichzeitig<br />
die modernen Lautverhültnisso, soweit notwendig,<br />
mit Hilfe historischer Quellen aufhellen.<br />
Wie so oft macht sich auch hier eine jahrzehntelange,<br />
mühselige Kleinforschung über Urkunden-<br />
Sprache, über mhd. Dichterspracho, über Sprachinselmundart<br />
und über dio Lehnwörter belohnt.<br />
Es werden die wichtigen, wenn auch nicht alle<br />
Merkwürdigkeiten in der Vernäselung <strong>des</strong> -n- im<br />
Text und vielfach in Kartenbildern vorgeführt.<br />
Unübersichtlich wurden diese alten Verhältniaso<br />
beim -n-Schwund oft durch ein weitverbreitetes<br />
Bemühen, dieses -n nachträglich wieder anzufügen.<br />
Dadurch wurden dio ursprünglichen Verhältnisse<br />
verdunkelt und verwirrt. Erst Restformen lassen<br />
in solchen Fällen die älteren Verhältnisse wieder<br />
erschließen. Gerado diese alten Restformen sind für<br />
Dialektforscher, welcho den Wert <strong>des</strong> historischen<br />
Beleggutes negieren, unlösbare Rätsel. Für uns<br />
leuchten sie unter der weithin sichtbaren Oberfliicho<br />
modernen Lautstan<strong>des</strong> als Wegweiser in dio<br />
ältere Lautgeschichte. — 2. Vor allem ist es notwendig,<br />
zwischen dem -n-Schwund in der Stark-<br />
8 113
§ 46 b 2—c 4<br />
drucksilbe <strong>des</strong> Wortstammes und dem -n-Schwund<br />
der Schwach- oder Nebendrucksilbe der Ableitungen<br />
streng zu trennen.<br />
c. 1. Auch bei den Hauptdrucksilben gibt es<br />
noch mannigfache Unterschiede in der Behandlung<br />
<strong>des</strong> -n-. Wichtig ist, ob das -n im Auslaut<br />
oder ob es im Inlaut gestanden war; im Inlaut<br />
selbst bestehen neuerdings variierende lautkombinatorischo<br />
Gegebenheiten. — 2. Stand auslauten<strong>des</strong><br />
-7i unmittelbar nach dem Hauptdruckvokal, so<br />
schwand es, wie Karte 23 durch ihre dicke Borstenlinie<br />
anzeigt, im ganzen Oberdeutschen *); also im<br />
Nord- und Mittelbairischen, z. B. in wäi n (Wein),<br />
hi n (hin), sü n (Sohn) usw.; es schwand, abgesehen<br />
von einigen nicht apokopierenden Mundarten, auch<br />
wenn einfaches -n sekundär in den Auslaut trat,<br />
z. B. in hg n (Hahn), sl n (Söhne); auch wenn -nn<strong>des</strong><br />
Mhd. in den absoluten Auslaut gerät, etwa in<br />
mg n (Mann), i ghg n (ich kann). Doch blieb es erhalten<br />
bei sekundär auslautendem -nn, z. B. in<br />
mittelbair. sün (Sonne), i ren (ich renne) usw. oder<br />
Wqpn (Wien) mhd. Wienne, Br$vn (Prien am<br />
Chiemsee) mhd. Prienne, nordbair. sün, Wein<br />
(Wien). Die Südhälfte <strong>des</strong> Südbair. hat neues -n,<br />
so Kärnten, Süd-, Osttirol und die Kernlandschaft<br />
vonNordtirol um Innsbruck, das Sill-, ötz-und Oberpitztal;<br />
in den Sieben Gemeinden blieb das -n<br />
ununterbrochen aus mhd. Zeit erhalten; ferner in<br />
Zarz, Deutschruth, Pladen, Zahre, Tischlwang und<br />
Gottschee. Es heißt z. B. in Südtirol wain, hin,<br />
sün (Sohn), hün (Hahn), sin (Söhne), i mi&n<br />
(ich meine), mgn (Mann), i khgn (ich kann) und<br />
natürlich sun (Sonne), i ren (ich renne), Wt9n.<br />
Doch ist in konservativen Rückzugsgebieten der<br />
südbair. Binnenlandschaft in wai n usw. das -n<br />
vernäselt, so in Kärnten im Oberlavant-, Obergörtschitz-,<br />
Metnitz-, Ivatsch- und Obermölltal,<br />
in Südtirol im Ahm-, Ultental, auf dem Reggelsberg<br />
und bei alten Leuten teilweise (auf der Karte<br />
nicht berücksichtigt) im Obervintschgau; ebenso<br />
in den Dreizehn Gemeinden, in Folgaria, Luserna<br />
und Lavarono als den jüngeren zimbrischen Inseln<br />
sowie im Fersental. Man könnte glauben, das<br />
Südbair. hätte wie so oft auch hier ungestört<br />
den älteren Lautstand festgehalten. Das stimmt<br />
aber nicht, ausgenommen die älteren südbair.<br />
Sprachinseln. Im größten Teil dieses jetzigen -n-<br />
Gobietes ist das -n in wain usw. erst nachträglich<br />
rekonstruiert worden. Restformen mit Schwund<br />
finden wir weiter unten. — 3. Stand dieses -nnach<br />
mhd. Langvokal oder nachträglich gelängtem<br />
Vokal vor folgendem -t-, so sieht das jetzige<br />
Schwundgebiet etwas anders aus als bei den Auslaut-n.<br />
-n- stellt jetzt in dieser Stellung auch im<br />
Nordbair. und Ostfränk.; neben ivüi n gilt nordbair.<br />
büind (Beunde), früind (Freund, Verwandter),<br />
gmQind (gemeint); <strong>des</strong>gleichen im Westtiroler<br />
Oberinngebiet von Zams aufwärts puint, fruint,<br />
gmunnt im Anschluß ans vorarlbergerische bünd,<br />
frönd, gmQvnt und ans allgäuische buind, fruitid,<br />
gmuint. Auffallenderweiso behält auch das Wienerischo<br />
vor altem -t- sein -n- (frdnd, gmünd); es<br />
unterscheidet sich dadurch vom Niedorösterreichischen<br />
(böi n d, fräi n d,gmg~D n d) 2 ). Ähnlich liegen die<br />
Verhältnisse vor -gg-, z. B. in b£v n k (Klotz),<br />
ds"ezm,kn. In anderen Stellungen paßt der Inlautschwund<br />
meistens zum Schwund <strong>des</strong> Auslaut-n<br />
räumlich dazu, so in mundartl. $(n) n he aus mhd.<br />
enhalb (jenseits), soweit dieses Wort nicht durch<br />
seinen scharfen Konkurrenten ent und andere<br />
Sinngleiche verdrängt worden ist, in L$t> n hv(r)d<br />
(Leonhard aus mhd. Lienhart). Ebenso stimmt zu<br />
wai n der Schwund nach nhd. Langvokal vor folgendem<br />
-l in ä^l (Großmutter), e nd l (Großvater),<br />
Qv n l(&)f (elf) aus mhd. änele, enel, einlif 3 ) und teilw.<br />
im Mittelbair. sogar in ghg nä l (Kanne) aus mhd.<br />
kannele neben verkehrsnäherem ghgndl; <strong>des</strong>gleichen<br />
vor -r in sdgv n r (Steine(r), plur. zu Stein), v kxlgv n r<br />
(ein kleiner), h$v n r (Hühner) 4 ); schließlich in<br />
dg n r (Donner), 8 dg n rd (es donnert). Dazu ist freilich<br />
einiges zu bemerken. H%v n (r) ist bis jetzt als einzige<br />
dieser Lautungen gemeinmittelbair. geblieben, o<br />
glgvnvaber u. Sdgvnv 5 ) sind als verdeutlichende Neubildungen<br />
im Mittel- und Nordbair. herrschend<br />
geworden. In Kärnten und Tirol gilt meistenteils<br />
tondsr, s tonddrt mit lautgesetzlich erhaltenem -nn-<br />
(-nd- vor -r- s. § 27 j); dünn, s dünnd (dönv, s dönvd)<br />
beherrscht mit dem Ostfränk. den größten Teil<br />
<strong>des</strong> Nordbair., wo nur eine kleine Insel zwischen<br />
Eger und Mies -n-Schwund aufweist; schließlich<br />
treffen wir zu unserer Überraschung dünD, s dünvd<br />
in Niederösterreich mit angrenzenden Gebieten;<br />
dort stammt es wohl aus der älteren mittelbair.<br />
Verkehrssprache, vielleicht gefördert durch mitteld.-schlesische<br />
Einsickerungen. Dabei fällt das<br />
Auftreten von dQunv, s dgunvrt in den mittelbair.<br />
Sprachinseln um Brunn, Wischau und Budweis<br />
auf. Bei diesen Wörtern deutet den -n-Schwund<br />
Karte 23 im Raum an. — 4. Die ersten urkundlichen<br />
Belege für Schwund dieses avis- und inlautenden<br />
n tauchen gegen 1300 auf, und zwar nicht<br />
nur auf nord- und mittel-, sondern auch auf südbair.<br />
Gebiet in Gegenden, wo jetzt wieder -n gilt. Frei<br />
bleiben von Restformen mit -n-Schwund im Binnenland<br />
nur das Pustertal, in den Außenmundarten<br />
nur die Sieben Gemeinden und Gottschee.<br />
Restformen dieser Art sind im Bereich der allgemeinen<br />
Wiederherstellung <strong>des</strong> n üdl(a) (Großmutter,<br />
s. Karte 23 mit senkrechter Schraffur)<br />
und edl (Großvater), stgor (Steine; im Liesergebiet,<br />
im Obergurk-, Gegendtal), v khlgor (ebd.), hi>nr<br />
(Hühner; ebd.); puit (Beunde; im ötz-, Sill-,<br />
Passeier-, Sarn- und teilw. im Eisacktal) und<br />
pailn (im Mittermölltal) sowie $hl, qnhl (jenseits;<br />
in Kärnten), Levhrt, Liahrt (Leonhard; vielfach in<br />
Tirol und in Kärnten), in Gegenden, wo jetzt -nherrscht.<br />
Besonders reich ist der schriftspracheferne<br />
Wortschatz an derartigen Restformen. In<br />
großen Teilen von Kärnten nennt man nach altslowen.<br />
pre n lro den obersten Raum und die Seitenteile<br />
der Scheune p(r)älr, gnp(r)ütr, während die<br />
näselnden Mundarten dafür älteres p(r)ü n tr einsetzen;<br />
ugf. im gleichen Gebiet gilt für altslowen.<br />
c ? c"c mundartl. tmtä (Spielzeug) gegen oberdrautal.<br />
tsänts, und vielfach hört man in Kärnten renkkl<br />
dser> n 3<br />
) Vgl. ferner gvlf in West- und teilw. in Zentralund<br />
Südtirol, glj in den Sieben Gemeinden; in<br />
Steiermark, Unterkiirnten, Niederöaterr., Südmäh-<br />
ki) (Flügolnägel an Bergschuhen) bzw. bQDtik, ren und Burgenland steht dafür altschriftspr. ülj<br />
bzw. mundartl. alf, al(v)\\ darüber lagert sich<br />
überall schriftspr. elf. Also auch hier hochsprachl.<br />
1<br />
) Wenn nach Karte 23 in einem kleinen Gebiet Überschichtungen bei Zahlwörtern.<br />
<strong>des</strong> oberen Bregenzerwal<strong>des</strong> -n erhalten geblieben *) In Süd-, Osttirol und Kärnten entspricht<br />
bzw. neu hergestellt worden ist, so berührt uns diese jetzt kxlgvndzr, hidndzr, gnndtef (Kärnten, Ost-<br />
Sonderentwicklung auf aleman. Boden, hier, wo es und Südtirol), in den jüngeren zimbr. Inseln<br />
um bair. Verhältnisse geht, nicht mehr.<br />
kxhw<br />
2<br />
) Im Zahlwort mhd. zweinzig (zwanzig) ist das<br />
-7j- unter vorkehrssprachlichem Einfluß fast überall<br />
vorhanden.<br />
n dvr usw.<br />
5 n<br />
) Daneben mittelbair. adgv und nordbair.<br />
idgi n , die nicht mehr erkennen lassen, ob mhd.<br />
steiner oder steine vorliegt.<br />
114
oder riakkl (schwarzer Rußstrich im Gesicht) und<br />
tfyvkkry (Flügelnägel am Bergschuh) neben r^xmßckl,<br />
tsgvrikkn,. Im ötz- und Silltal begegnen uns solche<br />
Restformen sogar als feste Regel, z. B. vor ß und<br />
r in a grfoß (ein grünes), a gridr (ein grüner) neben<br />
gridne (grün); weil im Otztal genäseltes Q ZU ä verändert<br />
wurde (häm9r, mäne „Mond" aus mhd.<br />
hamer, mäne), treffen wir dieses ä statt g auch<br />
dort an, wo ein Nasenlaut geschwunden ist, z. B.<br />
in päwqlt (Bannwald), äwqlt (Anwalt, d. i. Art<br />
Bürgermeister) und sogar in häkkry (Haken), das<br />
im benachbarten Oberinntal tatsächlich als hou n kkv<br />
mit Näselung gesprochen wird. Vereinzelt trifft<br />
man in Kärnten und Tirol sogar alte Lautungen<br />
wie a kxlgv kxind (ein kleines Kind), Sev wetr<br />
(schön Wetter). Die rekonstruierenden Mundarten<br />
standen offenbar einstmals vor der Wahl, bei genäseltem<br />
Selbstlaut entweder das -n- neu herzustellen<br />
oder die Näselung selbst zu unterdrücken.<br />
Bald machte man es so, bald so.<br />
d. Auch in einigen mittel- und nordbair. Mundarten<br />
tritt eine Neigung zutage, die zurückgebliebene<br />
Näselung nach -n-Schwund ganz zu beseitigen.<br />
Vor allem bemerken wir diese Tendenz in Grenzlandschaften<br />
gegen slawisches Sprachgebiet, wo<br />
man genäselten Vokal nicht sprechen kann; so in<br />
Teilen <strong>des</strong> Böhmerwal<strong>des</strong>, gegendweise in Südböhmen,<br />
in einigen Landstrichen von Südmähren<br />
mit nördlichsten Teilen <strong>des</strong> Mühl- und Waldviertels<br />
sowie an den Rändern mehrerer Sprachinseln,<br />
um BudAveis, Wischau und Brunn; neuerdings<br />
als Folge der starken Tschecheninfiltration<br />
vor 1918 auch in Wien. Jedoch kommt uns der<br />
Nasalierungsverlust gelegentlich auch in ausgesprochenen<br />
Binnenlandschaften unter, so in zunehmendem<br />
Maße in der Umgebung von München.<br />
e. Der unter c erörterte -n-Schwund ist, abgesehen<br />
vom südlichen Südbair., gemeinoberdeutsch.<br />
Ob mit ihm eine andere, örtlich eingeengtere<br />
Schwund-Erscheinung in Verbindung steht, bleibt<br />
dahingestellt. Es kommt mit wortweise verschiedener<br />
Verbreitung bei mehreren alten Einsilbern<br />
Vernüselung von n, m und ry vor, z. B. in lfj n g<br />
(lang; räumlich), ghi n d (Kind), dsQ n d (Zahn; mhd.<br />
zand), ghg m b (Kamm; mhd. kamp), schwäb. auch<br />
in hä n d (Hand), hö n d (Hund), Die äußerste mir<br />
bekannte Verbreitung dieser Erscheinung ist auf<br />
Karte 23 durch Schrägschraffur angezeigt. Es sind<br />
drei voneinander getrennte Gebiete: Erstens in<br />
Oberösterreich mit einigen benachbarten Landstrichen<br />
(bei Kind); zweitens im Egerland, an den<br />
Nordrändern der Oberpfalz und teilw. im östl.<br />
Ostfränkischen (bei lang; auch in einigen Landstrichen<br />
der nordbair. Sprachinsel Iglau hört man<br />
solche Lautungen); drittens in Schwaben außerhalb<br />
<strong>des</strong> bair. <strong>Dialektraumes</strong> ( bei Hund).<br />
f. 1. Bestimmt anders zu beurteilen ist der<br />
-«-Schwund vor folgendem Reibelnut. In fci n sOr<br />
(Fenster), i n s, ü n s (uns), un n sln (winseln), fi n f<br />
(fünf) entdecken wir einen neuartigen -»-Schwund<br />
im mittleren und südlichen Burgenland; in Teilen<br />
der Sprachinsel Gottschee; im Zimbrischen<br />
und im Fersental; im tirol. Oberlechtal. Jede<br />
Spur von Lautungen wio fci n st3r usw. fehlt der<br />
ahd. Sprache, ihr -n-Ausfall ist daher jüngeren<br />
Datums. Keinesfalls dürfen wir ihn als Beweis für<br />
uralte ing%yüonische Einsickerungen in Anspruch<br />
nehmen. Übrigens bilden sich im Lesachtal und<br />
in Klagenfurt unter unseren Augen gleichfalls<br />
individuelle Ansätze zu Aussprachen wie fe n stq,<br />
fe n stur usw. In<strong>des</strong>sen dürfte vor silbenauslautendem<br />
-ft und -st immerhin im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs. -ngeschwunden<br />
und sogar die Vokalnäselung beseitigt<br />
worden sein. Das beweisen nicht nur<br />
die verhältnismäßig häufigen Schreibungen kuft<br />
§ 46 c 4—h 1<br />
(Kunft), -nuft (-nunft), fufzig (fünfzig), kust (Kunst),<br />
sondern auch spätmhd. Reime, wie vernuft/sluft<br />
(Vernunft, schlöffet, 2. pers. plur. praet. zu schliefen)<br />
u. ä., sowie die Restformen fufzig, fufzehn oder<br />
mit Dissimilation fuchzig, fuchzehn (fünfzig, fünfzehn).<br />
Leider sind viele Wörter mit diesen Lautgruppen<br />
begrifflich verkehrsgebunden, vor allem<br />
Vernunft, Herkunft, Kunst, Gunst oder gar sanft,<br />
besänftigen usw.; für ihre Begriffe setzt die echte<br />
Mundart andere Ausdrücke ein. — 2. In den wenigen<br />
hierher gehörigen volksgebundenen Ausdrücken<br />
Ranft (Rand, Brotanschnitt), Grunft (Grund; in<br />
einigen Sprachinseln), Sunft (Sumpf; ebd.) existieren<br />
im Bair. Nebenformen mit -nt und mit<br />
-mpf: Rant, Grünt; Rampf, Grumpf (dieses in<br />
einigen Sprachinseln), Sumpf (ebd.). Die Formenvermengung<br />
hat sogar auf Tanft neben Tampf<br />
(Dampf), tüfteln neben tümpfeln und tüpfeln<br />
(übergenau sein) usw. übergegriffen, wo sie gar<br />
nicht berechtigt ist (über die Verbreitung s. Wörterbuch).<br />
Auch bei Ranft neben Raft (s. ebd.)<br />
kann Wortmischung hereinspielen. — 3. Im Alem.<br />
ist der -n-Schwund vor Reibelaut etwas älter als<br />
im Bair.; das beweisen schwäb. feif (fünf), ous, öüs<br />
(uns), die schon um 1200 urkundlich faßbar sind. Am<br />
Nord- und Ostrand <strong>des</strong> Schwäb. bemühte man<br />
sich unter ostfränk. und bair. Einfluß hinterher,<br />
das -n- neu einzufügen, doch tat man oft <strong>des</strong><br />
guten zu viel. Es taucht auch dort auf, wo es nicht<br />
hingehört, z. B. in schwäb. fau n sd (Faust), mau n s<br />
(Maus), lai n s (leise), dsai n sdig (Dienstag, ahd.<br />
zistag). Solche „falscho" schwüb. -»- findet man<br />
gelegentlich noch im bayr. Lechrain und in Teilen<br />
von Westtirol in fau n st, mau n s. — 4. Anders zu<br />
beurteilen ist gelegentlich regressive Vokalnasalierung<br />
in änäi n do (Schneider), snai n üßn (schneuzen)<br />
in Westtirol, im West- und Nordbairischen<br />
und in 7ngo n stvr (Meister) u. a. quer durch Tirol<br />
bis ins Obermölltal. — 5. Zur Behandlung der<br />
Lautfolgo -nk- s. § 38 a 4.<br />
g. In einigen mittel- und nordbair. Landstrichen<br />
werden die Nasenlaute vor Verschlußlaut allgemein<br />
reduziert artikuliert: latnppl (Lämmlein) usw.<br />
Mancherorts führt diese * Neuerung individuell<br />
schon bis zum Nasalschwund: la m ppl, bi n ttn (binden),<br />
bi n kkl (Bünggel). Dicso Umbildungen sind<br />
zu jung, als daß wir sie vergleichen dürften mit<br />
den vorhin behandelten Vernäselungen.<br />
h. 1. Haben wir bei den Hauptdrucksilben eine<br />
Reihe zeitlich, räumlich und lautkombinatorisch<br />
verschiedener Ursachen <strong>des</strong> -n- Schwun<strong>des</strong> erfahren,<br />
so liegen beim -n-Schwund zvi mundartl. -v in<br />
Schwach- und Nebendrucksilben die Verhältnisse<br />
wenn möglich noch komplizierter. Verschieden<br />
ist die Gestaltung <strong>des</strong> norn. sing, bei den schwachen<br />
Substantiven in Sachbezeichnungen wie Garten,<br />
Kasten; Rosen, Stauden, die aus den casus oblirjui<br />
in den nom. übertragen wurden; in den Personsund<br />
Tierbezeichnungen aber, etwa in Mvhmc,<br />
Henne, Bube, Ochse, Hase, gehen die Lautunpen<br />
direkt vom lautgesetzlichen nom. aus; bei den<br />
Sachbezeichnungen entschied nur in Teilen von<br />
Tirol und in südl. Außenmdan. der mhd. nom. garte,<br />
koste; rose, stüde bzw. ahd. gnrto, kasto; rosa,<br />
stüdd (vgl. Einltg. 39). Diese Formen lassen wir<br />
hier ganz nußer acht. Lassen wir einstweilen auch<br />
alle anderen durch Flexions- und Paradigmenausgleich<br />
hervorgerufenen Störungen (s. § 46 i)<br />
beiseite, so kristallisiert sich im Raum sofort ein<br />
echnrfer Kontrast zwischen dem Alem. und dem<br />
Südbair. heraus. Im Alem. sind alle silbischen -n<br />
(-m, -n) ohne Ausnahme zu -v verändert, das<br />
Südbair. hat dagegen unter allen Umständen das<br />
•n beibehalten. Dieser Kontrast zwischen nlem. -v<br />
in redv (reden) usw. und südbair. -?i in redn bein-<br />
115
§ 46 h 1—h 9<br />
haltet noch eine räumliche Merkwürdigkeit. Die<br />
alem. Alleinherrschaft <strong>des</strong> -t> gegen -n greift über<br />
den Lech und über den Arlberg auf westbair.<br />
Boden übor. Das läßt die dicke Linie der Karte 24<br />
gut erkennen. Am bayr. Lechrain bis zum Ammersee<br />
und bis in den Ammergau und im Oberinngebiet<br />
bis Imst gilt noch das kompromißlose alem.<br />
-D. Es sind jene Gebiete, in welchen wir auch sonst<br />
oft ausgesprochene Alomannismen vorgefunden<br />
haben. Daß diese -o nicht sehr alt sein können,<br />
beweist das Zimbrische als Westtiroler Außengründung<br />
der Zeit um 1100 mit seinem archaischen<br />
-cn. Es laufen sonach die jüngeren westtirol.<br />
Lautungen reidv (reden), fgllo (fallen), rinnv<br />
(rinnen), warßv (werfen), mgxxo (machen) und<br />
die alten zimbrischen Laiitungen reden, vollen,<br />
rinnen, w$rßen, maxxcn, obgleich derselben Westtiroler<br />
Landschaft entsprossen, weit auseinander.<br />
Die Sieben Gemeinden haben sich vor der Alemannisierungswello<br />
in Westtirol isoliert. Westtirol<br />
selbst hat sie über sich ergehen lassen müssen.<br />
Nebenbei bemerkt setzen sich diese alem. -o nach<br />
Norden übor die Westhälfte <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />
ins Rheinfränkische fort (s. Karte 24). —<br />
2. Das Mittel- und Nordbair. und der Rest <strong>des</strong><br />
Ostfränk. verhalten sich dem Alem. gegenüber<br />
scheinbar nicht mehr so kompromißlos. Je näher<br />
wir vom Süden wie vom Norden her der Isar-<br />
Donaustraße kommen, <strong>des</strong>to häufiger werden auch<br />
im Bair. die -o für schriftd. -en. Doch sind diese -v<br />
im Bair. anders entstanden als im Alem. Im Bair.<br />
sind sie lautkombinatorisch gebunden. Von einem<br />
Eindringen alem. Merkmale kann hier nicht mehr<br />
die Rede sein. — 3. Am weitesten verbreitet ist<br />
der Wandel von -vn zu -v nach Nasenlauten in<br />
(mittelbair.) Swlmv (schwimmen), rlnv (rinnen),<br />
£brqti,D (sprengen). Hier beginnen die -v, in der<br />
Karte 24 durch Weitschraffur angezeigt, im Süden<br />
schon in Tirol bei Innsbruck und im ganzen tirol.<br />
Unterinngebiet, sio überdecken das ganze Land<br />
Salzburg mit dem kärntn. Katschtal, das steir.<br />
Ennsgebiot mit der Maria Zeller-Gegend, die nördliche<br />
Oststeiennark und das nördliche und mittlere<br />
Burgonland; sie beherrschen den ganzen mittelund<br />
nordbair. Raum und nördlich davon das<br />
ostfränk.-mitteld. Gebiet; forner auch die mittelund<br />
nordbair. Außenmundarten. — 4. Nach -hund<br />
Gaumenreibelaut, z. B. in läi(h)v (leihen),<br />
"i?.v.r" (machen) sowie nach -kk- aus älterem -kx-<br />
(Genaueres dazu s. § 38 a 8) ist der Verbreitungsraum<br />
im wesentlichen schon auf das mittelbair.<br />
Gebiet eingeengt. Im Burgenland und in der Oststeiermark<br />
fällt die Gronzo von -,Y» in mgxxo usf.,<br />
auf Karte 24 gekennzeichnet durch Engschraffur,<br />
noch zusammen mit der Grenzo für -JID in rinn<br />
usw.; es stimmen auch im mittleren Burgenland<br />
und in der nördlichen Oststeiermark -no und -xv<br />
räumlich zusammen. Im Höllental zwischen Rax<br />
und Schneoberg stehen sich aber ritw und mgxxn<br />
bereits im gleichen Raum gegenüber. Vom Ennsgebiet<br />
an zieht sich dio -A"»-Grenze wesentlich<br />
weiter nach Norden zurück als dio -»D-Grenzo.<br />
Hier haben nur mehr dio oborösterr. Seite mit<br />
Aussee -x». weiters der Tennen- und Flachgau, der<br />
Südrand von Oborbayern (ausgenommen das<br />
Berchtesgadner Land und den südlichen bayr.<br />
Lechrain mit dem Werdenfelser Land mit ihrem<br />
-A-n). Der Norden der Oberpfalz und das Egerland<br />
sprechen durchaus -x>h ebenso der Osten dea<br />
Ostfränk. und das angrenzende Mitteid. — 5. Das<br />
Gebiet, in dem auch nach den Lippenreibelauten<br />
altes -n als -v auftritt, ist wieder otwaa kleiner. Es<br />
erstreckt sich über dio mittelbair. Kernlandsehaft:<br />
in unserer Karte ist es schwarz koloriert. Die Karte<br />
zeigt uns deutlich die oberösterreichischo Beharr-<br />
116<br />
samkeitsbrücke, wie wir sie schon öfters, z. B.<br />
auf Karte 6 und § 4 g 3, gesehen haben. Diese<br />
Brücke hat den mittelbair. Wandel von -fn zu -/»<br />
nicht durchgeführt. Durch sie ist das mittelbair.<br />
Kerngebiet wieder in zwei modernisierte Hälften<br />
zersprengt: -/» kommt im Westen von ihr in<br />
Oberbayern (ohne den Südrand), in Niederbayern,<br />
in der Südhälfte der Oberpfalz und im Unteraltmühltal<br />
Mittelfrankens vor, im Osten davon in<br />
Niederösterreich (ohne die Grafschaft Pitten) und<br />
im nördlichen Burgenland. Über gelegentliche -pv<br />
statt erwarteter -pm im Ostmittelbair. in dgppD<br />
(tappen), §l$ppv (schleppen) s. § 39 c 3. — 6. Die<br />
moderne Dialektgeographie erlaubt zwei Entwicklungsmöglichkeiten<br />
für mittelbair. -fv und -xVi<br />
die wahrscheinlich beide beschritten worden sind.<br />
Im angrenzenden Erhaltungsgebiet <strong>des</strong> -n wird im<br />
Westen z. B. in öfm, mgxxVi der Nasenlaut mit<br />
so leichtem Verschluß gebildet, daß man oft<br />
glaubt, nur ein sehr stark genäseltes -v n gehört<br />
zu haben. Wäre der Verschluß um ein geringes gelockert,<br />
so entstände sofort dieses -v n und weiter<br />
natürlich -v. Diese eigenartige Artikulation<br />
treffen wir am Südrand von Oberbayern, in Tirol<br />
im Unterinngebiet, im Salzburgischen, soweit -n<br />
erhalten geblieben ist, im steir. Ennstal bis zum<br />
Gesäuse. Der Osten deutet den anderen Weg an.<br />
Hier wird zwischen dem Lippen- und Gaumenreibelaut<br />
(und -h-) und dem -n der mehr oder weniger<br />
deutlich wahrnehmbare Gleitlaut -v- eingeschoben.<br />
Man spricht in der Mittelsteiermark, (bei den<br />
Alten) im Mürzgebiet und (alt) im obersteir. Murgebiet,<br />
im südl. Burgenland, in Unterkärnten und<br />
(alt) in Mittelkärnten oufvn, mgxxon oder ähnlich.<br />
Verwandte Aussprachen, nämlich oufvn, mgxxvn<br />
(-an, -in) findet man davon entfernt in Teilen<br />
von Osttirol und im Mittermölltal. In jüngeren<br />
zimbr. Inseln und im Fersental ist dieses -vn<br />
sogar nach jedem Reibelaut üblich. Es lautet<br />
z. B. in Luserna nicht nur ÖVDH, h§lvvn, Saffvn<br />
und maxxon, rukkxon (rücken), sondern auch<br />
eßßvn (essen), hQvzvn (heißen), wißßvn (wischen),<br />
vörzvn (forschen, fragen), rüvzvn (das Feuer schüren;<br />
mhd. ruoschen). — 7. Dieses spätzimbr. -vn<br />
darf man mit dem allgemeinen -nn der Dreizehn<br />
Gemeinden nicht verwechseln. In den Dreizehn<br />
Gemeinden gilt -vn in allen Stellungen, also über<br />
ÖUVDII, helßvn, saffvn, maxx^n, $ßßvn, hQvßßvn<br />
usw. hinaus auch in gqwvn (geben), rqgvn (Regen),<br />
reidvn (reden) usw. Hier stellt -vn lediglich eine<br />
Variante zum alleinherrschenden -en der Sieben<br />
Gemeinden dar mit ihrem oven, ge.iven usw. —<br />
8. Wenn daneben auch in den Sieben Gemeinden<br />
beim Zeitwort -an vorkommt, so haben wir eine<br />
andere Verbalform vor uns. Es ist das erhaltene<br />
ahd. Gerundium im dat., ahd. ze helfanne und<br />
mhd. ze helfcnne. Noch jetzt stehen sich in den<br />
Sieben Gemeinden inf. heißen und gor. tßo helffan<br />
suffixmäßig unterschieden gegenüber. In der jüngeren<br />
zimbr. Mundart besteht derselbe Unterschied<br />
zwischen (Dreizehn Gemeinden) hclßnn und tßv<br />
hclßan, in Luserna zwischen helvDn und tso helva.<br />
Auch in den übrigen südbair. Sprachinseln (ausgenommen<br />
das Fersental und Tischlwang) hat das<br />
Gerundium mit -an seine Sonderstellung behauptet,<br />
z. B. in Zarz inf. hclßm gegen ger. tse hclßan,<br />
etwas anders in Gottscheo inf. haußm (helfen)<br />
gegen ger. tea haußgn. Auch den Genitiv <strong>des</strong> ger.<br />
gibt es in den südbair. Außonmundarten, z. B.<br />
in den Sieben Gemeinden hclßa n ß (während <strong>des</strong><br />
Helfens), in Gottscheo haußgni. — 9. Unter anderen<br />
lautkombinatorischen Sonderstellungen wird im<br />
Bair. -n auch gelegentlich zu -b. Nach Vokal wird<br />
es in schauen, reuen, bleuen usw. im Nordbair. und<br />
Ostfränk. nördlich dos schwarz kolorierten Go-
ietes als sauv, räio, bläiv atisgesprochen, ebenso in<br />
Sbäiv (speien), änäiv (schneien). Sie haben im Mittelund<br />
Südbair. in altbair. Weise ihr -w- erhalten:<br />
Sbäi(b)m, snäi(b)m. Ihnen hat sich im Nordbair.<br />
das -en nach mhd. -h-, aber nicht mehr nach -chund<br />
-k(ch)- angeschlossen, etwa läip (leihen),<br />
s$(v)-v (sehen), dse(v)-v (zehn). Merkwürdig ist<br />
die Behandlung <strong>des</strong> -en in den mhd. Wörtern<br />
mden (mähen), säen (säen), drden (drehen) usw.;<br />
vgl. dazu Einltg. 24. Bei ihnen hat zwar das<br />
Mittel- und der Norden <strong>des</strong> Südbair. vielfach erwartungsgemäß<br />
in mä n , sä n , drä n sein -n wie in<br />
wäi n (Wein) usf. behandelt. Aber an der Grenze<br />
gegen das alem. mq(i)v und gegen das ostfränk.<br />
me-o ist, gewissermaßen als Grenzversteifung, das<br />
-n überall da, also män usf. Das ist der Fall östlich<br />
folgender Orte mit -v: Asch (Böhmen), Weidenburg<br />
östl. Bayreuth (Oberfranken), Pegnitz (Mittelfranken),<br />
Schnaittach (östl. Nürnberg), Hilpoltstein,<br />
Gunzenhausen, Donauwörth 6 ), östl. <strong>des</strong><br />
Lechs mit Augsburg (Schwaben), östlich <strong>des</strong><br />
Ammer- und Staffelsees (Oberbayern), Ehrwald<br />
(Tirol), Berwang, Weißenbach am Lech und von<br />
dort weiter nach Süden östlich <strong>des</strong> Arlbergs und<br />
der dicken Linie der Karte 24 7 ). Die Ostgrenze<br />
<strong>des</strong> westbair. •mün-Gebietes läuft von Neuern (mit<br />
man) im Böhmerwald über Straubing (Niederbayern),<br />
Landau a. d. Isar, Wartenberg südöstl.<br />
Moosburg (Oberbayern), Grafing, Schlierseo, Langkampfen<br />
(Tirol), Alpach, Gerlos- von dort weg wird<br />
sie als bair. Grenzversteifung unbrauchbar-, ostwärts<br />
am Tauerkamm bis zum Ankogel. Sie trennt<br />
dann den Pongau (mit mä n ) vom Lungau, nimmt<br />
Öblarn (Steiermark) und den Westen <strong>des</strong> Ausseer<br />
Lan<strong>des</strong> auf die män-Seite, zieht entlang der stcir.<br />
Nordgrenze weit nach Osten bis zum Semmering,<br />
8ie läßt aber dann die Oststeiermark im mä n -<br />
Gebiet, während das mittelsteir. Murtal noch män<br />
aufweist. Der Süden <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> bildet eine<br />
selbständige män-Insel, ebenso Wien und Umgebung.<br />
Sonach besteht män im Nordbair., im Westen<br />
von Nieder- und Oberbayern, in Tirol ohne den<br />
äußersten Westen und ohne das Unterinngebiet,<br />
in Kärnten, im größten Teil der Steiermark und in<br />
den beiden rmm-Inseln. In einigen Gegenden ist<br />
hier die inf.-Endung sogar verdoppelt worden:<br />
mämn, männn, mänv beherrscht die Südtiroler<br />
Verkehrslandschaft, das Zimbrische {menen), das<br />
Fersental und Gottschee, ferner neben män Kärnten,<br />
Teile von Südmähren und das Egerland um<br />
Mies. Ungefähr im selben Gebiet, wenn auch nicht<br />
immer mit derselben großräumigen Ausweitung,<br />
gilt ploinvn (bleuen), plt9nvn (blühen), mancherorts<br />
auch sainnn (sein), tQvnvn (tun). Im Lungau,<br />
im Liesergebiet und im unteren Obermölltal treffen<br />
wir auf -dn in mädn, ploidn, pltidn, <strong>des</strong>gleichen im<br />
Westpustertal (ohne Ahrntal) sowie häufig in den<br />
mittleren und unteren Tiroler Hochtälern (aber im<br />
Ötztal nur man, plupn). — 10. Die Verdoppelung<br />
der Endung erklärt sich aus alten Doppelformen<br />
nach Nasenlauten. Im Ostpustertal, in Osttirol, in<br />
Kärnten und im obersteir. Obermurgebiet westlich<br />
von Kraubath hört man iivim, rin, Sprei} insbesondere<br />
bei älteren Leuten neben iwitnvn, rirwn,<br />
aprenvn. Das gleiche Schwanken gilt in Gottscheo<br />
und weit entfernt im Tennengau. —11. Nach langem<br />
und gedehntem Vokal findet man -n aus -nvn in<br />
e ) Doch gilt in Mittelfranken um Mnneck, Thalmässing,<br />
Mörnsheim, Pappenheim und Weißenburg<br />
am Sand mä n wio im Binnenbairischen.<br />
7 ) In Westtirol gilt mai{v usf. Dasselbe mmja/i,<br />
nunmehr mit -n, treffen wir im Obervintschgau<br />
bis Eirs. Auch hier dürfte einstens nuu'jz> mit -v<br />
geherrscht haben.<br />
§ 46h 9—i 2<br />
mittelbair. Rückzugsgebieten, z. B. in mQvn<br />
(meinen), d$vn (dienen), wgn (wohnen) neben<br />
neuerem mQvnv, d$vnv, WQHV. — 12. Auch nach -lstoßen<br />
wir gelegentlich auf Assimilationen von -In<br />
zu l. Im Schwachdruck, z. B. in pettl (betteln),<br />
gibt es diese Angleichung in Südtirol (ohne Vintschgau<br />
und ohne Passeier), im Puster- und Lesachtal<br />
sowie teilweise um Gottschee; ferner im steir.<br />
Murgebiet (ohne Mürztal) bis Gleisdorf und Mureck<br />
in der Mittelsteiermark und in Unterkärnten.<br />
Ihnen treten in anderen Landschaften überdeutliche<br />
Formen, wie p§ttlvn mit -on, gegenüber. Wir<br />
beobachten sie in einem schmalen Nord-Südstreifen<br />
quer durch Oberbayern entlang der allgemeinen<br />
-»-Grenze (Karte 24 und § 46 h 1), der über Mittenwald<br />
(Oberbayern) bis Scharnitz (Tirol) und Zirl<br />
als pettla weitergreift; ferner als -Ivn in Westtirol<br />
mit dem Sillgebiet, dem Passeier und<br />
dem Vintschgau; zum zweitenmal als -Ivn im<br />
osttirol. Iselgebiet mit dem Obermölltal; zum<br />
drittenmal in der südöstlichen Oststeiermark und<br />
im südlichen Burgenland. Eine ähnliche Verteilung<br />
entdeckt man bei fgl (fallen), tsti>l (stehlen)<br />
usw. bzw. bei fglln?i, stqnlun und bei ]glla, stQvla,<br />
wobei jedoch im Steirisch-Burgenländischen nur<br />
mehr das generelle -n herrscht. Streng davon zu<br />
trennen ist -dlnn der Deminutiv-Verba und der<br />
Geruchs- und Geschmacks-Verba aus mhd. -inen;<br />
dazu s. § 46 i 5/6. In Osttirol und teilw. in Oberkärnten<br />
begegnet uns wider Erwarten -a in pairina<br />
(Bäurinnen) und in „übertriebenen" plur.-Formen<br />
StQnn,nna (Stangen), Spgnriwia (Spangen) usw. mit<br />
•a für -en in der dritten Silbe nach der Stammsilbe.-<br />
13. Inlautend ist der Wandel von -en zu -v urkundlich<br />
seit dem ausgehenden 13. Jh. im Gesamtbair,<br />
allgemeiner nachweisbar. Reste dieses erweiterten<br />
Wandels sind nach Karte 25 (dicko Borstenlinie)<br />
in däusnd (tausend) weit über dio allgemeine<br />
-D-Grenze der Karte 24 nach Osten bezeugt.<br />
Däusnd greift in Nordtirol bis ins Innsbrucker<br />
Becken, in Ober- und Niederbayern bis gegen<br />
Salzburg und bis nach Straubing. In shvnlßk<br />
(siebenzig) reicht -v- in Südtirol noch weiter nach<br />
Osten bis Toblach, in Nordtirol bis Kufstein, es<br />
überdeckt fast ganz Niederbayern und die Oberpfalz<br />
mit Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>; sein -v- taucht<br />
nochmals im Osten auf, in der Mittelsteiermark, im<br />
südöstl. Niederösterrcich und fast im ganzen Burgenland;<br />
s. Karto 25. Avich sonst ist das Bair.<br />
insbesondere in Ortsnamen voll von Restformen<br />
mit -To- vor folgendem Mitlaut. Sollto etwa einstens<br />
im Bair. -n- für -en- im Satzsandhi vor folgendem<br />
Mitlaut Inutgesetzlich gewesen sein ?<br />
i. 1. Wir wollen noch eine gesonderte Betrachtung<br />
bestimmter Flexionsformen vornehmen. Bei<br />
gewissen Verbalformen ist in der Nordhälfto der<br />
Sprachinsel Iglau die Endung -en ganz abgefallen,<br />
z. B. in pukx (bücken), täff (taufen), gwun (gewonnen),<br />
kMox (gestochen). Beim inf. ist diese Endungslosigkeit<br />
ein uralter Zustand, er läßt sich fürs<br />
Westmitteid., wo er noch jetzt üblich ist, bis ins<br />
9. Jh. zurückverfolgen. Sonderbar ist dabei allerdings,<br />
daß sonst im Iglauerischen keinerlei Spuren<br />
westmitteldeutscher Element« nachweisbar sind. —<br />
2. Bei den part. prät. der starken Vorba herrscht<br />
im tirol. Oberlechtal Neigung zu schwachen Bildungen,<br />
etwa in gvirunkxt (getrunken), gnproxt<br />
(gebrochen), get (gegeben). Die gleichen Formen<br />
existieren im Zimbrischen, etwa in den Sieben<br />
Gemeinden gntninkxt, gnproxixc)t, gct. Andererseits<br />
gibt es in denselben Landschaften wieder<br />
starko Formen; in den Sieben Gemeinden beim<br />
flektierten part.: an goproxx 9}U ^ 9r ( c ' n gebrochener),<br />
an godcnkxvna (eine gedachte), an toßßigä-<br />
117
§ 46 i 2—§ 48 a<br />
rona (eine vergiftete; zum inf. toßßigärn „vergiften"),<br />
im Oberlochtal in Dreisilbern: gvpeitlv<br />
(gebettelt), gvdonnvrv (gedonnert), gvlägnp (geleugnet).<br />
Im ötztal, im Pustertal, in Pladen, Zahre<br />
und in Teilen von Gottschee besteht umgekehrt die<br />
Tendenz, die part. prät. schwacher Verba stark zu<br />
bilden, so (ötzt., ähnlich teilw. gottsch.) gdhgbm<br />
(gehabt), (pladn.) gQttn (gehabt), (ötzt. usw.)<br />
gapgd?i (gebadet) usw. — 3. Im Zimbrischen, in<br />
Teilen von Gottschee, im Pustertal und in 'Westtirol<br />
bewahren öfters die ahd. Substantiva mit<br />
-ana, -ina, -una usw. in irgendeiner Form den Auslautkonsonanten,<br />
etwa in den Sieben Gemeinden<br />
li{7}nora (Lunge), verßßinga (Ferse), kxettii}ga<br />
(Kette), im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> lön,grd,<br />
kxüxxte oder kxüxxin(d) (Küche) 8 ), kxettin, in<br />
Zahro lungl, im Pustertal teilw. asn (Äse, Holztrockengestell<br />
oberm offenen Herdfeuer), kxesn,<br />
kxeisn (Getreideharfo), kxettn, loiksn (Leuchse,<br />
Wagenrungo), in Westtirol al(k)ßnv, -Iv (Else,<br />
Traubenkirsche), feorsnv (Ferse), kxettnv .— 4. Im<br />
Osten wurde zu beiden Seiten der Donaustraße<br />
älteres -(n)nvn als plur.-Suffix der schwachen<br />
Ha\iptwörter zu -r>n assimiliert: ghedvn (Ketten),<br />
fl^ßßon (Flaschen), sdüwvn oder sdiwon (Stuben);<br />
büiwnn (Buben, Burschen). Dieses -rm ist, vielfach<br />
schon voraltornd, vorhanden um Brunn, um<br />
Wischau und überraschenderweise um Iglau,<br />
ferner nördlich der Donau restweise im Weinviertel<br />
und in Südmähron, südlich der Donau im<br />
Burgenland (ohne Raabtal), in der Oststeiermark<br />
und in der Grafschaft Pitten; als -en gilt es ferner<br />
in Rückzugsinseln <strong>des</strong> Schlesischon. Außerhalb<br />
der bair. -on-Gobiete entspricht im Mittel-und<br />
Nordbair. vielfach -wo (ghednv usw.), in der Osthälfto<br />
<strong>des</strong> Südbair. -non. — 5. Die deminutiven<br />
Verba haben in Tirol und in Teilen Oberkärntens<br />
-vlmi, z. B. in rqgn,vlvn (schwach regnen), laxx D ^ vn<br />
(lächeln), ebenso in den südbair. Sprachinseln,<br />
restweise gelegentlich auch sonst in Kärnten, in<br />
der Steiermark und im Burgenland; veraltetes<br />
-nHn gibt es im Süden von Oberbayern und von<br />
Oberösterreich mit dem niederösterr. Eisenland;<br />
-oi'n im Sundergau, im Salzachgau und im Salzburgischen.<br />
Sonst herrscht -J^ln. — 6. Bei den Zeitwörtern<br />
der Sinnesempfindungen auf mhd. -inen<br />
wie *huntinen (nach Hunden riechen oder schmekken),<br />
wildinen (nach Wild riechen oder schmecken),<br />
*bockinen, *böckinen (nach Geißbock riechen oder<br />
schmecken) usw. fallen die jetzigen Entsprechungen<br />
für gewöhnlich zusammen mit den Deminutiv-Verben<br />
auf -den. Doch gibt es auch andero,<br />
besonders altertümliche Entsprechungen. Am ursprünglichsten<br />
ist -ain(cn) in huntain(cn) usf. in<br />
den Außenmundarten Gottschee, Zarz, Deutschruth<br />
und Iglau und in don Binnenmundarten <strong>des</strong><br />
Zillertales, der nördlichen Oberpfalz und <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>;<br />
-onon haben wir veraltet im nördlichen<br />
Mittelkärnten, im obersteir. Murgebiet und im<br />
südlichen und mittleren Burgenland; -vnvntn mit<br />
Varianten wie -vrvntn, -nlontn im Pinz- und Pongau<br />
und im steir. Ennstal. — 7. Eine auffallende<br />
Dreiteilung begegnet uns für modernes nhd. -en<br />
im ötz- xmd Oberpitztal. Für gewöhnlich entspricht<br />
dem schriftd. -en mundartliches -n:<br />
(ötzt.) hgzn (Hasen), mQxxi} (machen), lebm (leben),<br />
rnitn (reiten), icckkxVi (wecken), mit vredn (mit<br />
Freuden) usw. Steht aber unser -en im plur. schwacher<br />
fern. Hauptwörter, so gilt in dor Regel -an:<br />
Staüddn (Sträucher), vlgßßan (Flaschen), Zeldan<br />
(Sölden; Ortsname). Es wird in Westtirol in Übereinstimmung<br />
mit dem Südalem. in diesem Fall<br />
8 ) Küchel mit -el ist darüber hinaus so gut wio<br />
gemeinbairisch.<br />
118<br />
bis ins 15. Jh. -un, -on geschrieben, z. B. in Seldun,<br />
Seidon. Sein -dn führt auf ahd. -ün mit langem ü<br />
zurück. Im übrigen bair. Raum trat jedoch für<br />
dieses ahd. -ün schon um 1100 -en mit Kürzung<br />
und abgeschwächter Ausgleichung an die übrigen<br />
-en ein. Im substantivierten dat. plur. <strong>des</strong> Adjektivs<br />
und der Zahlwörter finden wir als dritte ötztaler<br />
Möglichkeit -an: mit qllan (mit allen), mit vimvan<br />
(mit fünfen). Dies ist m. E. die unmittelbare Fortsetzung<br />
der entsprechenden spätahd. Endung -in<br />
aus älterem -en, -im im dat. plur., die Schatz,<br />
Altbair. Gramm., m. E. irrtümlich als -in mit<br />
kurzem -*- ausgelegt hat; das gleiche -in lebt,<br />
sofern F. Kauffmann in seiner Geschichte der<br />
schwäb. Mundart recht hat» im schwäb. dat. plur.<br />
-i <strong>des</strong> Adjektivs fort. Im ötztal hat es auch der<br />
Ortsname Tümpan (Tumpen) aus ahd. *bi den<br />
tumpin. Zu diesem -an stimmt lautlich die südbair.<br />
Entsprechung -an, -a der Stoffadjektiva hiltßa(n)<br />
(hölzern), gulda(n) (golden), silwra(n) (silbern)<br />
usw. aus mhd. -in in hülzin, guldin, silberin, für<br />
das im Mittel- und Nordbair. -o eintritt. Die ötztaler<br />
Dreiteilung in -n, -dn und -an in bestimmten<br />
Deklinationsformen ist fürs Bairische ein einzig<br />
dastehender Archaismus. Er hält uralte Differenzierungen<br />
bis zur Gegenwart fest. Nicht einmal das<br />
sonst so ungemein beharrsame Zimbrische der<br />
Sieben Gemeinden war trotz seiner gemeinsamen<br />
Grundlage mit dem ötztalerischen imstande, diese<br />
Altertümlichkeiten zu konservieren. Das Zimbrische<br />
der Sieben Gemeinden vereinheitlichte mit<br />
dem Gesamtbair, z. B. hazen, maxxen, lewen,<br />
raiten, wekxxen; ßtauden; mit allen, mit vii n ven* & ).<br />
Zur Sonderstellung <strong>des</strong> alten Gerundiums s.<br />
§ 46 h 8. — 8. Zum Suffix der Stoffadjektiva mhd.<br />
hülzin usw. s. § 46 i 7. Dazu ist noch zu bemerken,<br />
daß in Gottschee und im Zillertal die VolLform -ain<br />
in hilttßain usw. vorkommt.<br />
§ 47. Spätahd. -n (ng)<br />
a. Über den gelegentlichen Übertritt von -n,- zu<br />
-m- nach hinteren Vokalen s. § 23 a 5, über vereinzelte<br />
Vernäselungen <strong>des</strong> vorkonsonantischen -nin<br />
alten Einsilbern § 46 e, über die allgemein reduzierte<br />
Artikulation <strong>des</strong> vorkonsonantischen -n-, die<br />
strichweise bis zum Schwund vorschreiten kann,<br />
§ 46 g; über den Wandel von -n- im Südbair. vor<br />
mhd. silbischem -r, -l zu -ng- s. § 27 j.<br />
b. Unter welschem Einfluß haben sich das Zimbrische<br />
und das Fersentaleriseho die Fähigkeit, ital.<br />
h (gni) nachzuahmen, angeeignet, etwa in den<br />
Sieben Gemeinden in ngkko (Knödel; ital. gnoeco),<br />
ßehho (Zeichen; ital. segno, venez. ßeho).<br />
§ 48. Spätahd. in<br />
Ü b o rs i c h t: a. Allgemeines.—b. Auslauten<strong>des</strong>-m.<br />
a. Zum gelegentlichen Übertritt von -m- zu -nund<br />
zu -7j- nach vorderen Selbstlauten s. § 23 a 5,<br />
zur vereinzelten Vernäselung <strong>des</strong> vorkonsonantischen<br />
-m- in alten Einsilbern § 46 e, zur landschaftsweiso<br />
allgemein reduzierten Artikulation<br />
vor jedem folgenden -p-, die individuell bis zur<br />
Vernäselung fortschreitet, § 46 g. Die sekundäre<br />
nhd. Lautfolge -md- in fremd ergab in Nordtirol<br />
(ohne Unterinngebiet) -nd (frend), ebenso im<br />
südlichen und mittleren Burgenland mit einigen<br />
Streifen der bonachbarten Steiermark und <strong>des</strong><br />
benachbarten Niederösterroichs, alt auch in Oborö.<br />
8a ) Ganz alt hört man für mhd. -6n, -ün in den<br />
Dreizehn Gemeinden -un in mrtxxun (machen),<br />
te (Zungen) neben ausgeglichenem -Dn
. 1. Auslautend wird -m unter verschiedenen<br />
Voraussetzungen zu -n verändert. In Starkdrucksilben<br />
steht in den Dreizehn Gemeinden auffallen<strong>des</strong><br />
hy,d n und im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> huain<br />
(heim); in Teilen von Oberösterreich mit benachbarten<br />
Gebieten dvhuü (daheim) mit epithetischem<br />
•t, am bayr. Lechrain und in Westtirol h,Qv n lax,<br />
-li(ü) (heimlich). — 2. -m und -n <strong>des</strong> dat. und acc.<br />
in wem, wen und in im (ihm), in (ihn) werden im<br />
Binnenbair. bald zugunsten <strong>des</strong> dat. -m, bald<br />
zugunsten <strong>des</strong> acc. -n ausgeglichen (s. Wörterbuch).<br />
— 3. Wenn die Lautfolge -rm in warn<br />
(warm), Wurn (Wurm) in großen Landstrichen zu<br />
-rn verändert ist, so beruht dies sicher auf Dissimilation,<br />
weil in denselben Gegenden arm,<br />
Darm mit -rm vorkommt. Wüv'n spricht man im<br />
größten Teil von Ober- und, abgesehen von Wien<br />
und seiner weiteren Umgebung, in Niederösterreich,<br />
wüi'n im nördlichen Wald- und teilw. im<br />
Weinviertel sowie nahezu im ganzen Burgenland,<br />
wü'n im unteren Teil <strong>des</strong> steir. Ennstales, um<br />
Maria Zeil, im Mürztal und im steir. Oberraabtal,<br />
bürn (Wurm) auch im Westen <strong>des</strong> Gottscheer<br />
Lan<strong>des</strong>. Warn (wQ'n) hat annähernd dieselbe Verbreitung<br />
wie Wurn. Turn (Turm) ist überall altmundartlich,<br />
vgl. mhd. turn; das schriftsprachliche<br />
Turm mit seinem -rm beruht auf Dissimilation<br />
und ist etymologisch nicht berechtigt. Wie<br />
anlautender Lippenlaut manchmal imstande ist,<br />
dissimilatorisch -rm zu -rn umzumodeln, kann er<br />
ebensogut umgekehrt assimilatorisch -rn zu rm<br />
verändern. Aus ahd. parno entsteht mundartl.<br />
Parm (pgrbm, bgü'm) im größten Teil von Oberbayern,<br />
im tirol. Unterinngebiet, im Salzburgischen<br />
mit dem Salzkammergut und dem obersten steir.<br />
Ennstal; ferner in Gottschee, Zarz, Deutschruth<br />
und Pladen und teilweise im Zimbrischen, schließlich<br />
in der südlichen Oststeiermark mit dem burgenländ.<br />
Raabtal. In anderer Verbreitung taucht<br />
Zioirm (Zwirn), wieder in anderer Farm (Farnkraut)<br />
usw. auf; Näheres s. unter diesen Stichwörtern<br />
im Wörterbuch. — 4. Schwachtoniges<br />
Auslaut-m, etwa in mhd. bodem, vadem, gadem,<br />
ätem, eidcm, (Schwiegersohn), besem blieb in der<br />
altertümlichsten bair. Mundart, im Zimbrischen,<br />
insbesondere in den Sieben Gemeinden, durchaus<br />
bewahrt als podom, vadom, ätom, gixiom, pQzom(o),<br />
ebenso in mit altimc (mit allem) usw. Nach -derhielt<br />
sich das -m bei den Substantiven außerdem<br />
im größten Teil von Südböhmen, im oberen Mühlviertel,<br />
im Innviertel, im oberen Vöcklatal, im Salzkammergut,<br />
im Flach-, Tennen-und Salzachgau und<br />
im Südosten von Niederbayern mit Neumarkt, Arnsdorf,Pleintingu.Grafenauinbö'w,/p'7n;<br />
immittleren<br />
Böhmerwald auch in gVm (Eidam, Schwiegersohn).<br />
In Teilen dieses -m-Bereiches vermochten<br />
sogar einige -?i zur -m-Gruppe überzutreten, z. B.<br />
hgo'm und hgVm (Buchweizen, „Heiden") im nördl.<br />
Salzachgau, im nördl. Flachgau, im Vöcklatal und<br />
im südl. Innviertel; vereinzelt hört man sogar<br />
d$u'm statt dyiCn (Dorn). In ?iQ'm, nQppm (Atem)<br />
ist das -m-Gebiot wesentlich größer (s. Wörterbuch).<br />
Überall heißt es aber i pin (ich bin) mit -n.<br />
G. Die Liquiden<br />
§ 49. Spätahd. l (s. Karte 26)<br />
Übersicht: a. Allgemeines. — b. Z- im Anlaut.—<br />
c. -Z- nach Vokal; seine mittelbair. Liquidenvokalisierung.<br />
— d. Inlauten<strong>des</strong> -1- nach Mitlauten<br />
: nach Lippen- vind Gaumenlauten; — e. nach<br />
Zahnlauten. — f. Sproßvokalo.<br />
a. Die Entwicklung <strong>des</strong> spütahd. l zeigt in den<br />
bair. Mundarten insofern eino ungowöhnlicho Bunt-<br />
§ 48 b 1—§ 49 c 1<br />
heit, als das l in den modernen Sprachlandschaften<br />
in sehr verschiedener Weise artikuliert wird. Die<br />
jetzigen Z-Laute stehen jeweils in Abhängigkeit<br />
von ganz bestimmten Lautkombinationen. Nehmen<br />
wir nur die Haupttypen dieser Artikulationen und<br />
lassen deren diverse Varianten außer acht, so ist<br />
zu unterscheiden zwischen dem hohlen, w-haltigen<br />
Z, das selbst wieder verschieden gebildet werden<br />
kann, dem normalen alveolaren l, dem gutturalen l,<br />
dem postalveolaren bis interdentalen Z, dem palatalen<br />
Z und dem w-haltigen l. Nur einige dieser<br />
Grundtypen wurden bisher durch eigene Lautzeichen<br />
hervorgehoben; das gutturale l notwendigenfalls<br />
durch ein vorausgesetztes, hochgestelltes<br />
g (ol), das postalveolare l, soweit erforderlich,<br />
durch ein hochgestelltes d ( d l), das patalalo Z durch<br />
den darübergesetzten Zirkumflex (l); das ü-haltigo<br />
l wollen wir in diesem Paragraphen zur besseren<br />
Unterscheidung als griechisches Lambda (A) transkribieren.<br />
So kompliziert diese Verhältnisse auf<br />
den ersten Blick und vor einer genaueren Betrachtung<br />
der lauthistorischen und lautgeographischen<br />
Zustände aussehen, so leicht lassen sie sich<br />
dann doch nach bestimmten Gruppen gliedern<br />
und ordnen.<br />
b. 1. Im Anlaut wird sowohl für selbständiges Zals<br />
für -Z- in Konsonantenverbindungen das normale<br />
alveolare Z der Bühnenaussprache gebraucht.<br />
In Wien und seiner Umgebung ist in bestimmten<br />
Gesellschaftsschichten postdentales Z üblich, z. B.<br />
in d livb (lieb), d läwD d l (Laibchen), b d lQsn (blasen)<br />
usf. — 2. Nach Mitlaut gilt unter ital.-venezian.<br />
Einfluß im Zimbrischen der Dreizehn Gemeinden<br />
palatales /, nach Lippen- und Gaumenlauten auch<br />
im Inlaut, z. B. in pläzon (blasen), killen (Klee);<br />
8§pla (kleiner Strohschaub), wölkxla (Wölklein);<br />
daneben gilt als jüngere Entwicklungsstufe auch<br />
i: piäzvn, khtQD, ätypia, wölkxi^' Maßgebend wurde<br />
dafür (s. Einltg. 37) der Wandel von altvenez.<br />
plazza, clamare zu piazza, chiamarc, der im welschen<br />
Bereich unseres Gebietes im 13. Jh. vor sich<br />
gegangen war und der dort lange Zeit kein nachkonsonantisches<br />
-l- mehr zuließ. — 3. In Teilen<br />
<strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> wird vor a, Q und u «-haltiges<br />
-Z- gesprochen, z. B. in lüp (Laub), Iqmpd (Lampe),<br />
lüsdn (laden).<br />
c. 1. Im In- und Auslaut ziehen nach Selbstlaut,<br />
insbesondere nach a und hinteren Vokalen, die<br />
altertümlichen Dialekte <strong>des</strong> deutschen Sprachgebietes<br />
u-haltigcs Z vor, das gelegentlich zu richtigem<br />
u vokalisiert wird, z. B. in holländ. hout<br />
(Holz), oud (alt). In alt- und wohl noch in frühmhd.<br />
Zeit war diese u-haltige Artikulation allor Wahrscheinlichkeit<br />
nach gemeindeutsch. Wir finden sie<br />
im Holländischen, im Flämischen und teilweise im<br />
Westniederfränkischen und Westmittelfrünkischen,<br />
im Nieder- und Südalemannischen, z. T. im Schlosischen<br />
und im Ostniederdeutschen. Der u-haltigo,<br />
hohle -Z-Laut setzte natürlich der umlautfördernden<br />
Palatalisierung <strong>des</strong> Mitlautes einen erheblich<br />
stärkeren Widerstand entgegen, als dies bei unserem<br />
„normalen" -Z-Laut der Fall gewesen wäre. Darum<br />
wirkte bis in dio mhd. Zeit unser Mitlaut sowohl<br />
als alleinstehende Geminata als auch in bestimmten<br />
Konsonantenverbindungen iimliuitveirnindernd<br />
oder umlautverhindernd (s. § 9 b und 23 c 1). In<br />
den älteren südbair. Sprachinseln lebt dieso u-haltige<br />
Aussprncho in QII (alt), holtß (Holz), Sulde<br />
(schuld) auch in unserem bair. Dialekt bis jetzt<br />
weiter, so im Zimbrischen der Siebon und Dreizehn<br />
Gemeinden, in Zarz und Deutschruth und in<br />
etwas modifizierter Form in Zahro, Pladen und<br />
Gottschee, ferner im Binnenland in Teilen <strong>des</strong><br />
Pustortalfl, im Iselgobiot und im Lesachtal; hier<br />
ist sie oft nur mehr bei den alten Leuten zu hören.<br />
119
§ 49 c 1—d 2<br />
In Gottschee, Zahre und Pladen, im Iselgebiet nantenschwächung charakterisiert haben. In den<br />
und in den Hochtälern <strong>des</strong> Pustertals, wo mhd. Urkunden macht sich der mittelbair. Wandel von<br />
o und u der Palatovelarisierung zu mundartl. ö •l- zu -i- seit den letzten drei Jahrzehnten <strong>des</strong><br />
und ü anheimgefallen sind (s. § 5 c 1) und man 13. Jhs. bemerkbar. Er fällt daher zeitlich tatsäch-<br />
höltß, Sült spricht, fällt in diesen Fällen die w-Haltiglich zusammen mit unserer Konsonantenschwäkeit<br />
weg. Dafür kommt in Gottschee und Tilliach chung, die wir gleichfalls im ausgehenden 13. Jh. zum<br />
0 aus mhd. e (s. § 2 d 1/2) und im Gesamtbair, a erstenmal richtig fassen können. Die Liquiden-<br />
aus mhd. d, ä (s. § 2 e 1) hinzu. Im größten Teil vokalisation als solche hat nicht allein nachvoka-<br />
<strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> wird auch dieses -l- vor lisches -l- zu -i-, sie hat gleichzeitig auch nachvoka-<br />
Mitlaut wieder zu u, z. B. in pgukx, paukx (Balg), lisches -r- zu -o- verändert. Näheres über diese<br />
gut, aut (alt), vaut (Feld), mauxx^ (melken), zweite Seite der Vokalisierung s. § 50 c 3. Die mittel-<br />
hanffm (helfen), paugle (Bälglein). Das w-haltige -lbair. Sprachinseln haben übereinstimmend mit den<br />
ist der älteste Lautstand. — 2. In den Dreizehn konservativen Randgebieten um das Mittelbair.<br />
Gemeinden fallen aus diesem Wandel allerdings die -/-Vokalisierung nicht voll ausreifen lassen und<br />
-It- und -II-, die sonderbarerweise palatalisiert sind um Brunn, Wischau und Budweis gleich wie<br />
worden sind, heraus, z. B. in alt, holtß, vallon beispielsweise in Südböhmen, Südmähren und in<br />
(fallen), ime walle (im Wald), zollvnar (Söldner, der Steiermark auf der Vorstufe <strong>des</strong> -X- stehen-<br />
Soldat). — 3. In den Tiroler Hochtälern und in den geblieben. Wenn uns die Südhälfte der nordbair.<br />
südbair. Sprachinseln wird nach vorderen und nach Sprachinsel Iglau trotzdem mit ihrer vollen Vokali-<br />
mittelgaumigen Vokalen, soweit diese vorhanden sation in git, höitß, g§t, wüd überrascht, so handelt es<br />
sind, das -l- etwas palatal gesprochen (s. § 23 a/b), sich sicherlich um einen Wandel auf eigene Faust.<br />
z. B. im ötztal glt mit alveolarem -/- gegen eltar Der nordbair. Dialekt im Egerland und in der<br />
(älter) und höltß (Holz) mit merklich palatalisiertem Oberpfalz ist als Heimat der Iglauer Außengrün-<br />
1 oder in Zarz glt, zolnar (Söldner) mit «-haltigem, dung nirgends der Vokalisierung anheimgefallen. —<br />
gegen eltar, wjj.de (wild) wieder mit etwas palatali- 7. Innerhalb <strong>des</strong> mittelbair. Vokalisationsgebietes<br />
siertem l, in den Sieben Gemeinden mit gleichen besteht insofern eine gewisse Zweiteilung, als die<br />
Lauten alt, holtß gegen eltor, wille. — 4. Im übrigen Lautgruppen mhd. -el-, -el- und -il- im Osten, in<br />
Teil von Tirol und in Oberkärnten treffen wir Nieder- und Oberösterreich, zu den gerundeten<br />
jedoch nach Vokal stets auf gleichmäßig verteiltes Monophthongen Q, ö und ü zusammengewachsen<br />
Normal-Z ähnlich wie in der nhd. Bühnensprache. sind (g§d, ödv „älter", wüd), während der Westen,<br />
Es ist dies offenbar jene jüngere Behandlung unse- Altbayern, das Innviertel und das Land Salzburg,<br />
res Mitlautes, wie sie vermutlich im ganzen Bair. Zwielaute oder ungerundete Monophthonge (g$id,<br />
ungefähr um 1200 und teilweise bis 1250 geherrscht eidv, wüid oder gqd, edv, wld u. ä.) dafür einsetzt.<br />
haben dürfte, z. B. in glt und wild. Verwandte Über die besondere Behandlung der einzelnen mhd.<br />
Verhältnisse gelten im Schwäbischen und Ostfrän- Vokale mit folgendem -l gaben Auskunft: Über -alkischen<br />
und in den zentralmitteldeutschen Dialek- § 1 g und i, über -el- § 3 j/k und Karte 4, über -elten,<br />
wo allerdings die Palatalisierung wieder etwas § 4 f, über -ol- § 5d und Karte 7, über -il- § 7 d, über<br />
fühlbarer wird. — 5. Die nächstjüngere bair. -ul- § 8 b 1, über -el- § 10 e 2, über -il- § 13 h, über<br />
Entwicklungsphase <strong>des</strong> nachvokalischen l stellt -iil- § 14 c, über -iel- und -uol § 17 d und über -eilsich<br />
uns in den Randlandschaften und in den § 20 k.<br />
abgelegenen Einflußsphären <strong>des</strong> Mitteibair, vor. d. 1. Die mittelbair. Vokalisierung hat unter<br />
Der -Z-Laut wurde zum mehr oder weniger ü-hal- bestimmten Voraussetzungen auch das auslautigen<br />
). verwandelt. Dies ist der erste Schritt zur tende Schwachdruck-eZ erfaßt. Nach Lippenlaut<br />
mittelbair. Vokalisiorung zu ü oder i, auf die wir spricht man im Vokalisationsgebiet gppffö (Apfel),<br />
gleich zu sprechen kommen werden. Die Karte 26 iwö (übel), ggwö (Gabel), himö (Himmel) oder<br />
umgrenzt die Verbreitung <strong>des</strong> X mit der dünnen gppffe, iwe, ggice, Mine. Auch nach ahd. -h-, -ch-<br />
Borstenlinie. Südlich der Donau ist dieso Vorstufe gilt diese Erscheinung z.T.: bihö{Bühel,Hüge\),sixxö<br />
der mittelbair. Vokalisierung erhalten in Mittel- (Sichel) bzw. -e. Im Salzburgischen, im tirol.<br />
und Unterkärnten, in der Steiermark mit der Graf- Unterinngebiet und im Salzach- und Chiemgau<br />
schaft Pitten (hier nur mehr ganz alt) und im wird außerdem nach -Tech- vokalisiert: bekkxe<br />
größten Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>; nördlich der Donau (Böcklein), sdikkxc (Stücklein), ebenso strich-<br />
im ganzen Nordbairischen, ferner in Südböhmen weise im steir. Ennsgebiet. Doch bleibt in diesen<br />
und Südmähren. Die Lautungen g?.d, hö?.ds, wü/.d, Gegenden -(e)l nach -g- und -gg- erhalten: Wl<br />
g§).d (oder ähnlich) sind Illustrationen dazu. — (Igel), bügl, bukkl (Buckel), bri'kkl (Brücklein).<br />
6. Das mittelbair. Kerngebiet hat dieso Ansätze Zur lauthistorischen Bedeutung <strong>des</strong> Unterschie<strong>des</strong><br />
zur Vokalisierung bis zum richtigen t-Vokal vor- zwischen idikke (Stücklein) und brikkl (Brücklein)<br />
getrieben. Hier sagt man nicht mehr Q?d, hö/xls in einigen Landstrichen der mittelbair. Konsonan-<br />
usw., sondern regelrecht gid, höids. Dieso jüngsten tenschwächung 8. § 38 a 8. Jedoch ist in Oberöster-<br />
Entsprechungen erstrecken sich über Niederreich (ohne Inn- und Untermühlviertel) mit dem<br />
österreich (ohne die Grafschaft Pitten und ohno Oberybbstal das -el auch nach -g- und -gg- zu<br />
den nördlichsten Hand <strong>des</strong> Waldviertels) mit dem -ö(-c) geworden: igö, bügö, brikkö. Übrigens gel-<br />
nördlichsten Burgenland, Oberösterreich (ohno den ten die vorhin erwähnten Lautungen gppfe, iwe,<br />
äußersten Nordwesten <strong>des</strong> Mühlviertels), die Ge- ggwe, hitne, plhc, sihe, pekkhe, sdikkhe (aber igt<br />
gend um Maria Zeil und das steir. Ennsgebiot, das usw.) mit Vokalisierung auch im kärntn. Lieser-<br />
Land Salzburg mit dem kärntn. Katschtal, das gobiet, obgleich im Starkdruck, z. B. in g?.t, gg?.t,<br />
tirol. Unterinngebiet, Oberbayern (ohne den Süd- das -U beibehalten (oder wiederhergestellt ?) wurwesten)<br />
und Niederbayern. Die Verbreitung gibt de. — 2. Tritt dieses -l- z. B. in ein übler, heimlich,<br />
für die älteste Generation die Karto 26 mit ihrer Knoflauch (Knoblauch) usw. in den Inlaut, so<br />
dicken Borstenlinio an. Das Gebiet der Vokalisation bleibt es meistens als Mitlaut stehen. Dasselbe<br />
wächst nämlich unter unseren Augen überall gilt für -l- zwischen Vokalen in Keller, Holler<br />
weiter hinaus und gewinnt dem A gegenüber ver- (Holunder) usw. und in der „doppelten" mittelhältnismäßig<br />
rasch Boden. Damit sind wir mitten bair. Deminutivfonn hlvdrfil (kleines Hütchen),<br />
in jenem Lautwandel, welchen wir (§ 34 c 10) als gläsü^l (kleines Gläschen), Hansißl (Hänschen),<br />
mittelbair. Liquidenvokalisierung kennengelernt iÄsrfil (Liesel; kosend), hier sogar mit postal-<br />
und den wir als Bestandteil dor mittelbair. Konsoveolarem -
landschaften auch hier vokalisiert: vn Iwvo, hgtrniin,<br />
gnöfiv; gh&v, köjv; hivdai, gläsai, Hansai, Llsai.<br />
Diese altvaterisch gewordenen Lautungen sind<br />
noch üblich in Oberbayern östlich der Isar, in<br />
Niederbayern zwischen Isar und Inn, im tirol.<br />
Unterinngebiet, im Land Salzburg, im oberen Innviertel<br />
mit dem Vöcklatal, im oberen steir. Ennstal,<br />
im oberen und im östlichsten Wald- sowie im<br />
unteren Mühlviertel. Über die Vereinfachung von<br />
ahd. -II- zu -l- und die Dehnung <strong>des</strong> vorausgehenden<br />
Vokals s. § 34 j 4.<br />
e. 1. Jede Spur einer Vokalisierung fehlt nach<br />
Zahnlaut. Hier wird als Assimilationsprodukt -lstets<br />
postalveolar (bzw. postdental bis interdental)<br />
gesprochen. Das betrifft alle bair. Mundarten<br />
und bezieht sich z. B. auf faßßl (Fäßlein), hittl<br />
(Hüttlein), häidl (Häutchen), SdQ d l (Stadel, Scheune)<br />
1 ). — 2. Abgesehen von den unter d 1 erwähnten<br />
Sonderfällen wird -l- nach -g- und -gg- an den<br />
Geräuschlaut assimiliert und diesmal gutturalisiert:<br />
101, bügl, brikkl, danach mittel- und nordbair.<br />
meistens auch bekkl (Böcklein), idikkl (Stücklein).<br />
Im größten Teil <strong>des</strong> Mitteibair, gilt das gleiche<br />
Assimilationsgesetz auch im Anlaut, z. B. in glqs<br />
(Glas), gl$ (Klee), glokkty (Glocke), glqxt (gelacht).<br />
In den anlautenden Gruppen wird jedoch im Südbair.<br />
und im Nordbair. normales alveolares -lverwendet.<br />
f. 1. Vor Lippen- und Gaumenlauten bestand<br />
nach -l- schon in ahd. Zeit die Tendenz, Sproßvokale<br />
einzuschieben (der Linguist sagt dafür auch<br />
Svarabhakti). Jedoch wurden diese zu Beginn <strong>des</strong><br />
Hochmittelalters im Zuge einer durchgreifenden<br />
Synkope wieder beseitigt. Im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />
bildeten sich diese Sproßvokale zum zweitenmal.<br />
Vor allem im Mitteibair, lassen sich im 14. Jh. die<br />
Schreibungen Galigen (Galgen), melichen (melken),<br />
Feiigen (Felge) usf. überall nachweisen. Heute<br />
sind sie in den moderneren Sprachlandschaften<br />
meistens wieder abgekommen. Nur im Salzach-,<br />
Flach- und Tennengau, in Oberösterreich, im<br />
Wald- und Weinviertel und dann wieder im nördlichen<br />
und mittleren Burgenland und in der Grafschaft<br />
Pitten leben die Sproßvokale reihenweise<br />
fort, etwa in bgli oder bäl{ (Balg, Stiefelschaft),<br />
f$lW (Felge), ghgli (Kalk), mül{ (Milch), im Salzachgau<br />
sogar in g§l(b (gelb) u. a. — 2. Wenn man<br />
im Salzkammergut trotz der herrschenden -l-<br />
Vokalisierung Aussprachen wie g§?.b, m§}jcv zu<br />
hören bekommt, so beruht deren regelwidriges •).sicherlich<br />
auf neuerlicher Synkope aus älterem<br />
g§tob, mQtoxn, wiederum mit Sproßvokal. Noch<br />
heute existieren übrigens im Wald- und Weinviertel<br />
und in Südmähren die Lautungen mg?.i(h)v,<br />
m$).igv, m§).in,n. Restformen mit Svarabhakti entdecken<br />
wir bei der ältesten Generation sogar in<br />
Wien in gglit}, ferner in bglin. (Spielball) aus der bair.<br />
Nebenform Balgen zu Ballen. — 3. Vor bestimmten<br />
Mitlauten scheint jedoch der Sproßvokal durchaus<br />
unterdrückt worden zu sein, so vor -ff- und<br />
-kch-. Es heißt z. B. überall im Mitteibair, gwük<br />
(Gewülk). Vor anderen Mitlauten herrscht landschaftliches<br />
oder wortweises Schwanken. Genauere<br />
Angaben wird man unter den einschlägigen Stichwörtern<br />
im Wörterbuch und bei F. Roitinger 2 )<br />
finden. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, daß<br />
es zwischen -Z- und Zahnlaut keino Spur von<br />
Sproßvokalen gibt. Die gleichen Vokalwucherungen<br />
unter denselben Voraussetzungen bildeten<br />
sich aber zwischen r und Lippen- oder Gaumenlaut,<br />
s. § 50 d. — 4. Bei der älteren Generation ist speziell<br />
*) Zu Aussprachovarianten <strong>des</strong> dl 8. auch § 50 e 1.<br />
8 ) Dr. F. Roitingor bereitet über die Svarabhakti<br />
eine gründliche Arbeit vor.<br />
§ 49 d 2—§ 50 a 1<br />
in Kärnten mit dem obersteir. Obermurgebiet und<br />
mit Teilen von Osttirol nur zwischen -l- und -chein<br />
solcher Wucherselbstlaut vorhanden, etwa in<br />
m$lvhn (melken), s$lvhn (selchen), milnx (Milch),<br />
khQlvx (Kalk). In den frühmhd. Einsilbern Kalch<br />
und Milch sind -Ivx oder daraus geflossene weitere<br />
Entsprechungen sogar in großen Teilen <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />
und in angrenzenden zentralmitteld. Mundarten<br />
vorhanden. Auch in der Sprachinsel Gottschee<br />
hört man kxüdlix und milix, <strong>des</strong>gleichen in<br />
den Dreizehn Gemeinden kxälvx neben kxalx, in<br />
Gegenden, in denen sonst von Sproßvokalen nichts<br />
zu finden ist. Demnach ist der Vokal in -lechwohl<br />
außerhalb der allgemeinen Svarabhakti<br />
entstanden.<br />
§ 50. Spätahd. r (s. die Karten 26 und 27)<br />
Übersicht: a. Zungen- und Zäpfchen-r. —<br />
b. r- im Anlaut. — c. -r- vor Gaumen- und Lippenlaut.<br />
— d. Sproßvokale. — e. -rl-, -rn-, -rt-, -rs-,<br />
•rr-, — f. Auslaut-r im Starkdruck. — g. Auslaut-r<br />
im Schwachdruck.<br />
a. 1. Am Anfang steht beim -r-Laut die Frage,<br />
ob er ursprünglich uvular (als Zäpfchen-r) oder<br />
lingual (als Zungen-r) gesprochen worden war. Die<br />
modernen Verhältnisse geben keino sichere Auskunft.<br />
Soweit diese Liquida erhalten geblieben ist,<br />
herrscht von Landschaft zu Landschaft Schwanken,<br />
oft auch innerhalb der Landschaft bei gewissen<br />
Gesellschaftsschichten. In allen Stellungen gilt<br />
Zäpfchen-r um Innsbruck und teilw. im tirol.<br />
Oberinngebiet, im Haupttal <strong>des</strong> Pustertals und im<br />
Südtiroler Städtedreieck Meran-Bozen-Brixen, ferner<br />
im Oberdrautal (ohne Weißenseo), im Lurnfeld<br />
und im südlichen Mittelkärnten. Neuerdings breitet<br />
sich dieses uvularo r auch im steir. Obormurgebiet,<br />
im nördl. Mittelkärnten, im Krappfeld, im<br />
Görtschitztal, im Pinz- und Pongau sowie in den<br />
größeren Städten Österreichs immer mehr aus. In<br />
Wien und München ist in den höheren Gesellschaftsschichten<br />
der neue Laut beliebter als das<br />
heimische Zungen-r. In Südtirol und im südlichen<br />
Mittelkärnten ist das Zäpfchon-r sogar über die<br />
Sprachgrenze in slowenische und ladinischo Nachbarmundarten<br />
vorgestoßen, in Dialekträume, in<br />
denen sonst nur Zungen-r üblich ist. Jedoch gibt<br />
es einige ganz beharrsamo Binnenmundarten mit<br />
vorherrschendem Zäpfchen-r, vor allem das ötz-,<br />
Passeier- und Zillertal sowio die Deutschgegend<br />
und das Unterlesachtal mit Kötschach. Wenn die<br />
bair. Außenmundarten nur linguales r besitzen, so<br />
erklärt sich das u. a. auch aus dem Vorherrschen<br />
dieses Lautes in den slawischen und romanischen<br />
Dialekten. Eigenartig ist der Zustand in Oberkärnten<br />
(ohne Oberdrau-, Gail-, Oberlesachtal und<br />
ohne Lurnfeld), im Lienzer Becken, in Teilen <strong>des</strong><br />
Iselgebietes, im Lungau und im nördlichen Mittelkärnten<br />
(ohne Krappfeld). In dieser geschlossenen<br />
Landschaft findet man zwar im allgemeinen<br />
Zungen-r, vor Zahnlaut und -n aber Zäpfchen-r<br />
oder daraus entsprungene andero Lauto. Erwarten<br />
würde man genau genommen das Gegenteil; aus<br />
assimilatorischen Gründen sollto vor Gaumenlaut<br />
eher Zäpfchen-r und vor Zahnlaut eher Zungen-r<br />
stehen! Es gab hier offenbar die Neigung zu überdeutlichen<br />
Aussprachen mit Dissimilationen. Sonst<br />
gilt im Bair. vorwiegend Zungen-r. Das Zungen-r<br />
selbst wird in Mittelkärnten, bei den Alten im<br />
Görtschitz- und strichweise im Lavanttal, z. T. in<br />
der Weststeiermark und vorwiegend im obersteir.<br />
Obermurgebiot sowie in einigen Gemeinden <strong>des</strong><br />
Moll- tind Gailtalea kakuminal, wie engl. Inlaut-r,<br />
ausgesprochen, ebenso in Teilen <strong>des</strong> oberbayr.<br />
Lechrains und <strong>des</strong> Staudongebiotos. Es wurdo sogar<br />
121
§ 50 a 1—c 3<br />
in einigen Gemeinden der Weststeiermark, in<br />
großen Teilen <strong>des</strong> obersteir. Obermurgebietes und<br />
gemeindeweise im nördlichen Mittelkärnten (bei<br />
alten Leuten) nachvokalisch bis zu l getrieben, ein<br />
Wandel, der nach gewissen Anzeichen im kärnt.steir.<br />
Grenzgebiet bereits um 1300 ausgeprägt<br />
gewesen war. Einstmals scheint dieser Gleichklang<br />
auch im Weinviertel geherrscht zu haben. Auf<br />
Vertauschungen von r und l beruhen weinviertl.<br />
gwivk (Gewülk), Bunkkv (Pulkau, Flußname),<br />
fovß (falsch), bzw. p/i (Arsch); ihnen gingen abwegig<br />
*Gwürk, Purkach, *farsch und *Alsch voraus.<br />
— 2. Bei der allgemeinen Entwicklung wird<br />
immerhin wichtig, daß gerade die allerkonservativsten<br />
Binnenmundarten <strong>des</strong> ötz- und Zillertales<br />
Zäpfchen-r bevorzugen. Dieses dürfte das ältere<br />
sein. In § 9 b und 23 c 1 wurde auf die Fähigkeit<br />
bestimmter -r-Verbindungen und <strong>des</strong> -rr-, Mitlautpalatalisierung<br />
zu verzögern und damit Vokalumlaut<br />
zu vermindern oder ganz aufzuhalten, hingewiesen.<br />
Das setzt eine weit hinten gebildete<br />
Artikulation voraus, mit einem Wort, uvulares r;<br />
linguales r kann ja leicht palatalisiert werden und<br />
leistet der Mouillierung keinen ernstlichen Widerstand.<br />
Es war demnach in ahd. und vielleicht<br />
z. T. noch in frühmhd. Zeit jenes Zäpfchen-r,<br />
welches im ötz- und Zillertal unverändert fortlebt,<br />
in der Vorherrschaft.<br />
b. Im Anlaut ist eine besondere Merkwürdigkeit<br />
gewisser bair. Mundarten die Aussprache je<strong>des</strong><br />
anlautenden r- als hr-: hraffm (raufen), hrös (Ross),<br />
hrlnv (rinnen) usf. Es bleibt sich dabei gleichgültig,<br />
ob in frühahd. Zeit z. B. in hross richtiges etymologisches<br />
hr- da war oder nicht, wie z. B. in frühahd.<br />
rinnan. Mit diesem alten hr- hat das bair. hr- nichts<br />
zu tun. Daher fehlt es den konservativsten Mundarten<br />
durchaus, so den tirol. Hochtal- und den<br />
südbair. Außenmundarten. Vom Süden aus betrachtet,<br />
erweckt das Är-Gebiet den Eindruck<br />
einer Merkwürdigkeit <strong>des</strong> Großsalzburger Raumes,<br />
ähnlich, wenn auch nicht gleich, wie wir ihn § 29 e 9<br />
gesehen haben. Der Kärntner Spottspruch auf<br />
diese Eigenheit, Hrüop, Hrü9p, hren! hrenl de<br />
hrös fresnt de hrüabm ! (Rupp, Rupp, rönne! renne!<br />
die Rosse fresson die Rüben) mit seinem schwer<br />
trabenden Rhythmus enthält nicht umsonst Anspielungen<br />
auf den hl. Rupprecht als Salzburger<br />
Schutzpatron, auf die schwere Pinzgauer Pferderasse<br />
und auf die Salzburger Rübentaler, auf die<br />
droi hervorstechendsten Merkmale <strong>des</strong> älteren<br />
Salzburger Volkslebens. So wurden sie zur Zeit<br />
meiner Großeltern in Kärnten tatsächlich noch<br />
empfunden. Wir finden das hr- im jetzigen Tirol<br />
in Teilen <strong>des</strong> Unterinn- und <strong>des</strong> Iselgebietes,<br />
beide einstmals z. T. zu Salzburg gehörig,<br />
in Kärnten im Moll-, Lieser- und im westlichen<br />
Gegendtal, bei den ältesten Leuten auch<br />
im Millstätter Becken, im Lurnfold und im<br />
Unterdrautal, lauter Gebiete, in denen einstens<br />
das Bistum Salzburg größere Besitzungen oder<br />
sonstwie Einfluß hatte; in der Steiermark im äußersten<br />
Westen <strong>des</strong> obersteir. Murgebietes und im<br />
oberen Ennstal, ferner im Land Salzburg und selbst<br />
im Salzkammergut. Nach Norden erstreckt sich<br />
jedoch das hr- weit über die alte Salzburger Einflußsphäre<br />
hinaus, so anschließend an unser Gebiet in<br />
Österreich übers Innviertel und in Altbayom über<br />
ein Dreieck zwischen Passau, Nandlstadt (westlich<br />
von Landshut) und dem Chiemseo; nördlich der<br />
Donau über den Bayrischen Wald und den Böhmerwald;<br />
schließlich sogar über den äußersten Nordzipfel<br />
der nordbair. Sprachinsel Iglau und über<br />
einige vorwiegend mittelbair. gefärbte Außenmundarten<br />
in der Slowakei, z. B. Kremnitz und<br />
Schemnitz. Es ist unser hr- gleich weit verbreitet,<br />
122<br />
wie es die dickpunktierte Linie auf Karte 19 für<br />
das ghr- in ghrafft (gerauft), ghrürw (geronnen)<br />
angibt; denn wo deren ghr- herrscht, ist meistenteils<br />
ghr- für ahd. kehr- in ghrüvg (Krug) usw.,<br />
aber auch hr- für unser r- gebräuchlich. Auf der<br />
genannten Karte setzt sich diese ghr- (khr-, kxr-)<br />
Grenze bis ins Gebiet <strong>des</strong> behauchten kh- vor Mitlaut<br />
(khl$ „Klee", khn$xd „Knecht"), jetzt als<br />
dick gestrichelte Linie der Karte 19, fort (zu den<br />
genaueren Lautverhältnissen vgl. § 29 e 9). Allerdings<br />
wird das hr- überall als derbes Merkmal der<br />
„groben" Bauernsprache empfunden. Es weicht<br />
stark zurück. Im größten Teil von Mittelkärnten,<br />
im Innsbrucker und Meraner Becken, am oberbayr.<br />
Lechrain und weiter übers Staudengebiet bis<br />
zur nördlich der Donau gelegenen bair.-schwäb.fränk.<br />
Dreistammesecke sowie im Sundergau wird<br />
jetzt nur mehr r- gesprochen, mit der Vorsilbe<br />
ge- (g 1 -) aber noch ghr-, kxr-, und es stehen sich<br />
raffm ohne h- und ghrafft (kxrafft) mit h- unlogisch<br />
gegenüber. Das hr- ist gewissermaßen in seiner<br />
verstecktesten Form ghr- beim Ersatz durch rvergessen<br />
worden. Ebenso verbirgt sich altes hrin<br />
Lautungen wie bfrqvd (bereit, bar vom Geld),<br />
bfräimd (mit „Reim", mit Rauhreif überzogen)<br />
und ghgmpffrgd (Kammrad in einer Mühle) aus<br />
älterem *phr(jDt, *phraimt und *kxomphrQd mit<br />
ihrem gleichen Wandel von ph zu pf wie z. B. in<br />
bfivttn (behüten). Unsere pf- Formen finden wir<br />
als absterbende Ausdrücke und Lautungen im<br />
Innsbrucker Becken, im tirol. Unterinn- und im<br />
bayr. Inngebiet, in Oberösterreich und urkundlich<br />
im 14., 15., Jh. und teilw. später in Innsbruck,<br />
Rosenheim, München, Salzburg, Linz usw. als<br />
pfrait, champfrad. Weiteres über ghr- usw. s.<br />
§ 38 a 9/10.<br />
c. 1. Im Starkdruck <strong>des</strong> Inlautes genügt es<br />
weiterhin, zwischen drei Gruppen zu unterscheiden:<br />
erstens -r- vor folgendem Lippen- und Gaumenlaut<br />
z. B. in Herbst, Kirche; zweitens -r- vor folgendem<br />
Zahnlaut, vor -l, -n und -r- in Karl;<br />
Korn; Bart, fort, Narr, Garren (Karren); drittens<br />
-r im Auslaut in wer, dir, gar usf. Jede dieser drei<br />
Gruppen schlägt oft im Süd- und häufig im Mittelbair.<br />
einen anderen Entwicklungsweg ein. Viertens<br />
bezieht schließlich im Schwachdruck das auslautende<br />
-r eine Sonderstellung. — 2. Vor Lippen- und<br />
Gaumenlauten geht die Entwicklung folgenden<br />
Weg: Der älteste Stand ist bei den Binnenmundarten<br />
im Westen <strong>des</strong> Südbair., in Tirol und Kärnten,<br />
erhalten geblieben. Für mhd. march (Grenze),<br />
kirchc (Kirche), kirchtag (Kirchweihfest), werchtag<br />
(Wochentag); birke oder birche (Birke); durh<br />
(durch), vurh (Furche), vorhe oder vörhe (Föhre);<br />
herbest (Herbst), herberge (Herberge), worb, worf<br />
(Sensenstiel); dorf (Dorf), dörffen (dürfen), werffen<br />
(werfen); arm (arm), wann (warm), wurm (Wurm),<br />
ermer (ärmer), wermer (wärmer) entspricht z. B.<br />
im Mittermölltal um Flattach mgrx, khirhvn,<br />
khirxleg, werxleg; pirkhnn; dürx, fürx, forhon;<br />
herwiSt, worp; dorf, tyrfvn, w$rfvn; grbm, xvorbm,<br />
würbm, ermnr, wermvr. Zur weiteren Entwicklung<br />
der einzelnen Vokale vor -r- + Lippen- oder Gaumenlaut<br />
s. über mhd. -ar- § 1 g/h, über -er- § 3 l/m,<br />
über -er- § 4 g, über -or- § 6 g, über -ör- § 6 c,<br />
über -ir- § 7 g, über -ur- § 8 c, über -ür- § 9 a 3,<br />
über -er- § 10 e 3, über -ir § 13 i, über -ür- § 14 d,<br />
über -iur- § 16 g, über -icr- und -uor- § 17 o. Dieselben<br />
Verweise gelten auch vor -r- -f Zahnlaut<br />
und vor auslautendem -r. — 3. In unseren Stellungen<br />
wird dagegen im Mittelbair. nachvokaliaches<br />
-r- zu -v- vokalisiert; dieselbe Vokalisierung<br />
gilt übrigens großenteils auch vor Zahnlaut und<br />
im Auslaut. Dieso Verselbstlautung bildet den<br />
parallelen Wandel zur Veränderung von nach-
§ 50 c 3—d 2<br />
vokalischem -l- zu -%• (§ 49 c 5/6). Beide Lautveränderungen<br />
haben wir gemeinsam die mittelbairische<br />
Liquidenvokalisierung genannt. Den<br />
Wandel von -r- zu -o- vermögen wir gleich der<br />
Vokalisierung von -l- zu -i- urkundensprachlich<br />
zuerst in den letzten drei Jahrzehnten vor 1300<br />
nachzuweisen, vorerst um Wien und an der Isar-<br />
Donaustraße. Von dieser Straße aus ist unsere<br />
Neuerung rasch über das übrige mittelbair. Gebiet<br />
ausgestrahlt. Die modernen Entsprechungen<br />
mgüfx), ghinxv (Kirche), ghivttv (Kirchtag), wepttv<br />
(Werktag); bioxv (Birke); dün(x), füo(x); hivbsd<br />
(-gsd); dgvf, d$vfft> (dürfen), wejoßv, pz>'m, WQv'm<br />
würfm, Ivi'mr), wiv'mv vermehrten sich vielfach um<br />
die Lautungen ghga d duruh, vuruh, dorof (doraf), war am, wurum usw.<br />
schon in ahd. Zeit da, sie fiel auch hier in frühmhd.<br />
Zeit nach Ausweis der Urkundensprache <strong>des</strong> 12.und<br />
<strong>des</strong> beginnenden 13. Jhs. der allgemeinen Synkope<br />
zum Opfer, um dann im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />
vor allem im Mittelbair. und in der Mittelsteiermark<br />
nach Schreibweisen wie marich, piriche,<br />
durich, vurich in etwas anderer Weise wiederzukehren.<br />
Es ging bei diesen Sproßvokalen offenbar<br />
um das Bedürfnis nach Uberdehnung vorerst<br />
vielleicht nur in alten Einsilbern. Den ersten<br />
Schritt dazu finden wir im Lavanttal und in der<br />
Weststeiermark, wo eben entstehende, noch unbewußte<br />
Sproßvokale in mqrzx, pilrahvn, diirax,<br />
l (Karl), ghgn'n (Korn); bQvd QTV'm zu hören sind. Wir befinden uns in einer<br />
(Bart), fuvt (fort); np» (Narr), gg~v*n oder ggv^mLandschaft<br />
mit ausgesprochenem Zweitaldruck<br />
(Karren) und w$v (wer), dix>, gqx>, soweit bei diesenauf<br />
der Stammsilbe; dieser beginnt die alten<br />
Gruppen nicht besondere Umstände entscheidend Zwielaute zu Dreilauten zu wandelnu. fängt für wäet<br />
wurden. Die nachvokal. Vokalisierung unterbleibt (weit), hdos (Haus), lidw (lieb), hqvx (hoch), güU (gut)<br />
natürlich, wenn mundartliches -r- zwischen Vokalen an, wäe3t, häods, lÜ9w, hgovx, gi{u9t einzusetzen. Es<br />
steht, z. B. in ghizrrv(d) (Kehricht), Iqvrv (Lehrer), besteht sonach höchstwahrscheinlich ein Zusam-<br />
finrn (hervor). Als Verbreitungsgebiet unserer menhang zwischen dieser mittelsteir. Triphthon-<br />
-r-Vokalisierung sind nach Karte 26 (Weitschraffur) gierung und dem neuen Wuchervokal. Sollte etwa<br />
zu nennen: Nieder- und Oberösterreich, die Steier- ein derartiger Zweitaldruck auch im Frühalthochmark<br />
(ausgenommen das Obermurgebiet westlich deutschen und noch einmal im Spätmittelhoch-<br />
der Kraubather Enge und die Weststeiermark), deutschen bestanden und bereits die alte Svara-<br />
das Burgenland, der größte Teil von Südmähren, bhakti hervorgerufen haben ? Diese Annahmo<br />
Südböhmen und der Böhmerwald, der Flach- und gewinnt solide Unterlagen, sobald man weiß, dalJ<br />
Tennengau, Nieder- und der Osten von Oberbayern, von verschiedenen Seiten her Beweismaterial für<br />
die Oberpfalz (ohne den West- und den äußersten den ahd. Zweitaldruck bei alter Vokallänge, aber<br />
Nordrand) und das südwestlichste Egerland. Be- auch bei Kürze vor Liquida + Mitlaut vorliegt<br />
merkenswert ist dabei, daß bei der -r- ebenso wie<br />
bei der -l-Vokalisierung die neuen Verselbstlautungen<br />
vor unseren Augen deutlich ins Gebiet <strong>des</strong><br />
erhaltenen -r- eindringen. Das -r- in du(n)rx usw.<br />
wird durch düvx mit Schwund ersetzt. Die Grenze<br />
der Karte zeigt für diejenigen Landschaften, in<br />
welchen nur mehr die alten Leute am -r- festhalten,<br />
unserem Brauch gemäß trotzdem den alten Zustand<br />
und keine Verselbstlautung mehr an. Je<br />
weiter wir nach Westen und Süden ins -r-Gebiet<br />
vordringen, <strong>des</strong>to fester und sicherer werden die<br />
älteren Lautungen. Bewahrt geblieben ist das -rbei<br />
den Ältesten im größten Teil <strong>des</strong> Südbair.; im<br />
Seewinkel und in einigen weiteren versteckten<br />
Restlandschaften <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>, die in der<br />
Karte aus graphischen Gründen nicht mehr eingetragen<br />
wurden, in zwei südmährischen Rückzugsgebieten<br />
um Pohrlitz-Prahlitz und um Schattau-<br />
Datschitz, ganz alt am Ulrichsberg im obersten<br />
Mühlviertel (in der Karte nicht vermerkt); weiters<br />
im größten Teil <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>, wo in manchen<br />
Grenzstreifen Vokalisation nur in alten Ein-, aber<br />
nicht in Mehrsilbern gilt und sich z. B. der nom.<br />
düvf, dönf und b&x (Berg) und der dat. durff,<br />
dorff, darff und bärx gegenübertreten, wo jedoch<br />
vor Zahnlaut und im Auslaut durchaus verselbstlautet<br />
wird; ferner unterbleibt bei den alten Leuten<br />
die Vokalisierung am Nord- und Westrand der<br />
Oberpfalz und im Westen und Südwesten von<br />
Oberbayern einschließlich München. In München<br />
fängt allerdings die jüngere Generation gleichfalls<br />
allgemein zu vokalisieren an; überdies ist<br />
nach vorderen Selbstlauten die Verselbstlautung<br />
schon allgemein. Der Altmünchner sagt zwar durx,<br />
SnärxD (schnarchen), dorff, wurm mit -r-, aber<br />
d$nffv (dürfen), w$vffv, ghinxxv ohne -r-, er unterscheidet<br />
zwischen bärt, ggr und h$vt (Herd), din<br />
(dir; aber dir ,,dürr"). Schließlich blieb das -rin<br />
allen Außonmundarten erhalten.<br />
d. 1. Ein zweiter Parallelismus bei den beiden<br />
Liquiden -l- und -r- ist die Ausbildung von Sproßvokalen<br />
zwischen -l- und -r- vor Lippen- und<br />
Gaumenlaut. Auch nach -r- war die Svarabhakti<br />
nach Ausweis der Schreibungen tnarach, piricha,<br />
x ).<br />
Vor Zahnlaut gibt es jedoch keino Spur von Vokalwucherungen.<br />
Die Ursache für das Unterbleiben<br />
bildet die Artikulationsnähe von Liquida und Zahnlaut.<br />
Als Äquivalent dafür trat in dieser Stellung oft<br />
frühe Dehnung <strong>des</strong> Selbstlautes ein; z. B. bei ahd.<br />
hart, garlo -zu bärt, gärto und bei herd, lernen zu<br />
herd, lernen (s. § 1 h 1 und 3 m) (spätestens) im<br />
11. Jh., bei wort zu wort (spätestens) im 13. Jh.<br />
(s. § 5 g 9; vgl. auch 10 a 1). Daraus ergab sich<br />
als Alternative, entweder nur die Kürze zu dehnen<br />
oder nur den Sproßvokal einzuschieben. Da nun<br />
unter bestimmten Voraussetzungen bei -or- auch<br />
vor Lippenlaut alte Dehnung zu -ör-, das seinerseits<br />
in Oberösterreich wie mhd. 6 zu £Q (s. § 5 g 9)<br />
wurde, eintrat, so stehen im Hausruckviertel<br />
$Qxd (Ort), d§of (Dorf) mit alter Dehnung und ohne<br />
Svarabhakti und gädornm (gestorben), mgrery (morgen),<br />
origö (Orgel) mit Svarabhakti und ohne<br />
Dehnung als Probe aufs Exempel einander geschieden<br />
gegenüber 2 ). — 2. Im übrigen ist nach -rgenau<br />
so wie nach -l- der Sproß vokal in den mittelbair.<br />
Modernisierungslandschaften zum zweitenmal<br />
rückgängig gemacht worden; so vor allem im<br />
Donaubereich von Niederösterreich östlich und im<br />
größten Teil von Altbayern westlich der oberösterreichischen<br />
Beharrsamkeitsbrücko; diese Brücke bewahrt<br />
ihrerseits den Sproß vokal. Es herrscht<br />
beispielsweise Svarabhakti in m{i(n)ri(x), ghi(n)rr><br />
und bi(v)rD aus älterem kirechen, pirechen, in<br />
ghi(v)rcdQ, w^(v)redg, inredQ oder crcdQ („Dienstag"<br />
aus spätmhd. er(i)chtag); dü(v)r[(x), f$(v)rn<br />
(„Föhre" über spätmhd. vörchen aus mhd. vörhe);<br />
b£(v)ri (Berg) usw. in breiter Reihe in den mittelbair.<br />
Außenmundarten, ferner in der Osthälfto <strong>des</strong><br />
x<br />
) Über die Geschichte <strong>des</strong> oberd. Wortakzentes<br />
liegt nach zwanzigjähriger Arbeit ein druckfertiges<br />
Manuskript vor. In unserer Schrift kann,<br />
da dies zu weit in Einzelheiten führen würde, nicht<br />
genauer darauf eingegangen werden.<br />
2<br />
) Wenn im nördl. Innviertel trotzdem z. B.<br />
gSdgurem usf. mit Dehnung (pu aus mhd. 6) und<br />
mit Svarabhakti auftritt, so handelt es sich wohl<br />
um komprornisselnde Mischbildungen.<br />
123
§ 50 d 2—e 2<br />
mittelbair. Binnenlan<strong>des</strong> im Wein- und im nördlichen<br />
Waldviertel mit Südmähren, erinnerungsweise<br />
in der Grafschaft Pitten und (allgemein) im<br />
nördlichen und mittleren Burgenland, im Hausruckviertel<br />
mit dem Salzkammergut, im Flachund<br />
im Salzachgau; außerdem weit davon entfernt<br />
im äußersten Westen <strong>des</strong> mittelbair. Binnenlan<strong>des</strong><br />
im Lechwinkel, der nebenbei bemerkt vor<br />
1806 zu Altbayern gehört hatte und erst damals<br />
politisch zu Schwaben gezogen wurde. — 3. In<br />
einigen rein bäuerlich gebundenen Ausdrücken<br />
sowie in schriftsprachefernen Wörtern sind Restformen<br />
mit Wuchervokal oft viel weiter verbreitet.<br />
Die Lautung fü(v)ri (Ackerfurche) dehnt sich fast<br />
über ganz Niederösterreich aus, ausgenommen das<br />
Ybbs-, Erlaf- und Obertürnitztal; bivrv (Birke)<br />
gilt darüber hinaus noch im Jogelland, müvriry<br />
(morgen) kann man sogar noch bei alten Wienern<br />
hören; heresd (Herbst) fehlt mit seinem Sproßvokal<br />
wohl in der niederösterr. Modernisierungslandschaft,<br />
dafür reicht es als Ausnahme über das<br />
steir. Oberennstal, über den Pon- und Pinzgau<br />
sogar bis ins tirol. Kitzbühler Gebiet. Ausgeschlossen<br />
bleibt das Mittelbair. bei der Ausbildung von<br />
Sproßvokalen in gewissen Lautfolgen, etwa -rk-,<br />
doch entdecken wir in Oberösterreich sogar in -rm<br />
und -rff Svarabhakti; grvm (arm) heißt es im<br />
Traun-, Hausruck- und Innviertel, im Salzkammergut<br />
und im Salzburgischen im Thalgau und in<br />
der Abtenau; etwas kleiner ist der Bereich von<br />
eromv (ärmer). Im gleichen Gebiet besteht wieder,<br />
wenn auch stärker verdrängt, tvgrvm (warm) und<br />
vnirt>m (Wurm); w^rjffm (werfen) treffen wir nur<br />
um Hallstatt, dQrif (Dorf) außerdem um Aussee,<br />
Ischl und am Wolfgangsee. In deffm (dürfen) fehlt<br />
im Hausruckviertel die Svarabhakti, <strong>des</strong>gleichen<br />
außerhalb Hallstatt in w§ffm (werfen). Übrigens<br />
hört man diese merkwürdigen Lautungen d§ffm und<br />
w$ffm für mittelbair. d$vffv und W%V{JD auch im<br />
Pongau und sogar im Lungau, im Salzkammergut,<br />
im Flußgebiot der Steyr und restweise in umliegenden<br />
Landstrichen. — 4. Ausnahmsweise gibt es den<br />
Sproßvokal weit davon entfernt, und zwar gerade<br />
bei -rm, im tirol. Lechgebiet. Im Oberlechtal gilt<br />
grum, worum, würum, im Unterlechtal ärvm,<br />
wärxrm, würtmi; härvm(t)U, hälomtld (Härmlein,<br />
d. i. Wiesel) ist restweiso bis Zentraltirol vorhanden.<br />
Ansätze zur Svarabhakti tauchen im Südtiroler<br />
Ahrntal auf. Vor -kch-, -ch- und -h- hört man<br />
überdies in den oberen Südtiroler Hochtälern<br />
angefangen vom Iselgebiet bis ins Passeier ein<br />
leichtes -i~ z. B. in merikxV» kxirixxCt vonhc. Diese<br />
Gaumenlaute werden hier nach § 23 a 3 Fußn. ausgesprochen<br />
palatal artikuliert. — 6. Unterblieb die<br />
Svarabhakti, so tritt dafür in der oberösterr. Kernlandschaft<br />
oft -x- ein; diese Regel besteht vor allem<br />
vor folgendem -kch- in sdgxk, mcxko oder sdgx,<br />
mexV (stark, merken); es ist dasselbe -x-, das in<br />
Oberösterreich auch vor -t die Regel ist (s. § 50 e 3).<br />
Noch vor drei Generationen war es in der oberösterr.<br />
Schulspracho allgemein üblich, im Inlaut den<br />
Buchstaben -r- als -z- zu lesen, z. B. in idaxk,<br />
dsivxkus (Zirkus) oder in b$vxg (Borg) statt mundartl.<br />
ftfre 3 ). — 6. In einigen verkehrsfernen Landstrichen,<br />
wie im Sulm- und Saggautal westlich der<br />
MUT und um Radkersburg östlich der Mur, ist<br />
insbesondere nach hinterem Vokal -r- vor Lippenund<br />
Gaumenlaut spurlos verklungen. Es heißt<br />
wg'm (warm), wWm (Wurm), Qvmtn (arbeiten),<br />
güal (Gurgel). Ähnliche Lautungen hört man bei<br />
alten Leuten in einigen Burgenlünder Restinseln,<br />
wobei noch meikkv(n) (merken) und dergleichen<br />
3 ) Im Vokalisierungsgebiot las man o, z. B.<br />
dsivk(k)ti3, b<br />
124<br />
dazukommen, ferner im Unterinnviertel und im<br />
angrenzenden Unterrottal, wo auch dgf (Dorf) und<br />
dergleichen auftritt, vereinzelt in gleichem Umfang<br />
um den Chiemsee und zwischen Eggenfelden und<br />
Ingolstadt in Nieder- und Oberbayern sowie ganz<br />
alt auch in einigen Dörfern nördl. von Ingolstadt.<br />
e. 1. Nunmehr kommen wir zum schwierigsten<br />
Teil, zu den Lautfolgen -rl, -rn, -rt und -rr, also zu<br />
r -f Zahnlaut. Im Mittelbair. mit dem Burgenland,<br />
der Steiermark und Unterkärnten ist die Lautfolge<br />
-rl, soweit einstmals Zungen-r galt, zu -dl<br />
(so noch jetzt im Lavanttal, im obersteir. Obermurgebiet<br />
und in der Weststeiermark) und weiter<br />
zu mittelbair. poatdentalem - d l geworden; z. B. in<br />
kh$ d l (Kerl), khg d l (Karl) bzw. in gh$ d l, ghg d l oder<br />
gh$D d l, ghgv d l. Im Innviertel, im Salzachgau und<br />
teilweise im Flachgau nimmt dieses - d l, gleichgültig<br />
ob aus altem -rl oder aus -dl, -tl geflossen,<br />
eine w-haltige Färbung an: gh$ol, ghg u l, divol<br />
(Türlein) und ebenso gä nn l (Funken; sonst gä nd l),<br />
ä un l Großmutter; sonst ä nd l), fo"J (Großvater; sonst<br />
$ nd l), i%ol (Schädel), b$oln (betteln); mancherorts<br />
wird der vorgesetzte Gleitlaut deutlich artikuliert:<br />
gh$ql usw. Im Lungau und im kämt. Katschtal<br />
wird nach einstmals uvularem -r- altes -rl, aber<br />
nicht mehr altes -dl, zu o oder u vokalisiert. Für<br />
„Kerl" sagt man kx$o, für „Ferkel", sonst mundartl.<br />
fädl aus mhd. vär(h)el, fäo, für „öhrlein"<br />
§DO, für „Kämmerlein" kxamao usf.; nach g tritt<br />
dafür auch -gl ein, z. B. in Kxggl (Karl), ggl (mhd.<br />
arle, einfacher Pflug). Die Nachbarn haben dafür<br />
den zungenbrecherischen Spottspruch g§v gi \ns<br />
xwaoai %m mqvgo j\ d\ fägv, grgvs wiv d\ hgzn§DQai<br />
(geh hinab ins Erlen-Äulein um Möhrlein für die<br />
Ferkel, groß wie die Hasenöhrlein) erdacht. — 2. Die<br />
Lautfolgo -rn mit einstigem Zungen-r führte in<br />
den gleichen Gegenden, wo -dl und - a l herrscht, zu<br />
-dn und -'n. Fahren, Stern wird im Mittelbair. südlich<br />
der Linie Wallern im Böhmerwald, Tittling<br />
(Niederbayern), Landshut, Reichertshausen südl.<br />
Ingolstadt (Oberbayern) und Monheim (Mittelfranken)<br />
als ig'n, &di£n ausgesprochen; nördlich<br />
davon gilt fgo'n, sd^n; die diphthongischen Lautungen<br />
begegnen uns ebenso in den altbayr.,<br />
niederösterr. und steir. Verkehrslandschaften und<br />
bei srffo'n auch im Salzburgischen mit dem Salzachgau.<br />
Im Berchtesgadner Land gibt es sogar die<br />
falschen Rückbildungen jöo'n (Faden) und göv'n<br />
(Gaden), die auf älteres */p'n, *gg'n, aber damit<br />
auch auf homonymes älteres */p'n (fahren), gg'n<br />
(Garn), zurückweisen. Die südlichen Randgebiete<br />
(Weststeiermark, obersteir. Obermurgebiet, Unter-<br />
Jy7} und &d$D > i} als Erinnerungsformen auch<br />
in der südlichen Ostateiermark. Vielleicht gehören<br />
als Überreste solcher -rgti, in Gottschee als Relikt<br />
pgargn. (bohren) und in Zarz als irrtümliche Rückbildung<br />
iörn (sorgen) auch hierher. Im Zülertal<br />
tritt für -rn sogar -r ein, so in etlichen Dörfern<br />
v§r (fahren), kxgvr (Korn), &l$vr (Stern) usw.— Von<br />
allen diesen Veränderungen wird natürlich auch<br />
inlauten<strong>des</strong> -m- erfaßt, z. B. nennt man im Zülertal<br />
die Hornisse hügryvß und im Lungau hügnns
§ 50 e 2—e 5<br />
usw.; <strong>des</strong>gleichen die entsprechenden Laute in Innichen im Pustertal und in Afers nordöstlich<br />
Schwachdrucksilben, etwa in Ahorn, gestern, z. B. von Klausen in Südtirol. Zur Vereinfachung wurde<br />
in zillertaler. ghagn, oder in mittelbair. ghq^n. in der Karte mit ihrem Schwarzkolorit der Voll-<br />
Merkwürdigerweise wird schwachdruckiges -vdn reihigkeit nur zwischen -£- und -x- unterschieden<br />
manchmal im steir. Obermurgebiet mit dem Mürz- und darauf, ob davor -r- oder -»- steht oder nicht,<br />
tal und in der Weststeiermark in isolierten Wörtern keine Rücksicht genommen. Übrigens wird vor<br />
zu silbischem -n und nach -h- und -ch- dementsprech- Zahnlaut dieses -r- in Teilen <strong>des</strong> Iselgebietes, im<br />
end zu -vn, z. B. in ghvn (Ahorn), das zu trühvn Lienzer Becken und im Obermölltal (und ebenso<br />
(Truhe) und zu s$hvn (sehen) stimmt, ebenso in öfters im absoluten Auslaut) zu richtigem, vollem<br />
qhvn (die Ähren) und (alt) in geistn (gestern). -a- vokalisiert, während das -r- in den übrigen<br />
Außerdem wird -ern im Mittelbair. mit der Steier- Stellungen erhalten bleibt, z. B. in Mörtschach im<br />
mark zu -{ri/, z. B. im häufigen Ortsnamen Bqvgin, Mölltal pqat, h$at, kxüatß, featikx „fertig" (und z. T.<br />
aus mhd. Pergärn (Bergern, Berging) u. v. a.; in gga „gar", h$a „her", tia „Tür" usf. ). — 4. Dane-<br />
vereinzelt gilt auch geßtyn, (gestern) usw. — ben neigte seit dem ausgehenden 13. Jh. die mit-<br />
3. Schon die bisherigen Verhältnisse vor -l und telbair. und steir. Verkehrssprache zum Wandel<br />
-n haben die Sonderstellung <strong>des</strong> -r- vor Zahn- von -rt zu -t; das beweisen Reime wie bartjlidt und<br />
laut angedeutet. Am stärksten tritt diese Eigen- ähnliches z. B. beim Wiener Jans Enikel und beim<br />
willigkeit bei -rt und -rz (lies -rtß) hervor. Wir Obersteirer Ottokar aus der Gaal sowie entspre-<br />
wollen uns auch hier, an die Verweisungen in § 50 c 2 chende Urkundenschreibungen gegen 1300 aus den<br />
erinnernd, höchstens nebenbei um die Entwick- mittelbair. Gebieten und seit 1300 aus der Steierlung<br />
der einzelnen mhd. Vokale vor -rt bemühen mark. Im obersteir. Obermurgebiet bestehen z. B.<br />
und entsprechend unserer Absicht, hier nur den pgt (Bart), het (Herd), khuts (kurz) noch jetzt als<br />
Mitlautstand zu untersuchen, das Schwergewicht bäuerliche, etwas verkehrsläufigero Lautungen<br />
auf den Konsonantismus verlegen. Maßgebend neben ganz echtem pg~£t, h%st, khüits (vgl. Einltg. 50),<br />
wurde für die kommenden Wege der im § 50 a außerdem neben den noch „höfischeren" Formen<br />
dargelegte Wechsel von Zungen- und Zäpfchen-r port {pQ'lt), hgrt (hart, holt) und khurts (khülts) und<br />
in den einzelnen Gegenden. Seit 1300 zeigen uns schließlich neben städtisch-verkehrssprachlichem<br />
die mittel- und südbair. Urkunden den Wandel pgot, hqot, khüvts. Aus dem lebendigen<br />
von -r- vor -t bei lingualer Aussprache zu -(r)S-, Durcheinander fließen „falsche" Über- und Rück-<br />
bei gutturaler Aussprache zu -(r)x- an, so daß bildungen, z. B. dr $ütc (der erste), wut (Wurst);<br />
z. B. bg(r)H (Bart) und h£(r)sd (Herd), bgvhd, tr$stn (treten), pr$DSlv (breiter) sowie die Misch-<br />
h$Däd bzw. bg(r)xd und h
§ 50 e 5—e 9<br />
ganzen steir. und im oberen oberösterr. Ennsgebiet,<br />
im oberen Ybbs-, Erlaf- und Türnitztal, ja sogar<br />
um Weiz in der Oststeiormark (b$Dsdlmüvdv), wo<br />
sonst gleichfalls von altem -Sd- nichts übrig ist.<br />
So wie im Zillertal *v$arzv zu v$a7m wurde, entstand<br />
südlich angrenzend im Ahrntal umgekehrt<br />
aus pustert. lldhe (Rauchluke oberm offenen<br />
Herd) „fälschlich" lidfrjze oder gar lidßße. Für<br />
richtiges -t- troffen wir in der Oststeiermark und im<br />
mittleren und südliehen Burgenland strichweise -xtin<br />
stüixtn, Sdüaxdn, Sdüvxdn (Stute), rüixtn (Rute),<br />
tßivxtD, dslvxdv (Vordeichsel) aus mhd. stuote,<br />
rvote, zieter und im südlichen Burgenland und im<br />
steir. Unterraabtal -vt- in sgvtn (Schatten), als<br />
läge älteres Scharten zugrunde. — 6. An der burgenländisch-stoir.-niederösterr.<br />
Dreiländerecke begegnet<br />
uns die sonderbare Lautung huvßtn<br />
(Husten), als handelte es sich um ein mhd. *hurste<br />
und nicht um das wohlbezeugte mhd. huoste; überdies<br />
troffen wir huvßtn im Westen von Nieder- und<br />
im Osten von Oberösterreich neuerdings. Belege für<br />
Vortauschungen von mhd. -st-, -rt-, -ht- u. ä. wurden<br />
auchEinltg.52u. §32 b5 erwähnt. Aus solchen Beispielen<br />
ersieht man die mannigfachen Überschichtungen<br />
von -xt- und -st- und die darauf<br />
begründeten vereinzelten Umreihungen von -rst-,<br />
-rht-, -rs-, -h-, -st-, -t-, -ht- im Umkreis solcher<br />
Verwechslungen. Begnügen wir uns aus der reichen<br />
Fülle diesbezüglicher Abirrungen mit unseren<br />
Beispielen. — 7. Mit Hilfe von solchen Umreihungen<br />
und von Restformen sind wir imstande, auch für<br />
solche Gegenden, in denen jetzt die Vollreihigkeit<br />
von -st- und -xt- längst beseitigt worden ist, ihre<br />
einstige Existenz nachzuweisen. Wir erinnern nochmals<br />
an die vorhin erwähnten Ausweitungen der<br />
falschen -Sd- in Bcrcht, an die falschon -xt- in Stute,<br />
Rute, Zieter und Schatten und an die falschen<br />
Formen bei Gerste und Ferse, die bis an den Loch<br />
und bis ins Burgenland ausstrahlen. Hier gibt es<br />
noch weitero erwähnenswerte Beispiele. Zwischen<br />
Waidhofon a. d. Thaya und Türnitz zieht sich ein<br />
schmaler Streifen von Süden nach Norden, wo das<br />
erwähnte huvßtn mit falscher Rückbildung als<br />
huvttn entgegentritt. Diese neue Lautung wurde bestimmt<br />
beim Ersatz der einstigen bgüSd, h$vsd,<br />
die hier mit -Sd längst nicht mehr vorhanden sind,<br />
durch bgvd und hqod irrtümlich mitgenommen und<br />
auch hier -t- für -st- eingesetzt. Im Worte Erdbeere<br />
wird qs(d)bt), %vs(d)bn im niederösterr. Donautal<br />
von Krems westwärts und in Oberösterroich<br />
zwischen Steyr und Enns restweise gebraucht,<br />
wo es sonst kein -sd- mehr gibt. Bei Erdbeere ist<br />
außerdem im Verbreitungsgebiet <strong>des</strong> oberösterr.<br />
-xd- ausnahmsweise -Sd- im Hausruck- und Traunviertel<br />
stehen geblioben. Die Verbreitung von<br />
huvtln und $(n)S(d)bv außerhalb der Gebiete mit<br />
-x- und -S- enthält die Karte 27. In heimgarten<br />
(einen Abendbesuch abstatten) treffen wir hgv n -<br />
gDstn als -s- Restform in Oberbayern noch bis Ascholding<br />
(südl. von München), Attel am Inn und<br />
Obing. Das ergiebigste und durch Restformen am<br />
weitesten verbreitete Beispiel ist ohne Zweifel<br />
Turd (Hafertrespo) aus ahd. turd. Turd ist als<br />
Unkrautbezeichnung eine rein bäuerliche Wortvorstellung,<br />
seine Lautgebung gehört wie die<br />
aller Unkrautnamen zum bodengebundensten Wortgut,<br />
das es gibt; es ist nirgends verkohrssprachlichen<br />
Überschichtungen ausgesetzt, zumal es der<br />
Hoch- und Schriftsprache gänzlich fehlt. Seine<br />
Lautungen wiegen als schriftsprachefernes Bauernwort<br />
in der historischen Betrachtung besonders<br />
schwer. Wie weit hier -sd- und -ard-Formen jenseits<br />
der Grenze der allgemeinen Gültigkeit von<br />
•Sd- und -xd noch vorkommen, vermerkt wieder<br />
die Karte 27, diesmal als dicko Linie über das<br />
126<br />
Schwarzkolorit hinaus. Wir entdecken düvsd<br />
noch im obersten oststeir. Feistritz- und<br />
Lafnitztal, im größten Teil von Niederösterreich<br />
und Südmähren, im Raum zwischen Landshut<br />
(Niederbayern), Aichach (Oberbayern), Eching,<br />
Sauerlach und Zorneding; südlich davon gilt düvsd<br />
auf Sundergauer -a;d-Gebiet; düvxd treffen wir<br />
ferner neben bgvd, h§vd usw. im oberbayr. Unterinntal.<br />
Falsche Überbildungen, wie dvr yott\ (der<br />
erste), nin(d)vd (nirgends, bair. Hinderst), gn(d)vd<br />
(anders) gibt es vereinzelt in Niederösterreich und<br />
in der Oststeiermark. In Teilen von Unterkärnten<br />
gilt gpgrtn aus mhd. äborste (Flachsabfälle) und<br />
prgSt (oberer Ackerrain) aus mhd. brort, im oberkärntn.<br />
Mölltal heißt die Schwarz-, d. i. die Heidelbeere,<br />
(t)swg(v)S(ts)pamit-st- statt gemeinkärntn.<br />
swgrtspr mit -rt-. Ungemein weit verbreitet sind<br />
die falschen Rückbildungen gamßbgvd (Gemsbart)<br />
und bgodwis (Bartwisch, Haarbesen); sie beruhen<br />
auf älterem Gämßborst, das sind die Borsten, die<br />
dem Gemsbock am Rückenkamm wachsen und<br />
auf Borstwisch, das ist der Besenwisch aus Borsten;<br />
enthalten ist darin das mhd. Wort borst (Borste),<br />
das heute im Bair. meistens veraltet und ausgestorben<br />
ist. Der Qämßborst kam als Sache zur Zeit<br />
Kaiser Maximilians <strong>des</strong> letzten Ritters in habsburgisch-höfischen<br />
Kreisen auf, der Borstwisch in<br />
gewerblichen Kreisen, beide Wörter entstanden<br />
vermutlich um 1500, wahrscheinlich zuerst bei<br />
Hof und in Wien. Bald nach 1600 kam offenbar in<br />
Wien die Zeit, wo man altes -sd durch -d ersetzte,<br />
jenes -sd, das in düvsd (Turd) in einigen Bezirken<br />
von Großwien bei Weinhauern noch bekannt ist;<br />
man ersetzte h$vsd (Herd) durch eleganteres hqvd<br />
und bgüSd (Bart) durch bgvd; dabei nahm man<br />
irrtümlicherweise das klanggleiche bgvSd (Borste)<br />
mit und stellte Gemsbart, Bartwisch für Gämsborst<br />
und Borstwisch. Die neuen Formen gelangten<br />
bald weit über Wien hinaus, sie kamen bis in die<br />
nhd. Schriftsprache.— 8. Die allgemeine Lautentwicklung<br />
von -rst und -rs wurde schon unter<br />
§ 32 b 7 behandelt, zu deren gelegentlicher Umbildung<br />
zu -h-, -x-, -(r)xt-, (r)st, -st usw. s. oben und<br />
§ 32 b 5. — 9. Die Geminata -rr- erfährt in einigen<br />
Landschaften dieselbe Behandlung wie -r- vor -t.<br />
Im Unterpongau lauten die Wörter Narr, burren<br />
(sausen, vom Wind), darren und derren (dörren),<br />
Garren (Karren) altmundartlich ngS, bicSn, däSn<br />
oder <strong>des</strong>n, gQSn, ebenso im steir. Ennstal und im<br />
westlichen Ausseer Land; im Oberinnviertel mit<br />
dem Nordrand <strong>des</strong> Flachgaus und mit einigen<br />
angrenzenden Gemeinden <strong>des</strong> Salzachgaues gilt<br />
dafür ngüx, büvxtn, divxtn, Sbivxtn (sperren) 4 ), in<br />
einigen mehrfach auftretenden Ortsnamen, in<br />
Ghäx (Kaeh) und Ghäxv (Kacher) aus mhd.<br />
Gehärre, Gehärrer sind derartige -x- restweise in<br />
großen Teilen von Oberösterreich nachweisbar; -xin<br />
ngx, ggxn, güxn (Gurre, alte Stute), püxn,<br />
Spexn (den Wagen bremsen; sonst Spidgty) gilt im<br />
westlichen Ausseer Land, im steir. Mitterennstal,<br />
um Hallstatt und Ischl, um Abtenau und im<br />
Lungau mit dem Katschtal. Im obersten*. Obermurgebiet,<br />
im Lavanttal und (alt) in der Weststeiermark<br />
wird wohl -rn zu -dn (s. § 50 e 2), -rren<br />
bleibt aber in der Bauornsprache als -rn (strichweise<br />
auch als -vdn) davon getrennt, ggrn, gurn<br />
(ggvdn, güvdn) heben sich scharf von jgdn (fahren),<br />
tüdn (mhd. turn „Turm") ab. Auch sonst bleibt<br />
der Unterschied zwischon -rn und -rren gern<br />
4 ) Im größeren Teil <strong>des</strong> Bair. ist mit älterem<br />
speren mit einfachem -r- zu rechnen. Zum Nebeneinander<br />
von einfachem Mitlaut und von Doppelkonsonant<br />
bei einigen alten -;a-Vcrbon im Bair.<br />
und Oberdeutschen s. § 34 e.
gewahrt, z. B. im Lungau ggxn und fggr},i m Pinzund<br />
Pongau gg'n und fgu'n usw. Eigenartig sind<br />
die Verhältnisse im Osten, -rj, ist in der südlichen<br />
Oststeiermark für -rren wesentlich weiter verbreitet<br />
als -ry für -rn und gilt in püv'v,, d^ry oder dltfry<br />
(dörren), ggt^ry, gütfry, sp^ry oder spl^ry; Spiofrjgty<br />
entspricht sonderbarerweise auch in der Südhälfte<br />
der Sprachinsel Iglau. Soweit es sich nicht um<br />
Zeitwörter handelt, erscheint dafür in der nördlichen<br />
Oststeiermark und in großen Teilen <strong>des</strong><br />
Burgenlan<strong>des</strong> -m in gün'm, soweit das Wort Gurre<br />
noch vorkommt, und in ggv'm (Garren, Karren).<br />
Ggv'm aber hat darüber hinaus ein mächtiges Verbreitungsgebiet.<br />
Es beherrscht Niederösterreich<br />
(ohne das Weinviertel), das Untermühlviertel bis<br />
ins östliche Südböhmen und ins westliche Südmähren,<br />
das oberösterreichische Eisenland mit<br />
dem steir. Unterennstal und mit Mariazell. —<br />
10. Die Lautfolge -rder wurde z. T. im 12. Jh. und<br />
energischer im 13. Jh. zu -der dissimiliert; es heißt<br />
mgdzr (Marder), föddrn, f$(v)dvrn (Geld fordern),<br />
kh$(v)ddr (Köder) aus ahd. mardar^ vordaron,<br />
querdar. Einige einschlägige Wörter sind im Aussterben:<br />
nfociar (nordseitig) besteht nur mehr in<br />
Tirol, sqoddr (Türgerüst) fürs Wohnhaus nur in<br />
Zarz und Deutschruth, für Stall und Scheune in<br />
Teilen von Kärnten und lebt versteckt in tirol.kärntn.<br />
(t)s^vderwait offn (ganz offen; von der<br />
Tür und vom gähnenden Mund) fort, vüdsr, vuddr<br />
(fort, weg) gibt es im Zimbrischen, in Zahre,<br />
Pladen, Zarz, Deutschruth und in Teilen <strong>des</strong><br />
Pustertals; zugrunde liegt ahd. nordar, skerdar<br />
und vurdir. In Randmundarten von Nieder- und in<br />
großen Teilen von Oberösterreich wurde in heivv(ri)<br />
(Herberge) das -r- auch vor Lippenlaut dissimiliert,<br />
f. 1. Auslauten<strong>des</strong> -r alter Starkdrucksilbe ist<br />
im Mittel- und z. T. im Südbair. geschwunden, und<br />
zwar gewöhnlich erst nach vorheriger Verzwielautung<br />
und Vokalisierung, z. B. in ggo (gar),<br />
h$v (her), dlv (Tür), üv (Uhr), jaiv (Feier), mäiiv<br />
(Mauer), /O/D (Feuer). Doch wurde es auch oft<br />
vor der Vokalisierung beseitigt, und zwar im<br />
südbair. Schwundbereich nur nach mhd. Vokalkürzo,<br />
nach fallenden Zwielauten und nach mhd.<br />
d und a, in mittelbair. Gebieten auch nach allen<br />
übrigen mhd. Vokallängen. Ohne vorherige Diphthongierung<br />
blieb es jedoch überall weg im Ahrntal<br />
(ggu, jai, joi), soweit nach dem Mhd. nicht -e<br />
weiterbestand (tlre, ürc, maüre); spurlos verschwand<br />
es nach Kürze außer nach e im Unterinnviertel,<br />
im Pinz-, Pon-, Flach-, Tennen-,<br />
Salzach- und Oberchiemgau, auch nach e im Lungau,<br />
in der Ober- und Weststeiermark mit dem Metnitz-,<br />
Obergörtschitz- und Lavanttal, im Salzkammergut<br />
und z. T. in der Oststeiermark, wo<br />
gg, hq, tl, ü, aber faio usw. herrscht. Nach alter<br />
Kürze besteht (außer nach i und u) Sch%vund z. T.<br />
im Hausruckviertel, im Sundergau und als Erinnerungsform<br />
vereinzelt südl. von Landshut; nach<br />
alter Länge im östlichen Niederösterreich und in<br />
den niederösterr. Randlandschaften. Sonach erscheint<br />
z. B. um Wien mäun, fä{v, gQn, in Westnieder-<br />
und Ostoberösterreich viäu, fäi (Feier),<br />
ggn, in Westoberösterreich viäur, fair (Feier), fcor<br />
(Fouer), g{>r, im Innvicrtel und im angrenzenden<br />
Altbayern meistens wieder maiio, /a/o, /o/o und<br />
gQn. Fürs kärntn.-steir. Grenzgebiet ist bemerkenswert,<br />
daß neben den Schwundformen auch<br />
Formen mit -r häufig sind; umgekehrt finden wir<br />
in Teilen <strong>des</strong> oberösterr. -r-Gebietes auch Nebenformen<br />
mit Schwund. Im Lavant- und Obermurgebiot<br />
entdeckt man bei ganz alten Bauern noch<br />
Unterschiede im Satzsandhi: vor Vokal, vor<br />
Lippen- und Gaumenlaut bleibt -r in gQr-gls<br />
(gar alles), ggr fiil (gar viel), ggr grgos (gar groß),<br />
§ 50 e 9—g 1<br />
vor Zahnlaut fällt -r weg: gg ts fül (gar zu viel),<br />
gg turn (gar dumm), v %g ts Igury (ein Jahr zu lange);<br />
vor n- und l- hört man -d: ggd, niks (gar nichts),<br />
ggd Igury (gar lang). Es gelten die Gesetze <strong>des</strong><br />
Wortinneren zum Teil auch im Satzzusammenhang;<br />
doch sind diese Trennungen nicht mehr bei<br />
allen Wörtern üblich. Es mag sein, daß das Schwanken<br />
zwischen den einzelnen Landschaften und bei<br />
den einzelnen Selbstlauten da und dort auf Auswahlsfestlegung<br />
aus den Varianten im Sandhi<br />
zurückgeht. Nach fallendem Zwielaut besteht im<br />
Vokalisierungsgebiet natürlich überall und ausnahmslos<br />
-v etwa in fiv (vier), i jir> (ich führe),<br />
biv (Bier) usw. In den nicht vokalisierenden südbair.<br />
Mundarten bleibt auch hier das -r, z. B. in<br />
kärntn. fiar usw. Im Mittelbair. ist -r- (außerhalb<br />
Oberösterreichs) als Hiatustilger im Satz weit verbreitet:<br />
düv-r-i (tue ich), dv büv-r-is gh$mv (der<br />
Bub ist gekommen) usw. — 2. Unter völlig anderen<br />
Voraussetzungen wurde in Westtirol wider Erwarten<br />
-r in einigen Wörtern weggelassen. Es handelt<br />
sich, wie so oft im Westen, wieder um einen Alemannismus.<br />
Während im alem. Dialekt ahd. mer (mehr)<br />
sein -r schon in mhd. Zeit verlor, zu mhd. me<br />
und jetzt sogar mit regressiver Nasalierung zu<br />
me n wurde, blieb im Bair. mir wie sonst immer mit<br />
-r bis um 1300 überall unangetastet erhalten und<br />
besteht im Südbair. bis jetzt fort; es fehlt aber bei<br />
me(n) das -r auch in Westtirol; so im tirol. Lechtal<br />
mit Lermoos und Ehrwald, im Oberinntal<br />
von Haiming westwärts, wo mi9 n gesprochen wird,<br />
ferner im ötz- und Passoiertal und ganz alt im<br />
Vintschgau mit m%n. Es kam in Westtirol sogar<br />
zur „hyperaleman. Schwundform" hqv (her) im<br />
Lech-, Oberinn- und ötztal und zu h$ im Passeier<br />
und im Vintschgau; hyperalemannisch, weil bei<br />
her im Aleman. selbst -r erhalten geblieben ist.<br />
Dagegen bleibt in diesen Gegenden in tirolischer<br />
und in aleman. Weise z. B. in gQr, iQr, tir usw. das<br />
-r durchaus stehen. Es fehlt in den genannten<br />
Westtiroler Landschaften -r wie im Aleman. in<br />
Schwachdrucksilben meistens mit ahd.-alem. Vokallänge,<br />
nämlich in nummv (nimmer), nis?iv<br />
(nirgends), auffo (herauf), in Stanz und Paznaun<br />
sogar in v grQnßßv (ein großer). Sie stimmen zu<br />
Vorarlberg, me, niimmv, nl9?w, uffv, vgrößßv, stellen<br />
sich jedoch gegen gemeintirol. mqvr, hq(n)r, ninddrst,<br />
au(ff)3r, v grQoßßar entsprechend dem bair.<br />
Mhd. Die westlichen Aussprachen sind erst im<br />
12. Jh. über den Arlberg hereingesickert. Das<br />
Zimbrischo der Sieben Gemeinden, jene Außenmundart,<br />
welche um 1100 von Westtirol aus kolonisiert<br />
worden war, bewahrt mit seinen älteren<br />
Lautungen m$nr, h$r, npnmar, n{nddrt, auffar, an<br />
grgßßar die älteren Westtiroler Formen.<br />
g. 1. Schwachdruckiges Auslaut-r in mager, Kinder,<br />
ein großer, Donner, ein kleiner, ein schwerer,<br />
Pfarrer, Schneider, aufher (herauf), nimmer usw.<br />
behält im Südbair. altes -ar bei, im Mittel- und<br />
Nordbair. wird dieses -ar zu -o vokalisiert. -9r bleibt<br />
im oberbayr. Lechrain mit dem Werdenfclser<br />
Land, in Tirol (ohne Pustertal, ohne dos Iselgebiet 5 )<br />
und tw. das Unterinngebiot), in Kärnten (ohno<br />
Obermöll- und Katschtal und ohne Lurnfcld 5 )),<br />
(ganz alt) im Lungau, im obersteir. Obermurgebiet<br />
und in Teilen der Weststeiermnrk, ferner in allen<br />
Außenmundarten, um Ncubistritz-Neuhaus, um<br />
Prahlitz-Porlitz in Südmiihren und im Burgenländer<br />
Seewinkel, also in Binnenmundarten, dio sich<br />
auch sonst oft durch besondere Konservativität<br />
h ) Im Iselgebiet, im Lienzer Becken, im Mölltal<br />
und im Lurnfeld gilt in möga, khinda usw. deutliches<br />
-a. Auch im Oberdrautal setzt sich dieses<br />
eigenartige -n an Stelle <strong>des</strong> ganz alten -vr.<br />
127
§ 50 gl—g5<br />
auszeichnen. Doch sind die Auslaut-or im Oberdrauund<br />
Mölltal, im Lungau, im Lieser-, Metnitz-,<br />
Görtschitz- und Lavanttal sowie im Obermurgebiet,<br />
in der Weststeiermark und im Seewinkel im Begriffe,<br />
durch -», -a völlig ersetzt zu werden, und<br />
mggn, khindv usw. dringt gegen mggvr, khindvr<br />
stark vor. Die Vokalfärbung vor diesem erhaltenen<br />
-r schwankt zwischen silbischem -r (nördliches<br />
Mittelkärnten, Zarz, Deutschruth, einige Tiroler<br />
Hochtäler), -sr (hauptsächlich in Tirol, in Gottschee)<br />
und -trr, das am weitesten verbreitet ist. —<br />
2. In einigen Streugebioten der Mittelsteiermark<br />
vermochte -v aus älterem -er weitere Endungen<br />
an sich zu ziehon, die genau genommen gar nicht<br />
dazugehören. Man sagt z. B. um Mureck und<br />
Radkersburg äujv (hinauf), $wo (hinab), die nunmehr<br />
mit änfv (herauf), §wv (herab) klanggleich<br />
sind, sagt fläisv (fleißig), khinv (König), ev hgt mv<br />
(er hat mich), miv fiz'n dv (wir führen dich) und<br />
danachsogarim Starkdruck wua (mich) unddia(dich).<br />
Umgekehrt wird in anderen mittelsten*. Gebieten<br />
nach altem und „richtigem" fläisi, khinj, äufi<br />
(hinauf), go hgt m\, mi9 ßd'n d\ wiederum übertrieben<br />
auch äufi (herauf), hgt m\ (hat mir) und<br />
danach wieder im Starkdruck ml (mir), dl (dir)<br />
sowie kitäudi (Staudach), mgu n t\ (Montag), ja<br />
sogar pfgryr\ (Pfarrer) und dergleichen gesprochen,<br />
die in der übrigen Steiermark -o aufweisen. Vereinzelt<br />
„falsche" -j-Formen entdeckt man noch<br />
im benachbarten Burgenland. — 3. In den beharr -<br />
samon südbair. Mundarten wird je nachdem, ob<br />
im Schwachdruck alter Kurz- oder alter Langvokal<br />
vorausgegangen war, in überraschender Konservativität<br />
-ar und -ar auseinandergehalten; z. B.<br />
im Obersilltal zwar mggdr, kxindar, a grÖ9ßß3r,<br />
a Swärddr, aber pffgrrar, snaidar, nimmar (nimmer),<br />
ferner aüijar (herauf) mit -ar, weil mhd. üf her erst<br />
spät zu einem Wort zusammenwuchs und dabei<br />
das e als Länge gewertet wurde, schließlich im<br />
Komp. v seiertal als tirol. Hochtalmundarten, ferner im<br />
Gail- und (ganz alt) im Obergurktal. Im Pusterund<br />
Lesachtal kehrt die Differenzierung in modifizierter<br />
Form wieder; für -ar steht -Q, für -ar aber<br />
-o: mqgq, khindq, a grQasg usw., aber pfgrra, änaida,<br />
nimma, auua, präta, elta. Über die Nachwirkungen<br />
<strong>des</strong> silbischen -r, aber nicht <strong>des</strong> -ar bei der Ausbildung<br />
<strong>des</strong> Gleitlautes -d- nach -n-, -l- und -rs.<br />
§ 27 j und § 28 c 1, Fußn. In den südbair. Außenmundarten<br />
wird übrigens in gleicher Weise zwischen<br />
mgxtdr (macht ihr) und mgxtar (macht er) getrennt,<br />
jenes mit der Schwachdruckform <strong>des</strong> pluralischen<br />
iar (ihr), das aber im bair. Binnenland durch das<br />
ursprünglich nur dualische eß (ihr beide) verdrängt<br />
worden ist. Die Unterscheidung zwischen -ar und<br />
-ar läßt sich in den südbair. Urkunden (insbesondere<br />
kleiner Kanzleien) bis ins 13., in Tiroler Urkunden<br />
bis ins 14. und 15. Jh. verfolgen; die<br />
Verhältnisse in den mittel- und nordbair. Urkunden<br />
lassen dagegen schon fürs ausgehende 12. Jh.<br />
echtmundartlichen Zusammenfall vermuten. Im<br />
Zimbrischen der Sieben und Dreizehn Gemeinden<br />
und an den Kändern <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> gibt es<br />
sogar eine Dreiteilung; hier kommt als drittes -or<br />
aus ahd. -or dazu. In den Sieben Gemeinden stehen<br />
sonach drei Reihen nebeneinander: -ar in mcupr,<br />
kxind9r, an grgßßdr, maxxdtar (macht ihr); -ar<br />
in znaidar, auffar, nimmar, maxx^tar (macht er);<br />
•or in prötor (breiter, Komp.), eltor. Übrigens wurde<br />
das ahd. Komparativsuffix -or nur im Bair. verallgemeinert.<br />
Das Alemannische entschied sich<br />
dagegen für die Verallgemeinerung <strong>des</strong> anderen<br />
Komperativsuffixes -ir mit Vokalkürze. Daher<br />
gehen schon im Allgäu (und im Bregenzer Wald)<br />
bräitr, eltr mit ihrem -r mit mägr, kx\ndr, maxtr<br />
und nicht mehr mit -ar mit pfärar, &nidar, uffar. —<br />
4. Älteres -9r (nicht aber -ar) kann mit vorausgehenden<br />
Mitlauten einige auffällige Verschmelzungen<br />
eingehen. Es heißt im Lungau mit dem kärntn.<br />
der Steigerimg prgvtar (noch breiter) und Katschtal dg<br />
eltar (älter); sie weisen auf Verallgemeinerung <strong>des</strong><br />
einen ahd. Komp.-Suffixes -6r; das andere ahd.<br />
Komp.-Suffix -ir (vgl. ahd. höh&r; eltir) hatte aber<br />
vorher den Umlaut durchgedrückt. Auszugehen<br />
ist so von ahd. magar, *kindir, ein grözzer (mit<br />
bair.-ahd. kurzem -e-), ein swärer mit Schwachdruckkürzo<br />
gegon pfarrdri, sniddri, niomer, frühmhd.<br />
*üfher, ahd. breit&r, *eltor mit Schwachdrucklüngo.<br />
Die gleiche Unterscheidung besteht in Zarz,<br />
Deutschruth, Piadon, Zahre und (toilw.) Gottschee<br />
und in Tischlwang als südbair. Außen- und im<br />
ötz-, Stubai-, Sill-, Ziller-, Obereisack- und Pas-<br />
n x (Donner), a kxlgv n x (ein kleiner),<br />
ebenso v Siväx (ein schwerer), jedoch kxl^pnv (noch<br />
kleiner), Swärv (noch schwerer), Iqvrv (Lehrer).<br />
Ähnliches finden wir im Zillertal, im steir. Mitterennstal<br />
und im Oberinnviertel. Dg n §, v kxlgn n s,<br />
v SwäS hört man, allerdings stark veraltet, im<br />
Pongau und im obersten steir. Ennstal. Das -rmacht<br />
dabei dieselben Wandlungen durch wie vor<br />
folgendem -t und wie für -rr. — 5. Die Endung<br />
-rar wird, gleichgültig welcher Herkunft, in der<br />
ältesten Bauernmundart <strong>des</strong> östlichen Mittel- und<br />
Unterkärntens zu -rl dissimiliert: pjgrl (Pfarrer),<br />
l l (Lehrer), v äwarl (ein schwerer).<br />
128
Erläuterungen: Kursiv gedruckt sind die<br />
mhd. Laute, die schriftdeutschen Ansätze für die<br />
Mundartwörter und die bemerkenswerten Lautungen<br />
von Ortsnamen; in Antiqua gedruckt sind<br />
die Namen der Verfasser wissensch. Arbeiten; in<br />
Normaldruck sind die Orte, die Sprachlandschaften<br />
und die grundsätzlichen Spracherscheinungen. —<br />
Abkürzungen: ahd. = althochdeutsch, Bö. =<br />
Böhmen, Bu. = Burgenland, Edg. = Endung,<br />
Egerl. = Egerland, It. = Italien, Jugosl. = Jugoslawien,<br />
Kä. = Kärnten, Mä. = Mähren, Mir. =<br />
Mittelfranken, mhd. mittelhochdeutsch, Nb. =<br />
Niederbayern, Nö. = Niederösterreich, Ob. =<br />
Oberbayern, Ofr. = Oberfranken, On. = Ortsname,<br />
Oö. = Oberösterreich, OpI. = Oberpfalz,<br />
Sa. = Salzburg, St. = Steiermark, Südbö. = Südböhmen,<br />
Südmä. = Südmähren, Südtir. = Südtirol,<br />
Tir. = Tirol, Ufr. = Unterfranken, Va. =<br />
Vorarlberg.<br />
Die Zahlen <strong>des</strong> Registers beziehen sich, wenn<br />
nichts davorsteht, auf die Paragraphen und nicht<br />
auf die Seiten. Ist die Zahl lett gedruckt, so wird<br />
im betreffenden Paragraphen über das Stichwort<br />
besonders ausführlich gehandelt. Steht vor der<br />
Zahl Vw., so ist damit das Vorwort, steht vor der<br />
Zahl E., so ist damit die Einleitung gemeint.<br />
Vorgesetztes K. verweist auf eine der dialektgeographischen<br />
Karten 1 bis 27; steht nach der<br />
Zahl Fn., so ist die zum betr. Paragraphen gehörige<br />
Fußnote gemeint. — Damit der Leser die Sprachlandschaften,<br />
die Gegenden und Täler und die<br />
Orte <strong>des</strong> Textes auffindet, sind 4 HHfskarten beigegeben.<br />
Im Register Bind sie mit III, 112, H3, H4<br />
bezeichnet. Die darauf folgenden Buchstaben<br />
und Zahlen weisen nach Schachbrettart auf das<br />
bestimmte Viereck der betreffenden Hilfskarte;<br />
z. B. nach Aichach gibt H4 die Hilfskarte 4 an,<br />
c3 den Schachbretteil dieser Hilfskarte.<br />
Register<br />
a, mhd., Vw. 13; - E. 21, 40, 50; - 1, 4a2/4,<br />
5cl/4, 7a3, lla2/7/8/9, 20el, 27h2, 34i4; K. 1<br />
und 10.<br />
d, mhd., Vw. 13; - E. 32, 50; - 1, öcl/4, 20el,<br />
34i4; K. 1.<br />
ä, mhd., Vw. 13, 17; - E. 23, 40, 43; - 2, 7a3,<br />
9b, 20/el/o3, 23cl, 34i4; K. 2.<br />
a,mhd., Vw. 13; — E.23, 43; - 2, 7a3, 9b, 20g2/o3;<br />
K. 2.<br />
Abc 1 q.<br />
Abfaltersbach, Tir., 50e3, H4e5.<br />
Abirrungen E. 48.<br />
Abtei 13 o.<br />
abteieri8ch 4a4, H3dö.<br />
Abtenau, Sa., 14b2, 16j2, 50b3/e4/8, H3e4/f4.<br />
Abwandlung Vw. 10; — E. 39<br />
Achenseo, Tir., 14bl, H3d3.<br />
Achse, Achse Ip3, 20g2; s. Wb.<br />
Aderktaa, On., 38 c 4.<br />
Afers, Südtir., 50e3, H4d5.<br />
Affrikaten E. 37.<br />
Affrikatendissimilation 34dl, 37a/bl, 39al.<br />
•ah-, mlid., lj.<br />
Register<br />
Ahrntal, Südtir., 4a2, 5bl/e2, 10b2, Ilb3, 14b2,<br />
18al, 23a3, 27gl/c3, 34i2, 46c2/h9, 50d4/e2/5/fl,<br />
H3d4.<br />
Ahorn lj, 50e2; s. Wb.<br />
Aichach, Ob., 3k, 16b2, 17d3, 33al, 50e7, H4o3.<br />
Aigen, Oö., 17d3, H4f3.<br />
Aktive Mundarten E. 22.<br />
Akzent Vw. 11, 12, 15; — E. 17, 36, 29, 33; —<br />
10a2, 20b/h4, 27h2/jl/k2.<br />
-al-, mhd., lgl/4/i/o, 5cl, 20hl.<br />
alemannisch Vw. 4, 5, 6, 9; — E. 23, 24, 46; —<br />
lbl/2/k/p2, 3c/gl/6, 4gl, 5c2/3/4, 9b, 21al/bl/<br />
dl/5, 22a3/ 7, 23cl, 26b4, 27a4/b/ c5/5Fn., 30a,<br />
36a3, 37a, 38c2, 46f3/hl/2, 50g3; — hochalem.<br />
6a2; — höchstalem. lk; — mittelalem. 5c2, 6a2,<br />
7a2; — niederalem. 5c2, 13c, 16c5/d; — südalem.<br />
E. 21, 39; - 4al/4/c3, 6bl/2/c2, 7a2,<br />
13a2/c, 16c5/d, 21d3, 22c5, 26bl, 27h2, 29e4,<br />
34el/i2/k2, 46i6, 49cl.<br />
Alemannismen E. 4, 22, 23, 24, 39, 43; — 2g4,<br />
20g4/m3/o5, 21bl/2/d5, 22c5, 27b, 46hl, 50fl.<br />
Allgäu, Schwaben, E. 21, 23; — 7g6, 18al, 21bl,<br />
22c6, 31b2, 33b4/e4, 38i2, 50g3, H3b4/c4.<br />
Alpbach, Tir., 46h9, H4d4.<br />
Altbayern Vw. 4, 5; — E. 1, 8, 9, 28; - lc, 3m4,<br />
4g2, 5gl, 7gl, Ila4/d2, 13dl, 14b2, 16j5, 20g2/<br />
hl/il/2, 29e4, 33c, 38c2, 49c7, 50ol/fl, H2.<br />
Altdorf, Mfr., 3e4, H4o2/d2,<br />
Altenmarkt, Pongau, 28b3, H4d4.<br />
Altenmarkt a. d. Traun, Ob., 16b5, H4o3/4.<br />
Altersmundarten Vw. 6; — E. 12; — 3g2.<br />
althochdeutsch E. 3, 12, 13, 20, 33, 84-36, 46.<br />
Altmannsstoin, Opf., 32b5, H4d3.<br />
Altmühltal, Mfr., 24a3, 34clO, 46h5, H3c2/3.<br />
Altomünster, Ob., 33dl, H4c3/d3.<br />
Amberg, Opf., E. 18; - lil, 13dl, 16e2, 28b2,<br />
33b5, H3d2.<br />
Ammergau, Ob., 313, 21b2, H3c4.<br />
Ammerseo, Ob., Ib2, 2d2, 3m3Fn., 14b2, 38a4,<br />
46hl/9, H3c3/4.<br />
Amstetten, Nö., E. 18; — 34c6, H4g3.<br />
•an-, mhd., In, 3n2, 5e5, 7e2, 11dl.<br />
-an-, mhd., In4, 7e3, 11dl.<br />
analoger Umlaut Vw. 19; — E. 48; — 2h, 6b, 13j,<br />
20g7/n, 22a2/b2, 23c2.<br />
Änel 46c4, K. 23; s. Wb.<br />
Ansageformen 27a2.<br />
Anzing, Ob., El;- H4d3.<br />
aper 31dl; s. Wb.<br />
Apokopo E. 33; - 27d2, 34i2/k2/6, 37c.<br />
-ar-, mhd., E. 41, 47, 50; - lh, 313, 6cl/gl/3, 20dl/<br />
g2, K. 8.<br />
Arbeiter E. 7, 14.<br />
Archaismen 27h2.<br />
ArlbergE. 1, 23; H3b4.<br />
Arnsdorf, Nb., 49b4.<br />
-art-, mhd., lg/hl.<br />
Asch, Bö., E. 1; - 13h, 17dl, 22a5, 23b2, 34c6,<br />
46h9, H3dl.<br />
Asche, Äsche lpl, 26b3; s. Wb.<br />
Ascholding, Ob., 50o7, H4d4.<br />
Äse 2gl; s. Wb.<br />
9 129
Register<br />
Atem 48b4; s. Wb.<br />
Attel, Ob., ö0e4/7, H4d3.<br />
auch 21b2.<br />
Auerling, Kä., 34j2, H4g5.<br />
Augsburg, Schwaben, Ib2, 14b2, 33b5, 34cl/10,<br />
46h9, 50e4, H3c3; — Diözese, llbl, 20o5, 21bl.<br />
Auslautverhärtung E. 33; — 27c/d/e, 28cl/dl,<br />
33c, 34kl/2, K. 22.<br />
Auspitz, Mä., 39bl, H3i3.<br />
Aussee, St., Ila6, 16b5, 33c/e4, 38a6, 46h9, 50b3/<br />
c3/4/8, H3f4.<br />
Außonmundarten s. Sprachinseln.<br />
Außfem, Tir., 313Fn., 7g6, 20jl, 21bl, H3c4.<br />
b Vw. 10, 13; - E. 11, 24, 33, 85, 43; — 27al/4/6,<br />
30; - slawisches E. 34, 36; b zu v 27a4; — 6-<br />
25a6, 27c, 36a; - -b- E. 24; - 25a3, 27e/gl/6/<br />
hl, 30a, 42al; - -b 27d, 28b2, 30a, 42al.<br />
Babenberger 20gl.<br />
bachteln E. 52.<br />
bägen, mhd., 2h.<br />
Balg 27d3.<br />
Balken 38c2.<br />
Bamberg, Ofr., 20g6, 38all, H3c2.<br />
bärzen 2g7<br />
Barn 48b3.<br />
Base, Ip3.<br />
Base Ip3.<br />
Bauer 29e4.<br />
Bauern E. 6, 9, 16, 25.<br />
Bauernlandschaften E. 14—22.<br />
Bauernmundarten E. 3, 5, 6, 7, 9, 10, 16, 17, 18,<br />
22, 41, 42, 45; - 24b, 27g6, 29e3, 32b5, 34k3,<br />
35d, 50b/e8/g6.<br />
Bauernwörter Vw. 15, 20; — E. 10, 11, 13, 15, 25,<br />
48, 49, 50, 52; - 3j5/p, Ild4, 20h2, 24a3, 28b3,<br />
30b, 33el/4.<br />
Baug 21d6, 22a3/bl.<br />
Baum 22a7.<br />
Bayern Vw. 5; — lq; 8. Altbayern.<br />
Bayreuth, Ofr., 2d2, 4dl, 28b2, H3d2.<br />
Bayrischer Wald 4f4, 7fl, 12a4, 13dl/el, 16b2/il,<br />
24a3, 28c3, 33c, 34c6/13/hl, 36b3, 50b, H3e2/3.<br />
Bayrisch-Zell, Ob., 3ro2, 32b5, H4d4.<br />
be-, Vorsilbe, Vw. 18; — 31cl, 36a3.<br />
Becher 3ol<br />
Beck (Bachanwohner) 25b2.<br />
Behauchungaverlust s. Tech.<br />
Beize 2011 .<br />
beizen 2011.<br />
Beilngries, Opf., 32b6, H4d2.<br />
belciten 20h4.<br />
-ben 30a2.<br />
Benediktbeuren, Ob., 3k, H4d4.<br />
Berchtesgaden, Ob., E. 10; — 1613, 20h2, 33b5,<br />
38a3/4, 46h4, 50o2/3, H3e4.<br />
Bergwerksgründungen 20gl.<br />
Bern (Verona) 36a3.<br />
beten 3el.<br />
Beunde 16e2, 20h3; s. Wb.<br />
Biest(.Milch) E. 52.<br />
Binnendialekte E. 16, 21; - 30, 31, 41, 2d2.<br />
Birkfeld, St., 33b5, H4h4.<br />
Birne 5h.<br />
bis 36a3.<br />
Bischof 36a3.<br />
bleichen, -cken 34el, 38c5; s. Wb.<br />
Bletsche 3g2; s. Wb.<br />
Bleuel 16f; s. Wb.<br />
Böhmen E. 2; — 28b2, H3.<br />
Böhmerwald E. 1, 39; - Ig4/ml, 3jl/3, 4f4/g3,<br />
5dl, 7fl, 13dl/el/h, 14c2, 17d4, 20hl/il/olFn.,<br />
24a3, 28c3, 29bl, 33b6/c/d2/e4, 34c6/13/k3, 36b3,<br />
39b2, 46d, 48b4, 50b/c3, H2, H3e2.<br />
130<br />
BOHNENBERGER, W., E. 22.<br />
böse 20g7Fn.<br />
Bösing, Slowakei, 4b3/4, 13h, 16b2, 18a3, H3i3/j3.<br />
boßen E. 49; — Ild4.<br />
Bozen, Südtir., E. 18; - 3d2/k, llbl, 28b2, 33b4,<br />
34J1/3, 50al, H3d4.<br />
Bregenzerwald, Va., 46clFn., 50g3, H3b4.<br />
Breme 2g5; s. Wb.<br />
BREMER, O., Vw. 24.<br />
Brennerpaß 3d5.<br />
Brett E. 39; — 3ol.<br />
Brief 36a3.<br />
bringen, brengen 7a5Fn.<br />
Brixen, Südtir., E. 18; — 2g4, 3d2, llbl, 34J1/3<br />
60al, H3d5.<br />
Brück a. d. MUT, St., E. 18; — 3d2, 34cl3, H3g4.<br />
Bruder 17a3.<br />
Bruneck, On., 4a3.<br />
Brunn, Sprachinsel, Mä., E. 15; — lfl, 2el/g5,<br />
3el/j5/13/ol, 4b4, 5c7, 6al, 7bl/e5/fl, 10dl, 13h,<br />
14b2, 16b2/h/i3/5/jö, 17c2/d4, 18a2, 20h4/n2/o3,<br />
21d4, 23a5, 24aö, 25a5, 27gl/4/i2, 29b3/e2, 30b,<br />
31d2, 32b2/3, 33bl/c/k2/3, 39bl/3, 46c3/d/i4,<br />
49c6, H3i2.<br />
-bt 29d.<br />
Budapest 13dl.<br />
Budweis, Sprachinsel, Bö., E. 15; — 2el, 3ol, 4b4,<br />
10d2, 13h, 14b2, 16b2, 20o3, 21d4, 25a5, 31d2,<br />
32b2, 34k2, 46c3/d, 49c6, H3g3.<br />
Bühnendeutsch E. 5, 8; - 23al, 27g4, 34i2/3, 44,<br />
49bl/c3.<br />
Burgenland E. 1, 20, 23, 29, 30, 34, 39, 51; -<br />
lg2/4/h2/nl/2, 3e2/jl/2Fn./m4/n3/4, 4b2/3/c2/<br />
f/g2, 5b2/cl/7/f2/g6, 7bl/el/4/gl, 7el/4/gl, 8c4,<br />
Ha8/d4/5, 12d/el/2/f/gl/i, 14cl, 16b2/dFn./f/<br />
gl/h/i3/j5, 17a6/c2/d4, 18a3, 20dl/jl/12, 21d6,<br />
22c4, 23a4/5, 27c7/gl, 29b3/4/cl/2/e3/6/7, 30b,<br />
31c2, 32b5Fn./b5/7, 33b6/c/d2/e4, 34b5/c3/6/10/<br />
12/13/i5/7/j4/k2/4/5/6, 36al, 37b2, 39b2/3, 40a,<br />
42b, 43b, 46fl/h3/4/ö/6/9/12/13/iö/6, 48a/b3,<br />
49c5/6/fl, 50c3/d2/e5/7/8, H2.<br />
Burgennamen s. Reuental.<br />
Bürgertum E. 5; — 3dl.<br />
Burggrafenamt, Südtir., 20jl, 29e2, H3c5.<br />
Burglengenfeld, Opf., E. 18; — 28b2, H4d2.<br />
Bu$ch(eri) 5h.<br />
büßen, -tzen 34el; s. Wb.<br />
Cesuna, Italien, 38al2, H4d6.<br />
ch Vw. 13; - E. 43; - 34al/dl/j, 43, 44; -<br />
frem<strong>des</strong> ch- 34b4; — -ch- 29b3, 34c9/i5/7; — -ch<br />
28b2, 34k4.<br />
Cham, Opf., 20c 1, 33b5, H3e2.<br />
Chiemgau, Ob., 20h2, 38a3, 49dl/2, 50e3/fl, H3e4.<br />
Chiemsee, Ob., E. 44; — Ila6, 50b/e6, H3e4.<br />
-cfo-Umlaut Ip3.<br />
Chur, Schweiz, 20g4, H3b5.<br />
Cihana, Bö., 17dl, H4c2.<br />
Cilli, On., 27g4, H3gö.<br />
Cimbern Vw. 11.<br />
comparativum s. Komparativ<br />
d Vw. 13; - E. 33, 42, 43; - 27a/6/gl/5/6/hl, 28; -<br />
d-27c, 28bl, K. 21; - -d- 28b3, 34b6, K. 21; -<br />
•d 27d, 28bl, K. 22; - d, frühahd., 27al.<br />
Dachau, Ob., 21b2, 33dl, H4c3/d3.<br />
Dachse 33e4, s. Wb.<br />
Dampf 42f2.<br />
dänisch 34c 1.<br />
Dürre 2j.<br />
Dativ 27dl, 33e2, 34k3.<br />
Datachitz, Mä., 50c3, H4h2.<br />
Daumen 14b2.<br />
davon 5el; 8. Wb.
Defreggen, Tir., 2gl, 4b5, 7c2, 10b3, 17a7, 20c2,<br />
H3d5/e5.<br />
Dehnung, neuhochdeutsche, s. Zweisilberdehnung;<br />
— Kärntner D. 3d5, 34j, 43b; — D. vor -r+<br />
Dental lg/hl, 3m, 27h4; — D. vor -r, -l 27h3.<br />
Deichsel 33b4; s. Wb.<br />
dein 14a3.<br />
Deisenhofen, Ob., 27g2, H4d2.<br />
Deminutiva 6a4, 46i5.<br />
derren 2j; s. Wb.<br />
Deutschgegend, Südtir., E. 15; — Id3, 5cl, lOd,<br />
Ild8, 50a, H3c5.<br />
Deutschlandsberg, St., 7fl, H4g5.<br />
Deutschpilsen, Sprachinsel, Ungarn, E. 15; — 13dl.<br />
Deutschproben, Sprachinsel, Slowakei, E. 15; —<br />
39bl.<br />
Deutschruth, Sprachinsel, Jugosl., E. 15, 36, 51; —<br />
Id3, 2dl/f2, 4b4, 5c3Fn., 6al, llbl, 20bl/5/d4,<br />
22c2, 23a3Fn., 25a5, 27b/g5/h2, 31e, 32a4/blFn.,<br />
33bl/e4, 34b3/4, 38al2/cl/2, 46c2/i6, 49cl,<br />
50el0/gl/3, H3e5.<br />
Dialektatlas, österr., Vw. 2, 5, 7, 22.<br />
dialekthistor. Quellen Vw. 6, 7; — E. 13, 18; —<br />
20a2.<br />
Dialektgeographie Vw. 19.<br />
dich 50g2.<br />
Dichter s. Reime.<br />
Dichtersprache Vw. 9; — E. 4, 13.<br />
Dieb 16b2/j5, 17a8, 27d3, K. 14.<br />
Dinkelsbühl, Mfr., 21h2, H4b2/c2.<br />
dir 50g2; s. Wb.<br />
DOLLMAYR, V., Vw. 5, 25c.<br />
Donaustraße E. 1, 17, 19, 44; - lc, 5d5, 7bl,<br />
18a2, 21al, 29el.<br />
Donauwörth, Schwaben, 33b5, 34clO, 46h9, H3c3.<br />
Donner 4el, 46e, K. 23.<br />
Dorfen, On., 5g2Fn.<br />
Dorfen, Nb„ 131, 28b2, H4d3.<br />
dörfen 6b.<br />
dort 5g5.<br />
Drasenhofen, Nö., lfl, 24a5, H4i3.<br />
Drautal, Kä., lnl, 3g2, 5cl, 7eö, 8c6, 10b5, 13g2,<br />
14bl/d2, 16d, 21d2, 29e2, 33e4, 46c4, 50al/b/gl,<br />
H3eö/fö.<br />
Dreiländerecke, bu.-nö.-st., lfl/jl, 33e4/5.<br />
Dreiländerecke, nb.-bö.-opf., 31i.<br />
Dreiländerecke, nö.-oö.-st., Ila7.<br />
Dreisilber 35c4.<br />
Dreisilberkürzung E. 83; - 3bl/el/f2/mlFn., 27i,<br />
34il/kl.<br />
Dreistammesecke, bair.-alem.-fränk., 38a5/6, 50b.<br />
Dreizehn Gemeinden, Sprachinsel, It., E. 15, 37,<br />
41; - lkl, 2ml/lFn., 4b4, 6al, 9al, Ilbl/d7,<br />
12a2/3Fn., 13i, 15a3, 16c3, 19, 20ml/3, 21b3,<br />
22a2/6Fn./c2, 23a3Fn., 24b, 26a, 28clFn./cl,<br />
31b2/4/c3, 32bl/2/4/c3, 32bl/2, 33a2/3/b4/d3,<br />
34b2/f/i5, 46c2/h7/8, 48bl, 49b2/cl/2/f4/g3, H3c6.<br />
dreschen 3o2.<br />
Drucksilben 34c 1.<br />
dumm 36b2.<br />
Duppau, Bö., 17dl, H4el/fl.<br />
dürfen 6b.<br />
Dürnhaar, Ob., 32b5, H4d3/4.<br />
e, mhd., E. 20, 44, 54; - 2c/d/e4, 3, 4h, öal, 7a3,<br />
10al/c2, 26, 27i3; K. 2, 3.<br />
e, mhd., Vw. 13; - E. 14; - 4, öal, 16b8/i, 20el/<br />
o5, 26.<br />
c, mhd., Vw. 13, 17; - E. 32, 54; - 10, Ilal/b3,<br />
12al/4, 17a2/7, K. 9.<br />
eben 3ol/6.<br />
Ebensee, Oö., 24a4, H4f4.<br />
Ebereberg, Ob., 33c, H4d3.<br />
Eching, Ob., 50e7, H4d3.<br />
Register<br />
Egel 2gl.<br />
Eger, Bö., lil, 34c6, 46c3, H3el.<br />
Egerde 3p; s. Wb.<br />
Egerland, Vw. 4, 17; - E. 1, 15; - In3, 312, 4dl/<br />
g8, 5f2/g4/5/6/8, 10c3, 13el/2/h, 17dl, 20gl/3/<br />
jl/k, 22c3, 23a5, 28b2, 33b6/c/dl/e2/4, 34cl/6/k6,<br />
39bl, 46d/h4/9/13/i6, 49c6, 50c3, H2.<br />
Egge 20o; s. Wb.<br />
Eggenfelden, Nb., 50d6, H4e3.<br />
-eh-, mhd., E. 44; — 3h.<br />
-eh-, mhd., 4e.<br />
-eh-, 3i, lOal/el.<br />
Eher 3p, 4e; s. Wb.<br />
Ehrwald, Tir., 2d2, 46h9, 50f2, H4c4.<br />
ei, mhd., Vw. 13; — E. 11, 30, 41, 43, 44, 46, 47,<br />
50; — 2e2, 5cl, HalO/b2, 16e2, 17a7/c3, 20,<br />
21b3, 42al, K. 10 und 16; — ei- im Hiatus 13c,<br />
16d, 20i.<br />
ei, mhd., 20al/o, 22a2/3/6, 27e.<br />
ei, mhd., 20o, 27f.<br />
Ei, Eier 20il/2.<br />
Eibiswald, St., 3el, H4g5/h5.<br />
Eichstätt, Mfr., E. 1; - Ie3, 20f, 28b2, 34cl, H3c3.<br />
Eide 20c; s. Wb.<br />
Eidechse 20o; s. Wb.<br />
-eil-, mhd., 14c2, 20k.<br />
-ein-, mhd., 17cl, 18h3, 20g7Fn./j, 21cl.<br />
ein-, Vorsilbe, 14a3; s. Wb.<br />
Einsiedel 23aö.<br />
Einsilber 20a2/f/h/j2, 38a6, 41b, 46o.<br />
Einsilberdehnung E. 33, 53; - ljl/o, 3bl/dl/5/el/<br />
fl/11, 20h4, 33dl/el, 34a2/c9/i5/k, 39al, 40a;<br />
K. 22.<br />
Einze, E. 7; — 20e3/ll/ml; s. Wb. -<br />
Eisacktal, Südtir., In5, 3k/ml, 4a2, 5cl/e2, 7a4,<br />
Ilb2/d8, 20il/jl, 21b2, 28cl/3, 34k7, 38a2, 46c4,<br />
50g3, H3d5.<br />
Eisenärzt, Ob., 33c, H4e4.<br />
Eisenerz, St., 34cl3, H3g4.<br />
Eisenland, Nö., 46i5, 50e8, H3f4/d3/4.<br />
Eisenstadt, Bu., 29b3, 34c3, H3i4.<br />
-el-, mhd., E. 23, 44, 50; - 2g4/5, 3d4/f2/j/k/l,<br />
4f2/3/g2, 7d2, lOal; K. 4.<br />
-el-, mhd., 3j3, 4f, 7dl/2.<br />
-el-, mhd., E. 44; - 3j/k, lOel.<br />
•2l 38a8, 49d.<br />
elf 20j4, 27g4Fn., 46c3Fn.; s. Wb.<br />
Elbogen, Egerl., 33c2, H4ol.<br />
Emphase E. 42.<br />
•9m 48b4.<br />
-e'n-, mhd., 3n, 7e2.<br />
-en-, mhd., 3nl.<br />
-in-, mhd., 10b3/4/5/d, lld7/8, 17cl/2.<br />
-an, Vw. 18; - E. 23, 24; - 3ilFn., 38a8, 39b3,<br />
46h/i; K. 24 und 25.<br />
Endungen Vw. 18.<br />
Enego, It., 31c2, H4d6.<br />
englisch E. 30.<br />
enhalb 46c3; s. Wb.<br />
Ennstal, steir., 2gl, 3d4/f2, 16b2/3, 20il/k, 29b2/c2,<br />
33c, 34i3, 35bl/e, 36b3, 38a3/4/6/9/10, 46h3/<br />
4/6/i6, 48b3, 49c6/dl/2, 50d3/o3/4/8/g4, H3g4.<br />
Ennstal, oö., 20h2/il, 34c6, 50e3/4, H3f3/4.<br />
-e'p-, mhd., 3i5Fn.<br />
-er-, mhd., E. 23, 44; - 2a4/5, 31m, 5gl.<br />
-er-, mhd., 4g, 7g4, 8c6, 16b4, 20n2; K. 6.<br />
-er-, mhd., 3m, 10e3.<br />
-3r, Vw. 18; - E. 7; - 27j2, 28clFn., 5012/g.<br />
Erbondorf, Opf., 2d2/f2, H3d2.<br />
Erdbeere 32b5, K. 27; s. Wb.<br />
Erding, Ob., E. 51; — 16e2, 33b5, H4d3.<br />
Ergctag 24b; s. Wb.<br />
Erinnerungsformen E. 12.<br />
Erlangen, Mfr., 13dl, H3c2.<br />
131
Eegister<br />
Erlauftal, Nö., E. 41; - 16gl/h, 17d4, 18a3, 20h2,<br />
32b7, 33b5/6/c, 50d3/e?/4, H3g3/4.<br />
-9rn 60e2.<br />
Ersatz, Vw. lö, 20; - E. 25, 27, 30, 45-56, 57; -<br />
3gl, 8c2, 16b2/3/6, 20g2/7/k/ml/o, 22a5, 29b3/e,<br />
34cl3/i7, 36b2, 38a9.<br />
-ert-, mhd., 3m, lOal.<br />
Erzgebirge E. 1; — H3el/fl.<br />
erzgobirgisch 3c, Hl.<br />
Eschbann 3p; s. Wb.<br />
Eschenloh, Ob., 13i, H4c4.<br />
Etschland, -tal, Südtir., Ild8, 20jl, 23a2, 28cl/3,<br />
38a5, H3cö/e5.<br />
etwas 3o2.<br />
euch E. öl; — 16dFn./j6/k.<br />
/ 8. v und ff.<br />
Fahrenzhausen, Ob., 29c2, 32b5, H4c3/d3.<br />
Falke 38c2.<br />
Falkenstein, Opf., 20cl, H4d2/e2.<br />
FaUdruck E. 29, 33; - 10b2, 20h4, 34J1/3.<br />
Farn 48b4; s. Wb.<br />
Fasching 42a3.<br />
Fehring, St., 34cl3, H4h5.<br />
Feiertag 13i; s. Wb.<br />
Feifalter Vw. 20.<br />
Feistritztal, St., 5o23/7, H3h4.<br />
Feldkirchen, Kä., 20g6, H4f5.<br />
fominina abstracta Vw. 19; — 2i, 6b, 20nl, 23cl.<br />
Fenster 3n2Fn.<br />
Forlach, Kä., 25a5, H4fö/g5.<br />
Ferse 3mlFn.<br />
Fersental, Sprachinsel, It., E. 15, 41; — Id2/n5,<br />
2el, 3d4, 4b4, 5c3Fn., 6al, 7cl/gll, Ild7, 16c4,<br />
20il, 21a2/d4, 22c2, 24a5, 25a5, 27dl/gl,28b2/cl,<br />
29cl/2/e2/6, 30b, 32bl/2, 34b2/3/f/i2/ö, 42a2/b,<br />
43b, 46c2/f/h6/8/9, 47b, H3c5/d5.<br />
Feuer, 12a2.<br />
Feuersbrunn, On., E. 16, 51.<br />
-ff(-) Vw. 13; - E. 43; - 34al/c9/dl/j, 43, 45.<br />
Filder, On. E. 39.<br />
finden, fcnden 7a5Fn.<br />
Finstermünz, Tir., 413, H4c5.<br />
FISCHER, H., 1.<br />
Flachgau, Sa., E. 10, 43; - Id2/fl/h3, 3d4/12Fn.,<br />
4c3/g2, 5g5, 7e4/fl/gl/13, 8c4, Ila6, 14b2/dl,<br />
16o3/g2/j5, 17d3, 20dl/hl/2/n2/olFn./o3, 22b3,<br />
25b3, 28b3, 33bö/6/c, 34c6/10/13/h4/i3, 35b2,<br />
38a3/5/6/c2, 46h4, 48b4, 49fl, 50c3/d2/el/3/8,<br />
H3e4/f4.<br />
Flecke 38c 1.<br />
Fleisch E. 3; — 20m.<br />
fliehen 33b 6.<br />
flöß, flöz 34el.<br />
Folgaria, Sprachinsel, It., E. 15; — Ikl/m5, 4b4,<br />
6al, Ilbl/d7, 13j, 18a2, 20cl, 22c2, 27dl, 29c2,<br />
33a2, 34f/i2/5, 46c2, H3c6.<br />
Forchach, Tir., Ib2, H4c4.<br />
Form 5g5.<br />
fort 5g5.<br />
Foza, It., 18a2, 20e2/f, 27g5, 31c2, 34f, H4d6.<br />
Fragant, Kä., 32b5, H4o5.<br />
fragen 2h.<br />
Franken, Vw. 4.<br />
französisch 20b, 34d4, 36b 1.<br />
Freisen 2012.<br />
Freising, Ob., E. 18; - Hd2, 20il/olFn., 28b2,<br />
29cl, 33c/dl, H3d3.<br />
fremd 4c 1, 48a.<br />
Fremdlaute 34 — 38.<br />
Fremdsprachen E. 2, 3, 8, 13, 24a, 25, 34-38, 57<br />
Freund 16e3/3Fn.<br />
friaulisch, Vw. 5, 20; - E. 10, 34, 35, 36; - 25a2,<br />
27c3, 32bl, H3eö.<br />
Friedberg, Südbö., 50o4, H4f5.<br />
132<br />
Friedberg, Ob., 7gl3, 16b2/H4a3.<br />
Friedenfels, Opf., 33e2, H4a2.<br />
•fs 31e.<br />
-ft 31bl.<br />
Fuchs 8b3.<br />
fünf 7a5.<br />
Fürsten E. 4.<br />
Fürstenfeld, St., 34c 13, H4h4.<br />
Fürstenfeld, Ob., 7gl3, 13i, 28b2, 32b5, 38a4/c2,<br />
50e4, H4c3.<br />
Fürstenhof E. 4.<br />
g, Vw. 13; - E. 33, 43; - 27al/ö/6/gl/hl, 28b2,<br />
29; - g- 27c, 29a; — -g- 29bl, 34c5; - -g 27d,<br />
29a/cl.<br />
Gaal, St., 3m3, 4g6, H3g4.<br />
gähnen s. ginen.<br />
Gailtal, Kä., E. 15; — 5cl, 7e, 14al/c2, 16al/2/j3,<br />
22c3, 24b, 27g5/j2, 28c3, 29e2, 33e4, 38cl, 50al/<br />
g3, H3e5/fö.<br />
Galfe 27c2.<br />
Ganzheit E. 32, 34.<br />
gären 24al.<br />
Garmisch, Ob., 5dl, 14cl, 15al/2/i3, 22c3, 38a3,<br />
42a3, H3c4.<br />
Gärtner Vw. 25.<br />
Gaugg 22a7.<br />
ge-, Vorsilbe, E. 19; - 29bl/e, 38a9, 50b; K. 19<br />
und 20.<br />
Gebrette 3g2.<br />
gefunden 28d2, 29e3.<br />
Gegendtal, Kä., 14a2, 16d, 17d4, 21d2, 22c3, 28c3,<br />
29e9, 32b7, 46c4, 50b, H3f5.<br />
gehabt E. 22.<br />
Gehei 20il.<br />
geifern 20h2.<br />
Geist E. 3; — 20m.<br />
Gejeide 20o, 22a7.<br />
Gemeinde 20ml.<br />
Geminaten 34g.<br />
Genäck 38c 1.<br />
Genitiv 32blFn.<br />
Genitiv-Dativ-Umlaut, Vw. 19; — lpl, 16jlFn.,<br />
22a7.<br />
genommen 5el; s. Wb.<br />
Gerlos, Tir., 46h9, H4d4.<br />
Germ 24a4.<br />
gersten, adj., 5h.<br />
Gerte 2j.<br />
Gerundium 46h8.<br />
Gerz 27c2.<br />
Gesäuse, St., 3d4/e2/f2/i5, H3g4.<br />
Geschäft, geschäftig 2k.<br />
geschehen 33b6.<br />
geschwind 23a5.<br />
gestanden 28c2, 35b 1.<br />
gestern 3o2.<br />
Getreide 20o.<br />
gewinnen 23a5.<br />
Gewohnheit Sei.<br />
geworden 28d2, 29e2, 32b7.<br />
gg, Vw. 13; - 34a/c, 37; gg- 27c5/6/7, 29a, 34clO/<br />
dl/3, 37a, 38a7.<br />
-ggetzen 27c5Fn.<br />
GIERACH E. Vw. 25.<br />
ginen 7o3.<br />
Ginmaul 7e3.<br />
Gitschtal, Kä., 24b, H3e5.<br />
gl- 29e5, 38alO, 49e2.<br />
-gl 29b2/3, 38al0, 48a, 49dl/e2.<br />
Glantal, Kä., 14b2, 21d2, H3f5.<br />
Gloisdorf, St., 33b5, 46h 12, H4h4.<br />
Gleitlaute 27j, 28cl/2, 24h, 50g3.<br />
gliederarmo Reihen, Vw. 15; — E. 25, 43, 44, 48,<br />
57; — 16b2, 22al.
Gmünd, Kä., 14b2, H4f5.<br />
gn- 29e5, 38alO.<br />
gnädig 2k.<br />
Golling, Sa., 14b2, H3e4.<br />
Göllnitz, Slowakei, E. 15.<br />
Qorre 8c6.<br />
Görtschach, On., 6a/c.<br />
Görtschitztal, Kä., 313, 4gl, 16d, 46c2, 50al/fl/gl,<br />
H3g5.<br />
Oörz, On., 6a/c.<br />
Goten Vw. 11.<br />
Göti 20g2.<br />
Gottfried v. Straßburg 16c5, 21d3.<br />
Gottschee, Sprachinsel, Jugosl., Vw. 4,12; — E. 15,<br />
36, 41; - Id4/h4/i2, 2dl/2e3/gl/k, 3n2/2Fn.,<br />
4a2/b6/c3, 5cl/3/e2/gl/2, 6al/c, 7a4/c2, 10b7,<br />
Hb2Fn./dl3, 13dl/2, 16c4, 18al, 20f/ml/olFn.,<br />
21d3/4/6, 22a6/c3, 23a3, 25bl, 26bl/j2, 29b4/e2,<br />
31b2/4/dl, 32a3/blFn., 33a2/3/bl/c4, 34b3/i2/k6,<br />
38a5, 42c2, 46c2/4/f/h8/9/10/12/i2/3/6/8, 48bl/3,<br />
49b3/cl/f4, 50e2/gl/3, H3d6.<br />
gr- 29e9, 38a9/10.<br />
Gräben Vw. 19.<br />
Grafenau, Nb., 16il, 48b4, H4e3/f3.<br />
Grafing, Ob., 28b2, 46h9, H4d4.<br />
Gränte 2gl.<br />
Graßlitz, Bö., 28b2, 39bl, H3el.<br />
Graz, St., E. 8, 29; - 3d2/m4, öcl/3, 34cl3, 38alO,<br />
H3h4.<br />
Gregor 3ol.<br />
Greie 13c, 20i2.<br />
Grenzen Vw. 12; - E. 16, 24, 24a, 36; - Ib2/e3,<br />
21bl; vgl. Sprachgrenze.<br />
Grenzversteifungen E. 24; — 27b, 30a, 34cl/jl,<br />
46h9.<br />
GRIMM, J., Vw. 10; - E. 27, 35, 42.<br />
grödnerisch E. 34; — 4a3, 7a4, 25a3, 27a4/c2/3/g4,<br />
35cl, 36b2, H3d5.<br />
Groschen E. 10.<br />
Große Schutt, Slowakei, Vw. 4; - 4b3, Ild4, 13h,<br />
16b2, H3i3/j3.<br />
Grünburg, Oö., 16e3, H4f5.<br />
Grunjt, Grumpf, Grund 46f2.<br />
g 29bl/d /<br />
Gufidaun, Südtir., 28b2, H4d5.<br />
Gunzenhausen, Mfr., 46h9, H3c2.<br />
Gurgl, Tir., E. 1; - 7a4, 14a3, H4c5.<br />
Gurk, Kä., 3m3Fn., 14b2, H4f5.<br />
Gurktal, Kä., 4gl, llcl, 14b2/c2, 16d, 17d4, 28c3,<br />
29e9, 38c2, 46c4/g3, H3fö.<br />
Güssing, Bu., 33b5, 34cl0/13, H3h4/i4.<br />
gut 17a3.<br />
h, Vw. 13; — E. 43; - 27gl/6/hl, 33; — h-<br />
33a2/3; - -h- 29bl, 33b, 34c9/i5/j2; - -h 27d,<br />
33c.<br />
Habsburger s. Rudolf.<br />
Haid, Egerl., 33e2, H4e2.<br />
Hainburg, Nö., E. 18; - H4i3.<br />
Haiegg, On., 4a3.<br />
Hall, Tir., E. 18; - H4d4.<br />
Hallstatt, Oö., 38a6, 50b3/e4/8, H4f4.<br />
Handel 35c 1.<br />
Hans Vintler llbl.<br />
Harfe, Härpfe 2gl.<br />
Hartmann von Aue, E. 6; — 16c5, 21d3.<br />
Hartberg, St., 33dl, H3h4.<br />
Haßfurt, Ufr., 33e2, H4cl.<br />
Hauptkatalogo Vw. 3, 7.<br />
Hauptwörter, schwache, E. 89.<br />
Hausruckviertel, Oö., E. 17; - 3m4, 18n3, 20hl/<br />
j3/o2/3, 28b2, 31dl/k3, 60dl/2/3/e7/fl,H3f3.<br />
Heanzeroi, stein, 18a3, 34c3, H3h4.<br />
Hei 20il; s. Wb.<br />
Heideboden, Bu., E. 1; — H3i4.<br />
Register<br />
Heiden 20h2/12.<br />
Heidenheim, Mfr., 21b2, H4c2.<br />
heilig, E. 3; — 20m.<br />
Heiligenblut, Kä., 7f3/g7, 32bl/2, 34j2, H4e4/5.<br />
Heimatmundarten, Vw. 11; — E. 12, 15, 30, 48.<br />
Heinrich von dem Türlin 20o3, 21al.<br />
Heirauch 2gl, 2012; s. Wb.<br />
heiser 20h2/ll; s. Wb.<br />
her, E. 28; - 58f2.<br />
Herkunftstheorien Vw. 11; — E. 15, — 23a5.<br />
Hermagor, Kä., 14b 1, 27g5, H4e5/f5.<br />
Herrensprache E. 4.<br />
Hersbruck, Mfr., 33b5/e2, H4c4/d4.<br />
Herzlandschaften E. 18.<br />
hessisch, E. 1.<br />
Heus, Vw. 19; - 16a2.<br />
Hiatustilger 29b4, 33b 10.<br />
Hilpoltstein, Mfr., 33b5, 46h9, H4c2/d2.<br />
himmelkühlen 17d2.<br />
Hirsch, E. 7; - 34hl.<br />
hochdeutsch E. 40; — 2b, 34a2/i2, 42al.<br />
Hochmittelalter E. 3, 4, 7, 16, 30.<br />
Hochsprache E. 3, 6, 6, 10; - 2b, 27g4.<br />
Hochtäler, tir., Vw. 5, 9; - E. 14, 56; - ldl/11,<br />
2e3, 3d4, 4a2, öbl/cl/4/7, llbl/2, 18al, 23a3/<br />
3Fn., 25a6, 27c8/dl/2/e/f/gl/6/j2, 28cl/dl, 29c2,<br />
33bl, 34a4/bl/2/i2/j4/kl, 46h9, 49c3, 50cl/gl.<br />
Hof, Ofr., 4dl, H3dl.<br />
höfische Wörter 3e2/fl, 16c5, 20g2/5, 36h3.<br />
Hohlkrähc 38c4; s. Wb.<br />
Höllental, Nö., 38a5, 46h4, H3h4.<br />
Honig, Honig 6b; s. Wb.<br />
HORNUNG, M., Vw. 5, 25.<br />
-hs- 33e.<br />
-ht-, E. 52; — 33d, 50e4.<br />
hundert 28c2, 35cl.<br />
Hunger 23a5.<br />
Hu-iten 32b5Fn., K. 27.<br />
Hüttenberg, Kü., E. 10, H4g5.<br />
i, mhd., Vw. 13; - 7, 8ol, 9al, 13al, 26.<br />
i, mhd., Vw. 13; - E. 21, 26, 28, 29, 30; - 2e2,<br />
4a2, 7a2, 13e, 14, 15a2/4, 20el/ml/o3, 22a6,<br />
42al; - im Hiatus 13c, 16d, 20il.<br />
-ich-, mhd., 7f3.<br />
ie, mhd., Vw. 13, 17; - E. 32; — 16j, 17, 19.<br />
-iech-, mhd., 17bl, 34i7.<br />
-iel-, mhd., 17d.<br />
•ien-, mhd., 17c.<br />
•ier-, mhd., 7gl4, 17o.<br />
•ig, Endung, 29c2, 50g2.<br />
Iglau, Sprachinsel, Bö.-Mä., E. 15; - Id2/kl/n3,<br />
2dl, 3il/j2, 4a2/dl, 5bl/f2, 6al, 7e5, 10c3, 14h,<br />
15b2/cl, 17a2/dl, 20f/gl/3/h4/jl/2/o3, 21d4, 23b,<br />
24a4/5, 25a5, 27gl, 29bl/3/e2/7, 31d2, 32b2,<br />
33bl/c, 34b2/ll/k2/3, 38c2, 39bl, 46e/il/4/6, 49c6,<br />
50b/e8, H3h2.<br />
•ih-, mhd., 7e5.<br />
ihm, ihn 7e5, 48b7.<br />
ihnen 7e5.<br />
-il-, mhd., 3j3, 4f2/3, 7d.<br />
•il-, mhd., 13h, 14f.<br />
Ilmtal, Ob., 28b2, H3c3.<br />
llztal, St., 50e3, H3h4.<br />
Imperative, E. 39; — 34k61T.<br />
Imst, Tir., 7g6, H4c4.<br />
-in-, mhd., 7a5/e, 17a9.<br />
-in-, mhd., 13g.<br />
-inen, mhd. Verbalsuffix, 46i6.<br />
Infiltrat Vw. 17; - E. 24a, 29, 88.<br />
Infinitive E. 24; - 46il.<br />
Ingolstadt, Ob., E. 19, 44; - 5g7, 13i, 14n2, 16J2,<br />
20f, 24a3, 28b2, 29bl, 34cl/8, 50d6, H3d3.<br />
Innichen, Südtir., 50c3, Hldö.<br />
Inning, Ob., 21bl, H4c3/d3.<br />
133
Register<br />
Innsbruck, Tir., E. 18; — Id3, 3g2, ögl/5, 7bl,<br />
14b2, 17c2, 33b2, 34k7, 38a2, 46c2/h3/13, öOal/<br />
6/e4, H3d4.<br />
Inntal, Tir., E. 18; - Ilbl/d8; s. auch Ober-,<br />
TJnterinntal, H3c4.<br />
Inntal, Ob., 16e2, H3d3/4/e3.<br />
Innviertel, Oö., lml, 3j3/m4, 4f2/g2, 5c4/g9, 6c2,<br />
7d3/gl, 13h, 16e3/i/j4Fn., 17d4, 20o2/3, 24a2,<br />
32b5, 34h4, 38a9, 48b4, 49c7/dl, 50b/dlFn./3/6/<br />
el/3/8/fl/g4, H3e3/f3.<br />
-ir-, mhd., 4g8, 7a5/g, 8cl/6, 9a3, 17a9, K. 6.<br />
-ir-, mhd., 13i.<br />
Irdning, St., 50e3, H4f4.<br />
-irt-, mhd., 7g9/10.<br />
Isar-Donaustraße, E. 14, 18, 19, 20; — 3ol, 4bl/3,<br />
5b2, 21a, 34a9/clO/12/k7, 38a7, 46h2, 50c3.<br />
Isarstraße, Isartal, Ob.-Nb., E. 1, 17, 44; — 3i4/13,<br />
16b3, 22a5, 34clO, H3e3/4/d3.<br />
Ischl, Oö., 50b3/o4/8, H4f4.<br />
Iselgebiet, Tir., lnl, 3k/m3Fn./n3, 4c3, 5cl,<br />
10b3/dl, Hb3/dlO, 14b2, 20n4, 22cl, 23a3,<br />
26bl/gl, 46hl2, 49cl, 50al/b/e2/3, H3e4/5.<br />
Isental, Nb., 20olFn., H3e3/d3.<br />
Ispertal, Nö., 34c6, H3g3.<br />
Italien Vw. 4; — E. 1, 15.<br />
italienisch, E. 10; — 36a2.<br />
iu, mhd., Vw. 13; - E. 19, 44, 51; - Ild2, löal,<br />
16, 25bl; K. 12 und 13.<br />
-iü-, mhd., Vw. 13; — 6al, 15, l6a2/el/5.<br />
-iul-, mhd., 16f.<br />
•hin-, mhd., E. 51; — 16e.<br />
-iur-, mhd., E. 51; — 16g.<br />
-iuw-, mhd., 16d.<br />
/, Vw. 13; - 24.<br />
Jäger, E. 7.<br />
Jägersprache, E. 7; — 20o2.<br />
Jaispitz, Mä., 24a5, H4h3.<br />
Jans Enikel, E. 5; - Ila7, 20o3, 21al.<br />
Jargon, E. 9.<br />
Jausen E. 7.<br />
Jechnitz, Egerl., 29e7, H3fl.<br />
jiddisch Ha4Fn.<br />
Joachimstal, Bö., 28b2/6, 38a5, H3el.<br />
Jogelland, St., Ig2, 14cl, 20h2/il, 29c3, 33b9/c,<br />
50d3, H3h4.<br />
Jörg 6b/c.<br />
Judenburg, St., E. 50; - lhl, 313, 4gl, 8c2, 38a6,<br />
H3g4.<br />
Jugoslawien Vw. 4; — E. 1, 15.<br />
k s. kch.<br />
Kaiser 20m2.<br />
Kais, Tir., lnl, 5b2, 14b2, 38c3, H4e4/5.<br />
Kamin B. 12.<br />
Kanaltal, It., E. 35; — 10b4, llb2Fn., 14b2, 25a5,<br />
27gl, H3e5/fö.<br />
Kärnten, Vw. 11, 20; - E. 1, 10, 11, 15, 18, 20,<br />
36, 41, 44, 45; - Ijl/n5/pl, 3e2/fl/gl/i4, 4b3/5/<br />
g4, 5e3/f2, 6c, 7c2/e5/g7/10/ll, llbl/2/2Fn.,<br />
17c2/3, 20gl/6/i2/12/ml, 21dl/4/6, 22a2/bl, 23a2/<br />
5, 27c7/d3/g4, 29b4/g/e2, 30o2, 32b5, 33b2/7/9/d2,<br />
34b2/clO/d2/hl/il/2/7j2/k7, 35cl, 37a, 38aö/c2,<br />
42b, 43b, 46c2/3/4/h 1/3/9/10/i5, 49cl/l, 50el/2/3/<br />
4/10/gl/4, Hl.<br />
Kärnten, On., 34d2, 35c 1.<br />
Kärntner Dehnung s. Dehnung.<br />
Karolingerzeit, E. 3, 16.<br />
Katschtal, Kä., Id2/ll, 7f3, 14c2, 16j3, 24al, 34j2,<br />
35b 1, 46c2, H3f4/5.<br />
Kauf 21e.<br />
Käufer 21e.<br />
KAUFFMANN, F., 46i7.<br />
kaum 14b2.<br />
134<br />
kch, Vw. 10, 13, 17; - E. 19, 43; - 34al/3/c4/10/<br />
ll/dl/2/f, 38; Karte 21; - kch- 27c5/6; -kch<br />
28a6; — kehl- 29e5/9, 38a9, 49e2; — kchn-<br />
29e5/9, 38a9; - kehr- 29e9, 38a9; K. 19.<br />
keck 3o2/6, 26b3.<br />
Kees, E. 39; — 3ol.<br />
kommen 26b3; s. Wb.<br />
Kettenreaktion, E. 33, 42, 50, 51; — 20e2.<br />
Keue 16b2/d; s. Wb.<br />
Kiefersfelden, Ob., In5, 16e2, 50e3, H4d4/e4.<br />
Kinderwörter Vw. 20.<br />
Kirchdorf am Inn, Ob., 16e2, 50e3, H4d4.<br />
Kirchensprache, Kirchen Wörter, E. 3, 30, 44; —<br />
3el/o4, 20m, 21e, 28d2, 36a3.<br />
Kitzbühl, Tir., 3gl, lOd, 50d3, H4e4.<br />
Klächel 2g2.<br />
Klagenfurt, Kä., E. 9, 18, 49; - 3e2, 4bl/g4,<br />
5b2/g5, 6al, 17c2, 20g6/nl, 33c, 46f, H3fö.<br />
Klausen, Südtir., 33b4/c, H4c5/d5.<br />
Kleie 25b.<br />
klein 22m3.<br />
kleine Eigennamen E. 46, 47.<br />
kleinwinzig 22m3.<br />
klintschig 22m 3.<br />
Klosterneuburg, Nö., E. 18; H4h3.<br />
Klostertal, Vorarlb., 20g4, 22c5, H3b4.<br />
Knappensprache E. 7.<br />
Knäuel 16f; s. Wb.<br />
Knittelfeld, St., E. 50, 51; - lhl, 313Fn./m3,<br />
4g6, 28b3, H4g4.<br />
Knoblauch 31dl; s. Wb.<br />
Kochl, Ob., lil, 5dl, 13i, 22a5, H4d4.<br />
köden 26.<br />
Köflach, St., 7fl, 33e4, 38a6, H4g4.<br />
Komparative Vw. 19; — 2i, 20g7/nl, 27j2, 50g3.<br />
Kompromißformen 22c4.<br />
Kone 26.<br />
Konkordanz d. Quellen Vw. 9; — E. 13, 35.<br />
Konsonantenschwüchung, mittelbair., Vw. 20; —<br />
27c7, 34a2/c/i5/k3/4, 35a/cl, 37a/b2, 38a3/5,<br />
39al, 40a, 41b, 42b, 49c6/dl; — binnendeutsche<br />
34c1/2.<br />
Kontraktionen E. 33; — 20al/o, 27e/f, 31b3.<br />
Korneuburg, Nö., E. 18; H4i3.<br />
Kötschach, Kä., 50al, H4e5.<br />
Krainer 2011<br />
KRALIK, D., Vw. 25.<br />
Krappfeld, Kä., 3m3Fn., llcl, 16d, 50al, H3g5.<br />
Kraubath, St., 3el, H3g4.<br />
KRAUS, C. v., Vw. 25.<br />
Krebs, Kreuß 27f.<br />
Kreis 20m2.<br />
Kremnitz, Sprachinsel, Slowakei, E. 15; — 3911,<br />
50b.<br />
Krems, Nö., E. 18.<br />
Krems, Ob., 50e7, H3h3.<br />
Kresen 3o4.<br />
Krickerhäu, Sprachinsel, Slowakei, E. 15.<br />
Krimml, Sa., 14a3/b2, 20il, 32b5, 34cl0, H4d4/e4.<br />
kroatisch Vw. 5; - 27a4, 42al.<br />
Krumau, Bö., 3j3, 7e5, H3f3/g3.<br />
Kufe, E. 11, 48, 51; - 18a3.<br />
Kufstein, Tir., E. 18; - 12a4, 16b3, 46hl3, 50e4.<br />
Kulmbach, Ofr., 33e2.<br />
Krimmer 36b2.<br />
Kundfahrten Vw. 5, 21, 22.<br />
l, Vw. 13; - E. 14, 37; - 4f3, 5dl, 10h, 20h,<br />
23a3Fn., 27f/hl, 34c4/10, 49, K. 7 und 26; --<br />
•l 27d.<br />
Laatsch, On., 21b2.<br />
Laber, Opf., 33b5, H3d2.<br />
Lacke 38cl; s. Wb.<br />
ladinisch, Vw. 5, 20; - E. 34; - 4a3/4, 7a4, 50al,<br />
H3d5.
Lafnitztal, St., 50e7, H3h4.<br />
Laibach, Jugosl., E. 6, 8; - 27g4, 34b3, H3g5.<br />
Landau, Nb., E. 18; — 34olO, 46h9, H3e4.<br />
Landflucht, E. 13.<br />
Landsberg am Lech, Ob., E. 24; — 21bl, 50e4,<br />
H4c3.<br />
Landshut, Nb., E. 18; - 20o3, 22bl, 28c3, 34clO,<br />
38a5, 50e2/4/7/fl, H3d3.<br />
lang 27d3.<br />
Langenkampfen, Tir., 46h9, H4d4.<br />
Länggries, Ob., 3rn2/2Fn., Ö0e3, H4d4.<br />
Langobarden Vw. 11.<br />
lateinisch Vw. 10; — E. 8, 56; — lql, 36a2.<br />
Lauf, Mfr., 33dl, H4c2.<br />
Laug 21d6, 22bl.<br />
Lautanalogie 35b2/cl.<br />
Lauterbach, Egerl., 33e2, H4el.<br />
<strong>Lautgeographie</strong> Vw. 2, 14, 19.<br />
Lautgeschichte Vw. 7, 9, 11.<br />
Lautgesetz Vw. 15; — E. 25, 27.<br />
Lautschrift Vw. 23.<br />
Lautspiel, Vw. 20; — 20m3.<br />
Lautverschiebung, hochd., Vw. 17; — E. 42, 43; —<br />
84a2/cl/dl, 42al/3.<br />
Lautwandel Vw. 15; - E. 25-38, 42, 56, 57.<br />
Lavanttal, Kä., E. 29; — Ihl/n2, 3dö/n4, 5dl, 7bl,<br />
8c3, lOd, 13i, 14c2, 16d/j3, 17c2, 20olFn., 23a4,<br />
27gl, 28b2, 29e9, 31e, 33b6, 34j2/k7, 46c2, öOal/<br />
dl/el/fl, H3g5.<br />
Lavarone, Sprachinsel, It., E. 15, 37; — lkl, 4b4,<br />
6al, 9al, Ilbl/d7, 13j, 15a3, 21b3/d, 22a2/o2,<br />
24a5, 27dl/c2, 32bl, 33a2, 34f/i2/5, 46c2, H3c6.<br />
•Ich- 49f4.<br />
-ld- 28cl2.<br />
Lech 3il, 34cl/10, 46h9, 50e7, H3c3/4.<br />
Lechrain, Ob., E. 23, 44, 54; - 2d2, 3gl/j5/k/13/m2,<br />
4b3/c2/gl, 5bl/c7/gl, 7gl3, 10b8, 13h, 14b2/cl,<br />
17c2, 20k/ml/3/ol, 21bl, 22a3/5/7/bl/c3/6, 28c3,<br />
24cl3/i3, 36b3, 38a3/4/6/c4, 46f3/hl/4, 48b,<br />
50al/b/gl, H3c3/4.<br />
Lechtal, tir., E. 15, 44; - Ip2, 2d2, 313Fn.,<br />
5cl/g2, 7g6, lOd, llbl/3/d9, 20jl/2/k/ml/3/ol,<br />
21bl, 22a3/5/7/bl/c3/6, 33e4, 46f/i2, 53d4/f2,<br />
H3b4/c4.<br />
Lechwinkel, Schwaben, E. 1; — 3d4, 4b3/5,<br />
28b3Fn., 50d2, H3c3.<br />
ledern, adj., 5h.<br />
ledig 3ol/5, 4a3.<br />
Lefze 31e.<br />
Lehn, On., 21b2.<br />
Lehnwörter, Vw. 7, 9, 10, 20; - E. 10, 11, 13, 30,<br />
35, 37, 48; — 4a2/4, 6b, 7a2, lOal, 13b2, 16al/b3,<br />
20a2/e2/3, 21a2, 23b, 24b, 25a2/3/4/5, 27a4/c2/<br />
3/5/g4, 31dl, 32b2, 33e4, 34d4, 35cl3/d, 36a2/bl,<br />
37bl, 38b, 41al, 42al, 46b.<br />
-lei 13c, 20il/2.<br />
Leibnitz, St., E. 18, H4h5.<br />
-lein, Endung, Vw. 18; - 49d2.<br />
Leoben, St., 3iö, 4g2, 7fl, H4g4.<br />
Lerget 24b, 33c.<br />
Lermoos, Tir., 2d2, 22c6, 50f2, H4c4.<br />
Lesachtal, Kä., Id2/n5, 3n2, 5o2/gl/9, 7e5, lOd,<br />
lldll, 14al/b2, 16d, 23dl, 28c3, 33b4, 34i2/j2/4/<br />
kl, 38a3/cl/4b/f/hl2, 49cl, 50al/g3, H3e5.<br />
leschen 3o2.<br />
Lesespracho Vw. 10; - E. 18; - lq, 2k, 34d5,<br />
36e2.<br />
LESSIAK,P.,Vw.5,9,24,25; - E.13,19,30Fn.,34.<br />
Leu (Eligius) 16a2.<br />
Leuchse 16al, 33e4; 8. Wb.<br />
Loutasch, Tir., 22a2, 28c3, H4c4.<br />
Lex 3ol.<br />
•Iff- 39d, 49f2.<br />
•lh- 37b9.<br />
Lichtenfols, Ofr., 28b2, 33o2, H4cl.<br />
Register<br />
Lie 16d/j2; s. Wb.<br />
lieb 16b2/j5, 17a3.<br />
Lienzer Becken, Tir., ldl, 3n3, 4gl, 5cl, 7gl5,<br />
Ilb2, 20il, 27gl, 34f2, 38c2, 50al/e3/gl, H3e5.<br />
Lienzer Klause, Tir., 3il, H3e5.<br />
Liesertal, Kä., 3ml, 8c7, 13h, 14b6/c2, 17d4, 22c3,<br />
24b, 27gl, 32b7, 33e4, 34j2, 38a3, 46c4/h9,<br />
50b/gl/4, H3f5.<br />
Lietzen, St., 34c 13, H3f4.<br />
Lind im Drautal, Kä., 32bö, H4f5.<br />
Lindau, Schwaben, 22c5, H4b4.<br />
Lindlaute Vw. 13, 14; - E. 27-33.<br />
Linz, Oö., 2m4, 50b, H3f3.<br />
Liquidenvokalisierung E. 41; — 34o4/10/ll, 49c6,<br />
50c3; K. 26.<br />
Literatursprache E. 8.<br />
-Ik- 34j4, 49cl/2/d2.<br />
-II- 34j4, 49cl/2/d2.<br />
Löffel 4c3.<br />
Loisachtal, Ob., 14b2, 17a4, 21bl, 22a5, H3c4/d4.<br />
Lon 5el/3; s. Wb.<br />
löschen 3e2.<br />
4t- 35c3.<br />
Luditz, Bö., 17dl, H4el.<br />
Lungau, Sa., ldl/11/2, 2gl/2, 3i5/j3/m2, 4c3/f2,<br />
5e3, 7gll/hl, 14b2/c2, 20il, 22c3, 24b, 27gl,<br />
29d, 34clO/i4, 35b2, 36b3, 38a3/c2, 46h9, 50al/<br />
d3/el/2/3/4/8/fl/gl, H3f4.<br />
Lunge 23a5.<br />
Lurnfeld, Kä., lhl, 7e5/f3, 14d2, 16d, 17c2, 20i2,<br />
öOal/6/gl, H3fö.<br />
Luserna, Sprachinsel, It., E. 15; — lkl, 2dl, 6al,<br />
Ilbl/d7, 12a3Fn„ 13j, 15a3, 20nl, 21b3/cl,<br />
22a2/c2, 24a5, 27dl, 29b4/c2, 32bl, 33a2/b4,<br />
34f/i2/5, 46c2/h6/8, H3c6.<br />
m, Vw. 13; — 27gl/hl, 48; - -m 27d, 48bl.<br />
mächtig 2k.<br />
Mädel 2k.<br />
magyarisch, Vw. 5; — E. 44, 35; — 13dl, 23c2/3,<br />
28cl, 41al.<br />
mähen E. 24.<br />
Mähren E. 2; - 20g3, H2, H3.<br />
Mai 20il/2.<br />
Mallnitz, Kä., 32b5, H3e5.<br />
Maltatal, Kä., lil, 6dl, 7f3, 8c6, 13h, 14c2, 17d4,<br />
20k, 34j 2, H3f4/5.<br />
Maneck, Mf., 49h9Fn., H4c2.<br />
Manetin, Egerl., 39bl, H4el/2/fl.<br />
Marburg, Jugosl., 3d2, 25a5, 27g4, 29e4, H3k5.<br />
Marchfeld, Nö., 18a2, 29b3, H3i3.<br />
Maria Saal, Kä., 14b2, H4g5.<br />
Maria Zeil, St., 38a5, 46h3, 48b9, 50o3, H3g4.<br />
Maskulina, schwache, E. 39.<br />
Maßo <strong>des</strong> Sprachlebens Vw. 2, 17; — E. 2 —24a.<br />
Mattsee, Sa., 4g5, H4e4.<br />
mehr 50f2.<br />
Mehrsilber 20a2/f/h/j2.<br />
mein 14a3.<br />
Mein- in Personennamen 20a3.<br />
Meißel E. 11; - 2011.<br />
menz 2g2.<br />
Meran, Südtir., E. 18, 44; - 3d2/k, 5cl, llbl,<br />
20jl, 28b2, 33c, 34J1/3, 50al/6, H3c5.<br />
Mering, Ob., 20o5, H4c3.<br />
Messe 3o5.<br />
Met 3o3.<br />
Metnitztal, Kä., 3m3Fn., llcl, 16d, 29c9, 38c2,<br />
46c2, 60fl/glt H3f4/5.<br />
mich 7glFn., 50g2.<br />
Mies, Egerl., 33bö, 46c3/h9, H3c2.<br />
Miesbach, Ob., 50e3, H4d4.<br />
Millstättor See, Kä., lhl, 3g2, 5g4, 14d2, 21d2,<br />
22c3, 32b5, 50b, H3f5.<br />
Miltcnborg, Ufr., 32b5, H4a2.<br />
135
Register<br />
mir 7glFn., 50g2.<br />
Mischformen, E. 25, 48, 65; — 33b6/el.<br />
Mischmundarten, Vw. 11; — E. 32; — 17a2Fn.<br />
mittelbairisch E. 1,14, 15,17,19, 20, 40, 52, 54; —<br />
Id2/fl, 2dl/e2, 3dl/e2/gl/il/jl/k/ll/m4/5/n2,4a4/<br />
bl/2/f2/g2/e2/3/4/5/gl/8/9/12, 10a2/b2/8/cl/2/d2/<br />
e3, Ila3/b2, 13el, 14b2/cl, 16b2/e2/j2/5, 17a2/6/<br />
9/c2/3/d2/e, 18a2, 20dl/el/gl/hl/2/3/4/nl/o3/4,<br />
21al/3/d3, 23a3, 27c4/dl/3/g2/3/i3, 28bl/3/c2/<br />
d2, 30a2/b, 32bl/2, 33b3/5/6/c/el, 34al/3/cl/2/3/<br />
4/6/7/1 l/12/el/hl/4/iö/7/j4/k2/3/6/7/8, 35a/cl/3/<br />
d, 36al, 37b2, 38a5/7/8/c2, 39b3, 40c, 43b,<br />
46c2/3/4/d/g/h2/3/4/5/9/l l/i4/7,49c4/6/7/f2, 50cl<br />
/3/dl/3/el/2/3/gl/2.<br />
mitteldeutsch, Vw. 21; - E. 1, 7, 15, 16, 19, 23; —<br />
2dl/e4, 4dl/g8, 5b3/c6, 13a2, 16J3, 17a2/4/7,<br />
20g3/o2, 23a5/cl, 24a3/4, 27a4/c5, 29bl/3, 30al,<br />
31dl/2, 33b5, 34el/k2, 36a3, 38c2, 39cl, 46c3/il,<br />
Hl.<br />
Mittelfranken, Vw. 5; — E. 1; — 4dl, 10b8,<br />
24a3, 34d, 46h5/9Fn., H2.<br />
Mittelgaumigkeit, Vw. 21; — E. 56; — 4c2, 6c,<br />
6al, 7cl, 8al, 10a2, Ha4/8/10/b2/3, 14al, 17al,<br />
18a; K. 5, 10, 11 und 15.<br />
Mittolkämten, E. 47; - 2gl/2, 3gl/k/m3/3Fn., 4cl/<br />
fl, 5e3, 13dl/h, 16b3, 17c2/d5, 20g7/nl, 22a7Fn.,<br />
24al, 29e9, 31e, 33c/e4, 46i6, 49c5, 50al/b/e2/<br />
gl/5, H3f5.<br />
Mittelsilbenschwund 41a2.<br />
Mittelsteiermark, Vw. 22; — E. 18, 29, 30, 31, 33,<br />
56; - Idl/g2/n2, 3n4, 5cl/2Fn./7/dl/el/gl3Fn.,<br />
10b9/d, llbl/2/c2/d7, 13d2, 14al, 16b2, 17a6,<br />
18al, 20jl, 21d6, 23a4, 25a5/bl, 27c7/gl, 28c3,<br />
29c2/e6/7/8, 30b, 34j4/k7, 38a6, 46h6/9/12/13,<br />
50dl/g2, H3h4/5.<br />
Mittenwald, Ob., 5dl, 14cl, 20o5, 38a3, 46hl2,<br />
H4c4/d4.<br />
Mittwoch 28b6.<br />
MITZKA, W., E. 20; - 3d2.<br />
-mm- 34j4J<br />
Modern, Sprachinsel, Slowakei, 4b3/4, 13h, 16b2,<br />
18a2, H3i3/j3.<br />
Modernisierung, E. 15; — 3m5, 4bl/g3/4.<br />
Mölltal, Kä., E. 47; - ld2/4/h5/nl, 3k/m3Fn./n3,<br />
4b5/c3, 5cl, 7bl/g7/15, 10b4, llb2/2Fn., 14b2/d,<br />
16J3/6, 20il/jl, 21d2, 22c3, 32blFn., 34i2, 46c2/4/<br />
f4/h6/9/12, 60b/c2/o2/3/4/7/gl, H3e4/5.<br />
Mondsee, Oö., 36b2, H4f4.<br />
Monheim, Schwaben, 29b 1, 50e2, H4c3.<br />
Monogenese, Vw. 6,11, 17; — E. 30-33, 43, 48; —<br />
13b2, 21b4, 42al.<br />
Monophthongierung, E. 26, 28, 29, 33, 38.<br />
Montafon, Vorarlb., 20g4, 22c5, 27gl/h2, H3b4/5.<br />
Moosburg, Ob., E. 18; H4d3.<br />
Mörnsheim, Mfr., 46h9Fn., H4d3.<br />
Moschendorf, Bu., 13f, H4i4.<br />
Mouillierung(stheorie) 4a3, 22b3, 23.<br />
-mp- 36b2.<br />
-ms- 32b2.<br />
Mühldorf arnlnn, Ob., 20h2, 50b4, H3e3.<br />
Mühlviertel, Oö., E. 49; - lml, 312Fn., Ila5,<br />
14b2,16gl/i, 20hl/il/j3/k/olFn./2/3, 21d6, 34cl3,<br />
46d, 48b4, 49c/dl/2, 50e4/8, H3f3/g3.<br />
Multer 17d5.<br />
München, Ob., E. 8, 9, 14, 18; - lc, 3j3/m2,<br />
4f2/3, 5gl/5, 7d3, Ild2, 13g3, 16e2, 20g8, 23al,<br />
27g2, 33b2/dl, 34clO/jl/3, 3öd, 43b, 46d, 50al/<br />
b/c3, H3c3.<br />
Mündel (Sensengriff; Kinn) 23ßö.<br />
Murau, St., 33c, H4f4.<br />
Mureck, St., Ilb3, 60g2, H4h5.<br />
Murgebiet, oberst., 3i5, 4g2, 5dl/e3, 7fl/3/gll,<br />
14c2, 16d/h, 17d5, 20il/k/13, 32b7, 34k7, 38a3/c2,<br />
46h6/10/12/i6, 4914, 50al/c3/e2/3/fl/gl, H3f4/g4/<br />
h4.<br />
136<br />
Murmente 2g 1.<br />
Murnau, Ob., 20o5, H4c4.<br />
Murtal, St., E. 50, 57; - 20o2, 34k7, 46h9, 50el,<br />
H3f4/g4/h4/gö/h5.<br />
Mürztal, St., E. 29, 50, 55; - Ih3, 20il, 33e4,<br />
34k7, 38alO, 46h6, 50e2/3, H3h4.<br />
Musikant lql.<br />
müssen 17b2; s. Wb.<br />
Mutter 17a3.<br />
n, Vw. 13; — E. 31; - 27gl/hl, 46; - -n, E. 24,<br />
38; — 27d, 47b/c; K. 23, 24 und 25; - n- 46a2;<br />
-n- 46e.<br />
Naabtal, Opf., E. 18; — 24a3, 27c5, 34a2, H3d3.<br />
Nähe, näher 2i.<br />
Nandlstadt, Ob., 50b8/e4, H4d3.<br />
Nase Ip3.<br />
-nd- 35bl/2.<br />
-ndn 28e3, 35bl.<br />
Neckenmarkt, Bu., 16gl, H4i4.<br />
nehmen 26b3.<br />
neigetzen 18h3.<br />
Neigung E. 29, 48.<br />
Netschetin, Egerl., 28b2, H4el/2.<br />
Neubistritz-Neuhaus, Sprachzunge, Mä., E. 15, 51;<br />
— 7e5, Ild4, 14b2, 20f/n2/o3, 27gl, 34cll,<br />
50e3/4, H3g2.<br />
Neuburg a. d. Donau, Schwaben, E. 1; — 33c, H3<br />
c3.<br />
neuen 16d.<br />
Neuem, Bö., 3j3, 46h9, H4e2.<br />
Neuhaus, Opf., 33e2, H3c3.<br />
neuhochdeutsche Dehnung s. Zweisilberdehnung.<br />
Neulosimtal, Egerl., 33e2, H4e2.<br />
Neumarkt, St., 33c, H4g4.<br />
Neumarkt, Opf., 33e4, H3d2.<br />
Neunkirchen, Nö., 29b3, H4h4.<br />
Neusiedl, Bu., 34c3, H4i4.<br />
Neusiedler See, Bu., E. 1; - 4b3, H3i4.<br />
Neuzeit E. 8,15.<br />
•nf- 46fl.<br />
-ng-, Vw. 13; - 27gl, 34c8, 47.<br />
nichts E. 22.<br />
nieder 7b2; s. Wb.<br />
Niederbayern E. 1, 17, 18, 20, 39; - Id2, 3jl,<br />
4f2/g6, 5f2/g2Fn./6/9, 7a6/d2/fl, lla4/5Fn./dl,<br />
13el/g3/h, 14bl, 16b2/3/e2/i3/j5, 17a2, 20il/o3,<br />
21al, 22b3, 24a3, 27g2, 28b3, 32b7, 33b3/5/6/7/c/<br />
dl/e4, 34c6/7/10/i3/7, 46h5/9/13, 48b4, 49c6/d2/6,<br />
H2.<br />
niederdeutsch, E. 33; — 24a3, 27c5, 34a2.<br />
Niederösterreich, E. 1, 9, 11, 15, 16, 17, 18, 20, 23,<br />
41, 45, 49, 51, 55; - Ifl/g4/h3/nl, 3o2/j3/5/m4/<br />
n3, 4c2/g2, 5c4/g3/6/9, 6c, 7a6/e3/fl/g8, 10d2,<br />
lla3/7/8, 13dl/el/g2/h/i, 16b2/3/d, 18a3, 20dl/<br />
g2/il/ll/o2, 27g4/i2, 28b3, 29b3/4/e4/6, 32b5Fn.,<br />
33b3/6/10/el/4,34c3/5/6/7/10/hl/i3/7/jl/k4,37b2,<br />
38c2/4, 39b2/3, 40c, 42al, 46c3/h5/13, 48a/b3,<br />
49c6/7/e3, 50d2/3/e2/6/7/10/fl, H2.<br />
nimmer, E. 22; - 7e4, 26b4, 50f2.<br />
ninderst, E. 22; — 7e4.<br />
-nk- 34c8, 38a4/6/7.<br />
-nn- 34j4, 46al/c2.<br />
Nonndorf, On., Ild4.<br />
nordbairisch,Vw. 17; - E. 1,15,17,19, 20,32,40; -<br />
ld2/e2/3/g3/jl/n3/4/o, 2dl/e2/gl/3/nl/ol, 3ol,<br />
4a2/dl/e/g3, 5b3/c5/dl, 7dlFn./cl, 10b2/c2/3/d3/<br />
e2/3, Ila4/dl, 12a3, 13el/h, 14b2/cl, 16c2/e2/f/<br />
jö, 17a2/9/cl/dl/e, 20c2/dl/ol/hl/2/3/il/j2/o3,<br />
21al/3, 24a3, 27c4/d3, 28bl/3/c2/3, 29a/bl/c2/<br />
d, 30b, 32b2/5, 33bl/2/3/5/6/c/el/4, 34al/2/3/c2/<br />
3/4/6/10/1 l/e2/hl/4/i3/5/8/k2/3/4/5/6/7, 35a,<br />
36al, 37b2, 38a7/c2, 40c, 46c2/3/4/d/g/h2/9/i4/7,<br />
49c5, 50gl, Hl.
Nordtirol, E. 18, 44; - 3gl/il/k/m2, 4b3/f4,<br />
6e3/f2/gl/9, 7e4/glO, 27c7, 34jl/k7, 35e, 38c2,<br />
46c2/hl3, 48a.<br />
Notker 4d3, 26a.<br />
Notkersches Anlautgesetz, E. 83; — 27c/e/f,<br />
31c, 42a3.<br />
-ns- 46f.<br />
•nt- 34cl3, 35a/c, 46c3.<br />
Nürnberg, Mfr., E. 1; — Ie3, 2d2/f2, 3d4/f2, 4dl,<br />
17al, 28b2, 34cl, H3c2.<br />
o, mhd., Vw. 13, 21; — E. 14; — 4al/2/4/b2, 5,<br />
7a3, 8al, lOal; K. 5.<br />
ö, mhd., Vw. 13; — 4al/2, 6cl, 6, 7a3, 8al, 16i.<br />
6, mhd., Vw. 13, 17; - E. 14, 32, 41, 47, 49, 51; -<br />
5al/c4/5/el/g2, 10al/2,11, 16b5/e, 17a2/7, 20d2/<br />
n2, 21b3; K. 10.<br />
8, mhd., Vw. 13; - E. ö4; - Sei, 6al, 10al/2, 12,<br />
20nl/3, 22c6.<br />
Oberammergau, Ob., 38c2, H4c4.<br />
Oberbayern, E. 1, 17, 18, 20, 51; — Id2/m2, 2g4,<br />
3i4/jl/3, 4g6, 5dl/fl/g3/6/9, 7a6/c2/d2/fl/gl2Fn./<br />
d5, 13el/2/h, 14bl, 16b2/3/e3/i/j5, 17bl, 20dl/<br />
g2/h2/k/olFn./3, 21al/bl/2/dö, 22a2/bl, 27g2,<br />
28b3/c3, 32b5, 33b5/9/c, 34c6/7/10/12/i3/jl, 38a5/<br />
6/c2, 46h4/5/6/9/12/13/i5, 49c6/d2, 50c3/d6/e4,<br />
H2.<br />
oberdeutsch, E. 43; — la/bl, 3a, 7a2, 9b, 13a2,<br />
16al, 17a2Fn./5, 20b, 21al, 23al, 31dl, 34i2,<br />
42a3, 46cl, Hl.<br />
Oberfranken, Vw. 5; — E. 1; — 4dl, 20g6, 33e2,<br />
34cl, H2.<br />
Oberinntal, Tir., Vw. 4; — 313Fn., 7g6, 20jl/m3,<br />
21bl/d6, 22a3/7/bl/c3, 34hl, 46c3/4/hl, 50al/f2,<br />
H3c4.<br />
Oberkärnten 2gl, 3gl/jl/k/ml/2, 4cl/2/fl, 5c7/g9,<br />
8al, lOd, Ild7, 16b2, 17c2, 18al, 20nl/olFn.,<br />
32b5, 33c, 46hl2, 49c3, 50al, H3e5/f5.<br />
Obernberg am Inn, Oö., 20h2, H4f3.<br />
Oberösterreich, E. 1, 15, 17, 47, 52; - If2/g4/n2,<br />
3j3/12Fn./n3, 4c3/g3, 5f2/g2/3/9, Ha4/5/5Fn./d5,<br />
13el/2/h, 14cl, 16b2/5/e3/i/j5, 17bl, 20dl/g2/h2/<br />
k/olFn./2, 21a3/d6/e, 24a3, 27d3/g2/4/hl, 28b3,<br />
29e4/5, 32b5/6Fn./7, 33b5/6/7/c/dl/e4, 34c3/5/6/<br />
7/10/12/13/i3/7/k3, 28c2, 40c, 42al, 46d/h4/5/i5,<br />
48bl/3, 49c7/dl/fl, 50b/c3/d2/3/5/e3/6/8/10/fl,<br />
H2.<br />
oberösterreichische Beharrsamkeitsbrücke, E. 17,<br />
20; - 4g3, 5g6, 16b3.<br />
Oberpfalz, Vw. 17; - E. 1, 18; - In3, 4dl/g8,<br />
5g6, 13dl/el/h, 16b2/e2/i3, 20cl/jl/2/olFn.,<br />
21dl, 22b3/c2, 28b2, 32b2, 33b5/6/c/dl/e4,<br />
34cl/6/10/i8/k6, 46d/h4/5/13/i6, 49c6, 60c3, H2.<br />
obersächsisch 3c, Hl.<br />
Oberstoiermark 2gl, 311/m3Fn., 5glO, 7bl, llbl/<br />
8/e/j6/k, 20hl, 21d6, 22c4, 23a3, 27c7, 29b3/cl/<br />
eö/8, 30b, 32b5Fn./7, 33blO/e4, 34i7/k2/5, 37b2,<br />
38a6/10/c2, 46c3/d/f3/hl/2/9, 49c3/f4, H3f4/g4/<br />
h4.<br />
Obervellach, Kä., 20jl, H4e5/fö.<br />
Oberwart, Bu., 33dl, H4h4.<br />
Oberwölz, St., 313, 33c, H4f4/g4.<br />
Obing, Ob., 50o7, H4e3/4.<br />
Öblarn, St., 46h9, H4f4.<br />
Obst 27f, s. Wb.<br />
Ochse 6f.<br />
-oh-, mhd., 6al/f/g2, lOal, Ilc2.<br />
ödenburg, Ungarn, Vw. 4, H3i4.<br />
Ohrenfälliges, E. 22.<br />
-oZ-, mhd., 5d, 8bl, lOal, 16b2/f, 17d4; K. 7.<br />
Olmütz, Mä.t 31d2, H3i2/j2.<br />
Olsbach, Mfr., 33e2, 46i4, H4d2.<br />
•on-, mhd., In, 5e, 7o2.<br />
•6n-, mhd., lld, 16b6, 17cl/2, 20g7Fn., 22a6.<br />
Oppositionen, E. 44.<br />
Eegister<br />
•or-, mhd., E. 41, 50; - lh, 313, 6al/g, 8c2, lOal,<br />
Ilc2, K. 8.<br />
•ör-, mhd., 6c, 7g4, 20nl.<br />
-Ort-, mhd., lhl, 5g9.<br />
•ört-, mhd., 6c3.<br />
Örtel, Hofn., 6c2.<br />
Orthographie, Vw. 8, 10; - E. 13, 35, 43, 46; -<br />
26a, 27a4, 32a2, 35cl, 36b2Fn., 38c2Fn.<br />
Ortsnamen, Vw. 7; — E. 15, 16, 34, 35; — If2.<br />
Ossiacher See, Kä., 13h, 14d2, H4f5.<br />
ostbairisch 29e9, 34i3, Hl.<br />
Osten, Tir., E. 56, H4c4.<br />
Österreich, Vw. 5, 6; usw.<br />
ostfränkisch, Vw. 5, 9; — E. 1, 19, 24, 43; — lbl/<br />
2/dl/n3/o, 2d2/e4, 3c/f2/j2/o4, 4c2/3/dl/g8, 5b3/<br />
dl, 6a2, 7e2/6, 10b8, 13a2/dl, 16c2/5/j3, 17a2/4/<br />
5, 20g3/8, 21al/dl, 22a3, 23al/3Fn., 24a3, 26bl,<br />
27i3, 28c3, 29b3/d/e2, 30a, 31dl, 33b5/el/4,<br />
34cl/i3/5/8/k2, 35b, 38all/c2, 46c3/d/f3/hl/2/9,<br />
49c3/f4, Hl.<br />
Oststeiermark, E. 44, 51; — 3el/m4, 4g2, 5g9,<br />
13f/gl, 16b2/h, 20il/o2, 50e7/8/fl, H3h4/5.<br />
Osttirol, E. 44, 45; - 2gl, 3i4/k/ml, 4b3/c2,<br />
5g9, 7c4/glO, 16b3, 22bl, 24al, 28c3, 46c2/h6/12,<br />
4914, H2.<br />
Oswald von Wolkenstein llbl, 20m.<br />
öttingen, Schwaben, 29bl, 33b5, H4c3.<br />
Ottokar aus der Gaal 22a5.<br />
ötz, Tir., E. 56, H4c4.<br />
Ötztal, Tir., Vw. 6; — E. 14, 37, 39, 56; — 2j, 3i4,<br />
4a2/b6, 5bl/cl/o2/g3, 7a4, lOd, Ilb2/d8, 13c,<br />
16a2Fn., 20m3/olFn./5, 21bl, 22a2/7/c3, 24a2,<br />
25a6/bl, 27c8/gl/i2, 28dl, 31b2/4, 34a4/bl/3/<br />
f/h/kl/4, 36b2, 38ml/2b/cl, 40b, 46c2/4/h9/i2/7,<br />
49c3, 60al/2/e2/3/4/f2/g3, H3c4/5.<br />
ou, mhd., E. 19, 22, 43; — llalO, 13ol, 20al/ol/<br />
gl/o, 21, 22a2, 42al;K. 17.<br />
öü, mhd., E. 43; - 6hl, llalO, 13el, 20al/el/3/gl/o,<br />
22; K. 18.<br />
-oug-, mhd., 21bl/d, 22bl/3.<br />
-öüg-, mhd., 22a2/b3.<br />
-outn-, mhd., 14b2, 21cl.<br />
•ouw; mhd., 13c, 14d2, 22dl, 22a6.<br />
•öüw; mhd., 16d, 20o3, 22a6/c; K. 18.<br />
p, Vw. 13, 17; — 34al/dl, 36; — p- 25a6, 27a4/e,<br />
30a, 34bl/c/dl, 36al/2.<br />
Palatalkonsonanten, Vw. 13; — 4a3, 23.<br />
Pappenheim, Mfr., 21b3, 46h9Fn., H4c3.<br />
Päpper 2g2.<br />
Papst 36a3.<br />
Paradigmenausgleich, -zwang, E. 89; — 3d2/el,<br />
16j, 22c2, 27d2, 28cl/2, 46hl.<br />
Parallelität, Parallelismus, E. 28, 40, 43; — 3n2,<br />
4al, öal/bl, 7al, 8a, 10a/b3, llal/2/d7, 12a2,<br />
13al/2/f, 14al, 17al, 20al/gl/ol, 27a6.<br />
Paris E. 21.<br />
Parkstein, Opf., 33b5, H4d2.<br />
Parndorf, Bu., 33b5, H4i4.<br />
partic. präter. 46i2.<br />
Passau, Nb., E. 5, 18; - Ie3/ml, 16il, 50b, H3f3.<br />
Passeier, Südtir., E. 24; — Ic/d2/n5, 3gl/ml,<br />
4a2/b6, 5c2/e2, 7a4/öFn., lOd, Ilb2/d8, 21b2,<br />
23a3, 27gl, 34a4, 38a2/c2, 46c4/hl2, 60al/f2/g3,<br />
H3c5.<br />
Passering, Kä., 14b2, H4g5.<br />
passive Mundarten E. 28.<br />
Patschen Vw. 20.<br />
Patzen Vw. 20.<br />
Paulscho Regel, E. 38; - 3g2/o, 4a3/5, 23b, 26bl.<br />
Paznaun, Tir., Ilb2, 20gl/4/7/ml/nl, 21bl, 60f2,<br />
H3b5/c4.<br />
Pegnitz, Mfr., 17dl, 46h9, H4d2.<br />
Peking, Ob., 7gl3, H4c4.<br />
Pelz 3ol.<br />
137
Kegister<br />
Petsch, On., 3ol, 4a3.<br />
Pettau, Jugosl., 27g4, H3h5.<br />
pf, Vw. 13; - E. 43; - 34al/dl/f, 89; - pf- 29e;<br />
K. 20.<br />
Pfaffenhofen a. d. lim, Ob., 16e2, 32b5, 33dl,<br />
38c2, H4d3.<br />
PFALZ, A., Vw. 5, 25; - E. 28; - 34c5.<br />
Pfeffer 3el.<br />
Pfreimd, Opf., 28b2, H4d2/e2.<br />
Pflaume, Pf räume 14b2.<br />
pflegen 3ol.<br />
Phoneme, Vw. 21; - E. 25, 28, 86, 40, 42, 44, 45,<br />
46; - 23al, 34dl.<br />
Phonetik, Vw. 15; - E. 46; - 23al.<br />
Phonologie, Vw. 10, 16, 17, 21; - E. 28, 35, 40,<br />
41, 46; - 20gl/2.<br />
Pielachtal, Nö., 18a3, 20h2, 50e3, H3h3.<br />
Pilsen, Egerl., lil, 33dl/e2, H3f2.<br />
Pinzgau, Sa., ldl/3/n5, 2gl/2, 3d4/f2/m2, 7gl3,<br />
10c2, Ila9, 13dl/g2, 14bl/2, 17d3, 20il, 22b3/c3,<br />
29d/e5, 32b5, 34c6/10/13, 36b3, 38a4/6/9, 46i6,<br />
50al/d3/e3/8/fl, H3d4/e4.<br />
PISCHINGER, A., Vw. 25.<br />
Pitten, Grafschaft, Nö., E. 29; — Ifl/g2, 312Fn.,<br />
4c2, 7bl, 13h, 16h/j5, 18a3, 21d6, 29b3/cl/d,<br />
46h5/i4, H3h4.<br />
Pitztal, Tir., 13c, 29e2, 46c2/i7, H3c4/5.<br />
Pladen, Sprachinsel, It., E. 15; — 2fl, 4a2/b4, ßcl,<br />
7a4, Ilb2, 14a3/b2, 16c4, 18al, 20gl, 21d4, 25a5,<br />
29d, 32b2, 33b4/e4, 34b3, 38cl, 46c2/i2, 49cl,<br />
50el0/g3, H3e5.<br />
Plaide s. Ploade.<br />
Plan, Egerl., 28b2, 33b5, H4e2.<br />
Plattendeutsch E. 9.<br />
Pleinting, Nb., 48b4, H4e3.<br />
plgode, zimbr., 20e2.<br />
Plunder 35cl.<br />
Pluralformen, E. 39; — 20n.<br />
Pohrlitz, M&., E. 15; - 25aö, 27gl, 34cll, 50c3/gl,<br />
H3i2.<br />
Polyglottie, Vw. 4; — E. 42, 43.<br />
Pongau, Sa., 2gl/2, 3d4/f2/m3, 7d3/e3, 10c2, Ila9,<br />
13g2, 14bl/2, 17al3, 20il, 22b3, 29b2/d/e5,<br />
34c6/10/13, 36b3, 38a4/6/9, 46h9/i6, 50al/d3/<br />
e3/4/8/fl/g4, H3e4/f4.<br />
Pottenstein, Of., 33e2, H4d2.<br />
Prachatitz, Bö., 25a5, 27gl, 33bl, H3f2.<br />
Prag, Bö., E. 6, 8; - 20ml, 27g4, 34b2, H3gl.<br />
Prahlitz, Mä., E. 15; — 25a5, 34cll, 50c3/gl,<br />
H3i2/3.<br />
Predigt 3ol/5, 4a3.<br />
Preitenegg, Kä., 34j2, H4g5.<br />
Pfemysl Ottokar, E. 4; — 20e3Fn.<br />
Pressath, Opf., 2d2, H3d2.<br />
Proßburg, Slowakei, Vw. 4; - E. 19; - Ild4,<br />
18a2, 27g4, H3i3.<br />
Prien, Ob., 50e4, H4d4/e4.<br />
Probst 21 f.<br />
Projektionen, E. 21.<br />
Prosdorf, St., öcl/3, H4h5.<br />
Pulkautal, Nö., 11dl, 20n2, H3h3.<br />
punktuelle Übertragungen, E. 20; 54; — 3d2, 4g4,<br />
49c5/6/fl, 50d2.<br />
Pustertal, Tir., Südtir., E. 15, 34, 45; - Id3/n5,<br />
2d2/gl, 3d4/f2/gl, 5b2/cl, 8al, Ilb2/dll, 14al/<br />
b2, 16j4, 20gl/5/il/2/nl, 27b/dl/gl/i2, 28c3/dl,<br />
29e2, 3al/b4/e4, 34jl/3/4/kl, 3öcl, 38aö/cl/4,<br />
46c4/h9/10/12/i2/3, 49cl, 50al/e2/3/5/10/gl/3,<br />
H3d5/e5.<br />
qu-, ahd., 26a6.<br />
Quantität, Vw. 13, 14; — E. 88; — s. Dehnung,<br />
Ein-, Zweisilberdehnung, Dreiailberkürzung,<br />
überlange Silben.<br />
138<br />
r, Vw. 13; - E. 41; - 27gl/hl, 34c4/10, 50;<br />
K. 26; - r- 29e9, 38a9, 50b; K. 19; — -r, E. 23;<br />
- 27dl, 60f; - -r- lhl, 311/m4, 5g6, 7g8, 50;<br />
K. 6, 8 und 26.<br />
Raabtal, St., 48b3, 50e3/5, H3h4/5.<br />
Raabtal, Bu., Ilb2, 33c, 38a5, H3h5.<br />
Radio E. 13.<br />
Radkersburg, St., E. 51; - 5g2, Ilb2, 16e, 50dl/<br />
g2, H3h5.<br />
Rain a. d. Donau, Schwaben, E. 1, H3c3.<br />
Randschollen, E. 14, 19; - Ifl/h3, 4b3/5, 5dl,<br />
16b2.<br />
Ranft, Kampf 46f2.<br />
Rangersdorf, Kä., Ih5, H4e5.<br />
Rattenberg, Tir., E. 18, H4d4.<br />
Rattersdorf, Bu., lnl, 6b2, H4i4.<br />
rauben, Räuber 21e.<br />
rauchen 21d2.<br />
Rauchfang E. 12.<br />
Raum, Vw. 2, 17; - E. 2, 12, 14-24a, 25, 45, 57.<br />
•rd- 28dl.<br />
-rder öOelO.<br />
rechnen 3el.<br />
Rechnitz, Bu., 31d2, H4i4.<br />
Rechtschreibfehler, E. 13, 47.<br />
Regensburg, Opf., E. 13, 18; — 13i, 16e2, 20o3,<br />
21a3, 24a3, 28b2, 33e4, 38c2, H3d2.<br />
Regental, Opf., 24a3, 33c, H3d2/e2.<br />
Reggelsberg, Südtir., E. 15; — 3d2/f2, Ilh2,<br />
20gl/5/7/nl, 46c2, H3d5.<br />
Register Vw. 23.<br />
Rehau, Ofr., E. 1; H4dl.<br />
Reichertshausen, Ob., 28b2, 50e2, H4d3.<br />
Reihenaufsaugung s. gliederarme Reihen.<br />
Reihenausweichungen, Vw. 15; — E. 25, 40—42,<br />
48, 57; - 20e2/g5/hl, 27a6.<br />
Reihenbewußtsein, E. 45, 46, 48.<br />
Reihenprinzip, E. 28, 40; — 3gl, 8al, 10a2, llalO,<br />
27a2.<br />
Reihenschritte, Vw. 13; — E. 28, 40, 43; — 4al,<br />
20g, 27a2.<br />
Reihenzusammenfall E. 50.<br />
Reime, E. 13, 40, 41, 54; - Ifl/g2, 3dl/i4/m3Fn.,<br />
4al, 7e2/5/fl/g9, llbl, 13el, 14al, 16c5, 20a2/<br />
g7/m/o3/4, 21al/d3, 25a3, 32b2/4, 34clO, 35b2,<br />
36b2, 42al, 50e3.<br />
rein 20ml.<br />
Rein- in Personennamen 20o3.<br />
reizen 2011.<br />
Remüngen, Ufr., 33e2, H4b2.<br />
Resiatal, It., Vw. 20; — E. 10, 11; H3e5.<br />
Restformen, Vw. 20; — E. 11, 13, 22, 23, 25, 27,<br />
48, 49, 51; - Ie3/f2, 2gl, Ild4, 13el, 16d, 17d2,<br />
18a3, 20g7/h2/i2, 21a3, 24a2, 28b3, 46c4/fl,<br />
50d3/q3/4/7.<br />
Restlandschaften, Rückzugsgebiete, E. 7, 14—22,<br />
39, 40, 41, 45, 49; - 3m4/5, 4g5, 7g8, Ila2,<br />
20ml.<br />
reuen 16jl.<br />
Reuental, Burgenname, E. 4; — 16c5.<br />
Reutte, Tir., 38c2, H3c4.<br />
•rff- 391.<br />
-rh- 33b9.<br />
rheinfränkisch, E. 1; — 14a3, 20g6, 27i2, 29e2,<br />
46hl, Hl.<br />
Rieden, Opf., 33e2, H4d2.<br />
Rienz-Gebiet, Südtir., In5, H3d5.<br />
Ries, Schwaben-lNIfr., 3f2, H3c3.<br />
Rimpar, Ufr., 33e2, H4b2.<br />
Rittertum, E. 4, 5; — 3e2.<br />
-rk- 38a4/c2.<br />
•rl- 50el.<br />
•rm 48b3.<br />
•m 46al, 60el/2.<br />
Roana, It., 31cl, H4d6.
oggen, adj., 5h.<br />
Roiach, On., 20i2.<br />
KOITINGER, F., Vw. 5; - 25.<br />
romanisch, E. 30, 34, 35, 36, 37.<br />
Romanismen, E. 24a; — 6al, 9al, 17a7, 18a2,<br />
20c2, 27g5.<br />
romauntsch, E. 30.<br />
Ronsberg, Egerl., 28b2, H4e2.<br />
Rosenheim, Ob., 4g5, 28c3, 33c/d2, 34c8,50b, H3d4.<br />
rößen, -zen 34e5; s. Wb.<br />
Rotenburg, Nb., 29b 1, H4d3.<br />
Rothenburg o. d. Tauber, Mfr., 32b5, H3c2.<br />
Rottal, Nb., lml, 3j3, 5g7, 7g3, 10c2, 16e2, 50a6,<br />
H3e3.<br />
Rottalmünster, Nb., 16il, H4e3.<br />
Rozzo, It., 31cl, H4c6.<br />
-rr- 34jl, 60el/9.<br />
•rren 46al.<br />
-rs- 32bl/2/6, 50e4/8.<br />
•rat- E. 51; - 32b6, 50e4/8.<br />
-rt-, E. 50, 51, 52, 55; - 32b5, 35c, 50al/dl/5/el/3;<br />
K. 27.<br />
Rückbildungen, E. 25, 48, 50.<br />
Rückwanderermundart, E. 9, 12.<br />
Rückzugsgebiete s. Restlandschaften.<br />
Rudolf von Habsburg, E. 4; — 20g2.<br />
rundende Mitlaute, Vw. 13; — lml, 3o2, 4c3,<br />
7c2, 26.<br />
Rupertiwinkel, Ob., lfl, H3e4.<br />
Rust, Bu., 32b5, H4i4.<br />
s, Vw. 13, 21; - E. 36, 42; - 27al/bl/g4/5/6, 32,<br />
34c9/j2; - s- 27c3, 34bl; - -8 27e.<br />
Saalfelden, Sa., 14b2, H4e4.<br />
sächsisch, Vw. 9; - 34cl, 39b3, Hl.<br />
Sagen 20g7.<br />
Saggautal, St., 3e5, 5g7, 14b2, 34i2, 50d6, H3g5/h5.<br />
sagt 20o, 22a7.<br />
Salinenarbeiter E. 7.<br />
Salurn, Südtir., E. 1; - 28b2, 33b4, 34jl, H4c5.<br />
Salzachgau, Ob., E. 44; - Ig2/h3, 312Fn., 4f2/g5,<br />
5g5, 7gl3, 8c4, Ila6, 14cl, 16b4/5/e3/j5, 17d3,<br />
20dl/il/n2, 22b3/c3, 29c2, 33b5/c, 34h4/i3, 35bl,<br />
46i5, 48b4, 49dl/2/fl, 50d2/3/e 1/2/3/8, H3e4.<br />
Salzburg, Stadt, 16b3, 50b/e2, H3e4.<br />
Salzburg, Land, E. 49, 53; - lpl, 3gl/i4/m2, 4f2,<br />
5f2/glO, 7e5/glO, 10c2, lla5Fn., 13h, 16b3/j3/5,<br />
20k/o3, 23a3, 27c7/hl, 29c2/e5, 33b2/9, 34c3/10/<br />
12/i3, 35bl/2/3/e, 38a3/c2, 46h3/6/13/i5, 49c6/b7/<br />
dl, 50cl, H2.<br />
Salzkammergut, Oö., St., E. 14; - 312Fn., 7e3,<br />
14al/dl, 16e3/g3, 17d4, 20il/oFn., 25b3, 29b2/<br />
c2/e5, 34c6/hi/i3, 35bl, 38c2, 48b4, 49f2,50b/d2/<br />
3/e4/fl, H3f4.<br />
Samerberg, Ob., 4g5, H3d4.<br />
Samnaun-Kampatsch, Schweiz, E. 1, 7, H3b5/c5.<br />
Sankt Johann am Tauern, St., 34j2, H4g4.<br />
Sankt Polten, Nö., E. 18; H3h3.<br />
Sankt Ruprecht b. Villach, Kä., 14b2, H4f5.<br />
Sankt Veit a. d. Glan, Kä., E. 18; - 3d2/m3Fn.,<br />
4g4, 5b2, 20g6, 33e, H4f5/g5.<br />
Sarntal, Südtir., 20il, 28cl/3, 46c4, H3d5.<br />
Sauerlach, Ob., 3m3, 50e7, H4d4.<br />
Säumer 21b2, 22a2.<br />
seh, Vw. 13; - E. 36; - 32a3/b4, 34al/dl/j, 41al,<br />
42.<br />
Schädel 3ol.<br />
Scharnitz, Tir., 28c3, 46hl2, H4c4/d4.<br />
Schattau, Mä., 50c3, H4h3.<br />
SCHATZ, J., Vw. 20, 25; — 42a3, 46i7.<br />
Seheff 3dl.<br />
Schemnitz, Sprachinsel, Slowakei, E. 25.<br />
SCHERER, W., 4a3, 23a2.<br />
Schiefling, Kä., 34j2, H4g5.<br />
Register<br />
Schiff, E. 39; — 3dlFn.<br />
Schilling E. 10.<br />
Schiltern, Mä., 31d2, H4h3.<br />
Schimmel 36b2.<br />
schlägt 20olFn.<br />
Schiätz 2g2.<br />
Schleier 20e3.<br />
schleifen, -pfen 34el; s. Wb.<br />
schleppen 39b2.<br />
schlesisch, E. 23; — 2g5, 3c, 20gl, 29e4Fn., 31d2,<br />
39b2/3, 46c3, 49cl, Hl.<br />
Schliersee, Ob., 12a4, 46h9, 50e3, H3g4.<br />
Schlitten 23a5.<br />
Schlot E. 12.<br />
Schnaittach, Mfr., 40h9, H4d2.<br />
schneien 25b.<br />
Schöder, St., 313, H4f4.<br />
Schöllschitz, On., 3ol, 4a3.<br />
Schongau, Ob., 16e2, H4c4.<br />
Schönhengstgau, Mä., 31d2, H3i2.<br />
schöpfen 4c3.<br />
schöpßen 3g2.<br />
Schorndorf, Opf., 28b2, H4e2.<br />
Schriftsprache, Vw. 20, 21; - E. 5, 13; — lq, 2k,<br />
16b2, 50e7.<br />
schriftspracheferne Dialekte, Vw. 20; — E. 10, 11.<br />
schriftspracheferno Wörter, Vw. 20; — E. 11, 13,<br />
25, 52; - 50d3.<br />
Schritt 7b2; s. Wb.<br />
Schrobenhausen, Ob., 20olFn., 29cl, 33dl, H4c3/<br />
d3.<br />
Schrödersches Assimilationsgesetz 27c4/5, 28b 1,<br />
29a, 34dl, 35a, 37a.<br />
schröpfen 3g2.<br />
seh-Umlaut lpl.<br />
Schwaben, Vw. 75; - E. 21; - 21bl, 22c2, H2.<br />
Schwaben, Dorf, Ob., 17al, 20olFn., H4d3.<br />
schwäbisch, Vw. 17; - E. 1, 21, 39; - 2d2,<br />
3c/f2/k, 13a2/d2, 14a3, 16b2/j3, 20ol, 21bl,<br />
22a2/c3/4, 27i2, 32b5, 33b5, 34cl/10/i3/5/k2/6,<br />
36b3, 38all, 46e/f3, Hl; — nordschwäb. lbl,<br />
20f; — ostschwäb. 10b8; — südschwäb. 7g6; —<br />
westschwäb. 20b.<br />
Schwaz, Tir., E. 18; - 2g4, llbl, 34cl2, 50e4, H3<br />
d4.<br />
schwedisch, E. 30.<br />
Schweiz, Vw. 4; - E. 1; - Ip3, 5c2,20g2,27c7,H2.<br />
Schwend, Opf., 33e2, H4d2.<br />
schwerer, comp., 2i.<br />
Schwester 3o2.<br />
schwimmen 23a5.<br />
sechs 3ol.<br />
Sechter 3ol.<br />
SEEMÜLLER, J., Vw. 5, 24, 25.<br />
Seeshaupt, Ob., lil, 3k, H4c4/d4.<br />
Seewinkel, Bu., lgl, 16b2, 33bö, 34cll/13, 38a6/cl,<br />
50c3/gl, H3i4.<br />
Segen 3o4.<br />
sehen 33b6.<br />
seicht E. 25Fn.<br />
Seife E. 50.<br />
seifern 20h2.<br />
Selb, Ofr., E. 1.<br />
Sellrain, Tir., lOd, Ild8, 21b2, 29e2, 50e3, H3c4.<br />
Selztal, St., E. 9; - 50c3, H4g4.<br />
Scmmering, St.-Nö., 3c3, 46h9, H3h4.<br />
Sctuic 20o; 8. Wb.<br />
Sieben Gemeinden, Sprachinsel, It., Vw. 20; —<br />
E. 13, 15, 80, 37, 39, 40, 41; - ldl, 2dl, 3f2/<br />
mlFn./ol, 4a2/b6/c3, 5bl/c3/e2, Gal, 7a5/5Fn./<br />
c2, 9al/b, 10b3, llbl/3/3Fn./dl2, 12a2, 13b2/<br />
dl/i, 14a3/d3, 15a3, 16g2/j2, 17a7, 19, 20c2/ml,<br />
21bl, 22a2, 23b/cl, 24a5/b, 25a3/5, 26a, 27b/dl/<br />
e/f/gö/hl/2/i2, 28cl/dl, 29d, 31b2/4/cl/dl/e,<br />
32a2/blFn., 33a2/bl, 34a4/bl/2/f/il/kl/4, 35c 1,<br />
139
Register<br />
36b2, 38al/2/12, 39al, 40a, 41b, 42al/b, 43al/b,<br />
46c2/3/4/hl/7/8/i2/3/7, 48b4/cl/3, 50f2/g3, H3d6.<br />
siebenzig 46h3; K. 25.<br />
sieht 7fl.<br />
SIEVERS, E., Vw. 10.<br />
Sillian, Tir., 20g7, 29d, 50e3, H4e5.<br />
Silltal, Tir., Ia2, 3m2, 5cl/e2/gl, 7al, Ilb2,<br />
16a2Fn., 20o5, 21b2, 23a3, 27b/gl, 31e, 34k4/7,<br />
35e, 38a2, 46c2/4/hl2, 50e3/g3, H3d4.<br />
Silvester 3o2.<br />
slawisch E. 34, 35, 36.<br />
Slawismen, E. 24a; — 23a3Fn., 32blFn.<br />
Slowakoi, Vw. 11; — E. 15; — 2dl, 4b3, 25a5,<br />
39b3.<br />
slowakisch, Vw. Ö.<br />
Slowenien, E. 34; — 33d3.<br />
slowenisch, Vw. 5, 20; — E. 10, 11, 30, 34, 36,<br />
42; — 4a3, 13d2, 16b3, 23b, 25a2/3, 27a4/c2/3/<br />
5/g4/5, 32a3/4, 33b7, 34b4, 35d, 36al/b2, 37a,<br />
41a, 42al, 50al.<br />
Soien, On., 25b2.<br />
Sonthofen, Schwaben, 33o4, H4b4.<br />
Soziologie, Vw. 15; - E. 2, 3-11, 12, 14, 17, 20,<br />
22, 25, 27Fn., 36, 42, 45, 48, 50, 57; — 20gl/2/6.<br />
sp 32M/2, 34c8, 42a3.<br />
Spalt, Mfr., 32b5, H4c2.<br />
Spanheimer 20g6.<br />
Spaß, E. 12; - 2011.<br />
später, comp., 21.<br />
speien 25b.<br />
sperren 2], 34el; s. Wb.<br />
Spital am Phyrn, Oö., 50o4, H4f4.<br />
Spottsprüche, E. 45; — 24a3, 25a5, 50bl/el.<br />
Sprachbiologie, Vw. 1, 10, 12, 15, 17; - E. 4, 12,<br />
57.<br />
Sprachgrenze 27g4, 39b, 46d, 50al; vgl. Grenzen.<br />
Sprachinseln, Außenorte, Vw. 4, 6, 9, 11; — E. 1,<br />
6, 7, 13,15, 19, 21, 24a, 30, 31, 36, 40, 41, 48; —<br />
Ibl/p3, 2dl, 3d4/el/i3/m3, 4a2/b4/dl, 5b2/cl/6/7/<br />
e2/gl/9, 6al, 7a5/e5/g9, 10b7/cl, Ilbl/dl2, 13b2,<br />
14a3, 16c3/4/j2/5, 20a2/e2/olFn., 21a2/d4, 22c2,<br />
23a3/aFn.,' 25a5/6, 27c4/dl/gl/6/jl/2, 28bl/cl/<br />
dl, 29c2/e2, 30a2/bl, 32a3/4/bl/2/5/6, 33bl/10,<br />
34b2/3/cll/12/e2/i2/3/j4/kl/3/7, 35cl, 36al/b2,<br />
37a, 38a2/5/8/c2, 39b3, 40a, 42al, 43al/b/c,<br />
46bl/c4/h3/8/i5, 49c3/6, 60al/cl/3/d2/gl/3.<br />
Sprachgesetze, Vw. 15.<br />
Spreu 16d; s. Wb.<br />
Sproßvokalo 312Fn., 5g3Fn., 491, 50(1.<br />
-ß-, Vw. 13; — 32a2, 43.<br />
st, E. 52; - 32bl/2/5, 42a3.<br />
Staab, Egerl., 33b5, H4o2.<br />
Städte, E. 2, 5, 9, 14, 15, 16, 18, 20, 25, 41.<br />
Städtedreieck, kämt., E. 18, 20; — 3d2, 4bl/3/g4,<br />
5b2.<br />
Städtedreieck, südtir., E. 18, 20, 41; — 3d2, 4bl,<br />
llbl.<br />
Stadtlandschaften E. 20.<br />
Stadtmundarten, E. 5, 20, 41, 49, 50; — lc, 4g6/7,<br />
5e3/gl/4, 10b5, 13dl, 17a3, 20gl/3/ll, 27g6,<br />
33b2/6, 34clO, 37b2, 50al.<br />
Stadtsprachinseln, E. 6; — 27g4, 34b3.<br />
Staffelseo, Ob., 46h9, H3c4.<br />
Stainz, St., 7fl, 38a6, H3g4.<br />
Stall, Kä., Ih5, H4e5.<br />
Stanz, Tir., E. 51; - Ilb2, 20gl/4/7/m3/nl, 21bl,<br />
22c5, 50f2, H3b4/c4.<br />
Stanzach, Tir., 5c2, 12al, H4c4.<br />
Starklaute, Vw. 13, 14; - 34-47.<br />
Starnberg, Ob., 16b2, H3c3/d3.<br />
Starnberger See, Ob., Ip2, 3k, 7d3, 21bl, 22a5,<br />
38a4, H3c4.<br />
Staudengebiet, Ob., E. 23; — 5dl, 17d3, 20olFn.,<br />
21bl, 33dl, 38a5, 50al/b, H3c3.<br />
Stefan 3o2.<br />
140<br />
Steiermark, E. 18, 20, 36; — ljl/nl/pl, 3e2/fl/jl/<br />
m3, 4b3/c2, 5f2/g6, 7b2/e5/fl/gl/10/ll, 14cl, 16f,<br />
17d4/5, 18a2/3, 2012/ml, 22bl, 27c7/d3/gl, 28d2,<br />
29b4/d/e5, 32b5, 33b9/c/e4, 34clO/jl/3/k7, 37a,<br />
38a5, 42b, 43b, 46h9/i5, 48a, 49c5/6, 50b/c3/e2/3,<br />
H2.<br />
Steigdruck, E. 32; — 10b2.<br />
STEINHÄUSER, W., Vw. 5, 24.<br />
stempjen 4c3.<br />
steudnen 16j6.<br />
SteyTgebiet, Oö., Ila6, 16b5, 17d4, 50d3, H3f4.<br />
Stiefmutter, E. 51; - 16b2/j5k, 17a8; K. 14.<br />
Stimmhaftigkeit, E. 33.<br />
Stockerau, Nö., 29b3, H3h3.<br />
Straßburg, Kä., 3m3Fn., H4f5/g5.<br />
Straßen, E. 24, 51.<br />
Straubing, Nb., E. 18; - 18a2, 29bl/4, 34c8,<br />
46h9/13, H3e3.<br />
Strauche, -ke 34el; s. Wb.<br />
Strem, Bu-, 5c2, H4h4/i4.<br />
Stubaital, Tir., 27gl, 34k7, 38a2, 50e3/g3, H3d4.<br />
Stufenlandschaften, E. 19; — 28al.<br />
Stunde 35c 1.<br />
Stützformen 38a9.<br />
Substitution, E. 34—36.<br />
Substrate, Vw. 17; — E. 24a, 36.<br />
Suchen, Gottschee, E. 36; — 4c3, 7a4, 13dl,<br />
32a5, 33bl, 38al2, 39b, H3g6.<br />
südbairisch, E. 1, 15, 17, 19, 20, 23, 39, 40, 41, 47,<br />
54; - Id2/gl, 2dl/fl/gl, 3e2/fl/gl/il/5/k/ml/5/<br />
n2, 4b2/3/4/g3, 5b2/c5/6/dlFn./fl/2/gl, 7a5/b2/<br />
e3/4/5/g9, 10a2/b2/3/d/e2/3, llalO/bl/2/cl/d7,<br />
12a3, 13h, 14b2, 16c2/3/4/j2, 17a6/9/c2/3/e,<br />
20dl/2/h4/nl/o3, 21al/2/d3, 22a6/c2, 23a3/b,<br />
27c7/8/dl/2/3/i2/jl, 28bl/2/c2, 29b2/4/e 1/3/6,<br />
32b2/4, 33al/bl/3/4/6/10/c/dl, 34a2/4/clO/ll/e2/<br />
hl/3/il/2/j4/k2/6/7/8, 35cl, 36al, 37b3/c, 38a3,<br />
40a, 41b, 46c4/e/hl/9/i4, 47a, 50cl/3/fl/2/gl, Hl.<br />
Südböhmen, Vw. 4; - E. 1, 49; - 3jl/3/k3, 4b3/<br />
5/c2/g3/5, 5c7/dl/f2, 7bl/e5/fl, 10d2, Ila5,<br />
13d3/el/h, 14b2, 16b2/i/j5, 17d3/4, 20hl/il/j3/<br />
k/olFn., 24a4/5, 33b6/c/d2/e4, 34c6, 39b2/3,<br />
48b4, 49c5/6, 50c3/e8, H2.<br />
Südmähren Vw. 4; - E. 1, 15, 19, 49; - lnl,<br />
3j2/5/13/n3, 4b3/c2, 5c7/dl, 7bl/fl, 10d2, llaö,<br />
13dl/2/h, 16b2/h/i/j5, 17c2/d4, 18a2, 20dl/g3/ll,<br />
21a3, 29b3/cl, 33b6/c/e4, 34c3/6/i7/k4, 39bl/2/3,<br />
46d/h9/i4, 49c5/6/f2, 50c3/d2/e7/8, H2.<br />
Südtirol, Vw. 4; - E. 1, 18, 20, 45; - 3d2/fl/gl/k/<br />
ml/2, 4b2/3, 5e3/gl/2/9, 6c2, 7e4, 27c4, 28b2/<br />
cl/3, 29e2, 33b4/c/e4, 34clO/jl/3/k7, 37a, 38a5,<br />
42b, 43b, 46c2/h9/12/13, 50al, H2.<br />
Sulmtal, St., 3e5, 14b2, 34j2, 50b6, H3g5/h5.<br />
Sulzbach, Opf., 28b2, 34cl, H4d2.<br />
Sünde 35c 1.<br />
Sundergau, Ob., 3m2, 4f3, 6a2/c3, 7d3/gl3, Ild2,<br />
12al, 17d4, 20ol/lFn., 22c3, 28b2, 46i5, 49d2,<br />
50b/e3/7/fl, H3d4.<br />
Sunft 46f2.<br />
Superstrate, E. 24a, 37.<br />
Symmetrie, E. 19.<br />
Synkope 31b2.<br />
t, Vw. 13; - E. 33, 42, 43; - 27al/3/6/e, 34a/c/dl,<br />
35; K. 21; — t- 28bl, 35a, K. 21; - t{t)- im<br />
Salzbiu-gischen, E. 53; — 35b; - -t 35e.<br />
Tabak lql.<br />
taub 20o5.<br />
taufen 20o5.<br />
Tauferertal n. Bruneck, Südtir., 10b3, Ilb3, 14b2,<br />
27gl, 28c3, H3d5.<br />
Taus, Bö., 3il, 16j2, 29bl, 33b5/dl, 38c2, H3c2.<br />
tausend 46hl3; K. 25.<br />
Techant 3o4/6.<br />
Tegel 3o3.
Tegemsee, Ob., 33dl, 60e3/4, H3d4.<br />
Teie 13c.<br />
Telfs, Tir., Ild8, 21b2f 22bl, H4c4.<br />
tengg 2gl.<br />
Tennengau, Sa., lfl, 312Fn., 4g5, 4e4/fl/gl, 14bl,<br />
20il/olFn./o3, 22b3, 33b5/c, 34c6/10/13, 46h4/10,<br />
48b4, 49fl, 50c3/e3/4/fl, H3e4/f4.<br />
Terfens, Tir., 14b2, 32b5, H4d4.<br />
Teufel 27g4Fn.<br />
Thalgau, Sa., 50b3, H4e4.<br />
Thalmässing, Mfr., 13dl, 32bö, 46h9Fn., H4c2.<br />
Thurgau, Schweiz, 20a2, H3a4/b4.<br />
thüringisch, Vw. 11; — 3c, 31cl.<br />
Thumau, Ofr., 33e2, H4d2.<br />
tief, E. 25Fn., 51; - 16b2/jl/5, 17a8; K. 14.<br />
Tiefe 16i2.<br />
Tilliach, Tir., 2d2/gl, 3n2/2Fn., Ilb3/dll, 27gl,<br />
29d/e2, 34i2, 49cl, H4e5.<br />
Tinte 23aö.<br />
Tirol, tirolisch, Vw. 11, 21; - E. 1, 15, 21, 22, 23,<br />
36, 45, 49; - Id2/jl/n5, 3i4/jl, 4b5/cl/fl, 5fl/g2,<br />
7c2/f3/glO, lOal/bö/d, Ild8, 12a4, 16b2/3/j3/5,<br />
17c2, 20il/olFn., 21a2/bl/e, 22a2/c2, 23a2, 29bl/<br />
c2/d, 30a2, 33b2/9/c, 34cl0/hl/i3/j2/4/k7, 36b2,<br />
38a3/c2, 39d, 41a3, 42al/b, 46c3/f4/hl/3/9, 50b/<br />
cl/elO/gl, H2.<br />
Tirschenreuth, Opf., 33b5, H4d2/e2.<br />
Tischlwang, Sprachinsel, It., E. 16; — 2el, 4b4,<br />
5f2/gl/2, Ilb2, 20gl, 21d4, 25a5, 29e2, 34b3/i2/<br />
j2, 38a5/cl, 46c2/4/h8, 50g3, H3e5.<br />
Tittling, Nb., 50e2, H4f3.<br />
Toblach, Südtir., 46h 13, H4d5.<br />
Tochter 5f/g2/3.<br />
Tölz, Ob., 3m2Fn., 4g5, 17d3, 33dl, 50e3, H3d4.<br />
Torte 5g5.<br />
Töti E. 7.<br />
trägt 20o, 22a7.<br />
Trauf, -pf 2gl, 21b2; s. Wb.<br />
Traunviertel, Oö., E. 17; — 17a5, 20h2, 50d3/e7,<br />
H3f3/g3.<br />
trentinisch, Vw. 5; — E. 37; — 16b3, 32b 1, H3c5/<br />
d5.<br />
tretten 3g2.<br />
Treue (Viehweg) 16a2/2Fn.<br />
Triebkräfte, E. 2, 25 — 57, 48, 52.<br />
Trient, It., E. 9.<br />
Triphthongierung, E. 29, 33.<br />
Tropfen, Vw. 19; — 5h.<br />
Tröppolach, Kä., 32b5, H4e5/f5.<br />
TRUBETZKOY, N., Vw. 16; - E. 28.<br />
Truden-Altrei, Südtir., E. 20; - 2e3, H3c5/d5.<br />
Trudering, Ob., 50e4, H4d3.<br />
Trui, On., 16a2Fn.<br />
tsch, Vw. 13; - 27c3, 34al/dl/f, 41, 42al, 43c.<br />
tschechisch, Vw. 5; - E. 4, 29, 30, 38; - 13dl,<br />
17a2, 24a5, 27c3, 41al.<br />
Tschechoslowakei, Vw. 4; — E. 1.<br />
techer fein 41a4.<br />
tschünggelen 41a4.<br />
•tt- 34cl3/e2, 35a; -tt- im Salzburg. E. 63; - 35b.<br />
Tulln, Nö., E. 18; H4h3.<br />
Tumpen, On., 36b2.<br />
Tumpen, Tir., E. 56; H4c4.<br />
Turd 60e7; K. 27.<br />
Türnitz, Nö., 16j2, 50e7, H4h4.<br />
Türnitztal, Nö., 60eö, H3h4.<br />
Tux, Tir., 20o5, H4d4.<br />
tz, Vw. 13; - E. 42, 43; - 40.<br />
u, mhd„ Vw. 13, 21; - 5cl/7, 7al/3, 8, 13al, 14al.<br />
ü, mhd., Vw. 13; - E. 37; - 5cl, 6al, 7al/3, 9,<br />
12a3Fn.<br />
ü, mhd., Vw. 13; - E. 19, 21, 26, 28, 29, 30; -<br />
2o2, 4n2, 6cl, 7a2, 13a/e, 14, 20el, 21a/dl,<br />
22a6, 42al; K. 12; — ü im Hiatus 13c, 16a.<br />
Register<br />
ü, mhd., Vw. 13; - E. 37; - 5ol, 6al/3, 12a4,<br />
13a/f, 15, 16c2/5, 22a6; K. 12.<br />
u, ahd., zu mhd. w, 25b3.<br />
Überbildungen, E. 25, 48, 51; — 20g7/h2.<br />
Überlange Silben, E. 33; — 34i2/3.<br />
Überspringungen, E. 20.<br />
Udems, Tir., 14b2, H4d4.<br />
üe, mhd., Vw. 13; — E. 37; — 5cl, 6al, 17a, 19.<br />
-üel-, mhd., 17d.<br />
-wer-, mhd., 17e.<br />
uff-, mhd., 14a3.<br />
•uh-, mhd., 8b3.<br />
-ul-, mhd., 8b.<br />
-ül-, mhd., 14c.<br />
Ulrich von dem Türlin 3m3Fn., 13el, 20o3.<br />
Ulrich von Lichtenstein 7fl, 21d3.<br />
Ulrichsberg, Oö., 17d3, 50c3, H4f3.<br />
Ultental, Südtir., Id3/n5, 3cl, 18al, 20il, 22bl,<br />
28cl, 46c2, H3c5.<br />
um 36b2.<br />
-um-, mhd., 14b2, 21cl.<br />
Umgangssprache E. 5.<br />
Umlaut 4a2/3/c3, 6, 21d5, 22a2, 23b/c, 26a, 50a2;<br />
— analoger Uml. s. analog.<br />
Umlautentrundung, E. 26, 40; — 5cl/2/5, 6al/2/4,<br />
12al, 15a2, 16c2/4, 19, 27h2.<br />
Umlauthinderung 9b, 16al, 22bl/c2, 23cl.<br />
-un-, mhd., 7b, 8b2, 17a9.<br />
-ün-, mhd., 14bl.<br />
und 35el.<br />
-ung, Endung, Vw. 18.<br />
Ungarn, Vw. 4; - E. 1, 15.<br />
ungern 23a5.<br />
Unterfranken, Vw. 5; — 5c7, 7fl, 10b8, 33c3, H2.<br />
Unterinngebiet, Tir., 5g2, 6a3, 7gl3, lOd, Ilb3/d7,<br />
14b2/cl, 15a4, 17c2/d3, 20il/n2/olFn./o3, 22bl,<br />
24c2/e5, 34c6/10, 35bl, 38a4, 46h3/9, 48a, 49c6/<br />
dl, 50b/e3, H3d4/e4.<br />
Unterkärnten lnl, 3jl/13/m2/3/3Fn., 4c2/gl, 5dl/<br />
glO, 7f3/g3, llbl/cl, 13h, 17a6/d4, 20jl, 29e8,<br />
30bl, 33c/e4, 34j4, 46h6/12, 49c5, 60o2/7/g5,<br />
H3g5.<br />
Untern, E. 7.<br />
Untersteiermark, 10b5, 34cl0, H3g5/h5.<br />
Unzmarkt, St., 33c, H4g4.<br />
uo, mhd., Vw. 13, 17; - E. 11, 14, 32, 45, 48, 51; -<br />
5c2/4/5/7, 8b3, lOalO, Ilb3/dll, 16k, 17a, 18;<br />
K. 15.<br />
-uoch-, mhd., 17bl, 18a2Fn., 34i7.<br />
•uol-, mhd., 17a.<br />
•uon-, mhd., 17dl/c, 20g7.<br />
-uor-, mhd., 17e, 18a2Fn.<br />
-ur-, mhd., 7g7/ll, 8c.<br />
•ür-, mlid., 7g4/5/7/ll, 8cl.<br />
-tir-, mhd., 14dl.<br />
Urkunden, Vw. 8, 9; — E. 13, 14, 15, 16, 35, 40,<br />
47, 51; - lel/gl, 5c5, 7fl/g8, 9b, lla4/7Fn./7/<br />
bl, 13b/ol, 14a3, löal, 16al/bl/2/3, 18a2, 20al/<br />
2/dl/ol/gl/5/6/hl/4/olFn./3, 22bl, 23aö, 25a6,<br />
27d2, 28b3/dl, 29b3, 32bl/2, 33a2/b3/ol, 34el0/<br />
i7/j2, 36a3/b2, 42al, 46bl/c4/f, 49c6, 50c3/dl/o3/<br />
g3.<br />
v, Vw. 13, 21; - E. 43 Fn.; - 27al/g4/6, 31; -<br />
v- 27c3, 31a; - -v- 34c9/j2; - -v 27d/f, 31a.<br />
Vallarsa, It., 31cl, H3c6.<br />
Valtorragnolo, It., 31cl, H3c6.<br />
Venedig, On., 3ol.<br />
venezianisch, Vw. 5; - E. 11, 30, 37; - 24a5,<br />
27c5/g5, 31c3, 32a2, 34f, 37a, 49b2.<br />
Vent, Tir., E. 1; H4c5.<br />
ver-, Vorsilbo, 31cl.<br />
Verbairung, E. 54; - 20g2/6, 22c5.<br />
verkehrsferne Wörter 3g2.<br />
141
Register<br />
Verkehrslandschaften, E. 14—22, 45; — 3fl, 5c6,<br />
Ila2.<br />
Verkehrsmundarten, Vw. 6; — E. 5, 8, 10, 12, 16,<br />
22, 40, 41, 45, 47, 49, 50, 51; — lc, 3ilFn., 7c2,<br />
14b2, 17a3, 20gl/3, 27g2, 33b2, 34clO/jl/k7, 35c,<br />
37b2.<br />
Verkehrssprache, Vw. 11, 15, 20; — E. 3, 5, 8, 9,<br />
10, 11, 20, 44, 45, 51; - 3gl/m4, lObö,<br />
llb2Fn., 16c4/e3Fn./j2, 20m2, 21a3, 28c2/d2,<br />
29b3, 33c, 34k8, 46c3, 50e4/7.<br />
Verkehrswörter, Vw. 20; — E. 10, 11, 44, 48; —<br />
3ol.<br />
Vesper 3o2/6.<br />
Viechtach, Nb., 20cl, 29cl, H4e2.<br />
Vieh 7fl, 17a9.<br />
Viertel unter dem Wiener Wald, Nö., 17d5, H3h3/<br />
4/i3/4.<br />
Villach, Kä., E. 18, 49; - 3e2, 4bl/g4, 5b2, 14b2,<br />
17c2, 20g6, 33c, H3fö.<br />
Villgratten, Tir., 4a2, öbl, 7a4, Hb3/dl0, 14b2,<br />
20g7, 27gl, 50e3, H4e5.<br />
Vilshofen, Nb., E. 18; — 16il, H4e3.<br />
Vilstal, Nb., E. 44; — 16b3, H3d2.<br />
Vintschgau, Südtir., Id3, 3d4/gl/o6, 7a5Fn., lOd,<br />
llbl, 20m3, 21b2, 23g3, 33e4, 34k7, 38a4/c2,<br />
42a3, 46c2/h9Fn./12, 50f2, H3c5.<br />
Virgen, Tir., E. 44; - 16b7, 20n4, H3d4/e4.<br />
vl- 31c3; - -vl- 31d.<br />
Vöcklatal, Oö., E. 14; - 24a3, 48b4, H3f3.<br />
Vogt, Voit, 27f.<br />
Vogtei 13c.<br />
Vogtland, Ofr.-Sachsen, 3c, H3dl.<br />
Vohenstrauß, Opf., 13e2, H4e2.<br />
Voitsberg, St., 33e4, 38a6, H3g4.<br />
Völkermarkt, Kä., 17c2, 20g7, H4g5.<br />
Vorarlberg, Vw. 4, 5; — E. 1, 20; — 4a5, 5c2, 7a2/<br />
4, 13al/2, 14a3, 20b/g4, 21bl, 22c5, 27c7, 29e4,<br />
33e3/4/i2, 38c2, 46c3, 50f2, H2.<br />
Vorsilben \\v. 18.<br />
Vorton 27c8Fn.<br />
vr- 31c3; — -vr- 31d; — -vs- 31e.<br />
w, Vw. 13; — E. 24a; — 24al, 25, 26, 27e/gl.<br />
Wachau, Nö., 39b2, H3g3/h3.<br />
Waidhofen a. d. Thaya, Nö., 50e7, H4g3.<br />
Walchensee, Ob., I4b2, H4c4.<br />
Waldsassen, Opf., 33b2, H4dl.<br />
Waldviertel, Nö., Vw. 22; - E. 11, 48, 49, 51; -<br />
313Fn., llaö/6/d4, 16c2/i, 17d5, 18a2/3, 20h2/o3,<br />
27g2, 29b3/cl, 33b5/e4, 46d, 48b3, 49c6/d2/fl/2,<br />
50d2/e3, H3g3/h3.<br />
Wallern, Bö., lml, 7e5, 33dl, 50e2, H4f3.<br />
W r allis, Schweiz, E. 14; - 9b, 23cl, 27gl, 34el,<br />
38a4, 42a3.<br />
wandeln 34c 1.<br />
wandern 28c2, 35c2.<br />
wärmen 2j.<br />
Wartenberg, Ob., 46b9, H4d3.<br />
Wasserburg, Ob., 33b5, H4d3/e3.<br />
Wassertrüdingen, Mfr., 14b2, H4b2/c2.<br />
weichen, -ken, 34el.<br />
Weichwind 20h2.<br />
Weiden, Opf., E. 18; H3d2.<br />
W r eidenburg, Ofr., 46h9, H4d2.<br />
Weier, Weiet, 20il.<br />
Weilheim, Ob., 7gl3, Ilb2, 16bl, 38a4/c2, H4c4.<br />
Weinviertel, Nö., E. 41; - Ig2, 2g5, 313, 4gl/9,<br />
5g4, 7g3, 8c3/5, 9a4, 16d/j3/5, 18a2, 20nl, 21d6,<br />
27g2, 29b3/cl, 33b5, 34i7/8, 46i4, 48b3, 49fl/2,<br />
50d2/e8, H3h3/i3.<br />
Weißenbach am Lech, Tir., 38c2, 46h9, H4c4.<br />
Weißenburg, Mfr., 28b2, 33b5, 46h9Fn., H4c2.<br />
Weißensee, Kä., llb2Fn., 24b, H4e5/f5.<br />
Weitra, Nö., 34c6, H4g3.<br />
Weiz, St., 50e4, H4h4.<br />
142<br />
Weize 34el.<br />
Wellen E. 20.<br />
Welsche Straße E. 51.<br />
Weltkriege E. 8, 38.<br />
wem, wen 48b2.<br />
wenggecht 2gl.<br />
Werdenfelserland, Ob., 6dl, 38a3, 46h4, 50gl,<br />
H3c4.<br />
Weseritz, Egerl., 33e2, H4e2.<br />
Wespe 2g2, 31e.<br />
Westbayern 34clO, H3c3.<br />
Westkärnten 2g2, 14d2, 22c2, 25b3/j2, 29c2, H4e5/<br />
f5.<br />
Weststeiermark, E. 51; — lhl, 313, 4gl/9, 5g4,<br />
7g3, 8c3/5, 9a4, 16d/h/j3/5, 2012/c2, 27c7, 28b2,<br />
31e, 33e4, 34clO/j2, 38c2, 50al/c3/dl/el/2/3/fl/<br />
gl, H3g3/4.<br />
Westtirol, Vw. 11; - E. 15, 22, 23, 24, 39; -<br />
lc, 2g4, 3J5/13, 5g2, 7e4/g6/7, 8cl, 9o3, 16J4/6,<br />
20i3/m3/o5, 21b3/4/dö, 22a2/5/c3, 26b4, 27b,<br />
29e9, 30a, 33e4, 34b2/i2/k7, 38a2, 42al/b, 43b,<br />
46f3/4/hl/9Fn./12/i3/7, 48bl, 50al/e2/f2, H3c4/5.<br />
Wetterregeln, 20g7.<br />
Weyer, Oö., 50e3, H4g4.<br />
Weyern, Ob., 32b5, H4d4.<br />
Wien, E. 1, 4, 5, 8, 9, 11, 14, 16, 17, 19, 26, 28,<br />
29, 33, 38, 40, 49; - lc, 3e2/g2/j3/m4, 4g4/7/i,<br />
5g5, 7fl, Ha7/b2Fn., 13dl/e2, 16b2/j2, 13dl/e2,<br />
16b2/j2, 17c3, 20e3Fn./gl/2/7/ll/m/o3, 21al/3,<br />
23al, 29b3, 33b2/c, 34a2/b4/c3/10/i9/j3/k8, 35c,<br />
36bl, 43b, 46c3/d/h9, 48b3, 49bl/f2, 50al/c3/d3/<br />
e7, H3h3/i3.<br />
Wiener Wald, Nö., 20h2, H3h3.<br />
Wildon, St., E. 18; H4h5.<br />
winzig 20m3, s. Wb.<br />
Wipptal, Tir., Südtir., 3d5/i4, 4b6, 16a2Fn., 27gl,<br />
H3d4/5.<br />
Wischau, Sprachinsel, Mä., E. 15; — If2, 2el/g5,<br />
3el/j2/13, 4b4, 6al, 7bl/e5, lOcl, 13h, 14b2,<br />
16h/j5, 17c2/d3, 18a2, 20e/jl/m3/o4, 21d4, 24a5,<br />
27gl/i2, 29b3/e2, 30b, 31d2, 32b2, 33bl/c, 34k2,<br />
39bl/2, 42a3, 46c3/d/i4, H3i2.<br />
Wittenweiler 20g2.<br />
Wolfgangsee, Oö.-Sa., 50d3, H4f4.<br />
Wolfram von Eschenbach, E. 6; — 7e6/fl, 16c5.<br />
Wolke 5d3Fn.<br />
wollen, adj., 5h.<br />
Wollnzach, Ob., 29cl, H4d3.<br />
Wörthersee, E. 30; - 27g7, H3f5.<br />
Wortbildung Vw. 19.<br />
Wortschatz Vw. 11, 15.<br />
Wortsoziologie Vw. 20; - E. 10, 11, 24, 49.<br />
Wunder 28c2, 35c 1.<br />
Wune 7e2, 8b2.<br />
Wunsiedel, Ofr., E. 1; H3dl.<br />
Würzburg, TJfr., 5c7, H3b2.<br />
Ybbstal, Nö., E. 41; - 16gl/h, 17d4,18a3, 20h2/il,<br />
30b, 33b5/c2, 49dl, 50d3, H3g3/4.<br />
z, Vw. 13, 17; - E. 42, 43; — 34al/c9/dl/j, 40.<br />
Zahre, Sprachinsel, It., E. 15; - 2fl, 4a2/b4/gl,<br />
7a4, Ilb2, 14a3/b3, 16c4, 18al, 20gl, 21d4, 22a5/<br />
7Fn./c3, 23a3, 25a5, 27jl, 29d, 31b4, 32b 1,<br />
33b4/e4, 34b3/k6, 38cl, 46c2/i2/3, 49cl, 50el0/<br />
g3, H3e5.<br />
Zarz, Sprachinsel, Jugosl., E. 15, 36; — Id3,<br />
2dl/f3, 3d4/n2Fn., 4a2/b4/gl, 6bl/c3Fn./e2, 6al,<br />
7a4/6Fn., 10b7, Ilbl/dl2, 13i, 14b3, 16c4,<br />
20gl/5, 21d4, 22c2, 23a3Fn./b, 24al, 25a5/bl,<br />
27b/h2, 31e, 32a3/blFn., 33a2/bl/c4, 34b3/4,<br />
35cl, 36b2, 38al2/cl/2, 46h8/i6, 49cl/3/e8/10,<br />
50el0/gl/3, H3fö.<br />
Zedel 3o3.<br />
Zedlisch, On., 3cl, 4a3.
Register<br />
zehn 3el. zimbrische Schriftsprache 10b3, 15a3Fn., 17a7, 19.<br />
Zeit Vw. 2, 17; - E. 2, 12-15, 24, 57. Zimmer 36b2.<br />
Zeitwörter, starke der 2. KI., E. 39, 44; — 16al/ Zirl, Tir., 20o5, 46hl2, H4c4.<br />
b2/j, 17a8; K. 13; — mit Präsens-Umlaut Vw. Zischlaute E. 86.<br />
19; — E. 39. Zischlautassimilationen E. 36; — 32a4.<br />
zemsen 2gl. Zistersdorf, Nö., 29b3, H4i3.<br />
Zentralalpenkamm 3e2. zittern 7o4.<br />
Zete 2gl. Znaim, Mä., Ild4, 13dl, 20n2, H3h3.<br />
ziehen 33b6. Zorneding, Ob., 50e7, H4d3.<br />
Zillertal, Tir., 2j, 5cl/g2, 6a3, 7a4, 10b3, llbl/3, zuen<strong>des</strong> 25a5.<br />
14b2, 15a4, 20il/jl/n4/ol/lFn./3, 22bl, 23a3, zwahen 26b3.<br />
25b2, 27b/gl, 28b3Fn., 31b2/4, 32b5, 33bl/e4, zwanzig 20j4, 46c3Fn„ s. Wb.<br />
34b2/k4, 35e, 46i6/8, 50al/2/e2/3/4/5/g3/4, H3d4. Zwehle 4e; s. Wb.<br />
zimbrisch, Vw. 11, 20; — E. 10, 11, 15, 30, 36, 37, zwei 13c.<br />
39; — 2j, 3ol/5, 4c3, 5c3, 6al, 7a5Fn., 9a2/b, Zweisilberdehnung, E. 21, 33; — la, 2b, 3d/j2,<br />
10b2, 12a2, 13b2/j, 15a3, 16c2, 20el/2/il/m3/ 4bl, 27h, 34il.<br />
nl/ol, 21a2/b2/d4/5/6, 22a2/4Fn./c2, 23el, 24a4/ Zweitaldruck E. 29, 33; - 34k3, 60dl.<br />
b, 26bl/3/4, 27dl/e/f/h2/4/i2/j3, 28cl/dl, 31b4/ Zwetschke, Zwespe, 3o2.<br />
cl/dl, 32a2/3/5, 33bl/e4, 34a4/b3/e2/f/hl/il/k2/ Zwiesel, Nb., 29c4, H4e2.<br />
6, 36a3/b2, 38al/c2, 39al, 40fl, 42al/b, 43b, Zwirn 48b4; s. Wb.<br />
46c2/f/hl/9/12/i2/3/7, 47b, 48b4, 49b2/cl, öOblO/ zwo llb3Fn.<br />
f2/g3, H3c6/d6. zwölf 27g4Fn.<br />
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