03.01.2013 Aufrufe

Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes

Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes

Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHA:<br />

<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>gesamtbairischen</strong> <strong>Dialektraumes</strong><br />

mit 27 Laut- und 4 Hilfskarten in besonderer Mappe<br />

Von<br />

Eberhard Kranzmayer<br />

WIEN 1956<br />

In Kommission bei<br />

Hermann Böhlaus Nachf. Graz — Köln


ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFT^.|[lf^V<br />

<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>gesamtbairischen</strong> <strong>Dialektraumes</strong><br />

mit 27 Laut- und 4 Hilfskarten in besonderer Mappe<br />

Von<br />

Eberhard Kranzmayer<br />

WIEN 1956<br />

In Kommission bei<br />

Hermann Böhlaus Nachf. Graz — Köln<br />

4*


Druck von Ferdinand Berger in Hörn, N.-Ö.


1. Als mich im Jahre 1953 die Wiener Wörterbuchkommission<br />

damit beauftragte, in der ersten<br />

Hälfte <strong>des</strong> Jahres 1954 eine bairische <strong>Lautgeographie</strong><br />

zu schreiben, war ich nicht unvorbereitet;<br />

seit zwei Jahrzehnten halte ich Vorlesungen über<br />

dieses Thema ab. Der Auftrag erstrebte von Anfang<br />

an eine Erleichterung <strong>des</strong> sich der Druckreife<br />

nähernden <strong>gesamtbairischen</strong> Dialektwörterbuchs.<br />

Die gesamtbairische <strong>Lautgeographie</strong> sollte<br />

damals den Hauptteil der ersten Lieferung <strong>des</strong><br />

Bayrisch-österreichischen Dialektwörterbuches bilden.<br />

Der Zweck dieser <strong>Lautgeographie</strong> ist die einmalige<br />

Zusammenstellung aller jener lautgeographischen<br />

Unterschiede innerhalb <strong>des</strong> bairischen<br />

<strong>Dialektraumes</strong>, die öfters im bairischen Wortschatz<br />

vorkommen und andernfalls in den einzelnen<br />

Wörterbuchartikeln immer wieder dargestellt werden<br />

müßten; es ging also um eine Entlastung <strong>des</strong><br />

Wörterbuches selbst in lautlicher Hinsicht. Damit<br />

wird es überflüssig, z. B. über mhd. o und d in<br />

den Abhandlungen über Bach, Bache, bachen<br />

(backen), Pacht (Kehricht), Bad, baden usw. oder<br />

über deren anlauten<strong>des</strong> bair. p- immer wieder neu<br />

schreiben zu müssen; es genügen fernerhin im<br />

Wörterbuch kurze Hinweise auf die Lautgrammatik,<br />

ähnlich wie es H. Fischer in seinem „Schwäbischen<br />

Wörterbuch" gemacht hat. Die historischen<br />

Voraussetzungen sollten nach diesem Plan<br />

vorerst möglichst beiseite bleiben.<br />

Eine solche rein geographische Betrachtungsweise<br />

der Lautverhältnisse erwies sich bald als<br />

schwierig und zusammenhanglos. Die lautgeographischen<br />

Verhältnisse eines Dialektes versteht<br />

man erst richtig, wenn sie historisch untermauert<br />

sind und wenn man sie sprachgeschichtlich begründen<br />

kann; begründen mit Hilfe soliden<br />

historischen Beleggutes und fern von Theorien,<br />

die kühn große Zeiträume überspringen. Die<br />

vielen irrigen Meinungen, die aus mechanischen,<br />

ahistorischen Interpretationen von Kartenbildern<br />

abgeleitet wurden, wären nie entstanden, hätte<br />

man genügend Rücksicht genommen auf belegmäßige<br />

Zeugnisse aus der Vergangenheit, wie sie<br />

fürs Bairische zur Verfügung stehen.<br />

Umso lieber beziehe ich überall, wo es nützlich<br />

ist, die sprach- und dialektgeschichtliche Entwicklung<br />

ein, als die „<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong><br />

<strong>des</strong> Bairischen" noch andere Zwecke zu erfüllen<br />

hat. Seit K. Weinhold ist keine Geschichte <strong>des</strong><br />

bairischen Dialektes mehr geschrieben worden.<br />

Eine solche ist zum dringenden Bedürfnis geworden.<br />

Hier sei sie vorerst für das Lautliche geleistet.<br />

Es fehlt insbesondere in der Ortsnamenund<br />

Lehnwortforschung Österreichs und seiner<br />

Nachbarländer an allen Ecken und Enden eine<br />

umfassende bairische Lautgeschichte, auf die man<br />

sich so gerne immer und immer wieder kurz berufen<br />

möchte, um sich langwierige Ausführungen<br />

zu ersparen. Die siedlungshistorischen Ausblicke<br />

der Namenkunde und die kulturgeschichtliche<br />

Ernte der Lehnwortkunde sind ohne exakte Lautgeschichte<br />

unmöglich. Auch für die Fachkollegen<br />

Vorwort<br />

Vorw. 1—2<br />

und die Hörer der Mundartkunde ist eine historische<br />

<strong>Lautgeographie</strong> ein dringender Wunsch.<br />

Die Prinzipien der Sprachentwicklung bleiben<br />

konstant, wie man längst weiß. Will man sie in<br />

ihrer saftvollen Bedingtheit erfahren, so muß man<br />

die beweglichste Erscheinungsform der Sprache,<br />

die Mundart, am lebenden Organismus belauschen.<br />

Wohl liegen über die Grundsätze der Sprachentwicklung<br />

sehr beachtliche und ungemein reichhaltige<br />

Werke vor, es fehlt aber bedauerlicherweise<br />

immer noch ein zusammenfassen<strong>des</strong> Werk<br />

über das Wesen der Sprachbiologie, ein Buch<br />

also über die Lehre vom Leben der Sprache als<br />

Organismus, wie man es erlauscht, wenn man die<br />

Sprachträger ständig beobachtet und ihre Meinungen<br />

über gegenwärtige Umbildungen erfragt.<br />

Der bodenständige Gewährsmann verfügt über<br />

reichere Erfahrungen als der Forscher, der Gewährsmann<br />

erlebt die Prozesse der Veränderungen<br />

selbst mit, er weiß in seinem Raum Bescheid über<br />

Laut- und Wortumgestaltungen. Wenn es ihm an<br />

unserer Fachterminologie gebricht, so haben wir<br />

zu lernen, was er mit seinen Ausdrücken darüber<br />

zu berichten weiß und nicht umgekehrt. Nur so<br />

dringt der Forscher in die wirklichen Geheimnisse<br />

der Sprachbiologie vor. Auf Grund zahlreicher<br />

Beobachtungen dieser Art erwirbt man sich das<br />

richtige Urteil auch über Vorgänge, welche sich<br />

in der Vergangenheit vollzogen haben; erst das<br />

blutvolle Wesen jetzigen Seins wirft die richtigen<br />

Schatten auf alles Gewesene, auch auf die Geschichte<br />

der Lautgeographio.<br />

2. Man hat der bayrisch-österreichischen Dialektkunde<br />

vorgehalten, ihre Raumbilder entsprächen<br />

nicht der Wirklichkeit, sie sähen zu<br />

einfach und zu einheitlich aus und gäben zu scharfe<br />

Grenzen an. Es handle sich in Wirklichkeit immer<br />

um breite Mischgürtel. Auch dieser Vorwurf trifft<br />

vor allem die <strong>Lautgeographie</strong>, um die es ja hier<br />

geht. Schon seit drei Generationen wissen unsere<br />

Dialektforscher, daß bei ihrer Forscherarbeit die<br />

Einheit der Maße <strong>des</strong> menschlichen Soziallebens<br />

eingehalten werden muß, sollen ihre Kartenbilder<br />

wirklich homogen werden. Diese Maße sind<br />

vor allem die Zeit, der Raum und die Gesellschaft.<br />

Zur Erlangung klarer Grenzen ist es notwendig,<br />

nur eine bestimmte Altersstufe, nur absolut Einheimische<br />

und nur eine ganz bestimmte Berufsschicht<br />

auszuwählen. Das versteht sich eigentlich<br />

von selbst. Diese Richtlinien hat die österreichische<br />

Forscherschule seit jeher beachtet. Sie ist gewohnt,<br />

bei Erkundung von Sprachzuständen<br />

erstens zur Wahrung der zeitlichen Einheit nur<br />

die ältesten Leute als Gewährsleute heranzuziehen,<br />

zweitens zur Wahrung der räumlichen<br />

Einheit einzig und allein im Beobachtungsort<br />

selbst geborene und aufgewachsene Vertrauenspersonen<br />

auszuwählen und drittens, soweit erreichbar,<br />

nur Bauern zu Wort kommen zu lassen.<br />

Auf solche Weise entstehen jene scharfen Grenzen,<br />

die man zu Unrecht bemängelt. Was herauskäme,<br />

wenn man bald Greise, bald Kinder, wenn man<br />

III


Vorw. 2—5<br />

bald Einheimische, bald Zugewanderte und wenn<br />

man bald Bauern, bald Geschäftsleute und Angestellte<br />

berichten ließe, kann sich jeder selbst ausmalen.<br />

Damit ist nicht etwa gesagt, daß unsere<br />

Forschungen nur Bauern und nur die ältesten<br />

Leute beobachten dürfen. Gerade die letzten im<br />

Rahmen <strong>des</strong> Lehrbetriebes der Wiener Universität<br />

in Verbindung mit der Wiener Wörterbuchkanzlei<br />

ausgereiften mundartkundlichen Untersuchungen<br />

legten ihr Schwergewicht auf die<br />

lebendige Schaffenskraft der mittleren und jüngeren<br />

Generation. Für die Klarheit der Dialektgeographie<br />

aber bleibt ein für allemal diese bewährte<br />

Gewohnheit maßgebend.<br />

3. Ihre umfangreichste Sammeltätigkeit entfalteten<br />

die Wiener und die Münchner Wörterbuchkanzlei<br />

vor drei Jahrzehnten; auch dabei<br />

wurde vielfach die Einheit unserer drei Maße eingehalten.<br />

So ist das Sammelgut beider Kanzleien<br />

teilweise schon historisch geworden. Denn so<br />

manches, das in den zwei „Hauptkatalogen" dieser<br />

Kanzleien enthalten ist, ist heute nicht mehr<br />

lebendiger Sprachbrauch. Der außenstehende und<br />

flüchtige Beurteiler der Mundart wundert sich<br />

vielleicht, wie anders die alte Sprechweise einer<br />

Gegend, die er gut zu kennen glaubt, beschaffen<br />

ist und um wieviel altertümlicher sie aussieht, als<br />

sein flüchtiger Blick es wahrnimmt. Es dominieren<br />

in unserem wissenschaftlichen Apparat vielfach<br />

die besonderen Altertümlichkeiten und Archaismen.<br />

Dies muß einmal ohne Scheu ausgesprochen<br />

werden, selbst auf die Gefahr hin, daß man uns<br />

<strong>des</strong>halb weltfremde Altertumskrämer und zeitferne<br />

Romantiker schilt, die wir nicht sind. Selbst<br />

wenn diese Kritik berechtigt wäre, ist doch zu<br />

bedenken, daß dasjenige Altgut, das wir gerade<br />

noch im letzten Augenblick vor seinem endgültigen<br />

Versinken ins Nichts der Vergessenheit sozusagen<br />

„museal" bergen, unsere Schüler nicht mehr<br />

finden werden. Wir können nicht den Vorwurf<br />

seitens unserer wissenschaftlichen Nachkommenschaft<br />

auf uns laden, untätig zugesehen zu haben,<br />

wie Unwiederbringliches abstirbt, nur weil uns<br />

das Neue, das auch die Nachkommenschaft noch<br />

miterleben wird, aus einer Zeitlaune heraus<br />

wichtiger erscheint. Wohl aber müssen wir die<br />

Neigungen und Tendenzen, die sich hinter dem<br />

Neuentstehenden verbergen, in ihren Grundzügen<br />

aufzeigen. Die inneren Triebkräfte dieser Neuerungen<br />

werden spätere Generationen, nachdem das<br />

Neue Gemeingut geworden ist, aus der neuen<br />

Totalität heraus nicht mehr so gut begreifen<br />

können wie wir Miterlebenden.<br />

4. In den 27 beigegebenen lautgeographischen<br />

Kartenbildern steht auf jedem Blatt rechts unten<br />

der Satz: „Die außerdeutschen Gebiete nach dem<br />

Stand zwischen 1920 und 1930, die Dialektgrenzen<br />

nach dem Stand um 1930". Damit stellen die<br />

Grundlagen unserer Untersuchung schon äußerlich<br />

eine historisch gewordene Apparatur vor Augen.<br />

In diesen Kartenbildern sind Österreich (ohne das<br />

alemannische Vorarlberg) und Altbayern, das ist<br />

Bayern ohne Franken und Schwaben, der innere<br />

Kern <strong>des</strong> Sammelbereiches. Vorerst ging es um die<br />

Erfassung aller Gebiete, in denen sonst noch der<br />

bairische Großdialekt vorhanden ist. Einbezogen<br />

wurden daher zunächst alle weiteren bairischen<br />

Sprachlandschaften. Dazu gehören im Süden, auf<br />

italienischem Staatsboden, Südtirol, auf italienischem<br />

und jugoslawischem Staatsboden eine Reihe<br />

gut erforschter Bauernsprachinseln aus dem Mittelalter,<br />

über die in der Einleitung ausführlich zu<br />

handeln sein wird, wie Gottschee; auf jugoslawischem<br />

Boden noch einige jetzt ausgesiedelte<br />

Randgebiete. Dazu gehören weiters im Osten auf<br />

IV<br />

dem Boden Ungarns einige deutschsprachige<br />

Randstreifen, etwa um ödenburg. Im Norden<br />

gehören in der Tschechoslowakei die deutschsprachigen<br />

Dörfer auf der Großen Schutt, um<br />

Preßburg, ferner Südmähren, Südböhmen, das<br />

Egerland und wiederum eine Reihe alter Sprachinseln<br />

dazu. Auch diese Gegenden bestehen heute<br />

als bairische Dialektgebiete nicht mehr. Im Westen<br />

ist schließlich auf Schweizer Boden die Doppelgemeinde<br />

Samnaun-Kampatsch bairisch, eine<br />

Gründung der Frühneuzeit von Prutz im Oberinntal<br />

aus. Die Sprechweisen aller dieser außerhalb<br />

<strong>des</strong> jetzigen Österreichs gelegenen Gebiete hat die<br />

österreichische Wörterbuchkanzlei seit ihrer Gründung<br />

liebevoll erforscht, sie verfügt hier über<br />

reiches Sammelgut. Es ist in unsere <strong>Lautgeographie</strong><br />

einbezogen worden. Der erwähnte Satz „außerdeutsche<br />

Gebiete nach dem Stand zwischen 1920<br />

und 1930, Dialektgrenzen nach dem Stand um<br />

1930" besteht zurecht, unsere Lautkarten sind im<br />

wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes schon historisch geworden.<br />

6. Die beiden großen Fundamente der hier gebotenen<br />

<strong>Lautgeographie</strong> bilden einerseits die beiden<br />

„Hauptkataloge" der Wiener und der Münchner<br />

Wörterbuchkanzlei, andererseits der „Dialektatlas<br />

von Österreich und seinen Nachbarländern".<br />

Der Wiener Hauptkatalog wurde gemeinsam von<br />

A. Pfalz, W. Steinhauser, V. Dollmayr,<br />

Fr. Roitinger, M. Hornung und mir aufgebaut;<br />

er umfaßt annähernd 3,000.000 mundartlicher<br />

Einzelzettel; der Münchner Hauptkatalog ist (bis<br />

1945) größtenteils unter meinen Händen und unter<br />

meiner Aufsicht entstanden; er enthielt (1945)<br />

gegen 2,000.000 Zettel. Auch sein Material wurde<br />

größtenteils in den Jahren um 1930 gesammelt<br />

und ist da und dort historisch geworden. Beide<br />

Kataloge enthalten reiches geschichtliches Gut aus<br />

den früheren Jahrhunderten. Sie wurden nach<br />

jenen einheitlichen Richtlinien, wie sie auf Grund<br />

von Vorschlägen vor allem von J. Seemüller und<br />

P. Lessiak nach dem Muster <strong>des</strong> „Schweizerdeutschen<br />

Idiotikons" in zahlreichen Sitzungen der<br />

Wiener Wörterbuchkommission und in ständiger<br />

Fühlungnahme mit München beschlossen wurden,<br />

völlig konform gestaltet bis 1945.<br />

Der „Dialektatlas von Österreich" wurde von<br />

mir in den Jahren 1926—1937 geschaffen. Er enthält<br />

gegenwärtig gegen 1200 Einzelblätter, soweit<br />

sie Österreich und Bayern einbeziehen. Für unsere<br />

<strong>Lautgeographie</strong> wurde er naturgemäß wichtiger<br />

als die beiden Hauptkataloge. Einem glücklichen<br />

Stern verdankt es dieser Atlas, daß sein Arbeitsfeld<br />

weit über den eigentlichen bairischen Dialektraum<br />

hinausgreift. Erbezieht auf österreichischem Boden<br />

auch das alemannische Vorarlberg, auf bayrischem<br />

Boden außer Alt- auch Neubayern, die drei ostfränkischen<br />

Kreise Ober-, Mittel- und Unterfranken<br />

und den alemannischen Kreis Schwaben<br />

ein. Das verhilft uns zur Möglichkeit, die bairischen<br />

Dialektmerkmale nach außen hin überall abzugrenzen<br />

und festzustellen, welche nichtbairischen<br />

Formen in der alemannischen und in der ostfränkischen<br />

Nachbarschaft an Stelle der bairischen<br />

Besonderheiten treten, ein Vorteil von unschätzbarem<br />

Wert. Soweit es sich um den Übertritt<br />

bairischer Ausdrücke auf fremdsprachiges, sei es<br />

auf tschechisches, sei es auf slowakisches, auf<br />

magyarisches, auf slowenisches, auf kroatisches,<br />

sei es auf friaulisches, venezianisch-trentinisches<br />

und auf ladinisches Gebiet handelt, wurde auch<br />

hier das Bestreben maßgebend, das Blickfeld<br />

durch Fragebogen, durch Kundfahrten und durch<br />

Beachtung <strong>des</strong> Schrifttums möglichst zu erweitern,<br />

so wie auch umgekehrt frem<strong>des</strong> Sprachgut auf


airischem Boden tunlichst bis in die Nachbarsprachen<br />

hinein verfolgt wurde. So formte sich<br />

der „Dialektatlas" zu einem Apparat, mit <strong>des</strong>sen<br />

Hilfe man für unsere <strong>Lautgeographie</strong> Grenzbeziehungen<br />

nach allen Seiten hin in polyglotter<br />

Weise beurteilen kann. Überall kommen der<br />

<strong>Lautgeographie</strong> eigene Kundfahrtergebnisse über<br />

große Räume zu Hilfe. Natürlich wurde vor allem<br />

für den Atlas die Wahrung der Einheit der drei<br />

Maße entscheidend.<br />

6. Bevor ich die ersten Atlaskarten zeichnete,<br />

boten sich schon Sprachlandschaften mit Beharrsamkeit<br />

und andere Sprachlandschaften mit einem<br />

auffallenden Hang zur fortschrittlichen Modernisierung<br />

dar. Es drängte sich im Atlas selbst der<br />

hohe historische Wert unserer altertümlichsten<br />

Binnenmundarten der Tiroler Hochtäler sehr<br />

stark in den Vordergrund. Die Hochtäler erschienen<br />

mir wichtig genug, in monatelangen Kundfahrten<br />

erforscht zu werden. Der altertümlichsten bairischen<br />

Binnenlandschaft, dem ötztal, widmete ich<br />

im Jahre 1941 allein einen zweimonatigen Studienaufenthalt.<br />

Ebenso rücken als Fundgruben mittelalterlicher<br />

Sprachformen die Bauernsprachinseln,<br />

soweit sie noch im Mittelalter von Österreich aus<br />

besiedelt worden waren, als historische „Museen"<br />

stark in den Vordergrund. Sie sind altertümlich<br />

geblieben, weil ihre Sprechweise meistens auf jener<br />

alten Stufe, wie sie zur Zeit ihrer Kolonisation im<br />

Binnenland geherrscht hatte, stehengeblieben<br />

ist. Die meisten südbairischen Außenposten kenne<br />

ich aus eigener Anschauung; ich habe auch kaum<br />

eine Gelegenheit versäumt, jene Sprachinselbewohner<br />

als Gewährsleute aufzusuchen, die sich in<br />

der Nähe meines jeweiligen Wohnsitzes aufgehalten<br />

hatten.<br />

7. Zu diesen konservativen Außenmundarten<br />

kommen als zweite dialekt- und in unserem Sinne<br />

als lauthistorische Quelle die Lehnwörter und<br />

Ortsnamen in den umliegenden Fremdsprachen<br />

und umgekehrt die Entlehnungen aus den Fremdsprachen<br />

ins Bairische. Sie sind gleichfalls ein<br />

Auskunftsmittel von unschätzbarem Wert für die<br />

binnenbair. Lautgeschichte. Nach jahrelangem<br />

Sonderstudium spendeten sie uns eine Fülle sicher<br />

datierbarer lautgeschichtlicher Kriterien.<br />

8. Weiters lieferte wie überall die Urkundensprache,<br />

die gleichfalls nur auf Grund jahrelangen<br />

Exzerpierens und Sichtens von Tausenden von<br />

Belegen fruchtbar wird, exakte Unterlagen. Die<br />

mittelalterlichen Urkunden kleiner Privatkanzleien<br />

halten sich erfahrungsgemäß genauer an die jeweilige<br />

Ortsmundart als die Kanzleien der Lan<strong>des</strong>fürsten<br />

mit ihren wohlgeschulten, schriftgeübten<br />

Kanzlisten; das verkehrsferne Wortgut, vor allem<br />

die Bezeichnungen rein landschaftsgebundener<br />

Dinge und die Namen bescheidener Höfe, Fluren<br />

und Kleinsiedlungen geben in ihrer stets neu aus<br />

der Mundart in die Schrift umgesetzten Aufzeichnung<br />

unvergleichlich besser Auskunft über<br />

die Lautgeschichte als die Bezeichnungen verkehrsläufiger<br />

Begriffe und die Namen weithin<br />

bekannter Länder und Großsiedlungen, deren<br />

Orthographie bekannter ist und zur schriftlichen<br />

Tradition neigt. Außerdem sind wir bei den bescheideneren<br />

Eigennamen insofern im Vorteil, als<br />

sie schon vor dem Eindringen der deutschen<br />

Sprache in die Urkunden, vor 1270, bereits innerhalb<br />

<strong>des</strong> Lateinischen in der heimischen Sprache<br />

wiedergegeben werden mußten.<br />

9. Schließlich ließen sich mit Vorsicht aus der<br />

heimischen mhd. Dichter- und in großem Umfange<br />

aus der ahd. Literatursprache der Handschriften<br />

historische Lautkriterien auffinden. Diese „toten"<br />

Buchstabenquellen der Urkunden- und der Lite-<br />

Vorw. 5—10<br />

ratursprache sind auch in anderen Dialektgebieten<br />

auskunftsbereit; die Sprachinseln und die Lehnwörter<br />

aber sind in unserer Vielfalt und Breite nur<br />

fürs bairische Dialektgebiet vorhanden. Damit ist<br />

unsere bairische Lautgeschichte beispielsweise<br />

gegenüber der ostfränkischen oder sächsischen und<br />

sogar gegenüber der alemannischen Lautgeschichte<br />

in großem Vorteil.<br />

So ging mein von Lessiak geweckter Jugend -<br />

träum, die vier verschiedenartigen dialekt- und<br />

lautgeschichtlichen Quellen, die alten Außen- und<br />

die beharrsamsten Binnenmundarten, die Lehnwörter<br />

und die Ortsnamen, die alten Urkunden<br />

und die alte Literatur, zu einem einheitlichen<br />

historisch-analytischen Werkzeug zu vereinigen, in<br />

Erfüllung. Dabei ergibt sich in erfreulicher Weise<br />

eine überraschend gute Konkordanz aller vier<br />

Quellen. Dies ist der sichere Beweis für die Brauchbarkeit<br />

und Verläßlichkeit jeder der vier Quellen<br />

an sich als Auskunftsmittel für unsere Laut- sowie<br />

für die ganze Dialektgeschichte. Die neue Methode<br />

bewährt sich. Wo uns wirklich eine oder gar zwei<br />

dieser Quellen im Stich lassen sollten, was selten<br />

genug vorkommt, erreichen immer noch die übrigen<br />

Quellen solide Anhaltspunkte für die lautgeschichtlichen<br />

Datierungen. Lauthistorische Vermutungen,<br />

wie sie bisher in Fachkreisen mehr oder<br />

weniger vorsichtig als Hypothesen geäußert worden<br />

sind, werden von ihnen da und dort bestätigt und<br />

gewinnen festen Boden, andere, zweifelhaftere<br />

Meinungen müssen berichtigt und Irrtümer beseitigt<br />

werden. Dies werde ich wenn nötig in der<br />

„bair. <strong>Lautgeographie</strong>" tun, selbst wenn es manchesmal<br />

wie selbstgefällige Rechthaberei aussieht<br />

oder wie eine Überwertung der neuen Methode und<br />

wenn es sich auch da und dort gegen liebe Freunde<br />

richten muß. Tatsachen sind immer noch entscheidender<br />

als die geistreichsten Überlegungen.<br />

Diese Kritik ließ sich umso leichter bewerkstelligen,<br />

als die Lehnwörter und vor allem die Sprachinseln<br />

und die Hochtäler wirkliches Leben repräsentieren,<br />

Leben, gegen das die toten Buchstabenwerke<br />

und die beste Theorie nicht ankämpfen<br />

können; denn Mundartkunde wird durch sich<br />

selbst schon das Bekenntnis zum Leben.<br />

10. Die „tote", nur buchstabenmäßig überlieferte<br />

Rechts- und Literatursprache führt uns<br />

in das komplizierte Verhältnis zwischen Schriftzeichen<br />

und Laut, in die „Orthographie". Die<br />

Auslegung der alten Buchstaben als Lautwerte<br />

leidet trotz entschiedenen Hinweisen auf die daraus<br />

erwachsenden Irrtümer immer noch an der alten<br />

Begriffsverwechslung zweier höchst verschiedener<br />

Dinge aus der Zeit der Brüder Grimm, <strong>des</strong> Lautes<br />

und <strong>des</strong> Buchstaben. Die ersten althochdeutschen<br />

Schreiber hatten es als Schöpfer einer neuen<br />

Rechtschreibung am schwersten. Einerseits wollten<br />

sie ihren Dialekt, wie es am Anfang jeder neuen<br />

Schriftsprache immer der Fall ist, in ihrem phonologischen<br />

System möglichst lautgetreu wiedergeben,<br />

andererseits fehlte es hiebei im überkommenen<br />

lateinischen Buchstabengut an allen Ecken<br />

und Enden an fügsamen graphischen Mitteln.<br />

Ihrem Latein lag ein wesentlich anderes Lautgebäude<br />

zugrunde als der althochdeutschen Sprache;<br />

diese war ihrerseits wiederum von unserer modernen<br />

Lautgebung allzuweit entfernt, als daß wir<br />

etwa berechtigt wären, die althochdeutschen<br />

Buchstaben und Akzentzeichen ohne weiteres nach<br />

unseren jetzigen Lesegesetzen wiederzugeben, wie<br />

das meistens geschieht. Auch noch die Art und<br />

Weise, wie in den Schulen das geschriebene Mittelhochdeutsch<br />

ausgesprochen wird, ist in vielen<br />

Dingen nachweisbar falsch. Eine andere Schwierigkeit<br />

ist für uns, daß die lateinische Unterlage der


Vorw. 10—12<br />

althochdeutschen Rechtschreibung selbst wieder<br />

in ihren Leselauten oft entfernt war von dem,<br />

was wir im heutigen Schulunterricht mehr oder<br />

weniger richtig als Ausspracheregeln der Schriftzeichen<br />

<strong>des</strong> klassischen Lateins lernen. Vielmehr<br />

war fürs Altbairische wie fürs ganze Althochdeutsche<br />

jener vulgärlateinische Lautstand entscheidend,<br />

der sich im 8. Jh. auf Grund der entstehenden<br />

romanischen Dialekte in Italien ausgebildet<br />

hatte. Das wenige, was uns J. Schatz aus<br />

seinem Wissen über diese Dinge in der „Altbairischen"<br />

und in der „Althochdeutschen Grammatik"<br />

übermittelt hat, ist leider nur ein bescheidener<br />

Ausschnitt aus dem, was er darüber wirklich erarbeitet<br />

hatte. Schatz schied auch alle jene lateinisch<br />

erstarrten Buchstabenschreibungen deutscher<br />

Namen, die aus vorausgehenden Jahrhunderten<br />

überliefert waren, wie z. B. Conradus,<br />

Theodericus, bei seinen lautgeschichtlichen Datierungen<br />

aus; das ist eine Vorsicht von grundsätzlicher<br />

Bedeutung, die neuerdings leider gerne<br />

unbeachtet bleibt. Ähnliche Erstarrungen gab es<br />

bei Leopoldus, Rudolphus usw. noch in mittelhochdeutscher<br />

Zeit. Demgegenüber waren nach<br />

Ausweis der Lehnwörter und der Sprachinselmundarten<br />

die ahd.-bair. -p-Schreibungen in tüpa<br />

(Taube), gepan (geben) und die ahd. cÄ-Schreibungen,<br />

die als kch zu lesen sind, keineswegs<br />

stubenblasse Kanzleimoden, wie man es oft haben<br />

möchte, sondern Wiedergaben tatsächlicher Lautwerte,<br />

die gesprochen worden waren und im Bairischen<br />

einstmals überall galten (s. auch Einleitung<br />

35; zum -p- s. § 27 a 4). Ein genaues Nachlesen<br />

in Lessiaks Werken hätte diesen Irrtum<br />

sofort aufklären können. Andere Irrtümer hätte<br />

der eingeweihte Paläograph sofort beseitigen können,<br />

so die verfehlte Auswertung der Majuskel Ou-<br />

Q<br />

für ahd. Ü- in Oudalrich, Oudalskalch als angeblichen<br />

Beweis für das Vorhandensein <strong>des</strong> nordbairischen<br />

ou für ahd. uo z. B. in goud (gut),<br />

rou (Ruhe) usw. schon in althochdeutscher Zeit<br />

(s. § 17 a 1 Fußn.). Bei den Majuskeln wurde demnach<br />

das übergesetzte diakritische Zeichen teils<br />

aus ästhetischen Gründen, teils wegen Platzmangels<br />

bald als Uo-, bald als Ou- in die Zeile<br />

gesetzt. Das ist gleichzeitig die Erklärung dafür,<br />

warum es unter den ahd. Minuskeln keine solchen<br />

OM-Schreibungen gibt. Überdies gehen unsere ahd.<br />

ow-Schreibungen derart weit übers nordbair. ou-<br />

Gebiet hinaus, daß man sie höchstens mit Hilfe<br />

der Sieversschen Steig- und Falltontheorie entschuldigen<br />

könnte, die wenig Anklang gefunden<br />

hat.<br />

11. Durch dieses Versenken in das Wesen der<br />

Geschichte der bair. Lautverhältnisse wurde der<br />

ursprüngliche Plan der „Bairischen <strong>Lautgeographie</strong>"<br />

entscheidend umgeändert; daher auch der<br />

jetzige Titel „<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong><br />

Bairischen". Aus der Veränderung ergab sich<br />

automatisch eine zweite Umformung. Ursprünglich<br />

sollte jede kritische Stellungnahme zu älteren<br />

lauthistorischen Theorien unterbleiben. Das ging<br />

jetzt nicht mehr. Haben die vielen älteren Herkunftstheorien<br />

über die Sprachinselmundarten, die<br />

ja hier eine große Bedeutung annehmen, auf Grund<br />

mechanischer Lautvergleichungen der dialektgeographischen<br />

Karten recht oder nicht ? Gibt<br />

es in den Sprachinseln wirklich so viele Mischmundarten,<br />

wie sie die ahistorische Lautvergleichung<br />

oft vermutet ? Dann würden ja alle alten<br />

Sprachinselmundarten als verläßliche dialekthistorische<br />

Faktoren wegfallen. Daß ausgesprochene<br />

Mischdialekte unter ihnen sind, wird niemand bezweifeln.<br />

Die einstigen Sprachinseln in der Slowakei<br />

VI<br />

mit ihren bairisch-mitteldeutschen Symbiosen sind<br />

Musterbeispiele dafür. Doch ist dieses Suchen nach<br />

Mischdialekten öfters zu einer übertriebenen Mode<br />

ausgeartet; Mischmundarten wurden nicht selten<br />

dort, wo sie gar nicht vorhanden sind, angenommen.<br />

Heute hat sich dagegen die bewährte Erkenntnis<br />

der österreichischen Schule, die Heimat der<br />

Außenmundarten lieber im Spiegel bestimmter<br />

Wortschatzeigentümlichkeiten als auf Grund von<br />

Lautkriterien zu bestimmen, allgemein durchgesetzt;<br />

das führt vor allem dann zum Erfolg, wenn<br />

man die Raumgeschichte der betreffenden Wörter<br />

mit in die Waagschale werfen kann. Außerdem<br />

darf man hinsichtlich der Lautgebung eines nicht<br />

vergessen. Es gibt Fälle, bei denen eine vorausbestimmende<br />

Neigung zu bestimmten Lautwandlungen,<br />

die „Monogenesis" (s. Einleitung 30), in<br />

der Diaspora Jahrhunderte nach der Trennung<br />

noch die gleichen Lautwandlungen ausreifen läßt<br />

wie in der Heimat; hier wie dort wirkten gleichartige<br />

Akzentuationen und ähnliches triebhaft<br />

weiter. Außerdem kommt es <strong>des</strong> öfteren vor, daß<br />

durch nachträgliche, verkehrssprachliche Überschichtungen<br />

im Binnenland ältere Lautungen<br />

verdrängt und durch andere, jüngere Entsprechungen<br />

ausgelöscht worden sind, was im isolierten<br />

Außenposten begreiflicherweise nicht möglich war<br />

(dazu s. auch Einleitung 15). Schließlich ist es<br />

notwendig, alte, aus dem Hochmittelalter und aus<br />

der Humanistenzeit überkommene Phantastereien<br />

über möglichst abenteuerliche und ruhmreiche<br />

Völkerschaften als Begründer solcher Sprachinseln<br />

endgültig über Bord zu werfen. Sie haben sich<br />

fast überall als haltlos erwiesen; die Gottschee ist<br />

weder um 1350 von Thüringern noch in der Völkerwanderung<br />

von den alten Goten, sondern ungefähr<br />

um 1325 von Kolonisten aus dem tirol.kärntn.<br />

Grenzgebiet zum bairischen Außenposten<br />

geworden, die sogenannten Zimbern in den Sieben<br />

Gemeinden stammen weder von den alten Zimbern<br />

noch von den Langobarden ab, sie waren schlichte<br />

Westtiroler, die sich um 1100 auf ihrer Hochebene<br />

niedergelassen hatten, mögen sie dabei auch<br />

zufällig den Boden einer langobardischen Rechtsinstitution,<br />

einer alten Arimannia, in Beschlag<br />

gelegt haben und mögen ihnen hinterher auch<br />

die italienischen Gelehrten etwa <strong>des</strong> 13. Jhs. jene<br />

humanistelnde Sage vom Raub der Sabinerinnen,<br />

die noch heute bei den Zimbern kursiert, unterschoben<br />

haben; denn die angrenzenden Italiener<br />

hätten sich einen Frauenraub bestimmt nicht<br />

ungerächt gefallen lassen. Hier hat sich überall<br />

der sachliche Geist der modernen Historiker mit<br />

seinen unanfechtbaren urkundlichen Zeugnissen um<br />

die Dialektkunde große Verdienste erworben; auch<br />

die Linguistik selbst kann im Lichte der Ortsnamenkunde<br />

und <strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong> der einzelnen<br />

Außenmundarten das Alter jeder einzelnen der<br />

Sprachinseln verhältnismäßig genau berechnen (s.<br />

Einleitung 15). Erst dann werden diese Sprachinseln<br />

zu jenem dialektgeschichtlichen Auskünftemittel<br />

ersten Ranges, wenn wir wirklich wissen,<br />

wann die bairischen Kolonisten eingewandert und<br />

aus welcher Gegend <strong>des</strong> Binnenlan<strong>des</strong> sie gekommen<br />

sind. Und das wissen wir tatsächlich.<br />

12. Die vielseitigen sprachgeschichtlichen und<br />

sprachbiologischen Erkenntnisse drängen auf einen<br />

Bruch mit der bisherigen Behandlung und Anordnung<br />

<strong>des</strong> Stoffes in den mundartkundlichen<br />

Lautgrammatiken hin. Wohl gliedert sich auch<br />

meine „<strong>Historische</strong> <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong> Bairischen"<br />

nach altem Brauch in die beiden Abschnitte<br />

„Vokalismus" und „Konsonantismus".<br />

Doch wurde eine alte Unstimmigkeit ausgeglichen.<br />

Während die bisherigen Mundartgrammatiken


eim Vokalismus nach alten Vorbildern von einem<br />

Idealzustand um 1200, vom normalisierten Mittelhochdeutsch,<br />

<strong>des</strong>sen Vokalismus man ebensogut<br />

fürs Spätalthochdeutsche in Anspruch nehmen<br />

könnte, ausgehen, wählten dieselben Grammatiken<br />

als Basis für die historische Beurteilung <strong>des</strong><br />

Konsonantismus das West- oder gar das Urgermanische<br />

und damit einen Zustand, der, gering<br />

geschätzt, um ein halbes Jahrtausend älter ist als<br />

der spätalthochdeutsche oder der mittelhochdeutsche<br />

Vokalismus. Dieser Übelstand wurde beseitigt.<br />

Auch für die Geschichte und Geographie<br />

der Mitlaute wurde vom Spätalthochdeutschen<br />

speziell <strong>des</strong> Bairischen ausgegangen, und nur<br />

ausnahmsweise und wenn unbedingt notwendig<br />

wurden ältere Verhältnisse einbezogen. Damit ist<br />

in dieser Hinsicht ein einheitliches Vorgehen gewonnen.<br />

13. Eine neue Anordnung nach den Prinzipien<br />

reihenschrittlicher Veränderungen der Selbst- und<br />

der Mitlaute bringt große Vorzüge gegenüber der<br />

bisherigen Reihenfolge mit sich. Bisher war es<br />

üblich, beim Vokalismus zuerst die a-Laute, dann<br />

alle vorderen und zum Abschluß alle hinteren<br />

Vokale zu behandeln, beim Konsonantismus faßte<br />

man zuerst alle Lippen-, dann alle Zahn- und<br />

schließlich alle Gaumenlaute zu Gruppen zusammen.<br />

Damit wurden jene Laute, deren Veränderungen<br />

sich nach dem Gesetz paralleler Reihenschritte<br />

vollziehen, immer auseinandergerissen. Es<br />

ergab sich z. B. der Nachteil, daß die „neuhochdeutsche"<br />

Diphthongierung von mhd. i und ü zu<br />

ai und au, die entschieden eine Einheit bildet, an<br />

zwei weit auseinanderliegenden oder die mittelbairische<br />

Lenisierung der alten Starkverschlußlaute<br />

t, gg und p sogar an drei getrennten Stellen<br />

behandelt werden mußten. In unserer Darstellung<br />

werden stets die Parallellaute vereinigt; mhd. e, o<br />

und ö, mhd. i, u und ü, mhd. e, 6 und 6, mhd.<br />

i, ü und ü sowie mhd. iü und iu, mhd. ie, uo und<br />

üe und mhd. ei, ou und öü bilden je eine Gruppe;<br />

mhd. e steht allein. Die Einteilung nach alten<br />

Vokalkürzen, alten Vokallängen und Zwielauten<br />

wurde beibehalten. Fürs Bairische war es aber<br />

einfacher und übersichtlicher, mhd. langes ä und<br />

kurzes a sowie mhd. langes o und kurzes ä zu je<br />

einem Paar zusammenzufassen, da sie im größeren<br />

Teil <strong>des</strong> Bairischen ja doch wie ein Laut behandelt<br />

werden.<br />

Beim Konsonantismus treten zur parallelen Anordnung<br />

praktische Zusammenfassungen bestimmter<br />

Lautgruppen, sei es, daß sie innerhalb <strong>des</strong><br />

Mitlautstan<strong>des</strong>, sei es, daß sie für die Aussprache<br />

oder für die Quantitätsordnung, das Verhältnis<br />

zwischen Lang- und Kurzvokal, in der modernen<br />

<strong>Lautgeographie</strong> maßgebend werden. Dabei trachtet<br />

die neue Reihenfolge in erhöhtem Maße, verwandte<br />

Laute unmittelbar nebeneinanderzustellen. So ergab<br />

sich folgende Anordnung: Die alten Palatalkonsonanten<br />

und ihre Wirkung auf den Umlaut;<br />

die konsonantisch gebrauchten Selbstlaute j und w;<br />

die vokalrundenden Konsonanten; Allgemeines<br />

über die Lindlaute; die Einzellaute spätahd. d, g,<br />

b; v, 8, h; Allgemeines über die Starklaute; die<br />

Einzellaute t, p, gg; Tech, pf, tz, tsch; seh, ßß, ch, ff;<br />

die Nasenlaute n, ng und tn; die Fließlaute l und r.<br />

14. In vielen Dingen hat die historische Betrachtungsweise<br />

die Schilderung der <strong>Lautgeographie</strong><br />

ungemein erleichtert, manchesmal bedeutet<br />

sie aber eine Erschwernis. Die ursprüngliche<br />

Absicht, die Dinge unbelastet von Fachausdrücken<br />

auch dem Nichtfachmann durchaus verständlich<br />

zu gestalten, ließ sich leider nicht voll aufrechthalten.<br />

Die Unterdrückung jeglicher termini<br />

technici hätte dort umständliche Umschreibungen<br />

Vorw. 12—15<br />

nach sich gezogen, wo ein Fachwort den Nagel<br />

sofort auf den Kopf trifft; galt es doch, eine nach<br />

allen Seiten hin sehr breite und überdies vielen<br />

Lesern höchst abstrakt scheinende Materie, wie<br />

es nun die Lautgebung einmal ist, zu bewältigen.<br />

Unter dem Zwang neuer Gesichtspunkte wurde<br />

es manchmal sogar notwendig, ganz neue Fachausdrücke<br />

einzuführen. Streben nach Kürze war<br />

das einzige Mittel, die Fülle <strong>des</strong> Einschlägigen in<br />

dem erweiterten Umfang meiner <strong>Lautgeographie</strong><br />

noch richtig unterzubringen. Gleichfalls der Kürze<br />

wegen wurde besonders in der Einleitung und<br />

manchmal auch sonst dem Fachmann problematisch<br />

Scheinen<strong>des</strong> oft apodiktischer ausgesprochen,<br />

als es vielleicht sein sollte.<br />

Meine Freunde rieten mir von einem eigenen<br />

Kapitel über die Quantitätsverhältnisse entschieden<br />

ab. Fiel mir auch anfänglich die Befolgung<br />

dieses Vorschlages schwer, so hat sie sich doch<br />

hinterher bezahlt gemacht. Die jetzige Gruppierung<br />

von Stammsilben mit langem und mit<br />

kurzem Selbstlaut steht dem Althochdeutschen<br />

gegenüber in so festem Verhältnis zur Entwicklung<br />

<strong>des</strong> Mitlautstan<strong>des</strong>, daß sich aus ihm die Quantitätsumbildungen<br />

vom Althochdeutschen her trotz<br />

ihren landschaftlich buntschillernden Variationen<br />

leicht verständlich machen lassen und sich die<br />

Verhältnisse in den einzelnen Dialekten und Mundarten<br />

x ) von dort her von selbst ergeben. Die<br />

Quantitätsgeschichte und -geographie ist sonach<br />

in den Paragraphen über die Lind- und Starklaute<br />

untergebracht. Während der Bearbeitung <strong>des</strong><br />

Konsonantismus kam mir leider erst die Erkenntnis,<br />

daß es besser gewesen wäre, den Konsonantismus<br />

vor dem Vokalismus zu behandeln.<br />

Erst aus der Geschichte der Mitlaute versteht man<br />

jene Selbstlautdehnungen, welche im Lautstand<br />

<strong>des</strong> Vokalismus nicht selten eine entscheidende<br />

Rolle spielen. Doch war es für eine solche Umstellung<br />

zu spät, sie hätte eine Änderung aller<br />

Verweise und zu viele Korrekturen am fertigen<br />

Text nach sich gezogen.<br />

15. Die Umbildungen der Sprache, der Dialekte<br />

und der Mundarten vollziehen sich oft mit erstaunlich<br />

exakter Gesetzmäßigkeit, wenn auch<br />

diese Gesetzmäßigkeit, wie es im Leben immer ist,<br />

durch Überschneidungen und Überquerungen von<br />

Einzelgesetzen verschiedenster Art wieder gestört<br />

wird. Denn diese Gesetze betreffen ja nicht<br />

allein die Lautentwicklung, sondern auch den<br />

Wortakzent, die Abwandlung, die Wortbildung,<br />

den Satzbau, den Satzakzent, Geste und Mimik;<br />

sie betreffen das Wachsen und Sterben der Laute<br />

und Wörter usw. Sie vollziehen sich in ihren Bindungen<br />

an große und kleine Kulturströmungen<br />

und Kulturzentren und oft in Anlehnung an die<br />

natürlichen und an die alten oder neuen territorialen<br />

Grenzen sowie an die Soziologie und nicht<br />

zuletzt an die Sprachbiologie als ihre letzte Gestalterin.<br />

So kommt es vor, daß da und dort das<br />

eine Gesetz das andere aufzuheben bestrebt ist.<br />

Die Fülle dieser Einzelgesetze übersehen wir bei<br />

weitem noch nicht, aber je tiefer man Einblick gewinnt<br />

in das große Uhrwerk der Sprachgeschichte,<br />

<strong>des</strong>to regelmäßiger und <strong>des</strong>to logischer erhebt sich<br />

vor unserem Geist ein Prachtgebäude, wie es der<br />

Mensch, sein Land und seino Kultur nicht schöner<br />

hätte schaffen können. Je länger die betrachtete<br />

Zeitspanne, je größer der erforschte Raum und<br />

*) Nach der gewohnten Ausdrucks weise der<br />

österreichischen Dialektforscherschule wird „Dialekt"<br />

für großräumigere Sprachlandschaften,<br />

„Mundart" für kleinere Gebiete etwa innerhalb der<br />

einzelnen Bun<strong>des</strong>länder angewandt.<br />

VII


Vorw. 15—17<br />

je vielfältiger die einbezogene gesellschaftliche<br />

Gliederung im Binnenland werden und je mehr<br />

heterogene Kräfte von außen im Binnenraum und<br />

von diesem umgekehrt nach außen sichtbar werden,<br />

<strong>des</strong>to klarer tritt diese wunderbare Gesetzmäßigkeit<br />

<strong>des</strong> Sprachlebens in Erscheinung. Die Dialektveränderung<br />

ist die fügsamste Äußerung jeder<br />

sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Neugestaltung,<br />

die Umbildungen der Lebensformen<br />

ziehen alsbald ihre Kreise in der Dialektfärbung;<br />

im ungebundenen Dialekt und seinen Mundarten<br />

in viel höherem Maße als in der Schrift- und Hochsprache<br />

mit ihren überlandschaftlichen Verpflichtungen<br />

und mit ihrer verbrieften und regelstarren<br />

Festlegung über weite Zeiträume hinweg.<br />

Auch in der Lautgeschichte wird das Wunderwerk<br />

gesetzmäßiger Ordnung alles menschenbewegenden<br />

Lebens sichtbar, wenn auch nicht<br />

so deutlich wie im Wortschatz. In großen Zügen<br />

begann die Ausbildung <strong>des</strong> modernen mundartlichen<br />

Lautstan<strong>des</strong> erst seit Beginn <strong>des</strong> Hochmittelalters<br />

im 12. Jh., sie schloß dann, abgesehen<br />

von neuesten Ansätzen, im großen und ganzen um<br />

1300 ab. Seit 1300 steht also, zumin<strong>des</strong>t in<br />

unserem etwas konservativen bair. Dialekt, die<br />

moderne Lautgebung im wesentlichen fertig da.<br />

Es gibt Zeiten stärkster Beweglichkeit <strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong>,<br />

dann wieder Zeiten erstaunlicher Starrheit.<br />

Das hängt mit Umwälzungen und Einfrierungen<br />

der Sozialordnung aufs engste zusammen.<br />

Die sprachbiologischen Kräfte, aus denen die<br />

einzelnen Lautveränderungen, sei es als Wandel,<br />

sei es als Ersatz, als Reihenausweichung oder sei<br />

es als Aufsaugung gliederarmer Reihen 2 ), gedeihen,<br />

sind mannigfacher Art. Nur gelegentlich kann<br />

unsere Darstellung auf ihr inneres Gefüge, auf<br />

ihren Ursprung und auf die räumlichen Bedingtheiten<br />

ihrer Ausbreitung eingehen, nur selten auch die<br />

inneren Zusammenhänge zwischen ganzen Gruppen<br />

von Lautveränderungen, lautlichen Kettenreaktionen,<br />

aufdecken, weil das alles wieder zu viel<br />

Raum beansprucht. Nur wo es der Erklärung von<br />

Einzel- und Gruppenerscheinung besonders dienlich<br />

ist, wurde kurz darauf eingegangen. Daher<br />

sind diese Dinge, soweit sie von grundsätzlicher<br />

Bedeutung sind, in der Einleitung ausführlicher<br />

zu Wort gekommen.<br />

Erfreulicherweise ist man im letzten Jahrzehnt<br />

überall von der abwegigen Lehre, es gäbe keine<br />

Lautgesetze, abgerückt. Falls es gelungen sein<br />

sollte, im folgenden alles so auszudrücken, wie<br />

es beabsichtigt war, so ist meine <strong>Lautgeographie</strong><br />

eine Lehre von der Macht gesetzmäßiger Ordnung<br />

in der ersten und größten Äußerung menschlichen<br />

Gemeinschaftslebens, in der Sprache in ihren<br />

mundartlichen Aufspaltungen. Es herrschen in<br />

der „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong> Bairischen"<br />

die Lautgesetze und Lautreihen. Manchesmal sind<br />

sie in ein und derselben Landschaft zwiespältig<br />

und unter dem Druck umgänglicherer Verkehrsformen<br />

in zwei oder gar in drei übereinandergelagerten<br />

Schichten vorzufinden; nicht gerade<br />

selten sieht man unter der weithin sichtbaren<br />

Oberfläche <strong>des</strong> „regulären" Lautstan<strong>des</strong> in der<br />

bescheidenen Verkehrsferne rein bäuerlicher Begriffe<br />

und ihres Wortschatzes und in der Weltabgeschiedenheit<br />

abgelegenster Täler und Gräben<br />

ältere, früher einmal übliche Zustände durchschimmern.<br />

Aber selbst dann gelten noch ganz<br />

bestimmte Gesetzmäßigkeiten.<br />

2 ) Über diese einzelnen Erscheinungsformen der<br />

Lautentwicklung und über deren besondere Wesenszüge<br />

s. Einleitung 25 bis 57.<br />

VIII<br />

16. Einige Zeit hindurch wollte man die neuerweckte<br />

Wissenschaft der Phonologie, oder um<br />

es anders zu sagen, der Lehre vom Lautempfinden<br />

<strong>des</strong> unbefangenen Sprachträgers, in einen Gegensatz<br />

zur Phonetik und zur Lautgeschichte stellen.<br />

Die österreichische Dialektkunde hat diesen Gegensatz<br />

nie empfunden und nie gewollt, ebensowenig<br />

der Wiedererwecker der Phonologie, N. Trubetzkoy.<br />

Im folgenden wird die Phonologie vielmehr<br />

überall zur hilfsbereiten Interpretin phonetischer<br />

und historischer Zustände; nirgends stellt sie sich<br />

bei uns in Widerspruch zum historischen Werden<br />

<strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong>. Die Einleitung wird dies nachhaltigst<br />

zeigen. Wo scheinbar ein Widerspruch<br />

vorhanden ist, ermöglicht bei genauem Hinsehen<br />

meistens gerade die Phonologie als getreue Dienerin<br />

der Lautgeschichte die Aufhellung der Unübersichtlichkeit.<br />

Sie steht nach unseren Erfahrungen<br />

überall in bestem Einklang mit dem Historismus<br />

und mit der Analyse in der Sprachbetrachtung.<br />

17. Es kann nicht oft genug gesagt werden:<br />

Mundartforschung ist Lebensverpflichtung. Sie<br />

muß Sprache und Leben als gemeinsame Ganzheit<br />

verstehen. Es geht nicht an, die verschiedenen<br />

steigenden Zwielaute <strong>des</strong> Nordbairischen für mhd.<br />

Langvokale und Zwielaute zu trennen und zu<br />

behaupten, das nordbair. gu aus mhd. d weise<br />

auf schwäbische Besiedlung, die nordbair. ei und<br />

ou aus mhd. ie und uo auf rheinische Zuwanderer<br />

und dergleichen. Diese willkürliche Zerreißung ist<br />

widersinnig. Dies steht außerdem in Widerspruch<br />

zu dem, was die Geschichtsforscher zur bairischen<br />

Landnahme in der Oberpfalz und im Egerland zu<br />

sagen haben, die für eine schwäbische oder rheinische<br />

Unterwanderung nicht einen glaubwürdigen<br />

Anhaltspunkt darbieten. Einfach und natürlich ist<br />

es, alle steigenden Zwielaute, gu aus mhd. d, gu<br />

aus mhd. ö, ei aus mhd. e, ei und ou aus mhd. ie<br />

und uo, miteinander zu vereinigen und als akzentuell<br />

bedingte Tendenz <strong>des</strong> Nordbairischen, bestimmte<br />

alte Langvokale und Diphthonge zu steigenden<br />

Zwielauten umzubauen, zu deuten (s. Einleitung<br />

32). Ebenso lebensfremd erscheint uns die<br />

immer wiederkehrende These, die parallele althochdeutsche<br />

Lautverschiebung von german. t zu<br />

tß, von german. p zu pf und von german. k zu kch,<br />

die doch auf jedermann den Eindruck einer geschlossenen<br />

Einheit macht, ohne Not und willkürlich<br />

als drei zeitlich angeblich getrennte Vorgänge<br />

zu beurteilen: zuerst wäre das t zu tß, etwas<br />

später erst das p zu pf und zuletzt das k zu kch<br />

geworden. Das Beweismaterial, das man so gerne<br />

dafür ins Treffen führt, findet nach § 34 d wie<br />

mir scheint eine überzeugendere Auslegung. Auch<br />

hier ist uns die Monogenese lieber als kühne Hypothesen.<br />

In den letzten Jahrzehnten ist es Mode geworden,<br />

Lautentwicklungen, die man nicht ohne weiteres<br />

erklären kann, auf das Schuldkonto <strong>des</strong> Substrats,<br />

eines Überbleibsels und einer Fortpflanzung aus<br />

einer älteren, in der Landschaft selbst längst<br />

ausgestorbenen Lan<strong>des</strong>sprache abzuwälzen; meistens<br />

werden sie auf Konto von Sprachen gesetzt,<br />

über deren Lautstand man keine genauen phonetischen<br />

Vorstellungen mehr besitzt. Substrate<br />

gibt es, das kann niemand bestreiten; ebensowenig<br />

kann geleugnet werden, daß Superstrate und<br />

Infiltrate existieren. Sie werden in der Einleitung<br />

gewürdigt werden und später öfter hervortreten.<br />

Ist es aber nicht merkwürdig, daß Substrate zwar<br />

von vielen Forschern als Art Entschuldigung in<br />

Anspruch genommen werden, diese Forscher aber<br />

doch nicht ernstlich darangegangen sind, einmal<br />

die modernen Sprachgrenzlandschaften systematisch<br />

daraufhin zu untersuchen, ob denn diese


Lautsubstrate nicht etwa an bestimmte räumliche<br />

und phonologische Voraussetzungen gebunden<br />

sind! Diese Bindungen sind in der Tat vorhanden,<br />

sie lassen sich schon in feste Formeln fassen; man<br />

vgl. dazu Einleitung 36.<br />

18. Nicht alles, was man in einer vollständigen<br />

<strong>Lautgeographie</strong> sucht, ist in meiner Darlegung zu<br />

finden. Nebensächlichkeiten wurden absichtlich<br />

weggelassen. Dient auch das Folgende in erster<br />

Linie der lautgeographischen Entlastung <strong>des</strong><br />

kommenden Bairischen Dialektwörterbuches, so<br />

gibt es doch einige Fälle, bei denen sich das umgekehrte<br />

Verfahren praktischer erweist und die<br />

lautgeographische Darstellung besser dem Wörterbuch<br />

überlassen wird. Das betrifft vor allem Lautwandlungen,<br />

bei denen sich die Raumverteilung<br />

der einzelnen Entsprechungen nicht vereinigen<br />

läßt und bei jedem Wort anders aussieht; solche<br />

Fälle sind selten genug. Bei ihnen wird im Text<br />

auf das Wörterbuch verwiesen.<br />

Zu weit geführt hätte eine Darstellung <strong>des</strong><br />

Selbstlautstan<strong>des</strong> in den Nebensilben, obgleich<br />

einzelnes, etwa nhd. -e vor folgendem -n (s. § 46<br />

h/i) und vor folgendem -r (s. § 50 g), beim Konsonantismus<br />

an geeigneter Stelle vorgetragen werden<br />

konnte. Als Ersatz für diesen Ausfall werden die<br />

Vorsilben und die Endungen der Ableitungssilben<br />

an den betreffenden alphabetischen Stellen <strong>des</strong><br />

Wörterbuches neben ihren semantischen Wirkungen<br />

auch lautgeographisch gekennzeichnet und<br />

wenn nötig mit entsprechenden Lautkarten versehen<br />

werden, z. B. be-, -lein (im sing., im plur.,<br />

in Dreisilbern usw.), -ung usf.<br />

19. Ein angesehener Fachkollege meinte einmal,<br />

die großen Fragen der Dialektforschung wären<br />

bereits alle gelöst, man habe daher keine entscheidenden<br />

Probleme mehr zu bewältigen. Dem kann<br />

ich nicht beipflichten. Min<strong>des</strong>tens die bairische<br />

Mundartforschung ist noch voll von grundlegenden,<br />

noch nicht ernstlich angeschnittenen Aufgaben.<br />

An dem Fehlen zusammenfassender Darstellungen<br />

hat das kommende Wörterbuch ebenso zu leiden<br />

wie meine <strong>Lautgeographie</strong>. Es gibt vorerst keine<br />

moderne Abwandlungslehre <strong>des</strong> Bairischen. Das<br />

Wörterbuch wird sich gezwungen sehen, z. B. bei<br />

jedem einzelnen starken Zeitwort anzugeben, in<br />

welchen Gegenden noch der Präsens-Umlaut erhalten<br />

ist, ob er als Vollumlaut-e oder als verminderter,<br />

gehemmter Umlaut ä vorkommt oder<br />

ob er in modern-bairischer Weise schon ganz unterbleibt,<br />

ob man also für ,,er wächst" wekßt, wakßt<br />

oder schon wqkßt einsetzt; es wird ebenso gezwungen<br />

sein, sich bei jedem einzelnen schwachen<br />

Maskulinum damit auseinanderzusetzen, inwieweit<br />

die einzelnen Mundarten die umlautlosen<br />

Formen <strong>des</strong> ahd. nom.-acc. sing, und <strong>des</strong> ganzen<br />

plurals (ahd. grabo, grabun; „Graben") und inwieweit<br />

die Umlautformen <strong>des</strong> gen.-dat. sing.<br />

(*gräbin oder *grebin, bzw. mundartl. grg y m; grä'm,<br />

gre'm) auftreten, wo in gleicher Weise bei Aschen,<br />

masc (Asche)., gMti ohne Umlaut oder aSSn mit<br />

Umlaut herrscht usf.; diese Feststellungen sind<br />

nicht mehr Sache der <strong>Lautgeographie</strong>, sie stehen<br />

aber auch sonst nirgends. Wenn die bair. <strong>Lautgeographie</strong><br />

da und dort dennoch auf solcho Merkwürdigkeiten<br />

eingeht, so tut sio das nur in den<br />

dringendsten Fällen; z. B. bei der westpustertaleri-<br />

schen Trennung zwischen sing, troppfm (Tropfen)<br />

mit -o- gegen plur. truppfm mit -u- nach ahd.<br />

tropfo gegen trupfun (s. § 5 h), beim ötztaler Hofnamen<br />

nom. Huize, gen. Haizn aus ahd. *Hiuso,<br />

*HiÜ8in (s. § 16 a 2) oder bei Störungen der lautgesetzlichen<br />

Entwicklung durch Formenzwang bei<br />

bair. ermer (ärmer), schwerzer (schwärzer) mit<br />

lautwidrigem Vollumlaut statt „richtigem" *är-<br />

Vorw. 17—20<br />

mer, *schwärzer (s. § 2 i) mit mhd. ä und dergleichen.<br />

Eine bairische Wortkunde und eine bairische<br />

Wortbildungslehre brächten große Entlastungen.<br />

Auch hier konnte die <strong>Lautgeographie</strong> nur gelegentlich<br />

auf lautgesetzliche Störungen durch<br />

analogen Wortbildungszwang hinweisen, z. B.<br />

wieder bei lautwidrigen Formen der feminina abstraeta<br />

Schwerze und sogar Neh(n)e (Nähe) statt<br />

„richtigem" *Schwärze und *Näh(n)e (s. § 2 i).<br />

Desgleichen wäre eine allgemeine Dialektgeographie<br />

<strong>des</strong> <strong>gesamtbairischen</strong> Raumes unter Heranziehung<br />

der physischen Gliederung, der natürlichen<br />

Verkehrswege und der alten und modernen<br />

Territorialgeschichte mit wichtigeren Dialektlandschaften<br />

von Nutzen gewesen. Sie hätte<br />

manche nur andeutungsweise berührten raumgeschichtlichen<br />

Exkurse überflüssig gemacht, so<br />

belebend diese Exkurse an und für sich auch in<br />

der <strong>Lautgeographie</strong> wirken.<br />

20. Seit Jahrzehnten beschäftigt mich die<br />

Schaffung einer Wort- oder richtiger gesagt einer<br />

Begriffssoziologie <strong>des</strong> Dialektwortschatzes. Welche<br />

Begriffe und Wortvorstellungen sind, von der<br />

altertümlichen Bauernwelt her gesehen, völlig<br />

volksfremd, welche sind immerhin noch verkohrsgebunden<br />

oder doch irgendwie verkehrsnahe,<br />

welche Begriffe sind bereits verkehrsfern und schon<br />

stärker mit dem dörflichen Leben verknüpft und<br />

welche sind ausgesprochen verkehrsfremd und<br />

reine Bauernwörter ? Nicht mühseliges Grübeln<br />

führte zu diesen fünf wortsoziologischen Klassen,<br />

sondern praktische Erfahrungen an einem Dutzend<br />

schriftspracheferner Dialekte in und um Österreich<br />

in jener Gestaltung, wie sie am schönsten vor 1918<br />

existiert hatten; z. B. bei den Kärntner Slowenen<br />

mit ihrer slowenischen Haus- und ihrer deutschen<br />

Verkehrs- und Schriftsprache, bei den Dolomiten-<br />

Ladinern mit ihrer ladinischen Haus- und ihrer<br />

deutschen Verkehrssprache, bei den sogenannten<br />

Zimbern der Sieben Gemeinden mit ihrer deutschen<br />

Haus- und ihrer italienischen Verkehrs- und<br />

Schriftsprache, bei den Slowenen im Resiatal mit<br />

ihrer slowenischen Haus-, ihrer friaulischen Verkehrs-<br />

und ihrer italienischen Schriftsprache usw.<br />

In diesen schriftsprachefernen Dialekten sind<br />

überall dieselben volksfremden, verkehrsgebundenen<br />

und verkehrsnahen Begriffe als Lehnwörter<br />

gekennzeichnet, und es ist innerhalb dieser Lehnwörter<br />

noch nach der Art der Entlehnung gut<br />

zwischen den einzelnen Gruppen zu unterscheiden;<br />

die verkehrsfernen und verkohrsfremdon Begriffe<br />

sind jedoch in diesen schriftsprachefernen Dialekten<br />

durchaus durch Erbwörter aus der eigenen<br />

Hausspracho besetzt. Diese und weitere Grenzlanderfahrungen<br />

lassen dieselbe Klassenordnung<br />

aufs Binnenbairische übertragen, wiewohl hier<br />

nur selten an gewissen Merkmalen der Lehnwortcharakter<br />

wirklich sichtbar wird, weil ja im Binnenland<br />

der Verkehr nach außen von der gleichen<br />

Sprache bestritten wird wie die erbständige und<br />

familiäre Ausdrucksweise. Auch ein Werk über<br />

die „bairische Begriffs- und Wortsoziologie" fehlt<br />

dem Lautgeographen an allen Ecken und Enden.<br />

Die verkehrsfernen und die verkehrsfremden Wörter<br />

bewahren im Binnenbairischen gerne jene<br />

uralten Lautverhältnisso, wie sie sonst in manchen<br />

Gegenden durch landläufigere und weiterhin verständlichere<br />

Lautreihon ersetzt worden sind. Am<br />

häufigsten ist dieses Beharren dann der Fall, wenn<br />

die Ausdrücke für dioso verkehrsfernen Begriffe<br />

der Schriftsprache fehlen und in gewissem Sinne<br />

auch schriftsprachefern bleiben, also die Schriftund<br />

Verkehrssprache sie nicht doch noch irgendwie<br />

dem Reihenzwang <strong>des</strong> neuen Ersatzes unter-<br />

IX


Vorw. 20—23<br />

werfen konnte. Über die Restformen in schriftsprachefernen<br />

Ausdrücken erfahren wir Ausführlicheres<br />

in der Einleitung 10/11.<br />

Anders geartet sind die Kinderwörter, wie ich<br />

sie nennen möchte, und die lautnachahmenden<br />

Wörter. Gewisse Begriffe gehören im Bauernleben<br />

der Kinderwelt an, etwa der Schmetterling, der<br />

Marienkäfer, soweit nicht mythisch-mystische Vorstellungen<br />

hereinspielen, oder der Tannenzapfen<br />

usf. Bei Feifalter (Schmetterling) gibt es mehrere<br />

Dutzend Varianten bis zu Feuerfalke, Fleugmuetter,<br />

Weinfalster usw. Nicht anders ergeht es den<br />

laut- und bewegungsnachahmenden Wörtern. Das<br />

aufklatschende Geräusch einer weichen Masse am<br />

Boden oder an der Wand wird im Bair. mit pats !<br />

PQts! pats! pqtsl plats! plQts! platS! plQts! pluts!<br />

pfiats ! pflqü l fleti ! tQts! klgts ! kleS ! ples 1 usw.<br />

nachgeahmt. Hier gibt es keine Lautgesetze mehr.<br />

Dennoch können zu diesen lautspielenden Wörtern<br />

Ableitungen gebildet werden, die unter Umständen<br />

langsam vom Hausbetrieb ins hausgewerblich oder<br />

gar ins industriell gebundene Marktleben aufsteigen,<br />

z. B. Patschen (Filzpantoffel) und Patzen<br />

(weicher Klumpen, auch von Lehm, von Kitt).<br />

Sie rücken dann unversehens in den Bereich verkehrsgebundener<br />

und ernstzunehmender Belange<br />

vor. Solche Wörter bereiten jedem Etymologen,<br />

der ihr Wachstum nicht mehr überschaut, vergebliches<br />

Kopfzerbrechen, wie die Wörterbücher<br />

unter Patzen und dergleichen beweisen. Unsere<br />

Lautgeschichte nimmt auf diese lautvariablen<br />

Wörter keine Rücksicht.<br />

21. Dafür wurde ein liebevolles Augenmerk auf<br />

alle jene lautlichen Feinheiten gerichtet, welche<br />

dem Außenstehenden und dem phonetisch Ungeschulten<br />

nicht mehr recht bewußt werden. Meistens<br />

erkennt er sie <strong>des</strong>halb nicht, weil die Schriftsprache<br />

über keinen eigenen Buchstaben für sie<br />

verfügt. Der Schriftkundige hat sich angewöhnt,<br />

seine Mundart nach den Maßen der Schriftsprache<br />

zu beurteilen, denn er steht seiner Mundart nicht<br />

mehr objektiv gegenüber. Dem geistig regen Analphabeten<br />

sind diese Feinheiten, da er von der<br />

Schrift unbeeinflußt bleibt, noch kein Geheimnis.<br />

Solche Befangenheiten könnte man als „schriftsprachlichen<br />

Einbruch ins phonologische Empfinden"<br />

bezeichnen. Die schriftsprachekundigen Berichterstatter<br />

sind außerstande, zwischen stimmhaften<br />

und stimmlosen Lauten zu unterscheiden,<br />

und schreiben uns ausnahmslos für gesprochenes<br />

stimmhaftes v und z z. B. in övm (Ofen), lezn<br />

(lesen) gewohnteres / und s, also Ofn, lesn; sie<br />

bemerken meistens die in Tirol weitverbreiteten<br />

mittelgaumigen Vokale ö und ü (vgl. § 5 c) nicht;<br />

sie nehmen im Bereich der binnendeutschen Konsonantenschwächung<br />

(s. § 34 c) nicht wahr,<br />

daß sie keine phonetischen Starklaute bilden können.<br />

Sie streiten, wenn man sie auf diese Feinheiten<br />

ausdrücklich aufmerksam macht, vorerst strikt ab,<br />

daß sie diese Laute wirklich verwenden, obgleich<br />

die Laute selbst in manchen Gegenden ausgesprochen<br />

phonematischen Wert aufweisen. Diese<br />

unbewußt gewordenen Laute bilden oft wichtige,<br />

manchesmal sogar grundlegende Elemente der<br />

heimischen Lautgebung. Umfangreiche Kundfahrten<br />

versetzten uns trotz dem gelegentlichen Versagen<br />

der schriftlichen Sammler in die Lage, mehr<br />

oder weniger genaue Angaben über die räumliche<br />

Verbreitung anzugeben.<br />

22. Die beigegebenen 27 lautgeographischen<br />

Karten verdanke ich dem Dialektatlas; sie sind<br />

vielfach aus Ergebnissen eigener Kundfahrten ergänzt.<br />

Außerdem wurden 2 Karten im Maßstab der<br />

X<br />

Lautkarten und 2 weitere Karten in größerem<br />

Format im Maßstab 1: 2,000.000 beigegeben. Es<br />

sind Hilfskarten; sie enthalten alle diejenigen<br />

Landschafts- und Siedlungsnamen, welche im Text<br />

vorkommen; auf solche Weise erleichtern sie dem<br />

genauen Benutzer den Einblick in die Lautgrenzbeschreibungen<br />

<strong>des</strong> Textes. Die meisten Österreicher<br />

haben von der Geographie Bayerns und<br />

die meisten Bayern von der Geographie Österreichs<br />

nur unzulängliche Vorstellungen. Viele<br />

Österreicher wissen nicht, wie weit z. B. die Mittelsteiermark<br />

oder das Waldviertel reicht usw., weil<br />

keine Landkarte darüber Auskunft gibt, viele<br />

Bayern nicht die Grenzen <strong>des</strong> Lechrains usw.<br />

Man vermißt in guten Schriften immer wieder<br />

ein sinnvolles Register. Wir geben ein solches als<br />

Anhang. Es enthält alle behandelten Laute und<br />

Lautgruppen sowie in verschriftsprachlichter Gestalt<br />

alle diejenigen Wörter und Ausdrücke <strong>des</strong><br />

Textes, welche als Restformen aus dem allgemeinen<br />

Lautstand herausfallen oder welche sonstwie einer<br />

Sonderbeurteilung bedürfen. Auch alle geographischen<br />

Namen sind im Register verzeichnet. Eigene<br />

Signaturen machen im Register darauf aufmerksam,<br />

aufweicher Hilfskarte und in welchem Schachbrettviereck<br />

dieser Karte die betreffende örtlichkeit<br />

zu finden ist.<br />

23. Die angewandte Lautschrift ist die <strong>des</strong> kommenden<br />

Wörterbuches. Sie stellt eine wesentliche<br />

Vereinfachung jener Transkriptionsmethode dar,<br />

wie sie nach jahrzehntelanger phonetischer Erfahrung<br />

auf Grund <strong>des</strong> Systems von Otto Bremer<br />

die Wiener Wörterbuchkanzlei durch J. Seemüller,<br />

P. Lessiak, W. Steinhauser u. a.<br />

erdacht hat. Sie enthält folgende Lautzeichen für<br />

die Vokale:<br />

a ist orales, ganz offenes a der Mundart, v ist der<br />

offene, a der geschlossene ungespannte Vokal. Ein<br />

darüber gesetzter Querbalken deutet die phonetische<br />

Länge an (ä, e usw.), Kürze bleibt unbezeichnet,<br />

Akut kennzeichnet den Hauptdruck <strong>des</strong><br />

Wortes, folgen<strong>des</strong> hochgestelltes n {a n ) die genäselte<br />

Aussprache <strong>des</strong> Selbstlautes. Vor m, n, ry<br />

wird der vorausgehende Selbstlaut genäselt (h.Qnd) ;<br />

Apostroph bezeichnet die fehlende Näselung (lö'n).<br />

vordere<br />

mittelgaumige<br />

gerundete<br />

hintere<br />

© ,©<br />

^5 Jt!<br />

:3 O<br />

ä<br />

ä<br />

C<br />

ffe<br />

o<br />

e 4 )<br />

e<br />

Q<br />

Ö ö<br />

Ä o<br />

e 3 )<br />

p 4 )<br />

p 3 )<br />

p 3 )<br />

©<br />

3<br />

o<br />

tf) m<br />

C<br />

Ö 4 )<br />

ö<br />

o<br />

ö<br />

{g o<br />

H<br />

U<br />

G<br />

o<br />

to<br />

o<br />

ö ^<br />

Für die Konsonanten:<br />

h s ) ist der Hauchlaut, r ist bald Zungen-, bald<br />

Zäpfchen -r (s. § 50 a), l ist alveolar, d l ist postdental<br />

oder postalveolar, %l ist guttural; X wird<br />

in § 49 a ff. für ü-haltiges l eingesetzt, l für palatales<br />

l. — z liegt zwischen z und z, 4 zwischen s<br />

und §, ß zwischen ß und fi. Es klingen:<br />

3 ) Wird nur in den §§ 4—6 angewandt.<br />

4 ) Wenn damit Mittelgaumigkeit angedeutet<br />

wird, ist dies in der Regel eigens vermerkt.<br />

5 ) Zu seiner Stimmhaftigkeit s. § 27 e/g; sonst<br />

ist es stimmlos.<br />

t<br />

U<br />

ü<br />

u


ilabial<br />

labiodental<br />

dental<br />

guttural<br />

konsonant.<br />

Vokale<br />

u<br />

i<br />

Reibelaute<br />

stimmh. stimml.<br />

Leiles<br />

w<br />

Fortes<br />

V<br />

z, z, z, ö<br />

/<br />

S, 8, S<br />

X<br />

ff<br />

ßJJ,p<br />

X<br />

Bei den mittelhochdeutschen Zeichen ist bemerkenswert:<br />

Beim Vokalismus ist e das sogenannte<br />

„germanische" e, ö der verminderte und<br />

e der Voflumlaut von german. a. Zirkumflex bei<br />

d, e usw. deutet alte Vokallänge an, alte Kürze<br />

bleibt wieder unbezeichnet; die übrigen Zeichen<br />

verstehen sich von selbst. Beim Konsonantismus<br />

ist der Buchstabe 8 in stimmhafter Umgebung als<br />

z, in stimmloser Umgebung als 4 oder ß auszusprechen;<br />

z ist als tß oder ß, k ist als kx, c und gg<br />

sind als unbehauchtes k zu lesen; nach den vorderen<br />

und gerundeten Vokalen und nach ä, d<br />

werden alle Mitlaute palatal.<br />

24. Hinweise auf das einschlägige Fachschrifttum<br />

gab ich sehr selten. Unsere Untersuchungen<br />

und Feststellungen beschreiten so viele neue Wege<br />

und gehen in so vielen Belangen über das bisher<br />

Gebotene hinaus, daß ich häufig gezwungen gewesen<br />

wäre, zu den älteren Meinungen <strong>des</strong> erwähnten<br />

Fachschrifttums in irgendeiner Weise<br />

zustimmend, ergänzend oder ablehnend Stellung<br />

zu nehmen, was den Umfang meiner Arbeit zu<br />

sehr vergrößert hätte. So mußte ich mich entschließen,<br />

nur sehr selten zu zitieren. Es ist bisher<br />

fürs Bairische noch keine Lautgrammatik er-<br />

•) Die jeweilige Stimmhaftigkeit wird immer<br />

eigens vermerkt.<br />

7 ) p, t, k sind unbehaucht wie im Romanischen<br />

und Slawischen und nicht behaucht wie in der<br />

Bühnensprache und im Englischen zu sprechen.<br />

Bei Behauchung wird ph, th, kh geschrieben.<br />

Verschlußlaute<br />

stimmh.. stimml.<br />

Lenes<br />

Fortes<br />

6«) 6 P 7 )<br />

d«)<br />


Vorwort S. III-XI<br />

Seite<br />

1. Zweck und Wesen <strong>des</strong> Buches III<br />

2. Die Maße <strong>des</strong> Sprachlebens III—IV<br />

3. Wann wurde gesammelt ? IV<br />

4. Die Lautkarten IV<br />

5. Hauptkatalog, Dialektatlas IV—V<br />

6. Hochtäler und Sprachinseln V<br />

7. Lehnwörter V<br />

8. Urkundensprache V<br />

9. Dichtersprache V<br />

10. Orthographie V—VI<br />

11. Herkunftstheorien VI<br />

12. Zeitgleiche Ausgangsstufen VI—VII<br />

13. Anordnung <strong>des</strong> Stoffes VII<br />

14. Formulierungen VII<br />

15. Divergente Sprachgesetze VII—VIII<br />

16. Phonologie VIII<br />

17. Lebensverbundenheit VIII—IX<br />

18. Verweise aufs Wörterbuch IX<br />

19. Abwandlung, Wortbildung IX<br />

20. Wortsoziologie IX—X<br />

21. Phonetische Feinheiten X<br />

22. Ortsangaben, Hilfskarten X<br />

23. Die Lautschrift X—XI<br />

24. Zitate aus der Literatur XI<br />

Inhaltsverzeichnis XIII—XIV<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung S. 1-19<br />

1. Der bairische Raum 1<br />

2. Aufgaben der Einleitung 1<br />

3. Soziologie 1<br />

4. Herren-, Hofsprache 1 — 2<br />

5. Stadtmundarten 2<br />

6. Stadtsprachinseln 2<br />

7. Knappen-, Jägersprache 2<br />

8. Hoch-, Bühnensprache 2 — 3<br />

9. Rückwanderermundart; Jargon 3<br />

10. Nochmals Wortsoziologie 3<br />

11. Verkehrs-, Bauernwörter 3 — 4<br />

12. Zeitschichtungen 4<br />

13. Sprachhistorische Quellen 4 — 5<br />

14. Raumverhältnisse 5<br />

15. Bauernsprachinseln 5 — 6<br />

16. Lautgrenzen 6<br />

17. Die oberösterr. Beharrsamkeitsbrücke 6<br />

18. Städtereiche Landschaften 6<br />

19. Donau-Symmetrie 6 — 7<br />

20. Welle und Überspringung 7<br />

21. Raum-, Zeitprojektionen 7<br />

22. Aktive, passive Mundarten; die Arlberggrenze<br />

7 — 8<br />

23. Verbairungen 8<br />

24. Grenzversteifungen 8<br />

24 a. Fremdsprachige Einflüsse 8<br />

25. Die inneren Triebkräfte 8 — 9<br />

26. Der Lautwandel 9<br />

27. Das Lautgesetz 9<br />

28. Phoneme, Reihenschritte 9<br />

29. Vorausbestimmende Neigungen 9—10<br />

30. Monogenese 10<br />

31. Unterdrückung der Neigung 10—11<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

32. Ganzheit der Lautentwicklung 11<br />

33. Kettenreaktionen 11<br />

34. Substitutionsgesetze 11 — 12<br />

35. Substitution und Orthographie 12<br />

36. Lautsubstrat 12—13<br />

37. Lautsuperstrat 13<br />

38. Lautinfiltrat 13<br />

39. Paradigmenausgleich 13—14<br />

40. Reihenzusammenfall 14<br />

41. Reihenausweichungen 14<br />

42. Lautverschiebungen 14—15<br />

43. Störung der Reihenschritte 15<br />

44. Aufsaugung gliederarmer Reihen 15—16<br />

45. Bewußtgewordene Phoneme 16<br />

46. Schreibphoneme 16<br />

47. Schreibfehler 16—17<br />

48. Der Lautersatz 17<br />

49. Nochmals Restformen 17<br />

50. Falsche Rückbildungen 17 — 18<br />

51. Falsche Überbildungen 18<br />

52. Andere Umreihungen 18—19<br />

53. Analoger Reihenersatz 19<br />

54. Übertriebener Reihenersatz 19<br />

55. Mischbildungen 19<br />

56. Lautgesetzlicher Ersatz 19<br />

57. Zusammenfassen<strong>des</strong> 19<br />

§§ Der Vokalismus S. 20 —71<br />

1. Mhd. ä und a 20—23<br />

2. Mhd. ä und ä 23-25<br />

3. Mhd. e 25-32<br />

4. Mhd. e 32-35<br />

5. Mhd. o 35-39<br />

6. Mhd. ö 39-40<br />

7. Mhd. i 40-43<br />

8. Mhd. u 43<br />

9. Mhd. ü 43-44<br />

10. Mhd. e 44-45<br />

11. Mhd. 6 45-48<br />

12. Mhd. 6 48<br />

13. Mhd. i 48-50<br />

14. Mhd. ü 50-51<br />

15. Mhd. ü und iü 51<br />

16. Mhd. iu 51-56<br />

17. Mhd. ie 56-57<br />

18. Mhd. uo 57-58<br />

19. Mhd. üc 58<br />

20. Mhd. ei 58-66<br />

21. Mhd. ou 66-68<br />

22. Mhd. öü 68-71<br />

Der Konsonantismus S. 71 —128<br />

23. Die alten Palatalkonsonanten 71 — 73<br />

24. Spätahd. / 73-74<br />

25. Spätahd. w 74-75<br />

26. Die rundenden Konsonanten 75 — 76<br />

27. Die Lindlaute; Allgemeines 76 — 82<br />

28. Spätahd. d 82-84<br />

29. Spätahd. g 84-86<br />

30. Spätahd. b 86-87<br />

31. Spätahd. v 87-88<br />

XIII


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

32. Spätahd. s 88—90<br />

33. Spätahd. h 90-93<br />

34. Die Starklaute; Allgemeines 93—104<br />

35. Spätahd. t 104—105<br />

36. Spätahd. p 105 — 106<br />

37. Spätahd. gg 106—107<br />

38. Spätahd. kch 107 — 110<br />

39. Spätahd. pf 110-111<br />

40. Spätahd. tz 111<br />

41. Spätahd. tsch 111<br />

42. Spätahd. seh 111 — 112<br />

43. Spätahd. ßß 112-113<br />

44. Spätahd. ch 113<br />

45. Spätahd. ff 113<br />

46. Spätahd. n 113 — 118<br />

47. Spätahd. ng 118<br />

48. Spätahd. m 118—119<br />

49. Spätahd. l 118 — 121<br />

50. Spätahd. r 121 — 128<br />

Registers. 129-143<br />

Nr. Die Lautkarten Nr. 1- -27<br />

1. Mhd. d und o<br />

2. Mhd. ä und ä<br />

3. Mhd. e<br />

4. Mlid. -el-<br />

5. Mhd. o<br />

XIV<br />

6. Mhd. -er-<br />

7. Mhd. -ol-<br />

8. Mhd. -or-<br />

9. Mhd. e<br />

10. Mhd. 6<br />

11. Mhd. ü<br />

12. Mhd. tu<br />

13. Mhd. iu/ie in fliegst, fliegen<br />

14. Mhd. iu/ie in tief, Stief-, Dieb<br />

15. Mhd. uo<br />

16. Mhd. ei<br />

17. Mhd. ou<br />

18. Mhd. öü<br />

19. Die Vorsilbe ge-<br />

20. Die Vorsilbe ge-; pf-<br />

21. Die mittelbair. Konsonantenschwächung<br />

22. Einsilberdehnung und Auslautverhärtung<br />

23. Auslauten<strong>des</strong> -n in Stammsilben<br />

24. Auslauten<strong>des</strong> -en in Nebensilben<br />

25. -en- in tausend, siebenzig<br />

26. Die Liquidenvokalisation<br />

27. -rt-<br />

Die Hilfskarten Nr. 1—4<br />

1. Große Dialektlandschaften<br />

2. Politische Einteilung<br />

3. Kleinere Mundartlandschaften<br />

4. Städte, Märkte, Dörfer, etz.


1. Die Einleitung zur „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong><br />

<strong>des</strong> Bairischen" gewährt Einblick in die<br />

Grundsätze der Lautveränderungen innerhalb <strong>des</strong><br />

bairischen <strong>Dialektraumes</strong> in seiner Geschichte und<br />

in die äußeren Umstände, welche die Lautentwicklungen<br />

modifizieren. Es war nicht immer ganz<br />

leicht, diesen Einblick in gefälligen Formen darzustellen.<br />

Um 1930 umfaßte das bairische Dialektgebiet<br />

ugf. 190.000 km 2 mit ca. 8,500.000 Einwohnern,<br />

einen Bereich, der seither durch Aussiedlungen<br />

einiger Randlandschaften etwas eingeschrumpft<br />

ist. Eingeschlossen sind (vgl. Vorwort 4) Österreich<br />

(ohne Vorarlberg) und Altbayern, d. i. Ober-,<br />

Niederbayern und die Oberpfalz, ferner in Schwaben<br />

der Lechwinkel um Neuburg und Rain, in<br />

Franken das östliche Drittel von Mittelfranken mit<br />

Eichstätt und Nürnberg, die Gegend um Rehau,<br />

Selb und Wunsiedl in Oberfranken; außerdem Südtirol;<br />

es schließen sich (vor 1945) Teile der Tschechoslowakei<br />

an, vor allem das Egerland, der Böhmerwald,<br />

Südböhmen und Südmähren; außerdem<br />

eine Reihe alter Sprachinseln in der Tschechoslowakei,<br />

in Jugoslawien und in Italien; besonders<br />

in Ungarn gibt es umfangreiche Streugebiete, die<br />

allerdings erst nach den beiden großen Türkenkriegen<br />

im 16. und 18. Jh. deutschsprachig besiedelt<br />

und außerdem vielfach mit nichtbairischen<br />

Elementen rheinfränkischen, hessischen, schwäbischen<br />

und anderen Ursprungs durchsetzt worden<br />

sind; schließlich Samnaun in der Schweiz.<br />

Der bairische Raum ist viereinhalbmal größer<br />

als die ganze Schweiz. Seine Länge beträgt vom<br />

Arlberg bis zum Neusiedlersee 500 km, seine Breite<br />

vom Erzgebirge bei Asch bis Salurn in Südtirol<br />

450 km. Dieses große Gebiet erstreckt sich über<br />

sieben Staaten, bezieht alle mitteleuropäischen<br />

Landschaftsformen von der sanften Tiefebene bis<br />

zum wilden Hochgebirge ein und nimmt alle<br />

Witterungsmöglichkeiten, angefangen vom Gartenland<br />

um Wien und Nürnberg und von der Steppe<br />

<strong>des</strong> burgenländischen Heidebodens bis zur arktisch<br />

anmutenden Gegend um Gurgl und Vent, für<br />

sich in Anspruch. Seine Vielgestaltigkeit läßt sich<br />

in drei Teile gliedern. Es sind dies erstens die<br />

Mittelgebirgslandschaft <strong>des</strong> Nordens Oberpfalz und<br />

Egerland als Kerngebiete <strong>des</strong> Nordbairischen,<br />

eines Unterdialektes, der bereits ostfränkischmitteldeutschen<br />

Einflüssen ausgesetzt ist; zweitens<br />

das große Flachland der Mitte entlang der Isar und<br />

Donau in Ober- und Niederbayern und in Oberund<br />

Niederösterreich als Kernländer <strong>des</strong> fortschrittlichen<br />

Mittelbairischen; drittens die Hochgebirgsländer<br />

<strong>des</strong> Südens Tirol vind Kärnten als<br />

Kerngebieto <strong>des</strong> beharrsamen Südbairischen; Burgenland,<br />

Steiermark, Salzburg, die gebirgigen<br />

Südränder von Nieder-, Oberösterreich und Oberbayern<br />

sind das Übergangsgebiet vom Süd- zum<br />

Mittelbairischen; s. Hilfskarto 1.<br />

2. Wenn wir uns die große Raumerstreckung, die<br />

mannigfacho Gesollschaftsgliederung in den Städten,<br />

1<br />

Einleitung<br />

Einltg. 1—4<br />

das Zurückreichen der bairischen Dialektquellen<br />

bis ins 8. Jh. und schließlich die Sprachgrenzen<br />

gegen sechs Fremdvölker im Süden, Osten und<br />

Nordosten vor Augen halten, so wird uns sofort<br />

klar, daß der bairische Dialekt die Ideallandschaft<br />

für das Studium der Prinzipien lebendiger und<br />

geschichtlicher Sprachentwicklung repräsentiert.<br />

Kein Nachbardialekt, gleichgültig ob der deutschen<br />

oder einer fremden Sprache, gibt uns darüber<br />

gleich gute oder gar erschöpfendere Auskunft wie<br />

das Bairische.<br />

Die Einleitung bemüht sich, die mannigfachen<br />

Erscheinungsformen der Lautentwicklung verallgemeinernd<br />

zu überschauen. Zuerst kommen die<br />

äußeren Begleitumstände, dann die inneren Triebkräfte<br />

zu Wort. Voran stehen mithin die modifizierenden<br />

Maße <strong>des</strong> Sprachlebens: Gesellschaftsgliederung,<br />

zeitlicher Aufbau, räumliche Gegebenheiten<br />

sowie fremdsprachige Einflüsse. Die vier<br />

Maße lassen sich nicht immer streng voneinander<br />

trennen und verzahnen sich oft ineinander.<br />

3. An erster Stelle wird die Soziologie in der<br />

Dialekt- oder richtiger gesagt in der Lautentwicklung<br />

vorgeführt.<br />

Die vielgestaltige gesellschaftliche Gliederung<br />

<strong>des</strong> modernen Lebens in zahlreiche Berufsschichten<br />

war in althochdeutscher Zeit nicht vorhanden und<br />

entfaltete sich erst mit Beginn <strong>des</strong> Hochmittelalters.<br />

Die althochdeutsche Soziologie etwa der<br />

Karolingerzeit war im Vergleich zur Jetztzeit<br />

einfach. Doch besaßen die Geistlichen und Mönche<br />

schon damals ihre Sonderstellung. Ihre Kirchensprache<br />

hob sich seit jeher in liturgischen Dingen<br />

oft absichtlich von der Profanspracho ab. Besonders<br />

im Hoch- und Spätmittelalter nahmen etliche<br />

Kirchenwörter auch in der Bauernmundart überlandschaftliche<br />

Lautungen an, so die Ausdrücke<br />

heilig, Geist, Fleisch (s. § 20 m) und etliche andere<br />

(vgl. auch § 3 e 1, 30 c). Ihr Lautstand fällt seither<br />

aus der allgemeinen Lautentwicklung heraus und<br />

richtet sich nach einer alten oder nach der modernen<br />

Verkehrs- und Hochsprache.<br />

4. Im Hochmittelalter prägte sich in unseren<br />

Ländern eine deutlich fühlbare soziale Aufspaltung<br />

breiterer Schichten anstatt der früheren relativen<br />

Gleichförmigkeit aus. Das Rittertum schuf im<br />

Geiste seiner höfischen Umgangsformen die höfische<br />

Dichtkunst. Die deutsche Dichterspracho <strong>des</strong><br />

Hoch- und Spätmittelalters wurde angeregt von<br />

der ritterlichen Herrensprnche und wirkte auf die<br />

Herrensprache zurück. Beide hoben sich immer<br />

stärker von der Bauernsprache ab. Des öfteren<br />

hat sich höfische Lautgebung <strong>des</strong> Mittelalters in<br />

der mundartlichen Aussprache höfischen Wortschatzes<br />

bis jetzt behauptet, z. B. beim Burgennamen<br />

Rai n dQi (Reintal, Reuontal) aus mhd.<br />

Riuwental (s. § 16 c 5). Das Vorbild für dieso<br />

Herren- und Dichtersprache war die Ausdrucksweise<br />

an den Fürstenhöfen. Vor allem der Wiener<br />

Herzogs- und Kaiserhof dominierte. Da und dort<br />

spürt man noch jetzt die Nachwirkungen tschechi-<br />

1


Einltg. 4—8<br />

scher Sprachmoden zur Zeit der Wiener Hofhaltung<br />

Premysl Ottokars und die Nachwehen von<br />

Wiener Alemannismen aus der Zeit der ersten<br />

Habsburger (s. § 1 p 3 und 20 g 3).<br />

5. Richtige Städte mit Stadtmauern und Stadtrechten<br />

entwickelten sich in unseren Landstrichen<br />

erst im 13. Jh. Damals bildeten sich die städtischen<br />

Berufe mit den Zünften und dem Stadtpatriziat.<br />

Im ausgehenden 13. Jh. verwischten sich in Wien<br />

zum erstenmal die gesellschaftlichen Grenzen<br />

zwischen Ritter- und Bürgertum. Jans Enikel, der<br />

Wiener Dichter um 1285, war bereits ritterbürtig<br />

und Patrizier.<br />

In unseren modernen Stadtmundarten lebt unter<br />

gewissen Umformungen ein gemäßigter Ausläufer<br />

der höfischen Herrensprache <strong>des</strong> Mittelalters<br />

weiter. Gemäßigt wurden sie im Sinne fühlbarer<br />

Untervvachsungen aus der lokalen Bauernmundart;<br />

sie wurden aber doch immer wieder durch neue<br />

Einflüsse der Hoch- und Verkehrssprache vom<br />

Bäuerlichen etwas differenziert. Es bürgerten sich<br />

z. B. in den Städten die herrensprachlichen Wortformen<br />

kommen (mundartl. khummv(n)), ich habe<br />

(l liQb) statt bäuerlichem kommen, ich hart ein;<br />

im 17. und 18. Jh. begann man in den Städten<br />

Österreichs (ausgenommen Tirol) -ur-, -uv- für nhd.<br />

-or- zu sprechen (s. § 5 g 5 und Karte 8), und bereits<br />

im 15. Jh. nistete sich in den Städten von<br />

Nieder- und Oberösterreich, von Steiermark und<br />

Kärnten das Altwiener g für mhd. 6 (r


zialumwälzungen durch die zwei Weltkriege und<br />

ihren Folgen immer stärker in die echte Mundart<br />

ein.<br />

9. Vor vierzig Jahren, zur Zeit meiner ersten<br />

mundartkundlichen Forschungsreisen, konnte man<br />

meistens den erstbesten Menschen als versierten<br />

Gewährsmann für die echte Ortsmundart heranziehen.<br />

Jetzt ist dieser Erstbeste häufig gar kein<br />

Einheimischer, sondern ein Zugewanderter. Beim<br />

Suchen nach dem brauchbarsten Sprecher hört<br />

man jetzt immer wieder bedauernde Sätze, wie:<br />

,,Ja, wenn der alte Josel noch leben würde! Der<br />

hätte Ihnen alles so, wie Sie es wollen, richtig<br />

sagen können! Jetzt will man nur mehr nobel<br />

sprechen!" In manchen Dörfern lebt kaum mehr<br />

ein Zehntel der Bevölkerung in der alten Lebensund<br />

Sprachwelt vererbten Bauerntums. Auch in<br />

den Städten wird der Dialekt immer „eleganter".<br />

Ich habe meine Heimatstadt Klagenfurt vor<br />

bald vier Jahrzehnten verlassen und bin seither<br />

meistens nur vorübergehend dorthin zurückgekehrt.<br />

Schon innerhalb dieser verhältnismäßig<br />

kurzen Zeit hat sich die Klagenfurter Mundart<br />

merklich verändert und ist verkehrssprachlicher<br />

geworden. Als ich in einem Dorf bei Selztal eine<br />

alte, einheimische Bäurin nach Mundartwörtern<br />

und Mundartformen aushorchte, mischte sich<br />

öfters ein alter, städtisch gekleideter Herr ins<br />

Gespräch. Es war der Bruder meiner Bäurin. Er<br />

war fünfzig Jahre lang abwesend gewesen, hatte<br />

studiert und war in Wien ein hoher Beamter geworden.<br />

In seiner Erinnerung hatte er oft wesentlich<br />

altertümlichere Dialektformen bewahrt als<br />

seine bäuerliche Schwester. Die Schwester gab<br />

immer wieder ihre Überraschung darüber kund, daß<br />

ein gebildeter Mensch so viel gröber sprechen könne<br />

als die einfache Bäurin. Das geschah im Jahre 1934,<br />

vor zwanzig Jahren. Heute ist der sprachliche<br />

Abstand zwischen der Mundart der Daheimgebliebenen<br />

und der Mundart der Rückwanderer, die<br />

jahrzehntelang auswärts gewesen waren, noch<br />

größer geworden. Vor allem in Niederösterreich ist<br />

die alte Bauernmundart unter dem Druck der<br />

Wiener Überschichtung schon gefährdet.<br />

In den Vororten Wiens zeigt sich seit etwa<br />

hundert Jahren ein Vorstadt-Jargon, das sogenannte<br />

Plattendeutsch. Ähnlich wie das Rotwelsch<br />

schafft es für bestimmte Begriffe fortwährend<br />

neue Ausdrücke. In seinem zynischsatirischen<br />

Humor hebt es sich absichtlich vom<br />

althergebrachten Wiener Dialekt ab, es nimmt aber<br />

trotzdem für sich das Urwiencrtum in Anspruch.<br />

Der Wiener Jargon breitet sich mit immer größerem<br />

Erfolg innerhalb gewisser Gesellschaftsschichten<br />

in den Bun<strong>des</strong>ländern aus, manche Provinzler<br />

dieser Art sprechen geradezu „hyperplattendeutsch".<br />

Für Altbayern ist vor allem die Sprache<br />

der „Lucky" aus der Au und aus Giesing, aus<br />

Münchener Vororten, das Zentrum <strong>des</strong> entsprechenden<br />

bayrischen Jargons.<br />

10. Im Rahmen der soziologischen Bindungen<br />

bedarf auch meine Wortsoziologio einer genaueren<br />

Erläuterung. Im Vorwort 20 wurdo der mundartliche<br />

Wortschatz im Sinne <strong>des</strong> Bauernlebens<br />

in fünf wortsoziologische Klassen eingeteilt, in die<br />

volksfremden Worter oder richtiger gesagt die<br />

volksfremden Begriffe, in die verkehrsgebundenen,<br />

in die verkehrsnahen Wörter; in die verkehrsfremden<br />

und in die verkehrsfernen Wörter und<br />

Begriffe. Es ist dies eine Einteilung, die sich aus<br />

dem praktischen Leben ergibt und nicht am<br />

Schreibtisch konstruiert worden ist. Die Heimat<br />

der volksfremden Wörter ist die Hochsprache, die<br />

der verkehrsgebundenen Wörter ist die Verkehrs-<br />

1*<br />

Einltg. 8—11<br />

mundart; nur die Heimat der verkehrsfernen und<br />

besonders der verkehrsfremden Wörter bleibt seit<br />

jeher die Bauernmundart. Hinter diesen Gruppierungen<br />

steht also letzten En<strong>des</strong> die soziologische<br />

Gliederung <strong>des</strong> menschlichen Lebens. Für uns genügt<br />

eine starke Vereinfachung. Wir lassen die<br />

volksfremden Wörter beiseite, da sie der echten<br />

Mundart fehlen. Die verkehrsgebundenen und die<br />

verkehrsnahen Ausdrücke fassen wir als Verkehrswörter,<br />

die verkehrsfernen und verkehrsfremden<br />

Ausdrücke als Bauernwörter zusammen, so daß<br />

wir fernerhin statt fünf nur mehr zwei zudem<br />

gegensätzliche Gruppen vor uns haben. Diese<br />

neuartige Wortsoziologie bedeutet nicht allein für<br />

die Wortkunde, sie bedeutet auch für die Lautlehre<br />

einen Fortschritt.<br />

Da unsere Verkehrswörter teils aus der Verkehrssprache,<br />

teils aus der Verkehrsmundart entlehnt<br />

wurden, sind sie kein echtmundartliches Erbgut<br />

mehr und entstammen der Sprechweise gesellschaftlich<br />

höher gewerteter Sozialschichten.<br />

Diese fremde Herkunft kommt aber nur in schriftsprachefernen<br />

Dialekten, z. B. im Kärntner Slowenischen,<br />

<strong>des</strong>sen Träger daheim slowenisch, im<br />

Verkehr nach außen aber deutsch sprechen, deutlich<br />

zum Ausdruck. Im Kärntner Slowenischen<br />

treten daher für die alten Verkehrsbegriffe ausnahmslos<br />

Lehnwörter aus dem Kärntner Deutschen<br />

auf; in den übrigen schriftspraehefernen Dialekten<br />

in und um Österreich sind die Verkehrsbegriffe<br />

ebenfalls als Lehnwörter gekennzeichnet, etwa<br />

noch im Zimbrischen aus dem Italienischen, im<br />

Resianer Slowenischen aus dem Friaulischen und<br />

Italienischen usw. Hingegen sind in diesen schriftsprachefernen<br />

Dialekten die Bauernbegriffe immer<br />

und ausnahmslos echtes Erbgut. In den deutschen<br />

Binnenmundarten ist diese strenge Trennung<br />

zwischen Verkehrs- und Bauernwörtern großenteils<br />

unmöglich. Die Lehnwörter aus der eigenen<br />

Hoch- und Verkehrssprache in die Mundarten<br />

werden gewöhnlich nach den heimischen Lautgesetzen<br />

so gut vermundartlicht, daß ihr Lehnwortcharakter<br />

verdeckt wird. Als z. B. in Österreich<br />

im Jahre 1924 mit einer neuen Währung die<br />

neuen Ausdrücke Schilling und Groschen aufgekommen<br />

waren, hat man etwa in Kärnten diese<br />

Wörter als sllin und grösn sofort so gut in die<br />

heimische Mundartlautgebung eingefügt, daß sie<br />

lautlich den alten Erbwörtern aufs Haar gleichen,<br />

nur im Kärntner Slowenischen erkennt man s'ding<br />

und grösn sofort als Lehngut, weil diesmal die<br />

Fremdsprache mitspielt. Soweit man auch im<br />

Binnenland die Verkehrswörter an ihrer Lautgestalt<br />

erkennt, führen ihre lautlichen Auffälligkeiten<br />

ausnahmslos in die Verkehrsmundart und<br />

in die Verkehrssprache.<br />

11. Geht es um das Urteil darüber, ob ein Wort<br />

mit abwegigem Lautstand bodenständig oder entlehnt<br />

ist, so dürfen wir von unserer neuen Wortsoziologie<br />

sichere Auskunft erwarten. Wenn etwa<br />

im größten Teil von Niederösterreich für mhd. ei<br />

z. 13. in brynd (breit), hQm (heiß) der bäuerliche<br />

Zwielaut QD die Regel ist, in mäßl, maßßl ,,Meißel"<br />

für dasselbe ei jedoch ausnahmsweise der wienerische<br />

Monophthong ä vorkommt, so ist mäßl ein<br />

Verkehrslehnwort. Daß dies richtig ist, ersieht man<br />

nicht nur an der fabriksmäßigen Erzeugung unseres<br />

Werkzeugs und an seinem Verkauf in den<br />

städtischen Eisenhandlungen, sondern auch an<br />

kärnt.-slowen. mäsl aus kämt.-deutschem mäsl,<br />

am zimbrischen ßkarpfcl (Meißel) aus vonezian.<br />

scarpcl(lo), an resian. -slowen. Skarpil (Meißel) aus<br />

friaul. Skarpfäl als Lehnwörter aus der fremden<br />

Verkehrssprache. Wenn dagegen im südlichen


Einltg. 11—13<br />

Waldviertel für mhd. uo regelmäßig, z. B. in hüvd<br />

(Hut), blüvd (Blut), JÜDS (Fuß) usw., ur> erscheint,<br />

in ghuiffv (Schlittenkufe) aber ausnahmsweise ui,<br />

so ist hier Kufe kein Verkehrswort. Erstens, weil<br />

in den schriftsprachefernen Dialekten überall Erbwörter<br />

auftreten, z. B. im Kärntner slowen.<br />

krivina, im Zimbrischen kxüffa usw., zweitens<br />

weil die Schlittenkufen der Dorfwagner und nicht<br />

die städtische Fabrik erzeugt und sie bis vor<br />

wenigen Jahrhunderten die Bauern selbst machen<br />

konnten. Der Meißel ist ein Verkehrs-, die Schlittenkufe<br />

ein Bauernwort. Vielmehr ist im südwaldviertlerischen<br />

ui <strong>des</strong> Wortes ghuiffv die Restform<br />

eines älteren Lautstan<strong>des</strong> erhalten geblieben,<br />

jenes ui, das man fürs südliche Waldviertel auch<br />

urkundlich und auf anderen Wegen (s. Einltg. 51)<br />

für frühere Jahrhunderte nachweisen kann. Weitere<br />

Restformen findet man z. B. § 20 g 7.<br />

12. Das zweite Maß menschlichen Lebens ist<br />

die Zeit. Wenn man sich die vorhin geschilderten<br />

Beobachtungen am altertümlichen Lautstand bei<br />

Rückwanderern, die jahrzehntelang von der Heimat<br />

abwesend gewesen waren, noch einmal vergegenwärtigt,<br />

so gewinnt man einen Maßstab dafür,<br />

wie sich verhältnismäßig rasch die Heimatmundart<br />

unter verkehrsmundartlichen Einsickerungen umbildet.<br />

Weiß doch jeder Einheimische, daß seine<br />

Großeltern und deren Altersgenossen im Heimatort<br />

nicht gerade selten andere, altertümlichere<br />

Formen und Ausdrücke gebraucht hatten, als sie<br />

die eigenen Altersgenossen verwenden. Immer und<br />

überall kommt Altes langsam ab und wird durch<br />

Neues, Moderneres ersetzt; heute mehr denn je.<br />

Noch älter sind jene Formen, an die sich auch<br />

unsere Großeltern nur noch aus ihrer Jugendzeit<br />

erinnern, die Erinnerungsformen.<br />

Denken wir uns diesen Abstand zwischen zwei<br />

Generationen nur zweidutzendmal vergrößert, so<br />

gelangen wir in die althochdeutsche Sprachperiode<br />

um 800, denn es beträgt der Zeitabstand zwischen<br />

800 und 1950 1150 Jahre, das sind tatsächlich 23<br />

Doppelgenerationen. Setzen wir, an und für sich<br />

ein Unding, voraus, daß das Tempo der Sprachveränderung<br />

immer gleich schnell blieb. Innerhalb<br />

dieses mehr als tausendjährigen Zeitraumes ist<br />

so der Abstand vom Großvater zum Enkel kein<br />

unbeachtlicher Teilabschnitt mehr. Dessenungeachtet<br />

ist für uns das Althochdeutsche zur Fremdsprache<br />

geworden, zu einer Sprache, die wir, wenn<br />

wir sie richtig verstehen wollen, wie eine Fremdsprache<br />

eigens lernen müssen!<br />

Der Abschnitt eigenen Miterlebens bildet den<br />

letzten Ausläufer einer langen Kette ununterbrochener<br />

Lautumgestaltungen. Für uns ist er<br />

der wertvollste Abschnitt der langen Entwicklungsreihe.<br />

Nur bei ihm können wir am wirklichen<br />

Leben beobachten, nach welchen Grundsätzen sich<br />

tatsächlich die Sprache umgestaltet. Es kann hier<br />

nicht oft genug wiederholt werden: Die Prinzipien<br />

<strong>des</strong> Sprachlebens, der Sprachbiologie, sind konstant.<br />

Veränderlich ist die äußere Formgebung im<br />

Sinne verschiedener Kombinationsmöglichkeiten<br />

der Maße: Gesellschaft, Zeit, Raum und fremde<br />

Einsickerungen. Auch diese äußeren Umstände<br />

halten sich bei uns wiederum an feste Grundgesetze.<br />

Erst das moderne Sprachleben gewährt<br />

uns den richtigen Einblick in alle diese Richtlinien<br />

der Sprach- und der Lautentwicklung.<br />

Die Mundart unserer Großeltern, die Altersmundart,<br />

enthält ältere Elemente als unsere<br />

Sprechweise, diese natürlich wieder ältere als die<br />

unserer Kinder und unserer Kin<strong>des</strong>kindor. So gesehen,<br />

ist die Lautgeschichte die Gesamtsumme<br />

aller Veränderungen, beurteilt im Sinne jener<br />

kleinen Veränderungen, wie sie uns die Gegenwart<br />

zur Überprüfung vorlegt.<br />

13. Den ersten Blick in die tiefere Vergangenheit<br />

gestatten uns in lokalen Belangen bereits die Restformen<br />

der schriftsprachefernen Bauernwörter; in<br />

größerem Umfang betreiben wir Lautgeschichte<br />

mit Hilfe unserer vier sprachgeschichtlichen Quellen,<br />

der Mundarten in den alten Bauernsprachinseln,<br />

der Lehnwörter in den Fremdsprachen, der<br />

alten Dichtersprache mit ihren mundartgebundenen<br />

Reimen und der Urkundensprache. Jede einzelne<br />

Quelle wird erst brauchbar, nachdem ihr<br />

Gut vorher je nach ihrer Art einer besonderen<br />

Kritik unterzogen worden ist. Über die kritische<br />

Prüfung der Sprachinselmundarten wird Einltg. 30,<br />

über die der Lehnwörter 34, über die Prüfung der<br />

Dichter- und Urkundensprache 47 jeweils in anderem<br />

Zusammenhang gehandelt werden. Auf solche<br />

Weise ergibt sich jene wunderbare Konkordanz<br />

zwischen unseren vier Quellen, auf die schon im<br />

Vorw. 9 hingewiesen worden war. Bei diesem Verfahren<br />

darf eines nicht vergessen werden: Der<br />

mundartkundliche Lauthistoriker hat mit der mechanisch-statistischen<br />

Schematisierung <strong>des</strong> Gebrauchs<br />

von Buchstaben und Lautzeichen nicht<br />

alles gewonnen. Er muß über die toten Buchstaben<br />

hinaus bis zu den tatsächlichen Lautwerten, die<br />

mit den Buchstaben gemeint sind, vordringen; er<br />

darf sich nicht an die leeren Lautsymbole halten,<br />

er muß diese Symbole zum wirklichen Leben erwecken.<br />

Mancher Skeptiker wird vielleicht meine<br />

Forderung kopfschüttelnd ablehnen. Sichere Unterlagen<br />

hiefür bescheren vins in<strong>des</strong>sen bei richtigem<br />

Verständnis im Sinne Lessiaks gerade in Österreich<br />

die zwei lebendigen, die am Leben jederzeit<br />

überprüfbaren Quellen der alten Sprachinselmundarten<br />

und der Lehnwörter in den Fremdsprachen.<br />

Die älteste bairische Sprachinselmundart, das<br />

Zimbrische der Sieben Gemeinden, verfügt seit<br />

1600 sogar über eine eigene Schriftsprache. Sie ist<br />

in einigen Büchern, in vielen Flugschriften und in<br />

Grabinschriften überliefert. Es ist eine Schriftsprache,<br />

deren Rechtschreibung in vielen Dingen<br />

mit der mittelhochdeutschen Orthographie eng<br />

verwandt ist und die außerdem alle nach 1600 im<br />

Zimbrischen vollzogenen Lautveränderungen orthographisch<br />

getreulich wiedergibt. Aus ihrem<br />

Verhalten zum modernen zimbrischen Lautstand<br />

sowie aus jenen binnenmundartlich bedingten<br />

Rechtschreibfehlern, wie sie heute die Volksschüler<br />

der unteren Klassen bei uns begehen, erfährt<br />

man aus dem Leben das gleiche Verhältnis<br />

zwischen Laut und Schrift, wie es in der älteren<br />

bairischen Urkundensprache maßgebend war. Den<br />

wertvollsten Ertrag bringt uns die zimbrische<br />

Schriftsprache im besonderen durch ihre klare,<br />

eindeutige Aufhellung <strong>des</strong> Lautwertes der mittelund<br />

althochdeutschen Buchstaben vor allem bei<br />

den Zischlauten (s. § 32 a 2).<br />

Nicht überall erlaubt unsere kurze Darstellungsweiso<br />

der „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong>" ausdrückliche<br />

Hinweise auf die enge orthographische<br />

Verwandtschaft <strong>des</strong> Zimbrischen mit dem Mittel -<br />

und Althochdeutschen, immer aber schwebt in<br />

meinen kommenden Ausführungen, soweit es von<br />

Nutzen ist, hinter den lautgeschichtlichen Erörterungen<br />

als Schlüssel das Zimbrische.<br />

Bezüglich <strong>des</strong> Alters <strong>des</strong> bairischen Lautstan<strong>des</strong><br />

darf man im allgemeinen, wie schon im Vorwort<br />

angegeben wurde, sagen: Um 1100 bahnten sich<br />

im Bairischen die ersten Lautmerkmale der Unterdialekto<br />

an, um 1300 sind die Merkmale der Lan<strong>des</strong>dialekto<br />

und oft auch lokalere Lautungen fertig


ausgeprägt. Unser Lautstand ist sechseinhalb<br />

Jahrhunderte alt!<br />

14. Bei der Dialektgeographie ist von unseren<br />

vier Maßen menschlichen Lebens der Raum am<br />

wichtigsten. Die Verbreitung bestimmter mundartlicher<br />

Lautungen bleibt auch im Raum oft noch<br />

verbunden mit soziologischen und zeitlichen Momenten.<br />

Die Raumverhältnisse lassen sich nur<br />

dann sinnvoll auslegen, wenn wir die Wirkungen<br />

der Gesellschaftsgliederung und der zeitlichen<br />

Schichtung als Begleitumstände der räumlichen<br />

Lautentwicklungen schon kennengelernt haben.<br />

Es liegt uns fern, auf die vielen raumbedingenden<br />

Gegebenheiten, wie sie uns das dialektgeographische<br />

Fachschrifttum der Germanistik, der Romanistik<br />

und der Slawistik in den letzten fünfzig<br />

Jahren vor Augen geführt hat, ausführlich einzugehen.<br />

Das wäre Angelegenheit einer allgemeineren<br />

bairischen Dialektgeographie unabhängig<br />

vom Lautsystem. Für uns treten vor allem lautgeschichtliche<br />

Raumbildungen in den Vordergrund.<br />

Sehr bald lernt der bairische Dialektgeograph<br />

zwischen fortschrittlichen Verkehrslandschaften<br />

und konservativen Bauernlandschaften unterscheiden.<br />

Die Modernisierungsgebiete befinden<br />

sich im engeren Umkreis bedeutenderer Städte,<br />

entlang dicht besiedelter, leicht zugänglicher Verkehrsadern<br />

<strong>des</strong> Flachlan<strong>des</strong>, im Haupttal, in jungen<br />

Arbeitersiedlungen. Die Rückzugsgebiete und Restschollen<br />

liegen hingegen entfernt von den Städten,<br />

abseits von den großen Straßen <strong>des</strong> Flachlan<strong>des</strong>,<br />

abseits von den sommerfrischlerreichen Bahnlinien<br />

und von den Fabriken und im Gebirge vor<br />

allem in den Alpenhochtälern. Je höher die Landschaft<br />

überm Meeresspiegel liegt, <strong>des</strong>to altertümlicher<br />

sind ihre Sprachschichten. Schon im Vorwort<br />

6 wäre in diesem Zusammenhang auf die<br />

höchste Beharrsamkeit <strong>des</strong> Binnenlan<strong>des</strong> im ötztal<br />

und im Wallis hinzuweisen gewesen, weil sie gleichzeitig<br />

auch die höchstgelegenen Siedlungen beherbergen.<br />

Auch sonst stimmt diese „sprachgeologische"<br />

Regel der Altersschichtungen nach der Meereshöhe.<br />

Die wichtige Ausnahme, das gebirgige Salzkammergut<br />

mit dem jüngeren gu für mhd. 6 gegen das niedrigere<br />

Vöcklatal mit dem älteren f,o für mhd. öwird<br />

§ 16 b 6 soziologisch begründet werden.<br />

Unsere beharrsamsten Bauernlandschaften sind<br />

zugleich Rückzugs- und Restgebiete für die älteren,<br />

früher im ganzen Lande üblichen Zustände. Je<br />

weiter die Restschollen von der Hauptverkehrsachse<br />

entfernt sind, <strong>des</strong>to deutlicher tritt die<br />

sprachliche Konservativität hervor. Häufig sehen<br />

wir an den Rändern <strong>des</strong> neuerungsfreudigen<br />

Mittelbairischen der Isar-Donaustraßo sowohl im<br />

Norden, im Westen als im Süden Restschollen,<br />

denen ein älterer mittelbairischer Lautstand gemeinsam<br />

ist, auftauchen. In diesen Fällen beweist<br />

uns die Urkundenspracho meistens die einstmals<br />

allgemeine Verbreitung der jetzigen Randerscheinungen<br />

übers ganze Mittelbairische und über<br />

Wien und München. Diese gemeinsame Beharrsamkeit<br />

der mittelbairischen Ränder finden wir<br />

z. B. bei altmundartlichem ui statt jüngerem oi<br />

für mhd. iu (s. § 16 b und Karte 12), bei erhaltenem<br />

-A- statt jüngerem, vokalisiertem -i- für altes -lim<br />

Verkehrsgebiet (alt: Q?.t, jung: gid „alt"; s.<br />

§ 49 c 5 und Karte 26); bei altem, verzwielautetem<br />

ei und ou aus mhd. c und o an den Rändern gegen<br />

neues monophthongisches c und o im Verkehrsgebiet<br />

(s. 5 b 2 und Karte 5) und im Osten bei altem<br />

ui an den Rändern gegen neues wo im Verkehrsgebiet<br />

für mhd. uo (s. § 18 a 2 und Karte 15).<br />

15. Das altertümlichste Sprachgoprägo findet<br />

man natürlich in den bäuerlichen und vorwiegend<br />

Einltg. 13—15<br />

bäuerlichen Außengründungen <strong>des</strong> Hochmittelalters.<br />

In diesen Bauernsprachinseln gibt es, insoweit<br />

sie wie die Sieben Gemeinden, Zarz, Deutschruth<br />

und Zahre nach ihrer Gründung keinen engeren<br />

Kontakt mehr mit dem Binnenland aufrecht<br />

erhielten, nach der Abwanderung ins Fremdland<br />

nur noch zwei verändernde Triebkräfte, entweder<br />

das Nachwirken von Neigungen, die aus der Heimat<br />

mitgebracht worden waren, der Monogenese (s.<br />

Einltg. 29 und 30), und die Einflüsse der anderssprachigen<br />

Umgebung (s. Einltg. 24 und 36/37).<br />

Ziehen wir die Wirkungen dieser beiden Möglichkeiten<br />

ab, so werden die alten Bauernsprachinseln<br />

zu einem derart verläßlichen Auskunftsmittel<br />

für die mittelhochdeutschen Lauteigenheiten,<br />

wie man es sich besser auch bei großer Phantasie<br />

nicht wünschen könnte. Von den mannigfachen<br />

Modernisierungswellen, wie sie nachträglich<br />

<strong>des</strong> öfteren das Binnenland durchflutet und die<br />

Heimatmundarten dieser Inseln überall lautlich<br />

umgemodelt haben (s. auch Vorw. 11), hat unsere<br />

ältesten Außensiedlungen keine einzige erreicht.<br />

Vom Südbairischen aus wurden folgende für<br />

uns wichtige Sprachinseln gegründet: Um 1100 von<br />

Westtirol aus als „zimbrische" Muttergründung<br />

die Sieben Gemeinden in Italien; von den Sieben<br />

Gemeinden mit neuem Zuzug aus Tirol um 1200<br />

Folgaria und Lavarone, vim 1280, wahrscheinlich<br />

mit Zuzug aus dem tirolischen Lechtal, die Dreizehn<br />

Gemeinden, wo jetzt nur mehr das Pfarrdorf<br />

Ghiazza „zimbrisch" geblieben ist, und im 16. Jh.<br />

von Lavarone aus Luserna. Das sind die zimbrischen<br />

Inseln. Um 1200 wurden vom Pustertal aus<br />

Deutschruth und Zarz (beide in Jugoslawien) angelegt,<br />

Zarz allerdings mit einer Zwischenstation,<br />

da sein engeres Gebiet erst in der zweiten Hälfte<br />

<strong>des</strong> 13. Jhs. deutschsprachig kolonisiert worden ist.<br />

In Folgaria, Lavarone, Deutschruth und Zarz ist<br />

jetzt die deutsche Haussprache vermutlich schon<br />

ausgestorben. Ungefähr zwischen 1250 und 1320<br />

wanderten aus verschiedenen Tiroler Tälern Bauern<br />

ins Fersental bei Trient (Italien) ein. Um 1280<br />

tauchen die ältesten Zeugnisse für das jetzige<br />

Deutschtum in Zahre und Pladen, beide aus dem<br />

Pustertal besiedelt, und in Tischlwang, das wahrscheinlich<br />

aus dem Gailtal bestoßen wurde, auf.<br />

Sie liegen in Karnien (Italien). Pladen unterstand<br />

weiterhin einem leichten binnensprachlichen Einfluß;<br />

Tischlwang, unmittelbar unterm Plöckenpaß<br />

gelegen, blieb in ständiger Verbindung mit dem<br />

angrenzenden Kärnten und gebraucht ein merklich<br />

verwelschtes, etwas altertümeln<strong>des</strong> Gailtalerisch.<br />

Um 1325 wurde schließlich vom tirol.-kärntnerischen<br />

Grenzgebiet aus das große Bauernland Gottschee<br />

mit seiner gleichnamigen Hauptstadt kolonisiert.<br />

Gottschee wurde vor anderthalb Jahrzehnten<br />

ausgesiedelt. — Auch in einigen südbairischen<br />

Sprachzungen treffen wir auf altertümliche Sprechweisen,<br />

so vor allem auf dem sogenannten Reggelsberg<br />

östlich von Bozen; ferner etwas weiter südlich<br />

in Truden-Altrei; schließlich in der sogenannten<br />

Deutschgegend auf dem Nonsberg (it. Val di Non)<br />

südlich von Mcran mit ihren vier Dörfern Proveis,<br />

Sankt Felix, Maria im Walde und Laurein.<br />

Vom Mittelbairischen, von Nieder- und Oberösterreich<br />

und seiner Nachbarschaft, aus entstanden<br />

um 1200 die drei jetzt ausgesiedelten<br />

Außengründungen um Brunn, Wischau und Budweis;<br />

ihre städtischen Mittelpunkte waren schon<br />

vor Jahrzehnten tschechisiert. Weitere mittelbairischo<br />

Gründungen in der Slowakei und in<br />

Ungarn, wie Deutschproben, Kremnitz, Schemnitz,<br />

Göllnitz, Krickerhäu usw. und Deutschpilsen,<br />

sind zu stark mit mitteldeutschen Elementen<br />

durchsetzt, als daß wir sie als verläßliche


Einltg. 15—19<br />

Zeugen speziell bairischer Lautgeschichte in Anspruch<br />

nehmen dürften. Als Ersatz dafür springen<br />

in Südmähren die beiden höchst beharrsamen<br />

Sprachzungen Neubistritz-Neuhaus und Pohrlitz-<br />

Prahlitz in die Bresche. Auch diese Landstriche<br />

sind jetzt größtenteils ausgesiedelt.<br />

In den letzten Jahrzehnten vor 1200 begann<br />

langsam die Gründung der großen nordbairischen<br />

Insel Iglau mit ihrer gleichnamigen Hauptstadt.<br />

Der große Iglauer Kolonisationsschub erfolgte wohl<br />

um 1200. Die Roder kamen aus den nächstliegenden<br />

Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>.<br />

Die Zeit der Besiedlung unserer Außengründungen<br />

ließ sich teilweise aus Urkunden, teilweise an<br />

Hand <strong>des</strong> Lautstan<strong>des</strong> der ältesten Ortsnamenentlehnungen,<br />

die Herkunft der Siedler gleichfalls<br />

zum Teil durch Urkunden, zum Teil durch Vergleiche<br />

der Bauernwörter in den Sprachinselmundarten<br />

mit der Verbreitung derselben Ausdrücke<br />

im bairischen Binnenland festlegen. Über<br />

unbrauchbare Herkunftstheorien aus älterer Zeit<br />

s. Vorw. 11.<br />

16. Vorhin wurde darauf hingewiesen, daß die<br />

binnenländischen Lautgrenzen im großen und<br />

ganzen um 1300 ausgebildet gewesen waren. In<br />

anderen Dialektlandschaften, etwa im Westmitteldeutschen,<br />

sind die meisten jetzigen Lautgrenzen<br />

später und erst in der Neuzeit entstanden.<br />

Die Bewohnerschaft <strong>des</strong> bairischen <strong>Dialektraumes</strong><br />

gehörte bis vor wenigen Menschenaltern der Hauptsache<br />

nach dem Bauernstand an; mit dem Bauernstand<br />

ist immer auch eine starke Bodenständigkeit<br />

und ein hoher Grad der Beharrsamkeit verbunden.<br />

Bis vor zwei Menschenaltern waren die Städte<br />

dialektgeographisch eng begrenzte Inseln der<br />

Verkehrsmundart im großen Felde ,,grobmundartlicher"<br />

Landbevölkerung. Mit der alten Wiener<br />

Stadtgronze hörte z. B. noch um 1880 die Wiener<br />

Mundart sofort auf und wvirde im ersten Dorf vom<br />

Bauerndialekt abgelöst. Allerdings hat es schon<br />

früher Zeiten gegeben, zu denen gewisse städtische<br />

Lauteigenheiten die Stadtgrenzen durchbrachen<br />

und sich über das umliegende Land ergossen, wie<br />

wir weiter unten zeigen werden.<br />

Beweglicher bleiben die Lautgrenzen in und um<br />

Niederösterreich. In Niederösterroich wandern die<br />

Lautgrenzen vom Mittelpunkt, von Wien aus, rasch<br />

an die Peripherie <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Unser Bun<strong>des</strong>land<br />

ist eben das Vorgelände der großen Metropole Wien.<br />

Ein Beispiel für diese große Beweglichkeit der<br />

niederösterreichischen Lautgrenzen wird uns die<br />

Einltg. 51 in der Lautgeschichto <strong>des</strong> Ortsnamens<br />

Feuersbrnnn vorweisen.<br />

Gewisso Wortgrenzen erweisen sich übrigens<br />

bedeutend älter als unsere Lautgrenzen. Bei einigen<br />

schriftsprachefernen Bauernbegriffen reichen unsere<br />

Synonymengrenzen bis in die Karolingerzeit<br />

zurück. Unter günstigen Voraussetzungen vermag<br />

der Dialektforscher aus derartigen Synonymenkarten<br />

manchmal die karolingischen Gaugrenzen<br />

leichter herauszufinden als der Historiker, der ja<br />

diese Grenzen meistens erst Stück für Stück aus<br />

alten Urkunden rekonstruieren muß.<br />

Nicht immer standen im Bairischen die Lautgrenzen<br />

unverrückbar fest. Vor dem Ende <strong>des</strong><br />

Hochmittelalters, im 12. und 13. Jh., waren sie<br />

vielfach in reger Bewegung. Mehrere von ihnen<br />

veränderten sich ausnahmsweise bis in die frühe<br />

Neuzeit herein, einige wenige sind auch jetzt noch<br />

nicht erstarrt.<br />

17. Die große Bewegungsdynamik <strong>des</strong> bairischen<br />

Raumes wird durch die Isar-Donaustraße bestimmt.<br />

Nur ausnahmsweise verliert auch die<br />

Donaustraße ihre volle Durchschlagskraft. Es<br />

handelt sich um das Kerngebiet von Oberösterreich<br />

oder, wie man dieser Sonderstellung wegen auch<br />

sagen könnte, um die oberösterreichische Beharrsamkeitsbrücke.<br />

Diese verbindet öfter das altertümliche<br />

Südbairische mit dem gleichfalls konservativeren<br />

Nordbairischen, konservativ im Verhältnis<br />

zum Mittelbairischen. So wird Oberösterreich<br />

manchesmal in der Tat zu einer Art Brücke quer<br />

durchs Mittelbairische und zersprengt die mittelbairische<br />

Einheit in zwei Hälften. Beispiele dafür<br />

findet man im § 4 g 3 und auf Karte 6, im § 46 h 5<br />

und auf Karte 24. Diese auffällige Widerspenstigkeit<br />

liegt in einer Besonderheit der oberösterreichischen<br />

Soziologie begründet. Überall sonst<br />

bewundern die Bauern rückhaltlos das städtische<br />

Wesen und tun es dem Städter sprachlich möglichst<br />

nach. Die oberösterreichischen Bauern nehmen<br />

aber städtische Formen nur auf, soweit sie<br />

ihnen Nutzen bringen und sich als praktisch erweisen.<br />

Oberösterreich ist von altersher das Land<br />

der reichen und selbstbewußten Landwirte. Man<br />

sieht es an den mächtigen Vierkanthöfen, man<br />

erkennt es auch historisch an den großen Erfolgen<br />

der Bauernkriege gerade in Oberösterreich, mögen<br />

sie auch schließlich ob der Enns das gleiche harte<br />

Ende genommen haben wie anderswo. Noch heute<br />

hält der Traun- und Hausruckviertler Bauer unvergleichlich<br />

zäher an seiner althergebrachten<br />

Mundart fest, als dies der Bauer in Nieder- und<br />

Oberbayern oder gar in Niederösterreich tut.<br />

18. Außerhalb dieses Bun<strong>des</strong>lan<strong>des</strong> sind die<br />

alten und großen Städte der Herzlandschaft immer<br />

auch die Mittel- oder Eckpunkte <strong>des</strong> modernsten<br />

Bauerndialektes. In der Steiermark trifft das zu<br />

entlang der mittelsteirischen Verkehrsachse an der<br />

MUT mit ihren weiten Ebenen von Brück an über<br />

die Lan<strong>des</strong>hauptstadt Graz nach Wildon und<br />

Leibnitz; in Kärnten um das beherrschende Städtedreieck<br />

Sankt Veit als der alten, Klagenfurt als<br />

der neuen Lan<strong>des</strong>hauptstadt und Villach als dem<br />

wichtigsten Verkehrsknotenpunkt; in Südtirol um<br />

das Städtedreieck Meran als alter Fürstenresidenz,<br />

Bozen als Verkehrsknoten und Brixen als Bischofssitz<br />

; in Nordtirol an der Innstraße mit den Städten<br />

Innsbruck, Hall, Schwaz, Rattenberg und Kufstein;<br />

in Niederösterreich, Nieder- und Oberbayem<br />

an der städtereichen Isar-Donaustraße mit<br />

den Städten Hainburg, Wien, Klosterneuburg,<br />

Korneuburg, Tulln, Krems (und den abseitigeren<br />

Sankt Polten vind Amstetten); Passau, Vilshofen,<br />

Straubing, Landau und Landshut; Moosburg, Freising<br />

und München und in der Oberpfalz mit dem<br />

Viereck um die Naabstraße Weiden, Burglengenfeld,<br />

Regensburg und dem abseitigeren Amberg.<br />

In diesen politisch-kommerziellen Herzlandschaften<br />

vermochte tatsächlich dio enge Nachbarschaft der<br />

Städte in ihrem regen Verkehr untereinander die<br />

sprachlichen Fesseln der Weichbilder zeitenweise<br />

zu sprengen und der städtischen Sprechweise in<br />

maßgeblichen Dingen die dazwischen- und umliegenden<br />

Bauerndörfer zu erobern.<br />

19. Die stärksten Modernisierungswellen breiteten<br />

sich also entlang der genannten Isar-Donaustraße<br />

aus. Sie strahlten von dieser Verkehrsachse<br />

oft noch auf beiden Seiten nach Norden und Süden<br />

ins Nord- und Südbairische aus. In einigen Fällen<br />

sandte dio Donaustraße im Laufe der Jahrhunderte<br />

mehrere Wellen hintereinander für den gleichen<br />

Laut ins übrige Land. Unter anderem spielte sich<br />

das bei der Behandlung von mhd. ou und mhd. ü<br />

(s. § 21 a und Karte 17) ab. Zuerst, ugf. um 1200,<br />

wurde an der Donau mhd. ou zu mundartl. ä<br />

monophthongiert, mhd. ü aber zu mundartl. ou, au


diphthongiert. Dieser Lautstand wanderte rasch<br />

ins Südbairische und gelangte nordwärts bis in<br />

die mittel- und nordbair. Sprachinseln und blieb<br />

überall bis jetzt in periphersten Schollengebieten<br />

erhalten. Der zweite Zustand gestaltete auch das<br />

neue au zum mundartlichen ä um, das nunmehr<br />

mit dem ä aus mhd. ou gleich wurde; das geschah<br />

in Wien gegen 1250. Er ist in der zweiten, nächstinneren<br />

Stufenlandschaft, in Südmähren und im<br />

Nordbairischen, erhalten geblieben. Die dritte und<br />

letzte Wiener und Donauländer Neuerung bemüht<br />

sich, das ä gleichgültig welcher Herkunft durch<br />

das verkehrssprachliche au zu ersetzen. Dieser<br />

neueste Zustand beherrscht noch jetzt die Donaustraße<br />

und erstreckt sich von Ingolstadt bis Preßburg.<br />

Die Ausbreitung liegt mithin, von der Donaustraße<br />

aus gerechnet, je früher ein Lautstand<br />

begann und die Welle ausgesandt wurde, <strong>des</strong>to weiter<br />

draußen an der Peripherie. Die jüngste Welle<br />

bleibt als innerer Kern an der Donau selbst hängen.<br />

Oft ergibt sich dabei ein Symmetriebild zu beiden<br />

Seiten der Donau. So nach § 29 e und Karte 19<br />

beim stufenweisen Zunehmen der Häufigkeit von<br />

g- für die Vorsilbe ge-, je näher wir diesem Strom<br />

kommen. Ähnliche Symmetrielandschaften um die<br />

Donau finden wir in den altertümlichen Randlandschaften<br />

<strong>des</strong> Mittelbairischen; darüber s.<br />

Einltg. 14.<br />

für mhd. hütte, rocke mit Rundung;<br />

südalem. h%ttv, rökxl<br />

schwäb. hittD, rekx entrundet;<br />

bair. hittn, rekx;<br />

Gelegentlich wurde der symmetrische Aufbau<br />

durch äußere Einwirkungen zerstört. Unter den<br />

Stufenlandschaften in der Entwicklung <strong>des</strong> spätahd.<br />

fcc/i-Lautes zu g (s. § 38 und Karte 21) ist<br />

die <strong>des</strong> Behauchungsverlustes am markantesten.<br />

Bei ihm besteht aber die Donau-Symmetrie nur<br />

im bairischen Osten. Im Westen wurde sie beseitigt,<br />

weil gleichzeitig mit dem Mittelbairischen<br />

auch im Ostfränk.-Zentralmitteldeutschen die Behauchung<br />

aufgegeben wurde. Die einstige nordbairische<br />

Behauchungsscholle konnte sonach von<br />

zwei Seiten zugleich in die Zange genommen werden,<br />

bis sie vernichtet war.<br />

20. Die mittelbairischen Neuerungen breiteten<br />

sich oft in Form von Frontalwellen über den nordund<br />

den südbairischen Flügel der Isar-Donaustraße<br />

aus; dabei ist die Frontlinie der Einzelwelle<br />

gelegentlich bald in der Ebene und an wichtigen<br />

Straßen vorgeprescht und hat sich keilförmig<br />

ausgeweitet, bald ist sie an verkehrshindernden<br />

Barrieren länger hängen geblieben und<br />

eingebuchtet worden und hat schließlich ausgesprochen<br />

verkehrsfeindlicho Stellen als Restschollen<br />

stehen gelassen, wie das eben alles bei<br />

dialektgeschichtlichen Auswellungen vorkommt.<br />

Aber auch dieses allgemeine Bild der Wellenbewegungen<br />

duldet Ausnahmen. Der Gebrauch der<br />

Stadt- und Verkehrsmundart ist auf dem Lande<br />

gesellschaftlich gebunden. Es kommt vor, daß verkehrssprachlicho<br />

Eigentümlichkeiten der Frontalwelle<br />

im Raum weit vorausspringen und weiter<br />

draußen vorerst nur verkehrssprachlicho Zentren,<br />

vor allem die Städte, erfassen. Mitzka nannte<br />

diese Sondererscheinung die punktuelle Überspringung.<br />

Das Hindernis der oberösterreichischen<br />

Beharrsamkeitsbrücke ist durch solche punktuelle<br />

Überspringungen von Niederösterreich nach Altbayern<br />

(Nieder- und Oberbayern) überwunden<br />

worden. Ein vortreffliches Beispiel ist die verkehrsund<br />

stadtsprachliche Überspringung der Frontalwello<br />

beim mittelbairischen c für mhd. (geläng-<br />

Einltg. 19—22<br />

tes) e (s. § 3 e 2 und Karte 3). Die Ausbreitung <strong>des</strong><br />

mittelbair. e-Lautes bildet zwar an der Isar-<br />

Donaustraße mit der Steiermark und dem Burgenland<br />

einen einheitlichen Raum. Die beiden Städtedreiecke<br />

in Südtirol und in Kärnten sind jedoch<br />

unabhängig davon zwei abgesonderte Inseln mit<br />

e und sicherlich Folgen punktueller Verpflanzungen.<br />

21. Da nun der Dialektgeograph weiß, welche<br />

Landschaften konservativ und welche modern<br />

sind, vermag er in Zweifelsfällen daraus Nutzen zu<br />

ziehen. Für ihn projizieren sich die zeitlichen Aufeinanderfolgen<br />

in den Raum, so daß er aus dem<br />

Raum wieder die Lautgeschichte herausliest. Der<br />

Selbstlautstand der Stammsilben ist erfahrungsgemäß<br />

im Südalemannischen, z. B. im südlichen<br />

Vorarlberg, dem Althochdeutschen am nächsten<br />

geblieben. Es hat auf weiten Strecken die Umlautrundung,<br />

es hat meistens die alten Kurzvokale und<br />

das unverdumpfte mhd. a bewahrt. Das Schwäbische<br />

ist, z. B. im Süden <strong>des</strong> bayrischen Regierungskreises<br />

Schwaben, etwas moderner. Es entrundet<br />

die Umlaute, es dehnt die Kurzvokale,<br />

verharrt aber noch am unverdumpften mhd. a.<br />

Das Bairische ist in diesem Kreis um den Allgäu,<br />

etwa in Tirol, am modernsten. Es entrundet und<br />

dehnt nicht nur, sondern es verdumpft auch noch<br />

das mhd. a zu mundartlichem o. Mithin stehen<br />

einander drei Altersstufen gegenüber:<br />

reden, oven mit Kürze; hasen, gazze mit a<br />

redv, ofo; hasv, gaßßa;<br />

redv, ö/o gedehnt; hasD, gaßßn;<br />

redn, öfn; hQsn, goßßn verdumpft.<br />

Wenn nun auch für ahd. i und u im Südalemannischen<br />

in alter Weise monophthongisches i<br />

und ü in wlb (Weib), hüs (Haus) usw. erhalten<br />

geblieben, im Bairischen in waib, haus schon voller<br />

Diphthong da ist, so klärt uns das Schwäbische<br />

in seiner Mittlerstelle mit den Lautungen ivdib,<br />

hdus darüber auf, welchen Weg die bairische Verzwielautung<br />

eingeschlagen hatte. Sie hat von %<br />

(und \i) über dieses 9i und ei zu ai und von ü<br />

(und iiu) über au und ou zu au geführt! Dabei<br />

haben wir nunmehr umgekehrt die räumlichen<br />

Schichten in die Zeit zurückproji/.iert. Wir haben<br />

mit Hilfe <strong>des</strong> Schwäbischen fürs Bairische eine<br />

überzeugende Entwicklungsreihe gewonnen. Die<br />

Raumbilder erlauben lauthistorische Reihungen.<br />

Die allgemeine Erkenntnis, daß sich in den<br />

Bauernsprachinseln die ältesten Laut formen erhalten<br />

haben, berechtigt uns im besonderen mit<br />

erneutem Nachdruck dazu, die Lautungen der<br />

bäuerlichen Außenmundarten als älteste Vorstufen<br />

<strong>des</strong> modernen binnenländischen Lautstan<strong>des</strong><br />

anzusetzen.<br />

22. An der Grenze zwischen zwei Dialekten<br />

entstehen manchesmal Überschichtungen, die man<br />

in ein festes System bringen kann. Der Fachmann<br />

weiß seit den Untersuchungen Bohnenbergers,<br />

daß es aktive, man könnte sagen, präpotente<br />

Dialekte gibt, die sich im Räume ausbreiten, und<br />

passive Dialekte, bescheidene Sprechweisen, die<br />

von ihren Trägern vor den Fremden möglichst<br />

verborgen werden und bei geringein Anstoß dein<br />

nachbarlichen Angriff nachgeben. Dabei wird der<br />

aktive Dialekt immer gesellschaftlieh als der<br />

bessere, der passive Dialekt immer als der mindere<br />

bewertet; ob mit Recht, bleibt dahingestellt. Es<br />

herrscht annähernd das gleiche Werturteil, das<br />

die Verkehrsmundart der Bauernmundart gegenüber<br />

überschätzt.<br />

Nicht zu allen Zeiten bleibt dieses gesellschaftliche<br />

Werturteil über zwei Naehbardiiilekte gleich.<br />

Es richtet sich gewöhnlich nach dem Steigen und


Einltg. 22—25<br />

Fallen der politischen Vormacht hüben und drüben.<br />

Eine solche Unbeständigkeit herrschte einstens am<br />

Arlberg, der wichtigsten und schärfsten Dialektgrenze<br />

Österreichs. Bis ugf. um 1050 war nach<br />

Einltg. 23 an der Arlberggrenze das Bairische dem<br />

benachbarten Alemannischen gegenüber gleichwertig.<br />

Als sich gegen 1100 auf dem bairischen<br />

Sprachboden Westtirols immer mehr alemannische<br />

Grundherrschaften aus dem Allgäu festgesetzt<br />

hatten und als damit die alemannische Sprechweise<br />

vielfach Ausdrucksform der Oberschicht geworden<br />

war, schätzte man in Westtirol sicherlich<br />

das Alemannische höher ein als die bairische<br />

Heimatmundart. Die Folgen blieben nicht aus.<br />

Die alemannischen Restformen, die aus dieser Zeit<br />

bis heute nachwirken, etwa der Schwund auslautender<br />

-r nach Langvokal (s. § 50 f 2), der allgemeine<br />

Wandel <strong>des</strong> silbischen -n zu -o in hgsv<br />

(Hasen) gegen bair. IIQSU (s. § 46 h 1 und Karte 17),<br />

die alem. Restformen nummv (nimmer), nui(x)t(ß)<br />

(nichts), kx^t (gehabt), niarw (nirgends) usw. auf<br />

Westtiroler Boden und der alem. Wandel von mhd.<br />

ou zu mundartl. ö (Q, öu, o) gegen bair. ä (s. § 21 b<br />

und Karte 17) sind beredte Zeugen; man vergleiche<br />

dazu bair. nimmzr, nixt oder nikß, kxQ(p)t,<br />

nindrst (nirgends). Dabei fällt auf, daß sich die<br />

meisten Westtiroler Alemannismen auf denjenigen<br />

Wortschatz der fließenden Rede, der weniger stark<br />

ins Ohr fällt, konzentrieren und abgesehen von der<br />

gliederarmen mhd. ott-Reihe in akzenttragenden<br />

Sinnwörtern und ihren Stammsilben kaum vorkommen.<br />

Die westlichen Einsickerungen sind in<br />

ihren bescheidenen Positionen nur vergessen worden.<br />

Als nämlich um die Mitte <strong>des</strong> 13. Jhs. die<br />

Grafen von Tirol die alem. Grundherrschaften aus<br />

Tirol wieder hinausdrängten, kam sich das altvererbte<br />

Bairisch wieder als das bessere vor. An<br />

Stelle der Alemannisierungswelle trat nunmehr als<br />

Gegenstoß die rückläufige Wiederverbaierung Westtirols.<br />

Nur in gliederarmen Reihen, in wenig ohrenfälligen<br />

Formwörtern und in Nebensilben ließ man<br />

einzelne Alemannismen weiterhin stehen.<br />

23. Diese Wiederverbaierung schoß gelegentlich<br />

über ihr Ziel hinaus. Als man die alem. ^-Lautungen<br />

für mhd. ä und ä in r§dl{ (Rädlein), w%go (Wagen,<br />

plur.), ßqr (Schere) durch bair. a ersetzte und<br />

daravis rädln, WÜQD, ßär machte, tat man offenbar<br />

<strong>des</strong> Guten zuviel und formte in Westtirol auch die<br />

Lautgruppen -cl- und -er- aus mhd. -el- und -erüber<br />

die bair. Lautverhältnisse hinaus zu -al- und<br />

-ar- mit dem a-Laut um (s. § 2 g 4/5 und Karte 4).<br />

Ähnliche Überschichtungen wie in Westtirol<br />

treffen wir im westlichen Oberbayern am Lechrain<br />

und im Staudengebiet.<br />

Spuren von Restformen und Überbildungen auf<br />

Grund ostmitteldeutscher, vor allem schlesischer,<br />

Einsickerungen treffen wir im Osten, in Südmähren,<br />

im östlichen Niederösterreich und im nördlichen<br />

Burgenland. Belege dafür bieten u. a. die<br />

§§ 2 g 5 und 39 c 2/3. Auch hier sind die außerbairischen<br />

Elemente erst nachträglich dazugekommen,<br />

hier oft viel später als in Tirol. Sie<br />

dürften großenteils zusammenhängen mit der<br />

Massenflucht österreichischer Patrioten zur Zeit<br />

Maria Theresias aus dem preußisch gewordenen<br />

Schlesien. Etliches davon ist allerdings älter.<br />

24. Gelegentlich bildeten sich an der Dialektgrenze<br />

sogenannte Grenzversteifungen. Es sind<br />

teils Erstarrungen einstmals gemeinbairischer Charakteristika,<br />

teils Übertreibungen, bei denen ein<br />

bairisches Lautmerkmal an seiner Außengrenze<br />

lautwidrig auf weitere Wörter übergriff. In althochdeutscher<br />

Zeit, zwischen 770 und 1050, war<br />

speziell im Bairischen inlauten<strong>des</strong> german. -b- zu<br />

8<br />

-p- verändert; nachher wurde es auch im Bairischen<br />

zu jenem -b-, das in den Nachbardialekten<br />

immer vorhanden gewesen war (s. § 27 a 4). Aus<br />

dieser ahd. Zeit, während -p- eine bairische Merkwürdigkeit<br />

gewesen war, blieb in Westtirol, an der<br />

Grenze gegen das Alemannische, und nur hier, in<br />

etlichen Bauernwörtern das ahd.-bair. -p- bis<br />

heute bewahrt (s. § 27 b). Diese trotzige Versteifung<br />

hält in der Tat an der Grenze ein altes Dialektmerkmal<br />

fest. Die andere Art sehen wir beim<br />

silbischen bairischen -n in hQsn (Hasen), redn<br />

(reden). Dafür steht im Alemannischen allgemeines<br />

-v {häsn, redv), im Ostfränkischen immerhin nach<br />

Vokal -Ö (bli-v „blühen", raiv „reuen"). In Zeitwörtern<br />

wie mähen, drehen mußte dieses Infinitiv-«,<br />

im größten Teil <strong>des</strong> Bairischen lautgesetzlich<br />

„vernäselt" werden (mä n , drä n , vgl. hl n „hin" usw.);<br />

es ist aber, da es im benachbarten Alemannischen<br />

(z. B. me(i)ri) und im Fränkischen (me-v) -r> hat,<br />

gewissermaßen in trotziger Opposition, zu „hyperbairischem"<br />

-n verbogen worden (man), und zwar<br />

in einem tiefen, zusammenhängenden Grenzgürtel<br />

(s. § 46 h 9). Es sind diese Grenzversteifungen<br />

anders zu werten als die „falschen Verbairungen"<br />

Einltg. 23.<br />

Übrigens ließ sich das Gefüge der Grenzversteifungen<br />

gleich dem Wesen der Wortsoziologie<br />

zuerst im Rahmen polyglotter Grenzlandforschung<br />

genauer erfassen. Beide Errungenschaften der<br />

Grenzlandkunde kann man mit Erfolg auf die<br />

binnensprachlichen Dialektverhältnisse anwenden.<br />

24 a. Den letzten äußeren Faktor im Dialektund<br />

Lautleben bilden fremdsprachige Einflüsse.<br />

Ausführlich kommen wir auf ihre drei Arten, auf<br />

das Substrat, auf das Superstrat und auf das<br />

Infiltrat, in unserer Einleitung 36 bis 38 zu sprechen.<br />

Schon hier sei ausdrücklich hervorgehoben,<br />

daß das reihenweise Einsickern fremdsprachiger<br />

Laute in deutsche Mundarten stets kleinräumig<br />

bleibt. Nur in exponierten Sprachinseln und in<br />

gemischten Grenzlandschaften wird z. B. in welscher<br />

und slawischer Weise unser w-Laut durch<br />

den stimmhaften Versohlußlaut b ersetzt und<br />

baibzr (Weiber), bqßßdr (Wasser) statt binnenländischem<br />

waiu&r, WQßßdr gebraucht (s. § 25 a 5).<br />

Weitere Lautslawismen finden wir z. B. in den<br />

§§ 24 a 5 und 32 b 1 Fußn., weitere Lautromanismen<br />

in den §§ 17 a 7 und 24.<br />

25. Unsere vier Faktoren, Gesellschaft, Zeit,<br />

Raum und fremdsprachige Einflüsse, sind nur die<br />

äußeren Begleitumstände der Lautveränderungen;<br />

sie sind die Umstände, welche die Ausbreitung<br />

neuer Sprachformen bald begünstigen, bald hemmen,<br />

bald ganz unterdrücken. Es tragen manchesmal<br />

die neuerungsbereite Jugend und das modefreudigo<br />

Städtertum, manchesmal das bedachte,<br />

konservative Alter und das beharrsame Bauerntum<br />

den Sieg davon. Den Kern aller Veränderungen<br />

bilden innere Triebkräfte <strong>des</strong> Lebens und der<br />

Sprache. Darüber gibt es so wenig brauchbares<br />

Schrifttum, daß wir vieles genauer behandeln, als<br />

es in der Einleitung bisher der Fall gewesen war.<br />

Auch diese Triebkräfte lassen sich ähnlich wie die<br />

Begleitumstände deutlich gruppieren und nach<br />

Gesetzmäßigkeiten zusammenfassen.<br />

Bei den Lautvoränderungen sind unter diesen<br />

Triebkräften zwei Gruppen von Vorgängen schärfer<br />

zu unterscheiden. Es sind entweder naturgewachseno<br />

und mehr triebhafte Vorgänge; sie gehen<br />

automatisch vor sich; von ihnen weiß ihre Trägerschaft,<br />

die Sprach- oder Mundartgemeinschaft<br />

selbst, nichts; oder es sind absichtlich und bewußt<br />

herbeigeführte Veränderungen, über die jedermann<br />

Auskunft geben kann und die nicht mehr unmittel-


ar triebhaft sind, sondern aus soziologisch gebundenen<br />

Werturteilen und aus überlegten Konsequenzen<br />

ab u. zu entspringen. Bei den triebhaften<br />

Vorgängen unterscheiden wir hier wieder drei<br />

Arten, einen einfachen und zwei kombinierte Prozesse,<br />

während es bei den bewußten Vorgängen nur<br />

eine Art gibt, den Lautersatz. Unter den triebhaften<br />

Veränderungen besteht also erstens der<br />

einfache Lautwandel, der, wie wir später genauer<br />

sehen werden, in der Tat ganz unbeeinflußt vor<br />

sich geht. Zweitens die Reihenausweichung; sie<br />

bringt das unbewußte Bestreben zur Geltung,<br />

zwei Phoneme (Lautvorstellungen), die aus triebhaften<br />

Umgestaltungen heraus im Begriffe sind,<br />

einander gleich zu werden und zusammenzufallen,<br />

doch noch tunlichst auseinanderzuhalten. Drittens<br />

die Aufsaugung gliederarmer Reihen: ein Phonem,<br />

das nur selten vorkommt, läßt man unbewußt<br />

von einem anderen, häufigeren absorbieren; es<br />

versickert. Anders zu beurteilen ist wie gesagt der<br />

Lautersatz in seiner Bewußtheit.<br />

Der Lautwandel geht, da er unbewußt bleibt,<br />

gesetzmäßig vor sich und duldet keine Ausnahmen<br />

1 ); dasselbe Merkmal <strong>des</strong> Unbewußten und<br />

Ausnahmslosen haftet der Reihenausweichung und<br />

der Aufsaugung gliederarmer Reihen an. Demgegenüber<br />

begeht der Ersatz wie alles menschliche<br />

Denken Irrtümer und läßt in Schriftsprachefernen<br />

Bauernwörtern Restformen zurück, er<br />

öffnet fehlerhaften Umreihungen als falschen<br />

Über- und Rückbildungen und als Mischformen 2 )<br />

Tür und Tor; das sind lauter Dinge, die bei den<br />

anderen drei Arten von Lautumbildungen nicht<br />

nachzuweisen sind. Der einstige Streit darüber, ob<br />

es feste Lautgesetze gibt oder nicht, beruhte, wie<br />

mir scheint, im einen Lager auf einer einseitigen<br />

Überbewertung <strong>des</strong> gesetzmäßigen Lautwandels,<br />

im anderen, gegnerischen Lager, auf einer ungerechten<br />

Überschätzung <strong>des</strong> Lautersatzes mit seinen<br />

Irrtümern und Fehlern. Recht hatten in gewissem<br />

Sinne beide Parteien. Das Wesen aller vier Arten<br />

von Lautwandlungen können wir gründlich nur<br />

am jederzeit überprüfbaren modernen Sprachleben<br />

beobachten.<br />

26. Beim Beweis dafür, daß die Kennzeichen <strong>des</strong><br />

Lautwandels, Unbewußtheit und Ausnahmslosigkeit,<br />

tatsächlich vorhanden sind, müssen wir sehr<br />

ausführlich werden und haben auf Kleinigkeiten<br />

einzugehen, wie sie die Dialektkunde sonst für<br />

gewöhnlich nicht eigens erwähnt. Der Wandel als<br />

Ganzes setzt sich stets aus kleinsten, kontinuierlichen<br />

Teilschrittchen innerhalb der Umgestaltung,<br />

aus einem mikroskopisch kleinen Weiterschreiten<br />

von Lautschattierung zu Lautschattierung, zusammen.<br />

In Wien sprechen die Einheimischen über<br />

55 Jahre in der Regel dio alten Zwielauto ai und<br />

au oder phonetisch genauer äe und do, die jüngeren<br />

Einheimischen aber dio Monophthonge ä und d<br />

(vgl. § 13 d l) 3 ). Genauer besehen gibt es aber in<br />

*) Abgesehen natürlich von lautkombinatorischen<br />

Sondergesetzen mit ihren neuen Regeln. Diese darf<br />

man nicht als Einwand gegen dio allgemeine<br />

Gesetzmäßigkeit <strong>des</strong> Lautwandels ins Treffen<br />

führen, sio sind vielmehr selbständig gewordeno<br />

Lautgesetze.<br />

2 ) Mischfonnen durch Zusammendenken sinnnaher<br />

oder gegensinniger Wörter, z. B. in Teilen<br />

von Altbayern säifd (seicht) und dlnfd (tief), beido<br />

mit -fd, sind natürlich anders zu beurteilen.<br />

3 ) Ausführliches über diesen lebendigen Lautwandol<br />

bietet mein Aufsatz „Lautwandel und<br />

Lautverschiebungen im gegenwärtigen Wienerischen"<br />

(Zoitschr. f. Mundartforschg. 1954).<br />

Einltg. 25—28<br />

Wien zwischen dem alten äe und dem neuen ä<br />

alle nur denkbaren Bindeglieder, also äe, äe usw.<br />

Abgesehen vom Phonetiker bemerkt kennzeichnenderweise<br />

kein echter Wiener seine Monophthongierung,<br />

kein Wiener Sammler <strong>des</strong> österreichischen<br />

Mundartwörterbuches berichtete uns in Wörtern<br />

wie Weib, Haus usw. Monophthongschreibung<br />

oder gab sonst einen Hinweis auf die Vereinfachung.<br />

Vielmehr weiß in Wien kein Mensch<br />

etwas von den neuen Monophthongen, und jeder<br />

Wiener meint Zwielaute zu sprechen. Das führt<br />

geradezu zu phonetischen Widersinnigkeiten. Vor<br />

etwa drei Jahrzehnten teilte ein Wiener Volksschullehrer<br />

der zweiten Klasse im Unterricht seinen<br />

Kindern mit: Den Dswllät „a" im WQDle „dsäd"<br />

wivt g§äriw§n „e" und „i" (der Zwielaut ,,a"<br />

(gedacht als ai\) im Worte „Zeit" wird geschrieben<br />

„e" und „i")l Im Hochsommer 1953 hörte ich in<br />

der Wiener Straßenbahn eine erfolglose spracherzieherische<br />

Ermahnung einer Mutter, die aus<br />

der Provinz stammte, an ihr echt wienerisches<br />

Söhnchen. Das Kind sprach zur Mutter: mutn, i<br />

mext v äs (Mutter, ich möchte eine Portion Gefrorenes!).<br />

Die Mutter verbesserte: mv sgkt nedäs,<br />

mv sqkt <strong>des</strong> (man spricht nicht äs, man spricht<br />

äes), worauf das Kind gekränkt antwortete: \ sgg<br />

§ äs (ich spreche ohnedies äs). Infolge <strong>des</strong> lebendigen<br />

Lautwandels fehlt den Wienern je<strong>des</strong> Gefühl für<br />

den Unterschied zwischen ihren Lautvarianten äe<br />

und a! Es ließen sich noch viele Beispiele aus dem<br />

Leben für das Unbewußte im Lautwandel beibringen.<br />

27. Sobald ein lebendiger, ein spontaner Lautwandel<br />

abgeschlossen und der neue Lautstand<br />

Gemeingut geworden ist, steht vor uns das rechtskräftige<br />

Lautgesetz. Es besitzt auf solche Weise<br />

dieselben Merkmale, wie sie jedem anderen Naturgesetz<br />

anhaften, vor allem seine kompromißlose<br />

Ausnahmslosigkeit. Solche Lautgesetze gibt es<br />

wirklich, die Brüder Grimm hatten mit ihrem<br />

Fachausdruck recht.<br />

An dieser Ausnahmslosigkeit können wir bei<br />

historischen Lautveränderungen noch jetzt konstatieren,<br />

ob sio als fester Lautwandel und dergleichen<br />

oder ob sie als Ersatz vor sich gegangen<br />

waren. Gibt es Restformen und fehlerhafte Umreihungen,<br />

so war es Ersatz 4 ), gibt es keine Ausnahmen,<br />

so war es Wandel.<br />

28. Es steht hinter jedem Wandel zweifelsohne<br />

ein sicheres Gefühl für dio Einheit aller Lauto<br />

gleichen Wertes. Im Wienerischen bilden alle äe<br />

(oder ä) eine feste Reihe, eine in sich geschlossene,<br />

unzertrennliche Einheit, mit einem Wort ein<br />

Phonem im Sinno der Phonologie. Damit ist von<br />

lauthistorischer Seite her der Begriff <strong>des</strong> Phonems<br />

neuerlich umrissen, allerdings mit der Ergänzung,<br />

daß hier das Phonem unbewußt empfunden und<br />

nur gefühlt wird, daß es nicht unbedingt eine<br />

bewußte und wohlüberlegte Lautklassifikation,<br />

eine deutlicho Lautvorstellung, sein muß. Bewußt<br />

werden uns, wio ich glaube, dio Phoneme erst, wenn<br />

4 ) Allerdings vollzieht sich jener Ersatz, bei dem<br />

aus phonologischcn Gründen Ausnahmen gar nicht<br />

möglich sind, äußerlich gesehen zwangsläufig ausnahmslos<br />

wio ein Wandel (s. Einltg. 56), doch sind<br />

solche Fälle äußerst selten. — Aus anderen soziologischen<br />

und räumlichen Schichten nachträglich<br />

entlehnt« Ausdrücke fremden Lautstan<strong>des</strong> darf<br />

man nicht als Ausnahmen werten, ebenso nicht<br />

Sonderlautungen, dio unter Schwachdruck entstanden<br />

sind. Auch allo dieso Fälle darf man<br />

selbstredend nicht gegen die Ausnahmslosigkeit<br />

<strong>des</strong> Lautwandels ins Treffen führen.


Einltg. 28—31<br />

wir sie mit anderen Lautentsprechungen gleicher<br />

Wörter in Nachbarmundarten oder in der Schrift<br />

vergleichen können (s. Einltg. 45/46). Nennen wir<br />

fernerhin dieses unbewußte Gefühl für die Vollreihe<br />

jeder Lauterscheinung das Reihenprinzip.<br />

Das phonologische Reihengefühl erzielt beim<br />

unbefangenen Sprachträger zunächst unbewußt<br />

jene Relationen (Oppositionen) und Korrelationen<br />

der Phoneme untereinander, wie sie Trubetzkoy<br />

(„Polabische Studien") und seine Schülerschaft bei<br />

ihren phonologischen Untersuchungen zu ihren<br />

Phonemenparallelogrammen, die uns freilich hier<br />

kaum interessieren, zusammengefügt haben. Immerhin<br />

verändert sich beim Wandel von äe zu ä<br />

im Wienerischen sofort parallel auch äo zu d, um<br />

nur ein Beispiel für viele ähnliche Fälle zu nennen.<br />

Das sind parallele Reihenschritte, fernerhin nach<br />

A. Pfalz („Reihenschritte im Vokalismus") kurz<br />

Reihenschritte genannt. Solche Parallellaute in<br />

gleichausgerichteten Reihenschritten werden in<br />

unserer „<strong>Historische</strong>n <strong>Lautgeographie</strong> <strong>des</strong> Bairischen"<br />

eine unvergleichlich größere Rolle spielen<br />

als im bisherigen Fachschrifttum. Ihnen zuliebe<br />

wird hier die übliche Anordnung <strong>des</strong> Stoffes umgestoßen<br />

und nach dem Prinzip der Parallellaute<br />

anders zusammengestellt (s. Vorw. 13).<br />

29. Der Lautwandel setzt stets eine besondere<br />

Triebkraft voraus, einen Motor, der ihn vorbereitet<br />

und ihm zum Durchbruch verhilft. Es ist<br />

die neigungsmäßige, natürliche Vorausbestimmung<br />

<strong>des</strong> Wandels, von Lessiak (Einleitung zu den<br />

„Beiträgen zur Geschichte d. deutschen Konsonantismus")<br />

kurz Neigung oder Tendenz genannt.<br />

Gewöhnlich ist es eine bestimmte Akzentuierung,<br />

die zum Wandel drängt. Hinter der Wiener<br />

Monophthongierung steht eine ausgesprochene Vorliebe<br />

<strong>des</strong> Neuwienerischen zum Falldruck, ein<br />

Wort- und Satzakzent, der seinerseits in Wien<br />

wieder ein tschechisches Infiltrat ist (s. Einltg. 38).<br />

Diesem Falldruck laufen natürlich die steigenden<br />

Zwielaute äe und äo <strong>des</strong> Altwienerischen, bei denen<br />

ja der Atemdruck gezwungenermaßen zunimmt,<br />

entgegen; sie werden von ihm mit Vorliebe beseitigt.<br />

— In der Mittelsteiermark mit ihrer Nachbarschaft<br />

herrscht beim Einzelwort normalerweise<br />

ausgesprochener Zweitaldruck; seit wann, das<br />

wissen wir leider nicht genau. Das heißt, daß der<br />

Atemdruck im Verlauf der Stammsilbe zuerst aus<br />

einem Drucktal ansteigt, einen Druckgipfel erreicht<br />

und nachher zum zweiten Drucktal absinkt.<br />

Da dabei die Tonhöhe meistens der Druckstärke<br />

folgt, sagen die Nachbarn, die Mittelsteirer „singen"<br />

beim Sprechen. Dieser dreiteilige Zweitaldruck<br />

drängt die steirischen Zwielaute QV, $D, in,<br />

uv und ae, ao zu Triphthongen. Das ist die Neigung<br />

oder Tendenz. Als Folge davon bemerkt man an<br />

den verschiedensten Stellen der Mittelsteiermark,<br />

<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>, <strong>des</strong> Kärntner Lavanttales, <strong>des</strong><br />

Mürzgebietes und der niederösterreichischen Grafschaft<br />

Pitten, wo der mittelstem Zweitaldruck<br />

auch noch gilt, unabhängig voneinander das Hervorbrechen<br />

der neuen Dreilaute. Die älteren Lautungen<br />

Qrfm (arm), brQvd (breit), gr/tfo'n (kehren),<br />

llvb (lieb), güv&l (Gurgel), hüvd (Hut), häos (Haus),<br />

wäed (weit) hört man jetzt oft mit Q°v, ^o, I'D, yMn,<br />

äo3, äe 3 und manchesmal schon mit den ausgesprochenen<br />

Triphthongen Qov, $eo usw. Natürlich<br />

vollzieht sich auch dieso Triphthongierung unbewußt,<br />

den Sprachträgern selbst geht auch hier<br />

jeder Sinn für die di- und triphthongischen Lautvarianten<br />

gänzlich ab, ja ein Grazer Student<br />

glaubte mir diese Triphthongierung kurzerhand<br />

nicht, obgleich er selbst während seines Protestes<br />

unbewußt triphthongierte.<br />

10<br />

30. Das Hervorbrechen der gleichen Lautneuerung<br />

an verschiedenen örtlichkeiten zur selben<br />

Zeit wollen wir fernerhin Monogenese nennen;<br />

hinter ihr steht überall ein und dieselbe Kraft 5 ),<br />

sie wird überall aus ein und derselben Neigung<br />

geboren.<br />

Monogenese war natürlich auch in früheren<br />

Zeiten möglich. Ebenso wie in der Mittelsteiermark<br />

jetzt eine Neigung im kleinen, war im Hochund<br />

Spätmittelalter im deutschen Sprachgebiet<br />

und darüber hinaus einstens im großen die Neigung<br />

zur Diphthongierung von ahd. * und ü vorhanden.<br />

Ahd. i und u wurden entweder zu \i, %u, zu si, au,<br />

zu ei, ou oder zu ai, au, z. B. in waib (Weib),<br />

haus (Haus) aus ahd. wib, hüs. Auch im Englischen,<br />

in schwedischen Mundarten, im Tschechischen,<br />

in slowenischen und romauntschen Mundarten<br />

ist diese Diphthongierung irgendwie nachweisbar.<br />

Wenn nun die älteren bairischen Außengründungen,<br />

z. B. das Zimbrische der Sieben<br />

Gemeinden, jetzt ausnahmslos die Zwielaute ai<br />

und au aufweisen und waip, Jiauß usw. gebrauchen,<br />

so wurden diese neuen Laute ganz bestimmt nicht<br />

fertig aus der Heimat mitgebracht. Um 1100, zur<br />

Zeit der deutsehen Kolonisierung der Sieben Gemeinden,<br />

steckte die binnenbairische Diphthongierung<br />

höchstens in den ersten Anfängen. Sie<br />

ist im Zimbrischen selbständig und auf eigene<br />

Faust ausgereift eben auf Grund der akzentuell<br />

vorausbestimmenden Neigung und ihrer Monogenese<br />

(Näheres s. § 13 a und b). Neuaufgenommene<br />

Lehnwörter aus der neuen welschen Umgebung,<br />

wie zimbr. woddil (Art Schaufel) aus venezian.<br />

badil und krnnaun (Gemeinde) aus venezian.<br />

komün, die daran noch teilnehmen, sind sichere<br />

Bürgen für dieses selbsttätige Wachsen der Zwielaute<br />

im Zimbrischen.<br />

Für diese Monogenese in der Heimat- und in der<br />

Außenmundart hat bereits Lessiak (a. a. O.)<br />

überzeugende Beispiele, bei denen sich nachträglicher<br />

Einfluß aus der alten Heimat auf die Sprachinsel<br />

von selbst ausschließt, beigebracht. Auch<br />

beim Zimbrischen der Sieben Gemeinden kann,<br />

abgesehen von einem halben Dutzend Kirchenwörtern<br />

(s. § 36 a 3), von nachträglichen binnenbairischen<br />

Einflüssen keinesfalls die Rede sein.<br />

Daß sich übrigens auch im Binnenbairischen die<br />

Diphthongierung als Wandel und nicht als Ersatz<br />

abgespielt hatte, beweist ihre Ausnahmslosigkeit<br />

auch in den binnenbairischen Mundarten.<br />

Nicht immer können wir feststellen, wie die<br />

vorausbestimmende Neigung der Monogenese beschaffen<br />

gewesen und welche phonetische Triebkraft<br />

hinter dem Wandel gestanden war. Ihre<br />

einstige Selbstverständlichkeit ist uns heute manchmal<br />

verschleiert. So steht es beim bair. Wandel<br />

von mhd. ei (spätmhd. ai) zu mundartl. gi und<br />

QD (s. jedoch § 20 e und Einleitung 43). Die Theorien<br />

über die phonetischen Einzelschritte dieses<br />

Wandels laufen weit auseinander, weil er die problematischeste<br />

aller lautgeschichtlichen Fragen <strong>des</strong><br />

Bairischen darstellt. Dennoch ist auch hier Monogenese<br />

wahrscheinlich. Nach Ausweis neu aufgenommener<br />

Lehnwörter haben auch hier die älteren<br />

Außenmundarten den Wandel von ai zu gi und po<br />

ebenso organisch durchgeführt wie das Binnenbairische.<br />

31. Natürlich kommt es vor, daß solche Neigungen<br />

nachträglich öfters unterdrückt und in den<br />

Außen- wie in den Binnenmundarten rückgängig<br />

6 ) Lessiak, der ihr Wesen zuerst erkannt hat,<br />

nannte sie im Hinblick auf das Hervorbrechen an<br />

vielen Stellen Polygenese.


gemacht werden. Gewisse mittelsteirische und<br />

burgenländische Mundarten sprechen in altertümlicher<br />

Weise den -n-Laut nach den hinteren<br />

Selbstlauten m-haltig, nach vorderen Selbstlauten<br />

?$-haltig aus, ein Zustand, der einstmals gemeinbairisch<br />

gewesen sein dürfte. Jetzt aber ist er<br />

großenteils beseitigt worden. Nur in einzelnen<br />

Wörtern vollzog sich durch Überspitzung dieser<br />

Neigung wirklich Wandel zu m bzw. zu ry (s. § 23 a<br />

4/5).<br />

32. In den meisten Fällen können wir die auslösende<br />

Tendenz leicht rekonstruieren. Nach dem<br />

Vorwort 17 steckt hinter dem gemeinsamen Wandel<br />

gewisser mhd. Langvokale und Zwielaute im<br />

Nordbairischen zu steigenden Zwielauten als<br />

innere Triebkraft deren alter Steigdruck, indem<br />

z. B. d in mhd. blasen, schdf (Schaf), ö in mhd.<br />

rot, östern, e in mhd. sne (Schnee), Peter, ie in mhd.<br />

lieb, schiezzen und uo in mhd. huot, vuoz (Fuß) zu<br />

nordbair. ou, qu, e.i, ei und ou in blqusn, squf ; rqud,<br />

ousdvn; sne.i, B§idv; leib, seisn; houd, fous, heute<br />

noch alle mit Steigdruck, gewandelt worden sind.<br />

Seitdem wir die gemeinsame Tendenz bei allen<br />

diesen Wandlungen kennen, brauchen wir das<br />

Nordbairische nicht mehr als Mischmundart aus<br />

verschiedensten deutschen Dialekten (s. Vorwort 17<br />

und § 17 a 2 Fußn.) betrachten, wir brauchen noch<br />

weniger, die Einheit dieser steigenden Diphthongierungen<br />

willkürlich zerreißend, den Wandel von<br />

uo zu nordbair. ou, obendrein auf fragwürdigen<br />

Unterlagen, bis in die althochdeutsche Zeit zurückverlegen,<br />

die übrigen Wandlungen aber erst<br />

für das beginnende 13. Jh. ansetzen. All das ist<br />

überflüssig geworden, zumal schwerwiegende phonetische<br />

und lautgeschichtliche Kriterien das gemeinsame<br />

Schicksal und die Entstehung aller<br />

steigenden Zwielaute <strong>des</strong> Nordbairischen ugf. um<br />

1200 nachhaltig vor Augen führen. Wir dürfen<br />

diese Veränderungen als Ganzheit zusammenfassen.<br />

Auch sonst ist es uns soweit wie möglich darum<br />

zu tun, die verschiedenen Lautentwicklungen als<br />

bodenständiges Ganzes zu vereinigen. Die Ganzheit<br />

Einltg. 31—34<br />

wieder, soweit es noch möglich war, Stimmhaftigkeit<br />

ein (s. § 27 e); diese zog ihrerseits die<br />

sogenannten Kontraktionen <strong>des</strong> 12. Jhs. nach<br />

sich (s. § 27 f). Es wächst also eines aus dem<br />

anderen im Sinne richtiger Kettenreaktionen.<br />

Nicht anders liegen die Verhältnisse bei der<br />

Entwicklungsgeschichte der mundartlichen Quantitätsverhältnisse,<br />

der Verteilung von Lang- und<br />

Kurzvokal, aus dem Althochdeutschen. Die Voraussetzungen<br />

für das Bedürfnis, alle einfachen<br />

Wörter, gleichgültig nun, wie sie im Ahd. beschaffen<br />

gewesen waren, gleich lang zu machen,<br />

waren m. E. nach jenen tiefgreifenden Akzentveränderungen<br />

gegeben, welche ihrerseits die<br />

Kürzung der langen ahd. Nebensilben herbeiführten<br />

und z. B. ahd. zungono, zungün, leben,<br />

machön usw, im Mittelhochdeutschen zu zungen,<br />

leben, machen abschwächten. Dem Bedürfnis nach<br />

gleich langen Wörtern selbst entsprangen dann<br />

hintereinander die Zweisilberdehnung (auch „neuhochdeutsche<br />

Dehnung" genannt), indem z. B.<br />

ahd. hasun zu mhd.-bair. häsen wurde (s. § 27 h),<br />

weiters die Dreisilberkürzung, derzufolge der<br />

Selbstlaut z. B. in gabele dennoch kurz blieb oder<br />

wurde (s. § 27 i), die Kürzung überlanger Stammsilben,<br />

die z. B. ahd. kläftar zu Klafter reduzierte<br />

(s. § 34 i 2/3), und schließlich die Einsilberdehnung<br />

(s. § 34 k), die z. B. den Wandel von ahd. (phonet.)<br />

*zakx zu spätmhd.-bair. *zQkx, wenn auch nicht<br />

mehr im Gesamtbairischen, bewirkte; diesmal<br />

sogar mit überlangem Vokal. Damit waren wenn<br />

möglich die einzelnen ahd. Worttypen gleich lang<br />

geworden. Als später die Apokope, der Schwund<br />

<strong>des</strong> schwachtonigen Auslaut-e, erfolgte und Dreisilber,<br />

wie gabele, zweisilbig (gabel) wurden, erwies<br />

sich die Dreisilberkürzung großenteils als überflüssig.<br />

Die Zweisilberdehnung drang nachträglich<br />

auch bei den Dreisilbern durch. Das ist schon eine<br />

recht komplizierte Kettenreaktion. Sie stellt sich<br />

in Form eines Stammbaumes ungefähr folgendermaßen<br />

dar:<br />

spät ahd. Akzentveränderung<br />

Verfall der ahd. Nebensilben<br />

Bedürfnis nach gleicher Wortdauer<br />

Kürzung überlanger Silben |<br />

Einsilberdehnung<br />

Zweisilberdehnung Dreisilberkürzung Apokope<br />

Dehnung der Dreisilber<br />

<strong>des</strong> Sprachlebens, die sich für uns von selbst versteht,<br />

darf nicht mehr, wie das leider so oft geschehen<br />

ist, willkürlich zerstückelt werden, auch<br />

nicht in der Lautentwicklung.<br />

33. Messen wir die gesamte Lautgeschichte an<br />

den Erfahrungen aus dem modernen Sprachleben,<br />

so gelangen wir bald zur Erkenntnis, daß nicht<br />

selten eine orste Veränderung die Neigung zu einer<br />

zweiten auslöst, die zweite wieder die Neigung zu<br />

einer dritten nach sich zieht usw. Es bauen sich<br />

für uns zum erstenmal richtige Kettenreaktionen<br />

zusammen; hier bleiben sie rein phonetischer Art.<br />

Zweigliedrige Kettenreaktionen kennen wir bereits:<br />

Falldruck als Ursache und Monophthongiorung<br />

als Wirkung im Wienerischen; Zweitaldruck<br />

und Triphthongierung in der Mittelsteiermark. Als<br />

mehrgliedrigo Kettenreaktionen darf man in der<br />

bairischen Lautgeschichte folgende Fälle betrachten:<br />

In frühalthochdoutscher Zeit wurden die<br />

alten stimmhaften Verschlußlauto b, d, g (ugf.<br />

um 750) stimmlos und neigen seither zu den<br />

Starklauten p, t, k, aus denen sich wiedor einerseits<br />

das Notkerscho Anlautgesetz (s. § 27 c),<br />

andererseits dio ahd. Auslautverhärtung (s. § 27<br />

d/e) herleiten. Gegen Ende <strong>des</strong> 11. Jhs. trat jedoch<br />

Auch bei solchen Rekonstruktionen war unsere<br />

Vorstellung der Lautentwicklung als Ganzhoit<br />

maßgebend.<br />

34. Das Streben nach Ganzheit führte schließlich<br />

zur Einordnung <strong>des</strong> komplizierten Systems der sogenannten<br />

Lautsubstitutionen in das Gesnmtgefüge<br />

der Lautgeschichte. Dio Substitutionsgesetze,<br />

dio grundlegende Entdeckung Lessiaks, fassen<br />

die verschiedenen Wiedergaben <strong>des</strong> einzelnen Lautes<br />

fremder Sprachen bei Wortentlehnungen ins<br />

Bairische in feste Regeln. Sie führen zur Erkenntnis,<br />

daß sich diese Gesctzo mit der Zeit und mit<br />

dem Raum verändern können. Ein praktisches<br />

Beispiel zeigt uns das am besten. Der Fremdlaut<br />

,,stimmhaftes 6" wurde, soweit er aus dem Slawischen<br />

stammt, in drei Gestalten eingedeutscht; bis<br />

ins ausgehende 8. Jh., im Frühalthochdeutschen,<br />

als 6, nachher und bis zum Beginn der mittelhochdeutschen<br />

Sprachperiode als v, im Mittel- und<br />

Neuhochdeutschen als w 6 ). Dio Flußnamen früh-<br />

*) Unter bestimmten lautkombinatorischen Voraussetzungen<br />

kann das slaw. b auch anders behandelt<br />

werden. Allo Sonderrcgeln hier anzuführen<br />

ist im Rahmen dieser Ausführungen nicht notwendig.<br />

11


Einltg. 34—36<br />

slaw. *Belä (Weißenbach) und *Rübinicd (Fischbach)<br />

erschienen demnach im Frühahd. als *Belä<br />

(daraus ahd.-urkdl. Pialdha, jetzt Pielach) und<br />

*Rübiniccha (ahd. Rüpiniccha, mhd. Rubnic,<br />

später Raubmig, jetzt Raming) mit b; die altslowen.<br />

Entsprechungen, Belä und (spät) Rib(i)nica<br />

erscheinen als ahd. *Vela (jetzt Vellach) und<br />

Rivinitza (jetzt Reifnitz) mit v (f); neuslowen.<br />

Bela und Ribnica als nhd. Wele in Zarz (mundartl.<br />

W&le) und als Ribnitza (in Krain) mit w (b).<br />

Die einzelnen Entsprechungen verteilen sich folglich<br />

im Raum gemäß der fortschreitenden bairischen<br />

Kolonisation, indem die älteste Substitution<br />

<strong>des</strong> Frühahd. im Bereich der Donaustraße, die<br />

mittlere <strong>des</strong> Ahd. im Alpengebiet und die jüngste<br />

<strong>des</strong> Mhd.-Nhd. am Südrand von Österreich und in<br />

Slowenien vorkommt. Altromanisches b wurde im<br />

Frühalthochdeutschen gleichfalls als b entlehnt,<br />

z. B. in den Ortsnamen vlat. *Bautiänum, *Brjxinone<br />

als frühahd. *Baotzän(a), *Brihsinün (daraus<br />

ahd. Pötzän, Prihsinün und — mit falschem nom.<br />

sing. Prihsind und jetzt Bozen, Brixen), und<br />

romanisches und magyarisches b in mittel- und<br />

neuhochd. Zeit ebenfalls als w, etwa in den Ortsnamen<br />

pustertal. Wildit aus ladin. Bilei (vlat.<br />

*Betidetum) und burgenländ. Wikß aus altmagyar.<br />

*Bükkös (local); magyar. Büklc. Aber statt <strong>des</strong><br />

ahd. Ersatzlautes v für slaw. b tritt im Anlaut in<br />

Lehnwörtern aus dem Romanischen und Magyarischen<br />

der Ersatzlaut p- auf, z. B. in ahd. *Puvulas<br />

(jetzt Pufels) aus vlat. *Bübula (daraus grödnerisches<br />

Bula) oder in ahd. *Piudun (jetzt Bujding,<br />

sprich Püidirif) aus altmagyar. (local) *Beüdün zu<br />

*Beüd (jetzt magyar. BÖd). An diesen recht verwickelten<br />

Verhältnissen erkennt man vorerst, daß<br />

die bairischen Ersatzlaute für frem<strong>des</strong> b im Laufe<br />

der Zeit wie im Wechsel der Sprachen veränderlich<br />

sind.<br />

»Umgekehrt wurde für bair. 6 in den Fremdsprachen<br />

bis gegen 800 frem<strong>des</strong> b eingesetzt, z. B.<br />

im Friaulischen brut (Schwiegertochter) aus frühahd.<br />

brut, im Grödnerischen boß (Kuß) aus frühahd.<br />

*buss; ungefähr zwischen 770 und 1050 wurde<br />

dafür frem<strong>des</strong> p eingesetzt, z. B. in slowen.mundartl.<br />

Sipa und in grödn. sipa (Scheibe, Fensterscheibe),<br />

in grödn. tupa (Taube) und in slowen.mundartl.<br />

tüpuz (Taubenhaus) aus ahd. skipa,<br />

tüpa, tüpahüs; nachher gilt wieder frem<strong>des</strong> -b-,<br />

etwa in slowen.-mundartl. sribati (schreiben) usw.<br />

35. Die Auflösung aller dieser Lauträtsel erlaubt<br />

die deutsche Urkundensprache. Bis ugf. um 770<br />

wurde im Bairischen tatsächlich 6 geschrieben, und<br />

hinter diesem Buchstaben 6 verbirgt sich der Lautwert<br />

(stimmhaftes) b. Damals ergaben sich von<br />

selbst die Entlehnungen friaul. brut und grödn. boß<br />

und die Lehnformen frühahd. *Belä, *Baotzän<br />

(Pielach, Bozen). Seit 780 trat mit dem bair.<br />

Buchstaben p offenbar der Laut p dafür ein,<br />

geschrieben tüpa, g'e'pan (geben), daher die Entlehnungen<br />

Sipa, tupa; weil ab 780 einige Zeit hindurch<br />

der Lindlaut b im Bair. nicht existierte, sah<br />

es sich gezwungen, das slawische b mit einem anderen<br />

stimmhaften Lippenlaut, mit v, wiederzugeben<br />

; so in ahd. * Vela, Rivinitza 7 ) — wenn sich<br />

das Romanische und das Magyarische mit Pufels,<br />

Bujding usw. anders verhalten, so hat dies nichts<br />

mit der deutschen Lautgeschichto zu tun und<br />

hängt offenbar mit den andersgearteten phono-<br />

7 ) Umgekehrt wurde übrigens damals das ahd.<br />

v auch im Slawischen, und zwar wieder nur im<br />

Slawischen, mit fremden b wiedergegeben, z. B. in<br />

slowen. bärva (Farbe), hdbnar (Hafner) aus ahd.<br />

varwa, havanäri.<br />

12<br />

logischen Lautsystemen <strong>des</strong> Romanischen und<br />

Magyarischen dem System <strong>des</strong> Slawischen gegenüber<br />

zusammen, was nicht mehr hierher gehört. —<br />

Um 1050 hören im Bair. die inlautenden -p-Schreibungen<br />

auf. Seit 1100 wird daher für frem<strong>des</strong> b<br />

aller Sprachen unser w eingesetzt, das als doppellippiger<br />

Reibelaut im Bairischen eben damals neu<br />

im Entstehen war; darum seither die Entlehnungen<br />

sribati usw. und die Lehnformen Wele, Wildit<br />

usw. (vgl. § 27 a 5).<br />

Unsere Substitutionsgesetze lassen sich vortrefflich<br />

mit dem wechselnden Buchstabengebrauch<br />

in der altbair. Orthographie zusammenfügen. Sie<br />

beweisen nicht mehr und nicht weniger, als daß die<br />

sich ablösenden Buchstaben <strong>des</strong> Althochdeutschen<br />

ernst zu nehmende Wiedergaben wirklich gesprochener<br />

Laute gewesen waren. Wären sie nur,<br />

wie man gelegentlich behauptet, papierene Schreibermoden<br />

gewesen, so würden sie nicht so gut mit<br />

den Substitutionsgesetzen übereinstimmen. Diese<br />

grundlegende Feststellung, die bei den Lauten ein<br />

für allemal gilt, ist für die Beurteilung der ahd.<br />

Sprachdenkmäler und ihrer Rechtschreibung sehr<br />

wichtig. Sie zeigt uns die phonetische Zuverlässigkeit<br />

der ahd. Orthographie. Gleichzeitig ist damit<br />

die hohe Bedeutung der Lehnwort- und Ortsnamenforschung<br />

für die Lautgeschichte sichtbar<br />

geworden und nicht zuletzt die wunderbare Konkordanz<br />

unserer lautgeschichtlichen Quellen.<br />

36. In Verbindung mit den Substitutionsgesetzen<br />

wenden wir uns zum drittenmal der reihenweisen<br />

Übernahme von Fremdlauten in unsere<br />

Mundarten zu und damit Erscheinungen wie dem<br />

Lautsubstrat und dergleichen; wir beschäftigen uns<br />

diesmal gründlicher mit ihnen als bisher. Gerade<br />

über das Wesen <strong>des</strong> Lautsubstrates liegen so gut<br />

wie keine systematischen Forschungen am wirklichen<br />

Leben vor (s. auch Vorw. 17), obgleich<br />

heute sehr viele schwer deutbare Lautentwicklungen<br />

verschiedenster europäischer Sprachen oft<br />

kurzerhand als Substrat ausgedeutet werden. Das<br />

Vorhandensein richtiger Substrate, bei denen der<br />

Lautstand aus einer abgestorbenen Sprache in der<br />

neuen Lan<strong>des</strong>sprache fortlebt, wurde schon im<br />

Vorwort zugegeben, doch wurde in der Einleitung<br />

24 ausdrücklich betont, daß fremdsprachige Lauteinsickerungen<br />

heute stets auf kleine Räume beschränkt<br />

bleiben. Ihre Verbreitung bleibt bei uns im<br />

Verhältnis zu den dahinterliegenden Großräumen,<br />

wie eigene eingehende Forschungen um die polyglotte<br />

deutsch-romanisch-slawische Dreisprachenecke<br />

rund um das Kanaltal reichlich beweisen, viel<br />

zu bescheiden, als daß man auf Substraten und dergleichen<br />

schwerwiegende Theorien bezüglich der<br />

Lautentwicklung von großen Dialekten und von<br />

ganzen Sprachen, wie das so gerne geschieht, aufbauen<br />

dürfte. Auf Kärntner und Steirer Boden<br />

gibt es kein großräumiges slowenisches, auf Tiroler<br />

Boden kein großräumiges welsches Lautsubstrat,<br />

auf slowenischem Boden kein großräumiges welsches<br />

und auf friaulischem Boden kein großräumiges<br />

slawisches Lautsubstrat! Selbst unsere<br />

kleinräumigen Substratlandschaften neigen meistens<br />

noch zur Angleichung, und die große binnenländische<br />

Einheitlichkeit ist an den übrigen Sprachgrenzen<br />

um Österreich nicht anders. Dies muß<br />

endlich mit voller Deutlichkeit zur Ehrenrettung<br />

der monogenetischen Schaffenskraft der Sprachen<br />

und Dialekte gesagt werden.<br />

Länger vermögen sich Fremdlaute gewöhnlich<br />

nur zu behaupten, wenn die neue Sprache an<br />

Stelle eines einzigen Phonems der älteren Sprache<br />

zwei neue, schwer unterscheidbare Phoneme (und<br />

Laute) gegenüberstellen müßte. Zwei Beispiele da-


für mögen hinreichen; sie zeigen zugleich die Kleinräumigkeit<br />

auf. Beide betreffen die Zischlaute.<br />

Das Frühmittelhochdeutsche besaß vier verschiedene<br />

Zischlaute (s. § 32 a 2): ß; z und /}; ß oder,<br />

vereinfachter geschrieben, s; z und s; s. Das<br />

Slowenische hat zwar auch vier Zischlaute, aber<br />

sie gruppieren sich phonologisch anders: z und s;<br />

z und s. In zwei alten Bauernsprachinseln auf<br />

slowenischem Boden, Zarz und Gottschee, blieben<br />

demgemäß zwar die deutschen Phoneme s und s,<br />

weil sie auch das Slowenische hat, stehen; die<br />

frühmhd. Phoneme z und s wurden aber zu z und ä<br />

slowenisiert, weil es im Slowenischen normalerweise<br />

ein z und s nicht gibt und nicht gegeben hat<br />

(s. jedoch unten); dies geschah sogar, obgleich das<br />

slowenisierte s aus älterem s und altes s, z. B.<br />

in (zimbr.) gvwisse (gewiß), ix drisse (ich dresche),<br />

nunmehr zusammenfallen mußten (gottsch. gdvnssd,<br />

ix dris; dazu s. auch § 32 a 3). — Beim<br />

zweiten Beispiel muß zunächst die Vorgeschichte<br />

klargestellt werden. Im Altslowenischen (z. B. in<br />

den Freisinger Denkmälern) und in konservativen<br />

slowenischen Mundarten der Gegenwart können die<br />

Zischlaute in mannigfacher Weise assimiliert werden;<br />

nicht selten ergeben sich bei engerer Nachbarschaft<br />

von z, s und z, s und umgekehrt z, s,<br />

also Laute, die als Phoneme normalerweise dem<br />

Slowenischen abgehen. Diese sonderbaren Assimilationsprodukte<br />

<strong>des</strong> Slowenischen sind nun von<br />

zwei weiteren deutschen Sprachinselmundarten<br />

Sloweniens nicht nur aufgegriffen, sondern verallgemeinert<br />

worden. In der Suchen, dem äußersten,<br />

halbslowenisierten Westen <strong>des</strong> einstigen Gottscheer-Lan<strong>des</strong>,<br />

und in Deutschruth gibt es statt<br />

der vier spätahd. Zischlaute s; z und s; s nur mehr<br />

zwei Lautwerte, z und s, es sind sonach sogar drei<br />

Phoneme, frühmhd. s, s und s, vereinheitlicht.<br />

Zimbr. gowisse, ix drisse und ix isse (ich esse)<br />

reimen etwa in Deutschruth als geb[s, \ dr{s und<br />

\ \s. Ist nun diese Änderung auf Deutschruther<br />

Boden ein slowenisches Substrat im Deutschen,<br />

so blieb die deutschmundartliche Vereinfachung der<br />

Zischlaute in Deutschruth umgekehrt als deutsches<br />

Substrat in der neuen, slowenischen Mundart auf<br />

dem Boden unserer einstigen Sprachinsel erhalten.<br />

Die slowenische Bauernmundart von Deutschruth<br />

fällt der slowenischen Umgebung durch ihre Unfähigkeit,<br />

slowen. z und z, s und s zu trennen,<br />

auf und behält z, s bei. Das ist ein typisches<br />

Substrat.<br />

37. Gelegentlich kommt es in Kleinräumen zur<br />

Übernahme richtiger Lautveränderungen aus der<br />

Fremdsprache. Dabei handelt es sich jedoch meistens<br />

um Superstrate, um Einsickerungen aus der<br />

fremden Verkehrs- in die einheimische Haussprache.<br />

Es läßt sich nachweisen, daß das Welsche<br />

im Trentinischen und Gebirgsvenezianischen einstmals<br />

für vlat. ü den M-Laut gebraucht hatte; die<br />

welschen Lohnwörter im Zimbrischen der Sieben<br />

Gemeinden und im Fersentalerischen geben noch<br />

in verhältnismäßig jungen Lehnwörtern vlat. u als<br />

ü wieder. Man sagte also früher trent.-venez. mür<br />

(Mauer), ün (einer) und ersetzte sie welscherseits<br />

erst neuerdings durch mür, ün. Dio gleiche Veränderung<br />

hat nun das Zimbrische, und zwar gleich<br />

an zwei Stellen, in Lavarone und in den Dreizehn<br />

Gemeinden, durchgeführt. Für zimbr. üwel (übel),<br />

kxraötßße (Kreuz), hüte (aus älterem *hÜ9te; Hüte)<br />

in den Sieben Gemeinden wird in den Dreizehn<br />

Gemeinden üwnl, khrauttße, hüdte und in Lavnrone<br />

üivl, kxrauts, hünt eingesetzt. Weil unser Gebirgsvenezianisch<br />

im 13. Jh. -l- nach Mitlaut zu -/verändert<br />

und z. B. altvenez. plazza, clamar<br />

(ähnlich wio das Schriftitalienische) damals zu<br />

Einltg. 36—39<br />

piazza, chiamar (jetzt venez. piaßßa, tsamär ausgesprochen)<br />

machte, sagt man neuerdings auch<br />

im Deutschen der Dreizehn Gemeinden piäznn<br />

(blasen), kioukke (Glocke) oder auch kompromisselnd,<br />

aber älter pläzvn, kioukke für pläzen,<br />

Mokka in den Sieben Gemeinden (s. § 49 b 2). —<br />

Tiefer ins Lautgefüge greift speziell in den Sieben<br />

Gemeinden die Verschiebung der alten Silbengrenze<br />

innerhalb aller Affrikaten aus dem Verschluß- in<br />

den Reibelaut, z. B. in wetßßen (wetzen), vitßßa<br />

(Wicke), öpffel (Apfel), wekxxen (wecken) statt<br />

(ötztalerischem) wettßn, vittßa, eppfl, wekkxVt unter<br />

altvenezianischem Einfluß (Näheres s. § 34 f).<br />

38. Die Infiltrate, eine dritte Art der Grenzberührungen,<br />

sind, aufs Lautliche bezogen, Aussprachen,<br />

welche durch vorübergehende Zuwanderungen<br />

fremder Elemente importiert und in die<br />

herrschende Sprache aufgenommen worden sind.<br />

Während der Regierungszeit Kaiser Franz Josefs<br />

sind derart viele Tschechen in Wien eingewandert,<br />

daß um 1920 ein Drittel aller Wiener Familiennamen<br />

tschechischen Ursprungs gewesen war. Diese<br />

Wiener Tschechen haben rasch deutsch gelernt;<br />

meistens von Mund zu Mund und nicht im Schulunterricht<br />

und nach Lehrbüchern. Ihre Kinder<br />

und Kin<strong>des</strong>kinder haben das Tschechische längst<br />

verlernt, sie selbst sprachen oft schon so mangelhaft<br />

ihre Muttersprache, daß sich die Prager in<br />

Spottsprüchen darüber lustig machten. Aber bald<br />

nach dem ersten Weltkrieg kamen im Wiener<br />

Dialekt die ersten tschechischen Lautinfiltrate zum<br />

Vorschein. Der Jungwiener Verlust der Vokalnäselung<br />

(s. § 46 d) ist wahrscheinlich, der übertriebene<br />

Wiener Falldruck sicher ein solches Tnfiltrat;<br />

es ist jener Falldruck, der nach Einltg. 29<br />

seinerseits die Wiener Monophthongierung nachzieht.<br />

39. Bekanntlich ist die Lautentwicklung nicht<br />

das einzige verändernde Moment im Leben der<br />

Sprache. Beispiele für lautwidrigen Paradigmenausgleich<br />

im Sinne der Flexion findet man häufig<br />

neben jenen archaisch wirkenden Rückständen<br />

alter, lautgesetzlicher Doppelformen, wie wir sie<br />

im Vorwort 19 erwähnt haben. Die wechselnden<br />

Lautformen innerhalb <strong>des</strong> Abwandlungsparadigmas<br />

wurden langsam unverständlich und überflüssig.<br />

Das lautgesetzliche -i- für stammhaftes -e- im plur.<br />

gewisser Neutra, wie es restweise im schwäbischen<br />

Gegendnamen die Fuder, d. i. eigtl. der frühahd.<br />

plur. vildir zu veld (Feld), fortlebt und wie wir<br />

es in frühahd. britir zu br'c't (Brett), skiffir zu sk'e'ff<br />

(Schiff) vor uns sehen, ist ausgestorben. Auch dio<br />

jüngeren ahd. Ersatzformen mit dem -e- der<br />

Paulschen Regel (s. § 3 o 1) in Bre'tcr zum sing.<br />

Bret sind nur mehr in beharrsamsten Rückzugslandschaften<br />

und bei falschem Ausgleich bewahrt,<br />

z. B. in Kes (Gletscher) und Schcff (Schiff) nach<br />

den Pluralen Kcser, Scheffer (ahd. *kesir, sk'cjfir),<br />

da eigentlich Kes, Scheff zu erwarten wäre. Über<br />

den verschiedenen Ausgleich zwischen dem Imperativ<br />

der starken und der schwachen Zeitwörter<br />

8. § 34 k 6 ff. In Niederbayern und im Böhmerwald<br />

wurde bei den starken Zeitwörtern das c <strong>des</strong><br />

plur. verallgemeinert, so daß man Lautungen, die<br />

auf du segst (du siehst) er helft (er hilft) zurückführen,<br />

zu hören bekommt. Zum mannigfachen<br />

Ausgleich von ahd. ich giuzzu; du giüzzis, er<br />

giüzzit; tvir giozzames, ir giozzal, siu giozzant als<br />

altes Präsens zu gießen usw. s. § 16 j und Karte 13.<br />

Im plur. aller jener Hauptwörter, bei welchen<br />

durch Apokopo oder aus anderen Gründen Singular-<br />

und Pluralformen gleich zu werden drohten,<br />

ist im Mhd. der Plural-Umlaut, der eigentlich nur<br />

den alten -i-Stümmen (ahd. gast, gesti) zusteht,<br />

13


Einltg. 39—42<br />

als willkommenes Unterscheidungsmittel zum pluralischen<br />

Bildungsprinzip erhoben worden und zu<br />

Rock, Tag; Wagen, Kasten, Garten mundartlich<br />

und teilweise auch schriftsprachlich Röcke, Tage;<br />

Wägen, Kästen, Gärten gebildet worden; im Burgenland<br />

sogar zu Stuben (Stube) das pluralische<br />

Stuben (ßtiwvn). Bei den schwachen männlichen<br />

und weiblichen Hauptwörtern wird im nom. sing,<br />

getrennt: Die Personen- und Tierbezeichnungen,<br />

etwa Narr, Pfaff'; B'e'r (Bär), Has"; Mueme (Tante),<br />

Tote oder Gote (Patin); Henne, Kröte (Kröte),<br />

bewahren die ungestörte lautgesetzliche Entsprechung<br />

<strong>des</strong> nom. sing., die Sachbezeichnungen<br />

gleichen aber, abgesehen von einigen südbairischen<br />

Rückzugsschollen, nach dem -en der casus obliqui<br />

aus und gebrauchen jetzt auch im sing. nom.<br />

•en in Kasten, Garten; Rosen, Stuben. Die konservativen<br />

südalemannischen Mundarten treffen jedoch<br />

eine andere Regelung. Sie behandeln die<br />

Tier- nicht mehr wie die Personen-, sondern wie<br />

die Sachbezeichnungen: B'e'ren (Bär), Hasen (Hase)<br />

gehen mit Kasten und stehen gegen Narr. Ein<br />

alter Alemannismus auf Westtiroler Boden ist<br />

daher dieselbe Ordnung im Mitterötztal: norre,<br />

pffqffe, aber pQorn (Bär), liQzn (Hase) wie kxqßtn.<br />

Eine Art Vorstufe dazu entdecken wir im Zimbrischen<br />

der Sieben Gemeinden: narre, p ff äffe, aber<br />

pqro, hazo wie kxaßto (aber im acc. sing, narren,<br />

pffaffen wie p$rn, hazen und wie kxaßten), wo also<br />

der südalem.-ötztal. Entwicklungsstand noch nicht<br />

ganz ausgereift ist. Das sind Proben für solche<br />

Störungen im Bairischen durch Paradigmenausgleich<br />

mannigfacher Art.<br />

40. Das sichere Gefühl für jede einzelne Lautreihe<br />

ist das tragende Moment beim Lautwandel.<br />

Es überträgt sich automatisch auf die Parallellaute<br />

in ihren Reihenschritten. Gleichfalls unbewußt,<br />

jedoch unter dem Einfluß nicht mehr paralleler<br />

Phoneme, vollzieht sich die Reihen- und<br />

Lautausweichung. Es herrscht dabei das Bestreben,<br />

klangnahe Phoneme, welche Gefahr laufen,<br />

zusammenzufallen und in eine Reihe vereinigt zu<br />

werden, dennoch irgendwie auseinanderzuhalten.<br />

Die Phoneme weichen voreinander aus, man darf<br />

geradezu von Homophonenflucht sprechen. Bei der<br />

Laut- oder Reihenausweichung kommt ein feines<br />

phonologisches Gefühl zum Ausdruck, das allerdings<br />

nicht bei allen Lauten und nicht in allen<br />

Gegenden gleich stark wirkt.<br />

Es gibt sonderbarerweise Reihenzusammenfall,<br />

dem sich die bair. Mundarten bedenkenlos fügen,<br />

anderen, dem nur die Verkehrsmundarten Folge<br />

leisten, wieder anderen, dem auch die verkehrsfernsten<br />

Mundarten nichts mehr in den Weg legen.<br />

Das Bairische und die meisten hochdeutschen Dialekte<br />

nehmen keinen Anstoß an der Umlautentrundung,<br />

wenngleich durch sie die alten Umlaute<br />

den alten vorderen Vokalen gleich wurden (vgl.<br />

§ 6 a). Z. B. sind im Wienerischen mhd. hüttcn<br />

(dio Hütten) und bitten, rocke und ich wecke, höhe<br />

und sne (Schnee), mtise (die Mäuse) und is (Eis),<br />

müede (müde) und lied (Lied) als hittnjbittn,<br />

rek/i rock, 7if/£nf, mäisjäis, mlvdßivd vokalgleich;<br />

diese Paare können im Volkslied als reine<br />

Reime gebraucht werden. Der bairische Zusammenfall<br />

von (gedehntem) mhd. a und von (langem)<br />

mhd. d etwa in hasen (die Hasen) und blasen<br />

(blasen) stieß landschaftsweise schon auf einigen<br />

Widerstand, obgleich hQsiilblgsn und dergleichen<br />

jetzt schon im größten Teil <strong>des</strong> bair. Dialektgebietes<br />

im Reim miteinander gebunden werden<br />

können. Im Südbairischen haben zwar, abgesehen<br />

von den Sieben Gemeinden, die ältesten Außengründungen<br />

schon den Gleichklang, doch wird in<br />

14<br />

der südbair. Urkundensprache bis um 1300 auffallend<br />

oft graphisch zwischen a und ä unterschieden.<br />

Im Mittelbairischen bleibt der Unterschied<br />

noch länger aufrecht und besteht in drei<br />

abgelegenen Rückzugsgebieten bis jetzt fort, in<br />

der nordbair. Bauernmundart ist die Unterscheidung<br />

noch jetzt aufrecht (s. § 1 e, f).<br />

41. Der Widerstand gegen drohenden Gleichklang<br />

ist heute in den Verkehrs- und Stadt-, aber<br />

auch in den Außenmundarten erheblich schwächer<br />

als in den binnenländischen Rückzugslandschaften.<br />

Seitdem gegen 1300 im Mittelbairischen durch die<br />

Liquidenvokalisierung -r- zu -r>- wurde (s. § 50 c 3),<br />

besteht in Niederösterreich die Gefahr, daß qu aus<br />

mhd. -ar- und -or- und qv aus mhd. ei zusammenfallen<br />

und z. B. Qv'm (arm), gsdqri'm (gestorben)<br />

und swQv'm (mhd. sweiben „schwemmen") zu<br />

echten Reimwörtern werden. In den Stadt- und<br />

Marktmundarten älterer Prägung ist es auch wirklich<br />

dazu gekommen. In der alten Bauernmundart<br />

<strong>des</strong> Ybbs- und Erlaftales bleiben jedoch alle drei<br />

Reihen getrennt: gv'm klingt anders als gsdätfm,<br />

dieses wieder anders als swäv'm. Die Unterschiede<br />

sind allerdings so gering, daß sie die meisten<br />

schriftlichen Berichterstatter übersehen. In großen<br />

Teilen Niederösterreichs lassen die alten Bauern<br />

zwar -ar- und -or- gleich werden, trennen aber<br />

davon immerhin noch mhd. ei, z. B. im Weinviertel<br />

Qv'm wie grsdpo'm, aber swän'm oder<br />

sivätfm. Die Lautreihen weichen also im alten<br />

Bauerndialekt voreinander aus, im Verkehrs-,<br />

Markt- und Stadtdialekt nicht mehr. Ähnliches<br />

bemerken wir bei mhd. o und mhd. ei im Südbairischen.<br />

Einen guten Überblick über die südbairischen<br />

Verhältnisse geben Karte 10 und<br />

§ 11 b und 20 d. Hier unterscheiden gleichfalls<br />

gerade immer die verkehrsfernen Landschaften 8 ).<br />

Wenn dagegen die älteren südbairischen Sprach -<br />

inselmundarten, in den Sieben und Dreizehn Gemeinden,<br />

in Zarz und Deutschruth und im Fersental<br />

z. B. rqüt (rot) und prqvt (breit) zusammenfallen<br />

lassen, so ist dies ein wertvoller Fingerzeig.<br />

Die Träger der Verkehrsmundart stehen in lebhafter<br />

Berührung mit Sprechern auswärtiger Mundarten.<br />

Dabei schleift sich das feine Ohr für die<br />

eigenmundartlichen Differenzierungen ab, das phonologische<br />

Unterscheidungsbedürfnis vermindert<br />

sich. Dasselbe gilt bei den Bewohnern der Sprachinselmundarten<br />

mit ihrer fremden Verkehrssprache.<br />

Dagegen besteht in Gottschee, wo auch die Verkehrssprache<br />

immer deutsch und außerdem ein<br />

verhältnismäßig großes Gebiet mit einer eigenen<br />

Stadt eigensprachig gewesen war, folgerichtig die<br />

alte Unterscheidung: mhd. 6 wird zu qa oder ua,<br />

mhd. ei aber zu qi, qai, uai, uei.<br />

42. Im Mittelalter war bei allen Bevölkerungsschichten<br />

die Verbundenheit mit dem Bauernloben<br />

größer und die Gelegenheit zu Berührungen mit<br />

anderen Gesellschaftsschichten unvergleichlich geringer<br />

als heute. So kommt es, daß für die alte<br />

Zeit Reihenausweichungen häufiger nachzuweisen<br />

sind als für die Gegenwart. Drohte durch einen<br />

Lautwandel ein Phonem den Platz eines anderen<br />

Phonems zu besetzen, so wich auch damals das<br />

andere Phonem aus; dieses drückte vielleicht auf<br />

ein drittes, das dritte auf ein viertes Phonem usw.<br />

Es wurde wieder eine Kettenreaktion daraus; diesmal<br />

war sie nicht rein phonetischer Art, sondern eine<br />

8 ) Nur das südliche Kärnten mit seinem Städtedreieck<br />

Klagenfurt, Sankt Veit und Villach gehört<br />

überraschenderweise auch zu den unterscheidenden<br />

südbairischen Mundarten; warum, das erfährt man<br />

im § 20 g.


mehrgliedrige Homophonenflucht. Es entstand das,<br />

was die Brüder Grimm Lautverschiebung genannt<br />

hatten; übrigens auch ein Ausdruck, den eine<br />

übermütige Nachwelt einige Jahrzehnte lang als<br />

„unsachlich" anzweifelte. Stellen wir uns vorerst<br />

nur die Zahnlaute während der hochdeutschen<br />

Lautverschiebung vor. Um 750 wurde german. ß<br />

über ö zu d; davor mußte german. ä zu t ausweichen;<br />

der Platz <strong>des</strong> ^-Lautes war schon um 700<br />

durch den Wandel von german. t zu ßß und tß<br />

(geschrieben zz und (t)z) frei geworden, ja diese<br />

Sogstelle wird die Schuld an der ganzen Verschiebung<br />

tragen; vor diesem ß wich wahrscheinlich<br />

schon um 700 das germ. ß (s) zu ß aus und führte<br />

überdies um 750 zur stimmhaften Variante z. Das<br />

ist eine richtige Lautverschiebung, wie man sie<br />

sich klarer nicht denken kann, eine ausgesprochene<br />

Kettenreaktion. Weil dabei vorne ein Lautwert,<br />

das ß, verloren ging, mußte als Entschädigung<br />

dafür hinten ein neuer Lautwert, ß (z), angestückelt<br />

werden.<br />

43. Nicht immer fügen sich diese ausweichenden<br />

Verschiebungen dem Schema paralleler Reihenschritte.<br />

Gelegentlich gerieten beide Wandelsysteme,<br />

Verschiebungen und Reihenschritte, zueinander<br />

in Widerspruch. Dann kam es zur Störung<br />

der Reihenschritte. Die parallelen Reihenschritte<br />

der ahd. Verschiebung sehen bei den Zahnlauten<br />

etwas anders aus als bei den Lippen- und Gaumenlauten.<br />

Stellen wir die drei Kettenreaktionen<br />

untereinander:<br />

bei den Zahnlauten: ß wird zu d; d daher zu t; t zu ßß, tß; ß zu ß, z;<br />

bei den Lippenlauten: fehlt; b wird zu p; p zu ff, pff; ff zu ff, v;<br />

bei den Gaumenlauten: fehlt; g wird zu *k; k zu xx, kx; x zu h><br />

Diese Reihenschritte sind in einem Punkt nicht<br />

parallel: den Lippen- und Gaumenlauten fehlt das<br />

Seitenstück zum Wandel von ß zu d. Gerade dieser<br />

Mangel verursachte weitere Störungen. Der Wandel<br />

<strong>des</strong> alten dzut mußte unter dem Druck <strong>des</strong> neuen d<br />

so bald und so gründlich wie möglich stattfinden;<br />

er war notwendig, weil das neue d das alte d abdrängte.<br />

Die parallelen Wandlungen von b zu p<br />

und von g zu *k waren nicht so wichtig, b und g<br />

brauchten vor niemand ausweichen. Infolge dieser<br />

Ungleichmäßigkeit stellte sich im Lichte der ahd.<br />

Orthographie der Wandel von d zu t bereits um 750,<br />

und zwar im ganzen Oberdeutschen, ein; der<br />

parallele Wandel von b zu p kam im Bairischen<br />

erst zwischen 770 und 780 zum Ausbruch und<br />

wurde hier im Inlaut um 1050 wieder rückgängig<br />

gemacht, im Alemannischen kam es nur zu kümmerlichen<br />

und vorübergehenden Ansätzen, im Ostfränkischen<br />

nicht einmal mehr zu diesen; beim<br />

Wandel von -g- zu -*k- kam es nur mehr im<br />

Bairischen zu einem bescheidenen Anlauf von<br />

kurzer Dauer (ausführlich darüber s. § 27 a) 9 ).<br />

Auf einem ähnlichen Widerstreit zwischen<br />

Reihenschritten und Lautausweichungen beruht<br />

m. E. die Störung der Reihenschritt« bei mhd.<br />

ou und öü einerseits und bei mhd. ci andererseits.<br />

Bis um 1200 voränderten sich alle drei Zwielaute<br />

parallel; wurden frühahd. au und *aü im 9. Jh.<br />

zu ou und *öü, so wurde auch ai zu ei; wurden im<br />

12. Jh. diese ou und öü wieder zu au und aü, so<br />

wurde auch ei wieder zu ai. Um 1200 veränderten<br />

sich wohl au und aü in Reihenschritten über *äo<br />

und *äö zu gemeinsamem ä; ai aberschlug einen<br />

Sonderweg ein. Der neue ä-Laut für mhd. ou und<br />

8 ) Anders zu beurteilen sind die ahd.-mhd. -p,<br />

-t, -ck infolge der Auslautverhärtung und die ahd.<br />

p- und k- (und t-) infolge <strong>des</strong> Notkerschen Anlautgesetzes;<br />

hiezu s. die §§ 27 c und 27 d.<br />

Einltg. 42—44<br />

öü konnte sich leicht an das neue a, wie es für<br />

mhd. ä und d eingetreten war, anschließen; es<br />

gibt nicht allzuviele Wörter mit mhd. ou und öü,<br />

sie bilden nur eine gliederarme Reihe. Bei paralleler<br />

Entwicklung hätte nun auch mhd. ei (über *äe)<br />

zu diesem ä werden müssen. Mhd. ei bildet hingegen<br />

eine ausgesprochen gliederreiche Reihe und<br />

begegnet uns in weit über hundert Wörtern. Dieser<br />

erneute Zuwachs an a-Lautungen war für zahlreiche<br />

Mundarten zu groß. Es wären zu viele<br />

Wörter verschiedener Herkunft miteinander lautgleich<br />

geworden, sie hätten zu Mißverständnissen<br />

Anlaß gegeben. So wurde dem parallelen ei ein<br />

anderer Weg gewiesen. Sein spätmhd. ai verwandelte<br />

sich um 1200 monogenetisch zu qi und<br />

weiter (unter Falldruck) zu QD (s. § 20 a/b). Wie<br />

dies phonetisch genau vor sich ging, bleibt uns<br />

allerdings immer noch unklar.<br />

44. Ist ein Phonem, eine Lautreihe, verhältnismäßig<br />

selten, beschränkt sie sich nur auf wenige<br />

Reihenglieder, so wird ihre Lautgebung von selbst<br />

beweglicher werden als etwa die Vollreiho für<br />

mhd. ei mit ihren vielen Belegen. Solche gliederarme<br />

Reihen konnten kurzerhand an eine gliederreichere<br />

Reihe angeschlossen werden. Ihr Phonem<br />

verschwindet aus dem Phonemen- und Lautsystem.<br />

Das ist die Aufsaugung gliederarmer Reihen.<br />

In etlichen Gegenden widerfuhr dieses Schicksal<br />

den Mundartentsprechungen für mhd. iu;<br />

dieses ist in der Tat, sofern man die Formen der<br />

starken Zeitwörter der 2. Klasse, wie gießen, ziehen<br />

usf. außer acht läßt, eine ausgesprochen gliederarme<br />

Reihe mit kaum zwei Dutzend Belegen.<br />

Etliche davon, z. B. neu, reuen, Teufel, nehmen<br />

überdies als Markt- oder als Kirchenwörter, also<br />

als Verkehrswörter, lieber das verkehrssprachlicho<br />

ai (näi „neu", räi n „reuen", däifö „Teufel"), andere<br />

wieder das verkehrssprachlicho in (tinf „tief", l'wb<br />

„lieb", givßßn „gießen") statt der echt mundartlichen<br />

Entsprechungen an. Am Lechrain gleicht<br />

man unter unseren Augen das bodenständige ui<br />

(nüi, rüin, düifl) an das häufige mundartliche i<br />

als Vertreter für mhd. i und ü (nl, rl-n, dlfl) an;<br />

im niederbayr. Vilstal und im unteren Isartal<br />

wird altmundartliches io (nio usw.) vielfach zu iv<br />

(nin usw.) verbogen, und zwar ebenfalls unter<br />

unserer Kontrolle; es ist jenes iv, das sonst als<br />

Vertreter für mhd. ie, üe, -ir-, -ür- und -er- ungemein<br />

häufig ist. Im Salzachgau dürfte einstmals<br />

auch io (oder eo ?) geherrscht haben; da hier mhd.<br />

-ir-, -ür- und -er- mundartlich als iu auftreten,<br />

hat sich dieses iu auch über mhd. iu in nlu (neu),<br />

diuve (Teufel) usw. ausgebreitet. Neuer Parallelismus<br />

zu mundartl. öu aus mhd. 6 dürfte den<br />

Wandel eines älteren *eu oder *co zu neuem öu<br />

(nou; vgl. rQud aus mhd. rot) ausgelöst haben;<br />

manche Leute ersetzen das ou in seinem Verbreitungsgebiet,<br />

zwischen Ingolstndt und dem<br />

Chiemsee, neuerdings vollends durch das andere<br />

Qu und sprechen nunmehr n§u usw. Im osttirolischen<br />

Virgental veränderte sich oi für mhd. iu<br />

der Umgebung zu jenem öü, das sonst für gedehntes<br />

mhd. o häufig ist, also nöüie, toüvl nach<br />

poüdn (Boden) usw. für noi\c, töivl in den Nachbartälern.<br />

In Teilen der Oststeiennark ist älteres<br />

oi (oder uii) sogar zu ei verändert (nei, deivl), zu<br />

jenem ei, das z. B. in leVi} (legen), beVn (Böden)<br />

und in vielen Wörtern mhd. c und ö vertritt. Die<br />

gliederarmo tu-Reihe ist also in weit auseinanderliegenden<br />

Gegenden und in verschiedenster Weise<br />

15


Einltg. 44—47<br />

von gliederreichen Reihen aufgesogen worden (s.<br />

auch § 16 b und Karte 12).<br />

In großen Teilen <strong>des</strong> Bairischen wurde vorerst<br />

die große f-Reihe für mhd. e z. B. in rfgr/j (Regen),<br />

g$bm (geben) durch den weit verbreiteten Wandel<br />

zu e (regn,, gebm; s. § 3 c —f) sehr stark dezimiert,<br />

so daß f nur in einem guten Dutzend Wörtern<br />

vor folgendem l, r und teilweise vor folgendem h<br />

übrig blieb, z. B. in m$l (Mehl), st%ln (stehlen);<br />

h$r (her); sqhn (sehen). Dieser ärmliche Restbestand<br />

konnte in einigen südbairischen e-Mundarten<br />

an die stärkere südbair. go-Reihe für mhd.<br />

e und 6, z. B. in s§nl (Seele), kx§vl (Kohl aus mhd.<br />

kSle), m§or (mehr), §vr (Öhr), ts§vh7i (Zehe), angeschlossen<br />

werden. Deshalb spricht man an mehreren<br />

Stellen <strong>des</strong> südbair. go-Gebietes, etwa am<br />

Lechrain, in Nordtirol, um Meran, in Osttirol und<br />

in Teilen von Kärnten, nunmehr e» auch in m§vl<br />

(Mehl), h§or (her) usw. statt <strong>des</strong> seltenen g in<br />

m$l, hqr (s. auch § 3 i, k, m).<br />

45. Schon Einltg. 25 wurde angedeutet, daß das<br />

innere Wesen <strong>des</strong> Lautersatzes anders beschaffen<br />

ist als die bisherigen Arten von Lautveränderungen.<br />

Der Lautersatz beruht darauf, daß das Gefühl für<br />

die Lautreihe, für das Phonem, aus dem vagen<br />

Unterbewußtsein ins volle Bewußtsein aufsteigt,<br />

daß es wirklich bedacht wird. Dies ist möglich,<br />

wenn sich zwei verschiedene gesellschaftliche oder<br />

räumliche Sprachschichten eng miteinander berühren<br />

und man den eigenen Lautstand ständig<br />

vergleichen kann mit dem anderen oder wenn man<br />

als Mundartträger schreibt. Bleiben wir vorderhand<br />

bei der ersten Voraussetzung. Man erkennt z. B. in<br />

Teilen von Süd- und Osttirol das eigene gv (aus<br />

mhd. ei) in prgnt (breit), hgnß (heiß) usw. erst als<br />

Merkwürdigkeit, weil man dafür im benachbarten<br />

Hoch- und Ostpustertal eine andere Lautung, ä<br />

Jprät, häs), einsetzt. Mitten im gn-Gebiet selbst<br />

kommt dieses gv dem Mundartträger nicht zu<br />

Bewußtsein. Den Niederösterreichern der Randlandschaften<br />

ist es bewußt, daß ihr altbodenständiges<br />

ui in hüid (Hut), füis (Fuß) usw. eine<br />

Besonderheit ist; die Verkehrsmundart und die<br />

Verkehrslandschaften setzen ja dafür überall schon<br />

das wienerische und elegantere wo (hünd, jüvs)<br />

ein. Infolge der dauernden Vergleichsmöglichkeit<br />

entwickelt sich das neue Reihenbewußtsein, soweit<br />

eben dieses Vergleichen selbst gegeben ist. In<br />

Nordkärnten weiß man, daß die echten Bauern<br />

prgvt, hgns sprechen, denn die Kärntner Verkehrslandschaft<br />

<strong>des</strong> Südens und die gemeinkärntnerische<br />

Verkehrssprache gebrauchen prät,<br />

häs.<br />

Ins hellste Licht rückt dieses Bewußtsein mit<br />

den Spottsprüchen auf die Bauernmundarten; sie<br />

richten sich nicht gegen die Verkehrsmundart,<br />

sondern gegen die derbere Mundart in den Reliktgebieten.<br />

Der Tiroler hänselt den Pustertaler seiner<br />

auffallenden ä wegen mit dem Spruch: i wirf dg<br />

gas an stän ans pän, ?IQ g$vt di gas aläne häm (ich<br />

werfe der Geiß einen Stein ans Bein (an den Knochen),<br />

dann geht die Geiß allein heim), der Kärntner<br />

aus dem Süden seinen bäuerlichen Landsmann<br />

aus dem Norden mit dem Spruch: wqn de ggvs pvn<br />

swgvf wgox is, is se fgvst (wenn die Geiß beim<br />

Schweif weich ist, ist sie feist), wobei sich in Kärnten<br />

gegen Tirol das gesellschaftliche Verhältnis von<br />

qr> zu ä umkehrt; oder der Niederösterreicher aus<br />

dem WD-Gebiet den rückständiger scheinenden<br />

Bauern aus dem tti-Gebiet mit dem Spruch:<br />

müidv, dv büi häud de ghüi mi'n hüid, daß glai<br />

Qlvß bluittn düid (Mutter, der Bub haut die Kuh<br />

mit dem Hut, daß nur alles bluten tut)! In diesen<br />

wie in zahllosen weiteren Spottsprüchen auf die<br />

16<br />

Lautmerkmale der derberen Mundart wird die<br />

Komik durch die Anhäufung <strong>des</strong> älteren Lautstan<strong>des</strong><br />

auf Grund eben dieses Reihenbewußtseins<br />

erzielt.<br />

46. Deutlich rückt das Reihenbewußtsein durch<br />

die Kunst <strong>des</strong> Schreibens in den Vordergrund. Beim<br />

Schreiben ist man gezwungen, für je<strong>des</strong> mundartliche<br />

Phonem in der Regel ein und denselben<br />

Buchstaben der Schrift einzusetzen. Weil wir heute<br />

schreibgewandt sind, überwuchert bei uns die Beurteilung<br />

der Lautgebung im Rahmen der Orthographie<br />

meistens das unbefangene phonologische<br />

Lautempfinden; das Denken in Buchstaben stellt<br />

das Lautbewußtsein auch an der Dialektgrenze in<br />

den Schatten; ein Problem, das im Vorwort 21<br />

schon angeschnitten worden ist. Es gibt m. E.<br />

eigene Schreibphoneme. Ihre orthographischen<br />

Schreibregeln lassen sich allerdings nur reibungslos<br />

anwenden, solange sich in die Rechtschreibung<br />

selbst nicht heterogene Systeme einschleichen, sei<br />

es durch historisch und unwirklich gewordene<br />

Schreibtradition, sei es durch andersmundartliche<br />

Schreibgebräuche. Den älteren Idealzustand gab<br />

es mit gewissen Einschränkungen im althochdeutschen<br />

Schriftwesen; Einschränkungen, denn<br />

das vulgärlat.-altitalienische Buchstabensystem, an<br />

das die ahd. Rechtschreibung angeknüpft hatte,<br />

brachte Behinderungen in der phonologischen Ausdrucksform<br />

mit sich (s. Vorwort 10). Aber bereits<br />

in hochmittelalterlicher Zeit entwickelte sich die<br />

überlandschaftliche, großenteils alemannisch bedingte<br />

Rechtschreibung <strong>des</strong> „normalisierten Mittelhochdeutschen".<br />

Sie paßte bei weitem nicht mehr<br />

zum Bairischen, am wenigsten zu <strong>des</strong>sen Unterdialekten<br />

und Mundarten, wie sie seit 1300 in<br />

lautlichen Dingen zum Vorschein kamen. Allerdings<br />

wurde im bairischen Dialektgebiet die mhd.<br />

Ideal-Orthographie nur selten ganz streng befolgt.<br />

— Für den Anfänger wird die gegenwärtige<br />

Diskrepanz zwischen den Mundartlauten und den<br />

literarischen Schriftzeichen natürlich dort am<br />

schwierigsten werden, wo sich die mundartlichen<br />

Phoneme nicht vollreihig decken mit dem Buchstabensystem<br />

der Schreibphoneme. Vor allem, wenn<br />

Wörter aufgeschrieben werden sollen, die es in der<br />

Schriftsprache nicht gibt und für die man im<br />

Schreibunterricht keine Regel erfährt, entstehen<br />

dann leicht mundartbedingte Schreibfehler. So besonders<br />

in den schriftsprachefernen Wörtern und<br />

in den Namen von Fluren, Höfen und Kleinsiedlungen,<br />

in den „kleinen Eigennamen", wie man<br />

sie zusammenfassend nennen kann, vor der „Theresianischen<br />

Fassion". Sie mußten früher in jeder<br />

Urkunde neu aus der Mundart in die Schrift umgesetzt<br />

werden.<br />

47. Einige wenige Beispiele dafür genügen. In<br />

der südbairischen Verkehrsrnundart fielen schon<br />

im 13. Jh. mhd. 6 und mhd. ei zum po-Laut zusammen.<br />

Trotzdem wußten die gewandteren Urkundenschreiber<br />

bei prait, haiz (heiß), stain, rain<br />

(Rain) usw., daß ai, und bei rot (rot), östern, hoch<br />

usw., daß 6 zu schreiben ist. Bei kleinen Eigennamen,<br />

wie mundartl. Ngondr (Hofname im Burggrafenamt)<br />

oder MgDsor (alter Familienname in<br />

Brixen und Bozen) wußten jedoch wenige, daß<br />

etymologisches mhd. Nonäre (der Nonsberger) und<br />

Meisäre (der aus Mais bei Meran) vorliegt. Hier<br />

stellten sich in der Tat oft die falschen Schreibungen<br />

Nainar und Mösar neben richtigem Nönar<br />

und Maisar ein, ja, Belege dieser Art sind in Tirol<br />

sogar der ersto sichere Boweis für den mundartlichen<br />

Gleichklang von mhd. 6 und ei. Aus der<br />

Unsicherheit, was das Richtige ist, verirren sich<br />

bei solchen kleinen Eigennamen gelegentlich sogar


Versuche phonetischer Transkription in die Urkunden,<br />

z. B. in Brixen um 1220 Moasar. So gewinnen<br />

wir lautgeschichtliche Anhaltspunkte vor<br />

allem aus den „Rechtschreibfehlern" bei den<br />

kleinen Eigennamen in den Urkunden.<br />

Weniger gewandte Schreiber etwa der kleinen<br />

Privatkanzleien <strong>des</strong> Mittelalters und der Frühneuzeit<br />

machen manchesmal auch in literaturbekannteren<br />

Ausdrücken solche Schreibfehler.<br />

Bei diesen weniger gewandten Gelegenheitskanzlisten<br />

gilt ungefähr dasselbe schwierige Verhältnis<br />

zwischen Laut und Buchstaben wie bei den<br />

jetzigen Abc-Schützen. Ein Schüler der 3. Volksschulklasse<br />

eines Bauerndorfes im nördlichen<br />

Mittelkärnten schrieb in einem Schulaufsatz über<br />

die Osterzeit falsche ei für o: Dann giebt Inen die<br />

Mutter eine reiten Eistereier. Er meinte damit das<br />

mundartliche nghr gip senvn de müvtr gvne rgvtn<br />

gvstrgvr (dann gibt ihnen die Mutter einige rote<br />

Ostereier); ja ein Mölltaler Schulkind sprach<br />

sogar, nachdem es der Lehrerin das elterliche<br />

Ostergeschenk überbracht hatte, ganz nobel: do<br />

sikxt Invn de mutta aine hraitn äia tsin aista'n<br />

(da schickt Ihnen die Mutter einige roten Eier zu<br />

Ostern); in seinem unverfälschten Bauerndialekt<br />

hätte es sagen müssen: do Sikxt ein.kx de müdtar<br />

gmie hrgntn gor tsyn gvsta'n. Auch hier ist das<br />

mundartliche gv, von dem man nicht ohne weiteres<br />

weiß, ob man dafür ei oder o schreiben soll, unrichtig<br />

transponiert worden. Also falscher Ersatz!<br />

48. Hinter all dem steht ein volles Reihenbewußtsein<br />

mit seinem Denken und seinen Denkfehlern,<br />

den Fehlern eben <strong>des</strong>halb, weil sich ja<br />

der Lautersatz im Gegensatz zum Wandel bewußt<br />

vollzieht, steht so ein Bewußtsein auf Grund durchdachter<br />

Lautvergleiche, gleichgültig, ob mit der<br />

Schrift oder mit einer anderen Mundart. Der Ersatz<br />

will die altertümlichen Lautungen, soweit sie<br />

anderen schwer verständlich sind, unterdrücken,<br />

und wenn sie als „grobbäurische Derbheiten" von<br />

den Nachbarn allzuoft belächelt werden, allmählich<br />

ganz beseitigen, um jeder Spöttelei zu entgehen.<br />

Beim bewußten Vorgang <strong>des</strong> Ersatzes wird gedacht;<br />

eben <strong>des</strong>halb können Fehler entstehen;<br />

Fehler, die wie gesagt beim Wandel, bei der<br />

Reihenausweichung und bei der Aufsaugung gliederarmer<br />

Reihen kaum möglich wären. Beim Ersatz<br />

entscheidet keine unbewußte Neigung und Tendenz,<br />

keine Monogenese und kein vorausbestimmter<br />

Gleichlauf der Veränderung in der Heimat- und<br />

der Außenmundart, es gilt auch nicht das unmerkliche<br />

Hinübergleiten von Lautvariante zu<br />

Lautvariante und am allerwenigsten die unwillkürliche<br />

Ausnahmslosigkeit <strong>des</strong> Naturgesetzes.<br />

Vorerst macht sich der Ersatz bei den „besseren"<br />

Leuten breit. Er beruht auf einem soziologischen<br />

Werturteil. Erst aus dieser Gesellschaftsschicht<br />

sickert er als noblere Form langsam in die Bauernmundart.<br />

Nicht das Lautsystem allein, das beim<br />

Wandel, bei den Reihenausweichungen und bei<br />

der Reihenaufsaugung entschieden hatte, ist seine<br />

innero Triebkraft, sondern auch ein äußerer Umstand,<br />

die Gesellschaftsordnung im Streben nach<br />

dem scheinbar Besseren, wirkt entscheidend mit<br />

herein.<br />

Wohl bemüht sich auch der Ersatz um die Erfassung<br />

der vollen Lautreihe, <strong>des</strong>senungeachtet<br />

bleiben nach seiner Durchführung besonders in<br />

schriftsprachefernen Bauernwörtern Restformen<br />

aus dem älteren Zustand zurück, wie z. B. das<br />

südwaldviertlerische ghuißv (Schlittenkufe) mit<br />

seinem alten ui neben dem jetzigen un in hünd,<br />

füvs usw. (s. Einltg. 11); es bilden sich falsche<br />

Umroihungen, indem vereinzelt aus dem bewußten<br />

Einltg. 47—50<br />

Nebeneinander von Altem und Neuem lautwidrig<br />

bald der alte, bald der neue Zustand dort analog<br />

geschaffen werden kann, wo er nicht hingehört;<br />

also „falsche" Rück- und „falsche" Überbildungen;<br />

es kommt vor, daß sich die alten und die neuen<br />

Lautungen vermengen und Misch- oder Kompromißformen<br />

auftauchen. Beim Anbruch <strong>des</strong> Ersatzes<br />

helfen nicht selten Verkehrs Wörter, Einzelfälle,<br />

die schon vorher mit dem neuen Lautstand<br />

eingedrungen waren, mit. Man könnte sie <strong>des</strong>halb,<br />

wenn man wollte, als „Vorausformen" bezeichnen,<br />

würden sie nicht, vom Bauernleben aus gesehen,<br />

Einfuhrware und Lehngut sein. Alle diese Abirrungen<br />

sprengen da und dort unabsichtlich die<br />

Vollreihigkeit der Lautveränderung. Erst aus dem<br />

Lautersatz versteht man das Wesen der Restformen,<br />

der falschen Rück- und Überbildungen<br />

und der Mischformen in ihrem inneren Kern.<br />

49. Die wortsoziologischen Bindungen der Restformen<br />

im besonderen kennen wir schon (s. Einleitung<br />

11). In der historischen Dialektgeographie<br />

nehmen die Restformen eine wichtige Stellung ein.<br />

Hier begnügen wir uns mit wenigen ausgewählten<br />

Beispielen. Im nördlichen Niederösterreich war<br />

einstmals mundartl. gi für mhd. 6, z. B. in rgid<br />

(rot), gisdmi (Ostern) usw., weit verbreitet. Es ist<br />

jenes gi, welches in benachbarten Rückzugsgebieten<br />

am äußersten Nordrand <strong>des</strong> Waldviertels,<br />

im westlichsten Südmähren, in Südböhmen und in<br />

Teilen <strong>des</strong> Mühlviertels bis jetzt in der Vollreihe<br />

fortlebt (s. § 11 d 4 und Karte 10). Sonst ist es in<br />

Nordniederösterreich von g (rQd, gsdvn) allgemein<br />

verdrängt worden. In<strong>des</strong>sen blieb gi teilweise im<br />

schriftsprachefernen Bauernwort bgißßn (Nüsse<br />

vom Baum schlagen) aus mhd. bözzen (stoßen,<br />

schlagen) und im Bauernwort böi nd l (Bohne) neben<br />

allgemeinem g lebendig. Das neuere g hat seine<br />

Heimat in Wien und Umgebung und war nach dem<br />

Wiener Vorbild im 15. und 16. Jh., ausgenommen<br />

vielleicht Tirol und Salzburg, in Österreich stadtund<br />

verkehrsmundartlich; es wurde selbst<br />

wieder im 17. und 18. Jh. in der Stadt- und<br />

Verkehrsmundart durch schriftsprachliches ö verdrängt.<br />

Nur in Restformen, z. B. in Wien in bgßßn<br />

(Nüsse vom Baum schlagen), in Klagenfurt und<br />

Villach in khlgtsn (gedörrto Birne) aus mhd.<br />

klotze, lebt das einstige g im verborgenen weiter.<br />

50. Die Eigenart der falschen Rückbildungen<br />

veranschaulichen folgendo Beispiele. Im obersteirischen<br />

Mur- und Mürzgebiet gebrauchen für<br />

die Lautfolge -rt- die alten Leute -st-, dio jüngeren<br />

-t-. Die ganz Alten sprechen um Knittelfeld noch<br />

pgSt (Bart), h$St (Herd), kfiQoSt (umgekehrt), wiost<br />

(Wirt), khusts (kurz) usw., dio Jüngeren pgt,<br />

het, kh^nt, w'wt, khuts: St wird durch t ersetzt (vgl.<br />

auch § 50 e 3 und Karte 27). Danach hört man in<br />

dieser Gegend gelegentlich auch „falsches" tr^stn<br />

(treten), prgnst (breit) pr^nsto (breiter), Stu(v)Stn<br />

(Stute) neben „richtigem" trqtn, prgnt, prqntD,<br />

Stüntn. Ein verwickelter Ersatz und wieder eine<br />

Art Kettenreaktion, diesmal eine Aufeinanderfolge<br />

verschiedenen Ersatzes, liegt vor, wenn man in<br />

etlichen Dörfern um Knittelfeld und Judenburg<br />

für altmundartliches sgoftn (Seife) öfters sgljtn und<br />

gar senjtn zu hören bekommt. Damit wir diese<br />

absonderlichen Lautungen begreifen, müssen wir<br />

allerdings etwas weiter ausholen. Die Bauern um<br />

Knittelfeld und Judenburg sprechen zu unserer<br />

Überraschung für mhd. -ar- und -or- (vor Gaumenund<br />

Lippenlauten) gl, dasselbo gl, dos auch für<br />

mhd. -öl- und -er- üblich ist; z. B. in wglbm (warm),<br />

dglf (Dorf), aber auch in hglfon (helfen) und ebenso<br />

in Stglbm (sterben). Dio ältero Knittelfelder und<br />

Judenburger Stadt- und dio Obermurtaler Ver-<br />

17


Einltg. 50—52<br />

kehrsmundart macht es anders, sie unterscheidet<br />

hier drei Lautreihen. Sie setzt für -ar- und -or-<br />

QÜ ein, dasselbe QV, das auch für mhd. ei gilt, z. B.<br />

in WQv'm (warm), dgvf (Dorf), ebenso in prgvt<br />

(breit), hgvs (heiß), dies in Übereinstimmung mit<br />

der Bauernmundart; für mhd. -el- bleibt sie bei<br />

-gl- (hglfn), für mhd. -er- setzt sie ev (st^m)<br />

ein. Die Seife wird seit zwei Menschenaltern beim<br />

Dorfkrämer gekauft und nicht mehr im Hausbetrieb<br />

erzeugt. Der Dorfkrämer nennt sie SQvftn.<br />

Auf Grund der soziologischen Gleichung: verkehrsmundartliches<br />

QV in wgv'm, dgvf ist gleich<br />

bäuerlichem £7 in wglbm, dglf, konnte man nun<br />

zu verkehrsmundartlichem SQvftn jederzeit ein<br />

bäuerliches sglftn (Seife) entwickeln. Dieses sglftn<br />

konnte man überdies auf Grund der anderen<br />

Gleichung: bäuerliches stg'lbm (sterben) ist gleich<br />

verkehrsmundartlichem st^rfm, zu „noblerem"<br />

ftn „verbessern".<br />

51. Das Wesen der falschen Überbildungen eröffnet<br />

sich uns in folgenden Fällen. Im Rahmen <strong>des</strong><br />

oben erwähnten Obermurtaler Ersatzes <strong>des</strong> älteren<br />

-st- aus -rt- durch jüngeres -t- in h§t aus h$st (Herd)<br />

usf. bildet sich um Knittelfeld manchesmal auch<br />

„falsches" -t-; man hört „falsches" dr $vte (der<br />

erste), ivut (Wurst), dut (Durst) mit -t- für „etymologisch<br />

richtiges" -st- {dr qnste, wüst, düst);<br />

„falsch", weil ihr -t- gar nicht auf -rt-, sondern auf<br />

-rst- zurückgeht, für das auf alle Fälle -st- eintreten<br />

müßte. — Im Burgenland als der beharr -<br />

sameren Landschaft und in der angrenzenden<br />

südlichen Oststeiermark als der moderneren Sprachlandschaft<br />

stehen sich gegenüber: Burgenländ. ui<br />

für mhd. uo in hüit (Hut), füis (Fuß) usw. und<br />

zugleich burgenländ. ui für mhd. iu in stüiffgtv<br />

(Stiefvater), tüif (tief), üix (euch; nur mehr als<br />

familiäre Höflichkeitsform üblich); dafür tritt<br />

steirisches üd für mhd. uo in hüot, füds, für iu aber<br />

bald steir. id in sdioff§to, dldf (tief), bald steir. ui<br />

wie im Burgenland in üix (euch) ein. Die Steirer<br />

haben jedoch ihre drei Ersatzreihen üo, ia und<br />

ui für das einheitliche ältere (burgenländ.) üi<br />

nicht streng genug auseinandergehalten. Es kam,<br />

örtlich verschieden, zu falschen Überbildungen,<br />

wie stüdffQtD, üdx (euch) und wie lox (euch; s. auch<br />

§ 16 j 6 und 16 k). — Um Radkersburg erinnern<br />

sich die ältesten Leute an einstige (n-Lautungen<br />

für mhd. 6 aus Urgroßvaters Zeiten, etwa rgit (rot),<br />

gistv'n (Ostern); s. auch § 11 b 3 10 ); unter Näselung<br />

wurde daraus öi n in löi n (Lohn) u. e. a. Für mhd. iu<br />

tritt in diesem Teil der Oststeiermark ui (düivl<br />

„Teufel", üix „euch") auf, das unter Näselung,<br />

z. B. in ghöi n (kauen, aus mhd. kiuiven), blöi"<br />

(bleuen) auch zu öi n wurde und mit löi n (Lohn)<br />

zusammenfiel. Als man um Radkersburg vor zwei<br />

Menschenaltern das alte oi aus mhd. 6 zugunsten<br />

benachbarter oststeirischer Mundarten zu «a<br />

(rüdt, üostn'n) lind öo n (lön n ) modernisierte, nahm<br />

man irrtümlich auch ghöi n , blöi n mit und machte<br />

auch sie zu ghöo n , blöD n ; diese falschen Überbildungen<br />

sind noch jetzt um Radkersburg zu<br />

hören (s. § 16 e 1). — östlich von Anzing und Erding<br />

(Oberbayern) beobachtet man als älteste Entsprechung<br />

für mhd. iu den mittelgaumigen Zwielaut<br />

ou (s. Einltg. 44, § 16 b und Karte 12), z. B.<br />

in nou (neu), douve (Teufel); unter Näselung wurde<br />

auch mhd. 6, wofür normalerweise gu eintritt<br />

(rgud „rot", gusdvn „Ostern"), etwa in lou n (Lohn),<br />

10 ). Diese Altradkersburger Qi für mhd. 6 stehen<br />

kaum mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit<br />

jenen nordniederösterreichischen QI, über die oben<br />

(Einltg. 49) die Rede gewesen war.<br />

18<br />

zu diesem öu. Unter dem Druck der landläufigen<br />

Verkehrsmundart ersetzt man langsam das alte<br />

ou für mhd. iu durch nobleres öi. Dabei wurde<br />

zwischen Anzing und Erding nicht nur nöu,<br />

döuve zu nöi, döive, sondern natürlich auch löu n<br />

zu löi n , obwohl es genau genommen gar nicht<br />

dazugehörte. Dieses „falsche" löi n ist heute sogar<br />

der sicherste Beweis für das einstige Vorhandensein<br />

von mundartlichem ou für mhd. iu zwischen<br />

Anzing und Erding (s. § 16 b 6).<br />

Auch bei den falschen Überbildungen können<br />

wir mit einer verwickelten Kettenreaktion aufwarten.<br />

Im Mittelpunkt steht ein Ortsname im<br />

südlichen Waldviertel, Feuersbrunn (mundartl.<br />

Fois-, Fai(v)sbrnn), eine Umgestaltung aus mhd.<br />

Vuozzesbrunne; es ist die Heimat <strong>des</strong> mhd. Dichters<br />

Konrad von Vuozzesbrunnen. Die Ursache <strong>des</strong><br />

Ersatzes von mhd. uo in Vuozzesbrunne durch<br />

mhd. iu (jetzt eu geschrieben; vgl. mhd. viur,<br />

jetzt Feuer) war eine einstige Lautgleichheit von<br />

mhd. uo und mhd. iu als m-Laut, wie wir sie fürs<br />

Burgenland vorhin kennengelernt haben, z. B. in<br />

füis (Fuß) und in tüif (tief, mhd. Huf); die Umbildung<br />

selbst beruht auf einer älteren Aussprache<br />

* Vuisprun, die man damals als Fueß- wie auch als<br />

Feu(er)sbrunn auslegen konnte. Heute müssen<br />

wir von Feuersbrunn nahezu 100 km weit nach<br />

Norden, bis in die südmährische Sprachzunge<br />

Neubistritz-Neuhaus, wandern, um diesen alten<br />

Sprachzustand einigermaßen vollgültig aufzuspüren.<br />

Dort heißt es tatsächlich vüiß (Fuß),<br />

hüit (Hut) und ebenso vüi(r) (Feuer), nüi (neu;<br />

s. § 16 b 2 und 18 a 2 sowie die Karten 12 und 15).<br />

Im 15. Jh. war nach urkundensprachlichen Belegen<br />

dieser Gleichklang von mhd. uo und iu tatsächlich<br />

im südlichen Waldviertel um Feuersbrunn,<br />

ja sogar in ganz Niederösterreich, vorhanden.<br />

Seither haben sich allerdings die Lautverhältnisse<br />

im südlichen Waldviertel grundlegend verändert.<br />

Die alten ui aus mhd. uo sind inzwischen durch<br />

uv ersetzt worden (zur südwaldviertlerischen Restform<br />

ghuifft) mit ui s. Einltg. 11), die alten ui<br />

aus mhd. iu sind durch oi verdrängt worden, so<br />

daß *düif, *füi(r) zu *döif, *föi(r) oder *föiv<br />

geworden waren. Doch wurde im unteren Waldviertel<br />

erstens nach Erinnerungsformen der ältesten<br />

Leute dieses *föiv zu fön, fün „vereinfacht",<br />

zweitens hat man die mundartliche oz-Reihe selbst<br />

im Sinne der Verkehrssprache größtenteils auf die<br />

in- und die ai-Reihe aufgeteilt und spricht jetzt<br />

nur divf mit in und fäi, fäiv mit ai. Die lautgeschichtlichen<br />

Voraussetzungen für den südwaldviertlerischen<br />

Ersatz von mhd. VuozzcsbrunnedurchFeuersbru7i7i<br />

(Fainsbn'ui) s'mdimGchiet<br />

<strong>des</strong> einstigen Lautvorganges durch ganze Kettenreaktionen<br />

längst radikal ausgelöscht worden. Das<br />

ist auch kein Wunder, befinden wir uns doch in<br />

Niederösterreich, im Lande der beweglichsten Lautgrenzen<br />

(s. Einltg. 16).<br />

52. Nur ausnahmsweise sehen wir beim Lautersatz<br />

und seinen Irrtümern kein soziologisches<br />

Gefälle mehr als Triebkraft. Einer der wenigen<br />

Belege dafür ist das gelegentliche Durcheinander<br />

bei den Lautungen für -rt-, -ht- und -st-. Sicherlich<br />

ist an den sonderbaren Vertauschungen dieser<br />

Lautfolgen ein früheres Hinundherschwanken der<br />

Lautentsprechungen für altes -rt- im Raum (s.<br />

Einltg. 50 und 51, § 32 b 5, 50 e 3 und Karte 27)<br />

schuld. Weil mhd. bart (Bart), hert (Herd) usw. in<br />

buntem räumlichem Gewirr bald zu bg(v)M,<br />

hq(v)sd, bald zu bg(n)xd, h^(v)xd geworden war,<br />

kann man in größeren Teilen <strong>des</strong> östlichen Mittelbairischen<br />

das Baden der Hühner, mhd. *bäh-


tenen 11 ), als bgs(d)ln mit -st- statt ursprünglichem<br />

-ht- wiedergeben. Der Übertritt vollzog sich gewiß<br />

noch zu einer Zeit, als, etwa bis um 1300, das<br />

alte -st- gerade noch als -st- existierte, also als mhd.<br />

bast, swester noch als *bgsd, *sweßtvr auftraten; weil<br />

bgsd und bgxd für mhd. bart ständig wechselten, so<br />

konnte natürlich auch *bgxd und *bgxdln aus mhd.<br />

bäht, *bähtenen gelegentlich „falsch" zu *bgsd,<br />

*bgsdln umgestaltet werden. Dieses bgsdln konnte<br />

schließlich beim Ersatz von bgsd (Bast) durch<br />

bgsd fälschlich zu bgsdln mit -sd- mitgenommen<br />

werden. Den umgekehrten Weg ist in einigen<br />

oberösterreichischen Gegenden mhd. biest (die<br />

gelbe Fettmilch der Kuh nach dem Kälbern)<br />

gegangen, das als bivxd mit -ht- entgegentritt. Von<br />

dieser neuen Kettenreaktion, bei der sich mehrere<br />

ersatzmäßige Veränderungen ineinanderflechten,<br />

sind charakteristischerweise vorwiegend schriftspracheferne<br />

Bauernwörter erfaßt worden.<br />

53. Manchesmal breitete sich falscher Ersatz<br />

über eine ganze Lautreihe aus. Dabei spielen<br />

gelegentlich Reihenanalogie und Symbole der<br />

Wortbildung (Morpheme) mit. So bei den falschen<br />

Geminationen einfacher alter -t- im Salzburgischen<br />

zu -tt- (s. § 35 b). Infolge der in der Einltg. 33<br />

erwähnten Vokalüberdehnung in den alten Einsilbern,<br />

ahd. zakx zu mhd.-mittelbair. zgkx, steht<br />

im Wortauslaut einfacher Starklaut, der zur Lenisierung<br />

neigt (s. § 34 k); dafür gilt, z. B. in zakkxl<br />

(Säcklein) im alten Wortinlaut Geminata und unverrückbarer<br />

Starklaut. Dieser Wechsel wurde<br />

im Salzburgischen fälschlich auch auf -t- übertragen,<br />

soweit im Paradigma t bald im Auslaut,<br />

bald im Inlaut stand; zu haut (Haut) wurde ein<br />

„falsches" haittl (Häutchen), zu hrgut (rot) ein<br />

„falsches" r> hrquttv (ein roter) gemacht, weil dieser<br />

Wechsel von einfachem und verdoppeltem Mitlaut<br />

z. B. in sgkx (Sack) und sakkxl (Säcklein), in<br />

dls (Tisch) und dißßl (Tischlein), ngs (naß) und<br />

v ngßßn u. v. a. vorgebildet war.<br />

54. Vereinzelt kommt es auch sonst zu übertriebenem<br />

Reihenersatz. Der modernste bair.<br />

Unterdialekt, das Mittelbairische, hat, wie wir<br />

schon in der Einltg. 44 angedeutet haben, das<br />

alte, offene § für mhd. e unter Dehnung (außer<br />

vor l, r und h) zum geschlossenen e umgewandelt<br />

(s. § 3 d 2/3); mhd. regen, geben wurden im Mittelbair.<br />

zu re"i\, ge'm und können seither mit gedehntem<br />

mhd. e in legen, heben (le'n, he'm) rein<br />

gereimt werden. Hingegen blieb das offene g für<br />

kurz gebliebenes e unberührt erhalten. Mitteibair.<br />

l%kkv (lecken) und wekkv (wecken) ergeben ebensowenig<br />

einen reinen Reim wie mhd. lecken und<br />

wecken. Diese mittelbairische Lautveränderung<br />

drang später, zum Ersatz umgegossen, als Frontalwelle<br />

und in punktuellen Überspringungen (s.<br />

Einltg. 20) tief ins Südbairische ein. Im jüngeren<br />

Bereich dieses Ersatzes wurde nunmehr der Umfang<br />

der Veränderung oft zu weit ausgedehnt,<br />

es wurden auch die kurzen offenen f-Lautungen<br />

zu geschlossenem e gemacht. Z. B. am Lechrain<br />

heißt es jetzt auch lekkx^, das nunmehr mit<br />

wekkxn rein reimt (s. § 3 g und Karte 3). Zum<br />

übertriebenen Ersatz gehören auch die übertriebenen<br />

Verbairungen Einltg. 23.<br />

u ) Zu mhd. bäht (Staub); auch in Tiroler Mundarten<br />

heißt das Baden der Hühner stauben, weil<br />

dabei Staub aufgewirbelt wird.<br />

Einltg. 52—57<br />

55. Verschiedentlich wachsen die alten Erb- und<br />

die neuen Ersatzlautungen zu Misch- oder, wie man<br />

auch sagt, zu Kompromißformen ineinander. Der<br />

in der Einltg. 50 behandelte obersteirische Ersatz<br />

von altem -st- aus mhd. -rt- durch jüngeres -t-,<br />

also von h$st durch h§t (Herd), ist auch im Mürztal<br />

aktuell, nur sind hier unter niederösterreichischem<br />

Einfluß die neuen Ersatzlautungen diphthongisch:<br />

für altes h$sd, bgsd (Bart), ghußtß (kurz) tritt hier<br />

neues h$vd, bgad, ghuvtß ein. Manche Mürztaler<br />

gebrauchten vor zwei Menschenaltern die ausgesprochenen<br />

Mischformen hgosd, bgvsd, ghuvßtß.<br />

56. In wenigen Fällen hat der Ersatz keine<br />

Möglichkeit mehr zu Irrtümern und Fehlern und<br />

ist gezwungenermaßen ausnahmslos. Bei ihnen<br />

besteht für uns die Gefahr der Verwechslung<br />

mit dem Lautwandel. Doch sind, gemessen an<br />

dem modernen Sprachleben, derartige Vorgänge<br />

äußerst selten. Wir brauchen ihretwegen die allgemeine<br />

Regel, nur der Lautwandel geht ausnahmslos,<br />

der Lautersatz jedoch mit Abirrungen vor sich,<br />

nicht mehr umzustoßen. Mir ist nur ein einziger<br />

Lautersatz mit einwandfreier Ausnahmslosigkeit bekannt.<br />

Es geht um die Beseitigung der alten Mittelgaumenvokale.<br />

Die Mundarten der Tiroler Hochtäler<br />

und der Mittelsteiermark haben aus einem<br />

einstmals gemeinbairischen Lautstand <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />

die mittelgaumige Aussprache der alten Hintergaumenvokale<br />

bis in die Gegenwart herübergerettet,<br />

z. B. im ötztalerischen övm (Ofen),<br />

ßtüwa (Stube), haöß (Haus), hüdt (Hut), <strong>des</strong>gleichen<br />

ro9t (rot). Näheres s. § 5 c und Karte 5. Wahrscheinlich<br />

schon seit 1300 begannen die mittelgaumigen<br />

Vokale auf bairischem Boden langsam<br />

zurückzuweichen; dieser Rückzug hält bis jetzt<br />

ununterbrochen an. Nach eigenen Beobachtungen<br />

verschwanden die Mittelgaumenvokale aus den<br />

untersten ütztaler Gemeinden ötz und Sautons<br />

zwischen 1920 und 1940, um 1940 begannen sie in<br />

den beiden nächstoberen Orten Tumpen und<br />

Osten gerade zu verklingen. An Stelle der alten<br />

Lautungen treten övm, ßtüiva, haoß, hüdt, rgnt.<br />

Dieser Ersatz ist phonologisch derart abgesondert<br />

vom übrigen Lautsystem, daß Querverbindungen<br />

zu anderen Phonemen tatsächlich unmöglich sind.<br />

57. Unsere vier mehr oder weniger triebhaften<br />

Lautprozesse, Wandel, Reihenausweichung, Reihenaufsaugung<br />

und Lautersatz, beherrschen so,<br />

wie sie hier zum erstenmal unterschieden und erläutert<br />

worden sind, das innere Leben der historischen<br />

<strong>Lautgeographie</strong>. Ihre Begleitumstünde, dio<br />

Gesellschaftsordnung, dio Zeitgebundenheit, dio<br />

Raumordnung und die fremdsprachigen Einflüsse,<br />

sind nur dio äußeren Regulatoren. Über das<br />

Sprachleben spannt sich der vereinigende Bogen der<br />

Ganzheit bis zur Kulturgeschichte in Zeit, Raum<br />

und Gesellschaft. Dio Lautgeographio und Lautgeschichto<br />

sind freilich für ihre Darstellung dio<br />

zäheste Materie, außerdem mußten hier der Kürzo<br />

halber viele Exkurse in dio Raum- und Kulturgeschichte<br />

unausgesprochen bleiben. Immerhin<br />

hoffe icli trotz der erdrückenden Fülle <strong>des</strong> Materials<br />

den Blick auf das Ganze immer im Auge behalten<br />

zu haben.<br />

2* 19


§la—d2<br />

Der Yokalismus<br />

A. Die mhd. Kurzvokale und mhd. d mit<br />

seinem Umlaut<br />

§ 1. Mhd. langes d und kurzes a (s. auch<br />

Karte 1)<br />

Übersicht: a. Unterscheidung in drei große,<br />

quantitativ bestimmte Gruppen. — b. Diese drei<br />

Gruppen in den oberdeutschen Dialekten. —<br />

c. Zusammenfall aller drei Gruppen innerhalb <strong>des</strong><br />

Bairischen. — d. Stärkere Verdumpfung u. dgl.<br />

von d und ä gegen d. — e. Sonderentwicklung <strong>des</strong><br />

d im Nordbairischen. — f. Zusammenfall von mhd.<br />

d mit mhd. o im älteren Mittelbairischen. —<br />

g. Sonderentwicklungen von -ar- im Auslaut und<br />

vor Zahnlaut sowie von -al- durch Wandel zu<br />

ar, al. — h. Sonstige Entwicklungen von -ar-. —<br />

i. Sonstige Entwicklungen von -al-; — j. und von<br />

-ah-. — k. Die a-Laute im Zimbrischen. — 1. d zu<br />

„südbair." o; weitere Merkwürdigkeiten vor r.—<br />

m. Allgemeiner Wandel zu Q, O und ou. — n. ä, ä<br />

und d vor Nasenlauten. — o. Quantitätsunterschiede<br />

vor l. — p. -seh-, -s- und -c/ts-Umlaut. —<br />

q. Schriftspr. Lehnwörter.<br />

a. Fürs Oberdeutsche sind drei Gruppen zu<br />

unterscheiden; erstens: die Entsprechungen für<br />

vmhd. langes d z. B. in blasen, swäger (Schwager),<br />

rät (Rat) usw.; zweitens: die Entsprechungen<br />

für jene mhd. kurzen a, die im Nhd. gedehnt<br />

worden sind, etwa in nhd. Hasen (plur. zu „Hase"),<br />

mager, Iiäd usw.; drittens: die Entsprechungen<br />

für jene mhd. kurzen a, die auch im Nhd. kurz<br />

geblieben sind, etwa in Gassen (plur. zu ,,Gasse"),<br />

viachen, Affe usw. Für die erste Gruppe dient<br />

uns fernerhin als Musterbeispiel blasen, für die<br />

zweite Gruppe Hasen, für die dritte Gassen;<br />

oder d, ä und ä. Sie vertreten obenso im Text wie<br />

auf der dazugehörigen Karte 1 jeweils die ganze<br />

Reihe.<br />

b. 1. Fast für allo deutschen Dialekte ist die<br />

Verdumpfung <strong>des</strong> alten a zu g charakteristisch,<br />

nur verhalten sich unsere drei Gruppen jeweils<br />

verschieden. Innerhalb <strong>des</strong> Oberdeutschen hat<br />

grob gesagt das Alemannische nur die Gruppe 1,<br />

also d, verdumpft, die mhd. Kürzen jedoch ohne<br />

Rücksicht auf ihre nhd. Dauer als hellen a-Laut<br />

beibehalten; also alem. blgsD (blguso), aber häso<br />

(hochalem. haso) wie gaßßn (nordschwäb. gasn);<br />

das Ostfränkische hat die Gruppen 1 und 2,<br />

also langes d und nachher gedehntes ä, gemeinsam<br />

bis zu ö verdumpft, die Gruppe 3 aber, das kurz<br />

gebliebene ä, wonig verändert als a l ) oder als<br />

d 2 ) stehen gelassen; also blösn wie hösn gegen gäsn;<br />

das Bairische modernerer Prägung behandelt<br />

schließlich allo drei Gruppen einheitlich; es heißt<br />

z. B. in Wien blgsn, hQsn und ggßn, allo drei mit<br />

x ) a gleicht hier dem bühnendoutschen a-Laut. —<br />

2 ) d klingt bereits ein wenig dumpfer; g ist nur<br />

um eine Nuance heller als das bühnendeutscho<br />

-o- in ,,Rock" und dgl.; o ist der bühnendeutsche<br />

Laut in „loben" usw.<br />

20<br />

g. — 2. Auf Karte 1 ist die Verbreitung der gesonderten<br />

Verdumpfung <strong>des</strong> alten d durch die<br />

dicke Borstenlinie hervorgehoben, die Verbreitung<br />

der gemeinsamen stärkeren Verdumpfung von<br />

langem mhd. d und von nhd. ä ist durch Querschraffur<br />

gekennzeichnet, die Verbreitung der<br />

gleichmäßigen Verdumpfung aller drei Gruppen<br />

ist graphisch nicht mehr eigens markiert worden.<br />

Man sieht auf der Karte gleich, daß die Raumverhältnisse<br />

nicht ganz so einfach sind, wie sie<br />

unter b 1 angegeben worden sind; es spielt vielmehr<br />

auf bair. Boden öfters die alem., gelegentlich auch<br />

die ostfränk. Ordnung herein; freilich besteht<br />

meistens kein siedlungshistorischer Zusammenhang<br />

mehr zwischen diesen bairischen und den<br />

außerbairischen Verhältnissen. — 3. Immerhin<br />

wird die Grenze zwischen unverdumpftem kurzem<br />

mhd. a (häsv, gaßßv) gegen verdumpftes g, ä<br />

{hgsn, ggßn oder gäßn) mit Recht gern als Ostgrenze<br />

<strong>des</strong> Alemannischen gegen das Bairische<br />

(und als Nordgrenze <strong>des</strong> Alemannischen gegen das<br />

Fränkische) betrachtet. Sie läuft nach unserer<br />

Karte über den Arlberg, bei der Forchacher Klause<br />

über den tirolischen Lech, durch den Ammersee<br />

und unterhalb Augsburg den Lech abwärts.<br />

c. Der modernste bairische Zustand ist wie gesagt<br />

die Vereinheitlichung aller drei Gruppen in<br />

blgsn, hgsn und ggßn. Er ist vor allem den verkehrsreicheren<br />

Gebieten <strong>des</strong> Ostens und der Donaustraße<br />

eigen, ferner Nordwesttirol mit dem Passeier.<br />

Maßgebend ist dabei das Wienerische als<br />

Vorbild. Nach ihm ist das einheitliche g in Österreich<br />

allgemein stadt- und verkehrsmundartlich.<br />

Dagegen setzt sich in Altbayern, da München<br />

zwischen blqsn und hgsn gegen gäßßn unterscheidet,<br />

umgekehrt im Osten die Münchener Unterscheidung<br />

stadt- und verkehrsmundartlich durch gegen<br />

die alte bäuerlich-dörfliche Einförmigkeit.<br />

d. 1. In<strong>des</strong>sen besteht auch in großen Gebieten<br />

<strong>des</strong> Bairischon die Neigung, langes g entweder<br />

gleich dem Ostfränkischen geschlossener zu sprechen,<br />

es mancherorts in einen steigenden oder<br />

fallenden Zwielaut zu verwandeln oder es gar an<br />

einer anderen Stelle <strong>des</strong> Gaumens zu bilden als das<br />

kurzgebliebene g oder d. — 2. Diejenigen Gebiete,<br />

in welchen nhd. gedehntes mhd. kurz-a {Hasen)<br />

dumpfer und geschlossener ausgesprochen wird<br />

als kurz gebliebenes a, überdecken den Westen <strong>des</strong><br />

Mittel- und Südbairischen (ausgenommen Nordwesttirol,<br />

s. oben) sowie das Nordbairische (ausgenommen<br />

die alte Sprachinsel Iglau). Es wird<br />

also im Nordbairischen zwischen hösn und ggßßn<br />

unterschieden, weiters im Westen <strong>des</strong> Mittel- und<br />

Südbairischen zwischen blösn, hösn einerseits und<br />

ggßßn andererseits oder ähnlich. So im westlichen<br />

Nieder-, in Oberbayern (ohne einon Nordostausschnitt,<br />

den die Karte gut zeigt), in der echten<br />

Bauernmundart in Tirol und tw. im Flachgau, in<br />

der Fersentaler Sprachinsel (östl. Trient) sowie<br />

im Kärntner Lesachtal, im Salzburger Oberpinzgau<br />

und (alt) im Lungau mit seinem Dialektanhängsel,


dem Kärntner Katschtal. Jedoch haben mancherorts<br />

die innersten Hochtäler älteste Einförmigkeit,<br />

so an der Moll (in der Karte nicht eingetragen),<br />

am Eisack, am Sill und an der Passer. — 3. Gemeinsame<br />

steigende Zwielaute für ä und ä in<br />

blasen, Hasen usw. gibt es in den südbair. Sprachinseln<br />

Zarz und Deutschruth (westl. Laibach) in<br />

plguzn, hguzn gegen ggßßn, im Westpustertal in<br />

plgusn, hgusn gegen gQsn, ähnlich im Vintschgau<br />

mit dem Ultental und der Deutschgegend (St.<br />

Felix, Proveis, Laurein), <strong>des</strong>gleichen um Innsbruck<br />

sowie schließlich in einem großen zusammenhängenden<br />

Gebiet im Mitter- und Unterpinzgau,<br />

im Pongau und im anschließenden steir. Ennstal<br />

bis ins Gesäuse. — 4. Fallende Zwielaute gibt es<br />

für d und ä in den Randlandschaften der Gottscheer<br />

Insel vor Zahnlaut, 1, r und n, etwa in<br />

plüdzn wie hüozn gegen ggßßn; sonst tritt hier<br />

unter Länge und Dehnung nur ü auf z. B. in vrügry<br />

(fragen), sübm (schaben) usw. In der Mitte der<br />

Insel heißt es ebenso plüzn und hüzn mit Monophthong.<br />

Übrigens kann im äußersten Osten dieser<br />

Insel auch kurzes ä vor Lippen- und Gaumenlaut<br />

zu u werden, also z. B. hukkxn, (hacken), stup (Stab).<br />

In etwas anderer Verteilung finden wir in Dehnung<br />

fallen<strong>des</strong> öa in einem Teil der Gottscheer Urheimat,<br />

im nördlichen Lienzer Becken und im<br />

Mittermölltal, z. B. in Stall im Mölltal plödsdn und<br />

hödsdn oder fröagn usw.; doch sind diese Aussprachen<br />

dort schon altmodisch. — 5. Bei nhd.<br />

Länge entsteht in der Mittelsteiermark ein mittelzungiger<br />

Selbst- oder Zwielaut mit sehr variablen<br />

Tönungen, z. B. um Köflach plQgzn und h§gzn z )<br />

gegen ggßßn oder in der Straden b. Radkersburg<br />

pl§zn und h§zn 3 ) gegen ggßn (s. Karte 1).<br />

e. 1. In<strong>des</strong>sen waren die Verhältnisse im Bairischen<br />

bezüglich <strong>des</strong> gedehnten ä und <strong>des</strong> langen<br />

d nicht immer einheitlich. Seit 1200, seit Beginn<br />

der Verdumpfung, unterschieden die Urkundenschreiber<br />

zunächst, indem sie im 13. und 14. Jh.<br />

auf gesamtbair. Boden für mhd. langes d unvergleichlich<br />

häufiger o schrieben als für ä und ä. —<br />

2. Das Nordbairische hat das lange mhd. d entsprechend<br />

seiner Neigung zu steigenden Zwielauten<br />

zu gu verwandelt, also blgusn mit Zwielaut gegen<br />

hösn und ggßßn mit einfachem Laut, weil deren<br />

a im Mhd. kurz gewesen war. Im moderneren<br />

Nordbairischen fällt dieses gu für mhd. d zusammen<br />

mit dem gu aus mhd. 6 (s. § 11 a 1), in beharrsamen<br />

Rückzugslandschaften <strong>des</strong> Nordbair. bleiben aber<br />

beide Zwielaute, etwa du aus mhd. d und gu aus<br />

mhd. 6, oft noch unterschieden. — 3. Die Nordgrenze<br />

<strong>des</strong> nordbair. gu aus mhd. d sowie der<br />

Bereich weiterer steigender Zwielaute <strong>des</strong> Nordbairischen<br />

(s. § 10 b 1, § 11 a 2 und § 17 a 2) bilden<br />

nach einer weit verbreiteten Ansicht die Nordgrenze<br />

<strong>des</strong> Gesamtbairischen. Nürnberg und Eichstätt<br />

fallen dann noch auf die bairischo Seite. —<br />

3. Restformen mit gu gibt es, z. B. in Igußßn,<br />

weit nach Süden bis nahe an Passau heran.<br />

f. 1. Auf mittelbair. Boden reimen zwischen<br />

1280 und ugf. 1400 die deutschen Dichter mhd. d<br />

sogar mit mhd. kurzem o, also etwa blasen mit<br />

mhd. losen (horchen). In den drei entlegensten<br />

Randschollen <strong>des</strong> Mittelbair. ist diese Gleichförmigkeit<br />

von mhd. d und mhd. o bis heute erhalten<br />

geblieben; so im Salzburger Flach- und<br />

Tennengau mit dem oberbayrischen Rupertiwinkol,<br />

weiters um Drasenhofen im nordöstlichsten<br />

Niederösterreich und schließlich an der nieder -<br />

österreichisch-steirisch-burgenlündischen Dreiländerecke<br />

(s. die Karte). In diesen Gegenden sind<br />

3 ) wobei g mittelgaumig (palatovelar) und nicht<br />

wie ein echter Umlaut zu sprechen ist.<br />

§ 1 d 2—h 2<br />

überall diese alten Reimmöglichkeiten in voller<br />

Reihe erhalten geblieben. Daher reimt im Flachgau<br />

z. B. blösn mit lösn*), um Drasenhofen blösn mit<br />

lösn und an der erwähnten Dreiländerecke plguzn<br />

mit Iguzn oder ähnlich (zur weiteren Entwicklung<br />

dieses -gu- s. § 5 b 1). — 2. Restformen mit diesem<br />

o oder gu aus mhd. d gibt es in verkehrsfernen<br />

Bauernwörtern neben allgemeinem g insbesondere<br />

im östl. Nieder-, teilweise bis ins westliche Oberösterreich<br />

sowie in Ortsnamen vereinzelt bis in die<br />

mittelbairischen Sprachinseln um Brunn und<br />

Wischau hinein.<br />

g. 1. Im Süd- und Mittelbairischen ging im<br />

11. Jh. nach Ausweis der älteren Urkundensprache<br />

das kurzgebliebene mhd. a, sofern es vor -r- +<br />

Zahnlaut stand, und im 12. Jh. auch -är, sobald es<br />

im Auslaut oder vor Vokal stand, zur Gruppe <strong>des</strong><br />

langen mhd. d über; <strong>des</strong>gleichen im 13. Jh. vielfach<br />

in -ah-, schließlich zur gleichen Zeit im<br />

Mittelbairischen auch in -al-, — 2. Reste dieser<br />

mittelhochd. Umordnung sind noch jetzt<br />

mancherorts fühlbar. Im Flach- und Salzachgau<br />

heißt es bünxd, -sd (Bart), güv (gar), hüv (Har =<br />

Flachs) usw., als läge mhd. -or- vor (s. § 5 g 5),<br />

und in eben diesen Gebieten vielfach sogar büixd,<br />

güi, hüi, als läge mhd. -ur- vor (s. § 8 c 4); im<br />

östlichen Weinviertel, im südöstlichen Niederösterreich,<br />

der sogen. Grafschaft Pitten, sowie in<br />

Landschaften <strong>des</strong> mittleren Burgenlan<strong>des</strong> an der<br />

Sprachgrenze gegen das Magyarische sagt man<br />

dafür ganz alt büvd, güü, hüv; angefangen vom<br />

steirischen Jogelland spricht man mit Unterbrechungen<br />

bis in den burgenländischen Seewinkel<br />

(südöstlich <strong>des</strong> Neusiedlersees) bgurd, g(>ur,<br />

hQur, in weiter südlich gelegenen Restinseln <strong>des</strong><br />

Burgenlan<strong>des</strong> gleich oder ähnlich (pgu(r)d, kyu(r),<br />

hgu(r) oder pgd, kQ, hg); und zwar immer säuberlich<br />

getrennt von gv oder on für mhd. -ar- in<br />

anderen Stellungen, z. B. in flach- und salzachgauisch<br />

Sovff, in weinvicrtl.-ostburgenländ., ebenso<br />

in jogelland. sgvff usw. — 3. Ihre mhd. -a- reimen<br />

im Mittel- und Südbairischen mit alten d, z. B.<br />

in wüv, wüi, wgu(r) (wahr, mhd. war) usw. Im<br />

Nordbairischen fehlen diese alten Übertritte von<br />

-a- zu -d-, daher gibt es auch keine entsprechenden<br />

Reime. Z. B. kann nordbair. gön (mhd. gar) mit<br />

wguo nicht reimen und bleibt daher vokalisch<br />

streng geschieden. — 4. Wir finden im Mittelbair.<br />

-o- Restformen vor -l-, als läge altes äl vor statt<br />

erwartetem -gl-, so in Nieder-, Oberösterreich, im<br />

Norden der Oststeiermark und <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>;<br />

in denjenigen Gegenden dieser Gebiete, wo mhd.<br />

-ol- zu -ul- verändert wurde (s. § 5 d), tritt auch hier<br />

-ul- ein. Am weitesten verbreitet sind wöijgvd<br />

(Wallfahrt) und ölnß, oiß (alles) bzw. in der niederösterr.<br />

Grafschaft Pitten, im Böhmerwald usw.<br />

wülfond, tdß; vgl. vmöi, vmu). neben vmgi (einmal).<br />

h. 1. Mhd. -ar- ist im Bairischen meistenteils<br />

mit mhd. -or- zusammengefallen. Im Lurnfeld und<br />

um den Millstättersee und wieder in Teilen <strong>des</strong><br />

Unterkärntner Lavanttales und der angrenzenden<br />

Weststeiermark gilt vor Gaumen- und Lippenlauten<br />

für beide Lautfolgen -ar-, etwa ivarbm<br />

(warm), tnargi} (morgen), aber nicht vor Zahnlaut:<br />

(im Lurnfeld) pgvrt (Bart), gort (Ort) oder (in der<br />

Weststeiermark) p§gst,


§ 1 h 2—n 2<br />

laut und im Silbenauslaut s. § 50 c 3. — 3. Das<br />

dabei erzielte neue gv aus -ar- fällt meistenteils<br />

nicht nur mit dem gv aus mhd. -or-, sondern auch<br />

mit dem gv aus mhd. ei zusammen (s. § 20 d),<br />

z. B. im steir. Mürztal sgvff wie dgvff (Dorf) und<br />

swgvf, alle mit gv. Doch herrscht bei den alten<br />

Leuten in Teilen von Niederösterreich und im Großteil<br />

<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> eine reinliche Zweiteilung<br />

zwischen sovff und dovff mit ov und swävf mit äv;<br />

in einigen ganz konservativen niederösterr. Randschollen<br />

besteht sogar eine Dreiteilung zwischen<br />

sövff mit öv, dgvff mit gv und swävf mit äv, ebenso<br />

im Flach- und Salzachgau zwischen Sovff mit ov,<br />

dnvff mit uv und swövf mit gv. uv gilt für alle drei<br />

mhd. Laute ganz alt im Bayrischen Wald, um<br />

Furth im Walde, Viechtach und Eisenstein (vgl.<br />

§ 20 c 1). — 4. In der Sprachinsel Gottschee gilt<br />

in allen Stellungen für mhd. -ar (altertümlicher)<br />

•war und (moderner) ür, z. B. in püdrtd (Bart),<br />

güdr (gar), hüdr (Flachs), süzrff (scharf) bzw.<br />

pürto, gür usw.; zur Verteilung von üd und ü um<br />

Gottschee s. oben d. 4. — 5. Auch im Mölltal<br />

gibt es für mhd. -ar- und -or- in einigen Orten um<br />

Rangersdorf und Stall dieses war (neben öar 6 ), ur<br />

und ör 6 ) aber nur vor Lippen- und Gaumenlauten;<br />

im Obermölltal steht dafür gvr (sgvrf); dagegen<br />

gilt vor Zahnlauten und manchmal im Auslaut<br />

gdr oder ga, gv (ähnl. auch in Kais) oder (im Obermölltal)<br />

auch g (pgt usw.).<br />

i. 1. Die Lautfolge mhd. -al- wurde einerseits im<br />

Maltatal in Kärnten, andererseits zwischen Kochl<br />

und Seeshaupt in Oberbayern zu -gl- verändert,<br />

also §lt, Qld (alt) usw.; dies erscheint nur im Silbenauslaut,<br />

gleichgültig ob -l- vor Mitlaut steht oder<br />

nicht. Es heißt daher im Maltatal i ts§l (ich zahle),<br />

aber dQs tsg-l i (das zahle ich). — 2. In der Sprachinsel<br />

Gottschee gilt im gleichen Silbenauslaut meistens<br />

au oder gu, z. B. in aut oder gut (alt); vgl.<br />

noch unter n.<br />

j. 1. Vor -h- ist fallweise, z. B. im Worte mhd.<br />

ahorn, das kurze a meistenteils zur Gruppe <strong>des</strong><br />

mhd. langen ä übergegangen, z. B. an der steir.niederösterr.-burgenländ.<br />

Dreiländerecke gu-vn<br />

oder guhvn und nordbairisches guhuvn. In einigen<br />

steir.-kämtn.-tirol. Tälern erscheint dafür gv, also<br />

gvhr(n); dazu s. auch den Wörterb.-Artikel<br />

„Ahorn". — 2. Unter „Einsilberdehnung" (s.<br />

§ 34 k 3) erscheint im Nordbair. mit -h(s) und<br />

-h(t) QV, also (altertümlich) im Nom. flövs (Flachs),<br />

ngvd (Nacht), im Dat. flgkß, rigxt 1 ). In der nordbair.<br />

Sprachinsel Iglau sind diese Sonderwege noch<br />

nicht beschritten, daher Nom. vlgkß, ngxt, Dat.<br />

vlgkß, ngxt. Ebenso steht im Nordbair. gv unter<br />

„nhd. Dehnung" in slgv-v, slg-v (schlagen) aus<br />

mhd. slahen.<br />

k. Im Südbairischen ist von der alten Unterscheidung<br />

zwischen mhd. ä und mhd. a (und ö)<br />

keine Spur mehr erhalten geblieben, auch in den<br />

sonst so altertümlichen Sprachinseln nicht. Nicht<br />

einmal in der konservativsten Inselgruppe, im<br />

Zimbrischen, besteht in der Lautfärbung ein Unterschied,<br />

obgleich das Zimbrische (Sieben und<br />

Dreizehn Gemeinden, Luserna, Lavarono und<br />

Folgaria) die einzige Mundart darstellt, welche<br />

innerhalb <strong>des</strong> Bairischen die alten a-Laute unverdumpft<br />

erhalten hat und wenngleich die Sprache<br />

speziell in den Sieben Gemeinden überdies die<br />

einzige bair. Mundart ist, in der die ahd. Quanti-<br />

6 ) ö ist hier wiederum mittelgaumig zu lesen.<br />

7 ) Vielfach sind auch im Nordbairischen der Nom.<br />

und der Dat. schon ausgeglichen worden; daher in<br />

beiden Fällen entweder flgvs, ngvd oder flgkß,<br />

ngxt oder gar vermischt flgvkß, ngnxt oder flgvgs,<br />

ngvxd.<br />

22<br />

tätsgesetze so gut wie ungestört erhalten geblieben<br />

sind. Daher in den Sieben Gemeinden pläzen gegen<br />

hazen und vaßjßen*) oder z. B. in den Dreizehn<br />

Gemeinden pläzvn 9 ) und häzvn gegen vaßßvn.<br />

Diese Konservativität mutet uns fast hochalemannisch<br />

an, sie ist aber in Wirklichkeit der gemeinsame<br />

alte frühmhd. Zustand <strong>des</strong> Bairischen<br />

wie <strong>des</strong> Alemannischen.<br />

1. 1. In einigen Hochalpentälern stoßen wir auf<br />

einen eigenartigen Mischzustand. Zwar sind vor<br />

schweren Mitlautgruppen und vor Doppellauten<br />

die mhd. Längen z. B. von släffen, kläfter, kräpfen<br />

gekürzt worden, doch bewahrt die Lautfärbung<br />

immer noch die ältere Stufe der Länge. Es heißt<br />

z. B. bei den ältesten Leuten <strong>des</strong> Lungaus mit dem<br />

mundartlich dazugehörigen Kärntner Katschtal<br />

regelrecht plözn wie hözn gegen ggßßn; es heißt<br />

aber sloffm, kxlofftn, kxroppffm zwar mit dem-oder<br />

Länge von plözn und der Dehnung, aber mit<br />

Selbstlautkürze, in der sonst nur das g von ggßßn<br />

möglich ist. — 2. Eine weitere Feinheit ist es, daß<br />

im größeren Teil <strong>des</strong> Lungaus vor einstigem oder<br />

jetzigem -r- nur ä möglich ist: särff, päxt (Bart),<br />

näx (Narr), fägry (fahren), wä (wahr).<br />

m. 1. In einigen Landstrichen nördlich und<br />

südlich von Passau gibt es Sonderentwicklungen.<br />

Im unteren Inn viertel (nördlich Ried) werden alle<br />

bair. g- und g-Laute, soweit sie nicht genäselt sind<br />

oder vor altem -r- oder -l- standen, zu einem<br />

mittelgaumigen Q (blgsn, hQsn, ggßßn). Im angrenzenden<br />

niederbayr. Rottal mit einigen Unterinnviertler<br />

Gemeinden entspricht statt <strong>des</strong>sen<br />

häufig der Zwielaut ou neben einfachem g, ebenso<br />

in und um Wallern im Böhmerwald; eine Regel<br />

dafür, wann hier der Zwielaut ou eintritt und wann<br />

nicht, hat sich bisher noch nicht auffinden lassen.<br />

Im südlichen Innviertel tritt nahezu geschlossenes<br />

-o- ein, ebenso im oberen Mühlviertel sowie teilweise<br />

im unteren Mühlviertel. — 2. Im angrenzenden<br />

Oborbayern begegnet uns zwischen Inn und<br />

Salzach auch solches -o-, das aber nunmehr zusammenfällt<br />

mit dem mundartl. o aus mhd. o; es<br />

kommt nur mehr in Umgebung rundender Mitlaute<br />

9 «) und vor h vor, z. B. in össn (Asche),<br />

öppffe (Apfel), fössei} (Fasching) oder in dswö-v<br />

(das Gesicht waschen, mhd. divahen); vor allem in<br />

ausgesprochenen Bauernwörtern (s. § 26 b 2).<br />

n. 1. Unter Näselung, also vor einstmals oder vor<br />

heute noch unmittelbar folgendem n, m und t},<br />

schwanken die bairischen Mundarten zwischen<br />

offenem g, geschlossenem o und Zwielaut ou (du);<br />

dasselbe gilt meistens auch für die mhd. Lautfolge<br />

•on-, -om-, z. B. in mhd. Ion (Lünse), doner (Donner),<br />

genomen (s. § 5 e). Steigende Zwielaute<br />

herrschen im Osten, im Burgenland, in der Steiermark<br />

mit Unterkärnten, in großen Teilen von<br />

Nieder- und teilw. in Oborösterreich sowie in<br />

Südmähren und Südböhmen; ferner im Moll-,<br />

Oberdrautal und teilw. im Iselgebiet. In einigen<br />

Orten <strong>des</strong> mittleren Burgenlan<strong>des</strong> sowie in Kais<br />

in Osttirol gibt es statt $u 10 ) sogar monophthongiertes<br />

£, etwa um Rattersdorf grqng (krank) oder<br />

in Kais h$ma (Hammer). — 2. Im kärntn. Lavanttal,<br />

in der Mittelsteiermark und in großen Teilen<br />

<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> entdecken wir zwiefache Entwicklung.<br />

Vor altem n-\- Mitlaut und vor in steht<br />

unter scharf geschnittenem Steigdruck sehr kurzes<br />

8 ) Das Wort „Gasse" gibt es im Zimbrischen<br />

nicht mehr.<br />

9 ) Das l ist palatal und klingt ähnlich wie -gliim<br />

Italienischen.<br />

9a ) Über die rundenden Mitlaute s. a. § 4 c 3<br />

und § 26.<br />

10 ) Q ist mittelzungig.


§ 1 n 2—§ 2 a<br />

g, das strichweise bis a und sogar bis r> reduziert<br />

werden kann, vor v, aber sowie vor einfachem n,<br />

gleichgültig ob es geschwunden ist oder nicht, steht<br />

der reguläre Zwielaut gu (du); z. B. um Gleichenberg<br />

hämt (Hand), hämtnv (Hammer) gegen mgu n<br />

(Mann), mQunvd (Monat), ghrgungx (krank). —<br />

3. Unter der allgemeinen hochd. Dehnung sowie<br />

unter Dehnung alter mhd. Einsilber schwindet im<br />

Nordbair. (wie im angrenzenden Ostfränk.) der<br />

Nasenlaut am modernen Silbenende, gleichzeitig<br />

tritt speziell im Nordbair. (oder genauer gesagt<br />

im Egerland und im Nordosten der Oberpfalz)<br />

ein fallender Zwielaut ein; sonst bleibt im Nordbair.<br />

der Nasenvokal in der Regel bewahrt und das<br />

g als Monophthong erhalten. Es heißt gröv n g oder<br />

grüv n g (krank), aber v grgrygv (ein Kranker),<br />

bön n d oder büv n d (Band), lÖD n g oder lüv n g (lang,<br />

räumlich, mhd. lanc), aber Ign, (lang, zeitlich, mhd.<br />

adv. lange) und v Igiynp (ein langer, zeitlich und<br />

räumlich), es heißt in altertümlichen Mundarten<br />

z. B. nom. möv n oder müv n (der Mann), aber dat.<br />

mgn (dem Mann) und dat. bgnt (dem Bande) zu<br />

böv n d. Wieder nimmt die Iglauer Insel an der<br />

Diphthongierung noch nicht teil; um Iglau sagt<br />

man: khrgrt,kx, pgnt, lgt}kx, mgn (pg n t usw.), aber<br />

Ign,, v Ignpnpr, r> khrgnkhdr, pgnt. — 4. Nur im Nordbairischen<br />

bleibt bis heute mhd. ä vor Nasenlaut<br />

getrennt vom mhd. a; man vgl. z. B. dgu n (getan)<br />

mit möD n Salzburg und Steiermark Umlaut aufweist (assn,<br />

äsn), so erklärt sich dies anders, nämlich als ahd.<br />

Genitiv-Dativ-Umlaut von *askin mit seinem<br />

umlautbewirkenden -i- für den nom. *asko, masc.<br />

(das Wort ist im Osten noch jetzt masculin). —<br />

2. Der alemannische -s-Umlaut, z. B. in gr$s (Gras),<br />

fehlt im Bairischen; nur in näsv, näs reicht er,<br />

insbesondere als scherzhafte Nebenform zu ngsn<br />

(Nase), in Bayern bis über den Starnbergersee und<br />

in Tirol bis Reutte im Unterlechtal auf bairisches<br />

Gebiet über und in päso (Base) stellenweise noch<br />

etwas weiter nach Osten. — 3. -c/is-Umlaut, wie<br />

er uns im Alemannischen mehrfach begegnet, fehlt<br />

dem Bairischen gleichfalls, ausgenommen in jüngerem<br />

Achse (Wagen-, Schlittenachse; mundartl.<br />

akß); Achse dürfte erst im ausgehenden 13. Jh.<br />

aus der Schweiz eingeführt worden sein statt<br />

älterem bair. Achse. Die meisten bairischen Sprachinseln<br />

haben noch jetzt das altmodischere Achse<br />

ohne Umlaut.<br />

q. 1. Über die Lehnwörter aus der Schriftsprache<br />

sei bemerkt: Bei uns gab es ungefähr seit 1250<br />

zwei verschiedene Lesesprachen, eine deutsche<br />

und eine lateinisch-romanische. Nach der deutschen<br />

Lesesprache las man den Buchstaben a als dumpfen<br />

p-Laut, geschriebenes Rad, Nacht als rgd, ngxt,<br />

nach der lat.-roman. Lesesprache las man ihn hin-<br />

(Mann); doch gibt es strichweise Kürgegen<br />

als hellen a-Laut, patcr, sanetus als pätdr,<br />

zungen vor m, z. B. sgm(mn) (Same), das nunmehr<br />

sa^ktus. Manche Buchlehnwörtcr wurden bald<br />

mit ngm(mv) (statt *nöo?n(v)) zusammenklingt. -<br />

nach der deutschen, bald nach der lat.-roman. Weise<br />

5. In den zentralen und östlichen Landschaften von<br />

wiedergegeben. Die Wörter mundartl. elejgnt (Ele-<br />

Tirol werden seit 1300 langes mhd. d und nachfant),<br />

Idüngnt (Leutnant), pg/?(Reisepaß)usw. setzten<br />

träglich gedehntes mhd. a, unser ä, lautgesetzlich<br />

sich nach dem Deutschen, die Wörter pal oder wäl<br />

bis zum w-Laut verdumpft, z. B. in fün (Fahne),<br />

(Ballunterhaltung), pumnräntßn (Pomeranze, Oran-<br />

kxrünidr (Krämer), süm (Same), nüm (Name); so<br />

ge), tiattdr (Theater), (wiener.) gsbüs (Spaß) nach dem<br />

oder ähnlich von Roppen am oberen Inn fluß-<br />

lat.-roman. System in der Mundart fest. In stadtabwärts<br />

bis zur östlichen Lan<strong>des</strong>grenze und darmundartl.<br />

tgwgkx neben bäuerlichem towäkx (Taüber<br />

hinaus sogar in einigen Gemeinden Oberbak),<br />

in musikhdnt (allgem.) neben muzikg'ntar<br />

bayerns um Kiefersfelden und im westlichen Ober-<br />

(ötztal.; Musikant) gilt bald die deutsche, bald die<br />

pinzgau Salzburgs, <strong>des</strong>gleichen in Südtirol von<br />

fremde Lesesprache. — 2. In Österreich breitete<br />

Meran angefangen (ohne Passeier und Ulten) bis<br />

sich zu Beginn <strong>des</strong> vorigen Jhs. im Unterricht die<br />

an die Kärntner Lan<strong>des</strong>grenze und darüber hinaus<br />

lat. Leseweise auch auf den Deutschunterricht aus.<br />

im Kärntner Lesachtal, in einem Gebiet, das auch<br />

Seither liest man in den Schulen pater und Vater<br />

sonst meistens mit dem Tiroler Pustertal und nicht<br />

als pätdr und fätdr mit demselben a-Laut, während<br />

mit dem übrigen Kärnten zusammenstimmt. Nur<br />

man früher pätdr, aber fgtdr lehrte und lernte. In<br />

in einigen abseitigen Gräben <strong>des</strong> Eisack- und <strong>des</strong><br />

Bayern bewahrte sich bis vor wenigen Jahrzehnten<br />

Rienzgebietes gibt es mancherorts noch das ältere<br />

die zweifache Art <strong>des</strong> Lesens, also phätlier gegen<br />

öu. Dafür existiert das neue ü auch in der Fersen-<br />

fäther. — 3. In gleicher Weise herrschte vor einem<br />

taler Sprachinsel; ja sogar in Lavarone, obgleich<br />

Menschenalter in Österreich beim Lesen <strong>des</strong> Buch-<br />

dort sonst in zimbrischer Weise helles a erhalten<br />

stabens e der offene g-Laut, in Bayern hingegen<br />

blieb; in Folgaria steht vor Nasal immerhin schon<br />

vielfach der geschlossene e-Laut. So kommt es,<br />

ö: also lav. z. B. kxrümnr, folg, kxrömvr gegen<br />

daß man noch vor wenigen Jahrzehnten das Abc<br />

pläzvn, häzmi und vaßßün. Diese ü sind ein wich-<br />

in Österreich als ä, bq, tsQ, in Bayern aber als<br />

tiges Kennzeichen <strong>des</strong> Tiroler Dialektes. Urkund-<br />

ä, bc, tse aufsagte. Heute setzt sich hier wie dort<br />

lich tauchen sie erstmals um 1300 auf.<br />

langsam die einheitliche Aussprache nach der<br />

allgemeinen deutschen Bühnensprache durch.<br />

o. Im Nordbairischen (und Ostfränkischen)<br />

wurde vor -l- ebenso genau zwischen mhd. Ein- § 2. Mhd. langes ä und kurzes ä (s. auch<br />

und Mehrsilbern unterschieden wie oben (s. j. 2.) Karte 2).<br />

vor -hs, -hl und (s. n 3.) vor n, m, n; jedoch kam Übersicht: a. Zusammenfall von ä und ä. —<br />

keine nordbair. Verzwielautung mehr auf, sondern b. Gruppierung innerhalb <strong>des</strong> Hochdeutschen. —<br />

es blieb das ö der Dehnung unverändert erhalten. c. Trennung in d, ä und ä und Vcrgleichstypen mit<br />

Es stehen sich also gegenüber öld (alt) und n-n-qldn c und c. — d. Reihenweiser Zusammenfall von ä<br />

(ein alter), smölds (Schmalz) und smgltßn (schmal- mit c innerhalb <strong>des</strong> Bairischen. — e. Der gemeinzen),<br />

altertümlich auch sölds (das Salz) und sgltß bairische Wandel von ä und ä zu a. — f. Unter-<br />

(dem Salz) usw. In<strong>des</strong>sen gorät diese Unterscheischiede zwischen ä und ä. — g. Ausnahmsweise<br />

dung heute immer mehr in Verfall, und zwar hier Vermischungen von ä mit c im Bairischen. —<br />

wie vor Nasal und vor -hs und -ht meistens zu- h. Analogisches ei neben lautgerochtem ä für mhd.<br />

gunsten der p-Lautungen.<br />

d im Nordbairischen. — i. Störungen der Laut-<br />

p. 1. In großen Teilen von Tirol, eingeschlossen entwicklung durch Wortbildungszwang. — j. Zu-<br />

die südbairischen Sprachinseln, ist in einigen nehmen <strong>des</strong> verminderten Umlautes ä gegen den<br />

Bauernwörtern das mhd. o vor folgendem seh- Vollumlaut c in alter Zoit und im Osten. —<br />

in alemannischer Weise umgelautot, also wassn k. Schriftspr. Lehnwörter.<br />

(waschen), taMc (Tasche), ebenso asse (Asche); a. Die Lautverhältnisso sind boi mhd. d als<br />

wenn „Asche" auch in großen Teilen von Kärnten, Umlaut 7M ä und bei mhd. ä als Sekundär- oder<br />

23


§ 2 a—g 1<br />

wie man besser sagen könnte als vermindertem<br />

Umlaut <strong>des</strong> kurzen a einfacher als bei mhd. d und<br />

a; zum Voll- oder Primärumlaut dieses a zu mhd.<br />

e s. § 4.<br />

b. In der Behandlung dieser beiden Umlaute<br />

ist das Hochdeutsche insofern in zwei Teile zu<br />

trennen, als außerhalb <strong>des</strong> Bairischen d und d<br />

lautlich zusammenfallen mit mhd. e, während<br />

unser bairischer Dialekt und mit ihm nur noch<br />

Teile <strong>des</strong> Ostalemannischen d und d lautlich anders<br />

behandeln als e (s. auch Karte 2).<br />

c. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen selbst haben in<strong>des</strong>sen<br />

gerade die altertümlichsten Mundarten ä und e<br />

ebenfalls vereinheitlicht (s. Karte 2). Sie haben<br />

nämlich die ältere d-Färbung meistens als e bewahrt,<br />

das nun von dem anderen e aus mhd. e<br />

nicht mehr auseinandergehalten wurde. Unterscheiden<br />

wir innerhalb <strong>des</strong> Bairischen analog dem<br />

§ 1 wieder drei Untergruppen, erstens die mhd.<br />

Länge d in Idre (leer), zdhe (zäh), drdte (plur. zu<br />

drdt „Draht") usw., zweitens kurzes mhd. d,<br />

soweit nachträglich gedehnt, also d, z. B. in Wagen<br />

(plur. zu Wagen), Stäblein (demin. zu Stab) usw.,<br />

drittens schließlich mhd. ä, soweit es bis heute<br />

kurz geblieben ist, also ä, z. B. in Nächtlein und<br />

Nächte (demin. und plur. zu Nacht), härwe (herb),<br />

wärmen usw. Zum Vergleichen stellen wir Wörter<br />

mit e, z. B. regen, leben, und mit e, z. B. Recht,<br />

helfen, werfen, daneben. Fernerhin ist für uns der<br />

Repräsentant für d die Wortform Drdte, für d<br />

Wägen und für Ü Nächte, der Repräsentant für e<br />

Regen (dat.) und für 8 Recht (dat.).<br />

d. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen sind vor allem<br />

gerade in den konservativen Außengründungen<br />

<strong>des</strong> Mittelalters ä und e zusammengefallen. Fürs<br />

Südbairische im ganzen Zimbrischen, z. B. in<br />

Luserna xv^gry, das mit r$gn und next, das mit rext<br />

reimen kann, oder in den Sieben Gemeinden wegone<br />

wie regdne, nQxte wie rexte; in Zarz w^igry wie reigiy,<br />

nexte wie rexte und ähnlich in Deutschruth weigry<br />

wie reigry und näxte wie räxte 1 ); in Pladen und<br />

Zahre w$gne wie r^gn^e und nexte wie rexte; in der<br />

Sprachinsel Gottschee wägn? wie rägn,d 2 ) und naxtd<br />

wie raxtd. Unter den mittelbairischen Sprachinseln<br />

haben etliche in der Slowakei, die allerdings<br />

mitteldeutsch untermischt sind, Q, e. Desgleichen<br />

hat die nordbairische Sprachinsel Iglau altes f, e<br />

beibehalten und den nachträglichen Gleichklang<br />

mit e erreicht: w$gn wie r$gn, next wie rext. —<br />

2. Auch einige bair. Binnenmundarten weisen den<br />

Gleichklang auf: die Mundart von Tilliach, der<br />

höchstgelegenen Pustertaler Dorfsiedlung, mit<br />

ihrem a wie um Gottschee: wagn,e wie ragn,e, naxte<br />

wie raxte; die Mundart am sogenannten Reggelsberg<br />

südöstl. Bozen: weign wie reign, next wie r§xt<br />

(auch rext). Ferner anschließend ans Schwäbische<br />

das untere Tiroler Lechtal mit Ehrwald-Lermoos<br />

und der rechtsseitige bayrische Lechrain bis zum<br />

Ammersee next wie rext; ä ist hier aber von e<br />

getrennt geblieben: w^gv gegen regv. Schließlich<br />

besteht südöstlich von Bayreuth um Erbendorf-<br />

Pressath auf Oberpfälzer Boden ein ostfränk. Vorstoß<br />

mit wo'?} wie re^n und next wie rext. Alle<br />

Gebiete mit Gleichklang innerhalb <strong>des</strong> Bairischen<br />

sind, ausgenommen der Lechrain und das Oberlechtal<br />

mit ihrer schwäbelnden Sprechweise, in der<br />

Karte schwarz getönt. Desgleichen herrschen die<br />

Erbendorfer Formen auch um Nürnberg; gegen<br />

<strong>des</strong>sen Zuordnung zum Bairischen werden aller-<br />

*) In Deutschruth ist dieser ä-Laut überoffen und<br />

nähert sich dem hellen a.<br />

2 ) In einigen Landstrichen der Gottscheer Insel<br />

mit Gleitlaut e vor -g- wäegn?, räegnv.<br />

24<br />

dings von manchen Forschern Bedenken vorgebracht.<br />

e. 1. Im ganzen übrigen bairischen Dialektgebiet<br />

ist einschließlich der Sprachinseln <strong>des</strong> Fersentales,<br />

von Tischlwang (Timau) südl. <strong>des</strong> Plöckenpasses,<br />

ferner der Inseln um Brunn, Wischau und Budweis<br />

jenes bair. ä und a durchgedrungen, das vom e<br />

oder e aus mhd. e getrennt bleibt; also drät, wägry,<br />

naxt u. ä.; Reime mit regry, rext sind in diesen<br />

Mundarten nicht mehr möglich. — 2. Dieser neue<br />

a-Laut ist im 13. Jh. entstanden. Er ist zusammengefallen<br />

mit mdal. ä aus mhd. ou und öu (s. § 21<br />

u. 22), mit dem restweise im Mittel- und Nordbairischen<br />

erhaltenen a für mhd. i und für mhd. ü<br />

(s. § 13 e), ferner mit dem ä, das im Bairischen<br />

strichweise für mhd. ei auftritt (s. § 20 g). —<br />

3. Seine Lautfärbung ist nicht überall gleich. In<br />

den obersten Teilen einiger Tiroler Hochtäler und<br />

im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> neigt der a-Laut,<br />

gleichgültig welchen Ursprunges, fast zu einem<br />

überoffenen ä, aus dem er bei mhd. d und ä ja<br />

tatsächlich entstanden ist; in der Sprachzunge<br />

Truden-Altrei (südöstl. Bozen) erlebt dagegen der<br />

a-Laut denAnfang einer zweitenVerdumpfung und<br />

wird zu d; ein leicht nach d neigender Laut ist<br />

auch in Teilen der Gottscheer Sprachinsel zu<br />

beobachten. Sonst bleibt dieses a jener helle „orale"<br />

Vokal, den es in der nhd. Bühnensprache nicht<br />

gibt, der aber in der ital. und franz. Bühnensprache<br />

existiert. — 4. Jene westalemannischen,<br />

ostfränkischen und mitteldeutschen Dialekte, welche<br />

wie das Bairische gleichfalls helles ä, a aus<br />

mhd. d, d und ä ausgebildet haben, sind historisch<br />

betrachtet trotzdem weit vom Bairischen entfernt,<br />

sie haben auch das mhd. e zu a verwandelt und<br />

haben damit einen Gleichklang geschaffen, den<br />

das Gemeinbairische in derart offensichtlicher<br />

Weise nicht besitzt.<br />

f. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen besteht in den<br />

Lautentsprechungen für d, d und ä keine Diffe-<br />

renzierung. Immerhin bezieht die Mundart der<br />

Sprachinseln Pladen (Sappada) und Zahre (Sauris)<br />

eine auffallende Sonderstellung: ä ist zum hellen<br />

ä-Laut geworden, d und ä aber bleiben als g-Laute<br />

fortbestehen; es heißt also läre, dräte, aber w^gne,<br />

st$ble, nextle, nexte usw., allerdings ist die Grenze<br />

zwischen o und e nicht streng gewahrt. Gewisse<br />

Anzeichen sprechen dafür, daß auch im Südbairischen<br />

zuerst, um 1200, d zu ä gewandelt<br />

wurde und erst etliche Jahrzehnte später d und ä<br />

den jetzigen Lautwert a erreicht haben. — 2. Beispiele<br />

für Unterscheidungen zwischen d und d<br />

einerseits und ä andererseits in denjenigen bairischen<br />

Mundarten, welche bis heute auf der älteren<br />

ä- oder g-Aussprache verharren, sind oben (unter<br />

d. 1.) angeführt worden. Man differenziert demnach<br />

in Zarz ei und e, in Deutschruth ei und ä, am<br />

Reggelsberg ei und e, um Erbendorf und Nürnberg<br />

e und e.<br />

g. 1. Die scharfe lautliche Differenzierung <strong>des</strong><br />

Bairischen zwischen ä, a aus älterem d, ä und ä<br />

gegen e, e aus älterem e kommt uns bei genauerem<br />

Hinsehen etwas unsicher vor. Sie erscheint uns<br />

fast wie eine oberflächliche Äußerlichkeit, vor<br />

allem was den Süden und Norden <strong>des</strong> bairischen<br />

Dialektes anlangt. Wer tiefer blickt, entdeckt dort<br />

allenthalben eine gelegentliche Vermischung zwischen<br />

der ä- und e-Reihe gerade im bodenständigsten<br />

Wortschatz, in den ausgesprochenen Bauernwörtern.<br />

Am weitesten geht in der Vermischung<br />

das Pustertal mit dem Lesachtal und mit Osttirol;<br />

sie ist aber auch in Ober- und Mittelkärnten mit<br />

angrenzenden obersteirischen Landstrichen sowie<br />

im Pinzgau, Pongau, Lungau und im obersteirischen<br />

Ennstal vorhanden. Einerseits gibt es e-


h. Das Nordbairische verfügt für das lange mhd.<br />

ä über zwei Entsprechungen, über ä als lautgesetzliche<br />

Entwicklung und über ei als analoge<br />

Bildung. Es heißt z. B. lautgerecht lä(r), dsä(x)<br />

usw., es heißt aber dreid als plur. zu drgud (Draht),<br />

es heißt ieifld als dem. zu squf (Schaf), und es heißt<br />

v bleisd (er bläst) zu blgusn (blasen). Hier waren<br />

Vorlagen mit gu aus mhd. ö maßgebend, z. B.<br />

fleix plur. zu flQux (Floh), Sdeißt (stößt) zu SdQußn<br />

(stoßen) usw. So bildeten auch die beiden einstmals<br />

starken Zeitwörter mhd. bägen (streiten) und<br />

wägen (fragen) zum einstigen Inf. *6gu'»j und<br />

*frQu'n, in der 2. 3. pors. sing. präs. analoges beikßt,<br />

freikt. Nach diesen Formen wurde ei verallgemeinert,<br />

daher auch im Inf. nordbair. bgi 1 ^, frei'n,.<br />

i. Durch Wortbildungszwang wird die lautgerechte<br />

Entwicklung auch sonst vielfach gestört.<br />

§ 2 g 1—§ 3 Üb.<br />

Reste statt erwartetem a im Puster- und Lesachtal<br />

und in Osttirol, z. B. in (ostpust.-les.) §sn (Gestell<br />

zum Holzdörren oberm offenen Herd), (les.) grünte<br />

(Preiselbeere), (les.) gempße (Gemse), (pust.-ostt.)<br />

herpffe (Getreideharfe), (pust.-les.) pertßn (hervorstrecken),<br />

wo die Nachbarmundarten mit äse,<br />

grante, gampße, harpffe, partßn aufwarten; andererseits<br />

gibt es sogar für a-Laute anderen Ursprungs<br />

(z. B. aus mhd. ei und ou) falsche e-Lautungen,<br />

etwa in (les.) helräx (Höhenrauch) und (um Sillian)<br />

tref (Dachtraufe) neben allgemeinerem halräx,<br />

traf aus mhd. heirouch, trouf. Umgekehrt bestehen<br />

„falsche" a, z. B. in Tilliach und Gottschee tan.ke,<br />

tankd (links), ebenda wanhat, banTcait (verbogen und<br />

schief), in Defreggen tsarnzyn (Mehl, Kleie unabsichtlich<br />

verstreuen), alle mit altem „Vollumlaut"<br />

mhd. e 3 Ein Beispiel mag hinreichen. Die feminina abstracta<br />

(Länge, Stärke, Schwärze) und die Komparative<br />

und Superlative (länger, stärker, schwärzer)<br />

haben im Bairischen überall Vollumlaut und<br />

nicht verminderten Umlaut. So kann unter Umständen<br />

auch bei langem mhd. d in Widerspruch<br />

zur Lautgeschichte in solchen Formen irrtümlicherweise<br />

„Vollumlaut von a" eintreten, so in<br />

großen Gebieten beim fern, abstr. Nähe (nehnt)<br />

und bei der Steigerung (nehndr, Spetdr) von<br />

nähe(nd) und von spät. In einigen Tiroler (und<br />

Vorarlberger) Mundarten und im Zimbrischen<br />

heißt es sogar swerdr, dr äwerSte im Komp. und<br />

Sup. zu Swär (schwer), obgleich das umlautlose<br />

*§WQr, wie das adv. nach ahd. swäro (zum adj.<br />

8tuäri) lauten sollte, längst nicht mehr existiert.<br />

), vgl. mhd. tenlce, *wenköht, zemse (Kleie);<br />

oder im Westpustertal gitanjce (links), tsäte (Leg- j. Be T erkenswert ist bezüglich <strong>des</strong> verminderten<br />

föhre), pluitagl (Blutegel) usw. aus mhd. zete, Umlautes ä vor r folgen<strong>des</strong>: Je moderner die<br />

egel. — 2. Ähnliches gibt es wie gesagt auch in der betreffende Mundart im Durchschnitt ist und je<br />

Nachbarschaft, so in westkärntn. khl$hl (Haken am weiter sie gegen Westen liegt, <strong>des</strong>to häufiger tritt<br />

Fallschloß) neben khlähl (Grobian) aus mhd. in Fällen, bei denen Schwanken zwischen ver-<br />

klächel, in ostmittelkärntn. älgts neben slats mindertem ä und vollem e vorkommt, das Voll-<br />

(Schusser, Spielkugel), peppr neben pappr (derbe umlaut-e ein. Z. B. hat der Westen <strong>des</strong> Bairischen<br />

Bezeichnung für die beiden Lippen, bei<strong>des</strong> etymo- Formen, die von Gerte und wermen, der Osten aber<br />

logisch dunkle Wörter), in pinzg.-pong.-lungaue- Formen, die von Gärte und wärmen abzuleiten<br />

rischem wapß (Wespe), mantß (unfruchtbar, keine sind; in den altertümlichsten Mundarten <strong>des</strong><br />

Milch gebend, v. d. Kuh), man,kai (Murmeltier) Westens gilt aber <strong>des</strong>senungeachtet wieder wärinen,<br />

aus mhd. webse, menze, murmente. — 3. Ähnliches so im Zimbrischen und ötztalerischen. Für ge-<br />

gibt es schließlich auch im Nordbairischen. Z. B. wöhnlich heißt es im Bairischen sperren und<br />

heißt die Elster nach mhd. hätze, häg(zes)se (Hexe) derren; insbesondere in den meisten südbair.<br />

zwar im größten Teil der Oberpfalz hatß(l) mit Sprachinseln und im ötz- und Zillertalerischen<br />

lautgerechtem a, im südl. Egerland und in der östl. tritt aber dafür spärren und darren ein; Restformen<br />

Oberpfalz aber hetß mit „falschem" §. — 4. Laut- von darren und dem Substantiv Darre tauchen<br />

kombinatorisch ist mhd. e vor l und r + Gaumen- versteckt an verschiedenen Stellen <strong>des</strong> Bairischen<br />

und Lippenlauten in Teilen von Westtirol und von auf. Die Wortfamilie „erben, Erbe" usw. hat<br />

Oberbayern an der Grenze gegen schwäb. g aus heute im Bairischen überall nur mehr Vollumlaut,<br />

mhd. ä strichweise als -al, -ar vorhanden (s. § 3 j 5, erben und Erbe; im Althochdeutschen aber galt,<br />

3 1 3 u. Karte 4) als Rückstand einer vorüber- wie gewisse Lehnwörter und Ortsnamen andeuten,<br />

gehenden Alemannisierungswelle während <strong>des</strong> 12. nur verminderter Umlaut, also *ärben und *Ärbe.<br />

und <strong>des</strong> beginnenden 13. Jhs.; und weil die Aus- Die neuen e-Formen sickerten offenbar aus dem<br />

läufer dieser Welle bis Schwaz und Brixen gingen, Westen, aus dem Fränkischen, erst langsam herein.<br />

reichen Spuren älterer -al- und -ar- gleichfalls bis<br />

dorthin. — 5. Ähnliche -al- und -ar- gibt es in k. Bis ins beginnende 19. Jh. las man in Öster-<br />

Resten in den mittelbair. Sprachinseln um Brunn reich und Bayern in der deutschen Lesespracho<br />

und Wischau, im östlichen Südmähren und im geschriebenes ä als den mundartlichen a-Laut.<br />

Weinviertel im nordöstlichen Niederösterreich, hier Erst um 1820 wird es üblich, diesen Buchstaben ä<br />

als Rückstand alter schlesischer Einflüsse. Auch nach der strengeren Regel als offenes e zu lesen.<br />

hier waren diese -al- und -ar- einstmals weiter Wörter wie Gewächs, lächeln sprach man früher im<br />

verbreitet. — 6. Vor Nasenlauten gibt es Belege Unterricht als gwakß, laxxln, seither spricht man<br />

für den Übertritt aus der alten e-Reiho in die sie jedoch als gewekß, iQxxln aus. Vermundartlichte<br />

ä-Reihe strichweise sogar aus allen Bun<strong>des</strong>ländern Schriftwörter der späteren Zeit, wie gsejt (Ge-<br />

und Kreisen, z. B. bei präme, brämv neben pr^me, schäft), mextig (mächtig), mqdl (Mädel), haben<br />

brqmv (Bremsfliege) aus mhd. breme.<br />

daher oft ältere Erbformen, etwa gsaffli (geschäftig),<br />

maxti (gewaltig), mä d l (Mädchen), neben sich.<br />

Ebenso stoßen wir neben hochsprachlichem gn^ßi<br />

(gnädig) in Gottscheo auf die alte Erb form gddik<br />

3 ) Beim „Vollumlaut-e" erfolgte der Übertritt<br />

zur ä-Reihe nur unter Näselung und ging über<br />

genäseltes offenes e. statt älterem e.<br />

§ 3. Mhd. e (s. auch die Karten 3 und 4)<br />

Übersicht: a. Allgemeine Entwicklung <strong>des</strong><br />

mhd. e-Lautes. — b. Trennung zwischen e und c<br />

vor Verschluß- und Reibelauten; Sonderstellung<br />

in mhd. Drei- und Einsilbern; Merkwörter für<br />

diese Typen. — c. e und c vor Verschluß- und<br />

Reibelauten in den oberdeiitschen Dialekten. —<br />

d. Die vier bairischen Mundartgruppen: die Q-<br />

Mundarten und die reinen e-Mundarten. — e. Die<br />

verworrenen e-Mundarten. — f. Die Sonderstellung<br />

der Ein- und Dreisilber. — g. Die e-Mundarten.<br />

— h. Die weiteron Schicksalo dieser c-Laute<br />

aus mhd. e. — i. e, e vor mhd. h. — j. e vor l. —<br />

k. e vor l. — 1. er vor Gaumen- und Lippenlauten. —<br />

m. er vor Zahnlauten und er. — n. e vor Nasenlauten.<br />

— o. e wird schon im Spätahd. oder Früh-<br />

25


§ 3 Üb.—d 2<br />

mhd. zu e (e). — p. Mhd. e- und e- im absoluten<br />

Wortanlaut.<br />

a. Die Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> mhd. e ist<br />

in den oberdeutschen Dialekten wie in den bairischen<br />

Mundarten schwer auf jene kurzen Formeln<br />

zu bringen, wie wir sie hier immer anstreben.<br />

Sie ist stark zerspalten und von mannigfachen<br />

Faktoren abhängig, die sich mitunter gegenseitig<br />

überkreuzen. Der Versuch, fürs Bairische Ordnung<br />

in das Durcheinander zu bringen, stellt an den Verfasser<br />

und an den Leser größere Ansprüche als die<br />

übrigen Darlegungen dieser Aufsätze; wir bitten<br />

daher bei der Lektüre um besondere Aufmerksamkeit.<br />

Lautkombinatorisch haben wir zuerst<br />

mhd. e vor Verschluß- und Reibelauten als eigene<br />

Gruppe auszusondern, <strong>des</strong> weiteren mhd. e vor h,<br />

l, r und Nasenlauten; wir unterscheiden demnach<br />

zwischen e in mhd. regen (nom. sg.), leben, vleck,<br />

lecken, snepfe, betelen und e in mhd. sehen, kneht;<br />

m'e'le, helfen; wer, her, b'e'rg, werfen; brenne (Bremsfliege),<br />

venster. Außerdem verdienen diejenigen<br />

ahd. e-Belege eine Würdigung, welche bereits im<br />

Spätalthochdeutschen oder doch im Frühmittelhochdeutschen<br />

überall in die Reihe <strong>des</strong> Vollumlaut-e<br />

übergetreten sind, etwa wenn wir diesen<br />

e-Laut zur Hervorhebung als e schreiben, in<br />

Predig, ledig, aber auch in Sche'ff (Schiff), in Messe,<br />

Ste'fte und in Techant (Dekan als kirchl. Würde),<br />

Segen usw. Schließlich sind Unregelmäßigkeiten<br />

im absoluten Anlaut wesentlich. Über den allgemeinen<br />

Wandel von e zu a in Tilliach und Gottschee<br />

s. § 2 d 1/2.<br />

b. 1. Wir wenden uns zuerst der allgemeinen<br />

Entwicklung zu, jener vor Verschluß- und Reibelauten.<br />

Dabei unterscheiden wir wieder wie gewöhnlich<br />

bei den mhd. Kurzvokalen zwischen der<br />

Entwicklung <strong>des</strong> Lautes bei nachträglicher Dehnung,<br />

c, und bei erhalten gebliebener Kürze, also<br />

e, z. B. in Regen, leben, bzw. in lecken, snepfe. Eine<br />

Sonderstellung beziehen manchesmal die (früh-)<br />

mhd. Dreisilber, z. B. betelen (betteln), kebelen<br />

(keifen), *scheberen (klirren), v'edere (Feder); bei<br />

ihnen hat die Selbstlautkürze der sogenannten<br />

nhd. Dehnung, die sonst im Bair. im 12. Jh. erfolgt<br />

ist, so lange Widerstand leisten können, daß ihr<br />

Selbstlaut häufig teilnahm an der Entwicklung<br />

von kurzem e und nicht mehr von e; und dies,<br />

obgleich es ja nachträglich doch noch gedehnt<br />

worden ist (s. unten f 2). Gelegentlich nehmen auch<br />

die mhd. Einsilber wie vleck, bech (Pech) eine<br />

Sonderstellung ein. — 2. Als Repräsentanten für<br />

die e-Reihe haben wir schon bei anderer Gelegenheit<br />

Hegen ausgewählt, als Repräsentanten für die<br />

e-Reihe setzen wir jetzt statt Hecht, das wegen<br />

seiner abseitigen Lautgruppe mhd. -eh- (r'e'ht) hier<br />

nicht mehr entspricht, lecken ein, als Vertreter<br />

der Dreisilber suchen wir für die folgenden Ausführungen<br />

betteln und als Vertreter der Einsilber<br />

Fleck aus. Mit der Apparatur dieser vier Merkwörter<br />

kommen wir einstweilen aus.<br />

c. Ahd. e ist seit frühalthochdeutscher Zeit bis<br />

gegen Endo <strong>des</strong> 12. Jhs. im Bairischen und Alemannischen<br />

in allen Stellungen als offener e-Laut<br />

ausgesprochen worden. Erst gegen 1200 oder kurz<br />

nachher wurde diese alte, ideale e-Einheitlichkeit<br />

gestört. Etliche Dialekte machten aus dem e im<br />

13. Jh. den hellen a-Laut, so Teile <strong>des</strong> Westalemannischen,<br />

das westliche Ostfränkische, das<br />

Obersächsische, das Erzgebirgische und das Schlesische.<br />

Andere Dialekte trafen im 14. oder 15. Jh.<br />

eine Trennung je nach der Dauer, also je nachdem,<br />

ob langes c oder kurzes e vorlag. Das lange e<br />

wurde z. B. im östlichen Ostfränkischen und im<br />

Thüringisch-Vogtländischen zu geschlossenem e<br />

26<br />

(re'ry), das kurze e beharrt hingegen auf der alten<br />

Stufe <strong>des</strong> e-Lautes (l%gn). Die meisten schwäbischen<br />

und viele niederalemannische Mundarten weisen<br />

ea auf, also rfagro und vielerorts auch l§9k(h)v.<br />

Fast überall (mit Ausnahme <strong>des</strong> Schwäbischen<br />

und Ostalemannischen) ist dabei das mhd. e gleich<br />

gemacht worden mit dem mhd. ä und ä (s. § 2 b);<br />

nirgends ist hingegen außerhalb <strong>des</strong> Bairischen e<br />

zusammengefallen mit dem Vollumlaut-e.<br />

d. 1. Der teilweise mundartliche Gleichklang von<br />

altem e mit e, dem Vollumlaut von a, ist ein<br />

charakteristisches Merkmal <strong>des</strong> Bairischen modernerer<br />

Prägung. Bereits kurz vor 1200 hatte das<br />

Mittelbairische, der modernste bairische Unterdialekt,<br />

wahrscheinlich Reimmöglichkeiten wie<br />

Regen/legen, leben/heben, ja sogar wie vlecke/secke<br />

(plur. zu vleck, sack) und gesezzenjnezzen (gesessen,<br />

nässen) erreicht; Möglichkeiten, die es außerhalb<br />

<strong>des</strong> Bairischen nicht gibt und nie gegeben hat und<br />

die allgemein als spezifisches Kennzeichen bairischer<br />

Dichtungen betrachtet werden. Die Bedingungen,<br />

unter denen damals das Mittelbairische<br />

mhd. e und mhd. e hat zusammenfallen lassen,<br />

sind schwer zu überschauen und erst vor kurzem<br />

entdeckt worden. — 2. Wenn man aus diesem<br />

Laut- auch ein Raum- und Zeitproblem macht, so<br />

werden diese Bedingungen besser sichtbar. Sie<br />

sind nicht in allen Dialektlandschaften gleich.<br />

Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen gibt es in der Behandlung<br />

<strong>des</strong> mhd. e vier verschiedene Mundarttypen:<br />

Die erste Gruppe bilden die sogenannten f-<br />

Mundarten, wie wir sie fernerhin nennen wollen.<br />

Sie haben nicht nur das kurz gebliebene e, sondern<br />

auch das gedehnte e in frühmittelhochd.-bair.<br />

Weise in der ganzen Reihe als offenen e-Laut<br />

beibehalten. Es heißt also r^gry mit dem gleichen<br />

e wie in lekxn, diese Wörter bilden nie und nimmer<br />

mit legt} (legen) und wekx)^ (wecken) aus mhd.<br />

legen, wecken reine Reime. Zur gleichen Gruppe<br />

zählen für uns alle diejenigen Mundarten, welche<br />

e und vielleicht auch e zwar irgendwie verändert<br />

und z. B. gedehntes e zu einem geschlossenen e<br />

gewandelt haben, aber <strong>des</strong>senungeachtet immer<br />

noch mhd. e und mhd. e, gleichgültig ob gedehnt<br />

oder nicht, säuberlich auseinanderhalten; etwa das<br />

Nordbairische mit re'?j, tykkn gegen lio'i}, wekkr}.<br />

Die zwei nächsten wichtigen Gruppen bilden die<br />

sogenannten e-Mundarten, so benannt, weil bei<br />

ihnen tatsächlich das e so weit „verdumpft" worden<br />

ist, daß es mit gedehntem mhd. e gleich wurde<br />

und damit vokalisch reine Reime gibt. Das kurze<br />

e wurde davon noch nicht berührt. Es reimt also<br />

wirklich schon regt} mit legt} vokalisch rein, aber<br />

noch unter keinen Umständen Iqkxn mit wekxn.<br />

Bei diesen Mundarten haben wir zwei Untergruppen<br />

zu unterscheiden. In der einen gilt geschlossenes<br />

e aus mhd. e einzig und allein unter<br />

„nhd." Dehnung, also bei gegenwärtiger Länge,<br />

dann aber immer und ausnahmslos; dem e', also<br />

der Kürze, bleibt dagegen durchaus der offene e-<br />

Laut reserviert. Es stehen sich mithin e und g<br />

kompromißlos gegenüber; os heißt zwar im Sing,<br />

wegen der alten Einsilberdehnung flekx, im Plur.<br />

und in der Ableitung aber flekx, flekxat (fleckig);<br />

es heißt gcbm (geben), aber st§xxn (stechen),<br />

treffn (treffen) usw. Das ist unsere zweite Gruppe,<br />

die wir als die reinen e-Mundarten bezeichnen<br />

wollen. In der anderen Gruppe ist diese alte, reinliche<br />

Trennung zwischen e und e teilweise schon<br />

fallen gelassen worden und nicht mehr kompromißlos<br />

eingehalten. Sie ist bald durch lautgeschichtliche<br />

Besonderheiten, bald durch Paradigmenausgleich,<br />

bald durch Analogiezwang und<br />

bald durch äußere Einflüsse gestört worden. So<br />

gibt es gegen das Prinzip der reinen e-Mundarton


für mhd. e auf der einen Seite schon etliche kurze<br />

geschlossene e und auf der anderen Seite auch<br />

schon mehrere lange offene f. Das ist unsere dritte<br />

Gruppe, die „verworrenen e-Mundarten",<br />

wie man sie am besten nennen könnte. Zwar heißt<br />

es immer noch regry, das mit legry gut, und l§kxn,<br />

das mit wekxn nicht reimt, es heißt aber nunmehr<br />

nach dem sing, flekx auch im plur. flekx und in der<br />

Ableitung flekxnt mit e, es heißt nach gebin nunmehr<br />

auch stexxn, treffn usw. mit e. Die vierte<br />

und letzte Gruppe sind schließlich die sogenannten<br />

e-Mundarten. Bei ihnen ist nicht allein e, sondern<br />

auch S mit mhd. e gleich geworden. Es reimt nicht<br />

allein regt} mit legt}, sondern auch lekxn mit<br />

wekxn. — 3. Die Verteilung dieser vier Gruppen<br />

im Raum zeigt uns die Karte 3: Die Zeichen vor<br />

dem Schrägstrich geben in der Karte stets die<br />

Aussprache für e in Regen, die Zeichen nach dem<br />

Schrägstrich die Aussprache für e in lecken an;<br />

die dicke Borstenlinie und die senkrechte Schraffur<br />

deuten die f-Mundarten, die Schwarztönung die<br />

reinen e-Mundarten und die Klammerung der<br />

Lautformen im sonst unbezeichneten Gebiet die<br />

verworrenen e-Mundarten an, die waagrechte<br />

Schraffur bringt schließlich die e-Mundarten vor<br />

Augen. — 4. Es stellen sich die altertümlichsten<br />

Gebiete auf Seiten der g-Mundarten, nämlich alle<br />

südbairischen Sprachinseln sowie die meisten Hochtäler<br />

zu beiden Seiten <strong>des</strong> Zentralalpenkammes.<br />

Darunter befinden sich u. a. die Sprachinseln Zarz<br />

(räig)} gegen leign,, lekxn gegen wekxn), der<br />

Vintschgau (r$ign, gegen leigry, l§kxV/ gegen wekx'T}),<br />

das Fersental (r^gn 1 ) gegen leigr} 2 ), lekxzn gegen<br />

weikxdn 2 ), das Pustertal (r^gt} 1 ) gegen leigri, lekhn<br />

gegen wekhn), der Unterpinzgau, der Pongau und<br />

das steirische Ennstal bis zum Gesäuse (rqi'?y gegen<br />

le^rij, lekxry gegen wekxn), der Lechwinkel (r^n 1 )<br />

gegen IWn 2 ), l$khv gegen wekho) und das Nordbairische<br />

(re'/j gegen lin'r}, l^kry gegen wekiy) sowie<br />

das Nürnbergerische (re'?j gegen IVri), legt} gegen<br />

wegi}); im Flachgauerischen (hr^n, gegen le'ry,<br />

lekxn gegen wekxo) zum Beispiel besitzen e und e<br />

ohnedies den gleichen Lautwert und sind nur<br />

durch die Selbstlautdauer getrennt. — 5. Die<br />

nächste, etwas modernere Entwicklungsstufe sind<br />

die reinen e-Mundarten. Bei ihnen wurde also der<br />

Gleichklang mit mhd. e vorläufig nur unter richtiger<br />

Dehnung erreicht, dann allerdings ausnahmslos.<br />

Eine wirkliche reine e-Mundart existiert<br />

heute nur mehr im Wipptal zu beiden Seiten <strong>des</strong><br />

Brennerpasses. Dort heißt es nicht nur regn, das<br />

mit legn reimt, sondern a\ich (mit Einsilberdehnung)<br />

vlekx, spekx, kxnext 3 ) usw. mit e, aber im<br />

dat. und plur. bei Zweisilbern ohne Dehnung,<br />

folgerichtig vlekkx^, spQkkx^, kxtiQxte und in<br />

Ableitungen vlQkkxat, spckkxikx (speckig) mit g;<br />

es heißt bei den starken Zeitwörtern lautgerecht<br />

$t$xx?h treffm usw. mit e. Auch im unteren Kärntner<br />

Lavanttal, insbes. in der Talsohle selbst,<br />

schimmert dieser Zvistand wenig gestört durch,<br />

denn auch hier sagt man r&gii 2 ), l$ibm 2 ), fl^ikx 2 )<br />

(statt flqikx) neben flekx und ganz alt sogar khnqixt 4 )<br />

neben kfmext (khnäoxt) mit ei aus e und trotz<br />

nachträglicher „Kärntner Dehnung" (s. § 34 j 2)<br />

*) ? liegt in der Lautfärbung zwischen dem<br />

offenen Q und dem geschlossenen e.<br />

2 ) Dessen ei oder gi klingt etwas mittelgaumig.<br />

3 ) Zur Sonderstellung <strong>des</strong> -ch- im Tirolerischen<br />

s. § 3 i 3.<br />

4 ) Diese Lavanttaler Lautung khnquct (khnext),<br />

die ich selbst kundfahrtlich zweimal aufgezeichnet<br />

habe, ist in Hinblick auf die Kärntner Entwicklung<br />

von -eh- zu -e/i- merkwürdig.<br />

§ 3d2—e2<br />

$t$hvn und tr$fr>n und natürlich leklnon und sn§pf<br />

mit e.<br />

e. 1. Der ganze mittelbairische Raum entlang<br />

der Isar-Donaustraße, dem Rückgrat <strong>des</strong> Mittel-<br />

bairischen und der Herzader <strong>des</strong> Gesamtbairischen,<br />

steht einschließlich der um 1200 von ihm aus<br />

angelegten mittelbair. Außengründungen um<br />

Brunn, Wischau und Budweis schon auf dem<br />

modernen Stand der dritten Gruppe, der verworrenen<br />

e-Mundarten. Die Verwirrung in der<br />

früher kompromißlosen Unterscheidung zwischen<br />

dem langen und <strong>des</strong>halb geschlossenen e-Laut und<br />

dem kurz gebliebenen und darum offenen e-Laut<br />

wurde hauptsächlich durch fünf Störungsgesetze<br />

angerichtet: Erstens durch eine lautgeschichtliche<br />

Besonderheit, indem etliche alte Dreisilber gleich<br />

den Kürzen trotz nachheriger Dehnung auf dem<br />

offenen e-Laut der Kürze verharren, etwa (mittelbair.)<br />

b$ d ln, ghqbö'n (betteln, keppeln) usw.; zweitens<br />

durch Ausgleich innerhalb der Abwandlung<br />

und der Ableitungen eines Wortes, wenn z. B.<br />

nach dem einsilbigen nom. sing, fleg, sbeg auch der<br />

plur. flek 5 ) und die Ableitungen flekkvd, sbekki<br />

mit -e- statt mit lautgerechtem -e- auftreten;<br />

drittens durch paradigmatischen Reihenzwang, so<br />

daß das geschlossene e der starken Zeitwörter<br />

ge'm (geben), ginjedn (kneten) analogisch auf sdexxn,<br />

dreffn, gseßßn 6 ), rexxn (mit dem Rechen arbeiten)<br />

und auf verwandte Wörter übertragen worden ist;<br />

durch äußere Einflüsse viertens e in einigen Verkehrs-<br />

und Kirchenwörtern, etwa in Sq d l (Schädel)<br />

und bQttn (beten; statt erwartetem *bedn) und<br />

fünftens durch e in einigen vielleicht etwas jüngeren<br />

Handels- und Verkehrswörtern, z. B. in bfeffa<br />

(Pfeffer) und rexnn (rechnen) 7 ). — 2. Später ist<br />

diese mittelbairische Neuerung an drei verschiedenen<br />

Einbruchsstellen sogar auf südbairische Gebiete<br />

übertragen worden. Der erste Einbruch<br />

reicht im Osten über den Semmeringpaß ins Steirische<br />

an der Enns bis zum Gesäuse und die Mur<br />

aufwärts bis zur Kraubather Enge sowie von Brück<br />

murabwärts bis zur Sprachgrenze, wo allerdings<br />

überall gelegentliche Restfonnen mit $ statt erwartetem<br />

e (ei) den früheren Zustand erraten<br />

lassen; <strong>des</strong>gleichen im Saggautal bis hinauf nach<br />

Eibiswald und schließlich in die ganze Oststeiermark<br />

und übers Burgenland. Kann man sich bei<br />

diesem ersten Vorstoß im Osten noch eine kontinuierlich<br />

wachsende Wello von Wien und Niederösterreich<br />

nach Süden über den Semmering nach<br />

Brück, Graz und bis Marburg vorstellen, so ist beim<br />

zweiten Vorstoß in die Mitte und beim dritten in<br />

den Westen <strong>des</strong> Südbairischen an ununterbrochene<br />

Raumwellen als Vermittler nicht mehr zu denken.<br />

Es handelt sich um das südliche Karaten und das<br />

südliche Südtirol. Die verworrenen c-Mundarten<br />

haben sich nämlich auch in der Herzlandschaft<br />

von Kürnten und Südtirol eingenistet, im Dreieck<br />

der wichtigsten Kärntner Städte St. Veit, Klagenfurt<br />

und Villach sowie im Dreieck der bedeutenden<br />

Südtiroler Städte Meran, Brixen und Bozen. Die<br />

Karte 3 zeigt uns nachdrücklich, daß diese zwei<br />

südlichen c-Bereiche nirgends im Raum unmittelbaren<br />

Anschluß an das große, geschlossene c-Gebiet<br />

<strong>des</strong> Mittelbairiscb.cn finden. Sie sind an dem<br />

wuchtigen Verkehrshindernis <strong>des</strong> Zentralalpenkammes<br />

durch andersgeartete Mundarten gegen<br />

Norden zu völlig abgeriegelt. Vermutlich haben im<br />

Spätmittelalter das höfische Rittertum und das<br />

5 ) Jetzt verstehen wir erst den mhd.-bair. Reim<br />

vlecke/secke (§ 3 d 1) richtig.<br />

6 ) Dies erst macht uns den § 3 d 1 erwähnten<br />

mhd. Reim gesczzeti/nczzen begreiflich.<br />

7 ) Neben mundartlichem r$x nn 1Tl1 ^ "€"•<br />

27


§ 3 e 2—i 1<br />

städtische Bürgertum unter dem Gewicht <strong>des</strong><br />

Wienerischen „punktuelle Überspringungen"<br />

durchgeführt (vgl. Einltg. 20). Es sind dann die<br />

Verhältnisse im Süden von Kärnten und von<br />

Südtirol letzten En<strong>des</strong> ein höfisch-bürgerlicher<br />

Wiener Import.<br />

f. 1. Merkwürdig ist dabei für diese Südtiroler,<br />

Kärntner und Mittelsteirer e-Mundarten das Verhalten<br />

der mhd. Einsilber. In diesen südbair.<br />

Verkehrslandschaften fehlt die Einsilberdehnung<br />

heute als phonetische Erscheinung ganz oder so<br />

gut wie ganz, es wird nur mehr SQICX, khnopff usf.<br />

mit ungedehntem Vokal gesprochen (s. § 34 k).<br />

Dennoch erscheint in diesen Landschaften flekx,<br />

spekx, pex wohl auch mit Vokalkürze, aber immerhin<br />

mit dem e-Laut, der nur der Dehnung zusteht.<br />

Wohl sind nach unseren "Überlegungen die e-<br />

Mundarten <strong>des</strong> Südbairischen Wiener Import. Es<br />

ist aber nicht anzunehmen, daß dieser Import auf<br />

je<strong>des</strong> Einzelwort acht gehabt hat, ja wir werden<br />

unter g unseres Paragraphen erfahren, daß wohl<br />

der große Rahmenbau eines höfischen Lautersatzes,<br />

aber innerhalb dieses Rahmens keineswegs<br />

je<strong>des</strong> Einzelwort importiert wird und daher dieser<br />

große Rahmen selbst gelegentlich gesprengt werden<br />

kann. Wir dürfen daher schätzen, daß damals, als<br />

das mittelbair. e auf die südbairischen Verkehrslandschaften<br />

übertragen wurde, diese die<br />

Einsilberdehnung selbst besessen hatten. Sie ist<br />

erst hinterher beseitigt worden. Dies ist ein<br />

wichtiger Anhaltspunkt für die Raumgeschichte<br />

der Einsilberdehnung; Näheres darüber s. auch<br />

§ 34 k 7. — 2. Jene einstigen Selbstlautkürzen, die<br />

bei mhd. Dreisilbern in den verworrenen e-Mundarten<br />

gelegentlich jetzt noch nachwirken, sind in<br />

einigen bairischen Landschaften bis heute als<br />

richtige Kürzen erhalten geblieben. So im Pustertal,<br />

wo sich z. B. l?dg 8 ) (Leder), nldg (nieder),<br />

pihl (Hügel) mit Dehnung aus mhd. zweisilbigem<br />

leder, nider, biihel, aber f$dQ (Feder), a nidgdg (ein<br />

niederer), pihl (plur.) mit alter Kürze aus dreisilbigem<br />

vedere, ein niderer, biihele gegenübertreten;<br />

<strong>des</strong>gleichen in den Sieben Gemeinden, wo<br />

leddr, niddr, püyel 9 ) immerhin mit Halblänge,<br />

v§dnra, an niddrar, püyole aber mit deutlicher<br />

Kürze ausgesprochen werden; ähnliches gibt es<br />

auch im nordöstlichen Ostfränkischen und im<br />

Ries an der schwäb.-ostfränk. Dialektgrenze, ferner<br />

im Rheinfränkischen usw.; vgl. 27 i und 34 i.<br />

Bereits Dehnung, aber immerhin noch die Lautfärbung<br />

der älteren Kürze findet man in den<br />

alten Dreisilbern in der großen, zusammenhängenden<br />

Landschaft <strong>des</strong> Pinzgaus, <strong>des</strong> Pongaus und <strong>des</strong><br />

steir. Ennstals bis hinunter zum Gesäuse, z. B. in<br />

ffdv, 1%WD (Leber) gegen Iqidv, g^Vm (geben).<br />

Ähnliche Erscheinungen begegnen uns im westlichsten<br />

Nordbairischen und um Nürnberg (fqdv,<br />

l%wn gegen ledv, ge'm). bqdln, ghqbö'n usw. beziehen<br />

in diesen Mundarten umsomehr die Lautfärbung<br />

der alten Kürze und haben f, als ihr g<br />

gemeinbairisch ist; abgesehen natürlich von den<br />

e-Mundarten mit ihrem petln (kheppln ist dort<br />

nicht recht bodenständig); zu b$idln s. § 10 c 2.<br />

g. 1. Phonologisch am interessantesten sind als<br />

modernste Gruppe die e-Mundarten; bei ihnen<br />

sind also vor Verschluß- und Reibelaut alle mhd.<br />

e, gleichgültig ob gedehnt oder nicht, zum geschlossenen<br />

e-Laut und klanggleich mit mhd. e geworden;<br />

regt} klingt wie legt},, lekxn wie wekxn. Hier hat<br />

man offenbar ähnlich wie in den Herzlandschaften<br />

8 ) Mit „mittlerem" e-Laut (s. Fußn. 1).<br />

9 ) -y- ist „spirantischer Gaumenlaut" und liegt<br />

ungefähr zwischen unserem g und h, ist aber<br />

stimmhaft.<br />

28<br />

von Kärnten und Südtirol nachträglich altes g<br />

wieder durch verkehrssprachliches e ersetzen<br />

wollen, man hat aber bei diesem „künstlichen"<br />

Ersatz kein Maß mehr gehalten und hat weit<br />

übers Ziel geschossen; so weit, bis endlich sämtliche<br />

offenen e-Laute, gleichgültig ob lang oder kurz,<br />

durch die geschlossenen e-Laute ersetzt waren. Die<br />

e-Mundarten haben auf solche Weise die lautgeschichtlichen<br />

Bindungen übertreibend zersprengt<br />

und durch ein phonologisches Reihenprinzip ersetzt.<br />

Dieses Gesetz darf man jetzt so formulieren:<br />

Für je<strong>des</strong> einheimische f, § muß das neue e, e eingesetzt<br />

werden! In der Tat lehnt sich sein geographisches<br />

Verbreitungsgebiet derart eng an den<br />

ältesten Typus, an die f-Mundarten, an, daß das<br />

Raumbild der Karte 3 meine Annahme vollauf<br />

bestätigt. Die e-Mundarten gibt es nur im konservativen<br />

Südbairischen. Sie sind dort von den alten<br />

^-Mundarten geradezu eingekreist. Wir finden sie in<br />

Oberkärnten und Osttirol vom f-Gebiet <strong>des</strong> nördlichen<br />

Mittelkärntens, <strong>des</strong> Salzburgischen und <strong>des</strong><br />

Pustertals im Dreiviertelbogen umklammert und<br />

finden sie in Nordtirol mit dem oberbayrischen<br />

Lechrain vom f-Gebiet <strong>des</strong> Alemannischen, <strong>des</strong><br />

Vintschgaus und <strong>des</strong> Passeier sowie <strong>des</strong> Salzburger-Kitzbühler<br />

Bereiches zum zweitenmal im<br />

Dreiviertelbogen umspannt. Es hat also wirklich<br />

die rücksichtslose Beseitigung aller e-Laute durch<br />

e am spätesten eingegriffen und die jüngsten Veränderungen<br />

am dialektgeographischen Bild vorgenommen.<br />

— 2. Übrigens sind diese e-Mundarten<br />

vor unseren Augen im raschen Verschwinden<br />

begriffen. Mancherorts, z. B. um Innsbruck, im<br />

Kärntner Oberdrautal und am Millstättersee, gibt<br />

es e-Aussprachen nur mehr bei den Alten, anderswo<br />

wandern die neuen § wortweise rasch für e ein.<br />

Vermutlich waren diese e-Mundarten früher einmal<br />

viel weiter verbreitet als jetzt, sie haben dann<br />

einstmals ebenso ihre kurzen e nachträglich wieder<br />

beseitigt, wie wir das heute an dem modernen e-<br />

Bestand weiterverfolgen können. Nun verstehen<br />

wir mit einem Male, wieso es in den mittelbairischen<br />

Mundarten in verkehrsfernen Ausdrücken -e-Lautungen<br />

gibt, in denen man nach mhd. Vollumlaut-e,<br />

mhd. ö und mhd. e der Paulschen Regel (s. § 3 o)<br />

unbedingt e zu erwarten hätte; sie haben bisher<br />

viel Kopfzerbrechen verursacht; z. B. in hausruckviertl.<br />

drettn, schw. Ztw. (treten lassen), br$t<br />

(fallweise ober der Tenne angebrachter Bretterboden)<br />

und irepffm (schröpfen, Kartoffel stampfen),<br />

iepßn (gefällte Bäume entrinden), bl$d£n (großes<br />

Pflanzenblatt); die angeführten Wörter sind entstanden<br />

aus mhd. treuen (zu treten), *gebre'tte (zu<br />

mhd. bre't), schrepfen, *schöpzen (zu mhd. schöpz<br />

Schöps, gewissermaßen das geschundene Schaf),<br />

*bletsche aus ahd. bleticha. Auch sie haben ihre<br />

lautwidrigen e wohl erst zu einer Zeit erhalten,<br />

als man auch im Mittelbair. stellenweise derartige<br />

übertriebene e-Aussprachen wie *lekkv, *Snepff,<br />

*£nek unter Wiener Einfluß durch den Ersatz mit<br />

l$kkv, snepff, Snek wieder „in Ordnung brachte".<br />

Meine Deutung, die für Sorgenkinder der bairischen<br />

Dialektgeschichte eine plausible Erklärung bringt,<br />

setzt zugleich ein früheres Vorhandensein derartiger<br />

e-Mundarten auch im Mittelbairischen<br />

voraus.<br />

h. Die weiteren Schicksale aller dieser aus mhd. e<br />

entstandenen geschlossenen e-Laute <strong>des</strong> Bairischen<br />

sind die gleichen wie die <strong>des</strong> mhd. Vollumlaut-e<br />

selbst; s. § 4 a 6.<br />

i. 1. Die Sonderentwicklungen <strong>des</strong> mhd. e vor h,<br />

l und r neigen im Süd- und Mittelbairischen überall<br />

bei Dehnung und Kürze zum offenen e-Laut und<br />

in den e- und e-Mundarten weiters oft zum Anschluß<br />

an die Reihe für mhd. e, außerdem im


westlichen Südbairischen vor r + Zahnlaut in<br />

allen vier Mundarttypen zum gleichen Anschluß<br />

an die e-Reihe. — 2. Vor folgendem h bezieht im<br />

Nordbairischen nur gedehntes e eine Sonderstellung.<br />

Es heißt von der Linie Amberg-Eger-Pilsen<br />

an nach Norden sfü-o 10 ) (oder verkürzt sfo; d. i.<br />

sehen), von dort südlich bis zur Linie Amberg-<br />

Taus sfo'fj 11 ), und es heißt im nordbair. Gebiet<br />

nördlich Amberg-Taus in konservativen Reliktinseln<br />

im nom. sing, grrjfod 12 ) (Knecht) mit dem<br />

dat. und dem plur. gry$xt; bei äl$xt (schlecht) und<br />

r§xt (recht, Recht) sind die Formen (mit Einsilberdehnung)<br />

Sl^Tod, rqod schon selten. Die altertümlichere<br />

Iglauer-Insel kennt diese Sonderentwicklung<br />

von eh <strong>des</strong> Nordbairischen noch nicht<br />

und weist normales -h- auf, etwa in z$x (sehen) 13 ),<br />

khn%xt' — 3. Im ganzen mittelbairischen Gebiet<br />

einschließlich der Außenmundarten bezieht die<br />

Lautgruppe -eh- gleichfalls ihre Sonderstellung. Es<br />

lautet sf/i» oder sf-o und moderner sf'TJ und lautet<br />

gngxd oder gn$d. Das lange f fällt dabei lautlich in<br />

die Reihe der mhd. e-Laute; dsqhv, ds$-v aus mhd.<br />

zehe (Zehe) stimmt zu s$hv, sf-o. — 4. Innerhalb<br />

<strong>des</strong> Südbairischen nimmt im Tirolischen, allerdings<br />

Osttirol ausgenommen, die Entwicklung von -ehund<br />

-eh- den allgemeinen Weg von mhd. e und e<br />

und bildet gegenüber sonstigem e noch keine Ausnahme.<br />

In den e-Mundarten sagt man im Tirolischen<br />

sehn, sexi}, soweit regry usw. gilt; nur das<br />

ötztal mit seinem zevhi} (gegen kxnext) bildet<br />

eine Besonderheit. In der reinen e-Mundart <strong>des</strong><br />

Wipptales spricht man im Sinne <strong>des</strong> allgemeinen<br />

Lautstan<strong>des</strong> zehn,, kxnext, aber im dat. und im<br />

plur. kxriQxte. Die gleichen Verhältnisse gelten<br />

in etlichen Landstrichen ausnahmsweise in den<br />

e-Mundarten in Oberbayern zwischen Lech und<br />

Isar südlich und südwestlich von München, was<br />

eigentlich gegen die allgemeine Regel ist: sehn,<br />

ghnexd sing, gegen ghnext plur. 14 ). Eine zweite<br />

Ausnahme ist es, wenn nicht nur in den Tiroler<br />

e-Mundarten, sondern auch in den verworrenen<br />

e-Mundarten von Tirol rext, slext und kxnext auftritt,<br />

wobei sich bei der jüngeren Generation<br />

allerdings die verkehrsläufigeren Aussprachen mit<br />

-?-» r$xt, slext, kxnext immer mehr ausbreiten. Im<br />

Salzburgischen folgt e" vor h der allgemeinen Entwicklung.<br />

— 5. Von der Lienzer Klause und dem<br />

Gesäuse ostwärts nimmt dann diese Lautgruppe<br />

-eh- doch auch im Südbairischen eine Sonderstellung<br />

ein. Es heißt meistens s^hn, khn$xt mit g<br />

und e; dieses f, e reimt allerdings noch nicht mit<br />

südbair. go aus mhd. e. In den Kärntner e- und<br />

e-Mundarten tritt aber schon der Gleichklang mit<br />

e ein, mhd. sehen und mhd. zehen bilden im südlichen<br />

Kärnten in der Tat einen reinen Reim,<br />

also s$vhn und teeo/m; seltener hört man khnqnxt<br />

neben khnext; in allen diesen Fällen gewinnt fa<br />

und insbesondere f statt §o immer mehr Boden 15 ).<br />

10 ) Zum lautgesetzlichen Schwund <strong>des</strong> intervokalischen<br />

-h- s. § 33 b 5.<br />

u ) Der Wechsel von -h- und -g- in „sehen"<br />

beruht auf analogem grammatischem Wechsel;<br />

doch gaben innerhalb <strong>des</strong> Bairischen die Verkehrsmundarten<br />

dem -g- den Vorzug, die Bauernmundarten<br />

dem -h-; s. § 33 b 6.<br />

12 ) Zum Schwund <strong>des</strong> -h- vor folgendem t s. § 33 d.<br />

13 ) Im Iglauerischen bleibt beim Inf. der starken<br />

Zeitwörter und bei etlichen anderen Formen in<br />

westmitteld. Weise die Endung -en weg; s. § 46 i 1.<br />

14 ) Der Ausgleich zwischen ghnexd und ghne,xt<br />

nimmt auch hier immer größeren Umfang an.<br />

15 ) Das gleiche Schwanken gilt in Kärnten sonderbarerweise<br />

in pl$nprn (plappern) und khl<br />

(klappern), beido auch mit ca und c.<br />

§ 3 i 1—j 3<br />

Individuell treffen wir auf ähnliche Zwielaute sogar<br />

im Lungau und im obersteirischen Murgebiet bis<br />

gegen Leoben hinunter, ebenso im Norden und insbesondere<br />

im Osten von Kärnten, in den richtigen<br />

f-Mundarten. Doch scheint es sich in diesen f-Gebieten<br />

beim -ejoh- eher um einen Gleitlaut o vor<br />

•h- zu handeln, da solches v oder a dort auch nach<br />

-i- vorkommt, z. B. in ridxtn (richten). — 5. Reime<br />

wie mhd. sehen/zehen u. dgl. sind schon bei den<br />

bairischen Dichtern <strong>des</strong> 13. Jhs. keine Seltenheit<br />

mehr.<br />

j. 1. Vor -l- liegen die Verhältnisse noch verwickelter.<br />

Der Gleichklang mit der allgemeinen<br />

e-Reihe ist vor l auf weite Strecken aufgehoben<br />

worden; bei -U- gilt fast überall ein offener e-Laut,<br />

auch in den e-Mundarten; bei -el- tritt oft wieder<br />

das Abspringen in die e-Reihe in den Vordergrund.<br />

Bleiben wir vorerst hauptsächlich bei -el-. Schon<br />

die Tatsache wirkt differenzierend, daß der nachvokalische<br />

-Z-Laut nur in Tirol und Oberkärnten<br />

als reiner -Z-Laut der Schriftsprache erhalten bleibt,<br />

er aber im Mittelbairischen zu * und ü vokalisiert<br />

und in Mittel- und Unterkärnten, der Steiermark<br />

und dem Burgenland immerhin schon als mehr<br />

oder weniger -i- oder -ü-haltiger -Z-Laut gesprochen<br />

wird; <strong>des</strong>gleichen in Südmähren, Südböhmen, im<br />

Böhmerwald, im Nordbairischen und im äußersten<br />

Westen von Oberbayern. — 2. Einfach liegen die<br />

Verhältnisse noch im Nordbairischen. Sie sind<br />

parallel zu denen bei mundartl. 5 und q in gedehntem<br />

und kurz gebliebenem mhd. a (s. § 1 o) gestaltet.<br />

Wie dort ist auch hier gedehnter Vokal<br />

zum geschlossenen Laut, e ist zum o-Laut geworden,<br />

kurz gebliebener Vokal jedoch zum offenen<br />

Laut, e zum p-Laut. Daher mal (Mehl), Moln<br />

(stehlen), aber liQlffm (helfen), SQIH (Schelle), daher<br />

auch im nom. fohl (Feld), im dat., soweit er formell<br />

erhalten ist, fgl (dem Felde) und im plur. JQÜV,<br />

JQldn (Felder); s. Karte 4. Das gleiche Verhalten<br />

entdecken wir im benachbarten Ostfränkischen bei<br />

mel gegen hel\m oder bei fehl gegen fellvr (Felder).<br />

Das Nordbairische hat diese und ähnliche Differenzierungen<br />

erst im 14. oder 15. Jh. mit dem<br />

Ostfränkischen gemeinsam oder überhaupt unter<br />

ostfränk. Einfluß entwickelt. Daher fehlen sie<br />

wiederum der altertümlichsten nordbair. Mundart,<br />

dem Iglauerischen mit seiner Einheitlichkeit in<br />

mql, StQl, hqlff, vQÜ, v(>ldnr (ml} usw. im Süden der<br />

Iglauer Insel). — 3. Auch im Mittelbairischen<br />

liegen die Dinge noch verhältnismäßig einfach:<br />

vor folgendem -l- bleibt hier unter allen Umständen<br />

der offene Vokalcharakter gewahrt, nur mit der<br />

umlautartigen Rundung <strong>des</strong> früheren -Z-Lautes;<br />

hier herrscht in der Dehnung bereits wieder Zusammenfall<br />

mit e. Daher die Wiener Aussprachen<br />

mp, fidp'n, JiQffn, s^'n, fl}d, f§dn; m§ gibt mit sQ<br />

(Seele) aus mhd. se7e einen reinen Reim. Im Bereich<br />

der mittelbair. -Z-Vokalisierung hat der Osten,<br />

Ober- und Niederösterreich, wie die Karte 4 zeigt,<br />

dieses p, der Westen aber meistenteils $i, der Lungau<br />

e; 16 ). Das gleiche oder ein ähnliches ei hat in<br />

Niederbayern und im Osten von Oberbayern das<br />

mhd. -el- und -il- z. B. im Kompnrativ clter oder<br />

in wihl erreicht (s. die Karte 4). Doch fällt -POZund<br />

-CD- (f$D(l)d) in Südböhmen westl. Krumau<br />

und -al- um Neuern im Böhmerwald auf, ferner<br />

gi im nördl. Innviertcl mit dem angrenzenden<br />

Rottal sowie in der Umgebung von München gegen<br />

Westen zu; -pi- scheint sich stark auszubreiten.<br />

Es fällt lautlich mit gi aus mhd. -al- zusammen;<br />

") Mit leichter mittelzungiger Verfärbung, wio<br />

sie bei der alten Generation bei normalem e z. B.<br />

in gebm, i pqt und dergleichen nicht allgemein<br />

üblich ist.<br />

29


§ 3 j 3—m 3<br />

in der Nähe ist umgekehrt durch den Wandel von<br />

mhd. -al- zu -ql- der Gleichklang mit -al- hergestellt<br />

(s. § 1 i). — 4. Im Bereich <strong>des</strong> -ü-haltigen<br />

-Z-Lautes entspricht dafür -Q'I-, im Bereich <strong>des</strong><br />

unveränderten -J-Lautes tritt -el- ein. — 5. Am<br />

äußeren Bogen <strong>des</strong> oberbayrischen Lechrains und<br />

in Westtirol tritt für -el- mundartliches -al- ein<br />

(in Karte 4 durch Querschraffen gekennzeichnet),<br />

<strong>des</strong>gleichen in Bauernwörtern um Wischau, Brunn,<br />

im östlichen Südmähren und im nordöstlichsten<br />

Niederösterreich (s. § 2 g 4).<br />

k. Beim gedehnten e ist im Mittelbairischen gewöhnlich<br />

die gleiche Entwicklung wie beim -e7durchgedrungen,<br />

so vor einfachem -l- zwischen<br />

Selbstlauten und vor auslautendem einfachem oder<br />

geminiertem -l, -II, etwa in mhd. mel (Mehl),<br />

stelen (stehlen), v'e'll (Fell). Im Südbairischen<br />

herrscht hier allerdings strichweise Neigung zu<br />

•gvl-, als läge wieder mhd. -e(l)- vor. Zwischen<br />

Aichach und Seeshaupt in Oberbayern tritt<br />

m$v, sdtj.ry'n, /fo auf, am ganzen oberbayrischen<br />

Lechrain bis zum Starnbergersee und bis Bene-<br />

diktbeuren m$ül, sd^vln, f%r>l, vgl. sfo oder sfoZ aus<br />

mhd. sele; <strong>des</strong>gleichen im angrenzenden Schwaben<br />

und im ganzen Nordtirol. Auch in Südtirol existieren<br />

einige -goMnseln, so um Meran und um<br />

Bozen; ferner in Osttirol im oberen Iselgebiet, in<br />

Kärnten im Mitter- und Untermölltal und in den<br />

Kärntner e- und e-Mundarten bei alten Leuten<br />

auch in Ober- und Westmittelkärnten (s. auch<br />

Einltg. 44). Im Ober- und Mittereisacktal tritt<br />

demgegenüber ebenso wie vor altem -h- lautgerecht<br />

e, ei ein, also mel (meil) usw.<br />

1. 1. Mhd. -er- geht vor Gaumen- und Lippenlaut<br />

gewöhnlich den gleichen Weg wie mhd. -e7-,<br />

doch gibt es auch wesentliche Unterschiede. Sie<br />

sind wenig übersichtlich und nicht immer durch<br />

die Natur <strong>des</strong> -r-Lautes allein bestimmt. Im großen<br />

mittelbairischen Vokalisierungsgebiet gilt, sofern<br />

nicht Sproßvokale entwickelt worden sind, bqvg<br />

(Berg), w§vffv (werfen) 17 ). Um Neumark (Böhmerwald),<br />

Cham, Kötzting und Viechtach (Niederbayern)<br />

ist ganz alt iv. — 2. Wo das -r- fortbesteht,<br />

entspricht auf mittelbair. Boden (am Westrand)<br />

bqorg, wewffv. Im Nordbairischen wird, soweit<br />

das -r- erhalten geblieben ist, strichweise bärx,<br />

warffm gesprochen. In konservativen Restschollen<br />

<strong>des</strong> Nordbairischen gibt es Differenzierungen zwischen<br />

b$ax, M&m (r hier auch vokalisiert) mit<br />

-fa- in Dehnung gegen werffm mit -er- in Kürze.<br />

In ganz altertümlichen Ecken <strong>des</strong> Nordbair. trifft<br />

man noch feinere Unterscheidungen an, nämlich<br />

zwischen mhd. Ein- und Mehrsilbern; etwa im<br />

nom. b$vx, aber im dat. bärx, <strong>des</strong>gleichen sdärm<br />

sowie warffm oder etwas moderner im dat. bäx,<br />

sda'm, waffm. Es mag sein, daß das heute oft<br />

wahllose Durcheinander <strong>des</strong> Egerländischen von<br />

-go-, -er- und -a(r)- im Raum nur Ausgleich zwischen<br />

alten Wechselformen nach verschiedenen<br />

Richtungen hin darstellt. — 3. -ar- für -er- erscheint<br />

gleich -al- am Lechrain und teilweise in<br />

Westtirol 18 ) sowie um Wischau, Brunn, im östlichen<br />

Südmähren und im angrenzenden Weinviertel<br />

(s. § 2 g 3 und 3 j 5); ferner entdecken wir<br />

a vor r in weiten Strecken von Unterkärnten und<br />

17 ) Im Weinviertel mit Südmähren, im nördlichen<br />

Waldviertel, in Oberösterreich (ohne unterstes<br />

Mühlviertel), im Flach-, Tennen- und Salzachgau<br />

sowie bis ins mittlere Burgenland und in der<br />

niederösterreichischen Grafschaft Pitten gilt<br />

b$(v)ri(g), im Salzkammergut werefjv mit Sproßvokalen.<br />

18 ) Doch tritt von Imst aufwärts am Inn sowie<br />

am Lech und im Außfern dafür -evr- ein.<br />

30<br />

der angrenzenden Weststeiermark (parg, starbm,<br />

warjm), <strong>des</strong>gleichen um Oberwölz und Schöder in<br />

der Obersteiermark; im Kärntner und Steirer<br />

Görtschitztal taucht sogar -qr- auf, das zusammenfällt<br />

mit mhd. -qr- aus mhd. -ar- und -or-; -qrtreffen<br />

wir ferner im Ammergau und an der<br />

obersten Isar in Oberbayern an. -Q'I- für -er- gibt<br />

es um Knittelfeld und Judenburg in der Obersteiermark,<br />

wo es mit mhd. -ar-, -or-, -el- gleich<br />

klingt; strichweise tritt -ql- für -er- im nördlichen<br />

Mittelkärnten auf.<br />

m. 1. In der Dehnung haben wir vor -r- zwei<br />

Gruppen zu unterscheiden, solange wir im westlichen<br />

Südbairischen bleiben, nämlich eine jüngere<br />

Dehnung zu -er-, z. B. in her, scheren, wo das -rin<br />

ahd. Zeit vor Vokal stand (ahd. h'e'ra, skeran)<br />

und sich eine Veränderung erst im 12. Jh. stärker<br />

bemerkbar machte, und eine ältere, schon im<br />

11. Jh. auftretende Dehnung von -er- vor Zahnlauten<br />

und im absoluten Auslaut, z. B. in Herd,<br />

Ferse, lernen und wer (ahd. hiver); sie führte im<br />

westlichen Südbairischen bis zum $v aus mhd. e<br />

und ist bereits im sogenannten „Zimbrischen"<br />

sowie in allen anderen südbairischen Sprachinseln<br />

vorhanden 19 ). Daher etwa in den Dreizehn Gemeinden<br />

h^r's^rn gegen h%mt, v§vrze 20 ), levrnvn und w§vr<br />

und gegen perkx, sterwzm, werffvn 21 ). H§vrt und<br />

i levrn (ich lerne), wenr reimen jetzt mit kx$vrt<br />

(kehrt zurück), kx§vrn (zurückkehren), mevr (mehr)<br />

aus mhd. kert, keren, mir. Diese Verhältnisse umfassen<br />

ganz Südtirol; es passen auch die Aussprachen<br />

her, sern (heir, seirn) im Ober- und<br />

Mittereisacktal, die mit dem gleichräumigen mel<br />

(Mehl; s. § 3 k) zu vergleichen sind, gut in diese<br />

Reihenordnung. Auch in einigen Orten <strong>des</strong> Passeier<br />

wirken gelegentliche Lautformen, wie h$rt, vqrzv,<br />

Iqrndn, wyr nicht störend, da man dort auch kx^rt,<br />

kx^rn, m$r 22 ) sagt. Die Südtiroler Unterscheidung<br />

setzt sich nach Osttirol und, soweit man es noch<br />

feststellen kann, nach Oberkärnten mit dem Liesertal<br />

und in den salzburgischen Lungau fort; im<br />

Lungau entsprechen ha (her), sägt} (scheren),<br />

h&xt (Herd), fqdhn, (Ferse), l&gnp (lernen) und<br />

ivqd (wer) wie kxipxt (kehrt), kx&gt} (kehren),<br />

mfa (mehr). — 2. In Nordtirol mit dem oberbayrischen<br />

Lechrain und im Salzburgischen (ohne<br />

Lungau) sind nicht nur südtirol.-oberkärntn. -eraus<br />

älterem -er-, sondern auch die Südtiroler -eraus<br />

älterem -er- vor Vokal mit mhd. -er- zusammengefallen;<br />

daher z. B. im Silltal hevrst, vqorzv,<br />

Iqvrndn und wq,nr, aber jetzt auch h%vr, seorn wie<br />

kx$vrst, kx$nrn, menr und natürlich wieder gegen<br />

perkx usw. Dieselbe Ordnung besteht im Pinzgau<br />

und Pongau mit eo (hqvsd usw.) und im „Sundergau"<br />

(südlich von München im Dreieck von Bayrisch-Zell,<br />

Sauerlach und Länggries) mit ä (häSd,<br />

jäsn, wä wie ghdsd, mä, aber gegen b§drg). — 3. Auf<br />

eine dritte Ordnung stoßen wir in Unterkärnten<br />

und in der Steiermark. Hier haben im ältesten<br />

19 ) Bei den Wörtern Stern, gern, fert(en) (voriges<br />

Jahr) herrscht Schwanken, bei wert, Kersche (Kirsche),<br />

Gerste gilt nur Kürze.<br />

20 ) z ist stimmhaft und zwischen s und s zu<br />

sprechen.<br />

21 ) Die Verhältnisse in den Sieben Gemeinden<br />

sind diesmal als Muster ungeeignet; erstens hat<br />

in den meisten Orten der Sieben Gemeinden vor<br />

r + Zahnlaut und vor auslautendem -r nachträglich<br />

v als Gleitlaut Verbreitung gefunden<br />

(h§Dr, wenrt statt h$r, WQH in den Dreizehn Gemeinden);<br />

zweitens ist im Dreisilber vers's'inga<br />

(Ferse) eine Störung eingetreten.<br />

22 ) Am Starnbergersee, um Tölz und Länggries<br />

ausnahmsweise h^r, wqr und m$r.


Dialektzustand -er- im Auslaut, vor Vokal und vor<br />

Zahnlaut alle eine gemeinsame Lautentsprechung,<br />

nämlich g; dieses f wird nunmehr vom en aus mhd.<br />

e streng auseinandergehalten. Es lautet demzufolge<br />

beispielsweise in der Gaal bei Knittelfeld ģ 23 ),<br />

sqdn, h$st 23 ), f$sn 23 ), lifin und wf gegen kh$nst 2i ),<br />

khqndn, m^n und natürlich gegen pQlg, stglbm 25 ). —<br />

4. Weiter im Norden, auf mittelbairischem Boden,<br />

herrscht in altertümlichen Restlandschaften und<br />

in konservativen Restformen gleichfalls dieses f,<br />

z. B. im oberösterreichischen Hausruckviertel in<br />

h$, se'n, h$xd, fesn, le'nv, w%, diesmal aber wieder<br />

wie in ghexd, ghe'n, m%. Ähnliches treffen wir<br />

restweise in Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> und in der<br />

nördlichen Oststeiermark an und im Auslaut und<br />

vor -rn als absterbenden Archaismus darüber hinaus<br />

in großen Teilen von Niederösterreich; aber<br />

nicht mehr im Innviertel und in Altbayern, wo<br />

allgemein ep auftritt. Dort sowie vielfach um<br />

Wien, Graz und Linz ist durch die allgemeine<br />

Vokalisierung <strong>des</strong> -r- zu -v- und durch verkehrssprachliche<br />

Einsickerungen -er- in allen Stellungen<br />

vereinheitlicht: h%v, sfo'n, hqvd (hevt), fqnsn,<br />

l$v'nv, w$n wie gh$nd (gh$nt), gh§n'n, m\n, aber auch<br />

wie b$ng, sd^rfm; ebenso z. T. in Mittel- und Unterkärnten,<br />

wenngleich hier die Vokalisierung selbst<br />

noch nicht platzgegriffen hat: h$r, s^rn 26 ), f§rs?i,<br />

l§rnnn 26 ) wie kh§rn 26 ), mqr 27 und wie perg, st$rbm 28 ).<br />

— 5. Das Nordbairische trennt fr jeder Art wieder<br />

säuberlich von er, etwa hqn, hqnd, fqnsn, Iqv'nn von<br />

gh§ind, gh^in'n, me.in; es greift damit jene Ordnung,<br />

welche wir phonologisch bereits im Osten <strong>des</strong><br />

Südbairischen gesehen haben, noch einmal auf, obgleich<br />

dazwischen das Mittelbairische mit seiner<br />

Vereinheitlichung beider Gruppen liegt. Vielleicht<br />

ist die jetzige mittelbair. Ordnung erst sekundär<br />

entstanden, und bilden die beiden Flügel <strong>des</strong> Südund<br />

<strong>des</strong> Nordbairischen hier wie so oft alte Restschollen<br />

zu beiden Seiten der donauländischen<br />

Modernisierungszone.<br />

n. 1. Vor Nasenlauten verhält sich das Nordbairische<br />

beim g-Laut parallel dem p-Laut aus<br />

mhd. a (s. § 1 n). Unter Dehnung steht en ($v, in)<br />

z. B. in brenmn (Bremsfliege), sdren n (Strähn) aus<br />

mhd. breme, str'e'n; ebenso steht es auch für mhd. e,<br />

23 ) Diese Wörter gehen in Unterkärnten den Weg<br />

<strong>des</strong> -er- vor Gaumen- und Lippenlaut, also h§rt,<br />

hart, JiQrt; f$rsn usw. Auch in der Obersteiermark<br />

macht sich diese Angleichung immer mehr bemerkbar.<br />

Im Krappfeld und seinem Umkreis steht<br />

in unserer speziellen Gruppe sonderbarerweise<br />

halboffenes -er-. — Hq, w% reicht übers Metnitztal<br />

in die nördlichen Dörfer um Gurk und Straßburg<br />

herein.<br />

24 ) In Unterkärnten dafür khqnrt.<br />

25 ) Wenn der streng kärntnerisch reimende Sankt<br />

Veiter <strong>des</strong> 13. Jh., Ulrich von dem Türlin,<br />

Reime wio her/mer, hert/kert u. dgl. als einziger<br />

unter den bairischen Dichtern seiner Zeit meidet,<br />

so ist dies m. E. ein Beweis dafür, daß die jetzigen<br />

Unterkärntner Differenzierungen dieser Art seinerzeit<br />

bis Mittelkärnten, bis in dio Gegend um St.<br />

Veit a. d. Glan, der alten Lan<strong>des</strong>hauptstadt,<br />

gereicht haben.<br />

26 ) Altertümlich mittelkärntnerisch (und ebenso<br />

mölltalerisch) mit -rn.<br />

21 ) Im nördlichen Mittelkärnten alt noch menr,<br />

das sich deutlich von hqr und w^r abhebt.<br />

28 ) Im Iselgebiet, im Mölltal und in Mittelkärnten<br />

(ohne Krappfeld) wird vor Zahnlaut, n<br />

und im Auslaut Zäpfchen-r, sonst jedoch Zungen-r<br />

gesprochen; nur im Süden von Kärnten hat Zäpfchen-r,<br />

das gleichzeitig der Kärntner Verkehrssprache<br />

eignet, dio Alleinherrschaft angetreten.<br />

§ 3 m 3—o 1<br />

etwa in gwetmn (gewöhnen), mennn (das Zugvieh<br />

führen), drevml (Balken, Knüttel) aus mhd. gewenen,<br />

menen, dremel; dagegen steht bei Kürze e:<br />

jentßv (Fenster) aus mhd. venster oder auch rqnn<br />

(rennen), §?$ (eng) aus mhd. rennen, enge. — 2. Auch<br />

im Mittel- und Südbairischen geht die Entwickluug<br />

parallel dem genäselten g. Ebenso wie bei jenem<br />

mhd. a und o meistenteils gemeinsame Wege<br />

einschlagen, schließt sich auch hier mhd. e mit<br />

mhd. e zu einer geschlossenen Gruppe zusammen.<br />

Nur um Gottschee, Zarz, in Tilliach und im Lesachtal<br />

bleibt mundartliches a aus e und mundartl. e<br />

aus mhd. e im großen und ganzen getrennt: (Till.)<br />

präme, Uran gegen menen 29 ) und weniger deutlich<br />

im Lesachtal mit einigen angrenzenden Gemeinden<br />

pr^rne, Mr$n, j^nßtq (Fenster) 30 ) gegen meinen, et^e<br />

sowie in Zarz pi-§ime, str§in, v§nßtr gegen meinen,<br />

etpie. — 3. Sonst herrscht wie bei genäseltem g<br />

im Westen räumliches Schwanken zwischen g- und<br />

e-Lautungen, während im Osten, im Burgenland,<br />

in der Steiermark mit Unterkärnten und in großen<br />

Teilen von Nieder- und Oberösterreich mit Südmähren<br />

und Südböhmen steigende Zwielaute, ei,<br />

§i, äi, auftreten; ei besteht auch im Mölltal, im<br />

Oberdrautal und teilweise im Iselgebiet mit dem<br />

Lienzer Becken. — 4. In der Mittelsteiermark mit<br />

dem kärntn. Lavanttal und dem angrenzenden<br />

Burgenland bildete sich wie bei g auch bei e vor<br />

n +Mitlaut und vor m unter scharf geschnittenem<br />

Atemdruck ein sehr kurzer Selbstlaut aus, während<br />

vor einfachem n und vor ?j der Zwielaut ei ungestört<br />

fortlebt, z. B. in we\ntn (wenden) gegen<br />

deit}khn (denken).<br />

o. 1. Gemäß der Paulschen Regel und aus<br />

anderen Ursachen wurde teilweise schon in spätalthochdeutscher,<br />

teilweise noch in frühmittelhochdeutscher<br />

Zeit älteres e vor folgendem i und<br />

vor rundenden Mitlauten zum „geschlossenen"<br />

e-Laut, als läge Vollumlaut-e (s. § 4 a 3) vor.<br />

Hierher gehören vor allem vor i und / Pelz 31 ), ledig,<br />

Predig, Venedig (Ortsname), Becher 32 ), Se'chtcr 32 ).<br />

Gre'ger, Le'x aus ahd. pellitz, ledig, prediga, mhd.<br />

Venedige, ahd. bechari, seh(s)tari, Gregori(us), mhd.<br />

(A)Lehsi(us). Ortsnamen wie mittelbair. Schöllschitz<br />

(mundartl. säülsntß) aus tschech. *C'elesice<br />

bei Brunn, nordbair. Zedlisch (mundartl. Dsin ä lns<br />

mit -In- aus mhd. c; s. § 4 d) aus tschech. Sedlist'c<br />

bei Tachau im südlichsten Egerland und südbair.pladnerisches<br />

Pcits (Ampczzo aus vlat. *Ampeciurn,<br />

friaul. Jmpi^ts) sind neben ähnlichen Fällen<br />

Beweise für die Lebensfähigkeit dieser Lautregel<br />

bis ins 13. Jh. Ihre Orte liegen in Landschaften,<br />

in denen sich deutsche Siedler erst um 1200 oder<br />

nachher niedergelassen hatten. Bei einigen Belegen<br />

dieser Art ist die erwähnte Ursache dos c<br />

etwas verborgen, weil sie nachheriger Formenausgleich<br />

verdunkelt hat; so etwa bei sechs, zehn,<br />

eben aus den neutralen Plural-Substantiven schsiu,<br />

zchniu und aus cbcnitt; in anderen Fällen waren<br />

ahd. Pluralformen auf ~ir schuld, etwa bei den<br />

neutra bair. Schcff (Schiff) und Kc's (Gletscher) mit<br />

ihrem spätahd. plur. skeffir, *kesir statt älterem<br />

29 ) Einige Verwechslungen von genäseltem e und c<br />

(und ä) gibt es auch hier, s. § 2 g.<br />

30 ) Doch herrscht bei Fenster vielfach Schwanken,<br />

so um Gottschee, Zarz, Tilliach. Der ursprüngliche<br />

Zustand dürfte im sing, c, im plur. c (Finsterer)<br />

gehabt haben.<br />

31 ) Mit e wird hier und weiterhin jenes alte e,<br />

das infolge der Paulschen Regel oder aus anderen<br />

Gründen wie mhd. e behandelt wird, bezeichnet.<br />

32 ) Diese Wörter haben strichweise auch e beibehalten.<br />

Das erkennt man in den £ -Mundarten.<br />

31


§ 3 o 1—§ 4 a 3<br />

skiffir 33 ), *kisir. Noch heute sagt man in verkehrsfernen<br />

südbairischen Mundarten im sing.<br />

Br'et nach ahd. br'et, im plur. aber Breter nach<br />

spätahd. bretir, z. B. im Zimbrischen der Sieben<br />

Gemeinden pret, aber pretsr oder im Pustertal<br />

(alt) pret, aber preitg; andere bair. Mundarten<br />

haben teils nach Breter Bre't, teils nach Br'et<br />

Breter ausgeglichen (vgl. Einltg. 39) 34 ). — 2. Rundender<br />

Mitlaut führte gelegentlich zum gleichen<br />

mhd. e, etwa in Schwester, gestern, Sil-Fester (Silvester),<br />

bresthaft, Vesper, Zwespe (Zwetschke) 35 ),<br />

leschen (löschen), Messe, Presse 35 ), dreschen 35 ),<br />

Steffan (Stephan) 35 ), Stefte (Stift) 35 ), keck (aus<br />

älterem queck), etwas 35 ). — 3. Bei einigen e-Formen<br />

trägt nachfolgen<strong>des</strong> ahd. u die Schuld, so bei<br />

Met), Tegel 35 ), Zedel (Zettel) aus ahd. metu,<br />

Hegula, *zedula. — 4. Auch einige ausgesprochene<br />

Verkehrs- und insbesondere etliche Kirchenwörter<br />

<strong>des</strong> Bairischen weisen dieses e auf, etwa Techant<br />

(kirchlicher Dekan) 35 ), Segen 35 ), pflegen 35 ), Pfleger,<br />

Kresen (Chrisma) 35 von mhd. o auf e übertragen, sobald wir statt der<br />

vordergaumigen Phoneme die entsprechenden<br />

hintergaumigen Lautvorstellungen einsetzen; etwa<br />

statt ei oder In nunmehr öu oder üz> und dergleichen.<br />

Die Karte 5 stellt genau genommen nur<br />

die Lautverhältnisse für mhd. o dar, sie gilt jedoch<br />

in gleichem Maße, sofern wir die Lautwerte richtig<br />

transponieren, auch für mhd. e und für mhd. ö. —<br />

2. Nach Ausweis der Lehnwortforschung klangen<br />

die drei Parallellaute mhd. e, o und ö in ahd. Zeit<br />

offen, als e, q und Q. Je altertümlicher der Dialekt<br />

ist, <strong>des</strong>to offener werden daher in der Regel im<br />

modernen Oberdeutschen diese Laute ausgesprochen.<br />

Im Südalemannischen werden fürs bairische<br />

Ohr halboffene Selbstlaute, etwa in lekkv (legen),<br />

wekkxn (wecken), hc-sn (Hose), kspßßv (geschossen),<br />

gebildet; das wiegt schwer, weil diese Dialekte<br />

auch sonst, vor allem in ihrem Beharren auf den<br />

alten mhd. Monophthongen in wib (Weib), hüs<br />

(Haus) (vgl. § 13 a 1), im Beibehalten <strong>des</strong> unver-<br />

). Sie gehören m. E. der dumpften mhd. a in hasv (Hasen) und gaßßv<br />

langen, bisher zu wenig erforschten Reihe alt- (Gasse) (§ 1 b 1) und im Festhalten der gerundeten<br />

bairischer Lehnwörter aus dem Fränkischen an. — mhd. Umlaute in rijkx (Röcke), hi^ttv (Hütte)<br />

5. Bei etlichen dieser Formen waren nach Ausweis (§ 6 a 1), ihre hervorragende Konservativitat im<br />

der ahd. Belege, der Lehnwörter in den Fremd- Selbstlautstand vorweisen. Den bairischen Mundsprachen<br />

oder <strong>des</strong> Zimbrischen als der altertümartsprecher<br />

muten diese Sprechweisen nahezu wie<br />

lichsten bairischen Mundart einstens -i-Lautungen<br />

ein lebendig gebliebenes mittelhochdeutsches<br />

Sprachmuseum an. Die dicke Borstenlinie der<br />

heimisch, so bei Messe, ledig, Predig, vgl. zimbr. Karte 5 umgrenzt diese halboffene Aussprache in<br />

(Sieben Gemeinden) misse, lidikx, pridige. Ihre Vorarlberg auffällig genug. Ebenso haben innerhalb<br />

kirchensprachliche Bindung liegt auf der Hand. <strong>des</strong> Bairischen die beharrsamsten Mundartgruppen<br />

Wahrscheinlich sind auch diese e-Formen Ent- auch halboffene Aussprachen. So die Tiroler Hochlehnungen<br />

aus dem Fränkischen. — 6. In Westtalmundarten <strong>des</strong> ötz-, <strong>des</strong> Passeier-, <strong>des</strong> Obertirol,<br />

gegen das Alemannische zu, werden übrigens eisack-, <strong>des</strong> Ahm- und <strong>des</strong> Villgrattentales sowie<br />

die e-Formen seltener. Im Vintschgau gilt z. B. die südbairischen Sprachinselmundarten der Sieben<br />

nur Techant, eben, Vesper, keck.<br />

Gemeinden, von Pladen und Zahre, von Zarz, um<br />

p. Im absoluten Anlaut wird in echten Bauern- Gottschee sowie der nordbair. Insel um Iglau;<br />

wörtern die Lautgebung von mhd. e- und e- son- lauter Gebiete, deren Lautgebung auch sonst immer<br />

derbar unsicher. Etwa im Worte Egerte (Wechsel- durch besondere Altertümlichkeiten ausgezeichnet<br />

feld) verwandelt sich das etymologische e gegend- ist. — 3. Weil nach § 3 c 1 auch mhd. e ein offener<br />

weise zu e-, zu e- vmd an der burgenländisch- e-Laut gewesen ist, müßten eigentlich damals e<br />

niederösterr.-steirischen Dreiländerecke sogar zu und e entweder gleich oder immerhin sehr ähnlich<br />

ie-; im Worte Eher (Ähre) schwankt im Anlaut ausgesprochen worden sein. Hätten sie verschieden<br />

der Vokal gleichfalls zwischen e-, e- und e-. Das geklungen, dann hätten ja auch die besten unter<br />

gleiche ist der Fall bei Eschbann (Art Viehweide), den althochdeutschen Orthographen, etwa Notker,<br />

ahd. *ezziskpann, wo uns ebenfalls bald e-, bald e-, gewiß konsequent verschiedene Zeichen dafür ge-<br />

bald e- entgegentritt. Eine sichere Erklärung dieser wählt. Das ist nicht der Fall. Standen sie sich sehr<br />

bisher unbeachteten Erscheinung ist einstweilen nahe oder waren sie gleich, so verstehen wir<br />

nicht zu geben. Vielleicht hat es einstens eine plötzlich die P au Ische Regel. Die Mouillierungs-<br />

vorübergehende Präjotierung gegeben, also *Jegerte theorie Schorers und seiner Anhänger nimmt mit<br />

usw., die diese Unklarheiten verursacht hat (s. Recht an, daß die eigentlichen Umlauterreger nicht<br />

§ 24 a 1 Fußn.). Über diese Wortformen s. auch die ahd. -i- und -j- gewesen waren, sondern daß durch<br />

Artikel Egerte, Eher und Eschpann <strong>des</strong> Wörterbuchs. -i- und -j- folgender Silben die vorausgehenden<br />

Mitlaute mouilliert (palatalisiert) worden sind und<br />

§ 4. Mhd. e (s. auch die Karten 5 und 6) erst diese mouillierten Konsonanten den Umlaut<br />

Übersicht: a. Die Parallelreihe mhd. e, o, ö; bewirkt haben. Demnach waren diese Palatal-<br />

ihre offene Aussprache in alter Zeit. — b. Mhd. e konsonanten wohl auch an der zunehmenden<br />

vor Verschluß- und Reibelauten: neu e, älter ei, Geschlossenheit <strong>des</strong> mhd. e als Vollumlaut zu<br />

ganz alt e. — c. Mittelgaumige und gerundete frühahd. a schuld. Ebenso haben dann diese mouil-<br />

Aussprachen. — d. Mhd. e im Nordbairischen. — lierten Mitlaute natürlich auch die Paulsche Regel,<br />

e. e vor h. — f. e vor l. — g. e vor r. — h. e vor das ist den Übertritt von ahd. e zu mhd. e (e) z. B.<br />

Nasenlauten. — i. Die Jungwiener e-Verwirrung. in ledig, Predig statt ahd. ledig, prediga (s. § 3 o)<br />

a. 1. Mit den drei folgenden mhd. Kurzvokalen verursacht; dieso beiden Vorgänge gehören aufs<br />

e, o und ö kommen wir zum erstenmal zu einer engste zusammen. Noch bis um 1200 klang dieses<br />

jener Parallelreihen dreier Selbstlaute, die dem Vollumlaut-e näher dem offenen e-Laut als dem<br />

Vorwort 13 gemäß alle drei die parallelen Reihen- geschlossenen e-Laut. Hier zwei besonders gut<br />

schritte in der Lautentwicklung in vollem Umfang datierbare Belege: Um 1200 erbaute Bischof Bruno<br />

vor Augen führen. Wir können nahezu auto- von Brixen die Burg Bruneck in Südtirol und zur<br />

matisch diejenigen Lautveränderungen, welche bei selben Zeit ein Adeliger in Kärnten die Burg<br />

mhd. e erfolgt sind, auf mhd. o oder umgekehrt Hallegg, sie erhielten damals ihre mhd. Namen<br />

33 Brünegge und Heilegge. Die eine nennt man danach<br />

) Danach mitteld. „Schiff".<br />

34 im Grödner Ladinischen Burnek mit demselben<br />

) Das Wort Schelm, das man gerne hierher alten -e-, wie es z. B. mit inek (Schnecke) aus mhd.<br />

stellt, halte ich für eine Verallgemeinerung <strong>des</strong> snegge und mit bck (Schnabel) aus vlat. *beccu<br />

gen.-dat. sing. ahd. skelmin zum nom. skalmo.<br />

35 reimen kann, die andere heißt im Kärntner Slo-<br />

) Diese Wörter kommen in einzelnen bair.<br />

Gegenden auch mit e vor.<br />

32


wenischen Hal\k, mit -g-, das mit bl$k (Fleck) aus<br />

mhd. vleck zusammenstimmt. Hätte man damals<br />

im Bairischen schon den neuen, geschlossenen e-<br />

Laut verwendet, so wäre im Grödnerischen unbedingt<br />

*BurneJc und im Kärntner Slowenischen<br />

*Halek entstanden, mit dem anderen e-Laut. Daß<br />

schließlich bis um 1200 im Bairischen älteres *e<br />

überdies noch die Fähigkeit bewahrt hat, vor<br />

folgendem -i- nach der eben erwähnten Paulschen<br />

Regel zu e (e) überzutreten, beweisen die § 3 o<br />

angeführten, erst um 1200 neuentlehnten Ortsnamen<br />

Zedlisch, Schöllschitz (*Schellschitz) aus<br />

alttschech. *Sedli$?e und *Öelesica und Petsch aus<br />

vlat. *Am / pecium. Damit glaube ich die bisher<br />

herrschende Meinung, ahd.-mhd. e und o wären<br />

als geschlossene Selbstlaute ausgesprochen worden,<br />

bezüglich <strong>des</strong> ahd.-mhd. e erschüttert und durch<br />

mehrere Argumente die einstmals offene Aussprache<br />

bewiesen zu haben. Man kann sich einen<br />

Umlaut aus frühahd. a, den unser mhd. e ja<br />

letzten En<strong>des</strong> darstellt, für die ältere Zeit auch<br />

leichter als e statt als e denken, man kann sich<br />

weiter gut vorstellen, daß sich dieses Umlaut-e<br />

unter dem andauernden Einfluß der Mouillierung<br />

erst in später Zeit, nach unseren Darlegungen erst<br />

nach 1200, zu einem richtigen geschlossenen e<br />

entwickeln konnte. — 4. Auch die alte p-Aussprache<br />

für mhd. o bietet sich in Lehnwörtern<br />

schön dar, z. B. im Abteitaler Ladinischen in koia<br />

(Pest) und arQsk (Frosch) über altlad. *kgga,<br />

*vorosk aus ahd. *kxQg&> *vrgsk (geschrieben choga,<br />

vrosk), um nur zwei Belege für mehrere Dutzend<br />

zu nennen. Auch dieses q ist erst um 1200 zum<br />

neuen o-Laut verändert worden; wenn die Verdampfung<br />

<strong>des</strong> ahd. d-Lautes schnell genug erfolgte,<br />

konnte sie dieses Q statt mhd. o sogar noch<br />

einholen und mit ihm lautgleich werden. Das ist<br />

auf weiten Strecken <strong>des</strong> Südalemannischen der<br />

Fall, ist aber auch fürs Mittelbairische im 14. Jh.<br />

durch Reimmöglichkeiten wie blasen/losen u. dgl.<br />

erwiesen und in drei beharrsamsten Randschollen<br />

<strong>des</strong> Mittelbairischen bis jetzt erhalten geblieben<br />

(s. § 1 f). Die alte offene Aussprache von ahd. e<br />

und o hat zwar bei e keine, bei o aber merkliche<br />

Nachwirkungen im modernen Lautstand. — 5. Im<br />

allgemeinen haben wir aber für die modernen<br />

bairischen Mundarten meistens doch wieder von<br />

den geschlossenen Lautwerten e und o auszugehen.<br />

— 6. Nebenbei bemerkt sei, daß im Bairischen<br />

diejenigen ahd. e, welche noch nach Eintritt der<br />

Paulschen Regel in den sogenannten e-Mundarten<br />

und e-Mundarten, wie wir sie für mhd. e<br />

kennen gelernt haben (s. § 3 d — g), zum e-Laut<br />

geworden waren, gleichfalls alle weiteren Schicksale<br />

mit unserem e geteilt haben.<br />

b. 1. Beginnen wir diesmal ausnahmsweise mit<br />

dem modernsten bairischen Lautstand. Im Mittelbairischen,<br />

der großen Dialektlandschaft entlang<br />

dor bairischen Modernisierungsachse der Isar-<br />

Donaustraße, ist die monophthongische, geschlossene<br />

Aussprache e vor Verschluß- und Reibelauten<br />

alleinherrschend. Dabei bleibt es ganz<br />

gleichgültig, ob die „nhd." Dehnung eingetreten<br />

ist oder nicht, ob man also von legeyi ausgeht oder<br />

von wecken, vgl. mittelbair. Icn wie wekkn (s.<br />

Karte 5). Auch im Kärntner Städtedreieck St. Veit-<br />

Klagenfurt-Villach stoßen wir auf diese neuen<br />

Monophthonge: legt} wie ivekkhn. — 2. Doch<br />

dürften im älteren Mittel- und Südbairischon<br />

früher steigende Zwielaute geherrscht haben. Die<br />

ersten urkundlichen ou-Schreibungen x ) tauchten<br />

*) Die ei-Schreibungen für mhd. c werden verhindert<br />

durch die historische Schreibweise ei für<br />

den eu-Laut aus mhd. i in Weib, Zeit usw.<br />

§ 4 a 3—c2<br />

bald nach 1300 in Kanzleien an der Sprachgrenze,<br />

in Südtirol und im Burgenland, als ausgesprochene<br />

Raritäten auf, während diese Zwielaute den<br />

Kanzlisten <strong>des</strong> geschlossenen Binnenlan<strong>des</strong> als<br />

doppelgliedrige Lautungen graphisch nicht bewußt<br />

geworden sind. — 3. Unsere Karte 5 stellt uns<br />

schön vor Augen, wie rund um die Isar-Donaustraße<br />

und um das Kärntner Städtedreieck mit<br />

ihrem einfachen e-Laut die konservativeren Randschollen<br />

im Norden, Süden, Osten und Westen<br />

mit ihren ei und ou übereinstimmend einen älteren<br />

Zustand widerspiegeln. Im Norden haben diese<br />

Zwielaute das östlichste und das westlichste Süd-<br />

mähren und Südböhmen bewahrt; im Westen der<br />

Lechwinkel und der größere Teil <strong>des</strong> oberbayrischen<br />

Lechrains; im Süden ein großes zusammenhängen<strong>des</strong><br />

Gebiet von Finstermünz bis zum Neusiedlersee<br />

mit Nord-, Süd- und Osttirol, mit nahezu<br />

ganz Kärnten und Steiermark und mit dem<br />

ganzen Burgenland; im Osten, wo wir den Ring<br />

schließen, der Westen der Großen Schutt und die<br />

Sprachinseln Modern und Bösing in der Slowakei. —<br />

4. Auch einige alte Sprachinseln nehmen an dieser<br />

Diphthongierung teil: auf mittelbairischer Seite<br />

außer Modern und Bösing auch Brunn, Wischau<br />

und Budweis, auf südbairischer Seite Zarz (leigq,<br />

wekkxn), ebenso Deutschruth, ferner Pladen, Zahre,<br />

Folgaria {leigty, wekkxvn), Lavarono und die<br />

Dreizehn Gemeinden, Tischlwang und das Fersental<br />

(fers, leign,, weikkxdn). — 5. Diese diphthongierenden<br />

Randschollen zerfallen bei genauem<br />

Hinsehen in eine westliche und eine östliche<br />

Hälfte. Der Westen besitzt nur für gedehntes e<br />

Zwielaut, während das kurz gebliebene e unverändert<br />

fortbesteht, z. B. im Lechwinkel lei'7} gegen<br />

wekkhv oder im Defreggen leigi} gegen wekkx^n. Im<br />

Osten wird dagegen je<strong>des</strong> e diphthongiert, gleichgültig,<br />

ob es gedehnt worden war oder nicht, z. B.<br />

in Südböhmen läVn, wie wäikkn oder im Kärntner<br />

Mölltal leigj} wie weikhn. Auch im Fersental gilt<br />

leigti, wie weikhdn. Die Grenze zwischen beiden<br />

Gruppen, dio Zweispurlinio der Karte, hat<br />

nur in Kärnten und Tirol, wo diese Gruppen<br />

unmittelbar zusammenstoßen, Realwert 1 a ). Sonst<br />

ist sie lediglich als innerster Rand <strong>des</strong> Trennungsgebietes<br />

mit lei'i} gegen ivckkn gezogen worden und<br />

ist vielleicht seinerzeit, als die Zwielaute noch dio<br />

ganze mittelbairischo Landschaft bedeckten, bedeutend<br />

weiter im Osten verlaufen. — 6. Die<br />

älteste Entwicklungsstufe bilden aber im Gesamtbairischen<br />

wieder richtige Monophthonge. Dio<br />

allerältesten bairischen Mundartgebiete kennen nur<br />

diese einfachen Vokale; so die Sieben Gemeinden,<br />

das ötz-, das Passeier-, das Wipptal und das<br />

Gottschcer Land; Gebiete, dio uns als besonderen<br />

Archaismus auch dio halboffenen e- und p-Laute<br />

lebendig überliefert haben.<br />

c. 1. Neuerdings neigen einige modernere Mundartlandschaften<br />

zu etwas mittelgaumigen oder<br />

leicht gerundeten Aussprachen <strong>des</strong> e-Lautes; so<br />

Teile von Mittel- und Oberkärnten und die Ha\ipttäler<br />

<strong>des</strong> Tirolischen. Dio altertümlichsten bairischen<br />

Rückzugsgebieto haben daran nirgends<br />

Anteil genommen. Nebenbei bemerkt, ist dio<br />

Neigung zu Rundung und Mittolgaumigkeit bei<br />

mhd. i wesentlich weiter verbreitet (s. § 7 c 1).<br />

Verfehlt ist es, diese junge Lautschattierung als<br />

Rückstand <strong>des</strong> einstigen Umlautcharaktcrs aufzufassen,<br />

wie das leider vielfach geschieht. —<br />

2. Deutlicher treten Mittelgaumigkeit und Rundung<br />

im ersten Teil der stark differenzierten Zwielaute<br />

entgegen, bei äi und ci, gelegentlich auch schon<br />

lo ) Im Lungau und in Westkärnten gibt es<br />

wieder dio westliche Ordnung.<br />

33


§ 4 c 2—g 2<br />

bei ei. Auf sie stoßen wir z. T. in Osttirol und<br />

Oberkärnten, ferner in der Steiermark mit Unterkärnten,<br />

im Burgenland, in der Grafschaft Pitten,<br />

in Südmähren und Südböhmen und im Lechwinkel<br />

und schließlich auch in der ganzen großen<br />

Westhälfte <strong>des</strong> ostfränkischen Dialektgebietes,<br />

also außerhalb <strong>des</strong> Bairischen selbst. — 3. Teilw.<br />

wird im Südalemannischen und im westlichen<br />

Ostfränkischen, in Dialekten und Mundarten,<br />

welche die alten gerundeten Umlaute unverändert<br />

bewahren, mhd. e nicht selten in der Nähe bestimmter<br />

rundender Mitlaute (s. § 26) bis zu ö<br />

gewandelt. Dadurch wird es mit altem mhd. ö<br />

auf die gleiche Stufe gestellt. Dasselbe gilt im<br />

Zimbrischen, der einzigen bair. Mundart mit<br />

erhaltener Umlautrundung. Es heißt in den Sieben<br />

Gemeinden äöpffen 2 ), Ig'ffel, plur. ijpffdle 2 ) (Äpfel)<br />

und danach sing. o'pffel 2 ) aus mhd. schepfen,<br />

leffel, epfele. Trotz allgemeiner Umlautentrundung<br />

stoßen wir auf ähnliche Rundungen im äußersten<br />

Westen der Gottscheer Insel, in Suchen: npffl 3 )<br />

(Apfel), Igjfl ? ) und in vrüm 3 ) (fremd), stiimffm 3 ) 4 )<br />

(stampfen, stoßen) aus mhd. vrem(e)de, stempfen.<br />

Ansätze zu verwandten Wandlungen treffen wir<br />

bei älteren Leuten auch im Iselgebiet, im Mölltal<br />

und im Lungau an. Im südlichen Niederösterreich,<br />

in großen Teilen von Oberösterreich und im Flachgau<br />

finden wir auch Rundungen in (niederöst.)<br />

äaö'm (Scheibe), doüfö (Teufel) statt doifö, (oberöst.)<br />

ghüwö (Kübel), nöwö (Nebel), sw§fö (Schwefel).<br />

Im Westen der Sieben Gemeinden erreicht<br />

diese Rundung auch Lautungen wie höwen (heben),<br />

züwen 6 ) (sieben), hölffen (helfen) usw. für die<br />

sonst in den Sieben Gemeinden üblichen Aussprachen<br />

heven, ziwen, helffen.<br />

d. Große Teile <strong>des</strong> Mitteldeutschen und der<br />

Osten <strong>des</strong> Ostfränkischen verwandeln je<strong>des</strong> gedehnte<br />

e zum fallenden Zwielaut iv, wofür in<br />

Mittelfranken sowie um Bayreuth und Hof in<br />

Oberfranken und anderswo vereinfachtes i eintritt.<br />

Von dorther haben das Egerland und die nordöstliche<br />

Oberpfalz ihr iv sowie die nordwestliche<br />

Oberpfalz und die Nürnberger Gegend ihr i bezogen.<br />

Ungefähr seit 1400 spricht man demnach<br />

auch im Nordbairischen in mitteldeutscher Weise<br />

entweder liv'ry oder IVi} (legen) gegen weki\ (nürnbergisch<br />

ivegn). Die altertümliche nordbairische<br />

Außengründung um Iglau, die ugf. um 1200 besiedelt<br />

worden ist, bewahrt mit l?g)}, wekhn den<br />

älteren Zustand.<br />

e. Vor -h- weist das Nordbairische in Dehnung<br />

ev auf: slevsd (schlägst), Slevd (schlägt) aus mhd.<br />

siehst, sieht. Über etwaige Sonderwege von mhd.<br />

-eh- in mhd. dwehele (Hand-, Tisch-, Leintuch)<br />

und in eher (Ähre) s. die Wörterbuchartikel Zwehel<br />

und Eher; zum zweiten Wort s. auch § 3 p.<br />

f. 1. Vor -l- treffen wir im Osten auf eine einheitliche<br />

Entwicklung. Im Gebiet <strong>des</strong> Q aus mhd.<br />

-el- (s. Karte 4) tritt für mhd. -el- entsprechend ö<br />

ein, z. B. in dsö'n (zählen), hö (Hölle), givob (Gewölbe)<br />

aus mhd. zelen, helle, gewelwe; im Gebiet<br />

der Zwielaute in Zfi'n, läi'n, (legen) <strong>des</strong> Ostens<br />

gilt auch mit folgendem -l- Zwielaut in -QÜI- oder<br />

•äül-; dies ist dann im Burgenland und in angrenzenden<br />

Landstrichen allerdings vielfach zu<br />

2 ) -pff~ ist hier mit kurzem Starkverschlußlaut<br />

und mit langem verdoppeltem und sehr starkem ff<br />

zu lesen.<br />

3 ) Die Zeichen Q und y, sind ausgesprochen mittelgaumig,<br />

zwischen e und p bzw. zwischen \ und %<br />

zu bilden.<br />

*) s liegt zwischen s und ä.<br />

6 ) z ist ausgesprochen stimmhaft und liegt<br />

gleichfalls zwischen s und £.<br />

34<br />

-äl- vereinfacht worden: dsQüln, dsäüln, dsäln. In<br />

Teilen von Mittelkärnten wird zwischen gedehntem<br />

-el- und kurzem -öl- unterschieden, z. B. zwischen<br />

i tsel qvns (ich zähle eins) gegen * tsöl fiare (ich<br />

zähle vier) und gegen tsöln (mit sekundärer Aufhebung<br />

der Dehnung). Im Bereich <strong>des</strong> reinen<br />

-l- Lautes, in Tirol und Oberkärnten, erscheint<br />

natürlich nur tseln, hei, gwelb. An der Grenze<br />

zwischen Südböhmen und dem Böhmerwald tritt<br />

aber dafür ausnahmslos -ül- ein. — 2. Etwas komplizierter<br />

liegen die Raumverhältnisse im westlichen<br />

Mittelbairischen. Im Salzburgischen finden wir<br />

willkürliches Schwanken zwischen ei, oi und e oft<br />

im gleichen Dorf vor; e ist im südlichen Innviertel,<br />

im Salzachgau und im Lungau, ei, ei in Niederbayern<br />

mit angrenzenden Gebieten verbreitet; es<br />

fällt dann gerne mit -ei- aus mhd. -el- und aus<br />

mhd. -ü- zusammen (s. § 7 d). oi aus mhd. -eltaucht<br />

im nördlichen Innviertel mit dem angrenzenden<br />

Niederbayern sowie in der Umgebung<br />

von München auf. Vielfach fällt auch dieses oi,<br />

gelegentlich zu qi umgebildet, mit mhd. -el- zusammen.<br />

— 3. Ein eigenartiger Zustand besteht<br />

im Sundergau südlich von München. Wird hier<br />

mhd. -el- der allgemeinen Vokalisierung <strong>des</strong> nachvokalischen<br />

-l- zu -i- gemäß zu ei gewandelt, so<br />

entwickelt sich mhd. -el- eigenwillig entweder zur<br />

Lautfolge -e d l- oder gar zu -i d l- oder -id d l- mit<br />

„postdentalem" -Z-Laut, als wäre er aus älterem<br />

•dl- entstanden (vgl. z. B. Sdg d l „Stadel"). Mhd.<br />

-el- ist nur mehr mit mhd. -il- lautgleich, nicht<br />

mehr aber mit mhd. -el-; man spricht im Sundergau<br />

entweder dse d ln, dsl d ln oder dsi9 d ln (zählen),<br />

vgl. wi d ld oder xviv d ld (wild). Demgegenüber sagt<br />

man auch im Sundergau mit vokalisiertem l gid<br />

(alt), f$id (Feld), höids (Holz), süid (schuld) usw. —<br />

4. Das Nordbairische geht, wenn man absieht<br />

von der Rundung vor -l-, den normalen Weg.<br />

Man spricht im nordbair. -iv- und -i-Gebiet vor<br />

-l- in Dehnung -ü-, also dsüln (dsüln, dsüln) zum<br />

Unterschied von -ö- in Kürze in hol (Hölle), gwölb<br />

(Gewölbe). Der Böhmerwald und der Bayrische<br />

Wald haben immer noch dieses dsüln, wenngleich<br />

durchaus schon le'i} statt liv'ry oder statt Zi'?}<br />

(legen) herrscht. Sollte etwa diese größere Verbreitung<br />

von dsüln gar einen einstmals weiter nach<br />

Süden reichenden Gebrauch der nordbair. Lautungen<br />

liv'ry oder VCry andeuten ?<br />

g. 1. Die Entwicklung von mhd. -er- läßt drei<br />

große Gruppen erkennen.Die Karte 6 zeigt sie uns<br />

deutlich. Im Bereich <strong>des</strong> erhaltenen -r- (innerhalb<br />

der dicken Linie der Karte) stoßen wir auf die<br />

erste Gruppe, auf bairischem wie auf alemannischem<br />

Boden auf unverändertes -er-; es kann<br />

mancherorts zu -ör- werden, gelegentlich sogar zu<br />

-or- (so am oberbayr. Lechrain; westl. Judenburg;<br />

im Görtschitztal; teilw. im Gurktal; in Zahre;<br />

vor Zahnlauten und -n hört man öa •) im<br />

Lienzer Becken z. B. in voatikx 6 ) „fertig", focSa'n 8 )<br />

„kehren"; -ar- gilt dafür in Einsilbern in Zarz,<br />

-f- ist allgemein in Unterkärnten und in der<br />

Weststeiermark. — 2. In den modernen bairischen<br />

Mundarten besteht die zweite Gruppe; im Mittelbairischen<br />

wird -er- zu -iv- 7 ) und ist eins mit<br />

mhd. -ir-. Schon um 1300 wurde um Wien und<br />

Regensburg mirken, firtig und dergleichen geschrieben.<br />

Heute treffen wir im Westen auf diese<br />

-i-Aussprachen in Altbayern (ohne den Nord- und<br />

Westrand) mit dem oberen Innviertel, dem Flachgau<br />

und dem steirischen Ennstal; im Osten treffen<br />

wir sie im größten Teil von Niederösterreich mit<br />

dem Burgenland, in dem nur noch wenige ei(r)-<br />

•) -ö- ist mittelgaumig, -a- ist ein voller -a-Laut.<br />

7 ) Oberösterr. aber CD, er, ex; s. § 4 g 3.


Reste den früheren Zustand reflektieren, weitere<br />

im steirischen Murtal von Leoben abwärts sowie in<br />

der Oststeiermark; nur das südwestlichste Stück<br />

der Oststeiermark stimmt mit seinem merkwürdigen<br />

-ev- (mevkhvn) zum -ep- aus mhd. -er-<br />

(p$v(g) Berg). Diese -ir-Formen breiten sich<br />

gegen älteres -er- rasch aus. — 3. Der moderne<br />

mittelbair. -io-Raum wird eigenartigerweise durch<br />

Oberösterreich in zwei Teile zersprengt. Oberösterreich<br />

weist mit seinem ev, das mit ex wechselt,<br />

die ältere Entwicklungsstufe auf. Es äußert sich<br />

die starke Konservativität <strong>des</strong> alten Agrarlan<strong>des</strong><br />

Oberösterreich mit seinem selbstbewußten und in<br />

alten Sprachformen oft unwandelbaren Bauerntum<br />

im Vergleich zur modefreudigeren Nachbarschaft.<br />

Wegen seiner erhöhten Widerstandskraft gegen<br />

die mittelbairischen Modernisierungswellen nannten<br />

wir dieses Land auch „die oberösterreichische<br />

Beharrsamkeitsbrücke" (vgl. Einltg. 17). Sie verbindet<br />

nicht selten als richtige Brücke die Altertümlichkeiten<br />

<strong>des</strong> Südbairischen quer durch den<br />

mittelbairischen Raum hindurch mit denen <strong>des</strong><br />

Nordbairischen in <strong>des</strong>sen böhmerwäldlerisch-südböhmischen<br />

Ausläufern. — 4. Wenn das Kärntner<br />

Städtedreieck St. Veit - Klagenfurt - Villach mit<br />

einigen Ausstrahlungen mit -ir- als räumliche<br />

Modernisierungsinsel vor uns steht, so haben wir<br />

gleich wie bei der zentralkämtnerischen e-Mundart<br />

für mhd. e (s. § 3 e 2) eine punktuelle Übertragung<br />

und Überspringung von alten Wiener Modeformen<br />

nach Zentralkärnten vor uns. Immerhin<br />

besteht insoweit ein Unterschied dem mittelbair.<br />

-iv- gegenüber, als zumin<strong>des</strong>t der Norden <strong>des</strong> Kärntner<br />

-ir-Gebietes den Vollumlaut als -\r- trennt von<br />

dem mhd. -ir- als mundartl. -ir-: es steht mirkhn<br />

gegen khirhn. Sonst sind wie gesagt in allen<br />

unseren -ir- (-*o-)Mundarten mhd. -er- und mhd.<br />

-ir- einander gleich geworden (vgl. aber unter g 6).<br />

— 5. Einige altertümliche Rückzugsschollen <strong>des</strong><br />

westlichen -io-Gebietes haben sowohl für mhd. -erals<br />

für mhd. -ir- das merkwürdige -iu-. Die -iu-<br />

Schollen sind auf der Karte schwarz koloriert. Es<br />

sind dies der Samerberg östl. Rosenheim, der<br />

Salzachgau und ganz altertümlich der Tennengau<br />

und die Mattseer Gegend; einige Dörfer um Tölz<br />

(in der Karte nicht eingetragen) und mehrere Orte<br />

in Südböhmen; etwa im Salzachgau miukxV),<br />

qhiuxxVj (Kirche). — 6. Im Osten tritt, ausgenommen<br />

die Umgebung von Wien und von anderen<br />

größeren Städten, an Stelle dieses -iv- der normale<br />

e-Laut, insoweit das folgende -r- früh verändert<br />

worden oder verklungen ist, z. B. in e d l (Erle),<br />

ghe d n (mit dem Besen kehren), be (Beere), hewvr\<br />

(Herberge) neben mivkkv. Vereinzelt hört man<br />

solche e-Lautungen bei alten Leuten in Niederbayern<br />

und teilweise sogar tief bis nach Oberbayern<br />

hinein. Sie tauchen gelegentlich auch im -er-<br />

Gebiet auf, z. B. in der Gaal bei Knittelfeld: eidl,<br />

kheidn, pei, aber mölkhvn (merken). — 7. Seit der<br />

Mitte <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts kommen in den<br />

bairischen Stadtmundarten die -iv- und -ir-<br />

Lautungen langsam als unfein in Verruf und<br />

werden durch hochsprachliches -et»-, -er- ersetzt.<br />

Etwa gebrauchen in Wien jetzt unter den Ältesten<br />

nur noch wenige Leuto das alte mivkki} usw.;<br />

m^vkkiji 13t demnach so gut wie alleinherrschend. —<br />

8. Die mitteldeutsch-ostfränkischen Bauerndialekte<br />

verändern das mhd. -er-in anderer Weise,<br />

obgleich auch sie es meistens mit mhd. -ir- vereinigen;<br />

sie machen es zu -er-. Das ist unsere dritte<br />

Gruppe. Vielerorts schließen sich diesen -fr-Lautungen<br />

die Entsprechungen für mhd. -er- an.<br />

Diese andere Gleichförmigkeit von mhd. -er- mit<br />

mhd. -ir- und -er- reicht als merkt}, gherxry (vgl.<br />

wer ff m) nach Karte 6 bis in den Westen und Norden<br />

§ 4g2—§ 5b1<br />

der Oberpfalz und in Teile <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> herein.<br />

Auch dieses -er- weicht auf bairischem Boden vor<br />

-ir-, -iv- zurück. Übrigens gibt es innerhalb <strong>des</strong><br />

-er-Bereiches oft ein laut- oder silbenkombinatorisch<br />

bedingtes -iv-, ir-: in der nordwestlichen<br />

Oberpfalz und in Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> beobachten<br />

wir z. B. diese -iv-, -ir- neben allgemeinem -grvor<br />

auslautendem und intervokalisch inlautendem<br />

-r- und vor -rn. — 9. In gewissen Wörtern taucht<br />

in der Weststeiermark vor -r+Dental -a- auf,<br />

z. B. in j9(ji)ti (fertig), Md(ß)t (Martin).<br />

h. Über die Behandlung <strong>des</strong> mhd. e vor Nasenlauten<br />

war bereits § 3 n die Rede, <strong>des</strong>gleichen<br />

über jene letzten südbairischen Reliktgebiete,<br />

welche trotz Näselung mhd. -e- und mhd. -ejetzt<br />

noch auseinanderhalten; zum Wandel von<br />

mhd. -en- über -ien- zu mittelbair. -e.vn- s. § 7 e 3.<br />

i. Ungefähr seit 1940 beginnt man in Wien alle<br />

mundartlichen -e- und -e-Laute auf eine Stufe<br />

zu bringen und als offenes § gleich zu sprechen.<br />

Die Altwiener Lautgegensätze zwischen ge'm<br />

(geben), Wry (legen) und b$ d ln (betteln), &n% (Schnee)<br />

oder zwischen ivekn, (wecken) und lekry (lecken)<br />

verwischen sich und werden von den Wienern<br />

unter 35 Jahren gleichartig als g


§ 5bl—c4<br />

und der weiteren Formen s. die Karte 5.-2. Im<br />

Mittelbairischen entlang der Isar-Donaustraße<br />

treffen wir wie bei mhd. e auf den jungen, geschlossenen<br />

Monophthong, auf o (hösn, gsoßßn),<br />

ebenso im Kärntner Städtedreieck St. Veit- Klagenfurt-Villach.<br />

An den Rändern dieses Monophthongierungsgebietes<br />

bleiben auch hier die älteren<br />

Zwielaute, diesmal ou, QU, du, erhalten (s. Karte 5<br />

und § 4 b 2); <strong>des</strong>gleichen finden wir wieder Zwielaute<br />

in einigen alten Außengründungen <strong>des</strong> Südund<br />

Mittelbairischen. Wie bei mhd. e gehen dabei<br />

die Zwielaut-Mundarten im Westen andere Wege<br />

als im Osten, indem im Westen wieder nur die<br />

gedehnten ö diphthongiert sind und z. B. im<br />

Pustertal honse (Teile <strong>des</strong> Puster- und Eisacktales<br />

haben heose) gegen ksosn steht, während im<br />

Osten je<strong>des</strong> o ohne Rücksicht auf seine Dauer der<br />

Diphthongierung anheimfällt, z. B. im Burgenland<br />

häuzn wie ksäußßn. In einem Teil <strong>des</strong> mittleren<br />

Burgenlan<strong>des</strong> hört man fu, in einigen Orten,<br />

z. B. in Rattersdorf, sogar q mit neuer Monophthongierung<br />

aus fw. Dasselbe f tritt uns in bestimmten<br />

Verbindungen auch in Kais (Osttirol) entgegen. —<br />

3. Nhd. gedehntes ö erscheint wie e im Mitteldeutschen,<br />

Ostfränkischen und im Norden und<br />

Osten <strong>des</strong> Nordbairischen bald als fallender Zwielaut<br />

(üv), bald als vereinfachter Monophthong<br />

(ü), während kurz gebliebenes o ungestört als<br />

o-Laut fortbesteht, also nordbair. hümn oder hüsn<br />

gegen gsoßßn. Damit ist in kurzen Strichen die<br />

allgemeine Entwicklung <strong>des</strong> mhd. o in seiner<br />

Parallelität zu mhd. e gekennzeichnet.<br />

c. 1. Dazu kommt bei mhd. o als altem „Hintergaumenlaut"<br />

eine Besonderheit, die bei den<br />

Vordergaumenlauten, z. B. bei mhd. e, i, i, ie,<br />

keine Rolle spielt, nämlich die einstmalige Neigung<br />

dieser Hintergaumenlaute mhd. o, u, ü, uo zu<br />

mittelgaumiger (palatovelarer) Aussprache. Das<br />

ö im ötztalerischen h$za, ksößßn oder im gottscheeischen<br />

h$zd, gdsößßn ist akustisch dem bühnendeutschen<br />

ö in Böden, Röcke ähnlich, es entbehrt<br />

jedoch der Rundung und klingt nur wie ein Umlaut,<br />

weil es am mittleren Gaumen, zwischen e und o,<br />

gebildet wird. Diese mittelgaumigen ö- und ü-<br />

Lauto gab es im 13. Jh. im Gesamtbairischen. Sie<br />

spielen im Bairischen älterer Prägung eine derart<br />

große Rolle, daß wir uns mit ihnen unbedingt<br />

auseinandersetzen müssen, zumal sie im Fachschrifttum<br />

gerne wortlos übergangen werden. Seitdem<br />

die alten gerundeten Umlaute mhd. ö, ü, 6, ü<br />

und üe zu mundartlichen e, i, f, ai (über älteres<br />

aü aus ti) und id entrundet worden waren, was<br />

eben im 13. Jh. geschah, war der akustische Platz<br />

der gerundeten oder mittelgaumigen Vokale unbesetzt<br />

und frei. Es konnten die Hintergaumenlaute<br />

mhd. o, u, 6, ü (mundartlich au) und uo<br />

leicht eine den alten gerundeten Umlauten verwandte<br />

Vokalfärbung annehmen. Diese Mittelgaumigkeit<br />

ist im Bairischen in der Tat eingetreten.<br />

Sie ist daher gerade in altertümlichen<br />

bairischen Mundarten nachweisbar, so in den<br />

jüngeren südbairischen Sprachinselmundarten, in<br />

Pladen, Zahre und Gottschee, ferner in allen<br />

Tiroler und in etlichen Kärntner Hochtalmundarten,<br />

im ötz-, Sill-, Zillertal, im Iselgebiet mit<br />

dem Lienzer Becken, im Moll- und Oberdrautal<br />

und bei ganz alten Leuton auch im Gailtal sowie<br />

in den abseitigen Seitengräben <strong>des</strong> Pustertales,<br />

im Eisack- und im Passeiertal; ferner in einigen<br />

abgesprengten Restinseln, so im Ultental mit der<br />

sogenannten Deutschgegend südlich Meran, in der<br />

Ortschaft Stanzach im tirol. Lechtal und weit<br />

davon entfernt im größeren Teil der Mittelstoiermark<br />

mit Teilen <strong>des</strong> südlichsten Burgenlan<strong>des</strong> bis<br />

an die untere Strem. In der Mittelsteiermark hat<br />

36<br />

sich ausnahmsweise sogar Q aus gedehntem mhd. a<br />

und aus mhd. d angeschlossen (s. § 1 d 5). Man<br />

sagt z. B. in Prosdorf südöstl. Graz hQüzn, gsQüßßn,<br />

StÜÜ'm (Stube), häöds (Haus), hödx 3 ) (hoch),<br />

dodff 3 ) (Dorf), müddv 3 ) (Mutter) und ebenso<br />

pl§zn (blasen), hQzn (Hasen); nur Q aus kurz gebliebenem<br />

mhd. a, QV aus mhd. -ar- und aus mhd.<br />

ei sowie -ql- und -ul- aus mhd.-al-, -ol- und -ulbewahren<br />

den hintergaumigen Charakter, z. B.<br />

in mqxxpn (machen), SQvff 3 ) (scharf), prgvd 3 )<br />

(breit), old (alt), hultß (Holz), suld (schuld). -<br />

2. Wie stark abhängig die Entstehung dieser<br />

Mittelgaumenlaute von der Umlautentrundung war,<br />

das sieht man am schönsten in den südalemannischen<br />

Mundarten der Schweiz und Vorarlbergs:<br />

hier haben wir im Hoch- und teilw. im Mittel- sowie<br />

im Niederalemannischen vorwiegend entrundende<br />

Mundarten, im Mittelalemannischen und in Vorarlberg<br />

aber hauptsächlich Mundarten mit den<br />

alten gerundeten Umlauten. Dort nun, wo die<br />

Rundung erhalten ist, fehlen stets die neuen<br />

Mittelgaumenlaute, es heißt z. B. im sing, hüdt<br />

(mhd. huot) mit unverändertem -ud-, weil es im<br />

plur. hüdt (mhd. hüete) auch mit unverändertem<br />

üd lautet. Wo aber die Entrundung eingetreten ist,<br />

tauchen automatisch auch die neuen Mittelgaumenlaute<br />

auf, also nunmehr im sing, hüdt (mhd. huot),<br />

weil im plur. schon hldt (mhd. hüete) mit Entrundung<br />

steht. Die dritte Möglichkeit, sing, hüdt<br />

und plur. hüdt, fehlt der vielen Mißverständnisse<br />

wegen, die dann entstehen würden; aber auch die<br />

vierte Möglichkeit, sing, hüdt und plur. hidt, fehlt<br />

den schweizerischen und vorarlbergischen Bauernmundarten,<br />

soweit ich die Verhältnisse überschauen<br />

kann, so gut wie ganz. Aus diesen urtümlichen<br />

Verhältnissen <strong>des</strong> Alemannischen mit seiner allgemeinen<br />

Altertümlichkeit im Selbstlautstand dürfen<br />

wir wie so oft Schlüsse ziehen auf die älteren<br />

Verhältnisse im Bairischen. — 3. Die einzige<br />

bairische Mundart mit gerundeten Umlauten, das<br />

Zimbrische, ist folgerichtig gleichzeitig die einzige<br />

bairische Mundart beharrsamster Prägung, welche<br />

keine Mittelgaumenlaute besitzt. Analog dem<br />

Mittelalemannischen heißt es daher auch im Zimbrischen<br />

der Sieben Gemeinden im sing, hüt und im<br />

plur. hüte mit der alten Umlautrundung und<br />

infolge<strong>des</strong>sen mit ungestörtem Hintergaumenlaut<br />

*). Die übrigen beharrsamen Mundarten <strong>des</strong><br />

Bairischen haben gleichzeitig die Entrundung und<br />

die Mittelgaumenlaute, im ötztal sing, hüdt, plur.<br />

hldte, in Gottschee sing, hüdt, plur. hidtd, in Prosdorf<br />

b. Graz sing, hüdd, plur. Mdd. Danach dürfen<br />

wir für die ältere Zeit ein Gesetz fürs Alemannische<br />

wie fürs Bairische mit Bestimmtheit, ein zweites<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit ableiten: Erstens:<br />

Solange die echten Umlaute nicht entrundet sind,<br />

können keine Mittelgaumenvokale aufkommen.<br />

Zweitens: War die Entrundung vollzogen, so<br />

bildeten sich sofort die Mittelgaumenlaute. —<br />

4. Man könnte das zweite Gesetz bezweifeln, weil<br />

es heute längst nicht mehr in Kraft ist. In<strong>des</strong>sen<br />

hat es gerade in den verkehrsabgeschlossensten<br />

3 ) Einer Eigentümlichkeit <strong>des</strong> Mittelsteirischen<br />

folgend, klingen diese fallenden Zwielaute fast wie<br />

Triphthonge, öüa, goo usw.<br />

4 ) Die Sprachinseln Zarz, Deutschruth und<br />

Fersental wären scheinbare Ausnahmen mit Entrundung<br />

und trotzdem ohne Mittelgaumenvokal<br />

(sing, hüdt, plur. hidt(e)); in<strong>des</strong>sen kann man im<br />

Spiegel der Ortsnamen beweisen, daß in diesen<br />

Inseln die Umlautentrundung erst nachträglich<br />

auf eigene Faust durchgeführt worden ist und<br />

Umlautrundung zur Besiedlungszeit noch in vollem<br />

Umfang da gewesen war.


und daher konservativsten Sprachlandschaften, in<br />

den Hochgebirgstälern und den Außengründungen<br />

sowohl bairischer- wie alemannischerseits volle<br />

Gültigkeit. Ist das richtig, so drängt sich als<br />

Schlußfolgerung die einstige Verbreitung der<br />

Mittelgaumenvokale übers Gesamtbairische (und<br />

zum Teil übers Alemannische) von selbst auf. — 5.<br />

Hinsichtlich <strong>des</strong> Schwäbischen fehlt es mir an erforderlichen<br />

dialektgeographischen Kriterien, fürs<br />

Bairische läßt sich aber auf Umwegen ausreichen<strong>des</strong><br />

Beweisgut für beide Gesetze mit Rückständen<br />

aus verschiedensten Landschaften beibringen. In<br />

diesem Sinne dürfen wir verstehen: Die weite Verbreitung<br />

<strong>des</strong> mittelzungigen gu 5 ) aus mhd. 6 im<br />

westl. Mittelbairischen (s. § 11 a 4) sowie die<br />

altniederösterreichische Unterscheidung zwischen<br />

ä aus mhd. 6 gegenüber g, g aus mhd. ä, a (s.<br />

§ 11 a 8), die nur möglich ist über ein älteres *$ 5 )<br />

aus mhd. 6; die heute nur streuweise, einstmals<br />

jedoch in einem gewaltigen Gebiet nachweisbare<br />

Lautung ui aus mhd. uo, die ein älteres, mittelzungiges<br />

*üe voraussetzt (s. § 18 a 1); wenn wir<br />

wollen, auch die Unterinnviertier und Mittelsteirer<br />

g 5 ) für mhd. d und a (s. § 1 m 1). Somit<br />

fehlen uns sichere Anhaltspunkte für solche alte<br />

Mittelgaumenvokale (zufällig?) nur noch auf<br />

nordbairischem Boden. — 5 a. Die Umlautentrundung<br />

ging im 13. Jh. vor sich, im Mittelbairischen<br />

nach Ausweis der Urkunden in der ersten,<br />

im Nord- und Südbairischen seit der zweiten<br />

Hälfte. Damals werden also auch unsere Mittelgaumenlaute<br />

entstanden sein. Daher tauchen in<br />

der Urkundensprache bereits um 1300 die Folgen<br />

der Mittelgaumigkeit, ou-Schreibungen für mhd.<br />

6 (s. § 11 a 4) und m-Schreibungen für mhd. uo,<br />

in den Schriften auf. — 6. Allerdings hat sich<br />

früh eine Abneigung gegen diese merkwürdigen<br />

Laute entwickelt; warum, das wissen wir nicht<br />

genau. Am ehesten kam diese Opposition gegen<br />

die Mittelgaumenlaute aus Westmitteldeutschland.<br />

Wenn die mittelbairischen Sprachinseln keine<br />

Mittelgaumenvokale mehr besitzen, sie aber die<br />

späteren südbairischen Außengründungen noch<br />

vorweisen, so ist die Divergenz am ehesten aus<br />

dieser neuen Gegenbewegung von Norden nach<br />

Süden aufzufassen. Heute fehlen diese alten<br />

Mittelgaumenlaute schon in allen verkehrsreicheren<br />

Landschaften <strong>des</strong> Bairischen. — 7. Anders zu<br />

beurteilen ist Mittelgaumigkeit als Folge der<br />

fortgeschrittenen Diphthongierung von mhd. o zu<br />

ou, gu, du usw. Unsere Karte 5 markiert diese<br />

Zwielautgebiete durch waagrechte Schraffur, die<br />

Mittelgaumigkeit der ersten Zwielautkomponente<br />

durch senkrechte Schraffur, die allgemeinen Mittelgaumenlaute<br />

überdies durch schräge Schraffur.<br />

Denn in Oberkärnten, in den Tiroler Hochtälern,<br />

in etlichen südbair. Sprachinseln sowie in der<br />

Mittelsteiermark mit dem südlichsten Burgenland<br />

werden auch ü, Ü9, aö mittelgaumig ausgesprochen,<br />

um Brunn und Wischau, in Südmähren und Südböhmen<br />

und am Lechrain aber nicht. Überdies<br />

stoßen wir bei hduzn usw. auch in Unterfranken<br />

auf Mittelgaumigkeit, in einer Gegend, der die<br />

Mittelgaumenlauto sonst fehlen, weil noch die<br />

alte Umlautrundung fortbesteht; also um Würzburg<br />

häözte (Häuschen), demin. zu häos, oder hüdd,<br />

plur. zu hü9d.<br />

d. 1. Die Karte 7 gewährt uns Einblick in die<br />

Behandlung der Lautfolge mhd. -ol- z. B. im Worto<br />

Holz, also unter Einsilberdehnung. 6 ). Hier ist die<br />

6 ) Ein mittelgaumiger Selbstlaut.<br />

•) Im Südbairischen gibt es in Einsilbern wie<br />

Holz keine Dehnung, sondern nur mehr Selbstlautkürzo.<br />

§ 5 c 4—e3<br />

Parallelität zu mhd. -eZ- streckenweise gestört. Die<br />

dicke Linie deutet die mitt elbairische Vokalisierung<br />

<strong>des</strong> -Z-Lautes und daher die Lautungen höids, hoitß<br />

an, und zwar mit dem o-Laut. Älter ist im Mittelbairischen<br />

u gewesen; ähnlich wie sich das moderne<br />

mittelbair. o-Gebiet für mhd. o (Karte 5) wegen<br />

seiner Einrandung mit ow-Relikten als alter Zwielautbereich<br />

erweist, gelten auch diesmal die -ul-<br />

Ränder gemeinsam mit urkundlichen -wZ-Schreibungen<br />

aus dem heutigen -oi-Gebiet als Beweis<br />

für die einstige Vorherrschaft <strong>des</strong> -ul- im Mittelbairischen;<br />

so besteht -ul- im Norden <strong>des</strong> westlichen<br />

Südmährens und in Südböhmen mit dem<br />

südlichen Böhmerwald weiter; ebenso im Westen<br />

am nördlichsten oberbayr. Lechrain, dem sogenannten<br />

Staudengebiet; in der Grafschaft Werdenfels,<br />

der Gegend um Garmisch und Mittenwald;<br />

in der Mittelsteiermark und in Unterkärnten; von<br />

ihnen aus drängt im obersteirischen Murgebiet<br />

vielfach erst vor unseren Augen -ul- noch älteres -olzurück,<br />

<strong>des</strong>gleichen im mittelsteirischen Murgebiet,<br />

und im Oberlavanttal ersetzt das vordringende<br />

-ul- älteres-owZ-. Dabei bleibt es sich stets gleichgültig,<br />

ob o gedehnt ist oder nicht. — 2. Vereinzelt<br />

ist altes -ol- zu gerundetem -öl- (oder öü)<br />

verwandelt worden, so in Oberbayern am Lechrain,<br />

um den Kochelsee und in Kärnten im Maltatal;<br />

über den analogen Wandel von mdal. -gl- zu gls.<br />

§ 1 i 1. — 3. Der größte Teil <strong>des</strong> östlichen Ostfränkischen<br />

hat -ül-, hier allerdings nur mehr<br />

unter Dehnung. Das gleiche gilt im Nordbairischen.<br />

Es heißt hülds (nom.), gsdüln (gestohlen)<br />

usw., es heißt aber der alten Kürzo wegen wöl<br />

(Wolle), jölti (folgen), holtß (Holz, dat.) 7 ).<br />

e. 1. Weniger übersichtlich ist die Entwicklung<br />

von mhd. o vor folgendem Nasenlaut. Nur ein<br />

paar Wörter besitzen diese Lautfolge, so davon,<br />

Lon (Wagenlünse), Gewonheit, Donner, donnern,<br />

genommen; fast je<strong>des</strong> geht einen anderen Weg.<br />

Die Fülle der Varianten darzustellen würdo zu<br />

weit gehen, darüber geben uns die entsprechenden<br />

Wörterbuchartikel Auskunft; immerhin lassen<br />

sich einige Richtlinien angeben. —; 2. Sehr konservative<br />

Mundarten unterscheiden noch jetzt lautlich<br />

zwischen mhd. -on- und mhd. -an-, Stellen<br />

wir donnern und wandern einander gegenüber, so<br />

differenziert man in den südbairischen Sprachinseln,<br />

z. B. in den Sieben Gemeinden tpndorn und<br />

wanddrn, in Zarz Ipndrn und wgndrn, in Gottschee<br />

tijnddrn und bgnddrn (wandern), im Otz-, Obersill-,<br />

Obereisack-, Passeier-, Ahm- und Isel- sowie im<br />

Lesachtal tgnddrn oder tonddrn und wgmtern oder<br />

ähnlich. Sonst besteht auf bairischem Boden die<br />

bereits § 1 n 1 angeführte Einheitlichkeit von mhd.<br />

-a- und -o- vor Nasenlauten. — 3. Unter Dehnung<br />

entsteht in der Mitte und im Osten von Nord- und<br />

Südtirol -u-; vereinzelt reicht dieses -u- weiter<br />

nach Osten als ü aus mhd. « und aus (nhd. gedehntem)<br />

o vor Nasenlaut, z. B. in jün (Fahne)<br />

usw. Lü n , lun, lünigsr (Lünse) trifft man noch in<br />

Mittelkärnten, im Lungnu und sogar noch um<br />

Murau an der obersteirischen Mur; in Kärnten<br />

stehen als echtes Bauernwort tgndr (Donner) und<br />

als (mutmaßlich) hochsprachliche Entlehnung<br />

tundr (gutmütige Schelto für eino ungeschlachte<br />

Mannsperson) nebeneinander, und fast in ganz<br />

Österreich, ausgenommen Tirol und Oberöstorreich,<br />

ist genummen mehr städtisch, genommen<br />

mehr dörflich-bäuerlich.<br />

7 ) Ganz vereinzelt hört man im nom. auch<br />

hüvlds. — Nordbair. wulh} (Wolke) mit seinem -uist<br />

eine Ausnahme, denn es wäre wölk?} mit -ozu<br />

erwarten.<br />

37


§ 5fl—<br />

f. 1. Vor -h- ist der erwähnte Übergang von<br />

mhd. o zu mhd. 6 nachweisbar. Schon im 13. Jh.<br />

wird im Mittelbairischen urkundlich öchse (Ochse)<br />

für mhd. ohse geschrieben, <strong>des</strong>gleichen im Nordund<br />

östlichen Südbairischen töchter für mhd.<br />

tohter, mit jenem -6-, das man damals sonst in der<br />

Regel für mhd. 6 einsetzte, also in röt, östern usw.<br />

aus mhd. röt, östern. Nur das Tirolisehe behandelt<br />

toxter, okß wie je<strong>des</strong> andere -o-. Im übrigen reicht<br />

die Sonderentwicklung in Tochter weiter als in<br />

Ochse und hat sogar auf Tiroler Boden den Osten<br />

<strong>des</strong> Unterinngebietes, das Iseltal und das Lienzer<br />

Becken erobert; im Wort Ochse existiert sie nur<br />

im engeren Mittelbairischen und auch da ist sie im<br />

Westen und Süden von Oberbayern nicht durchgedrungen.<br />

In Ochse tritt uns im bäuerlichen<br />

Mittelbairischen überall die Lautentsprechung für<br />

mhd. ö entgegen, etwa gukß wie rg'ud, gukß wie<br />

hrgud, gikß wie rQid (aus mhd. röt), egkß wie regd,<br />

gkß wie rgd, äkß wie räd (zu diesen Lautungen für<br />

mhd. ö s. § 11 a und Karte 10). — 2. Bei Tochter<br />

ist die Lautgleichheit mit mhd. ö als solche jetzt<br />

räumlich eingeengter; wir treffen sie teilweise in<br />

Niederbayern (dQUxtv), in Oberösterreich (dguxtv,<br />

dgixtv, d$Qxtv, dQxtv), in Südböhmen (dgixtv),<br />

in Niederösterreich mit Südmähren und dem<br />

Burgenland (dgxtv, däxtv), ferner um Iglau<br />

(touxtvr) und im Südosten <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> (dQUxtv)<br />

sowie streuweise im südlichen und fast durchaus<br />

im westlichen Kärnten mit Osttirol und der<br />

Sprachinsel Tischlwang (tgvxtdr). Sonst drang<br />

überall eine sekundäre Kürzung von QU und QV<br />

zu Q durch, als läge ein altes *Tachter mit mhd.<br />

-a- vor. Tatsächlich wird seit dem 14. Jh. im<br />

jetzigen tgxter-Gehivt urkundlich gelegentlich Tochter<br />

geschrieben. Diese Form beherrscht das Nordbairische<br />

und den Westen <strong>des</strong> Mittelbairischen<br />

sowie fast die ganzen Bun<strong>des</strong>länder Kärnten,<br />

Steiermark und Salzburg.<br />

g. 1. Unübersichtlich sind auf den ersten Blick<br />

wieder die Verhältnisse vor folgendem r. Beschränken<br />

wir uns vorerst auf mhd. -or- vor<br />

Lippen- und Gaumenlauten, treffen wir also die<br />

gleiche Ordnung wie bei mhd. -er- und -ar-. Wir<br />

wählen als Kennwort Dorf aus; seine Lautverhältnisse<br />

stellt die Karte 8 dar. Sie zeigen uns in<br />

groben Zügen drei Entwicklungswege. Die konservativsten<br />

Gebiete behandeln als ersten Weg<br />

dieses -or- gleich wie je<strong>des</strong> mhd. o und sagen<br />

dorff (dorff, dörff s )); so in den südbair. Sprachinseln<br />

(ohne Gottschee und Tischlwang), in Südtirol<br />

mit dem Kärntner Lesachtal, dem Innsbrucker<br />

Becken und dem Silltal auf Nordtiroler Boden.<br />

Auch das Münchenerische und mit ihm viele<br />

Stadtmundarten Altbayerns haben dorff usw. Das<br />

erinnert irgendwie an die Raumverhältnisse bei<br />

mhd. -oh-. — 2. Auch der zweite und der dritte<br />

Weg erinnern an das -oh- in Tochter. Mhd. -orhat<br />

gleich wie -oh- sein mhd. o stark gedehnt und<br />

es zunächst mit mhd. 6 zusammenfallen lassen.<br />

Auch hier stoßen wir, Südtirol ausgenommen, im<br />

13. Jh. auf -d-Schreibungen und außerhalb Tirols<br />

im 14. Jh. auf a-Schreibungen, etwa in dörf, darf.<br />

Dementsprechend haben außer dem -or-Bereich<br />

altertümliche Mundarten dieselben Lautungen wie<br />

für mhd. ö. Daher in Nordwesttirol dgvrff wie<br />

rgvt (rot), ebenso im Zillertal, im größten Teil<br />

der Sprachinsel Gottschee sowie in Tischlwang;<br />

in einem Teil <strong>des</strong> tirolischen Unterinngebietes, im<br />

oberen tirolischen Lechtal und im Westen der<br />

Gottscheer Insel duvrf wie ruvt. In der Mittel-<br />

38<br />

8 ) ö ist mittelgaumig.<br />

Steiermark tritt döa/ (wie rodt Sa ), um Radkersburg<br />

düdf (wie rüdt 8 a) ein. Gleiche Übereinstimmungen<br />

entdecken wir in Oberösterreich: degf (wie regd),<br />

dgif (wie rgid), dguf (wie hrqud) 9 ). Zur Verbreitung<br />

vergleiche man stets die Karte 8 10 ). — 3. Noch<br />

einmal wie in Tochter tritt als dritter Weg nachträglich<br />

Verkürzung der Entsprechungen für mhd.<br />

-or- ein, so daß -gr- herauskommt; es klingt dann<br />

großenteils gleich wie das -gr- aus mhd. -ar- (vgl.<br />

§ 1 g, h); unsere Karte hebt diejenigen Gebiete,<br />

in welchen die beiden Lautfolgen noch unterschieden<br />

werden, eigens hervor. Zu bemerken ist<br />

besonders, daß in der allerältesten niederösterreichischen<br />

Sprechweise einiger Landschaften noch<br />

ein feiner Unterschied zwischen gv aus -or- und<br />

ov aus -ar- gemacht wird, wir kennen jedoch <strong>des</strong>sen<br />

Verbreitung einstweilen noch zu wenig genau, um<br />

feste Grenzen ziehen zu können. Auch im Süden<br />

und Westen von Oberbayern wird -är-, dvr aus<br />

mhd. -or- reinlich von -gr- aus mhd. -ar- unterschieden,<br />

zumin<strong>des</strong>t bei den alten Leuten (s.<br />

§ 1 h). — 4. Aussprachen wie dar ff hört man,<br />

deutlich getrennt von Sgrff (mhd. scharf), im ötztal,<br />

im Lavanttal und in Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>;<br />

gleich wie in iarf am Millstättersee und in der<br />

Weststeiermark. — 5. Im Egerland gibt es für<br />

mhd. -or- daneben (meistens nur in mhd. Einsilbern)<br />

-ur-, -uv-; -ur-, -uv- ist ferner ein Merkmal<br />

der österreichischen Stadtdialekte; z. B. duvf in<br />

Wien, dudrf in Klagenfurt (aber dorff in Innsbruck<br />

und München). Aus dem Wienerischen entlehnt<br />

sind daher gemeinbair. Furm (Form, Benehmen),<br />

Turten (Torte) und in großen Teilen von Österreich<br />

fürt (fort), durt (dort). Sie beruhen letzten En<strong>des</strong><br />

auf Verschriftsprachlichungen nach Altwiener<br />

Leselautgesetzen. Echt bäuerliches uv für mhd.<br />

-or- begegnet uns im Flachgau, in Teilen <strong>des</strong><br />

Salzachgaues sogar -ui-. — 6. Im Bereich der<br />

Vokalisierung <strong>des</strong> -r- zu -o- (s. Karte) wird dieses<br />

-gr- regelrecht zu gv, so in Niederösterreich, im<br />

Burgenland, in der Steiermark (ohne den Westen)<br />

östlich der „oberösterreichischen Beharrsamkeitsbrücke",<br />

in Niederbayern mit Teilen von Oberbayern<br />

und in der Oberpfalz mit dem Westrand<br />

<strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> westlich dieser „Brücke". — 7. g<br />

(dgf) hört man im weststeirischen Sulm- und<br />

Saggautal und (alt) teilw. im Innviertel, im niederbayrischen<br />

Rottal, däf nördl. Ingolstadt in Oberbayern.<br />

— 8. Eigenartige Verhältnisse gibt es im<br />

altertümlichsten Egerländischen. Der einsilbige<br />

nom. heißt zwar dgvf, düvf, der im Mhd. mehrsilbige<br />

dat. aber dgrff oder dar ff; ebenso heißt<br />

es (alt) gSdärm (gestorben). Doch vermengen sich<br />

diese Formen miteinander und erzeugen landschaftlich<br />

verschiedenen Ausgleich. — 9. Das mhd.<br />

-or- im Auslaut, vor Vokal und vor Zahnlaut in<br />

Tor, verloren, Korn, Ort schlägt großenteils eine<br />

andere Entwicklung ein. Es schließt sich in einem<br />

viel größeren Raum an mhd. ö an als -or- vor<br />

Lippen- und Gaumenlauten. Die normale Entwicklung<br />

von mhd. o gibt es hier nur mehr in<br />

Südtirol mit dem Lesachtal und mit den älteren<br />

südbairischen Sprachinseln (tör, frlörn, kxörn, ört<br />

u. ä.). Sonst fällt es wie gesagt mit 6 zusammen:<br />

8 a) ö, ü sind mittelgaumig, die fallenden Zwielaute<br />

neigen in der Mittelsteiermark zu Triphthongen<br />

(s. § 5 c 1, Fußn. 3).<br />

9 ) Vor Sproßvokalen unterbleibt in Oberösterreich<br />

der Wandel zu -ör-; es heißt z. B. degf, aber<br />

mgre'ry (morgen), örigö (Orgel).<br />

10 ) Nach gewissen Restformen zu schließen, galt<br />

dieses -QU- einstmals bis ins westliche Niederbayern.<br />

Dort heißt es zwar dgvff (Dorf), aber<br />

Dguffv (Dorfen) als Ortsname.


in Niederösterreich und in der Oststeiermark z. B.<br />

als ghg'n, ghä'n (röd, räd), in Oberösterreich als<br />

ghetfn, ghoi'n, in Nord- und Osttirol und in Oberkärnten<br />

als kxQvrn (rqvt), im Unterinnviertel und<br />

wieder in der Mitte von Oberbayern und am Südrand<br />

von Niederbayern als ghgu'n u ) (rg'ud), im<br />

östlichen Oberbayern als ghgutfn u ) (rg'ud) und<br />

im Westen von Oberbayern wieder als ghgn'n,<br />

ghgvrn, ghgvrn (rgvd). — 10. In Unterkärnten, in<br />

Obersteiermark und Salzburg (ohne Flachgau)<br />

gilt allerdings g (ghg'n, khgdn, dagegen rgiod,<br />

hrQud), das nicht mehr zu mhd. 6 stimmt, sondern<br />

eher zu mhd. a dazupaßt. — 11. Das Nordbairische<br />

trennt mhd. Länge und Kürze hier wie auch<br />

sonst immer streng. Es heißt z. B. ghöv'n (ghün'n)<br />

gegen ouv'n (Ohren).<br />

h. Schon imFrühahd. tritt Tonerhöhung <strong>des</strong> -o- vor<br />

folgendem *', /, u, w zu -u- und ebenso <strong>des</strong> -e- zu<br />

-i- ein. So stehen sich in verwandten Wörtern<br />

lautgesetzlich *wullen (aus Wolle) 12 ) aus ahd.<br />

wullin und Wolle aus ahd. wolla, *ruggen (aus<br />

Roggenmehl) 12 ) aus ahd. ruggin und Roggen aus<br />

ahd. roggo gegenüber, ebenso Hideren (aus Leder)<br />

aus ahd. lidirin und Leder 12 ), *girsten (aus Gerstenmehl)<br />

aus ahd. girstin und Gerste 12 ). Im<br />

Westpustertal heißt bei alten Leuten noch jetzt<br />

der sing, troppfn, der plur. aber truppfn aus ahd.<br />

tropfo bzw. trwpfun. Auf Paradigmenausgleich bald<br />

nach dieser, bald nach jener Richtung beruht<br />

daher das bair. Schwanken zwischen Tropfen und<br />

Trupfen (Tropfen), zwischen Poschen und Puschen<br />

(Busch, Blumenstrauß). Auch das bisher umstrittene<br />

bair. Pire (Birne), ahd. pira, wird wohl<br />

aus älterem ahd. *pera sing, und pirün plur. infolge<br />

Durchdringens <strong>des</strong> Plural-Vokals zu erklären sein.<br />

§ 6. Mhd. ö<br />

Übersicht: a. Entrundung der Umlaute. —<br />

b. Lautgesetzliches und analoges ö. — c. Mhd. -ör-.<br />

a. 1. Mhd. ö, das dritte und letzte Glied unserer<br />

ersten Parallelreihe mhd. e, o und ö, ist seit alter<br />

Zeit gekennzeichnet durch seine Umlautrundung.<br />

Wie wir beim ersten richtigen Hintergaumenvokal<br />

<strong>des</strong> Mhd., beim mhd. o, den markanten Wesenszug<br />

sämtlicher mhd. Hintergaumenvokale, ihre spätmhd.<br />

Neigung zu Mittelgaumenlauten, zusammenfassend<br />

betrachtet haben, so wollen wir auch beim<br />

mhd. ö als erstem uns begegnendem gerundetem<br />

Umlaut der älteren Sprachperiode die wesentliche<br />

lauthistorisch-lautgeographische Seite aller alten<br />

Umlaute, von mhd. ö, ü, 6, ü, iü, üe und öü, hier<br />

zusammenfassen; das ist ihre Entrundung zu<br />

Vordergaumenvokalen. Dabei sprang allerdings<br />

mhd. öü infolge seiner frühen Monophthongierung<br />

zu ä (s. § 22 a) vielleicht aus der Reihe der Umlaute<br />

noch vor der Entrundung aus, und mhd. iü,<br />

der Umlaut zu ahd. iu, fiel schon im Spätalthochdeutschen<br />

ganz zusammen mit ahd. ü, dem Umlaut<br />

von ü (s. § 15 1). Wir haben schon § 5 c 1 und<br />

Einltg. 40 über diese Umlautentrundung erfahren,<br />

daß sie im 13. Jh. ohne Widerstand vor sich gegangen<br />

ist. Im 13. Jh. wurden im bairischen<br />

Binnenland mhd. ö zu e und mhd. ü, 6, aü (aus<br />

iü und Ü) und üe zu i, f, ai und iz entrundet. Die<br />

alten Sprachinseln vermochten den älteren Stand<br />

noch einige Zeit hindurch festzuhalten; sie bewahrten<br />

ihn, weil zur Zeit ihrer Gründung auch in<br />

der Heimat, im Binnenland, noch keine Entrundung<br />

da gewesen war. Unter ihnen haben allerdings<br />

u ) -q- ist mittelgaumig.<br />

12 ) In Rückzugslandschaften, z. B. im Pustertal,<br />

umla, rukka, lidra, girSta; in den Verkehrslandschaften<br />

gelten dafür die Ausgleichsformen *wollen,<br />

*roggen, *lederen, *gersten.<br />

§ 5 g 9—§ 6 b<br />

Zarz, Deutschruth, das Fersental und Gottschee<br />

sowie die Umgebung von Brunn, Wischau und<br />

Iglau die Entrundung aber doch nachträglich auf<br />

eigene Faust durchgeführt. Nur das Zimbrische,<br />

das ist die Mundart in den Sieben und Dreizehn<br />

Gemeinden, in Luserna, Lavarone und Folgaria,<br />

hat tatsächlich die alten gerundeten Umlaute rein<br />

oder wenig gestört beibehalten, und zwar unter<br />

anderem gewiß <strong>des</strong>halb, weil bis vor wenigen<br />

Jahrhunderten auch die umliegenden welschen<br />

Mundarten in lombardisch-ladinischer Weise ö- und<br />

tt-Laute besaßen; daher z. B. in den Sieben Gemeinden<br />

rgkxxß (Röcke), im Stammvokal deutlich<br />

unterschieden von ix wekxx& (ich wecke), hütten<br />

(Hütten, plur.) gegen pitten (bitten), rotor (röter,<br />

Komparat.) gegen P$ter (Peter), läute (Leute) gegen<br />

ix raite (ich reite), grüßßen (grüßen) gegen äißßen<br />

(schießen) oder in Luserna rökx gegen \ wekx,<br />

hüttn gegen pittn, rg'vtvr gegen P§vtvr, laut gegen<br />

i rait, grüvzvn gegen äivzvn. Im Binnenbairischen<br />

gibt es diese Unterschiede seit sieben Jahrhunderten<br />

nicht mehr. Es können z. B. um Klagenfurt<br />

rekx und i wekx, hittn und pittn, rgvtr und Pevtr,<br />

i rait und lait, gridsn und iiasn seit 1300 untereinander<br />

rein gereimt werden. — 2. Sonst fehlt<br />

diese Umlautentrundung auf oberdeutschem Gebiet<br />

nur noch in zwei außerbairischen Gebieten,<br />

nämlich z. T. im Hoch- und Mittelalemannischen<br />

sowie in der Westhälfte <strong>des</strong> Ostfränkischen. —<br />

3. Es sind also im allgemeinen die Entrundungsprodukte<br />

zusammengefallen mit den alten Vordergaumenlauten;<br />

aber nicht überall. Wir werden<br />

§ 12 4 und § 15 4 sehen, wie sich mhd. 6 ausnahmsweise<br />

in zwei Landschaften, im Sundergau<br />

südl. von München als oi und im Bayrischen Wald<br />

als §i, abhebt von f aus mhd. e und wie sich in<br />

Teilen <strong>des</strong> Tiroler Unterinngebietes mit dem<br />

Zillertal mhd. u und iü als qi abheben von ai aus<br />

mhd. i. In<strong>des</strong>sen sind derartige Differenzierungen<br />

auf bairischem Boden seltene Ausnahmen. Weiteres<br />

über die Umlaute s. auch § 23. — 4. Durch seine<br />

Entrundung ist mhd. ö derart gründlich mit mhd. c<br />

zusammengeworfen worden, daß die unter § 4 für<br />

mhd. e angeführten Gesetze der Lautentwicklung<br />

auch auf mhd. ö angewandt werden dürfen. Wir<br />

können daher, zumal mhd. ö verhältnismäßig<br />

selten vorkommt, auf weitere Erläuterungen verzichten<br />

und einfach auf mhd. e verweisen.<br />

b. In ahd. Zeit war der ö-Laut selten. Er blieb<br />

hauptsächlich beschränkt auf Lehnwörter und<br />

Ortsnamenentlehnungen aus den Fremdsprachen;<br />

graphisch trat er vor dem 11. Jh. überhaupt nicht<br />

hervor, da vorher der ö-Laut stets mit dem Zeichen<br />

o <strong>des</strong> ahd. o-Lautcs transkribiert wurde. In spracheigenen<br />

Erbwörtern wäre vor den frühahd. Umlauterregern<br />

-i- und -/- bis ins 8. Jh. neben dem<br />

Umlaut selbst gleichzeitig immer auch dio „Tonerhöhung"<br />

von -o- zu -M- eingetreten, z. B. in<br />

Gehülz (neben jüngerem Gehölz) zu Holz, Glück,<br />

mhd. gelücke zu locken, bair. knüpfen zu Knopf<br />

usw. Der Großteil der jetzigen -ö-Belege entstand<br />

durch Analogiezwang der Wortbildung und der<br />

Abwandlung, z. B. in Höhle fern, abstr. zu hohl,<br />

in Röcke plur. und Röcklein demin. zu Rock, in<br />

Dörfer plur. und Dörflein demin. zu Dorf, in dörfen<br />

(dürfen) zum mhd. präteritum dorfte (durfte) usw.<br />

Nur in wenigen Fällen, z. B. in spätmhd. Honig<br />

(Honig) u. ä. mit sekundärem -i- <strong>des</strong> 12. Jh. aus<br />

altem -a- (ahd. honang), steht in Erbwörtern lautgesetzliches<br />

-ö-. In Lehnwörtern ist es häufiger,<br />

z. B. in Jörg (Georg) über ahd. *Jor(i)jo aus vlat.<br />

*ÖQrgu (it. Giorgio, franz. George) und in den<br />

Ortsnamen Görz, spätahd. Goritza aus slowen.<br />

Gorica, Döbling (in Wien) aus altslaw. *Topli6a<br />

(Warmbach), Döfcring (Bayr. Wald) aus alt-<br />

39


§ 6 b—§ 7 b 2<br />

tschech. *Dobrni6e (Siedlung am Gutenbach),<br />

Qörtschach (Kärnten) aus slowen. Goricah (bei den<br />

Leuten am Berglein), Völlan (Südtirol) aus vlat.<br />

*Foljdna.<br />

c. 1. Nur in einem besonderen Fall, vor -r-, ist<br />

der Gleichklang mit mhd. -e- gestört worden, aber<br />

auch da nur scheinbar. In den meisten bair. Mundarten<br />

gibt es für mhd. -ör- zwei verschiedene Lautentsprechungen,<br />

z. B. in Niederösterreich -§»- und<br />

-iv- in d§vffö (Dörflein), d§vffo (Dörfer) gegen<br />

Gin(ri)sl (Georg) oder im nördlichsten Kärnten<br />

-er- und -er- in d§rfl, derfr gegen iergl, Gerts,<br />

Gertsvx. In Dörflein, Dörfer geht die Entwicklung<br />

parallel mit mhd. -or- (s. § 5 g), in Jörg, Görz,<br />

Görtschach aber parallel mit mhd. -er- (s. § 4 g).<br />

Jörg usw. bieten uns offensichtlich die lautgesetzliche<br />

Entwicklung dar, da sich bei ihnen keine<br />

anderen Wortformen einmischen konnten. In<br />

Dörflein, Dörfer usw. liegt sicher analoger Umlaut<br />

vor, kärntn. derfl z. B. richtete sich nach dorf,<br />

niederösterr. d%vfjö nach dqvf, gottscheeisches<br />

dearffle nach doarff usw. Diese Überlegungen und<br />

Tatsachen wirken zu überzeugend, als daß man<br />

weiterhin an der bisher anerkannten Lehre, in<br />

Jörg usw. lägen Ausnahmen und nur in Dörflein<br />

usw. die lautgesetzlichen Entwicklungen vor,<br />

weiterhin festhalten dürfte. — 2. In denjenigen<br />

Mundarten, welche das mhd. -or- lautlich als -orwiedergeben<br />

und dorff sprechen, besteht natürlich<br />

zwischen iergl und der ff l kein Unterschied mehr, so<br />

etwa in Südtirol und in Innsbruck mit Umgebung.<br />

— 3. In weiten Landstrichen, etwa im Sundergau<br />

(südlich von München), wird -ör- vor Zahnlaut<br />

und vor -n wie mhd. -6r- behandelt (vgl. § 12 4),<br />

z. B. in boixtl (Börtlein), ghoi'ndl (kleines Korn),<br />

qixtl (Örtlein, Hofname) usw.<br />

§ 7. Mhd. i<br />

Übersicht: a. Einstmals offene Aussprache von<br />

mhd. i, u und ü. — b. Wandel zu {i, %u; Wandel von<br />

mhd. i zu spätmhd. ie vor Verschlußlauten. —<br />

c. Mittelgaumige und gerundete Aussprachen. —<br />

d. -il-, — e. -i- vor Nasenlauten. — f. -ih-. —<br />

g. -ir-.<br />

a. Mit mhd. i stehen wir in der zweiten dreigliedrigen<br />

Parallelreihe <strong>des</strong> mhd. Vokalstan<strong>des</strong>,<br />

mhd. i, u und ü. Auch diese Dreierreihe ist im<br />

wesentlichen gleichlaufend verwandelt worden;<br />

wurde i zu \i, so wurde auch u zu i{,u usw. Auch<br />

hier entdecken wir ernstliche Störungen der parallelen<br />

Reihenschritte wieder nur vor l, h und r. —<br />

2. Ebenso wie uns mhd. e, o und ö im Lichte der<br />

Raumerfahrungen und der Lehnwortforschungen<br />

im Ahd. als offen gesprochene Selbstlaute erschienen<br />

waren, werden uns im Spiegel der Räume<br />

und der Lehnwörter auch i, u und ü im Ahd.<br />

zu solchen offenen Vokalen. Wiederum haben die<br />

südalemannischen Dialekte als diejenigen oberdeutschen<br />

Mundarten, welche im Vokalstand am<br />

konservativsten und den althochdeutschen Verhältnissen<br />

am nächsten geblieben sind, diese<br />

offenen Lautungen am besten bewahrt, z. B. (im<br />

südöstl. Vorarlberg) n\dr (nieder), gr\ttv („geritten"<br />

gegen rittv „reiten"), Stybv („Stube" gegen<br />

hübv „Haube"), drukkx® (drücken), stiibli (Stübchen),<br />

stiikxH (Stückchen). — 3. Sonach hat es in<br />

ahd. Zeit keine Kurzvokalo gegeben, die geschlossen<br />

ausgesprochen worden wären. Wir dürfen behaupten,<br />

daß in ahd. Zeit sämtliche Kürzen offen<br />

gebildet worden waren: ahd. a, ä, e, e, o, ö, i, u, ü<br />

lauteten etwa a, ä, e und nochmals e, g, ö, i, it und<br />

if,. — 4. Ebenso finden wir auch in den beharr-<br />

8amsten Mundarten <strong>des</strong> Bairischen selbst gelegentlich<br />

wie bei der vorigen Dreierreihe offene<br />

40<br />

oder wenigstens halboffene Lautungen (wenn wir<br />

dies auch für gewöhnlich in unserer Lautschrift<br />

nicht ausdrücklich vermerken). In der Sprachinsel<br />

Zarz heißt es wie im südöstl. Vorarlberg n\dr,<br />

geritn, st%we, drylckxn, stible, st{kxl& und ähnlich<br />

in der Suchen, dem äußersten Westen der Sprachinsel<br />

Gottschee: nför 1 ) (ridör 2 )), gorftn (gdrgtn),<br />

ätijbd 3 ), drilkkxW/, stfbhi, stfkxhi, oder mit halboffener<br />

Aussprache im Innerötz-, Innersill-, Ziller-,<br />

Villgratten-, Ahm-, Obereisack- und Passeiertal<br />

sowie in Pladen und Zahre, z. B. in Gurgl im ötztal<br />

nldr, ggritn, stüwa, drükkxf}, stiwlj, stikxli,<br />

wobei die Vokale halboffen klingen. Diese<br />

Lautungen beruhen genau so wie z. B. in<br />

zentralladinisch-grödnerischem ß'e'n 4 ) („Zorn"; älter<br />

„Gemütsart, Gesinnung") 5 ), boß (Kuß) über<br />

vlat. *sjnnu, *b%ssu auf älterem \ und %. — 5. Insbesondere<br />

vor Nasenlauten und Liquiden, also<br />

vor n, m, ry, l und r, besteht in einigen südbairischen<br />

Sprachinseln eine ausgesprochene Neigung zu •j<br />

und u; sie wird mancherorts bis zu geschlossenem<br />

e und o getrieben. Man hört im Osten der Sieben<br />

Gemeinden die Lautungen x&nt (Kind), ste'r}kx^n<br />

(stinken, riechen), welle (wild), tömmeln (tummeln,<br />

lärmen), hont (Hund), solle (Schuld), x&rxxa<br />

(Kirche), wörtßßvla (Wurzel) 6 ); ähnliche Lautungen<br />

mit e und ö treffen wir im Westen der Gottscheer<br />

Insel, vemf (fünf) sogar im ganzen Gottscheer<br />

Land. Versuche, diese Eigenheiten als Anzeichen<br />

heterogener, etwa mitteldeutscher Ein- oder<br />

Zuwanderungen in die Sieben Gemeinden und ins<br />

Gottscheer Land zu erklären, sind scharf abzulehnen.<br />

— 6. In manchen modernen Mundarten<br />

<strong>des</strong> Binnenlan<strong>des</strong> neigen i und u neuerdings in<br />

allen Stellungen und insbesondere vor Nasenlauten<br />

wieder zu halb- oder ganz offenen Lauten;<br />

so in großen Gebieten von Nieder- und Oberösterreich,<br />

von Nieder- und Oberbayern, strichweise<br />

auch anderswo. Sie sind in diesen Landschaften<br />

vermutlich erst wieder sekundär entwickelt<br />

worden und dann jüngeren Datums.<br />

b. 1. An beiden Flügeln der östlichen Donaustraße<br />

wird, im Norden in Südböhmen, Südmähren<br />

und um Brunn und Wischau, im Süden im Burgenland,<br />

in der Grafschaft Pitten, in der Mittelsteiermark<br />

mit angrenzenden Gebieten der Obersteiermark<br />

und mit dem Kärntner Lavanttal, \i<br />

und nu gesprochen, das strichweise in der Verzwielautung<br />

bis zu ei und öu weitergediehen ist.<br />

Verstreut tritt auch sonst die Neigung zu dieser<br />

Diphthongierung zutage, so z. B. im Mittermölltal,<br />

um Innsbruck usw. — 2. Nunmehr wenden wir<br />

uns dem mhd. i als besonderem Laut zu ohne<br />

Rücksicht auf die Parallelvokale mhd. u und ü.<br />

In einigen Fällen verwandelte das Mittelbairische<br />

(und teilw. das östlicho Südbairische) mhd. -ivor<br />

Zahnlaut zu ie, z. B. in mhd. nider, zitern,<br />

schrit: ober- und niederösterr. nlodo (niedrig gelegen<br />

adj.), neben nldv (nieder adv.); dslvdtfn, in<br />

Teilen der Steiermark srivd (Schritte, plur.) gegen<br />

srld (sing.). In<strong>des</strong>sen ist im Osten (Niederösterr.,<br />

J ) 6 ist das spirantische -d-, es klingt wie in<br />

engl. the, mother usw.<br />

2 ) a klingt wie ungespanntes, offenes i.<br />

3 ) s liegt zwischen unserem s und sc/t-Laut.<br />

4 ) e ist mittelzungigcs und ungefähr halboffenes e.<br />

5 ) So in den älteren Grammatiken der Grödner<br />

Mundart, z. B. bei J. Steiner (1806).<br />

6 ) jyrenryen (bringen) im Zimbrischen der Sieben<br />

Gemeinden, in Zarz (hier neben prpinen), im<br />

Vintschgau und im Passeier und vennen (finden)<br />

in Luserna, im Mittereisacktal und teilw. im Burggrafenamt<br />

beruhen auf mhd. brengen, venden und<br />

gehören nicht hierher.


Burgenland, Steiermark, Ostkärnten) diphthongisches<br />

ärivd (u. dgl.) auch in den sing, vorgedrungen.<br />

Zur genauen Verbreitung s. die betreffenden<br />

Wörterbuchartikel.<br />

c. 1. In vielen moderneren Mundarten <strong>des</strong> Bairischen<br />

wird mhd. * leicht gerundet und gelegentlich<br />

schwach mittelgaumig gesprochen; so in den<br />

Kärntner und Tiroler Verkehrstälern, in großen<br />

Teilen von Oberbayern und vereinzelt in anderen<br />

Landstrichen; stärker ausgeprägt ist diese Sprechweise<br />

in der Fersentaler Sprachinsel als der modernsten<br />

südbairischen Außenmundart. — 2. Vor<br />

rundenden Mitlauten kann das -i- zu -ü- verändert<br />

werden. Dieser Vorgang gilt in denselben<br />

Mundarten, in denen sich unter diesen Voraussetzungen<br />

auch mhd. e zu ö verwandeln kann<br />

(s. § 4 c 3 und § 26). Daher hört man z. B. in den<br />

Sieben Gemeinden wüpffel 7 ) (Wipfel), hilmmel<br />

(Himmel), wüssen (wischen) usw., im Westen der<br />

Gottschee bilffl 8 ) (Wipfel) usw., bei alten Leuten<br />

in Defreggen wüppfl usw.<br />

d. 1. Vor mhd. l vollzieht sich die Entwicklung<br />

<strong>des</strong> mhd. i analog der von mhd. e in gleicher<br />

Stellung (vgl. § 4 f). Wo altes mhd. el zu öl geworden<br />

ist, steht für mhd. il mundartl. ül, wo dort<br />

ö gilt, entspricht hier ü, bemerken wir dort e, so<br />

tritt hier i ein, finden wir dort el vor, so stoßen wir<br />

hier auf il; daher brauchen wir neben die dortigen<br />

Aussprachen dsdin, dsö'n, dse'n, tseln aus mhd.<br />

zelen (zählen) hier z. B. für mhd. wilde nur wüld 9 ),<br />

wüd, wid, wild einzusetzen und haben damit unseren<br />

Lautstand errechnet. — 2. Ausnahmen gegen<br />

diese Regel haben sich in mehrfacher Hinsicht<br />

ausgebildet. In Nieder- und im angrenzenden<br />

Oberbayern ist §i, ei, öi nicht nur für mhd. el,<br />

sondern ähnlich oder gleich auch für mhd. el und<br />

il eingetreten (s. auch § 4 f und vgl. Karte 4); zum<br />

Wandel von mhd. il zu mundartl. -i d l-, {& d l- usw.<br />

im Osten <strong>des</strong> Sundergaus s. § 4 f 3. — 3. Der<br />

Wandel von il zu ui ist erheblich weiter verbreitet<br />

als der analoge Wandel von el zu oi und von el zu<br />

oi. Er umfaßt das untere Innviertel mit dem<br />

unteren Rottal sowie München mit seiner ganzen<br />

Umgebung bis zum Westufer <strong>des</strong> Stambergersees<br />

und mit dem Westen <strong>des</strong> Sundergaus und sogar<br />

noch Teile <strong>des</strong> salzburgischen Pongaus.<br />

e. 1. Vor folgendem Nasenlaut herrscht, abgesehen<br />

von den oben angeführten Sonderentwicklungen,<br />

im Bairischen für gewöhnlich der i-<br />

Laut. In einigen Gegenden der Mittelsteiermark<br />

und <strong>des</strong> mittleren und südlichen Burgenlan<strong>des</strong> bemerken<br />

wir bei älteren Leuten vor n und m einen<br />

a-artigen Laut unter scharf geschnittenem Atemdruck,<br />

nie aber vor -rj-: khinnv (Kinder), \inbmm<br />

(ich nehme), aber 8\in,rm (singen). — 2. Treten<br />

unsere drei Kurzvokalo i, u und ü ins Stadium<br />

alter Dehnung, so werden daraus nicht wie bei a, c<br />

und o einfach die mhd. Längen d, e und 6, also<br />

keineswegs mhd. i, ü und 4, sondern dio fallenden<br />

mhd. Zwielaute ie, uo und üe. Das erstemal tritt<br />

uns diese Neigung sonderbarerweise vor Nasenlauten<br />

entgegen, so in mittelbair.-ostfränkischen<br />

Reimen der mhd. Dichter, wie ding/vieng, sunjtuon<br />

usw. und in urkundlichen Schriftbildern <strong>des</strong> 13.<br />

und 14. Jhs., wie dieng, suon statt „richtigem"<br />

ding, sun und viele andere Belege. — 3. Im Laufe<br />

<strong>des</strong> 15. Jhs. wird diese Veränderung, die übrigens<br />

im Südbairischen nie recht heimisch gewesen sein<br />

7 ) -pff- mit kurzer Fortis-p und mit geminiertem<br />

starkem ff auszusprechen.<br />

8 ) i{ bezeichnet hier die mittelgaumigo und nicht<br />

die gerundete Aussprache.<br />

9 ) Im Nordbairischen wird daraus «-haltiges,<br />

silbisches l, also wid.<br />

§ 7 b 2—f 1<br />

dürfte, im Bairischen wieder rückgängig gemacht;<br />

doch blieben im Mittel- und Nordbairischen spurenweise<br />

erhaltene Rückstände „unorganischer"<br />

•ien- und -uon-, so etwa in Oberösterreich reon<br />

(Rinne), im Pongau mit dem Salzkammergut, im<br />

nördl. Nieder- und im zentralen Oberösterreich<br />

gevn oder gevnv (gähnen) aus mhd. ginen, das mit<br />

derm, devnn (dienen) aus mhd. dienen reimen kann,<br />

im südl. Niederösterreich g^vmäWn (gähnen) aus<br />

mhd. *ginmulen und schließlich verstreut übers<br />

Mitteibair, WQV 11 (Schlagspur im Blech), das über<br />

älteres wuone aus mhd. wune erwachsen ist. Sogar<br />

mhd. -en- kann gelegentlich über *-ien- zu mittelbair.<br />

-e.v n - werden, z. B. in wen n gvd neben we7}kvd<br />

(schief). — 4. Im ganzen Mittel- und Südbairischen<br />

ist, abgesehen von Westtirol, mhd. niener (nirgends)<br />

zu nindrs(t) u. ähnl., fast im ganzen Mittelbairischen<br />

mit Teilen von Süd-, Nord- und Osttirol,<br />

mit dem Flach- und Tennengau und dem größten<br />

Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> ist niemer zu nimmer, nimmv<br />

verändert worden. Das sieht aus, als wären ihre<br />

älteren -ien- bei der Rückwandlung der „unorganischen"<br />

-ien- zu -in- irrtümlich mitgezogen<br />

worden. In<strong>des</strong>sen könnten diese „falschen" -i- aus<br />

•ie- ebensogut unrichtige Verallgemeinerungen<br />

ursprünglich auf den Schwachdruck innerhalb <strong>des</strong><br />

Satzes eingeengter Spielformen mit -i- statt -iesein.<br />

— 5. Umgekehrt entdecken wir bei den beiden<br />

Fürwörtern ihm und ihnen (mhd. ime und in)<br />

ie-Lautungen, die auf die spätmhd. Nebenformen<br />

iem, ien zurückweisen, nämlich mundartl. $vm,<br />

er) n (oder §vnn). Im ganzen binnenländischen Mittelbairischen<br />

und im östl. Südbairischen treffen<br />

wir im Bauerndialekt diese Lautungen an, so in<br />

der ganzen Steiermark und in Kärnten (ohne das<br />

Oberdrautal mit dem Lurnfeld und ohne das<br />

Lesach- und Gailtal) sowie in ganz Salzburg und<br />

bereits auf Tiroler Boden im Inntal von Innsbruck<br />

abwärts; sogar im westlichsten Nordbairischen<br />

sind em, env über *eim, *einv aus älterem iem,<br />

ienen entstanden. In<strong>des</strong>sen hat nicht allein das<br />

übrige Nordbairische mit Iglau, es haben auch dio<br />

altertümlichsten mittelbair. Randgebiete, Südböhmen<br />

zwischen Wallern und Krumau, dio<br />

Sprachinsel Budweis, dio Sprachzunge Neubistritz-<br />

Neuhaus und die Sprachinseln um Brunn und<br />

Wischau, ferner der südbairische Westen mit den<br />

südbairischen Außenmundarten älteres im(e), in<br />

ohne Zwielaut. Auch hier kann man daran<br />

zweifeln, ob dio te-Varianten, wie man allgemein<br />

glaubt, Restformen der vorübergehenden -ic- <strong>des</strong><br />

13. und 14. Jhs. vor Nasal darstellen oder ob sie<br />

nicht anders entstanden sind, etwa als übertriebene<br />

Verdeutlichungen alter Schwachdruckvarianten im,<br />

in oder em, en. — 6. Im Ostfränkischen, in der<br />

Heimat Wolframs von Eschenbach, sind diese<br />

„falschen" ie vor Nasenlaut, soweit dort dio<br />

Mundart dio mhd. Zwielaute ie als solche beibehalten<br />

hat, in größerer Zahl nachweisbar. Es sind<br />

also dio Wolframschen Reime ding\yieng, sunjtuon<br />

der Parzifaldichtung keineswegs bairischo Dialektmerkmale,<br />

wie jetzt gelegentlich behauptet wird,<br />

sondern sie sind richtigo ostfränkischo Formen.<br />

f. 1. Wie vor Nasenlauten konnte bei vielen<br />

Dichtern <strong>des</strong> Mittelalters auch vor folgendem -hmhd.<br />

i mit mhd. ie ohne Bedenken im Reim gebunden<br />

und in den Urkunden als -ie- geschrieben<br />

werden. Schon Ulrich von Lichtenstein reimt<br />

an mehreren Stellen vihe (Vieh) mit ich ziehe, er siht<br />

mit lieht (Licht, licht) in mittel- und nordbairischer<br />

Weise; dasselbe tut Wolfram in ostfränkischer Art.<br />

Noch heute spricht man in Unterfranken fiv, als<br />

lägo mhd. viehc statt vihe vor, obenso spricht man<br />

fiv, fivx in Niedorösterreich mit Südmähren (ohne<br />

das von der Schriftsprache stärker beeinflußte<br />

41


§ 7f 1—gl3<br />

Wien) und mit Brunn und Wischau, im nördl.<br />

Oberösterreich mit Südböhmen, dem südl. Böhmerwald<br />

und dem Bayrischen Wald. Im ganzen<br />

Nordbairischen gilt entsprechen<strong>des</strong> feix mit ei aus<br />

älterem ie (vgl. leib aus mhd. lieb). Größere Verbreitung<br />

haben im Süden diese Verzwielautungen<br />

in du siehst, er sieht. Hier umfassen die Lautungen<br />

siv(g)sd, slv(x)d die Steiermark (ohne die weststeir.<br />

Bezirke Deutschlandsberg, Stainz und Köflach<br />

und ohne das obersteir. Murgebiet von Leoben<br />

aufwärts), den Flach- und Tennengau und ganz<br />

Nieder- und Oberösterreich mit dem Südrand von<br />

Niederbayern und dem Osten von Oberbayern. —<br />

2. Das Nordbairische hat hier erst jüngere, sekundäre<br />

Zwielaute mit siosd, sivd statt älterem *seisd,<br />

*seid, vgl. feix (Vieh). — 3. Sekundäre und späte<br />

Ansätze zu Zwielauten treffen wir als Folge einer<br />

allgemeinen Neigung zum Gleitlaut -a- zwischen i<br />

und x bei alten Leuten z. T. in Unterkärnten, im<br />

obersteirischen Murgebiet, im Lungau mit dem<br />

Katschtal, im Kärntner Maltatal und in Heiligenblut<br />

sowie in einigen Tiroler Orten, wobei dann<br />

solche id auch vor mhd. -ch- auftreten; z. B. im<br />

Lungau (altertümlich) nicht nur sidxt, sondern auch<br />

hridxtnt (richtet), Midxxe (Michel), Sti9xt (sticht).<br />

Diese Erscheinung hat also mit der vorigen lautgeschichtlich<br />

nichts mehr zu tun.<br />

g. 1. Die modernen bair. Mundarten lassen mhd.<br />

•er- und mhd. -ir- zusammenfallen. Das tut das<br />

Mittelbairische (ausgenommen Oberösterreich mit<br />

angrenzenden Gebieten und den Westen von Altbayern)<br />

und das Nordbair.-Ostfränkische, wie<br />

Karte 6 und § 4 g deutlich vor Augen führen.<br />

Im Mittelbairischen tritt für bei<strong>des</strong> iv ein z. B. in<br />

i unvf (ich werfe) wie mivkkv (merken) 10 ) (s. § 4 g),<br />

ähnlich im Burgenland, in großen Teilen der<br />

Steiermark, im südlichen Kärnten und im Innviertel,<br />

im Flach- und Tennengau. — 2. In den<br />

nördlichen, westlichen und östlichen Rückzugsschollen<br />

<strong>des</strong> Nordbairischen steht dafür gemeinsames<br />

-er- (i werß, m^rkkn,). — 3. Auch in der<br />

Weststeiermark und in Unterkärnten klingen beide<br />

Lautgruppen gleich, und zwar als silbisches -r-<br />

(i wrrf, mrrkhvn). — 4. Sonst gilt zwar analoge,<br />

aber nicht gleiche Entwicklung wie bei mhd. -er-,<br />

also dasselbe Verhältnis wie für gewöhnlich zwischen<br />

mhd. -el- und -il-. Wo für mhd. -er- die<br />

Lautung -er- steht, tritt hier -ir- auf, wo -örvorkommt,<br />

hier -ür-, wo -or- gilt, hier -ur-, wo dort<br />

-öl- zu beobachten ist, hier -ül-: i wirf, würf,<br />

wurf, wülf. — 5. Mit -ir- fällt in diesen Gebieten<br />

fast überall auch mhd. -ür- zusammen, also für<br />

mhd. würgen mundartl. wirgn,, würgry, wurgry,<br />

wülgry. — 6. Nur Nordwesttirol bildet gemeinsam<br />

mit dem Südschwäbisch-Allgäuischen diesbezüglich<br />

eine Ausnahme. Im Außfern, im ganzen tirol.<br />

Lechtal und im Inngebiet oberhalb Imst gilt zwar<br />

für mhd. -ir- verzwielautetes -iw-, für mhd. -Araber<br />

(und ebenso für mhd. -ur-) einfaches -ir-<br />

(-ur-), also i wiorff, kxiztxxo (Kirche), aber wirgv<br />

(„würgen", gurgln „Gurgel"). — 7. Wenn auch im<br />

südlichen Kärnten strichweise -ivr- vorkommt, so<br />

war ein anderer Vorgang maßgebend; erstens gilt<br />

hier dasselbe -ior- auch für mhd. -ür- und ebenso<br />

-war- für mhd. -ur-, zweitens wiederholen sich hier<br />

ähnliche Verzwielautungen in allen anderen -r-<br />

Verbindungen: khidrhn, wizrgry, pQvrg (Berg), Sgvrf<br />

(scharf), dgnrf (Dorf). Die Lautfolgen -iar-, -QVTin<br />

diesem Umfang begegnen uns auch im Obermölltal<br />

mit Heiligenblut. Hier handelt es sich um<br />

Vorgänge jüngeren Datums, während die nord-<br />

10 ) Zu iu aus mhd. -er- und -ir- (und -ür-) s. § 4<br />

g 5, zur Trennung in Oberösterreich zwischen -ereiner-<br />

und -ir-(-ür-) andererseits s. § 4 g 3.<br />

42<br />

westtirolische Unterscheidung zwischen -idr- und<br />

•ir- (-ür-) aus mhd. -ir- und -ür- alt ist. Sie wiederholt<br />

sich streckenweise noch weit davon entfernt<br />

im Hoch-, Mittel- und Niederalemannischen. —<br />

8. Sekundäre Verzwielautungen vor -r- sind im<br />

Mittelbairischen viel früher eingetreten. Bereits zu<br />

Beginn <strong>des</strong> 13. Jhs. stoßen wir in nieder- und<br />

oberösterreichischen Urkunden und Handschriften<br />

auf Schreibungen wie chierche, guorgel. Hier bedeuten<br />

die Zwielautzeichen offenbar den ersten<br />

Schritt zur Vokalisierung <strong>des</strong> -r-, indem -ir-, -urzunächst<br />

zu -im-, -war- und dann weiters, um 1300,<br />

zum jetzigen -iv-, -uv- verwandelt worden sind.<br />

Daher kann seit 1300 im Mitteibair, der Ortsname<br />

Burg bereits als Buoch und umgekehrt Buoch als<br />

Burg aufgeschrieben werden; seither sind eben<br />

beide als büv(g), bzw. als büv(x), gleich ausgesprochen<br />

worden (s. § 50 c 3). — 9. Demgegenüber<br />

existiert unter enger begrenzten Voraussetzungen<br />

im Mittel- und Südbairischen ein viel älterer<br />

Wandel von mhd. -ir- zu diphthongischem -tar-.<br />

An ihm hat auch diesmal mhd. -ür- keinen Anteil<br />

mehr. Er bleibt nunmehr beschränkt auf mhd.<br />

-ir(-) im absoluten Auslaut, vor Vokal, vor<br />

Zahnlaut und vor -n, also auf uns bereits bekannte<br />

Lautfolgen. Vor sich ging er sonderbarerweise<br />

schrittweise. Bereits im 11. Jh. wurde -ir im ahd.<br />

Auslaut verzwielautet, daher in allen südbair.<br />

Sprachinseln midr (mir), dfor (dir), iar (ihr, plur.);<br />

dagegen (ausgenommen das Fersental) ir (ihr, dat.<br />

sing. fern.; gen. plur. aus ahd. ira, iru), pire (Birne),<br />

hirn (hirn „Hirn"). Alle bairischen (und alemannischen)<br />

Dichter <strong>des</strong> Mittelalters können daher<br />

mir usw. schon mit vier (vier) rein reimen. —<br />

10. Etwas später entstand die Verzwielautung vor<br />

Zahnlaut, also wi&rt (Wirt), hidrt (Hirte). Diese<br />

gilt im Tirolischen, und zwar im Nord- und Osttirolischen<br />

häufiger als im Südtirolischen und<br />

ebenso häufig wie im Osttirolischen auch im<br />

Kärntnerischen, im Salzburgischen und im Steirischen,<br />

soweit man dies dort noch erkennen kann.<br />

— 11. Zuletzt wurden alle -ir- vor folgendem<br />

Selbstlaut und vor -n- diphthongiert; daher auch<br />

im Fersental, Kärnten und Steiermark jnvr<br />

(Birne), hlvrn (Hirn). Es stehen z. B. im Lungau<br />

didr (dir) und ti (Tür) sowie dix (dürr) einander<br />

gegenüber, <strong>des</strong>gleichen ü (Uhr); ebenso widxt<br />

(Wirt) und fixtDx (Fürtuch, Schürze) sowie kxuxtß<br />

(kurz); <strong>des</strong>gleichen hldgv, (Hirn) und stigry (sturen,<br />

stöbern), tügr\) (mhd. turn „Turm"). Ähnliche Verhältnisse<br />

treffen wir im obersteir. Murgebiet an:<br />

div und ti sowie dii (dürr), ü; wlvst und fiätv,<br />

khuits; hivdn und ätidn, tüdn. — 12. Auf mittelbair.<br />

Boden sind diese feinen Unterschiede meistens<br />

ausgelöscht, dit> gilt hier für „dir", „Türe"<br />

und „dürr" u ). — 13. In<strong>des</strong>sen entdecken wir drei<br />

Gebiete, in denen für mhd. -ir- gerade in diesen<br />

Sonderstellungen gelegentlich einfaches l vorkommt,<br />

nämlich ml (mir), dl (dir) 12 ), ml (wir).<br />

Es sind am mittleren Lechrain die Gegenden<br />

zwischen Friedberg, Fürstenfeld, Weilheim und<br />

Peiting; der Sundergau (südl. v. München); der<br />

Flachgau mit ganz alten Resten im Salzachgau. In<br />

Teilen <strong>des</strong> Flachgaues und teilw. im tirol. Unterinngebiet<br />

mit dem salzburgischen Mitterpinzgau<br />

begegnen uns gerade wieder in diesen Stellungen<br />

-^-Lautungen wie wi$d (Wirt), hVn (Hirn), kxiSdgg<br />

n ) Doch wird in Teilen von Oberösterreich und<br />

von Oberbayern noch unterschieden zwischen div,<br />

dlvr und dir (dlvr).<br />

12 ) Wenn es auch in der Mittelsteiermark strichweise<br />

ml (mir) heißt, so hat das andere Ursachen;<br />

in anderen mittelstem Mundarten wird umgekehrt<br />

miv usw. statt mich eingesetzt.


(Kirchtag) usw. — 14. Auch hier hat das Nordbairische<br />

erst sekundäre Verzwielautung. Es heißt<br />

z. B. miv (mir), das streng getrennt bleibt von<br />

beiv (Bier) aus mhd. hier. — 15. Sonderbarerweise<br />

wurde im Lienzer Becken und (restweise) im<br />

Mittermölltal in gleicher Stellung mhd. -ir- zu -ur-<br />

(mundartl. jetzt -üa-, 13 ) -üdr-) 13 ) verändert, so um<br />

Lienz (ganz alt) wüat (Wirt), hüa'n (Hirn) und im<br />

Mittermölltal hüdrri,.<br />

§ 8. Mhd. u<br />

Übersicht: a. Mhd. u. — b. Mhd. ul, un, uh. —<br />

c. Mhd. ur.<br />

a. Die parallele Entwicklung von mhd. u zu<br />

mhd. i wird durchgehalten. Diejenigen Fälle, bei<br />

welchen die Reihenschritte der Lautentwicklung<br />

bei mhd. i und u gestört worden sind, wurden<br />

schon § 7 entsprechend gewürdigt. Über mhd. u<br />

bleibt nicht mehr viel zu sagen übrig; die alte<br />

sowie die neue und sekundäre offene Aussprache<br />

<strong>des</strong> u als % wurde hinlänglich § 7 a behandelt,<br />

über die moderne Neigung zum Zwielaut %u oder<br />

du wurde § 7 b berichtet. Für die mittelgaumige<br />

Aussprache ü gilt das § 5 c über mhd. o Gesagte.<br />

Doch ist hier die mittelgaumige Aussprache ü in<br />

Oberkärnten und im Pustertal nicht mehr so weit<br />

verbreitet wie bei ö.<br />

b. 1. Vor -l- ging die Entwicklung analog dem<br />

mhd. -ol- (§ 5 d und Karte 7) vor sich; statt oi aus<br />

mhd. -ol- steht hier -ui-, statt -ol- hier -ul-, statt<br />

-öl- hier -ül- z. B. in süid, suld, süld (schuld) usw. —<br />

2. Vor Nasenlauten ist außer den § 7 a 5 und 7 e<br />

vorgebrachten Feststellungen über die starke Neigung<br />

zu offenem y, und zur vorübergehenden Diphthongierung<br />

zu -uon- sowie über die Restform<br />

mittelbair. WQD 71 (Schlagspur), über *wuone aus<br />

mhd. wune, nichts mehr zu bemerken. — 3. Vor<br />

-h- weist eine Restform sekundäre Verzwielautung<br />

von -u~ zu üv auf für das Nordbairische als absterbende<br />

Lautung füvs (Fuchs); sie ist fast nur<br />

mehr als Hofname zu hören; der Fuchs als Tier<br />

heißt fukß, das ist formell der dat. sing. mhd.<br />

vuhse. Sekundär muß dieser Zwielaut <strong>des</strong>halb<br />

entstanden sein, weil die unmittelbare Fortsetzung<br />

von spätmhd. bair. vuohs statt „richtigem" vuhs<br />

im Nordbair. *fous ergeben hätte (vgl. bouxry<br />

aus mhd. buoche, fous aus mhd. vuoz usw.). Die<br />

Schreibung vuohs ist im Mittelbair. <strong>des</strong> 13., 14. und<br />

15. Jhs. tatsächlich nachweisbar.<br />

c. 1. Bezüglich <strong>des</strong> Schicksals der mhd. Lautfolge<br />

-ur- ist zu dem, was § 7 g mitgeteilt wurde<br />

und daraus zu errechnen ist, einiges hinzuzufügen.<br />

Die Diphthongierung von mhd. -ur- zu -uvr- reicht<br />

in Oberbayern nicht so weit wie die Verzwielautung<br />

von mhd. -ir- und -ür- zu -idr-. Daß in Nordwesttirol<br />

dieser Verzwielautung von mhd. -ir- zu -ior-<br />

Monophthong in-ir- für mhd. -ür- gegenübersteht,<br />

wurde schon § 7 g 6 erwähnt; demgemäß gibt es<br />

auch für mhd. -ur- nur -ur- ohne Zwielaut, also<br />

gurglv (Gurgel) usw. Auch vor einfachem -r, vor<br />

r+Zahnlaut und vor -r- vor Vokal gibt es bei -uim<br />

Südbairischen im Gegensatz zu -i- keine alte<br />

Verzwielautung und höchstens als Resultat jüngerer<br />

Ersatzformen -uvr-, noch viel weniger im<br />

Nordbairischen. — 2. Sonst ist mhd. -ur- meistens<br />

analog mit mhd. -or- entwickelt worden, s. § 5 g<br />

und Karte 8. Um Judenburg (Steiermark) hört<br />

man gülgl (Gurgel) usw. ähnlich wie dqlj (Dorf);<br />

sonst herrscht gurgl, güvH (oder gurett). — 3. Im<br />

Lavanttal wird mhd. -ur- meistens und in der<br />

Weststeiermark immerhin vor Gaumen- und<br />

Lippenlaut als silbisches, ziemlich langes -f- aus-<br />

13 ) Mit mittelgaumigem ü.<br />

§ 7 g 13—§ 9 b<br />

gesprochen und klingt z. B. in gfgl sehr ähnlich<br />

oder überhaupt gleich dem f aus mhd. -ir- und -erin<br />

i loff, mfkhxm aus mhd. ich wirje, merken. —<br />

4. Im Flachgau und im Salzachgau wird mhd. -urzu<br />

-ui- verändert, z. B. in wui'm (Wurm), düire<br />

(durch). Vereinzelt hört man auch im Burgenland<br />

Aussprachen wie wüi'n (Wurm), tüVn (Turm) u. ä.<br />

— 5. Vor Zahnlaut verwandelt sich in der Weststeiermark<br />

-ur- tw. zu-a (ß)-: khd (ß) tß (kurz), ddH (Durst);<br />

Weiteres über dieses -ur- vor Zahnlaut und dergleichen<br />

s. auch § 7 g. — 6. Im gleichen Gebiet,<br />

in dem mhd. -ir- und mhd. -er- zu er verändert<br />

worden sind, tritt parallel für mhd. -ur- mundartlich<br />

-qr- (-or-) ein, also an den Rändern <strong>des</strong><br />

Nordbair. gor«l, gorH (vgl. auch Karte 6). — 7. Ein<br />

absonderliches Verhalten tritt uns im Malta- und<br />

oberen Liesertal (ohne Katschtal) entgegen. Hier<br />

werden alle -ur- vor Zahnlaut zu -or- verwandelt:<br />

kxorts, dorU usw. Falsche Rückbildungen ähnlicher<br />

Art, wie küre (Mutterschaf) statt sonstigem köra,<br />

kgra (zum Lockruf ggorreggorre für Schafe) im<br />

Lurnfeld und Unterdrautal, lassen vermuten, daß<br />

diese Liesertaler Merkwürdigkeit einstens weiter<br />

verbreitet gewesen war.<br />

§ 9. Mhd. ü<br />

Übersicht: a. Mhd. ü. — b. Umlauthinderung.<br />

a. 1. Auch über die mundartliche Entwicklung<br />

<strong>des</strong> mhd. ü bleibt nur wenig zu sagen übrig. Über<br />

das Wesen der Umlaute steht das meiste schon<br />

bei mhd. ö (§ 6) unter den allgemeinen Bemerkungen<br />

über die Umlautentrundung. Durch diese<br />

Entrundung ist das alte -ü- zu neuem -i- verändert<br />

und mit dem mhd. -i- lautgleich geworden. Nur<br />

selten geht es andere Wege als mhd. i. — 2. Nur<br />

das Zimbrische bewahrt innerhalb <strong>des</strong> Gesamtbairischen<br />

nach § 6 a die Rundung <strong>des</strong> alten ü,<br />

z. B. in den Sieben Gemeinden als hütta (Hütte),<br />

üwar (über). In den Dreizehn Gemeinden und in<br />

Lavarone wurde jedoch je<strong>des</strong> ü sekundär zu u<br />

verändert, etwa in den Dreizehn Gemeinden huite,<br />

üwvr. Verursacht wurde dieser sonderbare Wandel<br />

von «zu« unter welschem Einfluß. Auch dio umliegenden<br />

romanischen Mundarten haben ihr älteres<br />

(lombardo-ladinisches) ü neuerdings durch<br />

venezianisches u ersetzt (s. Einltg. 37). — 3. Über<br />

die verschiedene Entwicklung von mhd. -ir- und<br />

mhd. -ür- in Nordwesttirol war schon § 7 g 6 dio<br />

Rede, über eine ähnliche Trennung zwischen -irund<br />

-ür- vor Zahnlaut, im Auslaut und vor Vokal<br />

s. § 7 g 9. Sonst gelton alle Regeln, die im § 7<br />

für mhd. -ir- aufgestellt wurden, ausnahmslos auch<br />

für mhd. -ür-. — 4. Zu erwähnen ist höchstens<br />

noch, daß in der Weststoiormark mhd. -ür- genau<br />

so wie mhd. -er- und wie mhd. -ur- (s. § 4 g 9 und<br />

8c5)tw.zu -9(ß) verändert wurde, z. B. infd(ß)tv,<br />

-t\ (Fürtuch, Schürze), klw(ß)tßn (kürzer) usw.<br />

b. Kurz erwähnt sei dio den Mundartforschern<br />

wohlbekannte Tatsache häufiger Umlauthinderung<br />

im Bairischen und Alemannischen durch gewisse<br />

Mitlaute in bestimmten Stellungen. Fast alle<br />

Gaumen- und Lippenlaute verhindern unter bestimmten<br />

Umständen den Umlaut, sogar Zahnlaute<br />

wie -tt-, -tz- und mancho -n-, -l- und -r-<br />

Verbindungen beseitigen den Umlaut und lassen<br />

-u- statt -ü- zu. Beispiele sind u. a. Luge (Lüge),<br />

Küchel (Küche), Mucke (Mücke), bücken (bücken),<br />

hupfen (hüpfen), MuH (ein Hohlmaß), Butte (Bütte),<br />

Bürde (Bürde), öulden usw. Übrigens ist auch<br />

bei mhd. ü, uo und ou Umlauthinderung wesentlich<br />

häufiger eingetreten, als man gemeiniglich annimmt,<br />

und beim Umlaut von ahd. a hatten bestimmte<br />

Mitlaute bekanntlich den Sekundärumlaut<br />

oder wie man besser sagen kann den verminderten<br />

43


§ 9 b—§ 10 c 1<br />

Umlaut mhd. ä statt <strong>des</strong> Vollumlautes mhd. e<br />

nach sich gezogen; s. auch § 23 c 1. Wenn wir von<br />

diesem mhd. ä absehen, so ist es lehrreich, daß<br />

gerade die allerältesten Mundarten <strong>des</strong> Oberdeutschen<br />

am häufigsten Umlaut vor solchen Mitlauten<br />

aufweisen; fürs Bairische das Zimbrische<br />

der Sieben Gemeinden und fürs Alemannische die<br />

Walliser Außengründungen um den Monte Rosa<br />

und in Formazza. Ferner läßt sich an Hand der<br />

Urkundensprache wahrscheinlich machen, daß<br />

Wörter, welche jetzt keinen Umlaut mehr haben,<br />

ihn nach Ausweis urkundlicher Formen einstens<br />

besessen hatten. Es scheint insbesondere bei mhd.<br />

ü die Tendenz geherrscht zu haben, echte Umlaute<br />

vor bestimmten Konsonanten manchesmal nachträglich<br />

rückgängig zu machen.<br />

B. Die mhd. Langvokale und Zwielaute<br />

(Über mhd. d und mhd. d s. § 1 und 2)<br />

§ 10. Mhd. e (s. auch Karte 9)<br />

Übersicht: a. Die Parallelreihe mhd. e, 6 und<br />

6. — b. e zu ei im Nord-, zu e.v im Süd- und zu g<br />

im Mittelbairischen. — c. Sekundäres §i in mittelbair.<br />

Mundarten. — d. Mhd. in. — e. Mhd. il, er.<br />

a. 1. Die Parallelreihe mhd. e, 6, 6 war in ahd.<br />

Zeit gekennzeichnet durch lange, offene Aussprache<br />

als f, Q, Q. Auf solche Lautungen weisen<br />

einwandfrei die Lehnwörter aus den Fremdsprachen<br />

und in den Fremdsprachen. Nach § 3 i—m und<br />

§ 5 f—g haben sich vielerorts im Bairischen auch<br />

mhd. e und o unter gewissen Bedingungen dieser<br />

Reihe angeschlossen; dies ist heute nicht mehr<br />

überall deutlich erkennbar, weil inzwischen spätmhd.<br />

e aus mhd. e und 6 aus o vor h, l und r oft<br />

nachträglich gekürzt und lautlich verundeutlicht<br />

worden sind. — 2. Auch in dieser Dreierreihe sind<br />

wie in den vorigen Reihen die parallelen Reihenschritte<br />

in der Vokalentwicklung durchgeführt<br />

worden. In<strong>des</strong>sen haben große Teile <strong>des</strong> Mittelund<br />

<strong>des</strong> Südbairischen als Folge alter Mittelgaumigkeit<br />

der ö-Lautungen, sowie um drohenden<br />

Gleichklängen mit anderen klangnahen Lautreihen<br />

zu entgehen, die parallele Entwicklung<br />

fallen und das 6 andere Wege gehen lassen als die<br />

zwei anderen Laute e und 6.<br />

b. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen besteht eine<br />

schöne Dreiteilung in der Entwicklung <strong>des</strong> e nach<br />

den drei Unterdialekten. Sie führt auf verschiedene<br />

Wortakzente zurück. Während <strong>des</strong> 12. Jhs.<br />

lösten sich anscheinend jene uralten Druckverhältnisse,<br />

welche seit urgermanischer Zeit über die<br />

ganze ahd. Zeit unverrückbar festgeblieben waren,<br />

als starre Fesseln auf und zerfielen in eine teils<br />

lautkombinatorische, teils raumgebundene Buntheit.<br />

Im Nordbairischen hat sich dafür unter bestimmten<br />

Voraussetzungen Wortsteigdruck, im<br />

Südbairischen Falldruck, im Mittelbairischen aber<br />

Flachdruck herausgebildet. Ungefähr um 1200<br />

setzte daher die Auseinanderentwicklung <strong>des</strong> e<br />

ein. — 2. Unter Steigdruck bildete sich im Nordbairischen,<br />

wie Karte 9 zeigt, der steigende Zwielaut<br />

§i aus, unter Falldruck im Südbairischen der<br />

fallende Zwielaut g», während im Mittelbairischen<br />

unter seinem Flachdruck der alte ahd. Monophthong<br />

f ungestört erhalten geblieben ist. Dies ist<br />

der einzige Fall im bairischen Lautwesen, bei dem<br />

das modernisierungsfreudige Mittelbairische den<br />

anderen bair. Unterdialekten gegenüber altertümlicher<br />

geblieben ist. Maßgebend war für diese<br />

Ausnahme wie gesagt das schwerwiegende Moment<br />

<strong>des</strong> Wortakzentes. In echter Bauernmundart werden<br />

demgemäß die mhd. Wörter kle (Klee), Peter<br />

(Peter), zehe (Zehe) usw. im Nordbairischen als<br />

44<br />

glei, Beidv, dse.i(h)v, im Südbairischen als $,<br />

Pentr, tsQohn(t) und im Mittelbairischen als gl%,<br />

B$dv, ds$(h)v ausgesprochen. Damit besitzen wir<br />

ein einfaches Kriterium zur Unterscheidung zwischen<br />

dem Nord-, dem Süd- und dem Mittelbairischen.<br />

— 3. Allerdings stimmt diese räumliche<br />

Dreiteilung bei flüchtigem Hinsehen nicht ganz.<br />

Innerhalb <strong>des</strong> Südbairischen begegnet uns gelegentlich<br />

gerade in sehr konservativen Mundarten wieder<br />

eine jüngere Neigung zur Rückbildung „<strong>des</strong> g»<br />

zum einstigen f. Wir finden sie bei den Ältesten<br />

im oberen Iselgebiet, im Tauferer- und Ahrntal<br />

(Südtirol nördl. v. Bruneck) sowie im obersten<br />

Zillertal und im Zimbrischen der Sieben Gemeinden.<br />

Es heißt also in diesen Gegenden bei den<br />

Alten öfters kxl% *) und häufiger Pfydr, tsqhe. Vom<br />

Zimbrischen der Sieben Gemeinden wissen wir<br />

sogar, daß diese nachträgliche Monophthongierung<br />

erst im ausgehenden 17. oder im 18. Jh. erfolgt ist.<br />

Das Zimbrische verfügt nämlich über eine eigene<br />

Schriftsprache; deren ältestes Denkmal, ein Katechismus<br />

von 1607, schreibt vorwiegend ea; die<br />

e-Schreibungen beginnen in der zimbrischen Schriftsprache<br />

erst um 1700. An die älteren Zwielaute erinnern<br />

im Binnenland, etwa im Tauferer- und<br />

Ahrntal, die Lautungen gidn (gehen), widnikx<br />

(wenig), tswfon (zwei, masc.) aus mhd. gen, wenig,<br />

zwen (aber in den Sieben Gemeinden gen, wenikx,<br />

tßwen und im oberen Iselgebiet gln, wlnikx, tswin).<br />

In allen diesen Fällen treffen wir die parallelen<br />

Verhältnisse bei mhd. 6 (s. § 11 d). — 4. Auch im<br />

Obermölltal herrscht Monophthong, also Q (khl$<br />

usw.) gleichwie in ge n (g\ n ) und wie in hrQt aus<br />

mhd. rot usw. als Parallelentwicklung; ebenso im<br />

Kanaltal (Italien) khlq, g$n; rQt. — 5. Im Kärntner<br />

Oberdrautal steht ebenfalls monophthongisches f,<br />

aber ion und meistens gv, also khl$, gidn, rqvt. —<br />

6. Im Bereich der Südkärntner und Untersteirer<br />

Städte hat sich nach Wiener Muster verkehrssprachliches<br />

f auch im Bauerndialekt eingenistet<br />

(s. Karte 9), also khl$, P$tvr, ts$hnt und ebenso<br />

g$n (gen); über die ebendort eingebürgerten<br />

Lautungen rot, höx (hoch) s. § 11 b 2, Fußn. —<br />

7. Die übrigen südbair. Sprachinseln haben die<br />

fallenden Zwielaute behauptet, z. B. in Zarz<br />

kxl&, P&tor, in Gottschee kxlea, Peatdr usw. Auf<br />

feinere phonetische Varianten <strong>des</strong> §D (sowie <strong>des</strong><br />

mittelbair. f) kann hier nicht mehr eingegangen<br />

werden; einige Varianten deutet übrigens die<br />

Karte an. — 8. Im Westen von Oberbayern greifen<br />

diese südbair. go-Lautungen von Tirol über den<br />

oberbayrischen und den schwäbischen Lechrain<br />

aus, sie setzen sich sogar über die Donau über<br />

große Teile von Mittel- und Unterfranken (auch<br />

iv) ungemein weit nach Norden fort. Sie haben<br />

allerdings im Fränkischen historisch-analytisch<br />

nichts mehr mit dem südbair. ev zu tun. Die<br />

Lautung ev ist also nicht allein süd-, sondern auch<br />

westmittelbairisch und ostschwäbisch und sogar<br />

(im Westen) ostfränkisch. — 9. In der Mittelsteiermark<br />

neigen alle fallenden Zwielaute zur<br />

Triphthongierung, also khl&v usw.<br />

c. 1. Verfehlt wäre es, auch fürs ältere Mittelbairische<br />

dieses ev in Anspruch zu nehmen. Alle<br />

mittelbair. Außenmundarten haben übereinstimmend<br />

mit dem mittelbair. Binnenland £, z. B. um<br />

*) Im Iselgebiet und in den Sieben Gemeinden<br />

blieb in<strong>des</strong>sen das g v im absoluten Auslaut durchaus<br />

bewahrt: (Defreggen) kxl^v gegen Pfto, (Sieben<br />

Gemeinden) kx^^P gegen P$tdr, <strong>des</strong>gleichen bleibt<br />

§o vor r, z. B. in den Sieben Gemeinden gor (Ehre),<br />

m§vr (mehr).


Wischau khlq, Pqtnr, ts$yv 2 ). — 2. Nur in zwei<br />

Landschaften <strong>des</strong> Mittelbairischen treffen wir auf<br />

§i, das dem nordbairischen gi gleicht, also auf gl§i,<br />

B§idv usw.; einerseits im Pongau und im steir.<br />

Ennstal, andererseits im niederbayrischen Rottal.<br />

Doch ist in beiden Gebieten die Verzwielautung<br />

im Gegensatz zum Nordbair. erst sekundär erfolgt.<br />

Das erkennt man deutlich daran, daß im Salzburgischen<br />

und im Rottal solche ei auch für andere<br />

ältere f-Lautungen eingetreten sind, für Formen,<br />

die im Mhd. gar kein e besessen hatten; z. B. im<br />

Pinz- und Pongau in r^i'ry (Regen), w$ig (Weg)<br />

oder im Rottal in b$idln (betteln) aus mhd. regen,<br />

weg, betelen. — 3. Das hohe Alter <strong>des</strong> nordbairischen<br />

$i aus mhd. e erkennt man an seinem<br />

Auftreten in der Sprachinsel Iglau. Als im ausgehenden<br />

12. Jh. die Iglauer Gegend vom Egerland<br />

aus besiedelt wurde, war dieses ei gerade im<br />

Entstehen. In einigen Iglauer Ortsnamen konnte<br />

alttschech. e (sprich f) den Wandel <strong>des</strong> mhd. e zu<br />

ei noch mitmachen.<br />

d. 1. Vor folgendem Nasenlaut beschreitet das<br />

mhd. e in großen Landstrichen eigene lautkombinatorische<br />

Sonderwege. Im Osten wie im Westen<br />

<strong>des</strong> Südbairischen herrscht Neigung zu -za-; so,<br />

insbesondere bei alten Leuten, in der Mittelsteiermark<br />

und tw. im Kärntner Lavanttal giv n (gehen),<br />

stiv n (stehen) im Osten; im Westen hören wir<br />

gidn, stidn in Tirol (ohne das TJnterinn- und Kitzbühler<br />

Gebiet, ohne das Stubai-, Sellrain-, ötz- und<br />

Lechtal sowie ohne das Passeier, den Vintschgau<br />

und die sogenannte Deutschgegend) und in Oberkärnten<br />

(ohne das Lesachtal) sowie im Fersental,<br />

in Luserna, Lavarone, Folgaria und in den Dreizehn<br />

Gemeinden. Zu den -i n -Lautungen im oberen Iselgebiet<br />

s. § 10 b 3. — 2. Im Mittelbairischen hat<br />

der Osten (Burgenland, tw. Niederösterreich,<br />

Südmähren, Südböhmen, Brunn, Iglau, Budweis)<br />

unter Näselung Zwielaut, also gQi n , gäi n , strichweise<br />

sogar gai n . — 3. Im Nordbairischen erscheint<br />

in manchen Gegenden gei n usw. mit dem gleichen<br />

Vokal wie für mhd. ie und üe, z. B. in grei n (grün)<br />

aus mhd. grüene.<br />

e. 1. Die sonst stark verbreiteten Sonderentwicklungen<br />

vor mhd. -h- fehlen hier; zehe, siehe<br />

usw. gehen den normalen Weg. — 2. Vor -l- stoßen<br />

wir in weiten Landstrichen <strong>des</strong> Südbairischen auf<br />

Gleichklang mit mhd. -öl-; s. § 3 k, wo Beispiele<br />

für -el- genannt wurden. Im Nordbairischen wird<br />

vor -l- der Zwielaut beseitigt; es heißt nordbair.<br />

sgl (Seele) statt erwartetem *seil. — 3. Vor -rherrscht<br />

im Bairischen die Normalentwicklung,<br />

also südbair. m$vr (mehr), khevrn (umkehren),<br />

mittelbair. (alt) mq, gh?n, nordbair. meiv, gheirf?i;<br />

auch hier findet man weitere Beispiele unter § 3 m.<br />

§ 11. Mhd. 6 (s. auch Karte 10)<br />

Übersicht: a. Mhd. 6 im Nord- und Mittelbairischen;<br />

drohende Lautgleichheit mit anderen<br />

Lautreihen und alte Mittelgaumigkeit. — b. 6 im<br />

Südbairischen. — cd vor Fortis und im absoluten<br />

Auslaut. — d. Mhd. 6n.<br />

a. 1. Außerhalb <strong>des</strong> Bairischen hat sich mhd. 6<br />

überall parallel mit mhd. e entwickelt. Darum zeigt<br />

die Karte 10 die außorbairischen Lautgrenzen für<br />

mhd. 6 nicht mehr so genau an wie die Karte 9<br />

für e. — 2. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen ist dagegen<br />

diese parallelo Reihenentwicklung auf weiten<br />

Strecken gestört worden. Nur im Nordbairischen<br />

hat die Parallelität zu e volle Geltung. Für ö steht<br />

2 ) y ist als „spirantischer" Gaumenlaut auszusprechen,<br />

also ein stimmhafter, dem -h- verwandter<br />

-


§ 11 a 6—b 2<br />

die Osthälfte dieser kleinen gg -Insel ei oder gi<br />

dafür einsetzt, so sind das nichtssagende Abirrungen<br />

von der großen gg-Reihe. — 7. In Niederösterreich<br />

mit umliegenden Landschaften herrscht<br />

wie gesagt g. Auch dieses g können wir bald nach<br />

1300 in urkundlichen Schreibungen, wie rat (rot),<br />

astern (Ostern) usw., fassen, da sie nach dem<br />

Schreibgesetz, der mundartliche Laut g ist als<br />

Buchstabe o zu schreiben, ein gesprochenes g<br />

reflektieren. Schon damals dürfte daher im Wienerischen<br />

rgd (rot) gleich geklungen wie z. B. bgd<br />

(Bad, mhd. bat) und rotjbat für Wien einen vokalisch<br />

reinen Reim gebildet haben, wie ja tatsächlich<br />

schon um 1285 der Wiener Jans Enikel<br />

in seinem Fürstenbuch vereinzelt ähnliche Reime<br />

gebrauchte. In der Tat können auch heute im<br />

näheren Umkreis von Wien rgd (rot) und bgd<br />

(Bad) und dergleichen rein gereimt werden, <strong>des</strong>gleichen<br />

z. T. im Gebiet um die oberösterreichisehsteir.-niederösteir.<br />

Dreiländerecke. Die Karte bezeichnet<br />

die Gebiete mit Gleichklang durch senkrechte<br />

Schraffur. — 8. Umsomehr fällt es auf, wenn<br />

die ältesten Bauern <strong>des</strong> übrigen g-Bereiches zwischen<br />

den Lautungen für mhd. 6 und für mhd. a<br />

oft säuberlich unterscheiden 3 ). Nunmehr passen<br />

niederösterr. räd (rot) und bgd (Bad) vokalisch<br />

nicht mehr zusammen, ebensowenig (tw. im Burgenland)<br />

rgd und böd. Das Eigenartige dabei ist nun,<br />

daß zwei sehr ähnliche Laute aneinander vorbeigeglitten<br />

sein müssen, ohne sich im geringsten<br />

miteinander zu vermengen. Das d aus mhd. 6 muß<br />

einstmals geschlossener gewesen sein als das g<br />

aus mhd. a, heute ist jedoch dieses d offener als<br />

das g aus mhd. o! Dieses Rätsel ist nur zu lösen,<br />

wenn einer der beiden Laute einstmals ein unterscheiden<strong>des</strong><br />

Merkmal besessen hatte, das heute<br />

nicht mehr vorhanden ist; anders wären diese<br />

Laute ohne Verwirrung unmöglich aneinander<br />

vorbeigekommen. Das g aus mhd. 6 war offenbar<br />

im 13. Jh. mittelgaumig und klang wie §, das g<br />

aus mhd. o war hingegen immer das hintergaumige,<br />

normale g. Diese einfache Erklärung<br />

entspricht nach § 5 c 1 vortrefflich dem Wandel<br />

aller alten Hintergaumenvokale zu Mittelgaumenlauten,<br />

dem natürlich auch g aus mhd. 6 unterworfen<br />

gewesen war. Damit erfährt dieses rätselhafte<br />

Vorbeigleiten zweier Laute ohne Störung<br />

auf einfache Weise eine wohlgefällige Deutung.<br />

Übrigens ist diese altniederösterreichische Unterscheidung<br />

zwischen d aus mhd. 6 und g aus mhd. a<br />

heute schon aufs schwerste durch Vereinheitlichung<br />

zu gemeinsamem g bedroht. — 9. In gleicher Weise<br />

und unter gleichen Voraussetzungen sind diese<br />

zwei Lautreihen offenbar auch im Salzburger Pinzund<br />

Pongau aneinander vorübergeglitten; auch<br />

dort stehen sich g aus mhd. 6 und gu aus (nhd.<br />

gedehntem) mhd. a, etwa in hrgd (rot) und bgud<br />

(Bad), getrennt gegenüber. — 10. Diese mittelgaumige<br />

Aussprache dürfte auch schuld an der<br />

westmittelbair. Verzwielautung von *§ zu gu, aus<br />

dem wir weiters gp und gi abgeleitet hatten, gewesen<br />

sein. Es ist eine wohlbekannte Erfahrung der<br />

Lautgeschichte, daß Mittelgaumen vokale leichter zu<br />

steigenden Zwielauten werden als hinter- oder<br />

vordergaumige Selbstlaute. Wir bemerken hier zum<br />

erstenmal eine entscheidende Störung paralleler<br />

Reihenschritte infolge einstiger Mittelgaurnigkeit.<br />

Allerdings war bei der Auseinanderentwicklung<br />

von mhd. e zu einfachem £ gegenüber dem paral-<br />

8 ) Die Grenze zwischen dem modernen Gleichklang<br />

und der modernen Trennung von mhd. 6<br />

und a in der ältesten mundartlichen Lautgebung<br />

ist noch nicht genau erforscht und muß auf Karte<br />

10 vielleicht da und dort noch verändert werden.<br />

46<br />

lelen 6 zu den Zwielauten gu, eg, und gi gewiß auch<br />

das Bedürfnis nach Lautdifferenzierung der anderen<br />

g-Reihe aus mhd. a gegenüber mit maßgebend,<br />

also eine Reihenausweichung, eine Phonemenflucht.<br />

Ein ähnliches Differenzierungsbedürfnis<br />

spielt bei den Sonderentwicklungen <strong>des</strong><br />

mhd. 6 in einigen südbairischen Mundarten herein;<br />

ebenso beim Sonderweg <strong>des</strong> mhd. uo zu mundartlichem<br />

ui, dem die Wandlungen von mhd. ie<br />

und üe zu mundartlichem id gegenübertreten; <strong>des</strong>gleichen<br />

bei gt> aus mhd. ei gegen ä aus mhd. ou,<br />

öu (s. § 20 a 1 und Einltg. 41).<br />

b. 1. Seit 1200 bemerken wir nämlich im Südbair.<br />

für mhd. 6 (allerdings sehr seltene) oa-Schreibungen,<br />

zwei Jahrzehnte später treten die gleichen<br />

oa-Schreibungen für mhd. ei dazu. Dementsprechend<br />

sind in den verkehrsreicheren Landschaften<br />

<strong>des</strong> Südbairischen mhd. 6 und mhd. ei tatsächlich<br />

als gü-Lautung zusammengefallen. Um 1400 banden<br />

südbairische Dichter bereits 6 und ei im Reim<br />

miteinander, etwa Hans Vintler in seinen „Pluomen<br />

der tugent" schonen/weinen oder Oswald von<br />

Wolkenstein im Binnenreim röt, tot/breit. Unsere<br />

Karte hebt die südbair. Gebiete mit Gleichklang<br />

von mhd. 6 und ei durch waagrechte Schraffen<br />

deutlich hervor. Es sind: Die westl. Obersteiermark<br />

mit dem salzburgischen Lungau, Nord- und<br />

Unterkärnten und teilweise die nördliche Mittelsteiermark<br />

im Osten; im Westen die Gegend um<br />

das Südtiroler Städtedreieck Brixen, Bozen und<br />

Meran mit dem Vintschgau und in Nordtirol das<br />

ganze Inntal von Schwaz aufwärts mit dem Zillertal,<br />

aber ohne die übrigen Nordtiroler Hochtäler;<br />

schließlich der Westen von Oberbayern und das<br />

Tiroler Lechtal, soweit sie während <strong>des</strong> Mittelalters<br />

noch der Diözese Augsburg unterstanden<br />

waren. Gleichklang besteht ferner in einigen<br />

Sprachinseln, in Zarz und Deutschruth, wo rgvt,<br />

gvstrn, hgvx denselben Vokalismus wie prgvt<br />

(breit), mgvstr (Meister), plgvx (bleich) aufweisen,<br />

ebenso in den Dreizehn Gemeinden, in Luserna und<br />

Lavarone mit rgvt gleich wie prgvt und ebenso in<br />

Teilen der Sieben Gemeinden (vgl. aber weiter<br />

unten); ferner in Folgaria mit ruvt wie priwt. —<br />

2. In<strong>des</strong>sen haben sich vor allem verkehrsferne<br />

südbair. Mundarten bis jetzt erfolgreich gegen<br />

diesen Gleichklang wehren können (vgl. Einltg. 41).<br />

Entweder es blieb gv aus mhd. 6 bestehen, dann<br />

mußte gv aus mhd. ei zu ä umgebogen werden; man<br />

unterscheidet also zwischen rgvt und prät, um<br />

„Reimwörter" mit ö und ei auszusuchen. So in<br />

Paznaun und Stanz am Arlberg, am Reggelsberg<br />

8üdöstl. Bozen, im Ostpustertal mit seinen<br />

Sprachinseln Pladen und Zahre und im südlichen<br />

Kärnten mit der Sprachinsel Tischlwang (dazu<br />

8. auch § 20 g 5) 4 ). Oder es blieb in älterer Weise<br />

das gv aus mhd. ei erhalten, dann mußte entweder<br />

die alte Mittelgaumigkeit <strong>des</strong> öd aus mhd. 6 fortbestehen<br />

oder dieses 6o sich irgendwie weiterentwickeln.<br />

Es treten einander r&dt und prgvt<br />

gegenüber, so in der Mittelsteiermark mit dem<br />

burgenländischen Raabtal, im Mittermölltal und<br />

dem Lienzer Becken und in den Tiroler Hochgebirgslandschaften<br />

<strong>des</strong> Obersill-, Stubai-, ötz-,<br />

*) Unter Wiener Einfluß erscheint am Südrand<br />

von Kärnten das jüngere Stadt- und verkehrssprachliche<br />

ö (röt gegen prät) und unter Einfluß<br />

der alten Knappensprache am Weißensee und im<br />

Kanaltal g (rgt gegen prät), ebenso in einigen<br />

Gemeinden südl. von Oberdrauburg (Kärnten).<br />

Unter Salzburger Einfluß steht wahrscheinlich im<br />

Obermölltal g (hrgt gegen prgvt).


Passeier-, Obereisack- und Westpustertales 5 ). —<br />

3. Daraus entstand Ü9 im tirolischen Oberlechgebiet<br />

und in Teilen <strong>des</strong> tirolischen Unterinnbereiches,<br />

wo sich rüdt und prQvt gegenübertreten;<br />

in einigen Gemeinden dieser beiden Gebiete wird<br />

dieses U9 aus 6 als Mittelgaumenvokal Ü9 hintergaumigem<br />

u9 aus mhd. uo gegenübergestellt, so<br />

daß z. B. auch rüdt aus röt und güdt aus guot säuberlich<br />

getrennt bleiben. Auch in der südöstlichsten<br />

Steiermark, um Radkersburg und Mureck, stehen<br />

sich rüdt (hier wie güdt) und prgvt scharf gegenüber.<br />

In der Pustertaler Hochgemeinde Tilliach (südl.<br />

Lienz) wurde dieses öd aus mhd. 6 gewissermaßen<br />

„überpustertalerisch" zu gi (vgl. guit aus mhd.<br />

guot, § 18 a 2), daher tilliacherisches rgit gegen<br />

prQat. Dasselbe gi dürfte nach § 16 e 1 einstens auch<br />

um Radkersburg üblich gewesen sein (s. Einltg. 51).<br />

In den innersten Talwinkeln <strong>des</strong> östlichen Tirolerischen<br />

besteht ähnlich wie bei §v aus mhd. e<br />

(s. § 10 b 3) Neigung zu sekundärer Monophthongierung<br />

8 ), so bei röt oder ret (rot) 7 ) gegen prgvt<br />

(breit) im oberen Iselgebiet, in Innervillgratten,<br />

im Tauferer- und Ahrntal und (ganz alt) im obersten<br />

Zillertal; Monophthongierung im selben Sinne<br />

wie bei mhd. e, aber ohne Mittelgaumigkeit treffen<br />

wir in den Sieben Gemeinden in rgt gegen prgDt 8 ).<br />

Man ersieht aus diesen Gegenüberstellungen der<br />

Lautungen für mhd. 6 und für mhd. ei das Bedürfnis<br />

der verkehrsfernen Mundarten nach säuberlicher<br />

Trennung der alten Lautreihen, man<br />

könnte fast sagen, eine phonologische Überempfindlichkeit<br />

mit Lautdifferenzierungen um<br />

jeden Preis. Man erkennt daraus außerdem die<br />

mannigfachen Nachwirkungen alter Mittelgaumigkeit<br />

<strong>des</strong> mhd. ö, wie wir sie auch fürs Mittelbair.<br />

aufgedeckt haben.<br />

c. 1. Im absoluten Auslaut bewahren zwar<br />

einzelne südbair. Mundarten eine besondere Vorliebe<br />

zum Zwielaut (s. oben, Fußn. 6). In anderen<br />

südbair. Mundarten wird jedoch gerade im absoluten<br />

Auslaut langes mhd. 6 so behandelt, als läge<br />

kurzes mhd. o vor; so in der älteren Sprechweise<br />

von Unterkärnten (itröu „Stroh", tswöu „zwei",<br />

fern.); in der ältesten Mundart auch im Krappfeld,<br />

im Metnitz- und im Gurktal (um Straßburg und<br />

Gurk); doch werden diese Formen überall durch<br />

die „lautgerechten" Aussprachen ätrgv, tsivgv (dieses<br />

gleich dem neutr. tswgv aus mhd. zwei) ersetzt.<br />

— 2. Vor altem Starkreibelaut konnte das mhd. 6<br />

so früh gekürzt werden, daß es gelegentlich aus der<br />

allgemeinen Reihenentwicklung aussprang und<br />

den gleichen Sonderweg zu g beschritt, wie wir ihn<br />

manchesmal beim spätmhd. *6 aus mhd. o vor h<br />

und r (s. § 5 f 2 und 5 g) kennengelernt haben.<br />

Es heißt in der ganzen Mittelsteiermark v grgßßv<br />

6 ) Im Gottscheer Land ist trotz sonstiger Mittelgaumigkeit<br />

(ü aus mhd. u, äö aus mhd. u, üo aus<br />

mhd. uo) hier ga üblich (rgat gegen prgait; im<br />

Westen der Insel ruat gegen pruait).<br />

6 ) Im absoluten Auslaut bleibt vielfach der alto<br />

Zwielaut, etwa in Ströo (Stroh), tswbd (zwei, fern.,<br />

mhd.-südbair. zwo).<br />

7 ) Dieses e ist durch leichte Mittelgaumigkeit<br />

unterschieden vom e-Laut anderen Ursprungs.<br />

8 ) In Einsilbern hört man auch (analoges) rgvt,<br />

in Mehrsilbern nach lautgesetzlichem rgter (analoges)<br />

prgtgr statt älterem prgvtar; es herrscht also<br />

in den Sieben Gemeinden Neigung zum Ausgleich<br />

zwischen beiden Lautreihen. Im Osten der Insel,<br />

um Foza, wird scharf getrennt: rgt gegen prgit.<br />

Doch bleibt in den Sieben Gemeinden im absoluten<br />

Auslaut und vor -r- der Zwielaut, z. B. in<br />

strgn (Stroh), göre (Ohr) usw. Dasselbe gilt vor -r<br />

boi mhd. ö: ßor (Oehr), hQnrn (hören).<br />

§ llb 2—d5<br />

(v grgsv) und danach grgs (groß) statt „lautgerechtem"<br />

*grgns, *gröds, grüds etc.<br />

d. 1. Vor Nasenlauten begegnet uns mhd. ö in<br />

Ion (Lohn), böne (Bohne). Im Nordbairischen<br />

haben wir neben lautgesetzlichem lgu n , bgu n (vgl.<br />

rgud) strichweise die Spielformen lou n , bou n mit<br />

dem gleichen ou n wie für die mhd. Lautfolge -uonetwa<br />

in dou n (tun) aus mhd. tuon. Außerhalb <strong>des</strong><br />

oberbayr. rpztf-Gebietes mit seinem lgv n fällt in<br />

Ober- und Niederbayern das genäselte 6 gewöhnlich<br />

mit mhd. -an- und mit nhd. -an- zusammen,<br />

ebenso im Salzburgischen. Man sagt lö n , bö n u. ä.,<br />

die mit mö n (Mann) u. ä. gereimt werden können. —<br />

2. Im Sundergau (südl. v. München) spricht man<br />

jedoch ldu n (aber mö n ). — 3. Zwischen Freising<br />

und Wasserburg (Oberbayern) treffen wir vereinzelt<br />

auf die altertümlichen Lautformen loi n ,<br />

boi n . Sie erklären sich hier (nach Einltg. 51) am<br />

besten auf folgende Weise: Für mhd. -iu- war in<br />

diesen Gegenden einstmals öu üblich, wie heute<br />

noch im Osten anschließend (s. § 16 b 6 und Karte<br />

13) z. B. in nöu (neu), döufe (Teufel), blöu n (bleuen).<br />

Dieses du aus mhd. iu wird im allgemeinen verschieden<br />

von gu aus mhd. ö in r§ud (rot) ausgesprochen,<br />

vor Nasal aber wird infolge einer in<br />

Altbayern herrschenden Neigung genäselter Vokale<br />

zu geschlossener Aussprache l$u n zu lou n verändert;<br />

dieses sieht nunmehr aus, als wäre sein<br />

du aus mhd. iu entstanden; es stimmt zu blöu n<br />

(bleuen). Nun wurde älteres 5u aus mhd. iu im<br />

Einflußgebiet von München durch jüngeres und<br />

einstens „eleganteres" oi ersetzt und nöu, döuje,<br />

blöu n zu nöi, döife, blöi n „verbessert". Es versteht<br />

sich von selbst, daß dieser Reihenersatz auch auf<br />

löu n ausgedehnt wurde und sich auch dieses löu n zu<br />

löi n verwandelt hat. — 4. Um Neubistritz-Neuhaus<br />

(westliches Südmähren) begegnet uns gleichfalls<br />

löi n , das hier eine andere Vorgeschichte aufweist.<br />

Es paßt zu rgid, gisdvn usw.; doch wird im übrigen<br />

modernen rgid-Gebiet (s. Karte 10) nur lg n oder<br />

lgu n (zu diesem s. unten) gesprochen. Andererseits<br />

finden wir weit über das moderne rgid-Gebiet<br />

hinaus im Pulkautal und um Znaim die absterbendo<br />

Aussprache böi nd l (Bohne), ebenso um Preßburg,<br />

auf der großen Schutt und im nördlichen Burgen -<br />

land pöi nd l, püi nd l, pöüi nd l und vereinzelt auch<br />

löui n (Lohn), <strong>des</strong>gleichen im niederöst. Pulkautal<br />

und um Znaim in Südmähren bgißßn (Nüsse vom<br />

Baum schlagen) aus mhd. bözen „schlagen" (vgl.<br />

Einltg. 49). Diese Restformen bürgen für eine<br />

einstmals große Ausbreitung der Lautungen gi in<br />

rgid usw. nach Osten bis ins Burgenland. Im Norden<br />

<strong>des</strong> Wald- und Weinviertels leistet in gleicher<br />

Weise für älteres öi die „falsche" Ersatzform<br />

Nonndorf in mehr als einem Dutzend von Ortsnamen<br />

Gewähr, mundartl. NQ n dgr>f. Die Schreibungen<br />

Non-, Nandorf sind seit dem 15. Jh. bezeugt.<br />

Offenbar hat man, als man rgid, gisdrm usw.<br />

durch neueres rgd, gsdvn ersetzte, fälschlicherweise<br />

auch das lautgerechto Ngi"dgnf, Nöi"dg»f analog<br />

zu Ng n dgvf umgestaltet.; auszugehen ist von mhd.<br />

Niuivendorf (Neuendorf). — 5. In der oberösterreichischen<br />

Zentrallandschaft mit ihrem cp in regd<br />

usw. ist meistens auch l$g n ungestört erhalten. —<br />

6. In größeren Teilen von Nioderösterreich und <strong>des</strong><br />

Burgenlan<strong>des</strong> sind dio Selbstlaute in lg n , bg nd l<br />

nachträglich verzwielautot worden, also täu n ,<br />

bäu nd l (vgl. mäu n ). Im Südbairischen rgvt-Hcreich<br />

neigt der Osten, insbes. in der Mittelsteiermark,<br />

zu uv; also lüD n . Dieselbe Neigung besteht im<br />

Westen, in Oberkärnten und Tirol (ohno Unterinngobiet)<br />

in lÜD n , püv n mit dem gleichen uv wie<br />

für mhd. uo und mit paralleler Entwicklung zu<br />

iv n aus mhd. -in-. Auch im Fersental, in Luserna,<br />

Lavarone, Folgaria und in den Dreizehn Gemeinden<br />

47


§ 11 d 5—§ 13 b 2<br />

tritt uv n , in Folgaria sogar ui n , dafür ein. — 8. In<strong>des</strong>sen<br />

haben bei -ön- wie bei -en- etliche Tiroler<br />

Landschaften die lautkombinatorische Veränderung<br />

durch -n- nicht mitgemacht, so das Inntal<br />

von Telfs abwärts mit dem Stubai-, Seilrain-,<br />

ötz- und Passeiertal und der Vintschgau mit der<br />

Deutschgegend sowie einige verstreute Gemeinden<br />

<strong>des</strong> Etschlan<strong>des</strong> und <strong>des</strong> Eisacktales. — 9. Im<br />

Tiroler Lechtal, <strong>des</strong>sen oberer Teil rüdt gebraucht,<br />

heißt es trotzdem lgo n , pgn n . — 10. In Teilen <strong>des</strong><br />

Oberiselgebietes hört man lün, püne 9 ) und in<br />

Innervillgratten len, pene 10 ). — 11. Im Pustertal<br />

sind alle älteren Ü9 aus mhd. uo zu ui geworden<br />

(s. § 18 a 2). Ebenso wie *tüdn, *güdt zu tuin,<br />

guit ist auch*lü9n, *pü9ne zuluin, puine verändert<br />

worden. Doch hat die Hochgemeinde Tilliach diese<br />

Sondorentwicklung nicht geteilt und bleibt bei<br />

Igin, pgine (vgl. rgit) stehen; dementsprechend hat<br />

das anschließende Kärntner Lesachtal Igan, pQane<br />

wie rgat gegen tudn (tun), gu9t (gut). — 12. Auch<br />

in den südbairischen Sprachinseln ging genäseltes 6<br />

meistens normale Wege, z. B. in den Sieben Gemeinden<br />

lg(v)n, pgna wie rg(v)t, an rqta (eine<br />

rote), in Zarz Igvn, pgane wie rgot, in Gottschee<br />

Igan, pganv (luan, puanv) wie roat (ruat) usw.<br />

§ 12. Mhd. 6<br />

1. Im allgemeinen ist mhd. 6 entrundet worden<br />

und dadurch mit mhd. e zusammengefallen; zur<br />

Entrundung der Umlaute s. § 6 a, zur Behandlung<br />

<strong>des</strong> e, dem hier meistens nichts mehr beizufügen<br />

ist, s. § 10; die dort aufgestellten Regeln gelten<br />

in gleichem Umfang auch hier und sind ebenso<br />

bei mhd. vlöhe (Flöhe), böse (böse), schone (schön),<br />

köle (Kohl), hören (hören) usw. in Kraft. — 2. Die<br />

zimbrischen Mundarten sind innerhalb <strong>des</strong> Bairischen<br />

die einzigen, welche nicht entrunden. Sie<br />

haben normalerweise das 6 parallel zu c entwickelt,<br />

z. B. in den Dreizehn Gemeinden flgohe *), pfoze,<br />

hüd n 2 ), hgnrn. Doch haben sich diese 6 in den<br />

Sieben Gemeinden, ausgenommen vor -r-, der mhd.<br />

ö-Reihe angeschlossen und dadurch den Paral-<br />

lelismus gestört: vlQye 3 ), p$ze, s$ne gegen hQ'vrn. —<br />

3. Infolge der Entrundung besteht wie gesagt<br />

Gleichheit mit mhd. e, daher nordbair. fleix, beis,<br />

sei n (sei n ), ghgl, heitfn, mittelbair. flq, bqs, ££»<br />

(&$i n ), ghg, h$o'n (alt h$ri) und südbair. fleo(x),<br />

pevs(e), s$D)i (sidn), h^vrn. — 4. Dessenungeachtet<br />

ist im Sundergau (südl. v. München) und in einigen<br />

Dörfern um Kufstein mhd. 6 mit mhd. e nicht<br />

zusammengefallen und als gi von dem g aus mhd.<br />

e getrennt gehalten. Es heißt etwa in Schliersee<br />

flQi, bQis, §Qi n , ghgi (Kohl), hgVn gegen khlq, BqdD,<br />

ge n , s$i, ghä'n (umkehren). Eine ähnliche Differenzierung<br />

besteht restweise in einigen Gegenden <strong>des</strong><br />

südl. Bayrischen Wal<strong>des</strong>, wo es bei alten Leuten<br />

fl$i, beis gegen gl$, B$dv lautet. Ähnliche Reste<br />

alter Unterscheidung treffen wir übrigens im nordöstlichsten<br />

Tirol auch bei mhd. ü als gi gegen<br />

mhd. * als ai (s. § 15 4).<br />

§ 13. Mhd. * (vgl. Karte 11)<br />

Üborsicht: a. Mhd. i, ü und ü in den oberdeutschen<br />

Dialekten. — b. Die Diphthongierung<br />

8 ) Deren ü ist mittelgaumig zu lesen.<br />

10 ). Deren e ist schwach mittelgaumig zu lesen.<br />

*) l ist vordergaumiges (palatales) -l- ähnlich<br />

wie in ital. baltaglia oder wie in kroat.-slowen.<br />

kralj.<br />

2 ) Vgl. in Luserna &üv n ; in den Dreizehn Gemeinden<br />

werden alle -w-Laute zu -u- verändert<br />

(s. § 9 a 2).<br />

3 ) -y- ist „spirantisches" g, das ähnlich klingt<br />

wie h.<br />

48<br />

im Bairischen. — c. Ältere Diphthongierungen<br />

vor Vokal. — d. Varianten von ai und au. — e. i<br />

und ü werden zu ä. — f. Sonderentwicklungen <strong>des</strong><br />

%. — g. Mhd. in. — h. Mhd. il. — i. Mhd. ir. —<br />

j. Umlaut von ai zu e im Zimbrischen.<br />

a. 1. Die Vokale der Parallelreihe i, ü und Ü<br />

wurden in ahd. Zeit nach Ausweis der modernen<br />

Vorarlberger und Schweizer Mundarten geschlossen<br />

und lang ausgesprochen. Diese langen Vokale sind<br />

dadurch z. B. im Südvorarlbergischen noch heute<br />

in zweifacher Hinsicht von der Parallelreihe mhd.<br />

i, u und ü unterschieden: durch die Dauer und<br />

durch den Offenheitsgrad. Die lehrreichen südvorarlbergischen<br />

Gegenüberstellungen von vnb<br />

(Weib) aus mhd. vnb gegen s{b (Sieb) aus mhd.<br />

sib, von hübt) (Haube) aus mhd. hübe gegen stybv<br />

(Stube) aus mhd. stube u. ä. sind schon § 7 a 2<br />

erwähnt worden. — 2. Die oberdeutschen Mundarten<br />

gliedern sich, was unsere Parallelreihe betrifft,<br />

in drei Gruppen: das Südalemannische behält,<br />

wie Karte 11 erkennen läßt, noch die ahd.<br />

Lautungen wib, hüs, hüsli (Häuslein) unverändert<br />

bei; das Schwäbische deutet uns mit seinen Zwielauten<br />

vftib, h,3us, hsisle (weib, hous, heiste) einen<br />

moderneren Übergangsstand an, das Bairische, das<br />

Ostfränkische und das Mitteldeutsche haben mit<br />

der vollen Verzwielautung in waeb, haos, haesl(d)<br />

den modernsten Zustand erreicht. Man kann<br />

geradezu im Raum die Zeitstufen ablesen, indem<br />

immer die ältesten Lautungen im westlichen Hochgebirgsland<br />

Vorarlberg, die etwas jüngeren Lautungen<br />

im nördlichen, sanfteren Schwäbischen und<br />

die jüngsten Formen im westlichen Bairischen,<br />

sonach rund um den Allgäu, aufgebaut sind (vgl.<br />

Einltg. 21).<br />

b. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen tauchen die<br />

ältesten urkundlichen Zwielautschroibungen ei und<br />

ou ganz vereinzelt schon um 1100 auf, und zwar<br />

in Südtirol. Daraus darf man jedoch nicht schließen,<br />

daß die Diphthongierung selbst, wie oft gemeint<br />

wird, im Tirolischen früher als anderswo im Bairischen<br />

entstanden ist; nur haben sie die Südtiroler<br />

Schreiber früher bemerkt als die Kanzlisten<br />

anderwärts und früher in der Schreibung berücksichtigt.<br />

Südtirol war das einzige bairische Gebiet<br />

mit zweisprachigen Schreibern, die bald nach<br />

deutsch-, bald nach italienischsprachiger Tradition<br />

amtierten. Die polyglotten Kanzlisten entschließen<br />

sich erfahrungsgemäß eher zu lautgetreuen Umschriften<br />

und befreien sich früher von historischen<br />

Schreibgewohnheiten als die Beamten <strong>des</strong> einsprachigen<br />

Binnenlan<strong>des</strong>, die ihrerseits Divergenzen<br />

zwischen Buchstaben und Laut schwerer<br />

feststellen. Häufiger werden allmählich die bair.<br />

Zwielautschreibungen ei und ou überall seit dem<br />

Ende <strong>des</strong> 12. Jhs.; um 1250 kommen äi und au (lies<br />

ai, au) und zur selben Zeit au auf. — 2. Die Neigung<br />

zur allgemeinen Diphthongierung war gesamtbairisch;<br />

das steht einwandfrei fest. Eine Reihe<br />

bairischer Sprachinseln wurde noch zu Zeiten,<br />

als die Verzwielautung entweder noch nicht begonnen<br />

hatte oder erst in den Anfängen steckte,<br />

angelegt. Das Zimbrische der Sieben Gemeinden<br />

hat zwar die Diphthongierung in waep, haos,<br />

hdözle, es hat aber diese Zwielaute nach Ausweis<br />

von entlehnten Sachbezeichnungen und Ortsnamen<br />

im Neuland wie woddel (eine Art Schaufel),<br />

kvmäon (Gemeinde), Zlaet (Schio, Ortsname),<br />

Pvldöde (Palü, Ortsname) aus altvenez. badil,<br />

komün, *Skled, *Palüdi (vlat. badile, comüne,<br />

*Aesculetu, *Palü<strong>des</strong>) erst auf dem Boden dor<br />

Sprachinsel selbsttätig geschaffen und nur die<br />

monogenetische Tendenz zur Verzwielautung, nicht


aber die Diphthonge selbst aus der Heimat mitgebracht<br />

(s. Einltg. 30).<br />

c. Doch sind im absoluten A.uslaut und vor Vokal<br />

im Bairischen in vereinzelten Fällen schon in<br />

spätahd. Zeit i und ü zu ei und ou geworden; es<br />

hat ein ähnlicher Zustand geherrscht, wie wir ihn<br />

jetzt noch z. T. im Süd- und im Niederalemannischen<br />

vor uns haben, etwa in wib, hüs gegen blei<br />

(Blei), sneiiv (schneien), sou (Sau). Ahd. Schreibungen,<br />

wie Paveia (Pavia), salveia (Salbei) x ) und<br />

im 10. Jh. (aus Südtirol) Soupach (Saubach), weisen<br />

in diese Richtung. Ihr ei und ou gingen späterhin<br />

manchesmal den gleichen Weg wie die alten Zwielaute<br />

mhd. ei und ou und wurden mit ihnen geradezu<br />

vertauscht — ähnliches finden wir bei mhd. iu<br />

im Hiatus (s. § 16 d). Spuren dieser Verwechslung<br />

von i mit ahd. ei entdecken wir in urkundlichem<br />

äb(e)tai (Abtei) und vöitai (Vogtei) aus mittellat.<br />

abbatia, vocatia bis um 1350 2 ), ferner in etlichen<br />

Wörtern, die jetzt phonetisches ai, als läge i vor,<br />

statt erwartetem qv aus ahd. -ei- aufweisen; so im<br />

ötztal taiia (eine Art Almhütte) neben imsterischem<br />

toviv und im Innerpitztal sing. tqr>, plur. aber<br />

taiidn aus ahd. *teija für altroman. *t$ga (vlat.<br />

t$gia, vgl. Meyer-Lübke, ERW 8616a); in tirol.<br />

graiie, grain, grau (zweiräderiger, langer Ochsenkarren)<br />

aus ahd. *gari(g)a für vlat. qua(d)rlga<br />

(s. Meyer-Lübke 6918), neben dem ein ahd.<br />

*gareia existiert haben muß; aus ihm seinerseits<br />

ist oberkärntn. grqiie, grQp u. ä. geflossen; in<br />

nordtirol. olddrlai (allerlei) zu mhd. leije (Art) statt<br />

erwartetem -IQD (vgl. § 20 i); im zarzerischen dat.<br />

tswäien (zweien) zum nom. tswgv (mhd. zweien,<br />

zwei) u. e. a.<br />

d. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Bairischen herrschen im<br />

allgemeinen die Lautungen ae und ao (für gewöhnlich<br />

hier sonst und im Wörterbuch der leichteren<br />

Lesbarkeit wegen ai und au geschrieben).<br />

Sie nehmen mannigfache Lautschattierungen an,<br />

unter denen hier nur die wichtigsten genannt<br />

werden. Neben dem weit verbreiteten ae und ao<br />

(waeb, haos) selbst gilt in Mittelkärnten äe und<br />

äo, <strong>des</strong>gleichen in den Sieben Gemeinden und in<br />

Gottschee. Die österreichischen Stadtmundarten<br />

ziehen äe, äo vor, die bayrischen ae und ao. Vereinzelt<br />

neigen diese Zwielaute zu Monophthongen,<br />

insbesondere im Bereich tschechischer und magyarischer<br />

Nachbarschaft; so im nördlichen Böhmerwald<br />

mit dem angrenzenden Bayrischen Wald<br />

(wäb, häs), um Wischau und Deutschpilsen und<br />

in den deutschen Außenmundarten um Budapest;<br />

seit dem ersten Weltkrieg auch in Wien, von wo<br />

sich diese monophthongische Aussprache seither<br />

mit erstaunlicher Geschwindigkeit über das umliegende<br />

Niederösterreich ausbreitet (s. Einltg. 26<br />

und 38). Die ungefähre Grenze für dio älteste<br />

Generation verzeichnet die Karte 11; bei der<br />

Jugend greifen die Monophthonge bereits über<br />

ganz Niederösterreich aus, westlich Znaim sogar<br />

auf Südmähren und in den ersten Anfängen (nach<br />

Beobachtungen um 1953) langsam auch aufs<br />

nördlichste Burgenland. In Wien selbst hört man<br />

in einigen Außenbezirken bereits neuerdings fallende<br />

Zwielaute, wävb, häv3. Dieso Wandlungen<br />

vollziehen sich unbewußt und lautgesetzlich (s. auch<br />

Einleitung 26). Im Mitterpinzgau bahnt sich die<br />

Monophthongierung aus eigenem Antrieb in mehreren<br />

Gemeinden an. An der oborpfälzisch-ostfränkischen<br />

Grenze waren ä und ä zwischen Amberg<br />

*) Hier und in ähnlichen Fällen ist -eia sogar<br />

für nachtoniges vlat. -ja (vlat. *salvia) eingetreten.<br />

8 ) Seit 1300 kommen abtii, voitii (aus mhd.<br />

abetie, voitie) als jüngere Lehnformen auf. Nach<br />

1350 treten sie die Alleinherrschaft an.<br />

§ 13 b 2—e 2<br />

und Erlangen üblich, sie sind aber jetzt im Verschwinden.<br />

— 2. Im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong>,<br />

in der sogenannten Suchen (mit einigen angrenzenden<br />

Gemeinden) hört man weip, höüs 3 ) oder wdip,<br />

hdüi 3 ). Mit dem Schwäbischen haben diese Aussprachen<br />

nichts zu tun; entstanden sind sie,weil<br />

auch angrenzende slowenische Mundarten ei und<br />

öü sprechen, z. B. in reiba (Fisch), döüSa (Seele)<br />

statt schriftslowen. riba, dusa. Auch sonst entdecken<br />

wir in der Suchen mancherlei Slowenismen.<br />

— 3. Im Südosten herrscht insbesondere in der<br />

Mittelsteiermark Neigung zu Triphthongen in<br />

wäe 9 b, häö*s — den äußersten Bereich verzeichnet<br />

unsere Karte. Ähnliches hört man individuell auch<br />

in Südmähren und Südböhmen, ohne daß Grenzen<br />

gezogen werden können.<br />

e. 1. Einstmals gab es im Mittelbairischen seit<br />

1300 und im Nordbairischen seit wenigen Jahrzehnten<br />

später sonderbarerweise für dieses ae, ao<br />

aus mhd. *, ü und ü den gemeinsamen Monophthong<br />

ä; so z. B. nach Urkunden aus Oberösterreich 1301<br />

SuxiJcer8torf (Schweikersdorf) aus mhd. Swidgeresdorf,<br />

1331 Rapolzwinchel (Rappeswinkel) aus<br />

Richpol<strong>des</strong>winkel, 1343 Frahaim (Fraham) aus<br />

Vriheim; 1354 P^sching (Pasching) aus Püschach,<br />

1382 Räp (Raab) über Raub aus ahd. Rürippe usw.<br />

mit analogen Fällen aus Niederösterreich mit dem<br />

nördlichen Burgenland, aus Niederbayern, aus der<br />

Oberpfalz und dem Egerland. Entsprechende<br />

Reime gebraucht der Kärntner Hofdichter Heinrich<br />

von dem Türlin nach Wiener Vorbildern,<br />

und zwar um 1225, sofern die literarhistorische<br />

Datierung <strong>des</strong> „Mantels" und der „Krone" nicht,<br />

wie es mir auf Grund spraehgeschichtlicher Kriterien<br />

vorkommt, um einige Jahrzehnte zu früh<br />

angesetzt worden ist. Seine üjou- und i/ei-Roime<br />

gewinnen nämlich sonst im Lichto der Schreibungen<br />

der Urkunden und der Reime aller anderen<br />

bair. Dichter im Mittel- und im Nordbair. erst<br />

zwischen 1280 und 1300 festen Boden. Später hat<br />

man im Mitteibair, diese ö-Lautungen meistens<br />

wieder durch ai und au ersetzt. Auch mhd. d, ä,<br />

ou, öü sind ja zu diesem a-Laut geworden. Dadurch<br />

waren zu viele homonyme Wörter entstanden.<br />

Bei dieser künstlichen Rückbildung hat man<br />

mannigfache a als Restformen vergessen und<br />

andere a, dio gar nicht auf ü zurückgehen, fälschlicherweise<br />

zu ao umgestaltet. Restformen sind<br />

u. a. dnbä (dabei) und sä! (sei! imp.) im südl.<br />

Egerland, im Böhmerwald und im Bayrischen<br />

Wald, in Südböhmen und in der Kernlandschaft<br />

von Oberösterreich, gäd (gibt) und lad (liegt) aus<br />

mhd. git, lit in Südböhmen und in der Kernlandschaft<br />

von Oborösterreich, bäkßtaö (Zaunpfahl) aus<br />

rnhd. *bigeställe (vgl. mhd. bistall) in Wien und<br />

Niederösterreich. — 2. Oder in äj- (auf- in aufsperren<br />

usw.) im Nordbairischen bis zur Donau -<br />

linio als Gerade von Ingolstadt bis Passau, in<br />

Südböhmen und in der oberösterr. Kernlandschaft;<br />

ebenso affv (herauf) und äffe (hinauf); aufs Nordbairischo<br />

beschränkt bleiben sä (Sau), bräd (Braut),<br />

glä'm (klauben), draßtn (draußen), hafftn (Haufen;<br />

dieses tw. auch in Oberösterreich) u. a. Falsche<br />

Überbildungen sind z. B. Räowüsdovf (und sogar<br />

Räew-; Raubersdorf) östl. Regonsburg aus mhd.<br />

Rähwincsdorf, Däo'mMöx (neben Da'mslöx Darmschlag)<br />

im Egerland über mhd. Därviischlich aus alttschech.<br />

Dalcmi/Slich, haefftlgöld (Angeld) aus mhd.<br />

*häftel-, haftgclt (um Vohenstrauß, Oberpfalz),<br />

Draoßthöf (Drasenhofen, Niedorösterr.) aus mhd.<br />

Drdsenhof und Traßpüog (Draßburg, Burgonland)<br />

aus mhd. *Driwcnburg. Zum einstigen Verhältnis<br />

<strong>des</strong> mittelbairischen ö-Lautes aus mhd. ü zum<br />

3 ) ö und ü sind mittelgaumig.<br />

49


§ 13 e 2—§ 14 b 2<br />

ä-Laut aus mhd. ou etwa in mhd. Reimen und zu<br />

deren gemeinsamen mittel- und nordbair. Schicksalen<br />

s. § 21 a.<br />

f. Strichweise wurde die alte Parallelität <strong>des</strong><br />

ae zu ao gestört durch eine leichte Verdumpfung<br />

<strong>des</strong> ae zu äe in verkehrsferneren Burgenländer<br />

Gebieten und weniger stark zu äe in größeren<br />

Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> und in der angrenzenden<br />

Oststeiermark. In Moschendorf im Burgenland<br />

(östl. Güssing) tritt sogar ä ein: wäb (Weib), rätn<br />

(reiten) usw., ebenso für mhd. Ü, iü in mäs (Mäuse),<br />

läxtn (leuchten). Das äo aus mhd. u wurde davon<br />

nicht betroffen.<br />

g. 1. Vor Nasenlauten tritt dieses äe im Burgenland<br />

und in der Oststeiermark deutlicher und in<br />

größeren Gebieten hervor, z. B. in wäe n (Wein),<br />

läem (Leim). — 2. In einigen nieder- und oberösterr.<br />

Landschaften neigt genäseltes ae zu Q (w$ n ,<br />

l^rn) oder zu gi (wqi n usw.); wei n usw. begegnet<br />

uns im Pinz- und Pongau, wein, wein im Kärntner<br />

Oberdrautal. Altertümliche Restformen mit § n<br />

hört man in oberösterr. Ortsnamen. Natürlich<br />

treffen wir ä n (oder g n ) auch überall dort, wo allgemeine<br />

Monophthongierung äe zu ä eingetreten<br />

ist. — 3. In großen Teilen von Oberbayern (mit<br />

München) und Niederbayern tritt unter Näselung<br />

ei mit sehr kurzem e ein: wei n , leim; doch wird<br />

diese phonetische Besonderheit den Sprechern<br />

nicht bewußt.<br />

h. Vor -l- wurde die Lautfolge ai aus mhd. -ilim<br />

Nord- und im östl. Südbairischen und sonst<br />

überall dort, wo der nachvokalische -Z-Laut -ühaltig<br />

klingt (s. Karte 4), zu -äl- vereinfacht; so<br />

in Mittel- und Unterkärnten, in der Steiermark und<br />

im Burgenland mit der Grafschaft Pitten im Süden,<br />

auf der Großen Schutt, in Bösing und Modern der<br />

Slowakei im Osten, in Südmähren mit Brunn und<br />

vWischau, in Südböhmen mit Budweis, im Böhmerwald,<br />

im Egerland mit Iglau und der Oberpfalz<br />

im Norden und am südlichen Lechrain im Westen<br />

<strong>des</strong> Mittelbairischen. Überall dort sagt man demnach<br />

khäl (Keil), wäl (Weile), <strong>des</strong>gleichen äl, äln<br />

(Eule) aus mhd. iXle usw. Nur um den Ossiachersee<br />

in Kärnten im Süden und im Ascher Ländchen im<br />

äußersten Norden bleibt trotz dem sonderbaren<br />

-J-Laut das ae beibehalten. Durch die volle Vokalisierung<br />

<strong>des</strong> -Z- entsteht in Nieder- und Oberösterroich<br />

ghäö usf., in Salzburg, im Innviertel<br />

und in Nieder- und Oberbayern ghäe usf. Im<br />

Kärntner Lieser- und Maltatal hört man sonderbarerweise<br />

khgl usw.<br />

i. Vor -r- treten nur selten Sonderentwicklungen<br />

ein. Im Westen der Sieben Gemeinden wird vairn<br />

(feiern), air (Luft; aus altvenez. aire) zu v$rn, £r<br />

oder vevrn, enr. Am Ostrand <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong><br />

hört man gelegentlich pä(r), pgo(r) (Quecke; aus<br />

altslaw. pyr(i)) statt ostbair. bäe(r), päw. Vor<br />

der schweren Mitlautverbindung -rt- in Feiertag<br />

kommen Vereinfachungen vor. Im Westen der<br />

Sieben Gemeinden gilt vartakx neben lautgerechtem<br />

ve(v)rtakx, in den Dreizehn Gemeinden<br />

venrtakx, in Zarz värtakx, im Unterlavanttal<br />

(Kärnten) alt vartv, värtv, im westlichsten Niederösterreich<br />

fattD, zwischen Regensburg, Ingolstadt<br />

und Dorfen an der oberpfälz.-ober-niederbayr.<br />

Dreiländerecko farlto, jattn, faxt® und zwischen<br />

Fürstenfeld, Kochl und Eschenlohe (Oberbayern)<br />

förtv.<br />

j. Im Zimbrischen existiert in den Sieben Gemeinden<br />

als analoger Umlaut zu äe das phonologisch<br />

völlig isolierte e, das uns lautgeschichtlich<br />

einstweilen ein Rätsel bleibt; z. B. in rexxor<br />

(reicher, comp.), dar rexx^rste (der reichste-),<br />

& (bereichern) zu räex (reich) und ebenso<br />

50<br />

wetor, der wetzrs'te, dorwetern (erweitern) sowie wete<br />

(die Weite) zu wäet (weit) usw. In Luserna, Folgaria<br />

und Lavarone fällt dieses e als e- oder ei-<br />

Lautung sekundär mit mundartl. e, ei aus mhd. e<br />

zusammen. In den Dreizehn Gemeinden fehlt diese<br />

sonderbare e-Lautung.<br />

§ 14. Mhd. ü (s. Karte 11)<br />

Übersicht: a. Mhd. ü; uff, uß, min, din, sin,<br />

in- statt üf, uz, min, din, sin, in-. — b. Mhd. un,<br />

um. — c. Mhd. ul. — d. Mhd. ür.<br />

a. 1. Im allgemeinen geht, wie schon § 13 bemerkt<br />

wurde, die Entwicklung <strong>des</strong> mhd. ü parallel<br />

zu der <strong>des</strong> mhd. *. Es bleibt also hier über u nicht<br />

mehr viel Bemerkenswertes zu sagen übrig. Die<br />

Mittelgaumigkeit, über die das Grundsätzliche auch<br />

schon § 5 c vermerkt worden ist, bedarf einer<br />

kurzen Betrachtung. Wie bei mundartlichem ü<br />

aus mhd. u (s. § 8 a) ist auch hier die alte Mittelgaumigkeit<br />

im Gail-und Lesachtal und an der Drau<br />

und Rienz im Pustertal beseitigt worden (s.<br />

Karte 11), während sie sonst im Palatovelarisierungsgebiet<br />

erhalten geblieben ist. Dafür begegnet<br />

sie uns sonderbarerweise in einem Teil <strong>des</strong><br />

Salzkammergutes, wo aö (neben öu aus mhd. d)<br />

den einzigen Mittelgaumenvokal darstellt. In der<br />

Mittelsteiermark unterdrücken die jüngeren Leute<br />

bei äö 3 diese Mittelgaumigkeit und setzen dafür<br />

lieber äo 3 ein, obgleich i[ü aus mhd. u erhalten<br />

bleibt. — 2. In einigen Dörfern nördl. von Ingolstadt<br />

(Oberbayern) wurde ao neuerlich zu ä gewandelt;<br />

dieses ä dürfte aber, z. B. in häs (Haus),<br />

mit dem § 13 e erwähnten Wandel von ü zu ä<br />

kaum mehr etwas zu tun haben. — 3. Merkwürdig<br />

sind einige Verkürzungen zu mhd. u. Nach<br />

der bairischen Urkundensprache war uff- statt<br />

auf- (in aufsperren usw.) einstmals weit verbreitet.<br />

Es ist jenes uff- mit verkürztem u statt ü, das wir<br />

in Vorarlberg als tiff-, off- und im Rheinfränkisehen<br />

als uf- noch erhalten haben. Daran gemahnen<br />

(veraltetes) Uff- (neben aö/-) in Pladen und Zahre,<br />

ferner (veraltetes) üff- in Gurgl im ötztal, üffd<br />

(und öffe) in Gurgl, im inneren Zillertal und uffals<br />

Erinnerungsform in Krimml (Pinzgau). An die<br />

alemann. Verkürzungen di{,ßßn (draußen) in Vorarlberg<br />

und dußßo im Schwäbischen gemahnt uns<br />

als Alemannismus dußßü im Stanzer- und Paznauntal<br />

auf der Tiroler Seite <strong>des</strong> Arlberges. —<br />

4. Ähnliche Kürzungen (oder alte Kürzen) begegnen<br />

uns in min (mein), din (dein), zin (sein) im Osten<br />

der Sieben Gemeinden; es sind Formen, die auch<br />

in mhd. Reimen bairischer Dichtungen, z. B. im<br />

Biterolf, nachweisbar sind. Über in- (in insperren)<br />

und inher (herein), inhin (hinein) in den bair.<br />

Sprachinseln und in beharrsamen bair. Binnenmundarten<br />

statt ein-, einher, einhin geben die<br />

betreffenden Wörterbuchartikel Auskunft.<br />

b. 1. Dort, wo vor Nasenlauten statt i die<br />

Lautungen e, ei, ei usw. vorkommen (s. § 13 g 2/3),<br />

treten uns hier die Parallellautungen g, ou, QU<br />

entgegen: brg n , brQu n (braun) im Pinz- und Pongau<br />

usw.; fvsöumo (versäumen) hört man tw. auch noch<br />

um den Achensee, proun, fasoumdn im Kärntner<br />

Oberdrautal, brgu n in Ober- und Niederbayern. —<br />

2. Mit folgendem m ist im Mittel- und Nordbairischen<br />

in weiten Landstrichen schon früh, im<br />

ausgehenden 13. Jh., am entstanden, das nunmehr<br />

mit -am- aus mhd. -oum- zusammenfällt; fosämofn)<br />

rärnv(n) (räumen) usf. können mit bäm (Baum),<br />

dräm (Traum), drätnv (träumen) rein gereimt werden.<br />

So im Mittel- und Nordbairischen mit Teilen<br />

der Sprachinseln Brunn und Wischau. Auch ins<br />

östliche Südbairische sind diese -öm-Formen vorgedrungen.<br />

Dagegen weist auf mittelbair. Boden


die Sprachzunge Neubistritz-Neuhaus (westl. Südmähren)<br />

viorzüomt) (wie päom usw.!) auf; ebenso<br />

gilt fvsäomn (und bäom usw.) im mittleren Mühlviertel<br />

mit Südböhmen und der Sprachinsel Budweis.<br />

Doch wird in der Sprachinsel Iglau und z. T.<br />

um Brunn und Wischau zwischen vvrzäomvn u. ä.<br />

und päm noch unterschieden; <strong>des</strong>gleichen in den<br />

übrigen Dialekten mit -aum- aus mhd. -um-. Die<br />

Grenze verläuft, indem die angeführten Siedlungen<br />

noch westliches -aum- haben, folgendermaßen: Von<br />

Wassertrüdingen (Mittelfranken) zur Lechmündung,<br />

lechaufwärts bis Augsburg, entlang <strong>des</strong><br />

Amnaersees nach Weilheim (Oberbayern) und durch<br />

den Walchensee, weiter bei Terfens (Tirol) über<br />

den Inn und bei Uderns über den Ziller, ferner<br />

nördlich von Krimml (Salzburg) nach Saalfelden,<br />

Golling, Abtenau, Klein-Arl und nach Gmünd<br />

(Kärnten), Gurk, Passering (südl. Hüttenberg), wo<br />

die cmm-Grenze den östlichsten Punkt erreicht;<br />

dann nach Westen umbiegend über Maria Saal,<br />

St. Ruprecht b. Villach und Hermagor, wo sie die<br />

Sprachgrenze trifft. Der obere Lechrain, das obere<br />

Loisachtal, das Innsbrucker Becken, der Pinz-,<br />

Pon- und Tennengau haben noch -aum-, ebenso<br />

das Moll-, Lieser-, Gurk- und Glantal; das Kanaltal,<br />

Villach und Klagenfurt haben schon -am-, <strong>des</strong>gleichen<br />

der Lungau, der Flachgau, das tirol.<br />

Unterinngebiet und fast ganz Altbayern. Doch<br />

dringen die -äm-Lautungen, da sie die Stadt- und<br />

Verkehrsmundarten bevorzugen, überall vor. Außerdem<br />

treffen wir mitten im südbairischen aum-<br />

Gebiet in konservativen Sprachlandschaften auf<br />

zwei -äm-Inseln: die eine liegt an der tirol.-kärntn.<br />

Grenze im Obermölltal und dem Iselgebiet von<br />

Matrei abwärts mit Kais sowie im östlichsten<br />

Pustertal mit Inner-, aber ohne Außervillgratten<br />

und im oberen Lesachtal; <strong>des</strong>gleichen herrscht<br />

vrzämen (versäumen) in der Sprachinsel Zarz, aber<br />

vdrzaumen in Pladen, Zahre usw. Die andere Insel<br />

umfaßt das Tauferer-, das Ahrntal und das hinterste<br />

Zillertal. Übrigens ist -am- in kxäm weiter,<br />

in däm (Daumen), pfrämv (Pflaume) weniger weit<br />

verbreitet.<br />

c. 1. Vor -l-, z. B. in Maul, faul aus mhd. mül,<br />

vül, wird im Mittel- und Nordbairischen wie bei<br />

mhd. -il- (s. § 13 h) wieder, wenn auch nicht in so<br />

großem Umfang, zu -ü- monophthongiert: nordbair.<br />

mal, jäl. Doch bleibt in der Sprachinsel Iglau<br />

daneben z. T. maul. Aus mal wurde in Übereinstimmung<br />

mit mhd. -il- im östlichen Mitteibair.<br />

mäö, im westlichen mäe. In größeren Teilen <strong>des</strong><br />

Burgenlan<strong>des</strong>, in der Steiermark (ohne Jogelland)<br />

und am gebirgigen Südrand von Oberösterroich<br />

bleibt die ältere Aussprache maul, maui, ebenso<br />

im Salzachgau und am oberbayr. Lechrain sowie<br />

um Mittenwald und Garmisch und in Teilen <strong>des</strong><br />

tirol. Unterinngebietes. — 2. Sonderbar sind die<br />

Lautungen mgl, fgl. Wir finden sie einerseits im<br />

nördlichen Böhmerwald, andererseits, teilweise sogar<br />

neben mgol, fgvl, im Kärntner Lieser- und<br />

Obergurktal und (mgi) im Lungau mit dem<br />

Kärntner Katschtal sowie m$l im Kärntner Maltatal.<br />

Dort klingen sie gleich wie in tgl, tovl, tgi, tQl<br />

(Teil) und wie in anderen Wörtern mit mhd. -eil-.<br />

Daher kommt es, daß infolge „falscher" Umreihung<br />

(ganz alt) im obersten steir. Murgebiet und im<br />

obersten kärntn. Lavanttal statt Teil, Seil usw.<br />

auch ,,falsches" taul, saul zu hören ist.<br />

d. 1. Vor folgendem -r- gilt meistens die normale<br />

Entsprechung -au- (bau(r), bautjv, bäuv „Bauer"<br />

usw.). Die ältesten Leute <strong>des</strong> Salzkammergutes<br />

und <strong>des</strong> östlichsten Flachgaus sagen bauwv, sauwv<br />

(sauer). — 2. In Westkärnten (Untermölltal, östl.<br />

Oberdrau- und östl. Gailtal, Millstatt, Lurnfeld,<br />

Gegendtal und Westhälfte <strong>des</strong> Ossiachersees) tritt<br />

4*<br />

§ 14 b 2—§ 16 a 1<br />

dafür päwdr, säurar ein. Ebendort heißt es strichweise<br />

auch geträwdn, -äbm, häwdn, -bm, fräiwndn<br />

(getrauen, hauen, Frauen) aus mhd. getrüeji,<br />

houwen, vrouwen. — 3. Im Westen der Sieben<br />

Gemeinden kommt pgr, zgr (pQ~vr, zQvr) neben<br />

pdor, zäor vor.<br />

§ 15. Mhd. ü und iü als Umlaute zu ahd. ü und iu<br />

1. Die Umlaute von ahd. ü in mhd. müse (plur.<br />

zu müs „Maus"), hüselin (dem. zu hüs „Haus")<br />

und von ahd. iu in mhd. Hüte (Leute), liühten<br />

(leuchten) aus frühahd. liuti, Hiuhtjan sind, wie uns<br />

urkundliche Schreibungen lehren, schon in spätahd.<br />

Zeit zusammengefallen. Sie werden von aufmerksamen<br />

Schreibern seit ugf. 1000 unter dem Buchstaben<br />

u (musi, husir; luti, lullten) gegen das<br />

Schriftzeichen iu für altes iu in tiuval (Teufel),<br />

ichgiuzzo (ich gieße) vereinheitlicht; in gleicher Weise<br />

schreiben lautbeobachtende Kanzlisten <strong>des</strong> 14. Jhs.<br />

mause, häuser und läute, tauchten gegen teuvel, ich<br />

geuz. Die phonetischen Ursachen für diesen Gleichklang<br />

von ü und iü erfahren wir § 16 a 2. Die<br />

gleiche Verteilung gilt heute noch in unverfälschten<br />

Bauernmundarten; um Garmisch (Oberbayern)<br />

spricht man mäis, hüisnr wie läit, laixtn gegen<br />

tüifl, i güis. — 2. Durch die Umlautentrundung<br />

(s. § 6 a) sind mhd. Ü und iü gemeinsam über<br />

aü zu ai mit dem anderen ai aus mhd. i gleich<br />

geworden. Alles, was § 13 über mhd. % mitgeteilt<br />

worden ist, gilt daher auch für mhd. Ü und iü. —<br />

3. Allerdings mit zwei Ausnahmen. Wie immer<br />

blieb auch hier im Zimbrischen die alte Umlautrundung<br />

erhalten, etwa in Luserna maus, haüznr;<br />

laut, laüxtn und in den Sieben Gemeinden mäöze,<br />

häözor; läöte, läöxten (individuell auch mqize usf. 1 ).<br />

Dieses aü ist in den Dreizehn Gemeinden und in<br />

Lavarone neuerdings zu au verändert worden, wie<br />

sich dort auch mhd. ü zu u verwandelt hat (s.<br />

§ 9 a 2); daher in den Dreizehn Gemeinden mauze,<br />

liauzor; laute, lauxlvn. — 4. Im Zillertal mit<br />

Teilen <strong>des</strong> tirol. Unterinngebietes ist der allgemeine<br />

Zusammenfall mit ai aus mhd. i gleichfalls, und<br />

zwar diesmal trotz Umlautentrundung, unterblieben;<br />

für unsere zwei Umlaute gilt oi. Während<br />

sonach im Bairischen sonst z. B. mhd. müse und<br />

lisc als mais und lais einen reinen Reim ergeben,<br />

bleiben sie im Zillertal usw. als mgiza und laizd<br />

lautlich streng geschieden.<br />

§ 16. Mhd. iu (s. die Karten 12, 13 und 14)<br />

Übersicht: a. Mhd. iu im Verhältnis zu mhd.<br />

iü; iu wurde zu spätahd. i'{ii, i{ü. — b. Mundartlich<br />

ui, i, oi, io, iu, eo, öu, öü, ei; — c. und aü, ai gleich<br />

wie für mhd. ü, iü. — d. Mhd. -iuiv-. — e. Mhd.<br />

-iu(we)n-. — f. Mhd. -iu(we)l-. — g. Mhd. -iur-.<br />

— h. -iu- vor Lippenlauten. — i. iu wird vereinzelt<br />

zu mundartl. e. — j. Vertauschungen mit<br />

mhd. ie. — k. Vertauschungen mit mhd. uo.<br />

a. 1. Die Lautverhältnisso für mhd. iu erscheinen<br />

uns auf den ersten Blick verworren und xmübersichtlich<br />

wegen der mannigfachen Lautvarianten,<br />

wegen verkehrssprachlicher Überschichtungen und<br />

wegen eigenartiger Übertritte zu anderen Reihen.<br />

Kennt man aber die Lautgeschichte im Lichte der<br />

Urkundensprache und der Lehnwörter genauer als<br />

Ganzheit, so lösen sich die scheinbaren Schwierigkeiten<br />

auf und werden zum wohlgefügten System.<br />

Ahd.-mhd. iu geht in den echten Bauernmundarten,<br />

soweit es nicht in ahd. Zeit regelrecht umge-<br />

*) Daher wird ugf. seit 1900 in der zimbrischen<br />

Schriftsprache (dazu s. § 10 b 3) auch moise,<br />

hoiser, loite, loiehten geschrieben. Vorher galten dio<br />

Schreibungen mause, meuse, mause usw.<br />

51


§ 16 al—b4<br />

lautet ist, andere Wege als mhd. iü; das wissen<br />

wir schon aus dem § 15. Die Mitlaute -r- und -wwirkten<br />

bei iu umlauthindernd; ahd. tiuri (teuer),<br />

stiurra (Steuergeld), niuwi (neu), triuwi (treu) usw.<br />

haben im Oberdeutschen keinen Umlaut; auch<br />

-hs- war im Westen <strong>des</strong> Bairischen umlauthindernd,<br />

daher loikßn, luikßn über mhd. liuhsene aus ahd.<br />

> *liuhsina; nur im Ostbairischen trat über mhd.<br />

*Hühsene richtiger Umlaut zu laikßn (Genaueres<br />

s. im Wörterbuch unter Leuchse [Runge eines<br />

Leiterwagens]) ein. Bei den starken Zeitwörtern<br />

der 2. Kl. ist der Umlaut in der 2., 3. pers. sing,<br />

präs. giuzzis (du gießt), giuzzit (er gießt) usf. unter<br />

Einwirkung der 1. pers. giuzzu (ich gieße) und<br />

<strong>des</strong> imp. giuz\ (gieß!) früh unterdrückt worden.<br />

Daher z. B. in Garmisch tüir, itüir, nüi, trüi sowie<br />

du guißt, rrr guißt nach \ güis und güis! wie tüifl<br />

(Teufel), hüir (heuer) aus ahd. tiuval, hiuru gegen<br />

mäis (Mäuse), laixtn (leuchten) usf. — 2. Der Umlaut<br />

<strong>des</strong> Zwielautes ahd. iu ist nach § 15 mit mhd.<br />

Ü ugf. um 1000 gleichlautend geworden. Das iu<br />

selbst wurde nämlich damals offenbar nicht mehr<br />

als i + u ausgesprochen, sondern die beiden Zwielautkomponenten<br />

waren bereits ohne Umlaut aneinander<br />

angeglichen worden und lauteten üu oder uü<br />

oder schon uji, uü. Aus diesen neuen Aussprachen erklären<br />

sich weitere Erscheinungen, etwa daß ugf.<br />

seit 1000 älteres vuir (Feuer) schon als viur aufgezeichnet<br />

und in unsere -i«-Reihe aufgenommen<br />

werden konnte (Garmisch füir), daß noch im 11. Jh.<br />

lat. eu in (Matt)Heus im Rahmen der mhd. -iu-<br />

Reihe mundartl. zu ui, oi, etwa in (Garmisch)<br />

Hüls, werden konnte und daß schließlich dieses<br />

spätahd. *Hius(o) sowie weitere Lehnwörter,<br />

etwa spätahd. *Liuo (Eligius) aus vlat. *Li(gi)uo<br />

oder *triuo (Viehtrift) aus vlat. trggo (aus vorröm.<br />

*troju; s. Moyer-Lübke ERW 8934) sogar im<br />

v ahd. gen.-dat. noch zu -iü- umlauten konnten *).<br />

Sobald dieses neue üu oder uü umlautete, mußte<br />

es natürlich automatisch zu üü, 4 werden, zu jenem<br />

Laut, der auch den Umlaut von ahd. u repräsentiert<br />

hat.<br />

b. 1. Ist das richtig, so mußte im 13. Jh. oil und<br />

öu aus ahd. iu weiters zu oi und eu (hier e -\- u) entrundet<br />

werden oder konnte durch eine geringe<br />

Lautvariation zu ui und iu ,,rückgebildet" werden.<br />

Die Urkundensprache läßt diese Wege schön verfolgen.<br />

Die Lautung ui besteht, wie Karte 12 zeigt,<br />

am Rand <strong>des</strong> Mitteibair, z. B. in nüi (neu), düir<br />

(teuer), düifl (Teufel) im Bayrischen Wald, in der<br />

südlichen Oberpfalz, im nördlichsten Niederbayern,<br />

im Westen von Oberbayern und im Westen<br />

und der Mitte <strong>des</strong> Tirolischen sowie im Schwäbischen.<br />

Um Friedberg, Landsberg, Weilheim, Starnberg<br />

und Aichach in Oberbayern neigt dieses ui<br />

(mit mannigfachen Varianten, wie üi, ii) zu i in ni,<br />

dir, dlfl usf. (s. Einltg. 44). — 2. Auch im Osten<br />

bilden die Gebiete mit ui die Umrahmung zum<br />

großen mittelbair. oi-Bereich, der allerdings selbst<br />

von Streuinseln anderer Art mannigfach unterbrochen<br />

wird. Je weiter wir übrigens die Donau<br />

abwärts nach Osten wandern, <strong>des</strong>to seltener werden<br />

die echtmundartlichen Entsprechungen für mhd.<br />

*) Diesen Umlaut finden wir (ganz alt) im dat.<br />

zu den Hofnamen Huizd und (ö)LuiJ9 im ötzund<br />

Silltal pan Haizn, pan (Q)Laiivn sowie, etwas<br />

entstellt, im Wipptal (ganz alt) bei truipn (Viehtrift),<br />

plur. traijan sowie in der häufigen Tiroler<br />

Nebenform traii^n, traidn, train neben trui(idn)<br />

(Viehtrift). Sie gehen auf die spätahd. dat.-Formen<br />

*Hiüsin, *Liüin, *triüin zum nom. *Hiuso, *Liuo,<br />

*triuo zurück. Die ahd. Schreibung Triu(o) für<br />

vlat.. *trgju ist beim Burgnamen Trui (b. Bozen)<br />

urkundlich schon im 11. Jh. belogt.<br />

iu. Sofern wir von den starken Zeitwörtern der<br />

2. Kl., wie gießen, ziehen usw. (darüber s. § 16 j<br />

1 — 3), deren -iu- sich verhältnismäßig gut halten,<br />

absehen, bildeten nämlich diese ahd. iu von Haus<br />

aus eine verhältnismäßig gliederarme Reihe, eine<br />

Reihe, die jetzt, wenn es hoch geht, äußerstenfalls<br />

zwei Dutzend feste Reihenglieder umfaßt. Bei allen<br />

gliederarmen Reihen besteht nach Einleitg. 44 aber<br />

die Gefahr der Reihenauflösung und Reihenzersetzung<br />

und die Tendenz <strong>des</strong> Anschlusses an verwandte<br />

Großreihen. Die schwerste Bedrohnis<br />

für die -m-Reihe ist seit der Neuzeit (s. § 16<br />

c 5) der Ersatz durch „Verkehrs-" und „schriftsprachliches"<br />

ai mit seinen Ersatzformen näi,<br />

däi(r) oder däiv, däifö statt der alten nüi usw.;<br />

die zweite Bedrohung ist der Übertritt zu mhd.<br />

ie bei den starken Zeitwörtern gießen usw. und<br />

bei tief, Stief-, Dieb, lieb statt älterem geußen,<br />

teuf, Steuf-, Deub, leub (s. § 16 j). Unsere Karte 12<br />

stützt sich zwar im ganzen Westen auf eine<br />

Reihe von Belegen, in Niederösterreich aber als<br />

unmittelbares Vorgelände <strong>des</strong> großen Modernisierungszentrums<br />

Wien, sofern wir von Ortsnamen<br />

absehen, oft nur noch auf ein einziges Wort,<br />

auf ghöi (Kinn); auch bei diesem Wort blieb die<br />

alte Lautung nur <strong>des</strong>halb erhalten, weil es ein<br />

schriftsprachliches Seitenstück dazu, Keue, das<br />

zerstörend hätte einwirken können, zufällig nicht<br />

gibt. Einen räumlichen -Mi-Rahmen um den ostmittelbair.<br />

oi-Bereich bilden im Süden, wie die<br />

Karte vorführt, die Mittel- und Obersteiermark<br />

(ohne Ennstal) und das Burgenland, im Osten<br />

die Große Schutt, Bösing und Modern, im Norden<br />

Südmähren und Südböhmen und die Sprachinseln<br />

Wischau, Brunn und Budweis. In diesen östlichen<br />

Gebieten stimmt -ui- räumlich überall zusammen<br />

mit -ul- aus mhd. -ol- (vgl. Karte 7 und<br />

§ 5 d). Wie dieses als -ul- war -ui- nach Ausweis<br />

urkundlicher Schreibungen bis ins 17. und 18. Jh.<br />

auch in Niederösterreich mit angrenzenden Teilen<br />

von Oberösterreich allgemein gebräuchlich; ui<br />

wurde hier erst in der früheren Neuzeit durch<br />

das jetzige oi ersetzt. Im burgenländischen Seewinkel<br />

stimmt gleichfalls göuißßn (gießen) usw. mit<br />

höulds (Holz) zusammen. — 3. Der niederösterr.<br />

-oi-Bereich selbst setzt sich heute übers steirische<br />

Ennstal und über das ganze Land Salzburg<br />

einerseits nach Mittelkärnten, andererseits nach<br />

Osttirol fort; er findet jenseits der oberösterr.<br />

Beharrsamkeitsbrücke mit ihrem ausgefallenen eo<br />

(8. unter 4) in Nieder-, im östlichen Oberbayern<br />

und im östlichen Tirol eine großräumige Parallele.<br />

Urkundliches oi ist in seinem gegenwärtigen westlichen<br />

Verbreitungsgebiet bereits im ausgehenden<br />

13. Jh., ui nach einer kurzen Unterbrechung<br />

gleichfalls seit dieser Zeit wieder faßbar. Wenn<br />

mitten im westlichen oi-Bereich um Kufstein<br />

wie um Salzburg zwei m'-Inseln auftauchen, so<br />

sind hier diese Lautungen gewiß nur noch sekundäre<br />

Varianten von oi; <strong>des</strong>gleichen dürfen wir das<br />

oberkärnterische pi als Spielform zu oi auslegen.<br />

3. Die alten Varianten von uü, oü, nämlich<br />

üu, öu (oder eu), haben wir in den Lehnwörtern<br />

trentin. äteura (Steuergeld), spreußa (älter trentin.<br />

spreuzza aus mhd. spriütze; Spreize), slowen. mundartl.<br />

devp (neben divp) erhalten. Ihre Fortsetzungen<br />

sind mundartl. io, iu und eo (in der Karte senkrecht<br />

schraffiert). Die Lautung io in nio, gioßßn treffen<br />

wir im niederbayr. Vils- und Isartal, wo sie<br />

neuerdings gerne durch in (nlv, givßßn) ersetzt<br />

worden (vgl. Einltg. 44). — 4. Im nördlichen<br />

Salzachgau tritt unmittelbar dem io-Gebiot benachbart<br />

iu (niu, diufe) auf; es ist derselbe<br />

iu-Laut, der im ganzen Salzachgau die mhd.<br />

Lautfolgo -er- vertritt (s. § 4 g 5) und der hier wie


dort wohl aus unserem älteren eu, eo entstanden<br />

ist. Als Erinnerungsform ließ sich vor 30—40<br />

Jahren iu, io auch im Innviertel, wo jetzt nur<br />

oi gilt, aufspüren (vgl. Einltg. 44). — 5. Es besteht<br />

ein Zusammenhang zwischen iu und dem oberösterr.<br />

eo; vor Nasenlaut wird (§ 16 e 3) diese<br />

Raumverbindung zwischen eo und iu noch fester<br />

hergestellt. Das eo selbst beherrscht jetzt nur mehr<br />

die Kernlandschaft von Oberösterreich, etwa in<br />

neo, deo(r), deofö, geoßßn. Sein Bereich deckt sich<br />

mit dem von §Q aus mhd. 6 (s. § 11 a 5 und Karte<br />

10). So wie §Q aus 6 nach Erinnerungsformen <strong>des</strong><br />

Ausseer Ländchens und der inneren Talwinkel <strong>des</strong><br />

oberösterr. Steyrbereiches einstmals weiter nach<br />

Osten und Süden gereicht hatte, stoßen wir<br />

auch hier auf analoge Erinnerungsformen wie neo<br />

(neau) in denselben Landschaften; so wie dort<br />

im östlichsten Flachgau %wv (Ohr) aus älterem<br />

*gg» u. ä. eine Brücke zum Salzachgau andeuten,<br />

deuten auch hier im östlichsten Flachgau halbvergessene<br />

Aussprachen wie dewv (teuer), heiw<br />

(heuer) aus älterem *deoo, *heov die Verbindung<br />

zum salzachgauerischen iw-Gebiet an. — 6. Zwischen<br />

Neustadt a. d. Donau und Altenmarkt a.d. Traun<br />

(Oberbayern) hört man bei den alten Leuten<br />

Öu (nou, döufe); die Intensität der Mittelgaumigkeit<br />

<strong>des</strong> ö ist nicht überall gleich stark. Es werden<br />

die 5w-Formen neuerdings stark vom modernen<br />

öi verdrängt. Diesem öi-Ersatz verdanken wir<br />

das westlich angrenzende löi n (Lohn) aus mhd.<br />

Ion (s. § 11 d 3). — 7. Die Lautung oü (mittelgaumig)<br />

treffen wir auch im Virgental nordwestl.<br />

von Lienz, etwa in noüüe, toüvl, goüßßn.<br />

Vielleicht dürfen wir das altbayr. öu wieder als<br />

sekundäre Variante von eo, io verstehen und<br />

seinen Bereich unmittelbar mit dem benachbarten<br />

•m-Gebiet verbinden; so gewännen wir nunmehr<br />

schon einen großen öu-iu-io-eo-Haum (vgl.<br />

Einltg. 44). In ähnlicher Weise dürfen wir das<br />

Virgener öü als Variante von oi, das es dialektgeographisch<br />

rundherum einschließt, betrachten. —<br />

8. Merkwürdig ist das oststeir. ei (äi) in nei,<br />

deivl (näi, däivl), das zu ei, äi aus mhd. e in<br />

leVry (legen), weikhvn (wecken; läVn, wäikhvn)<br />

paßt. Es ist wohl nichts anderes als ein etwas<br />

willkürlicher Anschluß einer älteren gliederarmen<br />

Reihe an die große ei-Reihe (vgl. Einltg. 44).<br />

c. 1. Alle diese Lautungen beruhen mithin<br />

letzten En<strong>des</strong> gemeinsam auf einer verhältnismäßig<br />

frühen Umlautentrundung von oü zu oi,<br />

ui und von öu zu eu, eo usw. Ihr verdanken<br />

wir fürs Binnenbairische auch den Gegensatz<br />

zwischen oi usw. aus mhd. iu gegen ai für mhd.<br />

iü und u. oi, eo usw. waren durch ihre Entrundung<br />

aus der Parallelreihe ei, ou, ei (entrundet<br />

aus öü) für mhd. i, ü, u (und iü) ausgestoßen worden<br />

und konnten an ihren weiteren Schicksalen<br />

nicht mehr teilnehmen. — 2. Stellen wir uns<br />

nun vor, daß die Entrundung erst später vor<br />

sich gegangen wäre. Auf solche Weise konnten<br />

öu, oü aus mhd. iu an dem neuerlichen Wandel<br />

der genannten Parallelreihe zu ai, au, aü ohne<br />

weiteres noch teilnehmen, es konnte sich für<br />

öu, oü gleichfalls aü ergeben, dieses aü konnte<br />

solchermaßen mit aü aus mhd. ü, iü schließlich<br />

zusammenfallen. Es mußte sich, da der erste<br />

Zwielautteil a nicht gerundet gesprochen werden<br />

kann, die ganze Rundung auf das ü als zweiten<br />

Zwielautteil zusammendrängen; öu und oü mußte<br />

geradezu zu jenem aü werden, das auch dem<br />

u und iü entsprach, zu jenem aü und ai also,<br />

das wir § 15 schon behandelt haben. Bei anhaltender<br />

Umlautrundung wurde solchermaßen<br />

iu mit iü und u zwangsläufig gleichlautend.<br />

Tatsächlich ist der Gleichklang dieser drei<br />

§ 16 b 4—c5<br />

ursprünglich getrennten Laute überall, wo erst<br />

im 14. und 15. Jh. entrundet worden oder wo<br />

die Umlautrundung bis heute erhalten geblieben<br />

ist, vorhanden. Im größeren Teil <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />

wird noch heute mit Rundung<br />

mäös, läöxdn gesprochen, daher heißt es ebenso<br />

näö, däövl usw. In der Nachbarschaft <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />

liegt das Nordbairische, in dem Belege<br />

mit Umlautentrundung erst im 14. Jh.<br />

greifbar werden — im Mittel- und Südbairischen<br />

wurde ja nach § 6 a 1 schon im 13. Jh. entrundet—;<br />

daher nimmt es uns nicht wunder, wenn<br />

man auch im Nordbair. einheitlich mäis, laixtn<br />

wie näi, däifl gebraucht. — 3. Auch die südbair.<br />

Sprachinseln haben, wie § 6 a 1 erläutert<br />

worden ist, die Rundung noch unberührt aus<br />

der Heimat mitgenommen und die Entrundung<br />

erst nachträglich auf eigene Faust durchgeführt<br />

und hinken zeitlich nach. Das Zimbrische<br />

der Sieben Gemeinden hat die Rundung bis<br />

heute erhalten, daher auch hier der Gleichklang<br />

etwa in den Sieben Gemeinden als mäöze, läöxten<br />

und als näöje, tdövel oder in den Dreizehn Gemeinden<br />

mit ihrem sekundären au als mauze, lauxtnn<br />

und als nauge, tauvvl. — 4. Denselben Gleichklang<br />

finden wir daher trotz nachheriger Entrundung<br />

in allen übrigen südbair. Außengründungen:<br />

in Zarz (mäize, läixtn wie näie, täivl), in Pladen,<br />

Zahre (maize, laixtn wie naije, iaivl), im Fersental<br />

(mais, laixtn wie nai, taivl) und um Gottschee<br />

(maiz9, laixtn wie naip, taivl) 2 ). Die<br />

Ansicht, daß die südbairischen Sprachinselmundarten<br />

diesen Gleichklang einer alten binnenbairischen<br />

Verkehrssprache verdanken,besteht im Spiegel<br />

unserer lautgeschichtlichen Auslegung zu<br />

Unrecht. Sie kann schon <strong>des</strong>halb nicht zutreffen,<br />

weil diese Sprachinseln überall ausgesprochene<br />

Bauernkolonien waren und weil nach unseren<br />

neuen Erkenntnissen ihr grobbäuerlicher Lautstand<br />

und Wortschatz so deutlich in den Vordergrund<br />

rücken, daß wir ihnen auch fürs 12., 13.<br />

und 14. Jh. schwerlich verkehrssprachliches Wesen<br />

unterschieben können. — 5. Anders lagen<br />

allerdings die Verhältnisse bei der binnenbair.<br />

Dichter- und Hofsprache seit 1200. Bei ihr können<br />

wir denselben Gleichklang im Lichte der<br />

Lautformen für höfische Burgennamen noch jetzt<br />

aufzeigen. Der häufige höfische Burgenname mhd.<br />

Riuicental (Reuental, Reintal) lautet überall<br />

auch im Bauerndialekt Raintol, Rai n dQi mit „höfischem"<br />

ai und nicht, wie man nach der Bauernmundart<br />

erwarten würde, *Rointyl, *Roi n dQi usw.<br />

mit den echtbäuerlichen Entsprechungen oi, ui oder<br />

ähnlich! 3 ). Die höfische „Salonspracho" <strong>des</strong> Hochund<br />

Spätmittelalters verdankt ihrerseits den Gleichklang<br />

von iu mit iü und ü gewiß den großen<br />

Dichtervorbildern Wolfram von Eschenbach, Hartmann<br />

von Aue und Gottfried von Straßburg; deren<br />

ostfränkischer und niederaleman. Dialekt durfte<br />

nach Ausweis ihrer Reime schon im 13. Jh. wie<br />

nach ihrem heutigen Lautstand diese drei Laute<br />

bedenkenlos untereinander reimen. Aber das war<br />

nicht der damaligo Bauorndialekt unserer binnenbairischen<br />

Landstriche. Der höfische Gleichklang<br />

dieser drei Laute wirkt auf die binnenbairischen<br />

Bauernmundarten, wie die urkundlichen Schreibungen<br />

für die verkehrsfernen Hof- und Flurnamen<br />

nachhaltig zeigen, erst seit dem 17. Jh. stärker ein,<br />

2 ) Zu den sekundären ei-Lautungen meize,<br />

leixtn, neifs, teivl in der Suchen vgl. man § 13 d 2.<br />

3 ) In ähnlichen Namen, z. B. in Reintal in Niederösterreich,<br />

liegt mhd. Rintal zugrunde. Dessen<br />

mundartliches Rai n dgi hat natürlich mit unsorer<br />

Gruppe nichts zu tun.<br />

53


§ 16 c 5—g3<br />

und auch seither in größerem Ausmaß vorderhand<br />

nur im Osten <strong>des</strong> Bairischen. Zu seinen Folgen bei<br />

den iu- Entsprechungen um Wien s. § 16 b 2.<br />

d. Vor folgendem w nimmt iu in Wörtern wie<br />

mhd. niuwe, riuwen, bliuwen, kiuwen, niuwen<br />

(Gerste, Mohn u. dgl. stampfen), kiuwe (Kauwerkzeuge<br />

der Haustiere, Kinn) oder nhd. neu, reuen,<br />

bleuen, kauen, *neuen, *Keue in manchen Landstrichen<br />

in der ältesten Bauernsprache einen<br />

anderen Weg und weist ai statt erwartetem ui auf;<br />

es ist dasselbe ai, das sonst für mhd. -öuw-, etwa<br />

in hai aus höuwe (Heu), vorkommt, so daß nunmehr<br />

nai und hai reine Reime ergeben. In der Weststeiermark<br />

und im Lavanttal sagt man daher<br />

grräi", 4 ) pläi n , khäi n , näi n ; khäiu. näi ergeben hier tatsächlich<br />

vokalisch reine Reime mit häi. Ihnen stehen<br />

z. B. tuivl, tüin usf. gegenüber. Einstmals war<br />

dieses ai nach Ausweis von Restformen verkehrsferner<br />

Bauernwörter weiter verbreitet. In *Keue<br />

spricht man im obersteir. Murgebiet von Leoben<br />

aufwärts bis zur Salzburger Grenze khäi neben<br />

neuerem khüi, <strong>des</strong>gleichen auf der Kärntner Seite<br />

im Görtschitztal, im Krappfeld und im Gurkund<br />

Metnitztal khäia, khäi neben jüngerem<br />

khöia, khöi; gerade in demjenigen Wort, welches<br />

sich nach unseren Erfahrungen aus Niederösterreich<br />

(§ 16 b 2) als schriftspracheferner Ausdruck<br />

für die Aufhellung älterer Lautverhältnisse in hervorragender<br />

Weise eignet. Gleichfalls in einem<br />

schriftsprachefernen Bauernwort, in neuen (Gerste<br />

oder Mohn stampfen), setzen sich diese ai-Reste<br />

aus mhd. -iuw- nach Westen weiter fort, als<br />

näpn vom Obergurktal aus neben neuerem nöisn<br />

ins Gegendtal und bei ganz alten Leuten strichweise<br />

bis ins Oberdrautal, Lurnfeld und Gailtal.<br />

Im Lesachtal treten uns nai\e, giraiien, planen<br />

usw. sogar noch einmal in voller Reihe entgegen.<br />

Der Zusammenfall von mhd. -iuw- und mhd. -öüwv<br />

erinnert auffallend an ähnliche Gleichklänge im<br />

Nieder- und Südalemannischen, wie nöü aus mhd.<br />

niuwe mit höü (Heu) aus mhd. höuwe, röüiw<br />

(reuen) und itröüüv (streuen) aus mhd. riuwen und<br />

ströuwen usf.; auch dort werden nöü und tür<br />

(teuer), tüfl (Teufel) usw. verschieden behandelt.<br />

Es soll damit keineswegs gesagt werden, daß sich<br />

im kärntn.-steir. Grenzgebiet, um das es sich ja<br />

hier vorwiegend handelt, Alemannen eingewandert<br />

wären; immerhin waren aber hier wie dort gleichartige<br />

phonetische Kräfte am Werk. Sie erinnern<br />

an die althochdeutsche Verzwielautung von mhd. i<br />

und u im Auslaut und vor Vokal zu ei und ou vor<br />

der allgemeinen Diphthongierung, die gleichfalls<br />

zu Verwechslungen mit dem alten Zwielaut ei<br />

geführt hat und wieder im Aleman. Seitenstücke<br />

besitzt (s. § 13 c) 6 ). In den Wörtern Lie (Rauchluke<br />

oberm offenen Herd) aus ahd. *hleo, gen.<br />

*hliwi stf. und Spreu, ahd. spriu, plur. spri(u)wir<br />

besteht eine derartige Formenfülle, daß es besser<br />

ist, auf sie in den entsprechenden Wörterbuchartikeln<br />

einzugehen.<br />

e. 1. Vor folgendem -n- treten einige Besonderheiten<br />

auf. Bei reuen kommt im m'-Gebiet wider<br />

Erwarten vielfach roi n vor. Lehrreich sind die<br />

4 ) Im Unterlavanttal gnräin, pläin, khäüi usw.<br />

6 ) In euch, ahd. iuwich, mhd. iuch, treffen wir<br />

diese Sonderentwicklung, sofern nicht etwa ausnahmsweise<br />

Umlaut vor -w- oder verkohrssprachlicher<br />

Einfluß vorliegt, im Mittel- und Nordburgenland<br />

als äix an. Sonst gilt üix (s. § 16 j 6 und 16 k)<br />

und oix; doch besteht euch in der echten Bauernmundart<br />

im Binnenbairischen nur im Südosten<br />

und auch da nur als Höflichkeitsform den Eltern<br />

und Paten gegenüber. Sonst ist es durch enk ersetzt<br />

worden.<br />

54<br />

Lautungen rüv n , khün n (rüd n , khü9 n oder rör> n ,<br />

khöv n ) in der Radkersburger Gegend der südlichsten<br />

Oststeiermark. Es scheint, daß man hier einstmals<br />

für mhd. ö allgemein gi, für mhd. rot, osteren<br />

mundartlich rgit, gistrm (rot, Ostern) usw. gebraucht<br />

hatte, den gleichen pi-Laut, wie ihn die angrenzende<br />

slow. Mundart in klQitsa (Dörrbirne) aus mhd.<br />

klotze bis heute festhält. Als nachher dieses alte qi<br />

durch das jetzige üd verdrängt wurde, ersetzte<br />

man offenbar gemeinsam mit *loi n (Lohn) als<br />

lüD n , lüd n , löv n auch *roi n „fälschlich" als rüv n<br />

usw. (s. Einltg. 51). — 2. In den Wörtern Beunde<br />

(umzäunte Waldwiese, Waldweide etc.) 6 ) und<br />

Freund (Verwandter) 7 ) aus ahd. biwenti, vriunt<br />

begegnen uns weitere Sonderwege der Lautgruppe<br />

-iun-. Vereinzelt treffen wir auf die Aussprachen<br />

bgo n d (fröD n d) im niederösterr. Wald- und Weinviertel,<br />

in ganz Niederbayern und in Oberbayern<br />

zwischen München und Erding und zwischen<br />

Schongau und PfafTenhofen a. d. Hm sowie vorherrschend<br />

im niederbayr. Rottal und im oberbayr.<br />

Inntal zwischen Kiefersfelden und Kirchdorf und<br />

wieder vereinzelt in der Oberpfalz zwischen Amberg<br />

und Regensburg. Bgv n d statt erwartetem und vorherrschendem<br />

böi n d erklärt sich aus einem alten<br />

Wechsel von gv und gi im sing, und plur., der<br />

eigentlich nur dem mhd. ei, z. B. in sing, ggvs<br />

gegen plur. ggiß, zusteht; er ist nach § 20 h 3 heute<br />

im Nordbair. lebendig erhalten und war auch im<br />

Mitteibair, einstmals vorhanden. Er hat zum lautgesetzlichen<br />

plur. bgi n d, frgi n d den analogen sing.<br />

bgo n d, frgo n d entstehen lassen. — 3. Im oberösterr.<br />

eo-Gebiet mit neo, geoßßn usw. hört man im Süden<br />

beau n d, freau n d, im Norden 6f» n d, fr$v n d. Beau n d<br />

finden wir aber über das eo-Gebiet hinaus im<br />

ganzen Salzkammergut, b$o n d, fr%n n d noch weiter<br />

hinaus im oberen Innviertel mit dem nördl. Flachgau<br />

sowie im Salzachgau (ohne Berchtesgadner<br />

Land); es stellt damit die vermutete feste Verbindung<br />

zwischen dem binnenoberösterr. eo-Gebiet<br />

mit dem salzburgischen ««-Gebiet endgültig her<br />

(s. § 16 b 5). Auch nach Osten greift über einstiges<br />

eo-Gebiot b%v n d ins Steyrlingtal und bis Grünburg<br />

an der Steyr (Oberösterr.) aus.<br />

f. Vor folgendem -l- verfügen wir nur über<br />

zwei zuständige Wörter, Bleuel (Holzklotz zum<br />

Wäschebleuen) und Kneuel; sie stehen aber<br />

erstens in ständigem Wechsel mit Bleu und<br />

Kneu(en), zweitens haben sich bei Kneuel die<br />

Umlautformen Kneuel und die Neubildung Knaul<br />

zu diesem Kneuel störend eingemengt (dazu s. im<br />

Wörterbuch unter Bleu, Bleuel und unter Kneuel).<br />

Immerhin läßt sich sagen, daß die mhd. Lautfolge<br />

-iu(we)l- im größten Teil <strong>des</strong> Mitteibair, sowie im<br />

Burgenland und in der Steiermark gleich wie mhd.<br />

-ol- behandelt wird, im Nordbair. als -äl- mit<br />

mhd. -il- zusammenfällt und im Rest <strong>des</strong> Südbair.<br />

als normal behandeltes mhd. iu aufscheint.<br />

g. 1. Vor folgendem -r- haben wir die Wörter<br />

Feuer, teuer, heuer. Besondere Lautungen hören<br />

wir (alt) im unteren Mühl-, im Waldviertel sowie<br />

im Ybbs- und Erlaftal in jöv, JÜD USW. ; die gleichen<br />

Lautungen treffen wir (ganz alt) von Neckenmarkt<br />

südwärts im Burgenland an. — 2. Im Westen<br />

der Sieben Gemeinden stoßen wir wie bei ir und<br />

ür statt auf sonstigen Zwielaut (vdör, tdör) auf<br />

Monophthonge in wdr, t5r neben woor, ttvr.—<br />

3. Als Erinnerungsformen begegnen uns im Salzkammergut<br />

mit dem östlichsten Flachgau fewv,<br />

dewo; vgl. dazu § 16 b 5.<br />

6 ) In Kärnten und im Pustertal gilt painte aus<br />

mhd. biünte, spätahd. biüinti.<br />

7 ) In Freund ist auf weiten Strecken das verkehrssprachliche<br />

jrai(n)d durchgedrungen.


h. Vor folgenden Lippenlauten können oi und<br />

ui im Ostmittelbairischen zu oü und uü gerundet<br />

werden, so im Ybbs- und Erlaftal döüf (tief),<br />

sdöüfmüvdo (Stiefmutter). In Teilen von Südmähren<br />

und um Brunn und Wischau hört man<br />

sogar (Wischau) tülf, stülfmüitv, dulp (Dieb);<br />

ähnliches kommt uns in der Grafschaft Pitten,<br />

im Burgenland mit der Oststeiermark links sowie<br />

in der Weststeiermark rechts der Mur und in<br />

einigen Bergorten <strong>des</strong> obersteir. Murgebietes<br />

(stolfmuntv) unter.<br />

i. 1. In manchen Wörtern wird mhd. iu im<br />

Mitteibair behandelt, als läge mhd. e oder ö vor.<br />

So im mittleren und östlichen Südmähren, im<br />

nördlichsten Waldviertel und in Südböhmen<br />

sdeifmüidv, -müvdv, Mef-; <strong>des</strong>gleichen in der oberösterr.<br />

Kernlandschaft mit dem Mühl- und dem<br />

unteren Innviertel, weiters in den niederbayr.<br />

Gegenden um Rottalmünster, Passau und Vilshofen<br />

bis knapp vor Grafenau im Bayrischen Wald.<br />

Mancherorts hört man in diesen Gegenden e auch<br />

in Neham (Neu-, Nöham) als Orts- und in Nebn,<br />

Nebao(r) (Neubauer) als Hofnamen und in ähnlichen<br />

Lautungen. — 2. Ganz alt heißt es in diesen<br />

Gegenden auch deffm, deffv (Tiefe) und deffn (noch<br />

tiefer) zu deof, döif, düif (tief). — 3. Anders<br />

geartet ist deiffv, dölffo (Tiefe) u. ä. im größten<br />

Teil von Niederbayern und in der südlichsten<br />

Oberpfalz, dölffo im südl. Burgenland und däülffv<br />

um Brunn. Diese Lautungen entspringen aus der<br />

Vorstellung, als wären döif, düif, düüf, dülf (tief)<br />

eigentlich ein altes *tolf; dieses müßte im Umlaut<br />

dieselbe Lautung haben wie z. B. Höhle zu hohl,<br />

Hölzer zu Holz usf.<br />

j. 1. Vom Althochdeutschen her bestehen häufige<br />

Wechselformen zwischen mhd. ie (ahd. io) neben<br />

mhd. iu; etwa bei den starken Zeitwörtern der<br />

2. Klasse im inf. giezzen und im plur. wir giezze?i,<br />

ir giezt, sie giezzent neben sg. ich giuz(ze), du<br />

giuz(ze)st, er giuzt und im imp. giuz! 8 ), wobei<br />

die ahd. Unterscheidung zwischen io vor -h- und<br />

Zahnlauten (giozzan,zionan) u. iuvor Gaumen-und<br />

Lippenlauten (skiuban „schieben", riuchan „riechen")<br />

im Mhd. durch Formenzwang bereits ausgeglichen<br />

war. Ein ähnlicher Wechsel hätte innerhalb<br />

<strong>des</strong> Paradigmas eigentlich bei den Eigenschaftswörtern<br />

zu bestehen, etwa bei der tieffe<br />

(ahd. tniffo, masc. nom. sing.) gegen liuffen (ahd.<br />

tiuffun, dat. plur. fern.) und dem tiüffen (ahd.<br />

tiüffin, dat. sing. masc). 9 ) Das Schwanken kann<br />

auf die Dauer nicht bestehen bleiben und muß<br />

gegenseitig ausgeglichen werden. — 2. Bei den<br />

Zeitwörtern zeigt uns die Karte 13, daß tatsächlich<br />

im größeren Teil <strong>des</strong> Bairischen einschließlich<br />

der Sprachinseln zwischen gießen, wir, sie gießen,<br />

eß gießt mit ie und ich geuß, du geußt, er geußt und<br />

geuß! mit eu, iu ausgeglichen worden ist. Das<br />

Mittelbairische hat sich im groben gesehen für das<br />

alte iu <strong>des</strong> sing, (mundartl. oi, ui, iu, io, eo, öu)<br />

auch im plur. und im inf. entschlossen, also für<br />

geußen nach ich geuß usw., das Süd- und Nordbairische<br />

aber für ie, also für ich gieß usw. nach<br />

gießen. Genauer besehen, reicht die Verallgemeinerung<br />

<strong>des</strong> iu nach Karte 13 im Norden bis zur geraden<br />

Verbindungslinie von Taus (Böhmen) bis Ingolstadt<br />

(Oborbayern) und nach Süden zur zweiten Geraden<br />

von Ingolstadt bis Straßwalchen (Salzburg) und<br />

8 ) Zur Umlautunterdrückung in ahd. giuzzis (du<br />

gießt), giuzzit (er gießt) s. § 16 a 1.<br />

9 ) Lehrreich ist das Verhalten einiger Ortsnamen.<br />

Schriftsprachliches Tiefen-, Teufenbach erscheint<br />

ganz alt als Taifftnpox aus ahd. däno tiüffin pache,<br />

jünger als Tuiffmpox aus frühmhd. Tiuffenpach<br />

und neu als Tinffmpox für mhd. Tieffcnpach.<br />

§ 16 h—j 5<br />

weiter nach Abtenau, zum Dachstein, nach Türnitz<br />

(Niederöst.) und entlang der steir.-burgenländ.<br />

Grenze nach Süden bis zur Sprachgrenze. Doch<br />

haben Wien mit Umgebung und andere Städte nach<br />

der Verkehrs- und Schriftsprache allgemeines ie<br />

(givßßn statt goißßn). Im übrigen Gebiet weiter<br />

südlich und weiter nördlich gilt gießen statt geußen.<br />

In Osttirol mit dem Ostpustertal treffen wir<br />

jedoch mitten im Südbairischen noch einmal auf<br />

eine kleine ew-Inssl (goißßn statt südbair. givßßn).<br />

Die süd- und nordbair. Sprachinseln haben gießen<br />

verallgemeinert, z. B. in den Sieben Gemeinden<br />

ix gißße, du glßßeßt, ar glßßet, war glßßen, ar glßßet,<br />

zngißßent; glßßen. Es wäre verfehlt, die südbair.<br />

Außenmundarten <strong>des</strong>wegen wiederum verkehrssprachlicher<br />

Verfärbungen zu zeihen; vielmehr ist<br />

dort der Ausgleich in derselben Weise wie in den<br />

bäuerlichen südbair. Heimatmundarten erfolgt. —<br />

3. Immerhin existieren altertümliche Landschaften<br />

mit lebendigem Nebeneinander von ich geuß usw.<br />

gegen gießen usw.; z. B. in Garmisch * güis, duguißt,<br />

vr guißt; güis! gegen mivr giaßßn, es givßtß,<br />

si givßßnt; givßßn. Dieser alte Zustand, <strong>des</strong>sen<br />

Verbreitung unsere Karte durch die dünne Borstenlinie<br />

und die dicke Linie umreißt, erstreckt sich,<br />

sofern wir von mitteldeutschen und ostfränkischen<br />

Inseln absehen, über den größten Teil <strong>des</strong> Schwäbischen<br />

mit dem Südwesten und dem äußersten<br />

Süden von Oberbayern, über Tirol und Salzburg,<br />

übers kärntn. Obermöll-und Katschtal, übers nordwestliche<br />

obersteir. Murgebiet und übers steir.<br />

Ennsgebiet, weiters über die Bergorte <strong>des</strong> Lavanttales<br />

und der nördlichen Weststeiermark. —<br />

4. Zu einer sonderbaren Überbildung kam es im<br />

Westpustertal: Nach gr tsoixt (er zieht) neben<br />

tsiddn (ziehen) sagt man dos giroixt nie (das reut<br />

mich) neben analogem girlddn statt *giroidn<br />

(reuen). — 5. Bei den Eigenschafts- und Hauptwörtern<br />

ist eu am weitesten verbreitet in teuf<br />

(tief). Die Verbreitung zeigt die Karte 14 durch<br />

senkrechte Schraffur. Teilo von Westtirol, das<br />

Land Salzburg mit angrenzenden Nachbarstreifen<br />

(ohne Flachgau) und das Mitteibair, ohne Oberbayern,<br />

aber mit dem Burgenland bilden drei große<br />

Restschollen mit kleineren vorgelagerten Inseln im<br />

nördl. Salzachgau und in der Weststeiermark; wie<br />

bei den Zeitwörtern haben die mittelbair. Außenorte<br />

eu, die süd- und nordbair. Außenorte ie. Bei<br />

Steuf- wird im Westen der eu- Bereich größer, im<br />

Osten kleiner als bei teuf. Steuf(mutter) füllt nach<br />

Karte 14 die beharrsamen Landschaften Tirols und<br />

größere Teile <strong>des</strong> Salzburgischen aus, <strong>des</strong>gleichen<br />

die oberösterreichische Kernlandschaft mit starken<br />

Ausweitungen nach Niederbayern und Südböhmen,<br />

ferner Südmähren mit dem Weinviertel, das Burgenland<br />

mit der Grafschaft Pitten und die Weststeiermark<br />

; auch hier gibt es, wie die Karte erkennen<br />

läßt, einige vorgelagerte Inseln. Im Pflanzennamen<br />

Stiefmütterlein sind die


§ 16 j 5—§ 17 a 7<br />

noch lebte, ist von lieb endgültig verdrängt worden.<br />

— 6. Aus diesem ständigen Wechsel von<br />

Lautungen für mhd. iu und für mhd. ie ergaben<br />

sich im kärntn.-tirol. Grenzgebiet gelegentlich<br />

falsche ie- und üf-Formen. Das oben erwähnte<br />

Wort Lie spricht man in Teilen <strong>des</strong> Mittermölltales<br />

und <strong>des</strong> Lienzer Beckens irrigerweise als<br />

iQidn, loira aus, als läge Leite statt Lie zugrunde;<br />

in größeren Teilen <strong>des</strong> Mölltales sagt man umgekehrt<br />

statt allgemeinerem kstoidndn (das Stocken<br />

flüssigen Fettes) aus mhd. *stiuden(en) nunmehr<br />

„ganz verfehlt" kstiddndn. Ähnliches gibt es in der<br />

Oststeiermark, z. B. bei der streuweise auftretenden<br />

„falschen" Bildung Idx (euch) statt üix, die<br />

in den Ersatz von güisn, düif, stüif- durch gldsn,<br />

dldf, sdidf- hineingezogen worden ist.<br />

k. Durch „falsche" Rückbildungen wurde<br />

mundartliches ui aus mhd. iu manchesmal mit ui<br />

aus mhd. uo verwechselt und geriet in <strong>des</strong>sen<br />

Ersatz durch jüngeres ud, üd hinein (s. § 18 a 3).<br />

Weil in der Oststeiermark älteres güit, müitv (gut,<br />

Mutter) durch neues güdt, müdtn verdrängt wird,<br />

ersetzt man darüber hinaus im Süden dieser<br />

Landschaft gelegentlich das oben erwähnte üix<br />

(euch) oder Uüifmüitn (Stiefmutter) durch üdx,<br />

stüdfmüdtv (vgl. auch Einltg. 51).<br />

§ 17. Mhd. ie (vgl. Karte 15)<br />

Übersicht: a. Nordbair. ei, ou aus mhd. ie, uo;<br />

mittel-, südbair. i&, ud; i, ü. — b. Einzelne Lautkombinationen.<br />

— c. Mhd. ien, uon. — d. Mhd.<br />

iel, uol. — e. Mhd. ier, uor.<br />

a. 1. Mit mhd. ie stehen wir vor der letzten<br />

wohlgefügten Dreierreihe parallel entwickelter Vokale,<br />

vor mhd. ie, uo und iie. Auch hier dient die<br />

dazu gehörige Karte 15 für mhd. uo zugleich dem<br />

mhd. ie und iie. Gewisse Störungen der parallelen<br />

vEntwicklung betreffen nur das hintergaumige uo;<br />

es hat sich streckenweise infolge zeitweiliger Mittelgaumigkeit<br />

(s. § 5 c) über üd eigenwillig zu ui<br />

verändert (s. § 18 a 2). — 2. Dem Fachschrifttum<br />

am bekanntesten ist die Umbildung <strong>des</strong> Nordbairischen<br />

zu den sogenannten „gestürzten" Zwielauten<br />

ei und ou *), indem es im Nordbair. für<br />

mhd. stiege (Stiege), lieht (Licht), knie (Knie),<br />

für mhd. bluot (Blut), kuo (Kuh) und für mhd.<br />

müede (müde), hüeten (hüten) mundartl. Sdeix,<br />

leixd, gnei; bloud, ghou; meid, hei(d)n lautet. Zu<br />

Ende <strong>des</strong> 12. Jhs., als die nordbair. Außengründung<br />

Iglau angelegt worden war, waren diese „steigenden"<br />

Zwielaute, wie wir richtiger sagen wollen,<br />

offenbar noch nicht vorhanden oder gerade im<br />

Entstehen begriffen. Neu entlehnte Iglauer Ortsnamen<br />

haben für tschech. ie und uo (u), die um<br />

1200 nachweisbar als richtige Diphthonge ausgesprochen<br />

wurden, den Wandel zu Iglauer ei<br />

und ou in steix, leixt, khnei; plout, khou; meid, heitn<br />

noch miterlebt 2 ). Diese ei und ou stehen in engem<br />

*) „Gestürzt" nannte man sie von mhd. ie, uo<br />

aus gesehen <strong>des</strong> Schriftbil<strong>des</strong> wegen, weil sie<br />

graphisch aussehen wie umgestürzt: ei, ou. —<br />

ou klingt vereinzelt leicht mittelgaumig.<br />

2 ) Verfehlt ist es, ahd. Majuskel-Schreibungen,<br />

o .<br />

wie Oudalrich usw. statt Udalrich, als Beweis für<br />

die Existenz <strong>des</strong> modernen ow-Lautes schon in<br />

der ahd. Sprachperiode auszulegen. Erstens kam<br />

Ou- nur als Majuskel, als solche aber auch außerhalb<br />

<strong>des</strong> Nord- im Gesamtbairischen und sogar<br />

im ganzen Oberdeutschen vor, in Landschaften,<br />

wo von diesem ou keine Spur vorhanden ist. ou<br />

fehlt aber in Klein-Schreibungen. Das Normalzeichen<br />

M als Großbuchstabe mußte wegen Platzmangels<br />

bald „richtig" als Uo-, bald jedoch<br />

56<br />

Zusammenhang mit den übrigen steigenden Zwielauten<br />

<strong>des</strong> Nordbair. aus mhd. Vokallänge, mit QU<br />

aus mhd. ä (s. Karte 1 und § 1 e) und aus mhd. 6<br />

(s. Karte 10 und § 11 a 2) und mit ei aus mhd. e<br />

(s. Karte 9 und § 10 a 2). Genaueres s. auch Vorw. 17<br />

und Einltg. 32. Daher fallen die Grenzen für diese<br />

steigenden Zwielaute im Norden gegen das Mitteldeutsche<br />

und Ostfränkische in eine einheitliche<br />

Linie zusammen. Nur nach Süden, gegen das<br />

Mittelbairische zu, löst sich der Linienstrang auf.<br />

Am weitesten nach Süden reichen, wie ein Vergleich<br />

von Karte 15 mit Karte 9 und 1 schön<br />

veranschaulicht, unsere ei und ou aus mhd. ie<br />

und uo, weniger weit §i aus mhd. e, am wenigsten<br />

weit qu aus mhd. ä 3 ). — 3. In einigen verkehrsgebundenen<br />

Ausdrücken, wie lieb, Mutter, Bruder,<br />

gut, ragen die mittelbair. in- und «»-Lautungen<br />

von Süden aus mehr oder weniger tief ins nordbair.<br />

ei- und ou-Gebiet hinein, wie denn auch sonst<br />

jüngere Leute mit der Stadt- und Verkehrsmundart<br />

die mittelbair. iv und uv bevorzugen. Bei<br />

einigen Wörtern, etwa bei Mutter, sind ebenso<br />

im Norden ostfränk. -ü-Lautungen eingesickert. —<br />

4. Im Mitteldeutschen und Ostfränkischen gelten<br />

ja die Monophthonge i und ü: Mix, blüd usw.<br />

Auch sie sind ugf. um 1200 entstanden. — 5. Sonst<br />

herrschen im allgemeinen im Oberdeutschen die<br />

fallenden alten Zwielaute id, ud, id(üd). Sie sind<br />

auch im Ostfränkischen in <strong>des</strong>sen Westhälfte ungestört<br />

erhalten geblieben; dies muß ausdrücklich<br />

bemerkt werden, um den weitverbreiteten<br />

Irrtum, es gäbe im Ostfränk. nur i und ü, zu beseitigen<br />

(dazu s. auch die Karte). — 6. Man spricht<br />

im Mittelbair. und im Osten <strong>des</strong> Südbair. vorwiegend<br />

iv, UD, im Westen <strong>des</strong> Südbair. id, ud<br />

(MID'T}, blüvd bzw. htlvgn,, plüdt). In der Mittelsteiermark<br />

mit Unterkärnten und dem Burgenland<br />

macht sich die Neigung zu Triphthongen<br />

(&{4»'?j usw.) bemerkbar. In weiten Landstrichen<br />

<strong>des</strong> Mittel- und Südbair. kommt daneben \v, i{v<br />

dort, wo auch mundartl. \, n statt mhd. i, u auftritt<br />

(s. § 7 a), vor; <strong>des</strong>gleichen wird dort, wo einfaches<br />

i leicht gerundet ist (s. § 7 c 1), das iv natürlich in<br />

gleicher Weise mit Rundung artikuliert. — 7. Sekundär<br />

werden diese fallenden Zwielaute in welscher<br />

Nachbarschaft oder auf dem Boden lang anhaltender<br />

Romanität gelegentlich zu i, ü (ü) monoph-<br />

,.falsch" als Ou- in den Zeilenraum hineinverlegt<br />

werden. Zweitens wäre eine Lautung ahd. ou nach<br />

den allgemeinen Erfahrungen gewiß ebenso wie<br />

mhd. ou aus german. au (s. § 21 a) zu mundartl.nordbair.<br />

ä weiterentwickelt worden und dürfte<br />

nicht mehr als ow-Laut erhalten bleiben. Mithin<br />

ist der Versuch, die nordbair. Ou-Schreibungen als<br />

Zeugnis höchsten Alters der „gestürzten" Diphthonge<br />

hinzustellen, in jeder Hinsicht als gescheitert<br />

abzulehnen. Er ist in den Bereich rein<br />

graphischer Papier- und Buchstabenangelegenheiten<br />

zu verweisen (s. dazu auch Vorwort 10 und<br />

Einltg. 32).<br />

3 ) Daher ist es ein Mißgriff, den inneren Zusammenhang<br />

zwischen diesen steigenden Zwielauten<br />

<strong>des</strong> Nordbairischen lauthistorisch zerreißen<br />

zu wollen und etwa gar, wie es geschehen<br />

ist, das Nordbair. als Mischmundart hinzustellen,<br />

nur weil ei und ou aus mhd. ie und uo in rheinischen<br />

Mundarten um Düsseldorf, QU aus mhd. 6 im<br />

Mittelbair. und §i aus mhd. c im Schwäbischen<br />

Lautparallelen aufweisen. Vielmehr entspringen<br />

alle diese steigenden Zwielaute <strong>des</strong> Nordbair.<br />

wie gesagt der einheitlichen Neigung, gewisse<br />

mhd. Längen und Zwielaute mit Steigdruck<br />

zu steigenden Diphthongen zu machen. Dazu 8.<br />

gleichfalls Vorw. 10 und Einltg. 32.


*) Im absoluten Auslaut bleibt der Zwielaut: in<br />

Defreggen kxnln, kxüo, in den Sieben Gemeinden<br />

kxnlv, kxüD. In den Sieben Gemeinden bleibt<br />

der Zwielaut außerdem vor r: vivr (vier), znuor<br />

(Schnur).<br />

5 ) Zur genauen Entwicklung von mhd. en, 6n<br />

und ein s. die oben genannten Zitate, zu -ein- s.<br />

§ 20 j.<br />

•) Erhalten blieb dieses ä in den Wioner Abwandlungsformen<br />

mio dän, si dän (wir, sie tun)<br />

§ 17 a 7—18 a 2<br />

thongiert, ähnlich, wie in diesen Gegenden auch<br />

südbair. ejo aus mhd. e (s. § 10 b 3), südbair. 5a, QTO<br />

aus mhd. 6 (s. § 11 b 3) und QT> aus mhd. ei (s.<br />

§ 20 c 2) zu f, 5, g vereinfacht worden sind. Aussprachen<br />

wie stige, Uxt; plüt; mlde, hitn finden<br />

wir einerseits im inneren Defreggen (nordwestl.<br />

v. Lienz), andererseits in den Sieben Gemeinden<br />

(ohne Foza): stiga, Uxt', plüt; müde, hüten*).<br />

Nach Ausweis der „zimbrischen Schriftsprache",<br />

die noch im 17. Jh. die Zwielautaussprache in den<br />

Schreibungen stiega, guot (guet) usw. graphisch<br />

andeutet (vgl. auch § 10 b 3), sind min<strong>des</strong>tens die<br />

zimbrischen Monophthonge erst in der späteren<br />

Neuzeit an Stelle der Zwielaute getreten. Mitteldeutsche<br />

Einflüsse darf man hier nicht mehr in<br />

Erwägung ziehen. — 8. In fliegen, tief, Stief-,<br />

Dieb (s. § 16 j und Karte 14) gehen die ie, soweit<br />

nicht mhd. iu auftritt, natürlicherweise auch<br />

unsere Wege. — 9. Desgleichen im Mittel- und<br />

Südbair. in allen Fällen, bei denen mhd. i, u, ü<br />

sekundär vor Nasenlauten, vor h und r zu spätmhd.<br />

ie, uo, üe verwandelt worden sind (s. § 7 e—g).<br />

Im Nordbair. wurde davon nur feix (Vieh) über<br />

viehe aus mhd. vihe betroffen.<br />

b. 1. Über die sonderbaren Monophthongierungen<br />

zu l und ü vor folgendem -ch- in Zieche (Polsterüberzug),<br />

Krieche (eine Zwetschkensorte), Buche<br />

im Ostmittelbair. erfahren wir Näheres bei<br />

mhd. ch unter § 34 i 7. — 2. Verkürzt wird mhd.<br />

muoz (ich, er muß) zu muß teilw. im Pustertal<br />

und mhd. müezzen (müssen) in einem viel größeren<br />

Bereich zu mißßn, meßßen, mevßßn (dazu s. im<br />

Wörterbuch unter müßen).<br />

c. 1. Vor Nasenlauten gilt im Nordbairischen<br />

z. T. die normale Entwicklung, also ghei n (Kien),<br />

deinv (dienen); dou n (tun); grei n (grün). Doch wird<br />

dafür in einigen Landstrichen §i, QU eingesetzt;<br />

in anderen ist älteres ei n , QU 11 aus mhd. en, 6n,<br />

etwa in g$i n (gehen), lgu n (Lohn) zu ei, ou geworden<br />

(s. § 10 d 3 und 11 d 1). Vor folgendem<br />

-m- tritt dabei im größeren Teil <strong>des</strong> Nordbair. e,<br />

ö pin: remv (Riemen), möm (Muhme, Tante). —<br />

2. Im Mittel- und Südbair. steht dafür teilweise<br />

g», QV in gh$v n , dpo", gr$v n ; sie sind um 1300 in<br />

großen Gebieten mit mhd. -ein, etwa in MQp n , und<br />

bald nach 1200 im Südbair. meistens mit mhd.<br />

en, 6n in grfo", IQV U usw. zusammengefallen. Dafür<br />

herrschen ta und wa (khid n , tud n usw.) im südl.<br />

Lechrain, in Tirol (ohne Innsbrucker Becken und<br />

ohne Tiroler Unterinngebiet), in Oberkärnten mit<br />

dem Lurnfeld und im südlichen Kämten um die<br />

Städte Villach, Klagenfurt und Völkermarkt;<br />

auch in Teilen der Mittelsteiermark und <strong>des</strong> ganzen<br />

Burgenlan<strong>des</strong> sowie ganz alt im Lavanttal treffen<br />

wir auf diese iv n , uv n , <strong>des</strong>gleichen um Wischau<br />

und teilw. um Brunn sowie im nordöstlichsten<br />

und im nordwestlichsten Südmähren 5 ). — 3. In<br />

denjenigen mittel- und südbair. Mundarten, in<br />

welchen mundartl. ov aus mhd. ei nachträglich<br />

durch ä ersetzt wurde, begegnen uns die „falschen"<br />

Überbildungen dä n (tun), mäm (Muhme),<br />

grämvd (Grummet) im Altwienerischen (heute<br />

nicht mehr) 8 d. 1. Vor folgendem l tritt im Nordbair. statt<br />

ie, üe die Lautung öl ein, ebenso meistens auch<br />

für uo: ghöl (kühl), wöln (wühlen); Sdöl (Stuhl),<br />

Söl (Schule); doch haben für -uol- drei nordbair.<br />

Inseln noch -ol- oder ganz alt -oul- (Sdol, sdoul),<br />

nämlich das östliche Egerland um Duppau, Luditz,<br />

Cihana; das Ascher Ländchen und die Gegend um<br />

Pegnitz, Nürnberg und Thalmässing. In der<br />

Sprachinsel Iglau heißt es khöül, htoul. — 2. Im<br />

Mitteibair, sind die üblichen Lautungen ghü und<br />

üdüi; doch sind Restformen wie ghiv, ghive weit<br />

verbreitet, insbes. himeghirfn (wetterleuchten,<br />

genau genommen „himmelkühlen"), weil es als<br />

„Himmelkehren" mißverstanden wurde. Auch<br />

ghiv, wiv'n sind noch, z. B. in Oberösterreich,<br />

Nieder- und Oberbayern, bei den Alten teilweise<br />

verbreitet. — 3. In nicht so großen Gebieten ist<br />

der Zwielaut in -uol- bewahrt; erhalten ist er im<br />

tirol. Unterinngebiet mit dem Pinz- und Pongau<br />

(sduvi), im südlichen Flach- und Salzachgau, im<br />

sogenannten Staudengebiet (um Aichach in Oberbayern;<br />

Müv), um Tölz (sdüvi) und im westl.<br />

Südböhmen mit Aigen und Ulrichsberg in Oberösterreich<br />

(sduol) sowie schließlich in der Sprachinsel<br />

Wischau (stuvl). — 4. Sdul u. dgl. hört man<br />

um Brunn, in Südmähren, im östl. Südböhmen<br />

und im Böhmerwald als ältere Vorform <strong>des</strong> erwähnten<br />

Sdui; ebenso gilt Stul im Burgenland, in<br />

der Steiermark und in Unterkärnten. — 5. Sonderbar<br />

ist die Neigung zu -oi, -ol. Aussprachen wie<br />

idöi, Söi treffen wir im untersten Innviertel, im<br />

westl. Sundergau bis zum Dorf Schwaben östl.<br />

München, (ganz alt) im Salzkammergut, im Steyr-<br />

Gebiet und im Ybbs- und Erlaftal, schließlich<br />

(stöl) im Obergurk-, Gegend- und Liesertal. Und<br />

weil im Maltatal (Kämten) und im obersten<br />

Loisachtal (Oberbayern) Holz zu holte verändert<br />

worden ist, entspricht analog für dieses stol auch<br />

&töl. — 6. In größeren Gebieten ist -ol-, -oi- erhalten<br />

im schriftsprachefernen Wort Multer (Back-,<br />

Holzmulde) aus mhd. muolhterc über das Sdol-<br />

Gebiet hinaus im Waldviertel und im Viertel ober<br />

dem Wienerwald mit angrenzenden Teilen der<br />

Steiermark, im südlichen Traunviertel, in großen<br />

Teilen <strong>des</strong> Innviertels und in Mittelkärnten mit<br />

dem obersten steir. Murgebiet; in Wulscher (Maulwurf)<br />

aus mhd. wuolscher, einem kärntn.-südtirol.<br />

Dialektausdruck, in Mittelkärnten (woUkr).<br />

e. Vor folgendem -r- stoßen wir überall auf die<br />

normale Entwicklung; etwa für vier, Schnur,<br />

führen steht nordbair. feiv, Snouv, feitfn, mittelbair.<br />

fiv, Snüv, firfn, südbair. /far, Snüor, fidrn.<br />

§ 18. Mhd. uo (s. Karte 15)<br />

a. 1. Im § 5c wurde ausführlich auf die ehemalige<br />

Mittelgaumigkeit auch <strong>des</strong> mhd. uo im Bairischen<br />

<strong>des</strong> 13. Jhs. als üa hingewiesen. Heuto treffen wir<br />

nach Karte 15 diese alten wa-Lautungen ugf. in<br />

den gleichen Gebieten an, in denen ü für mhd. u<br />

(8. § 8 a 1) und aü für mhd. ü (Karto 11 und<br />

§ 14 a 1) üblich sind: in der südl. Mittelstciermark,<br />

) und ähnlich im südlichen Körnten in Oberkärnten, in den Tiroler Hochtälern, im<br />

(zu ä aus mhd. ei s. § 20 g 7).<br />

Ultental b. Meran, in Stanzach am tirol. Loch<br />

und im Allgäu, in Zahro und um Gottschee in<br />

plüdl usw., femer im Ahmtal (nördl. v. Bruneck)<br />

in plüit. — 2. In einem großen mittelbair. Gebiet<br />

einschließlich der Steiermark und <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong><br />

gegen den inf. duv'n. — Die plur.-Formen zeigen<br />

im übrigen im Westen Umlaut zu mhd. üe, in der<br />

Tiroler Kernlandschaft auch der inf. (tun); vielerorts<br />

weisen dio plur.-Formen gänzlich unregolmäßigo<br />

Kürzungen auf (darüber s. im Wörterbuch<br />

unter tun).<br />

57


§ 18 a 2—20 b<br />

wurde nach Ausweis der Urkundensprache um<br />

1300 dieses üo zu ui überspitzt. Urkundliche ui-<br />

Belege reichen min<strong>des</strong>tens bis ins westl. Oberösterreich,<br />

andere Anzeichen einstiger ui für mhd.<br />

uo gleich weit. In<strong>des</strong>sen ist seither dieses ui von<br />

der Donaustraße aus weit nach Osten zurückgeschoben<br />

worden. Blüid, hüid (Hut), ghüi usw.<br />

gelten jetzt, wie uns Karte 15 lehrt, nur mehr in<br />

Südmähren mit Brunn (aber ohne Wischau), im<br />

nördl. Waldviertel, im Weinviertel mit dem Marchfeld<br />

nördlich der Donau, um Preßburg, Bösing<br />

und Modern im äußersten Osten sowie fast im<br />

ganzen Burgenland mit der sogenannten steirischen<br />

Heanzerei (um Hartberg) südlich der Donau;<br />

ferner, räumlich isoliert, im Pustertal mit der<br />

Sprachinsel Pladen 1 ). Wenn auch in Foza als der<br />

östlichsten der Sieben Gemeinden und in Folgaria<br />

pluit usw. auftritt, so ist dies sicher anders<br />

zu beurteilen; es beruht eher auf einer romanisierenden<br />

Wiedergabe <strong>des</strong> U9 als ui. — 3. ..Vereinzelte<br />

Restformen mit ui und falsche Überbildungen<br />

von ui zu uv reichen manchesmal weit<br />

nach Westen. In Kufe aus mhd. kuoffe (Schlittenkufe)<br />

entdecken wir wi-Reste als ghuiffv, ghoiffv,<br />

ghoüppfv u. ä. im Ybbs- und Erlaftal, vereinzelt<br />

bis an die Pielach, in Teilen der Grafschaft Pitten<br />

und im südlichen Waldviertel; in Gegenden, wo<br />

sonst nur uv auftritt. Im oberösterr. Hausruckviertel<br />

tritt für mhd. *neigetzen (nicken, neigen)<br />

statt älterem *nüi n getzen modernes nüvgetßn auf;<br />

zu oberösterr. ui n aus mhd. ein s. § 20 j 3.<br />

Eine Restform liegt im Ortsnamen Feuersbrunn<br />

mit einer Umbildung von üi aus mhd. uo zu üi,<br />

öi aus mhd. iu beim südlichen Waldviertel vor (s.<br />

Einltg. 51); Auch heute weichen unter unserer Kontrolle<br />

an den Rändern <strong>des</strong> jetzigen «i-Gebietes<br />

in Niederösterreich, im Burgenland und in der<br />

Steiermark diese ui von Jalirzehnt zu Jahrzehnt<br />

merklich zurück.<br />

§ 19. Mhd. üe (vgl. Karte 15)<br />

Da mhd. üe durch die Umlautentrundung (s.<br />

§ \3 a) mit mhd. ie zusammengefallen ist, genügt<br />

es hier im großen und ganzen, bezüglich der Lautentwicklung<br />

auf mhd. ie (§ 17) zu verweisen. Nur<br />

eine Kleinigkeit ist darüber hinaus zu bemerken.<br />

Im Zimbrischen ist hier wie sonst die alte Umlautrundung<br />

beibehalten: müde, hüten in den<br />

Sieben Gemeinden, müvdi, hüvtn in Luserna. In<br />

den Dreizehn Gemeinden und in Lavarone wurde<br />

dieses üv zu UD verändert, so wie mhd. ü zu u<br />

(s. § 9 a 2) und wie *aü aus mhd. xl zu au (s. § 15 2)<br />

verändert worden ist; daher in Lavarone müvdi,<br />

hüvtn und in den Dreizehn Gemeinden müdde,<br />

vüdtvn (hüten).<br />

§ 20. Mhd. ei (s. Karte 16)<br />

Übersicht: a. Allgemeines; Störung der Parallelität<br />

zu mhd. ou, öü. — b. Verbreitung von QV<br />

im Bair. und Schwab.; Vergleich mit französ.<br />

Lautveränderungen. — c. Sekundäre Weiterentwicklungen<br />

<strong>des</strong> QV. — d. Gleichklang mit -ar-. —<br />

e. Theorien über die Entstehung <strong>des</strong> QV. — f. QI-<br />

Inseln. — g. ä-Inseln und ihre Herkunft. — h. QV<br />

in Ein-, Q{ in Mehrsilbern. — i. Mhd. -ei/-. —<br />

j. Mhd. ein, eim. — k. Mhd. eil. — 1. Verkehrslehnwörter<br />

mit ä. — m. Die Kirchenwörter heilig,<br />

Geist, Fleisch, rein; klein. — n. Der analoge Um-<br />

x ) Doch bleibt im m-Gebiet in -uor- und -uochgewöhnlich<br />

uv erhalten; andererseits treffen wir<br />

in Teilen <strong>des</strong> Weinviertels, im Burgenland und in<br />

der steir. Heanzerei ui aus mhd. -ur- vor n, wo man<br />

es nicht erwarten würde, z. B. in wüi'n (Wurm),<br />

hüi'naoß(v) (Hornisse) aus mhd. wurm, hurnüz.<br />

58<br />

laut. — o. Mhd. ei, Kontraktionsergebnis aus ahd.<br />

-egi-.<br />

a. 1. Unsere letzte Parallelreihe wäre im Vokalismus<br />

theoretisch mhd. ei, ou, öu. Wir müssen<br />

bei ihr insbesondere bei mhd. ei ausführlicher<br />

werden, als dies sonst der Fall war, weil gerade<br />

über die Entstehung der mundartlichen Lautungen<br />

für mhd. ei mancherlei problematische Theorien<br />

ausgesprochen und verbreitet worden sind. Diese<br />

letzte Dreierreihe <strong>des</strong> Vokalismus ist gründlicher<br />

als die übrigen Parallelreihen durch ein willkürlich<br />

scheinen<strong>des</strong> Abspringen <strong>des</strong> vordergaumigen<br />

Glie<strong>des</strong> gestört worden, eben <strong>des</strong> mhd. ei.<br />

Mhd. ou und öü sind im Bairischen zu mundartl.<br />

ä geworden (s. § 21 a und § 22 a), mhd. ei hat<br />

sich dagegen zu bair. QV, Qi entwickelt, statt daß<br />

es gleichfalls seinen Weg zu ä gefunden hätte;<br />

daran ändert auch die Tatsache nichts, daß in<br />

großen Teilen, gewissermaßen als Entschädigung<br />

dafür, hintennach diejenigen mhd. ei, welche aus<br />

ahd. -egi- zusammengezogen oder, wie der Fachmann<br />

sagt, zu ei kontrahiert worden sind (s. § 20 o),<br />

doch noch zum erwarteten ä gemacht wurden<br />

und daß das alte mhd. ei selbst, wenn auch erst<br />

infolge phonologischer Ausweichungen vor anderen<br />

Reihen oder unter heterogenen Einflüssen, sich<br />

gleichfalls später in einzelnen Landstrichen doch<br />

der erwarteten ä -Aussprache zuwandte (darüber<br />

s. § 20 g). Festgehalten wurde die Parallelität in<br />

der allgemeinen Reihenentwicklung bis ugf. um<br />

1200; erst seither macht sich die Störung bemerkbar.<br />

Als um 800 nach Ausweis der Schreibungen<br />

ou für älteres au eintrat, wurde gleichzeitig auch<br />

ei aus ai gebildet, und als sich zu Beginn <strong>des</strong> 12. Jhs.<br />

Rückentwicklung von ou zu au bemerkbar machte,<br />

wurde parallel dazu ei wieder zu ai verwandelt<br />

(s. Einltg. 43). — 2. Als Kennwörter wählen wir<br />

aus: für die allgemeine Entwicklung der mhd.<br />

Einsilber breit, als Vertreter für heiz (heiß), ich<br />

weiz (ich weiß), geiz (Geiß), weich, reif (Reifen)<br />

usf., für die Entwicklung der mhd. Mehrsilber<br />

leitere (Leiter), als Vertreter für geizze (Geißen),<br />

ein breiter, seiveren und geiveren (geifern kleiner<br />

Kinder) usf., für die mhd. Lautfolge -eij- geheije<br />

(Höhenrauch), als Vertreter für meije (Mai), -lei<br />

in zweierlei usf., für die erwähnten -egi- Kontraktionen<br />

er tr'e'it (er trägt) als Vertreter für Veit<br />

(legt), eide (Egge), eidehse (Eidechse) usf. Die<br />

Verhältnisse sehen auch hier auf den ersten Blick<br />

unübersichtlich aus; sie werden im Lichte unserer<br />

vier dialekthistorischen Quellen, der Sprachinselmundarten,<br />

der Lehnwörter, der echtmundartlichen<br />

Schreibungen in den Urkunden und der<br />

mundartlichen Merkwürdigkeiten in der mhd.<br />

Dichtersprache als gemeinsames Auskunftsmittel,<br />

so klar, wie wir sie hier darstellen können.<br />

b. Charakteristisch ist für die bairischen Bauernmundarten<br />

der Wandel von mhd. ei zu QV. Der<br />

p»-Laut beherrscht nahezu das Gesamtbairische,<br />

solange wir uns auf die mhd. Einsilber beschränken;<br />

er kehrt überraschenderweise im Westschwäbischen<br />

(mit Teilen von Vorarlberg) wieder.<br />

Hier wie dort ging der Weg über älteres Qi. Der<br />

Versuch, die westschwäbische Veränderung für<br />

mhd. ei, ai über QI ZU QV mit der buchstabenähnlichen<br />

Verwandlung von altfranz. ei über oi<br />

zu gesprochenem neufranzös. oa (richtiger uä)<br />

gleichzusetzen, scheitert m. E. an mehreren Bedenken;<br />

an den andersgearteten französ. Akzentverhältnissen<br />

; daran, daß dem Französischen unser<br />

Zwischenglied ai fehlt; noch mehr daran, daß man<br />

scheinbar verwandte Lautwandlungen zweier ihrem<br />

lautlichen Innenbau nach so verschiedenen Sprachen,<br />

wie es einerseits das Französische, anderer -


seits unsere oberdeutschen Dialekte sind, lauthistorisch<br />

nicht miteinander vergleichen darf. Die<br />

gemeinsame Verbreitung von gv und gi zeigt unsere<br />

Karte auffallend mit ihrer dicken Linie.<br />

c. 1. Das bair. gv wird in wenigen Landstrichen<br />

sekundär umgeändert. Um Cham, Viechtach und<br />

Falkenstein im oberpfälz.-niederbayr. Grenzgebiet<br />

sagt man jetzt brüvd usw. statt brgvd, um Folgaria<br />

(im Trentino) priwt statt zimbr. prgvt. — 2. Am<br />

Nordrand <strong>des</strong> Nordbair., in einem schmalen<br />

Streifen von Asch (Böhmen) bis Neuhaus b. Sulzburg<br />

(Oberpfalz), gilt sekundäre Monophthongierung<br />

: bräd usw. Monophthongierung besteht ferner<br />

im Innerdefreggen (prgt) sowie neuerdings unter<br />

analoger Einwirkung einer ähnlichen Monophthongierung<br />

von gr> aus mhd. 6 zu g (an rgtdr „ein<br />

roter" und rgt „rot"; s. § 11 b 3) und als Folge<br />

romanisch bedingter Abneigung gegen fallende<br />

Zwielaute (s. § 17 a 7) im Großteil der Sieben<br />

Gemeinden in an prgtdr und sogar oft schon in prgt.<br />

d. 1. Im Mittel-, im westlichen Nord- sowie im<br />

östlichen Südbairischen, wo nachvokalisches -rzu<br />

-o- verändert und -ar- z. B. in sgvf (scharf)<br />

zu gv gewandelt worden ist, fällt dieses -gvmeistens<br />

mit unserem gv aus mhd. ei lautlich<br />

zusammen; und zwar z. B. in Oberösterreich nach<br />

Ausweis von urkundlichen Verwechslungen der<br />

Buchstabenfolgen -ar- mit -ai- schon gegen 1300.<br />

Doch wird (bei den Alten) einerseits in Niederösterreich,<br />

im Nordburgenland und teilweise in<br />

Südmähren, andererseits im Flach- und Salzachgau<br />

z. B. zwischen sgvf und swävf oder zwischen sövf<br />

und swgof noch streng unterschieden (s. Einltg. 41<br />

und § 1 h 2). — 2. Im Südbairischen wieder droht<br />

Gleichklang mit gv aus mhd. 6 (s. Einltg. 41u.47<br />

und § 20 g 5, § 11 b und Karte 10). Wir haben<br />

(§ 11 b 2) die mannigfachen Bemühungen um das<br />

Entrinnen aus diesem drohenden Gleichklang schon<br />

erfahren und kommen später nochmals darauf<br />

zurück. Die Karte 10 bezeichnet diejenigen Dialektlandschaften,<br />

in welchen es tatsächlich zum<br />

Zusammenfall von go aus mhd. ei mit gv aus mhd.<br />

6 gekommen ist, durch waagrechte Schraffen.<br />

e. 1. Die Entwicklungsreihe frühahd. ai zu ahd.<br />

ei, frühmhd. ai und seit 1200 zu mhd.-bair. gi<br />

läßt sich mit unseren dialekthistorischen Quellen<br />

von allen Seiten her erhärten; ebenso ist der Wandel<br />

zu gv urkundlich durch vereinzelte oa-Schreibungen<br />

schon seit 1220 gut nachweisbar; er gehört auch<br />

schon der mhd. Sprachperiode <strong>des</strong> Bairischen an,<br />

mag auch, um es gleich zu sagen, dieses gv nicht<br />

überall gleichzeitig erreicht worden und mögen<br />

manche bair. Mundarten erst etwas später zum<br />

modernen Lautstand gv gelangt sein. Nicht überzeugend<br />

wirkt hingegen die allgemein anerkannte<br />

Annahme, das gi aus älterem ai sei abhängig von<br />

der Verdumpfung von mhd. a, ä zu g entstanden.<br />

Dann müßten folgerichtig alle Mundarten mit den<br />

Lautungen gi und gn für mhd. ei gleichzeitig mhd.<br />

a oder zumin<strong>des</strong>ten mhd. « zum p-Laut verdumpft<br />

haben. Das ist nicht der Fall. Das Schwäbische mit<br />

seinem brgid und brgnd spricht trotzdem häsv<br />

(die Hasen) und gaßßv (die Gasse) mit unverdumpftem<br />

mhd. a-Laut, ja das Zimbrische als<br />

altertümlichste bair. Mundart läßt sogar mhd. d<br />

unverdumpft und sagt nicht nur hazen, sondern<br />

auch pläzen aus mhd. blasen usw. (s. § 1^ k). Außerdem<br />

wird ja auch heute im Niederösterr. an aus mhd.<br />

ei von gv aus mhd. -ar- und im westl. Böhmerwald<br />

gi aus mhd. ei (in Mehrsilbern) von -ol-, -oiaus<br />

mhd. -al- unterschieden. Vielmehr scheint<br />

das Abspringen von mhd. ei zu gi, gv aus der<br />

alten Parallelreihe in erster Linie phonologisch<br />

bedingt gewesen zu sein. Nach dem Parallelismus<br />

wäre ja wie gesagt mhd. ei genau so zu<br />

§ 20 b—f<br />

ä geworden, wie dies bei ä aus mhd. ou und öü<br />

der Fall war. Überdies verwandelte sich damals<br />

auch mhd. ä und nicht viel später mhd. ä zu<br />

diesem a-Laut (s. § 2 e/f); sogar mhd. i und ü<br />

wurden im 13. Jh. zumin<strong>des</strong>ten im Mittel- und<br />

Nordbairischen vorübergehend zu diesem ä-Laut<br />

umgebildet (s. § 13 e). Im Zimbrischen wieder,<br />

wo mhd. ou zu 5 und mhd. öü zu o gewandelt<br />

sind, hätte parallel dazu mhd. ei zu e, das nun mit<br />

zimbr. e aus mhd. e in Kollision geraten wäre,<br />

verwandelt werden müssen. Es wäre also entweder<br />

der Platz <strong>des</strong> a-Lautes überbesetzt oder (im Zimbrischen)<br />

der Platz <strong>des</strong> e-Lautes zu stark okkupiert<br />

worden. So beruht unser Abspringen <strong>des</strong> mhd. ei<br />

aus den Reihenschritten, so kompliziert es uns<br />

auch phonetisch und lautphysiologisch bleibt, am<br />

ehesten auf phonologischen Reihenausweichungen<br />

vor drohendem Gleichklang. — 2. Trotz den<br />

Schwierigkeiten ist die Abwicklung <strong>des</strong> Wandels<br />

von ai über gi zu gv im Bairischen überall als Art<br />

automatische Kettenreaktion abgelaufen. Sie war<br />

neigungsmäßig vorausbestimmt und muß eine<br />

zwangsläufige Selbstverständlichkeit gewesen sein.<br />

Das erkennt man am schönsten an dem Verhalten<br />

der älteren bair. Aiißenmundarten. Sie haben auf<br />

eigene Faust diese ganze Entwicklungsreihe genau<br />

so abgerollt wie die Binnenmundarton, sie haben<br />

sie oft genug auch in Neuentlehnungen, die nachweisbar<br />

erst im Außengebiet aus der umgebenden<br />

Fremdsprache übernommen worden sind, durchgeführt.<br />

Beispielsweise hat das Zimbrische aus dem<br />

Altvenezianischen den Rechtsbegriff plaido (Streit<br />

vor Gericht; aus vlat. placitum) nicht nur entlehnt,<br />

sondern auch sein ai über gi (plgide in der Gemeinde<br />

Foza der Sieben Gemeinden; vgl. § 20 f) richtig zu<br />

gv (plgvde) werden lassen. Es ist also in diesen<br />

Außengründungen, und zwar nach ähnlichen Beispielen<br />

außerhalb <strong>des</strong> Zimbrischen noch in anderen,<br />

der binnenbair. Wandel von ai über gi zu gv in der<br />

Kolonie wie in der Heimat automatisch vor sich<br />

gegangen (s. auch Einltg. 30 u. 41). — 3. Außerdem<br />

zeigt uns die Lehnwortforschung einwandfrei, daß<br />

innerhalb <strong>des</strong> Bair. die Lautung gi aus älterem ai<br />

erst ugf. seit 1200 denkbar ist. Während fremdsprachiges<br />

gi ugf. vor 1200 im Bair., z. B. im<br />

niederösterr. Ortsnamen Staatz, mhd. Stöiitz, aus<br />

alttschech. Stojec, noch als mhd. öü wiedergegeben<br />

werden mußte, kann seither frem<strong>des</strong> gi, z. B. in<br />

den Lehnwörtern Schleier (mundartlich slgvr) für<br />

mhd. sloi(e)r und Einze (Gabeldeichsel) aus alttschech.<br />

ojnica (mundartl.-bair. go n dsn, antßn) und<br />

im Ortsnamen Znaim aus tschech. Znojtno als<br />

(n-Lautung schon in die mhd. ei-Reihe eingefügt<br />

werden; das war möglich, eben weil im 13. Jh. mhd.<br />

ei bereits gi gelautet hatte 1 ).<br />

f. Ebenso weist das dialektgeographische Bild<br />

der Karte 16 mit ihren Borstenlinien einwandfrei<br />

auf dieses ältere gi für jetziges gv hin. Nicht weniger<br />

als sechs alte {«-Inseln legen rund um das moderne<br />

po-Gebiet als konservative Randschollen dieses<br />

oinstige gi etwa in prgit, brgid augenfällig nahe, und<br />

zwar in Ein- und nicht nur in alten Mehrsilbern<br />

(s. § 20 h). Wir treffen gi in prgit in der Sprachinsel<br />

Wischau, z. T. in der Nordhälfte der Sprachinsel<br />

Iglau, in der Sprachzungo Neubistritz-Neuhaus;<br />

im Binnenbairischen zwischen Eichstätt<br />

*) Es handelt sich bei Einze offenbar um eines<br />

jener Lehnwörter, welche zur Zeit der Hofhaltung<br />

<strong>des</strong> Böhmenkönigs Premysl Ottokar in Wien vorerst<br />

wienerisch und von Wien aus erst bairisch<br />

geworden sind. Damit hängt auch die Tatsache<br />

zusammen, daß bei Einze die Wiener Ausspracho<br />

ä für mhd. ei (s. § 20 g 1 und 20 1 1) im Bair. neben<br />

seltenerem ländlichem gv dominiert.<br />

59


seits unsere oberdeutschen Dialekte sind, lauthistorisch<br />

nicht miteinander vergleichen darf. Die<br />

gemeinsame Verbreitung von gn und gi zeigt unsere<br />

Karte auffallend mit ihrer dicken Linie.<br />

c. 1. Das bair. gv wird in wenigen Landstrichen<br />

sekundär umgeändert. Um Cham, Viechtach und<br />

Falkenstein im oberpfälz.-niederbayr. Grenzgebiet<br />

sagt man jetzt brüvd usw. statt brgvd, um Folgaria<br />

(im Trentino) pruvt statt zimbr. prgvt. — 2. Am<br />

Nordrand <strong>des</strong> Nordbair., in einem schmalen<br />

Streifen von Asch (Böhmen) bis Neuhaus b. Sulzburg<br />

(Oberpfalz), gilt sekundäre Monophthongierung<br />

: bräd usw. Monophthongierung besteht ferner<br />

im Innerdefreggen (pröt) sowie neuerdings unter<br />

analoger Einwirkung einer ähnlichen Monophthongierung<br />

von gn aus mhd. dzug (an rgtdr „ein<br />

roter" und rgt „rot"; s. § 11 b 3) und als Folge<br />

romanisch bedingter Abneigung gegen fallende<br />

Zwielaute (s. § 17 a 7) im Großteil der Sieben<br />

Gemeinden in an prgtdr und sogar oft schon in pröt.<br />

d. 1. Im Mittel-, im westlichen Nord- sowie im<br />

östlichen Südbairischen, wo nachvokalisches -rzu<br />

-»- verändert und -ar- z. B. in sgvf (scharf)<br />

zu gv gewandelt worden ist, fällt dieses -gvmeistens<br />

mit unserem gn aus mhd. ei lautlich<br />

zusammen; und zwar z. B. in Oberösterreich nach<br />

Ausweis von urkundlichen Verwechslungen der<br />

Buchstabenfolgen -ar- mit -ai- schon gegen 1300.<br />

Doch wird (bei den Alten) einerseits in Niederösterreich,<br />

im Nordburgenland und teilweise in<br />

Südmähren, andererseits im Flach- und Salzachgau<br />

z. B. zwischen sQvf und swävf oder zwischen sövf<br />

und swgnf noch streng unterschieden (s. Einltg. 41<br />

und § 1 h 2). — 2. Im Südbairischen wieder droht<br />

Gleichklang mit gv aus mhd. 6 (s. Einltg. 41u.47<br />

und § 20 g 5, § 11 b und Karte 10). Wir haben<br />

(§ 11 b 2) die mannigfachen Bemühungen um das<br />

Entrinnen aus diesem drohenden Gleichklang schon<br />

erfahren und kommen später nochmals darauf<br />

zurück. Die Karte 10 bezeichnet diejenigen Dialektlandschaften,<br />

in welchen es tatsächlich zum<br />

Zusammenfall von gv aus mhd. ei mit gv aus mhd.<br />

6 gekommen ist, durch waagrechte Schraffen.<br />

e. 1. Die Entwicklungsreihe frühahd. ai zu ahd.<br />

ei, frühmhd. ai und seit 1200 zu mhd.-bair. gi<br />

läßt sich mit unseren dialekthistorischen Quellen<br />

von allen Seiten her erhärten; ebenso ist der Wandel<br />

zu gv urkundlich durch vereinzelte oa-Schreibungen<br />

schon seit 1220 gut nachweisbar; er gehört auch<br />

schon der mhd. Sprachperiode <strong>des</strong> Bairisehen an,<br />

mag auch, um es gleich zu sagen, dieses gv nicht<br />

überall gleichzeitig erreicht worden und mögen<br />

manche bair. Mundarten erst etwas später zum<br />

modernen Lautstand gv gelangt sein. Nicht überzeugend<br />

wirkt hingegen die allgemein anerkannte<br />

Annahme, das gi aus älterem ai sei abhängig von<br />

der Verdumpfung von mhd. a, d zu g entstanden.<br />

Dann müßten folgerichtig alle Mundarten mit den<br />

Lautungen gi und gn für mhd. ei gleichzeitig mhd.<br />

a oder zumin<strong>des</strong>ten mhd. ä zum p-Laut verdumpft<br />

haben. Das ist nicht der Fall. Das Schwäbische mit<br />

seinem brgid und brgvd spricht trotzdem häsv<br />

(die Hasen) und gaßßo (die Gasse) mit unverdumpftem<br />

mhd. a-Laut, ja das Zimbrischo als<br />

altertümlichste bair. Mundart läßt sogar mhd. d<br />

unverdumpft und sagt nicht nur hazen, sondern<br />

auch pliizcn aus mhd. blasen usw. (s. § 1 k). Außerdem<br />

wird ja auch heuto im Niedcrösterr. an aus mhd.<br />

ei von gv aus mhd. -ar- und im westl. Böhmerwald<br />

gi aus mhd. ei (in Mehrsilbern) von -ol-, -oiaus<br />

mhd. -al- unterschieden. Vielmehr scheint<br />

das Abspringen von mhd. ei zu gi, gn aus der<br />

alten Parallelreihe in erster Linie phonologisch<br />

bedingt gewesen zu sein. Nach dem Parallelismus<br />

wäre ja wio gesagt mhd. ei genau so zu<br />

§ 20 b—f<br />

ä geworden, wie dies bei a aus mhd. ou und öü<br />

der Fall war. Überdies verwandelte sich damals<br />

auch mhd. d und nicht viel später mhd. ä zu<br />

diesem a-Laut (s. § 2 e/f); sogar mhd. i und ü<br />

wurden im 13. Jh. zumin<strong>des</strong>ten im Mittel- und<br />

Nordbairischen vorübergehend zu diesem ü-Laut<br />

umgebildet (s. § 13 e). Im Zimbrischen wieder,<br />

wo mhd. ou zu


§ 20 f—<br />

(Mittelfranken) und Ingolstadt (Oberbayern), im<br />

Nordostschwäbischen, in der Gemeinde Foza der<br />

Sprachinsel der Sieben Gemeinden, schließlich in<br />

der Sprachinsel Gottschee, wo dieses qi landschaftlich<br />

mit qai und uai wechselt. Es sind lauter<br />

ausgesprochen konservative Mundartlandschaften,<br />

die auf dem älteren qi beharren.<br />

g. 1. Damit kommen wir zu den sonderbaren<br />

ö-Mundarten innerhalb <strong>des</strong> Bairischen. Es ist merkwürdig,<br />

daß dieses uns irgendwie „unbairisch"<br />

anmutende ä für mhd. ei in nicht weniger als sieben,<br />

wenn man pedantisch ist, sogar in neun verstreuten<br />

Gebieten vorhanden ist. So vor allem in Wien,<br />

wo man bräd, häs usw. statt ländlichem brqvd,<br />

hqvs sagt. Über Alter und Ursprung dieses wienerischen<br />

ä gibt es mehrere Theorien; u. a. die Annahme<br />

einer Übertragung aus dem Fränkischen<br />

durch das mittelalterliche Herrschergeschlecht der<br />

Babenberger im 13. Jh.; die Babenberger waren<br />

aber, wie man jetzt weiß, gar keine Franken; sie<br />

waren ein bodenständiges ostmärkisches Geschlecht;<br />

gegen die Annahme einer schlesisch-mährischen<br />

Einsickerung im 17. Jh. wieder spricht das viel<br />

ältere Auftreten urkundlicher Wiener a-, ä- und<br />

e-Schreibungen, die man alle als a-Laut lesen<br />

muß, seit 1290. Die ö-Laute sind m. E. je nach<br />

ihrem Gebiet sehr verschiedener Herkunft; sie<br />

sind außerdem teils soziologischen, teils phonologischen<br />

Ursprungs; sie sind aber keineswegs auch<br />

nur irgendwo das Ergebnis eines bodenständigen<br />

Parallelismus zum Wandel von mhd. ou, öü zum<br />

gleichen ä-Laut. ä für mhd. ou, öü ist nämlich im<br />

Bair. schon seit 1220 urkundlich nachweisbar, ä<br />

für mhd. ei kommt aber erst gegen 1300 auf!<br />

Solche ä-Mundarten <strong>des</strong> Bairischen sind: (1.) Wien<br />

und mit ihm zum großen Teil die österreichische<br />

Stadt- und Verkehrsmundart; (2.) Teile von Südmähren<br />

und die Südhälfte der Sprachinsel Iglau;<br />

(3. v ) einige spätmittelalterliche Bergwerksgründungen<br />

<strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>; (4.) die beiden Täler Paznaun<br />

und Stanz auf der Tiroler Seite <strong>des</strong> Arlbergpasses;<br />

(5.) der sogenannte Reggelsberg südöstl. v. Bozen;<br />

(6.) das Hoch- und Ostpustertal mit seinen späteren<br />

Außengründungen Pladen und Zahre, aber<br />

ohne seine älteren Sprachinseln Deutschruth und<br />

Zarz; (7.) das südliche Kärnten mit der Sprachinsel<br />

Tischlwang. Die Karte 16 führt uns diese<br />

Inseln durch waagrechte Schraffur vor. — 2. Der<br />

Weg zu diesem ä-Laut war nach meinem Dafürhalten<br />

in den einzelnen Gebieten wie gesagt verschieden.<br />

In Wien scheinen eine soziologische und<br />

eine phonologische Komponente zusammengewirkt<br />

zu haben. Einerseits hat am ehesten der Einfluß<br />

jener vielen Schweizer, die seit dem Jahre 1272<br />

mit Rudolf I. von Habsburg und seinem Sohn<br />

Albrecht I. nach Wien gekommen waren, zur Entwicklung<br />

<strong>des</strong> ä-Lautes beigetragen; dem Historiker<br />

ist die starke Verschweizerung <strong>des</strong> maßgebenden<br />

Wiener Hoflebens in den Jahrzehnten<br />

um 1300 wohlbekannt, haben doch die Wiener<br />

gegen sie sogar zwei schwere und gefährliche Aufstände<br />

unternommen. Das paßt zeitlich gut zu den<br />

ersten urkundlichen Zeugnissen <strong>des</strong> ä aus ei um<br />

1300 dazu. Dieser Schweizer Welle verdankt zunächst<br />

das Wienerische und von ihm ausstrahlend<br />

das Ostbairische auch den Ausdruck Qöti (mundartl.<br />

ged „Pate"J für älteres gesamtbair. Tote und<br />

die Wortform Achse (mundartl. akß) mit Umlaut<br />

für älteres heimisches Achse (Wagenachse; mundartl.<br />

qkß; Näheres darüber s. die Wörterbuchartikel<br />

Qöti und Achse). Nun stammte die Mehrzahl<br />

dieser Begleiter und Nachzügler der Habsburger<br />

aus räumlichen Gründen sicherlich aus den damaligen<br />

Habsburger Besitzungen in der näheren<br />

Ostschweiz. Dort aber liegt im Thurgau und in<br />

60<br />

umliegenden Gegenden ein großes Gebiet, in <strong>des</strong>sen<br />

Dialekt mhd. ei und mhd. ä mundartlich als ä zusammenfallen,<br />

z. B. in mundartl. brät (breit),<br />

mär (Meier) und lär (leer) u. ä., wo schon im ausgehenden<br />

Mittelalter z. B. mhd. meir/lär vokalisch<br />

reine Reime bilden konnten und noch jetzt bilden<br />

können, z. B. im „Ring <strong>des</strong> Wittenweiler", dem<br />

Gedicht eines Thurgauers, um 1400. Wollten die<br />

Wiener dieses „höfische" ä nachahmen, so mußten<br />

sie dafür, da sie ja selbst diesen (J-Laut nicht<br />

mehr besaßen, natürlich ihren klangnächsten Laut,<br />

das war ä, verbaiernd dafür einsetzen. Sie mußten<br />

das „höfische" brät, mär ebenso durch brät, mär<br />

wiedergeben, wie sie für lär, sär (Schere) ihr lär,<br />

äär sprachen. Der andere, der phonologische Grund,<br />

konnte trotz der Scheu vor dem anderweitig<br />

überbesetzten ä-Laut nachträglich das ältere äv aus<br />

mhd. ei dennoch ausweichend zu ä werden lassen;<br />

er fiel gewiß auch in die Waagschale. Mhd. ei wird<br />

ja im umliegenden Niederösterreichischen als<br />

do-Laut von der Gefahr bedroht, mit qv aus mhd.<br />

-ar- zusammenzufallen (s. § 20 d); eine phonologische<br />

Gefahr, die sich neuerdings unter unseren Augen<br />

gegenwärtig tatsächlich zu verwirklichen beginnt<br />

und die in Oberösterreich mit angrenzenden Gebieten<br />

und im Osten von Altbayern schon um 1300<br />

zur Wahrheit geworden war. Das Bedürfnis nach<br />

einem ausweichenden Ersatzlaut für dieses gefährdete<br />

äv aus mhd. ei, und sei es auch das gleichfalls<br />

gefährdete ä, war bei der Verbaierung <strong>des</strong><br />

schweizerisch-höfischen ä als Wiener ä-Laut bestimmtmitentscheidend.<br />

— 3. Im südmährischen,<br />

im südiglauerischen ä-Gebiet und in den vereinzelten<br />

ä-Inseln <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> hat eher die spätmittelalterliche<br />

ä-Aussprache <strong>des</strong> mhd. ei in der<br />

Stadt- und Verkehrsmundart von Mähren den Ausschlag<br />

gegeben; sie steht ihrerseits in Beziehungen<br />

zu den weiten ä-Gebieten <strong>des</strong> Mitteldeutschen und<br />

Ostfränkischen. — 4. In Stanz und Paznaun auf<br />

der Tiroler Seite <strong>des</strong> Arlbergs ist das ä am ehesten<br />

als Verbaierung jenes älteren ä, wie es für mhd. ei<br />

jenseits <strong>des</strong> Arlbergpasses im Montafon und im<br />

Klostertal, z. B. in brät, haß, lätra (Leiter) usw.,<br />

gesprochen wird, zu betrachten. Stanz und Paznaun<br />

unterstanden im Mittelalter gleich Südvorarlberg<br />

dem Bistum Chur und wurden zunächst<br />

eben vom Montafon und dem Klostertal aus deutsch<br />

besiedelt. Zahlreiche Alemannismen, wie z. B. das<br />

bereits erwähnte dußßv (draußen, § 14 a 2), heben<br />

daher die Stanzer und Paznauner Sprechweise von<br />

allen übrigen Tiroler Mundarten ab. Mit diesen<br />

Alemannismen ist das als ä-Laut verbaierte ä auf<br />

eine Stufe zu stellen. — 5. Am Reggelsberg und im<br />

Ostpustertal mit ihren urkundlichen ö-Zeugnissen<br />

seit 1300 bedeuten diese ä-Lautungen offenbar in<br />

erster Linie ein phonologisches Ausweichen <strong>des</strong><br />

älteren äv vor einem anderen Laut, vor südbair. qv<br />

aus mhd.


aneinandergrenzen. Beide Laute wären ja im 13. Jh.<br />

als ä verbaiert worden. Nun gehörten dem Kärntner<br />

Herzog die Städte St. Veit als Residenz und<br />

Klagenfurt als herzogliche Gründung <strong>des</strong> 13. Jhs.,<br />

Villach hinwieder, die dritte alte Stadt der Kärntner<br />

Merzlandschaft, sowie Feldkirchen waren seit Beginn<br />

<strong>des</strong> Hochmittelalters und bis zu den Zeiten<br />

der Kaiserin Maria Theresia im Besitz <strong>des</strong> ostfränkkischen<br />

Bistums Bamberg und dienten vielen<br />

höheren Beamten aus Oberfranken, aus einem<br />

einheitlichen ö-Gebiet, als dauernder Amtssitz.<br />

Diese historischen Verhältnisse haben bei der Ausbildung<br />

<strong>des</strong> mundartl. ä im Süden von Kärnten bestimmt<br />

mitgewirkt. Auch hier stammen die ältesten<br />

urkundlichen ä-Belege aus der Zeit um 1300. —<br />

7. Es sind also diese ö-Inseln m. E. keine Folgen<br />

paralleler Entwicklungsschritte in unserer alten<br />

Dreierreihe mhd. ei, ou, öü mehr; sie sind teils<br />

Nachwirkungen oberschichtlicher oder sonstweicher<br />

Einsickerungen von außen herein, teils phonologisch<br />

bedingter Reihenausweichungen. Diese ä<br />

sind keinem unbefangenen Lautwandel mehr gefolgt,<br />

sondern in Randgebieten oft schon mehr<br />

oder weniger offensichtlicher Lautersatz. Darum<br />

gibt es in den ä-Gebieten, ausgenommen nur<br />

Paznaun und Stanz, deutliche oder versteckte Restformen<br />

mit gv (insbes. vor Nasenlauten) und unorganische,<br />

also „falsche" Rückbildungen anderer<br />

po-Lautungen zu unserem ä; Unregelmäßigkeiten,<br />

die bei einem richtigen Wandel ausgeschlossen<br />

wären. Restformen sind z. B. thiim (schäumen)<br />

neben tSäm (Schaum) aus tirol. *Tschaim (Wortmischung<br />

aus mhd. veim und schriftd. Scliaum)*)<br />

in einigen Orten um Sillian im Pustertal, tsem<br />

(Schaum) in Außervillgratten 3 ). In Südkärnten<br />

weist u. a. auf älteres go die Völkermarkter Wetterregel:<br />

hgt de Petsn an huvt, werte wetvr guvt, hgt<br />

de Petsn an khr$s 4 ), wqrts wetvr pqs (hat die Petzen<br />

(Bergname) einen Hut, wird das Wetter gut,<br />

hat die P. einen Kreis, wird das Wetter bös); sie<br />

ergibt erst einen reinen Reim, wenn man das mißlungene<br />

khrgs und das p$s durch älteres khrgvs —<br />

mit gv aus mhd. ei (mhd. kreiz) — und durch<br />

pgvs b ) ersetzt; ferner der aufs Wörtherseebecken<br />

beschränkte „Reimspruch" in einem Sagentypus<br />

über die Saugen Frauen: päiir 1 sä pgvn wgn dr pödn<br />

kfrgrn is wiv ätän l (Bauer, säe Bohnen, wenn der<br />

Boden gefroren ist wie Stein!); der Spruch ergibt<br />

erst einen reinen Reim, wenn wir das moderne stän<br />

durch älteres Stgvn ersetzen; es begegnen uns versteckte<br />

gv- Reste in analogem Umlaut von gv zu ev<br />

etwa in den Reggelsberger und Mittelkärntner<br />

Komparativen prevtr (breiter) usw. (s. § 20 n).<br />

Hierher gehören schließlich als „falsche" Überbildungen<br />

auch tän usw. für lautgerechtes tgvn aus<br />

mhd. tuon im Mittelkärntner ä-Gebiet und miv dän<br />

(wir tun) im Wienerischen (vgl. § 17 c 3). — 8. Übrigens<br />

dringt jetzt auch im Stadtdialekt von München<br />

unter unseren Augen ostfränk. ä, z. B. in bräd, häs,<br />

immer mehr statt <strong>des</strong> bodenständigen brgvd, hgvs<br />

vor. Die starke Durchsickerung <strong>des</strong> oberen Münchener<br />

Beamtentums und <strong>des</strong> Münchener Großunter-<br />

2 ) Vgl. pustertal. puine (Bohne) aus älterem<br />

puzne, pgDne; tSuim setzt also ein älteres *tigvmen<br />

voraus.<br />

3 ) Zum e aus älterem gv vgl. man im benachbarten<br />

Innervillgratten pene aus älterem pöane<br />

und pgnne.<br />

*) khr(s (Kreis) ist Willkürlautung <strong>des</strong> Reimes<br />

willen; s. das Folgende.<br />

5 ) Aus mhd. böse, Umstandswort zu mhd. b6se<br />

(böse). — Das Wort Kreis ist in echtmundartlicher<br />

Aussprache khräs in Südkärnten meistens durch<br />

hochsprachliches khrais ersetzt worden.<br />

§ 20 g 6—h 3<br />

nehmertums seit den letzten 150 Jahren mit<br />

Franken ist der gesellschaftliche Untergrund hiefür,<br />

h. 1. Eine weitere merkwürdige Behandlung <strong>des</strong><br />

mhd. ei trifft man vor allem im Nordbair. an. Wohl<br />

steht unser fallender Zwielaut gv in den mhd. Einsilbern,<br />

also in brgvd, hgvs, ggvs, \ hgvs (ich heiße)<br />

usw. War aber das betreffende Wort oder die<br />

betreffende Wortform in mhd. Zeit zwei- oder mehrsilbig,<br />

z. B. in leitete, ein breiter, geizze, heizzen<br />

(heißen, inf.), so tritt der steigende Zwielaut gi ein:<br />

Igittvn, v brgidv, ggiß, hgißßn. Diese sonderbare<br />

Differenzierung, die uns besonders deutlich im<br />

Nebeneinander von sing, ggvs gegen plur. ggiß vor<br />

Augen tritt, ist, gemessen an der Lautung Igittvn,<br />

nach dem senkrecht schraffierten Gebiet unserer<br />

Karte, jetzt im ganzen Nordbairischen erhalten,<br />

ferner darüber hinaus bei den Alten im Böhmerwald,<br />

im westlichen Südböhmen, im oberösterreichischen<br />

Obermühlviertel und sogar noch südlich<br />

der Donau auf ausgesprochen mittelbair.<br />

Boden im Hausruckviertel. Man beachte, daß in<br />

Bayern die Südgrenze <strong>des</strong> nordbair. gi alter Mehrsilber<br />

zusammenfällt mit der Nordgrenze eines<br />

zweiten gi- Lautes; er ist nunmehr im Mittelbair.<br />

aus mhd. -al- entstanden z. B. in gid (alt), hgis<br />

(Hals), gi aus mhd. ei und gi aus mhd. -al- meiden<br />

sich also im Raum gegenseitig. Man ersieht daraus<br />

sehr schön wieder das Bedürfnis nach strenger<br />

Unterscheidung alter phonologischer Reihen. Dieses<br />

Unterscheidungsbedürfnis hat im Mittelbair.,<br />

wo früher das Mehrsilber-pi für mhd. ei sicherlich<br />

gleichfalls überall dagewesen war, offenbar die<br />

nachherige Verallgemeinerung der Einsilber-po<br />

nach sich gezogen; <strong>des</strong>halb, weil man wiederum<br />

einem Gleichklang entgehen wollte. Nach Ausweis<br />

urkundlicher Buchstabenvertauschungen von -aimit<br />

-al- seit 1300 und anderer Anzeichen war das<br />

Nebeneinander der Einsilber-p» und der Mehrsilber-pi<br />

einstens in Altbayern weit verbreitet und<br />

im österreichischen Donaubereich nach Süden zu<br />

bis in den Flachgau und in die nördliche Oststeiermark<br />

hinein üblich (s. unten). — 2. Aus diesem<br />

künstlichen Ersatz von gi durch gv erklären sich<br />

im Mittelbair. in verkehrsfernen Bauernwörtern<br />

einerseits mannigfache Restformen mit gi, andererseits<br />

„falsche" Überbildungen mit gv aus gi<br />

(und oi n ) anderen Ursprungs. Dabei hat man freilich<br />

jene Mundarten, welche gi allgemein und<br />

auch in den Einsilbern verwenden, beiseite zu<br />

lassen (s. § 20 f). Nur wenige Restformen und nur<br />

eine einzige Art der Überbildungen seien erwähnt.<br />

Der Buchweizen, mhd. heiden („paganus") genannt,<br />

heißt zwischen Mühldorf (Oberbayern) und Obernberg<br />

am Inn (Oberösterreich) hgVm entgegen sonstigem<br />

hgv'n, hgo'm; vom Nordbair. aus hat sich bis ins<br />

Berchtesgadner Land und bis tief nach Oberösterreich<br />

hinein hgisvri (heiser) mit gi erhalten; gewiß,<br />

weil man dabei an den hgis, an den Hals, dachte;<br />

in sgifvn, ggifvn (geifern kleiner Kinder) aus mhd.<br />

seiveren, geiveren treffen wir dorartigo Restformen<br />

noch im Chiemgau, im Flachgau und im Hausruckviertel<br />

an; wgiwind, wgüwind (Weichwind — warmer<br />

Frühlingswind) besteht im oberen Piolach-, im<br />

Erlaf- und im Ybbstal mit dem obersten oberöstorr.<br />

Ennstal sowio im östlichen Teil <strong>des</strong> Wienerwaldcs<br />

neben wgv(z)wind im Waldviertel; plgittn (den<br />

Geistlichen beim Umgang oder eino hoho Persönlichkeit<br />

feierlich begleiten) finden wir schließlich<br />

(ganz alt) im Jogelland der Oststeiermark. —<br />

3. Zur plur.-Form böi n d, bgi n d (Beundo) aus mhd.<br />

biundfe) bildete man in weiten Landstrichen nicht<br />

nur <strong>des</strong> Nord-, sondern auch <strong>des</strong> Mittelbair. nach<br />

Vorlagen wie plur. ggiß, sing, ggvs oder plur. Swgiff,<br />

sing. Sivgvf (&chwoif) u. ü. den analogen, aber<br />

lautgeschichtlich „falschen" sing. bgv n d ( zur Ver-<br />

61


§ 20 h 3—j 3<br />

breitung s. § 16 e 2). — 4. Das Südbairische kannte<br />

diese nord.- mittelbair. Differenzierung nach der<br />

Silbenanzahl <strong>des</strong> Wortes nicht, es behandelt mhd.<br />

ei, gleichgültig ob in Ein- oder Mehrsilbern, seit<br />

altersher gleichartig. Der älteste urkundl. oa-Beleg<br />

<strong>des</strong> Südbair. für mhd. ei überhaupt, Moasar um<br />

1220 in Brixner Urkunden (sonst Maisar geschrieben,<br />

das ist der aus Mais bei Meran), ist<br />

bereits ein Mehrsilber. Damit kommen wir zur<br />

lautgeschichtlichen Ursache der Differenzierung als<br />

solcher. Das Mittel- und Nordbairische haben nämlich<br />

zwischen Ein- und Mehrsilbern oft einen<br />

Akzentunterschied. Die mhd. Einsilber, z.B.<br />

Fisch sing., naß, Kopf werden fall- (oder zweital-)<br />

druckig ausgesprochen, z. B. um Brunn und<br />

Iglau vtß, nöß, khöp(ff), die dazugehörigen mhd.<br />

Mehrsilber aber steigdruckig, etwa viß (plur.,<br />

mhd. vische), vißßvr (Fischer), vngßßv ein (nasser),<br />

kldpp(ff)m (köpfen) usf., eine Erscheinung, aus<br />

der wir imstande sind, die sogenannte mittelbairische<br />

Einsilberdehnung (s. § 34 k) akzentmäßig<br />

zu deuten. Aus ihr versteht sich jetzt ebensogut<br />

die mittel- und nordbair. Differenzierung zwischen<br />

gv und gi je nach der Silbenanzahl <strong>des</strong> Wortkörpers.<br />

Das gv der Einsilber repräsentiert ja gleichfalls<br />

einen ausgesprochen fallenden, das gi der Mehrsilber<br />

hingegen einen ebenso typisch steigenden<br />

Zwielaut. Also bestehen auch hier dieselben<br />

akzentbestimmten Bindungen. Demgegenüber gibt<br />

es in den meisten südbair. Mundarten tatsächlich<br />

keine Einsilberdehnung, natürlich auch keinen<br />

nach der Silbenanzahl variierbaren Akzent. Das<br />

Südbair. neigt vielmehr seit altersher, soweit es<br />

möglich ist, zur Verallgemeinerung <strong>des</strong> Falldrucks.<br />

Das zeigen uns u. a. die Wandlungen von mhd. e zu<br />

$v (s. § 10 b 2) und von mhd. 6 zu gv (s. § 11 b 1)<br />

und damit zu fallenden und falldruckigen Lautungen<br />

an. Natürlich konnte unter diesen Umständen<br />

im Südbair. auch bei mhd. ei kein Akzentunterschied<br />

je nach der Silbenanzahl und keine Lautdifferenzierung<br />

auf kommen; ei mußte überall zum gleichen<br />

Vokal, möglichst zu einem fallenden Zwielaut<br />

werden, und das ist eben gv.<br />

i. 1. Mit den pi-Lauten der Mehrsilber darf man<br />

unter keinen Umständen eine dritte Gruppe mundartlicher<br />

pt-Lautungen verwechseln. Sie ist strichweise<br />

im Gesamtbairischen vorhanden und geht<br />

nicht mehr von einem gewöhnlichen ei, sondern<br />

von mhd. ei-\-j aus; sie ist also genau genommen<br />

aus der mhd. Lautgruppo -eij- entstanden. Diese<br />

Gruppe wird (über gvi) überall dort zu gi, wo sich<br />

das folgende -j- min<strong>des</strong>tens bis ins 13. oder 14. Jh.<br />

erhalten hatto; so nicht selten in gehcijc, heije<br />

(Höhenrauch), in meije (Mai; vor allem im dat.acc.<br />

meijen), im plur. eijer (Eier) und danach gelegentlich<br />

auch im sing, ei, in -leije der Zusammensetzungen<br />

zweier-, allerlei usw. sowie in bair.-mhd.<br />

weijer, weijet (Leitseil am Ochsengespann) aus<br />

tschech. vajir und aus slowen. vajet. Die Lautungen<br />

gdhgip, khQi aus geheije begegnen uns in Tirol im<br />

Lienzer Becken, im Zillertal, im Unterinngebiet,<br />

in Kärnten im Mölltal, im Salzburgischen in<br />

Krimml, toilw. im Pongau und im Lungau, auf<br />

steir. Gebiet im obersten Murbereich und in der<br />

Oststeiermark, in Oberösterreich im Flußbereich<br />

der Enns; im Salzachgau sowie in anderen Teilen<br />

Altbayerns; im Eigenschaftswort mhd. geheijig<br />

aind die pz-Formen noch weiter verbreitet. Im<br />

Worte Mai herrscht in Westtirol noch jotzt ein<br />

lebendiges Nebeneinander zwischen nom. mgv und<br />

dat. mgvio; mgjo treffen wir im Zimbrischen,<br />

mQie (Maibaum) in Zarz, mgi, mgie, mgi\e (Mai) in<br />

Tirol im Eisack-, Sarn-, Ulten-, Ostpuster-,<br />

Ziller- und teilw. im Unterinntal und im Lienzer<br />

62<br />

Becken, in Kärnten im Mölltal, in Niederösterreich<br />

ausgenommen das Ybbstal, in Oberösterreich<br />

im Hausruck-, im Obermühlviertel mit<br />

Südböhmen und dem Böhmerwald, im Nordbairischen<br />

und in erheblichen Teilen von Oberund<br />

Niederbayern; den plur. gijpr, giar treffen wir<br />

im Zimbrischen (gjdr), im Lienzer Becken, veraltet<br />

im Mühlviertel; auf den sing, (gi) haben diese<br />

Formen übergegriffen in den Sprachinseln Zarz<br />

und Fersental, im Mittermölltal und teilw. im<br />

Böhmerwald; bei -lei(je) begegnet uns -Igi in Zarz,<br />

im Mittermölltal, im steir. Jogelland und im Mürztal,<br />

im Pinzgau, im Nordbair. mit Südböhmen,<br />

mit dem Böhmerwald und mit dem nördlichen<br />

Niederbayern; in wgiv, südbair. wgivt steht gi in<br />

Tirol im Unterinngebiet, in Kärnten im Mölltal,<br />

in Salzburg im Tennengau, im Pinz- und Pongau<br />

mit dem Salzkammergut, im steir. Ennstal und<br />

als wouv, als läge mhd. *wiuer vor, zwischen<br />

Freising und Wasserburg in Oberbayern. In den<br />

übrigen po-Mundarten herrscht gv, insofern diese<br />

Wörter vorkommen und soweit sich außerdem<br />

nicht schriftsprachliche Ersatzformen eingemengt,<br />

ferner soweit schließlich nicht auf Grund von<br />

§ 13 c durch Verwechslung mit mhd. -i(j)- in der<br />

Mundart -aij- eingetreten ist. — 2. In denjenigen<br />

Mundarten, welche ä für mhd. ei aufweisen, tritt,<br />

z. B. im südlichen Kärnten, dafür -aii-, -äi- auf,<br />

etwa in hairaux (Höhenrauch), mäi, äpr (meistens<br />

älan), wäivt; aber man vergleiche -la. Doch gibt<br />

es in den ä -Inseln gelegentlich auch Restformen<br />

mit -gii- und ähnliches; sie erinnern an das ältere<br />

gv (äv) für mhd. ei dieser Gegenden (s. § 20 g 7);<br />

so teilw. im Ostpustertal mgiie (Mai) neben prät,<br />

im Gailtal grgva und im Lesachtal grgiie (langer<br />

Ochsenkarren) aus der ahd. Nebenform *garei(j)a<br />

zu *gari(j)a (s. § 13 c) neben prät und im Lurnfelder<br />

Ortsnamen Rgivx (Roiach), mhd. (Z)Reijach<br />

aus altslowen. Srejach (bei den Mittemdorfern)<br />

wieder neben prät.<br />

j. 1. Vor folgendem -n- und -m- weichen von<br />

der Normalentwicklung ab: mit U3 n , uv n (z. B. in<br />

stü3 n , stüv 11 „Stein") das Oberinntal mit dem<br />

Außfern, das tirol. Unterlech-, das Zillertal, das<br />

Burggrafenamt um Meran, das Ober- und Untereisacktal<br />

und das Etschland, ebenso das Fersental,<br />

Lavarone, Luserna, Folgaria und die Dreizehn<br />

Gemeinden; die Umgebung von Obervellach im<br />

kärntn. Mölltal; weiters die Mittelsteiermark mit<br />

Unterkärnten (veraltet) und dem südlichen Burgenland;<br />

die Sprachinsel Wischau und der Norden<br />

der Sprachinsel Iglau, obwohl sonst in beiden<br />

Inseln durchaus gi überwiegt; mit sdüv n usw.<br />

auch der Osten <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>, während der<br />

Westen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong> und der angrenzende<br />

Osten der mittleren Oberpfalz jetzt nach dem<br />

plur. auch im sing. sdgi n , jedoch meistens glQn n<br />

(klein) gebraucht.— 2. Monophthongisches sdä n<br />

usw. reicht im Nordbair. über das Gebiet mit<br />

bräd (breit) etwas weiter nach Süden; vor m, etwa<br />

in hdm (heim), greift der Monophthong strichweise<br />

sogar bisSn die mittlere Oberpfalz herunter.<br />

Auch im tirol. Oberlechtal stoßen wir auf -g n ,<br />

z. B. in stQ n , wgnv (weinen) usw. — 3. Auch vor<br />

Nasenlauten besteht im Nordbair. meistens die<br />

Differenzierung zwischen Ein- und Mehrsilbern,<br />

und zwar diesmal auch in der Sprachinsel Iglau,<br />

die sonst einheitliches gi vorzieht. „Stein" sing,<br />

lautet um Iglau stü9 n , „Steine" plur. aber Stgi n ,<br />

ebenso mit gi wginv (weinen) usf. Dio gleichen<br />

gi n der Mehrsilber gelten natürlich im Nordbair.<br />

und darüber hinaus gleich weit wie gi in Igittvn<br />

usf. (8. Karte 16); dafür tritt im nordöstlichen<br />

Egerland &düi n , wüinv ein, Hin aber auch im<br />

Obermühlviertel mit Teilen <strong>des</strong> angrenzenden


Südböhmens sowie südlich der Donau wieder im<br />

Hausruckviertel. Ebendort sagt man natürlich<br />

auch mginv (meinen), wginn (weinen) bzw. müin(v),<br />

wüin(v) usf. — 4. Die mannigfachen Sonderformen<br />

in den Wörtern mhd. einlif (elf) und zweinzig<br />

(zwanzig) behandelt besser das Wörterbuch unter<br />

den Stichwörtern elf und zweinzig.<br />

k. Mhd. ei vor l beschreitet in größeren Gebieten<br />

<strong>des</strong> Bairischen Sonderwege. In den Wörtern Teil,<br />

Seil, heilen entspricht im Nord- und Mitteibair, g,<br />

also dgl; im mittelbair. Vokalisierungsgebiet <strong>des</strong><br />

nachvokalischen -Z-Lautes dgi; dgvl, dgvi hört man<br />

noch in Teilen <strong>des</strong> östl. Egerlan<strong>des</strong>, ferner im<br />

Obermühlviertel mit dem westl. Südböhmen, in<br />

südlichen Teilen der Mittelsteiermark, im ganzen<br />

Salzburgischen (dQvi) mit dem äußersten Südrand<br />

von Oberösterreich und mit dem steir. Ennstal<br />

sowie mit dem obersten steirischen Murgebiet<br />

(tQvl neben tgl), weiters am oberbayr. Lechrain<br />

mit angrenzenden Teilen von Oberbayern (dgvl,<br />

dgvi, dQv) und tgvl im Südbair. Das tirol. Oberlechtal<br />

hat sein sonderbares tgl, das zu stg n (Stein)<br />

paßt. Vereinzelt stoßen wir auf dQvi auch in Nieder -<br />

und in angrenzenden Teilen von Oberbayern. Zur<br />

Umbildung zu taul, saul im kamtn.-steir. Grenzgebiet<br />

s. § 14 c 2. Im Kärntner Maltatal tritt<br />

dafür tgl ein. Vielfach sind die bodenständigen<br />

Lautungen durch verkehrssprachliche Ersatzformen,<br />

durch tau, sail, haiin (däl, däi usw.) ersetzt<br />

worden.<br />

1. 1. In etlichen Verkehrswörtern ist unter Einfluß<br />

<strong>des</strong> Wienerischen ä statt erwartetem gv mehr<br />

oder weniger weit verbreitet. Den größten Raum<br />

unter diesen stadtsprachlichen Lehnformen hat<br />

ohne Zweifel antßn (Gabeldeichsel) erobert. Bei<br />

ihm hat die Wiener ä-Aussprache im Gesamtbairischen,<br />

soweit eben das Wort Einze vorkommt,<br />

die echten Lautungen mit gv bis auf wenige Reste<br />

beseitigt. Ebenso geht weit nach Bayern hinaus<br />

gränv (herumwandernder Hausierer, der mit hauserzeugten<br />

Kleinwaren handelt); er müßte eigentlich<br />

grgvnv heißen, denn er kam früher aus dem<br />

einstigen österr. Kronland Krain. In Oberösterreich<br />

gilt ratßn für „reizen"; häso (heiser) statt<br />

erwartetem hgvsv hat von Wien aus Niederösterreich<br />

und Teile von Südmähren erobert; auch<br />

maßßl (Meißel), batß (Beize), batßn (beizen) u. a.<br />

sind in mehr oder weniger weitem Umkreis um<br />

Wien mit ä, a bauernmundartlich geworden. Umgekehrt<br />

war es beim wienerischen gsbäs (Spaß)<br />

und bei der Ableitung gsbaßßix (spaßig, sonderbar);<br />

Spaß ist ein Lehnwort aus dem Welschen, das uns<br />

im 17. Jh. in Wien auftretende venezianische<br />

Schauspieler-, Komikergruppen und italienische<br />

Marionettenspieler vermittelt hatten; auf Grund<br />

der Gleichung, daß für wienerisches ä in brüd u.<br />

dgl. in der Landmundart gv in brgixl u. dgl. steht,<br />

ist gsbäs, gsbaßßix unrichtig als gsbgns, gsbgvßßi<br />

„verbäuerlicht" worden; es ist nachher in dieser<br />

„falschen" Umsetzung <strong>des</strong> Wiener Raumes gemeinbairisch<br />

geworden. — 2. Desgleichen hat die<br />

Kärntner und Steirer Stadtsprache mit ihrem ä<br />

in einigen Ausdrücken solche Formen mit ö weit<br />

ins geschlossene Kärntner po-Gebiet hinein aussenden<br />

können. Hädn (Buchweizen) gilt statt<br />

„richtigem" hgvdn nicht nur in ganz Kärnten,<br />

sondern darüber hinaus auch im obersten steir.<br />

Murgebiet und in der Weststeiermnrk; jräsn<br />

(Freisen, gewisse Krämpfe kleiner Kinder) geht<br />

noch weiter nach Osten bis Radkersburg und bis<br />

ins südliche Burgenland.<br />

m. 1. In den Kirchenwörtern heilig, Geht,<br />

Fleisch, rein haben sich im Bairischen Lautungen<br />

durchgesetzt, die aussehen, als lüge mhd. i zugrunde.<br />

Nach Ausweis urkundlicher Schreibungen<br />

§ 20 j 3—m 3<br />

mit ei statt älterem ai kamen diese spätmhd.<br />

Ersatzformen erst um 1350 auf. Sie stammen<br />

wohl aus der Prager Kanzlei- und aus der Hofsprache<br />

der luxemburgischen Kaiser; aus einem<br />

Bereich, in dem seit 1300 die Lautgrenze zwischen<br />

mhd. i und mhd. ei auch sonst nicht streng eingehalten<br />

worden ist und beide Lautreihen ineinanderfließen.<br />

Zwei Jahrzehnte vorher hatten sich<br />

in<strong>des</strong>sen in diesen Kirchenwörtern speziell die<br />

Wiener Formen hälig, gast, fläs im Bairischen<br />

ausgebreitet gehabt. Das beweisen seit 1330 die<br />

urkundlichen Schreibungen hälig, gast, fläsch (und<br />

ähnlich), das zeigen Reime wie bei Oswald von<br />

Wolkenstein heilig/sälig und Hofnamen, etwa<br />

Halling(er) bei Meran (älter Haelig und vor 1330<br />

Hailig geschrieben). Sie stimmen zu den oben<br />

erwähnten Wiener Ausstrahlungen antßn, ä n dsn<br />

usw. Die ursprünglicheren po-Lautungen leben in<br />

Sonderbedeutungen oder in beharrsamsten Rückzugsschollen<br />

noch im verborgenen fort, z. B. in<br />

ggvst (Gespenst) im Tiroler Lechtal, in vlgaiß<br />

(Fleisch) in Gottschee und vlgvß (Fleisch) in den<br />

Sieben Gemeinden, in hgvl[kx in den Sieben und<br />

hgvlakx, vgvlakx (heilig) in den Dreizehn Gemeinden,<br />

in rgv n , rgvn (geheuer) in Mundarten an<br />

der steir.-kärntn. Grenze. — 2. Unter dem zunehmenden<br />

Gewicht verkehrssprachlicher Begriffsvorstellungen<br />

werden seit dem 19. Jh. immer<br />

mehr Wörter mit hochsprachlichem ai in die echte<br />

Mundart übernommen; z. B. bestehen die echten<br />

Aussprachen khgvsdr (Kaiser), gmgv n (Gemeinde),<br />

khrgvs (Kreis) vielerorts nur mehr in Flur- und<br />

Hofnamen oder in völlig verkehrsfernen Begriffen<br />

(insbes. in Zusammensetzungen) fort. Sonst sind sie<br />

schon durch die hochsprachlichen Lehnformen<br />

khaiser, gemainde, khrais verdrängt worden. —<br />

3. Nicht in den Bereich hoch- und verkehrssprachlicher<br />

Entlehnungen gehören m. E. alem.<br />

klin (klein) statt mhd. kleine und <strong>des</strong>sen Ausläufer<br />

ins Bairischo. Aus aleman. klin verbaiertes<br />

kxlai n (statt kxlgv n ) tritt uns im tirol. Lechtal mit<br />

dem oberen schwäbischen Lechrain entgegen, <strong>des</strong>gleichen<br />

in den Dreizehn Gemeinden als khlai n ;<br />

dazu darf bemerkt werden, daß das Zimbrische<br />

auch sonst oft speziell ans Lechtalerische erinnert;<br />

schließlich gilt khlai n weit davon entfernt in der<br />

mittelbair. Sprachinsel Wischau; eine dritte „Ablautform"<br />

neben mhd. kleine und *klinc, nämlich<br />

*kline, treffen wir als kxli n in Stanz und Paznaun,<br />

im Oberinntal von Fließ aufwärts und im Obervintschgau,<br />

ferner bei den älteren Leuten im<br />

ötztal als kxline, kosend für Kinder und junge<br />

Haustiere, neben allgemeinem kxlQnnc; es kann<br />

kxli n , kxline ein Rückstand jenes Alemannisierungsvorstoßes<br />

nach Westtirol zwischen 1100<br />

und 1250 sein, von dem hier schon öfter die Rede<br />

war 6 ). Ich halte auf alle Fälle aleman.-wischauerisches<br />

*klin und westtirol. *klin statt klein für<br />

eines der Ergebnisse kosenden Lautspieles; ihm<br />

sind z. B. auch im Schlesischen klinisch ig (kleinwinzig)<br />

und im Bair. dio scheinbare Ablautsform<br />

kleinwunzig neben kleinwinzig sowie weitere lautspielende<br />

Koseumbildungen <strong>des</strong> Wortes winzig im<br />

Bair. (s. unter winzig im Wörterbuch) zu vergleichen.<br />

8 ) Wenn in bair. Urkunden seit 1400 im Komp.<br />

und Superlat. vereinzelt die Schreibungen kliener,<br />

der klienste auftreten, so haben diese Schreibungen<br />

mit unseren scheinbaren Ablautformcn nichts zu<br />

schaffen. Es sind falsche Umsetzungen der analogen<br />

Umlautformen (s. § 20 n) mundartl. gkvnn,<br />

dv glev n sd nach Mustern wie mundartl. revm,<br />

devnv und geschriebenes Riemen, dienen als kliener,<br />

klicnst.<br />

63


§ 20 n l—o 1<br />

n. 1. Das mundartliche gv kann analog zu er><br />

umlauten. Der analoge Umlaut tritt z. B. im<br />

Komp. brevdn (breiter), gl§vno (kleiner) zu brgvd,<br />

glQv n ein, <strong>des</strong>gleichen im plur. Sweyff (Schweife),<br />

g§vß (Ziegen) zu äwQvf, ggvs (sing.), in den Verkleinerungsformen<br />

äw§vffe (Schweiflein), g§vßßl<br />

(Geißlein) und in den feminina abstracta br$vdn<br />

(Breite), wyoxv (Weichheit) gegen brgvttn (Ackerbreite)<br />

zu brQvd, WQDX (weich). Wo jedoch wirklich<br />

lautgesetzlich Umlaut zu erwarten wäre, z. B.<br />

in WQvtß (Weizen), wgnkko (Wäsche einweichen)<br />

usw. aus frühahd. hwaitzi, waichian, fehlt er durchaus.<br />

Er fehlt vielfach auch im Gebiet <strong>des</strong> gi für<br />

Einsilber. Dagegen finden wir ihn, abgesehen von<br />

Paznaun und Stanz, als Erinnerung an das frühere<br />

gv (äv) fast immer in den bair. ä-Mundarten;<br />

z. B. am Reggelsberg und im südlichen Mittelkärnten<br />

in prevtdr, äwevf, gevsl; in Jcxliansr im<br />

Altklagenfurterischen 7 ) und am Reggelsberg, in<br />

khlidna vereinzelt im südlichen Oberkärnten und<br />

vereinzelt im Hoch- und Ostpustertal; vgl. dazu<br />

§ 20 g 7. Deutlich wird die Analogie als seine<br />

Ursache durch die zimbrischen Lautungen (Luserna)<br />

prgvtvr, plur. swgvf, fern, abstr. wgvx usw.<br />

zu den umlautlosen Formen prgvt, Swgvf, wgvx.<br />

Das ev richtet sich im Südbair. nach dem §D als<br />

Umlaut zu gv aus mhd. 6, im Mitteibair, nach<br />

analogem mhd. -ör- als Umlaut zu mhd. -or-.<br />

In manchen go-Gebieten, z. B. im Weinviertel,<br />

konnte jedoch dieser analoge ei-Umlaut bisher im<br />

wesentlichen noch nicht recht durchdringen. —<br />

2. In einigen Gegenden hat er sich in<strong>des</strong>sen nach<br />

mhd. -er- als Umlaut zu -ar- gerichtet; zu prgvt,<br />

brQvd erscheint z. B. als Komp. prlvtvr, brivdv um<br />

Brunn, in Teilen <strong>des</strong> niederösterr. Pulkautales und<br />

in der Znaimer Gegend, im Salzachgau, nach<br />

hgvs (heiß) hivßßv z. B. im Flachgau. Maßgebend<br />

wurden als Vorbilder ivgo (ärger) zu gvg (arg) u. ä.<br />

vWeil im Salzachgau dieses mhd. -er- durch -iuvertreten<br />

ist (s. § 4 g 5 und Karte 6), so tritt<br />

folgerichtig iu auch in briuttv, hiußßv zu brgvd,<br />

hgvs ein. Diese stellte man sich hier gewissermaßen<br />

als brart, harß vor. — 3. Weil in der Sprachzunge<br />

Neubistritz-Neuhaus mhd. ei und mhd. 6<br />

als gi zusammenfallen und grgis (groß) mit seinem<br />

Komp. greßßv zu prgit stimmt, so machte man<br />

nach diesem neuen Muster den Komp. prqtvr nach,<br />

gleichsam gedacht als altes *br6ter statt breiter. —<br />

4. Lautgeschichtlich unklar sind im Zillertal und<br />

teilweise darüber hinaus im Unterinngebiet einige<br />

analoge Umlautformen mit mundartlichem ä neben<br />

allgemeinem gv, uo n , z. B. (zillertal.) kxlädl (kleiner<br />

Wecken, gewissermaßen das Kleinlein) zu kxlüona<br />

(klein), gapärd (Knochenwerk) zu püd n (Bein,<br />

Knochen), plur. püd n r, zaxx< ir (Schwächling) zu<br />

zgvxxV/ (harnen), wäxxf (die Weiche <strong>des</strong> Körpers)<br />

neben w§vxx^ (das Weichsein) zu WQVX USW. Wir<br />

dürfen sie kaum mit merkwürdigen Verkürzungen<br />

von mundartl. gv zu a, wie sie im obersten Iselgebiet,<br />

z. B. in Virgen hattßn (heizen), wattße<br />

(Weizen) vor tz, in Verbindung bringen; Formen<br />

übrigens, die uns auch ihrerseits schon absonderlich<br />

genug anmuten.<br />

o. 1. Zu Beginn unserer Ausführungen wurde<br />

im Zusammenhang mit dem auffallenden Ausspringen<br />

<strong>des</strong> mhd. ei als gi, gv aus der Dreierreihe<br />

mhd. ei, ou, öü angedeutet, daß durch die Kontraktion<br />

von ahd. -egi- zu mhd. ei und zu bair. ö<br />

in gewisser Hinsicht ein nachträglicher Lückenbüßer<br />

für das allgemeine mhd. ei erstand, ein<br />

Ersatz, der nun doch noch den „parallelen Wandel"<br />

7 ) Diese Form aus meiner Kinderzoit ist jetzt<br />

nur mehr Erinnerungsform und ausgestorben.<br />

64<br />

von mhd. ou und öü zu ä ausfüllend nachholte.<br />

Diesen „Ersatzwandel", wie man geradezu sagen<br />

könnte, haben wir als Abschluß dieses schwierigen<br />

Kapitels über mhd. ei näher ins Auge zu fassen.<br />

Es sind auch seine Verhältnisse auf den ersten<br />

Blick etwas verwickelt. Wir haben als Bezeichnung<br />

für die Kontraktion aus ahd. -egi- etwas willkürlich<br />

das graphische Zeichen ei und das Kennwort<br />

er treu (er trägt) ausgewählt. Wir stellen<br />

jetzt darüber hinaus als weitere Reihenglieder fest:<br />

Veit (legt), eidehse (Eidechse), gejeide (Jägerei),<br />

getreide (Getreide), meidelin (Mädchen), alem. seit<br />

(sagt); eide (Egge), s'einse (Sense) aus ahd. tregit,<br />

legit, egidehsa, gajegidi, gatregidi, megidilin, alem.<br />

segit; egida, segansa. Diesem ei setzen wir ein<br />

anderes mhd. ei, fernerhin ei geschrieben, entgegen,<br />

das Kontraktionsergebnis aus ahd. -aga- {-age-,<br />

-agö- u. dgl.). ei wird seinerseits anders behandelt<br />

und fällt im Bair. durchaus mit dem normalen<br />

mhd. ei in breit usw. zusammen; etwa in mhd.-bair.<br />

seit (sagt), kleit (klagt), meid (Magd, Mädchen),<br />

weisen (Pflugschar) u. a. aus ahd. saget, klagot,<br />

magad, waganso acc.-sun; dafür tritt mundartl.<br />

z. B. sQvd (sagt) ein, das mit brgvd reimen kann.<br />

Dieser umständliche Apparat wird keineswegs zur<br />

Gänze erörtert werden, wir werden aber doch<br />

manches davon vorbringen müssen; erstens, weil<br />

mannigfache Überschneidungen der Reihen und<br />

auch fremde Einbrüche bei der ausgesprochen<br />

gliederarmen ei-Reihe vorhanden sind, zweitens<br />

weil viele Mundarten eine sehr deutliche Abneigung<br />

gegen alle Kontraktionsformen an den<br />

Tag legen; vor allem die allerälteste bair. Mundart,<br />

das Zimbrische der Sieben Gemeinden, das überhaupt<br />

keine richtigen Kontraktionen mehr aufweist.<br />

Das Zimbrische hat sich um 1100, also vor<br />

den Kontraktionen, die nach § 27 e/f erst um 1150<br />

entstanden sind, selbständig gemacht. Halten wir<br />

uns zunächst an die verbreiteteste ei-Form, an eide<br />

(Egge). Hier wird in der Tat nahezu der ganze<br />

bair. Raum von unseren ä-Entsprechungen beherrscht,<br />

fast überall gilt ädn, a"n mit ö 8 ); auch<br />

bei eidehse ist ö noch weit verbreitet 9 ) in ädakßl<br />

(mit Varianten) 10 ); er trat, $v dräd (er trägt) und<br />

er lät, ev lud (er legt) steht mit ä im Zillertal,<br />

im tirol. Oberlechtal, im Sundergau und um<br />

Wischau"), das ä bleibt im Zillertal und im<br />

Sundergau vom mhd. ei, z. B. in eor zgvt, ä sgvd<br />

8 ) alte im Zillertal, at im tirol. Unterinngebiet<br />

und im Sundergau, attn um Freising, Schwaben<br />

(östl. v. München) und Isen. — Keine Kontraktion<br />

besteht in Oberösterreich mit dem Flach- und<br />

Tennengau, dem Salzkammergut, mit Südböhmen<br />

und dem südl. Böhmerwald auf der einen Seite<br />

als e'?j, als egdte, ekkv, -kr} im westlichen und<br />

mittleren Tirol mit dem Lechrain und angrenzenden<br />

Teilen Oberbayerns und mit den südbair.<br />

Sprachinseln auf der zweiten Seite und als e'^ im<br />

Staudengebiet (um Aichach) und als e'n, ID'TJ, Vn,<br />

ix, ex in der westl. Oberpfalz sowie im angrenzenden<br />

Franken auf der dritten Seite.<br />

•) Bei (H)Egedechse fehlt dio Kontraktion wieder<br />

im Tirolischen mit seinen Sprachinseln, in Oberkärnten<br />

und streuweiso auch sonst im Bairischen,<br />

z. B. im Lavanttal, im Salzkammergut, im Obermühlviertel<br />

usw.; Genaueres s. Artikel Eidechse im<br />

Wörterbuch, ebendort s. die sonderbaren Spielformen<br />

dazu.<br />

10 ) Zu gvdakßl mit gv s. weiter unten.<br />

u ) Gerade bei den Zeitwortformen ist durch<br />

Paradigmenausgleich in den meisten bair. Mundarten<br />

die Kontraktion aufgehoben worden; sonach<br />

tragt (tregt) und sagt.


(er sagt) reinlich geschieden 12 ). — 2. In<strong>des</strong>sen<br />

bemerkt man gerade hier im Inn-, Hausruck- und<br />

Obermühlviertel mit Südböhmen eine empfindliche<br />

Störung durch die Entsprechungen drqvd<br />

(trägt), lövd (legt) mit QV, als läge ei vor; in großen<br />

Teilen von Nieder- und Oberösterreich, in der<br />

Ober- und Weststeiermark mit dem mittelsteir.<br />

Murtal herrscht QV ebenso „regelwidrig" in Qvdakßl,<br />

wie denn überhaupt gelegentliche Abirrungen von<br />

ei zur ei-Reihe vorkommen. Bei giQvd (insbes. in<br />

der Verbindung wültß giQnd für „die wilde Jagd")<br />

und vollends bei drövd (Getreide) ist das regelwidrige<br />

QV statt ä vorherrschend 13 ); vom Wort<br />

Getreide wissen wir, daß es in mhd. Zeit aus dem<br />

Mitteldeutschen entlehnt worden ist, bei Gejeide<br />

als Wort der Jägersprache, die auch sonst stark<br />

von mitteld. Lehnwörtern durchsetzt ist, dürfen<br />

wir das gleiche annehmen. Sie fallen als Lehnwörter<br />

nicht mehr in die Waagschale. — 3. Allerdings<br />

glich im Mitteibair, zu Beginn <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />

und im Südbair. bis um 1300 die Entsprechung<br />

für mhd. ei aus ahd. -egi- noch nicht dem jetzigen<br />

ä; es bestand damals noch ein steigender Zwielaut,<br />

er klang aber trotzdem nicht gleich wie (heutiges)<br />

ai aus mhd. i etwa in vnb, zit; vielmehr war es<br />

ein eigener Zwielaut, wie er sonst nur noch (nach<br />

Entrundung) für mhd. öü vor folgendem -w- existiert<br />

hatte, nämlich äi. Dieses äi unterschied sich<br />

mithin in gleicher Weise vom Laut ä aus sonstigem<br />

mhd. öü, aus mhd. ou wie aus mhd. d und ä. Der<br />

merkwürdige Sonderlaut äi besteht tatsächlich in<br />

der Sprachinsel Gottschee lebendig fort in läit<br />

(legt), gdj,äi (Gejeide); deren äi paßt wirklich nur<br />

zu häi (Heu) aus mhd. höuwe, aber weder zu ai<br />

in baip (Weib) noch zu ä in päms (Bäume), lärz<br />

(leer); bägrye (Wagen, plur.) aus mhd. vnb; böume;<br />

lare; wägene dazu. Darum konnten die ältesten<br />

mhd. Dichter <strong>des</strong> Bairischen, sofern sie echtbairisch<br />

vorgingen, dieses ei nicht anders als mit<br />

sich selbst reimen; genau so, wie dies der Gottscheer<br />

heute noch tun muß. Sorglosere Dichter<br />

banden allerdings, soweit sie wienerisch-mittelbair.<br />

Einflüssen unterworfen waren, dieses ei<br />

immerhin mit mhd. i; als erster der vermeintliche<br />

Kärntner Heinrich von dem Türlin (um 1225),<br />

nach fünfzigjähriger Pause als nächster Ulrich von<br />

dem Türlin, weiters Walberan, der Pleier usw.;<br />

natürlich auch der Wiener Jans Enikel (um 1285),<br />

ferner Helbling, Teichner und Suchenwirt. Seit<br />

wann im Mitteibair, dieses äi dann wirklich mit<br />

ai aus mhd. i gleich geworden ist, das wissen wir<br />

nicht genau. Tatsache ist jedenfalls, daß heute<br />

gerade die beharrsamsten mittelbair. Rückzugsmundarten<br />

für ei dasselbe ai aufweisen wie für<br />

mhd. i. Aidakßl — vgl. wäib aus mhd. wib —<br />

treffen wir im Nordbair., das auch sonst gerne die<br />

Rolle als Konservator altmittelbair. Formen auf<br />

sich nimmt, ferner strichweise in Ober- und Niederbayern,<br />

weiters im Flach- und Tennengau mit<br />

umliegenden Landschaften (häi-) sowie in größeren<br />

Teilen <strong>des</strong> Inn- und Mühlviertels mit dem Hausruckviertel;<br />

äVn (äVn,; Egge) taucht im größten<br />

Teil <strong>des</strong> Nordbair. auf, weiters in Neubistritz-<br />

12 ) Weiters bleibt davon geschieden zillertal.<br />

Mek, Slext (schlägt) und sunderg. sied aus mhd.<br />

sieht.<br />

13 ) Die bodenständigen Entsprechungen leben<br />

nur noch bei Gejeide und bei ihm nur um Gottscheo<br />

(gd[äi), im ötz- und Zillertal (gHädd, -gd), am<br />

Lechrain (gfö(g)) und zwischen Roth (südl. Nürnberg)<br />

und Schrobenhausen (gäx, giü(g)), oft mit<br />

fälschlich angehängtem -g (-x). Eine Sonderstellung<br />

bezieht zimbrisches gojigax on gvjegax<br />

(wilde Jagd).<br />

§ 20 o l—o 5<br />

Neuhaus und in den Sprachinseln Iglau, Budweis<br />

und Brunn und aittn (Egge) zwischen Landshut<br />

und Regensburg; säi n s(n) (Sense) aus mhd. seinse<br />

läßt sich im Flach- und Tennengau mit dem Salzkammergut<br />

und dem oberen Innviertel nachweisen;<br />

es ist ein Wort, das sonst im Bair. nur<br />

noch im Salzburgischen mit dem tirol. Unterinnund<br />

mit dem Zillertal und im Osten von Oberbayern<br />

sowie im größten Teil von Niederbayern<br />

mit Kontraktion (sä n sn u. ä.) auftritt. Besonders<br />

wertvoll wird uns diese Form, weil es sonst im<br />

Flachgau keine ei-Kontraktion gibt 14 ). Dasselbe<br />

ai, als läge mhd. i vor, haben wir in Personennamen,<br />

die im Mhd. mit Mein- und Rein- aus<br />

ahd. Megin-, Regin- beginnen, vor uns, oder besser<br />

gesagt, in damit gebildeten Ortsnamen. Sie lauten<br />

jetzt mundartl. mit Mäi n - und Räi n - an: im Waldviertel<br />

z. B. in Meinharts, Meinhartsschlag, Reinboten,<br />

Reingers, im Mühlviertel in Reimprechts, im<br />

Innviertel in Meingaß, Meinharting 15 ) usw. Gleiches<br />

gilt in Niederbayern und im Flachgau. —<br />

4. Dagegen hat sich im südbair. Binnenland durchaus<br />

ä aus mhd. ei ausgebildet; auch große Teile<br />

<strong>des</strong> Mittelbair. haben sich, z. B. in ä'n (Egge;<br />

s. oben), doch noch für dieses ä entscheiden können.<br />

Nach den ei/a-Reimen der Steir. Reimchronik (um<br />

1310), nach urkundlichen ^-Schreibungen seit 1300<br />

und nach anderen Merkmalen waren diese ü-Lautungen<br />

zu Beginn <strong>des</strong> Spätmittelalters schon da. —<br />

5. Auf dem Boden jener Landschaften, welche in<br />

alter Zeit zum Bistum Augsburg gehört hatten<br />

oder sonstwie alemannischen Einflüssen ausgesetzt<br />

waren, stoßen wir statt auf ä überraschenderweise<br />

auf eine völlig andere Entsprechung, auf e. Dieses<br />

e nimmt sich aus, als läge mhd. Vollumlaut-e<br />

zugrunde, daneben gibt es auch mundartl. ei; 16 )<br />

so in Westtirol und im westlichsten Oberbayern.<br />

Ihm hat sich dort überdies in alem. Weise mhd.<br />

seit (sagt) usw. angeschlossen, für das ja im Bair.<br />

mhd. seit eintrat. Man spricht im Otztal, in Zirl,<br />

in Mittenwald und Murnau, am Westufer <strong>des</strong><br />

Starnbergersees und in Mering (östl. v. Augsburg)<br />

in alemannisierender Weise tret (trägt), let (legt),<br />

aber auch set (sagt) und sogar kxlct (klagt) usw.<br />

(daneben treit usw.). Es ist dieselbe Landschaft,<br />

in der man, gleichfalls alemannisierend, für mhd.<br />

ou und für mhd. öü mundartl. ö und c statt <strong>des</strong><br />

echtbair. ä-Lautes einsetzt (s. § 21 b und § 22 a<br />

2 — 7). Wenn <strong>des</strong>senungeachtet die Lautungen<br />

tret, let, set usf. in Zentraltirol strichweise über den<br />

ö-Bereich hinaus ins bair. ä-Gebiet übergreifen,<br />

so darf man diese Störung <strong>des</strong> Parallelismus ohne<br />

Bedenken mit einer alten dialektgeographischen<br />

Raumdynamik in Beziehungen bringen. Wir haben<br />

mehrfach auf jene große Alemannisierungswelle<br />

<strong>des</strong> 12. und <strong>des</strong> beginnenden 13. Jhs. hingewiesen,<br />

welche über den Arlberg hereingestoßen war und<br />

deren Folgen seit der Mitte <strong>des</strong> 13. Jhs. durch<br />

einen bairischen Gegenstoß großenteils aufgehoben<br />

worden sind. Als neuerliche Rückstände aus dieser<br />

Zeit dürfen wir die veralteten Aussprachen tret,<br />

let, zet (sagt) u. ä. im Obersilltal und in Tux im<br />

14 ) Sonst kehren Kontraktionsformen beim Worte<br />

Sense erst im Ostfränkischen und im Westmitteldeutschen<br />

wieder.<br />

15 ) Gelegentliche Abirrungen zu Mä n -, Rä n -<br />

(geschrieben Man-, Ran-) in Oberösterreich darf<br />

man vielleicht auf Rechnung <strong>des</strong> Wandels von<br />

mhd. i zu ä (s. § 13 e), andere Abirrungen zu<br />

Men-, Ren- auf Rechnung <strong>des</strong> restweiso faßbaren<br />

Wechsels von mundartlichem ai n mit e n (s. § 13 g 2)<br />

setzen. Sie wiegen daher hier nicht mehr schwer.<br />

1B ) Zum Wandel dieses e, das ja zusammengefallen<br />

ist mit mhd. c, zu ei 8. § 4 b 5.<br />

65


§ 20 o 5—21 b 2<br />

hintersten Zillertal auffassen, die neben gläbm<br />

(glauben) usw. mit ä aus mhd. ou vorkommen;<br />

dies dürfen wir umso eher tun, als im Obersilltal<br />

auch ö- und insbes. e-Reste aus mhd. ou, öü statt<br />

<strong>des</strong> jetzt herrschenden ä vorkommen (s. § 21 b 2).<br />

§ 21. Mhd. ou (s. Karte 17)<br />

Übersicht: a. Allgemeines; Verhältnis zu mhd.<br />

ü. — b. Alemannisieren<strong>des</strong> ö. — c. Mhd. oum. —<br />

d. Mhd. ouw, oug, ougg, ouk, ouch. — e. Verkehrssprachliche<br />

Einsickerungen.<br />

a. 1. Innerhalb <strong>des</strong> Oberdeutschen besteht in<br />

der Behandlung <strong>des</strong> mhd. ou eine Zweiteilung.<br />

Das Bairische und das Ostfränkische haben den<br />

alten Zwielaut im allgemeinen zum hellen ä-Laut<br />

monophthongiert, während das Alemannische einen<br />

o-artigen Monophthong besitzt oder den alten<br />

steigenden Zwielaut au, qu beibehalten hat. Speziell<br />

im Bairischen wurde die moderne Lautung ä<br />

bald nach 1200 erreicht. Doch ist heute im Mittel -<br />

bair. und teilweise im Nordbair. dieses ä nicht<br />

mehr überall erhalten. Das ä aus mhd. ou ist zunächst<br />

mit jenem anderen ä, das inzwischen aus<br />

mhd. u entstanden war (s. § 13 e), vereinheitlicht<br />

worden; zuerst im Mittel-, nicht viel später wieder<br />

im Nordbairischen. Wir stellen zum Vergleich<br />

zwei „ReimWörter" nebeneinander, mhd. gelouben<br />

(glauben) und klüben (klauben, lesen, pflücken).<br />

Der Gleichklang, den Karte 17 für dieses Wortpaar<br />

mit der dicken Linie umrandet, erstreckt<br />

sich im Mitteibair, über die ganze Donau-, aber<br />

nicht mehr über die Isarstraße von Nieder- und<br />

Oberbayern und geht übers ganze Nordbair. Bereits<br />

in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 13. Jhs. reimte ein<br />

wienerisch beeinflußter Dichter Österreichs in<br />

diesen und in anderen Wörtern mhd. ou mit mhd.<br />

ü; es ist der verwienerte Adoptivkärntner Heinrich<br />

Xon dem Türlin um 1225, sofern diese frühe Datierung<br />

stimmt; ihm folgten erst fünfzig Jahre<br />

später Ulrich von dem Türlin, der Wiener Jans<br />

Enikel und schließlich Helbling, Wernher der<br />

Gartenaere, Suchenwirt, Teichner u. a. m. Aufklärung<br />

über den Lautwert dieser Reime bringt<br />

uns die Urkundensprache. Seit der zweiten Hälfte<br />

<strong>des</strong> 13. Jhs. und insbesondere seit 1300 wurde<br />

im Mittelbairischen nicht nur für mhd. ou, sondern<br />

jetzt auch für mhd. ü gelegentlich d, ä, e geschrieben<br />

und demzufolge ä gesprochen. Damit war der<br />

mittelbair. Gleichklang als ä tatsächlich erreicht.<br />

Dasselbe macht sich etwas später im Nordbairischen<br />

bemerkbar. — 2. In<strong>des</strong>sen hat das<br />

Südbair. die zweite Umbildung von mhd. ü zu ä<br />

nicht mehr mitgemacht. Es trennt säuberlich<br />

gläbm von khlaubm oder läfn (laufen) von haufn<br />

(Haufen) aus mhd. gelouben, louffen, bzw. klüben,<br />

hüffe usw. Im Bair. muß übrigens die Tendenz,<br />

den alten Zwielaut ou zu ä zu verwandeln, schon<br />

im 12. Jh. fest verwurzelt gewesen sein. Seine<br />

Außengründungen haben abgesehen vom Zimbrischen<br />

(s. § 21 b 3) dieses ä in der Diaspora<br />

selbständig erreicht. Deshalb können auch neuentlehnte<br />

au aus der Fremdsprache, z. B. im<br />

Fersental räk (Heiserkeit), plät (viergeteiltes Holzstück<br />

aus einem Baumklotz) aus altvenez. rauka,<br />

plauta, Wörter, die es in der Tiroler Heimat der<br />

Fersentaler nicht gibt und nie gegeben hat, an dem<br />

Wandel noch teilnehmen; ähnliches gibt es in den<br />

mittelbair. Außengründungen. — 3. Der einstige<br />

ä-Bestand ist aber im Mittelbair. für mhd. ou<br />

wie für mhd. u oft nur mehr in Restformen bewahrt<br />

und auch im südlichen Nordbair. schon<br />

stark durchlöchert. An ihre Stelle trat hochsprachliches<br />

au. Bei geloubenjklüben ist das ä auf<br />

mittelbair. Boden bis in den äußersten Norden<br />

66<br />

von Niederösterreich zurückgedrängt worden und<br />

nur mehr im Nordbair. einigermaßen intakt, bei<br />

louffen/hüffe bestehen in größeren Teilen von<br />

Niederösterreich und an den Rändern von Oberösterreich<br />

laffv und teilw. haffn usw. noch fort;<br />

ja es steht sogar vielfach noch unterschieden<br />

laffv, laffm gegen hauffv, hauffm. Unter verkehrssprachlichem<br />

Wiener und Regensburger Einfluß<br />

ist vielmehr für beide mhd. Laute, für mhd. ou<br />

wie für mhd. ü, auch hier gewöhnlich nobleres au<br />

eingetreten, also gläu'm (glauben) wie gläu'm<br />

(klauben; s. die Karte) und lauffv wie hauffv.<br />

Vielfach sind, insbes. in Niederösterreich und<br />

Südmähren, Restformen mit ä aus mhd. ou zurückgeblieben,<br />

z. B. neben gläu'm (glauben) noch<br />

säb, säwö, säwvs (Strohschaub zum Dachdecken)<br />

aus mhd. schoub, schoubböz. — 5. Die mittel- und<br />

nordbair. Sprachinseln um Iglau, Brunn und<br />

Wischau bewahren in<strong>des</strong>sen als älteren Zustand<br />

noch den Unterschied, z. B. gläbm neben khläubm,<br />

läffv neben häuffv. — 6. Die gleichen Lautwege<br />

besehritt übrigens mhd. öü als Umlaut von mhd.<br />

ou, s. § 22 a.<br />

b. 1. Unsere Karte zeigt fürs Alemannische, für<br />

Vorarlberg und Schwaben, die oben erwähnten<br />

ö und au; und zwar au, QU im Binnenschwäbischen,<br />

aü im Allgäu, ö in Nprdwestschwaben, ö im<br />

schwäbischen Lechrain. Überdies ist im Aleman.,<br />

abgesehen von der Lautfolge mhd. -ouw- (s. § 21 d),<br />

diese normale Entwicklung überall und im Gegensatz<br />

zum Bairischen (s. § 21 d) auch in den Lautfolgen<br />

mhd. -oug-, -ougg- usw. eingetreten. Nun<br />

reichen diese alemannischen Lautungen über den<br />

Lech und den Arlberg nach unserer Karte nach<br />

Osten auf bairischen Boden herüber, sowohl ins<br />

westliche Oberbayern als auch nach Westtirol. Die<br />

Lautformen selbst sind wie im Alemannischen<br />

nicht einheitlich. Im Staudengebiet gilt vom Norden<br />

herunter bis knapp vor Landsberg am Lech<br />

und bis vor Inning am Ammersee das gleiche g<br />

wie im angrenzenden Nordschwaben, also glö'm,<br />

Igffü (läffv) usw.; südlich davon spricht man mit<br />

dem schwäbischen auch am bayr. Lechrain bis<br />

zum Starnbergersee und im obersten Loisachtal ö<br />

(öu) in glöwv (glöubm), löfo (loffv, löuffm), <strong>des</strong>gleichen<br />

im unteren tirol. Lechtal; daneben erscheinen<br />

zwei voneinander getrennte p-Inseln im<br />

Ammergau und im tirol. Oberlechtal. Im übrigen<br />

Außfern und im tirol. Oberinntal von Telfs aufwärts<br />

tritt dafür öu ein, woneben man im Stanzerund<br />

Paznaunertal bei alten Leuten auch Qu zu<br />

hören bekommt; im Ötztal schließlich begegnet<br />

uns (mittelgaumiges) 5 (globm, kxoffm). Im südlichen<br />

Oberbayern reichen die alemannischen Lautungen<br />

ungefähr bis zu jener älteren Ostgrenze <strong>des</strong><br />

Bistums Augsburg, wie sie im Mittelalter verlaufen<br />

war; in Westtirol läßt sich die Ostgrenze<br />

<strong>des</strong> aleman. ö (öu, 6) m. W. vorderhand noch nicht<br />

mit einer alten kirchlichen oder politischen Grenze<br />

in Beziehung bringen. Zweifelsohne haben wir es<br />

auch diesmal wieder mit einem jener Alemannismen,<br />

wie sie im 12. und 13. Jh. über den Lech und<br />

den Arlberg vorgestoßen sind, zu tun, mit westlichen<br />

Einflüssen, die wir schon <strong>des</strong> öfteren kennen<br />

gelernt haben und die in Teilen von Oberbayern<br />

und von Tirol nachträglich durch einen bairischen<br />

Gegenstoß seit ugf. 1250 wieder verbaiert worden<br />

sind (vgl. Einltg. 22). Diese ö-Lautungen verhalten<br />

sich parallel zu den ugf. gleich weit verbreiteten<br />

e-Lautungen aus mhd. ei für ahd. -egi- (s. § 20 o). —<br />

2. Wie bei den meisten Alemannismen dieser Art<br />

dienen auch hier Restformen mit ö oder mit e<br />

(und vor Nasal mit f) für mhd. öü in verkehrsfernen<br />

Wörtern als Zeugnis dafür, daß diese<br />

aleman. ö selbst wirklich einmal weiter nach Osten


gereicht hatten. Im Obervintschgau heißt Laatsch,<br />

urkundl. mhd. Lou<strong>des</strong>, Lan<strong>des</strong> geschrieben, noch<br />

jetzt LgtS; l%nn (Lawine) tritt uns statt „lautgesetzlichem"<br />

länv im Stubaital und im Sellrain<br />

sowie als Ortsname L$rw neben allgemeinem länv<br />

im Silltal entgegen; z$mar (Brautausstattung) aus<br />

söüniäre (der Leiter <strong>des</strong> Saumpfer<strong>des</strong>; mit alemannisierendem<br />

Umlaut gegen bair. soumär)<br />

treffen wir im Sill- und Stubaital, im Sellrain, im<br />

Passeier und im Obereisacktal. In ähnlicher Weise<br />

reicht im nördl. Oberbayern strichweise dropff<br />

(Dachtraufe) statt echtbair. drapff aus mhd.<br />

troupf, trouff über die allgemeine ö/ä-Grenze ins<br />

ä-Gebiet hinein; ebenso ist im syntaktisch nicht<br />

ohrenfälligen Wort auch um Dachau, Pappenheim,<br />

Heidenheim und Dinkelsbühl g statt bair.-fränk.<br />

ä, äx zu hören; bei solchen unauffälligen Satzteilen<br />

scheinen auch sonst Spuren älteren Lautstan<strong>des</strong>,<br />

die im Gegensatz zum neuen, allgemeinen<br />

Lautstand stehen, öfters durch. — 3. Mit den<br />

Westtiroler Mundarten teilt auch das Zimbrische<br />

als Westtiroler Außengründung diese alemannische<br />

ö-Schattierung, allerdings in mannigfachen Variationen.<br />

In den Sieben Gemeinden herrscht geschlossenes<br />

6, das phonologisch für sich allein<br />

steht, etwa in Möwen (glauben), löffen (laufen)<br />

oder, um Neuentlehnungen aus dem benachbarten<br />

Venezianischen zu nennen, in krokka (Nadelbaumzweig,<br />

der an Stelle eines abgehauenen<br />

Zweiges hervorwächst) aus vlat. *crauca (mit<br />

deutschem Umlaut, der für die Romanistik hochinteressant<br />

ist). In Luserna und Lavarone ist<br />

daraus gv geworden (glgvbm, Igmron, krQ'vk), das<br />

nunmehr zusammenfällt mit QV aus mhd. 6 (s.<br />

§ 11 b 1) und aus mhd. ei (s. § 20 d); g gilt um<br />

Folgaria (glgbm, Igimn, krQk) und in den Dreizehn<br />

Gemeinden (glgwtm, l§fvn, krQke). — 4. Dabei ist<br />

eines lehrreich. Nach der Westtiroler Urkundensprache<br />

ist der Wandel von spätmhd. au (von dem<br />

man aber nicht weiß, wie es in Westtirol ausgesprochen<br />

worden ist; etwa als äut) zum momodernen<br />

ö erst um 1400 eingetreten; vorher wird,<br />

selbst in literaturfernen Eigennamen, immer au<br />

geschrieben. Daher haben auch jene nachherigen<br />

„Zimbern", welche von Westtirol aus ugf. um<br />

1100 in die Sieben Gemeinden als älteste „zimbrische"<br />

Muttergründung ausgewandert sind, bestimmt<br />

noch das alte Westtiroler au mitgebracht.<br />

Sie haben <strong>des</strong>senungeachtet in sonderbarer Übereinstimmung<br />

mit ihrer Heimat im nachhinein auch<br />

den o-Laut ausgebildet. Es liegt etwas Wunderbares<br />

im Wesen neigungsmäßig vorausbestimmter<br />

Monogenesis: die schlummernde Tendenz zu einem<br />

bestimmten Lautwandel bringt es mit sich, daß<br />

oft Jahrhunderte nach der Trennung die Heimatund<br />

die Außenmundart trotzdem die gleichen<br />

Lautentwicklungen ablaufen und bis zur gleichen<br />

Endstufe ausreifen lassen.<br />

c. 1. In der Lautfolge mhd. -oum- in Wörtern wie<br />

Traum, Baum, (räumen, Kahm, säumen (Saum-'<br />

lasten transportieren) aus mhd. troum, boian,<br />

troumcn, roum, soumen beherrschen diese ö-Lnutungen<br />

im Bair. den allgemeinen Raum <strong>des</strong> ä für<br />

mhd. ou. Es fällt aber ou vor m trotzdem in einer<br />

viel größeren Landschaft mit mhd. ü zusammen<br />

als sonst; das geschah <strong>des</strong>halb, weil mhd. -um-,<br />

wie § 14 b 2 zeigte, in viel größeren Gebieten zu-ämgeworden<br />

ist als sonst mhd.;* zu «. — 2. In Luserna<br />

und Lavarone ist lautgerechtes gn aus mhd. ou<br />

gleich wie gv aus mhd. 6n und ein (s. § 11 d 6 und<br />

20 j 1) zu uv n gewandelt worden, also trümn, pünm,<br />

entrüDindn, rümn.<br />

d. 1. Vor gewissen Mitlauten schlägt das mhd.<br />

ou im Bairischen seine besondere Entwicklung zu<br />

au statt zu ä ein. Dies gilt in erster Linie vor<br />

§ 21b 2—d4<br />

folgendem -w- in Wörtern wie z. B. in mhd. vrouwe<br />

(Frau), schouwen (schauen), ouwe (Au), genouwe<br />

(genau); weiters vor -g- in ouge (Auge), lougenen<br />

(leugnen) usw., vor -gg- in mhd. einougge (einäugig),<br />

vor -ck- in (ostmittelbair.) roucken (rauchen lassen),<br />

in spoucken (davon-, herumjagen), joucken (überlegungslos<br />

herumrennen, hinausjagen) und ververeinzelt<br />

vor -ch- in mhd. rouchen (rauchen),<br />

brouchen (brauchen) usw. (s. weiter unten). Am<br />

weitesten verbreitet ist diese Sonderentwicklung<br />

ohne Zweifel in der Lautfolge mhd. -ouw-; an ihr<br />

hat auch das Aleman. teilgenommen. Die Lautfolgen<br />

oug, ougg usw. haben jedoch nur mehr im<br />

Bair. ihren eigenwilligen Weg beschritten, er gilt<br />

weder im Aleman. noch im Ostfränk. Phonetisch<br />

erklärt sich die aw-Lautung vor w durch die Aussprache<br />

-ouw- als -auit-; sie mußte den Zwielautcharakter<br />

wahren. Eine Erklärung für das mundartl.<br />

au vor den Gaumenlauten g usw. wird § 22 b 1<br />

vorgelegt werden. Das moderne Ergebnis ist jetzt<br />

im Bair. wie gesagt au, als läge mhd. ü vor, und<br />

zwar im Gesamtbairischen, also auch im Südbair.<br />

Daher die jetzigen Aussprachen frau, saufgjn, au,<br />

gnau; aug, laugn,v(n), gvnauk(kad) (dazu s. auch<br />

§ 22 b 3), (ostmittelbair.) raukkv(n), spaukxn,<br />

j.aukxn. Sie stimmen zu haus (Haus) aus mhd. hüs<br />

dazu. — 2. In rauchen ist zwar im allgemeinen der<br />

Wandel zu ä durchgedrungen (räxn usw.), doch<br />

sagt man rauht), räuxty einerseits in Niederbayern<br />

und in der Oberpfalz, rauhn andererseits in den<br />

verkehrsreicheren Teilen von Kärnten (im ganzen<br />

Drautal, im Untermölltal, im Millstätter Becken,<br />

im Gegendtal und im ganzen Glangebiet). Brauchen<br />

lautet im Binnenbair. immer nur mit au aus mhd. ü,<br />

nur gottsch. prä(u)xxVi und zimbr. pröxx^n,<br />

pröxxzn der Sieben Gemeinden weisen auf mhd.<br />

ou(öu). — 3. Die mittelbair. Dichter <strong>des</strong> Mittelalters<br />

reimten in allen genannten Gruppen, soweit<br />

es möglich ist, mhd. ou schon im 13. Jh. mit ü;<br />

doch sagt das noch nicht viel in Hinblick auf die allgemeine<br />

Reimmöglichkeit <strong>des</strong> Mittelbairischen von<br />

mhd. ou mit mhd. ü (s. § 21 a). Die südbair.<br />

Dichter verhielten sich, soweit sie wienerisch beeiflußt<br />

waren, nicht anders. Doch verbanden die<br />

echt südbairisch reimenden Dichter ou vor g, gg, ck<br />

erst ab 1300 mit ü. Das hat seinen guten Grund. Ihn<br />

erkennen wir an der Mundart von Gottschee, einer<br />

Außengründung, die zwar erst ugf. um 1325 entstanden,die<br />

aber von einer sehr konservativen Binnenlandschaft<br />

aus besiedelt worden ist, vom kärntn.tirolischen<br />

Grenzgebiet. In der Sprachinsel Gottschee<br />

wird, zumin<strong>des</strong>t in ihren beharrsamen<br />

östlichen und westlichen Randgebieten, mhd. ou<br />

vor w, g (vor gg, ck fehlen Belege) und vor ch als<br />

äu (äg) gesprochen. Dieses äu gleicht nur sich<br />

selbst, es wird reinlich auseinandergehalten von aü<br />

aus mhd. ü. Es heißt um Gottscheo vräugd (Frau),<br />

säugty (schauen), äugd, räuxx*h P r (* u xx>l m >t äu,<br />

das sich sowohl von ü in gdlüfnn, läff?n als von aü in<br />

khlaübm, haüffd usw. deutlich abhebt. Hier könnte<br />

also heute noch mhd. ou in vrouwe, ouge, in unserer<br />

Sonderstellung, nur wieder mit ou im Reim gut<br />

gebunden werden und mit keinem anderen Vokal.<br />

Dies ist derselbe Zustand, wie man ihn z. B. bei<br />

dem Südbaiern Ulrich von Lichtenstein im 13. Jh.<br />

tatsächlich vorfindet. Wenn trotzdem auch alle<br />

südbair. Dichter mhd. -ouw- und mhd. -uw- z. B. in<br />

vrouiccnjgelrü(w)cn untereinander reimen, so hat<br />

das einen anderen Grund. Es geht das auf die<br />

leuchtenden literarischen Vorbilder mhd. Dichtkunst,<br />

auf Hartmann von Aue und Gottfried von<br />

Straßburg, zurück; dioso hatten entsprechend<br />

ihrer süd- und niederalemon. Mundart (vgl. südaleman.<br />

frouuv/bouun) schon damals solche Reimo<br />

als rein empfunden und bilden können.— 4. Aus<br />

6* 67


§ 21 d 4—§ 22 a 4<br />

dem Gottscheer -äu- leitet sich das Verhalten der<br />

übrigen südbair. Außenmundarten ab. Schon in der<br />

Herzlandschaft der Gottscheer Insel werden die<br />

seltsamen äu der Randlandschaften zu ä vereinfacht;<br />

vräga, Sägr}, ägz, räxxVi- Zwar ist die Lautfolge<br />

-ouw- in den übrigen Außenmundarten wie<br />

auch sonst überall zu au geworden (vrau, Saugt}),<br />

sogar im Zimbrischen. Vor -g- usw. ist jedoch mhd.<br />

ou dem Wandel zu ä nachgefolgt. Darum sagt man<br />

in Zarz äge, lägryen, räxxn, ebenso in Deutschruth<br />

und in Zahre und sogar im Fersental als der modernsten<br />

südbair. Außenmundart äg, lägnpn, räxan.<br />

Nur Pladen und Tischlwang haben sich mit ihrem<br />

äuge, laugryen und Tischlwang auch mit rauxn<br />

(Pladen räxxVi) ans Binnenbair. enger angeschlossen<br />

an die (kärntn.) Lautungen äuge, laugrpn,<br />

rauhn (neben rähn). Hingegen besitzen die mittelund<br />

nordbair. Sprachinseln um Brunn, Wischau,<br />

Budweis und Iglau zur Gänze schon die binnenbairischen<br />

Verteilungen. — 5. Diese Sonderentwicklung<br />

besteht jedoch bei mhd. oug, ougg, ouk<br />

usw. wie erwähnt im Alemannischen nicht mehr,<br />

ebensowenig in Westtirol, im westlichsten Oberbayern<br />

und im Zimbrischen mit deren alemannisierendem<br />

ö u. dgl. Für bair. aug (Auge) z.B. gilt im<br />

westlichsten Oberbayern je nachdem gg, ög<br />

oder öug, in Westtirol öug, gg, oge und im Zimbrischen<br />

öge, gvge, gg(e), die immer je nachdem<br />

zu glg'm, glönm, glöubm, glöbm; klöwen, glgvbm,<br />

glgbm oder zu glgwon usw. dazupassen. Zum alemannisierenden<br />

Umlaut legr^nn in diesen Gebieten<br />

s. auch § 22 a 4. — 6. Gegen diese bairische Sonderregelung<br />

vor g stellen sich sonderbarerweise<br />

altertümliche Mundartentsprechungen für mhd.<br />

loug (Lohe) und boug (Bogen). Sie haben regelwidriges<br />

ö. Statt erwartetem mundartl. laug überraschen<br />

uns mit der Aussprache lag die Grafschaft<br />

Pitten in Niederösterreich, das mittlere Burgenland,<br />

die südliche Mittelsteiermark (teilw. läkx)<br />

und nördlich der Donau das obere Mühlviertel; an<br />

Stolle von gelegentlichem bäug und der häufigen<br />

Verkleinerungsform bäigl (bogenförmiges Weißgebäck)<br />

tritt pägl, pägv (bogenförmiges Allerseelenbrot)<br />

im Vintschgau und im tirol. Oborinngebiet,<br />

bä (auch dsönvbä) im Weinviertel sowie in<br />

der Verkleinerungsform pägl (dass.) im Burgenland,<br />

ferner päg, pägl (Jochpolster; ein Ring zum<br />

Festmachen der Deichsel am Ochsenjoch) in Kärnten,<br />

weitors als fern, bä (eine bestimmto Art von<br />

Ackerfurchen) in der Oststeiermark und in der<br />

Grafschaft Pitten, schließlich die Ableitungen<br />

pägilat im Pustertal und päsir}kxat im Defreggen<br />

und im Liesertal für krummbeinig. Bei päg usw.<br />

denkt man an Verallgemeinerung <strong>des</strong> Umlautes<br />

aus mhd. böüge im plur. zu boug; ähnliches hat<br />

man sich bei lüg vorzustellen, obgleich lag heute<br />

oft als sing, tantum auftritt; denn mhd. -öügwird<br />

im Bair. tatsächlich lautgesetzlich zu mundartl.<br />

-äg- (s. § 22 b 1). Lautgesetzlich sind in der<br />

Sprachinsel Gottschee pägd, päugd (Ring am<br />

Ochsenjoch), teilw. in Oberösterreich laug (Flamme)<br />

und im Zimbrischen lökx entwickelt.<br />

e. Bei einigen rechts-, kirchen- oder sonstwie<br />

verkehrsgebundenen Wörtern machen sich hochsprachl.<br />

Einsickerungen geltend. Die echtmundartl.<br />

Lautungen (kärntn.) tsäwarn (zaubern),<br />

räbm (rauben), täb (taub, stumpf, blöd) sowie<br />

räunr (Räuber) sind im Binnenland so gut wio im<br />

Aussterben, <strong>des</strong>gleichen khäf (Kauf), läfi(g) (läufig),<br />

khäfdr (Käufer) u. e. a. Für sie tritt tsauwzrn, raubm,<br />

taub, rauww (in Altbayern, Tirol und Oberösterreich<br />

raium), weiters khauf, laifig, khaifor auf,<br />

während etwa khäfm seine echte Lautentsprechung<br />

besser behauptet.<br />

68<br />

§ 22. Mhd. öü (s. Karte 18)<br />

Übersicht: a. Mhd. öü im allgemeinen. —<br />

b. Mhd. öü vor g, gg, k. — c. Mhd. öüw.<br />

a. 1. Mhd. öü findet sich nur in wenigen Wörtern<br />

und bildet eine ausgesprochen gliederarme Reihe;<br />

sein Lautbestand ist daher für innere Zersetzungen<br />

und für Angriffe von außen ebenso anfällig wie<br />

mhd. iu (s. § 16) oder mhd. -eij- (s. § 20 i). Störungen<br />

und Verwirrungen haben sich überdies durch<br />

lautliche Differenzierungen innerhalb <strong>des</strong> Wortparadigmas<br />

ergeben oder besser gesagt durch<br />

deren nachträgliche Ausgleichsformen (s. § 22 c). —<br />

2. Weil es an Beleggut mangelt, müssen wir gegen<br />

unsere Grundsätze auch Formen, bei denen der<br />

Verdacht ihrer Entstehung durch Wortanalogie<br />

besteht, mit heranziehen, wie Bäumlein, Bäume zu<br />

Baum. Bei ihnen sowie meistenteils bei mhd.-bair.<br />

kröül (Kreuel, Drei-, Fünfzack, Kralle) und löune<br />

(Leune, d. i. Lawine) ist die Parallelität zu mhd. ou<br />

und zu mhd. ei (aus ahd. -egi-; s. § 20 o) gewahrt,<br />

ausgenommen vor länger beibehaltenem w. Wo<br />

für mhd. ou (und ei) der Laut ä entspricht, gilt er<br />

auch hier; daher im Bair., z. B. in Kärnten,<br />

päml(e), päm(dr), khräl, läne; wo in West tirol<br />

und im westlichsten Oberbayem ö usw. für mhd. ou<br />

herrscht, entstand hier e (oder vor Nasal teilweise<br />

f): kxrel, lenv (l$nv, l


halten die Westtiroler Lautungen legn,v, semdr und<br />

rexx® einen zweifachen Alemannismus: einerseits<br />

ihre alemannisierenden ö, andererseits ihren alem.<br />

Umlaut von ou zu öü ! — 5. Nach Kreuel, Leune<br />

richtet sich auch, soweit echtmundartliche Lautentsprechungen<br />

überliefert worden sind, Freude<br />

aus mhd. vröüde 2 ). Am oberbayr. Lechrain und in<br />

Westtirol entspricht dafür das alemannisierende<br />

fred, am Starnberger- und am Kochelsee das<br />

echtbair. fräd, ebenso im oberen Loisach- und im<br />

obersten Isartal und wieder im tirol. Oberlechtal<br />

(fräd); <strong>des</strong>gleichen in der Sprachinsel Zahre<br />

(vräde) sowie weit davon entfernt im Ascher<br />

Ländchen als äußerstem Norden <strong>des</strong> bair. Dialektgebietes<br />

(fräd). Nach Ausweis urkundlicher Ortsnamenschreibungen,<br />

wie Vrädenberg, -stein, -eck<br />

usw. <strong>des</strong> 14. und 15. Jhs. für Freudenberg, -stein,<br />

-eck, war die Lautform fräd früher einmal gemeinbairisch.<br />

Jedoch breitete sich die neue Ersatzform<br />

fraid unter höfischem Einfluß schon im 14. Jh.<br />

aus; Ottokar aus der Gaal reimte als Obersteirer<br />

schon ugf. um 1310 gegen alten Brauch vröüde mit<br />

ich giüde (ich prahle). — 6. Soweit dieses mhd. öü<br />

einstmals vor altem -w- gestanden war, hat es<br />

gleich dem Kontraktionsergebnis mhd. ei für ahd.<br />

-egi- (s. § 20 o) einen eigenen Wegbeschritten. Es erhielt<br />

im Südbair. bis gegen 1300 (über älteres *äü)a\s<br />

öi-Lautung eine isolierte Stellung; nur äi aus dem<br />

erwähnten mhd. ei war ihm lautgleich, denn für<br />

mhd. i und d stand ja z. B. in waib (Weib), mais<br />

(Mäuse) das säuberlich geschiedene ai. Wieder bewahrt<br />

allein die Sprachinsel Gottschee in vräidd<br />

gegen baip (Weib), maizd (Mäuse) und gegen pämo<br />

(Bäume), pämle (Bäumlein), die kein ahd. -w- hatten,<br />

diese erstaunliche Altertümlichkeit 3 ), öüu<br />

schlug folgerichtig den parallelen Weg zu mhd.<br />

-ouw- und <strong>des</strong>sen äu ein. Das gottscheeische äigle<br />

(Äuglein) ist dagegen am ehesten erst analog zu<br />

äug9 (Auge) gebildet worden. — 7. Schon einmal<br />

erwähnt wurde als Besonderheit der abwegige<br />

Wandel von mhd. öü zu ä im Westtiroler Oberlechtal<br />

sowie in Resten im Oberinntal. Einige<br />

Spuren dieser Merkwürdigkeit entdeckt man im<br />

verborgenen auch im ötztal. Der Baum heißt<br />

dort statt erwartetem p§m (so im Unterötztal)<br />

pämdn, der Oaugg, ein männlicher Kinderschreck<br />

südbair. Sagengutes, gäkkz oder gükki}; ihre ä<br />

entspringen m. E. einer Verallgemeinerung <strong>des</strong><br />

ahd. gen.-dat.-Umlautes in *böümin, *göüggin zum<br />

(aleman.) ahd. nom. boumo 4 ), gouggo 6 ). Jetzt<br />

verstehen wir auch das ötztalerische (z wildv)<br />

g^iäde (die wilde Jagd) mit seinem ä aus mhd. ei<br />

besser; auch hier wäre nach ötzt. ar zet (er sagt),<br />

ar tret (er trägt) usw. oder legtpn (leugnen) eigentlich<br />

die Lautung e zu erwarten.<br />

b. 1. Während im Bairischen, wie § 21 d gezeigt<br />

worden ist, mhd. ou vor g, gg, ck als Zwielaut au<br />

% ) Das uralte zimbr. vröwsde paßt zu ahd.<br />

vrewida.<br />

3 ) Bei Kreuel und Leune können wir dio Sonderstellung<br />

im Gottscheeischen leider nicht fassen;<br />

diese Wörter fehlen unserer Sprachinselmundart.<br />

*) Im südl. Teil <strong>des</strong> alemannischen <strong>Dialektraumes</strong><br />

wird das Wort Baum schwach abgewandelt, also<br />

nom. sing, bömv ( = Bäumen). So ist denn auch dio<br />

schwache Deklination von Baum im ötztal ein<br />

Alemannismus. Auch in den Dreizehn Gemeinden<br />

heißt es pgmc und in Zahro päme l<br />

•) Die gleiche Rolle spielt als Kinderschreck in<br />

einigen Mundarten <strong>des</strong> südl. Mittelkärntens dr<br />

kaufe, das gleichfalls auf ahd. gouggo weist (dat.acc.<br />

kaukkn).<br />

§ 22 a 4—c 1<br />

fortbesteht und der Monophthongierung zu ä<br />

erfolgreichen Widerstand geleistet hatte, gab es<br />

bei <strong>des</strong>sen Umlaut öü einen solchen Widerstand<br />

vor g usw. nicht mehr. Offenbar wurde in alter<br />

Zeit in den Lautgruppen oug, ougg, ouck (ouch)<br />

der Gaumenlaut so weit hinten artikuliert, daß er<br />

imstande war, das unmittelbar vorausgehende u<br />

<strong>des</strong> Zwielautes au zu stützen. Sobald jedoch diese<br />

Gaumenlaute durch „Umlautsmouillierung" palatal<br />

ausgesprochen wurden, fiel diese hintergaumige<br />

Aussprache natürlich weg und damit auch die<br />

zwielauterhaltende Kraft von g, gg usw. — 2. Für<br />

mhd. -öügge in Zusammensetzungen wie einöügge<br />

(einäugig), *birgöügge (mit Augen verschiedener<br />

Färbung) erscheint daher -ak, -akknd; so in Oberbayern<br />

(ohne den Nordosten) mit der niederbayr.<br />

Gegend um Landshut, im Unterinntal mit dem<br />

Zillertal und im Ultental (südl. v. Meran) und<br />

entsprechend -ek, -ekkvt am oberbayr. und Schwab.<br />

Lechrain und im Oberinntal von Telfs aufwärts;<br />

nach unseren Regeln heißt es -ak im tirol. Oberlechtal.<br />

Sonach erscheint auch mhd. saugen (an<br />

der Mutterbrust säugen) echtmundartlich, z. B. in<br />

Osttirol, als sägn, mhd. *zöügge (die eingespannten<br />

Zugtiere) in Steiermark und im angrenzenden<br />

Kärnten als tsak (auch tsakx, tsäg) usw. Darum<br />

vor allem müssen wir auch bei mundartl.-bair.<br />

lüg (Lohe) und päg (etwas Bogenförmiges), vgl.<br />

mhd. loug, boug (§ 21 d 6),Übertragung von Pluralformen<br />

mit öü auf den Singular annehmen. Lautungen<br />

wie aigl (Äuglein), aigln (äugeln) haben wir in<br />

den Bereich der Analogie zu verweisen und in<br />

Beziehung zu bringen mit Vorlagen wie haisl<br />

(Häuschen), haidl (Häutlein) zu haus, haud. —<br />

3. In<strong>des</strong>sen leisteten unsere Gaumenlaute eben<br />

ihrer hintergaumigen Aussprache wegen dem Umlaut<br />

als solchem, bzw. der „Mouillierung" überhaupt,<br />

oft erfolgreichen Widerstand. Der Umlaut<br />

fehlt ja im Bair. in mhd. lougenen, er fehlt ebenso<br />

in jaucken, spaucken und raucken (soweit diese<br />

Wörter überhaupt vorkommen); er fehlt in weiten<br />

Landstrichen auch in -auk, aukktxl (-äugig); so<br />

immerhin in Niederbayern mit der südöstlichen<br />

Oberpfalz, im Süd- und Nordwesten von Niederösterreich,<br />

im Flach- und Tennengau, im Pinzgau<br />

und Oberpongau 6 ).<br />

c. 1. Unübersichtlich werden die Verhältnisse<br />

erst bei der mhd. Lautgruppo -öüw-, insoweit sich<br />

bei ihr der w-Laut länger behauptet hat; etwa in<br />

mhd. slröüwe kommen uns die weit auseinanderliegenden<br />

Lautentsprechungen iirai, Strä, streb,<br />

slröwe, Strq, Straüüe und Stroi, Stroib unter; das<br />

historische Wachstum allerdieser Formen kann nicht<br />

mehr ohne weiteres überblickt werden. Nicht viel anders<br />

steht es beim Worte Heu. Dennoch gelingt es uns<br />

auch hier, das scheinbar unentwirrbare Durcheinander<br />

noch einigermaßen in Ordnung zu bringen.<br />

Allerdings haben wir dabei in sehr komplizierte<br />

Dinge der Lautgeschichto vorzustoßen und überdies<br />

bis in die frühahd. Sprachperiodo zurückzugreifen.<br />

Die ahd. Schreibweisen bringen wegen<br />

ihrer Ungenauigkeiten leider keine Klarheit mehr 7 ).<br />

Bei den Zeitwörtern streuen, feuen (Getreide<br />

reinigen oder sieben), fleuen (Wäscho schwemmen),<br />

•) Soweit nicht -ak(knd) und -auk(knd) fortbesteht,<br />

hat sich dio verkehrssprachl. Neubildung<br />

-augecht (mundartl. -augod) festgesetzt.<br />

7 ) Da in der ahd. Rechtschreibung statt einfachem<br />

U) gewöhnlich doppeltes uu und statt <strong>des</strong><br />

mhd. ö durchaus der lat. Buchstabe o geschrieben<br />

wurde, weiß man oft nicht, ob z. B. im 10. Jh. ein<br />

geschriebenes strouuis lautlich als strouwis oder als<br />

8tröwis richtig zu lesen ist u. dgl.<br />

69


§ 22 c 1—c 5<br />

freuen 8 ), dreuen (drohen) 9 ) haben wir — halten<br />

wir uns an das Beispiel streuen — für die frühahd.<br />

Zeit lautgerechte Verdoppelung <strong>des</strong> -w- vor folgendem<br />

-j- und Umlauthinderung, also im inf.<br />

strauwjan (sprich strauuian), vorauszusetzen, <strong>des</strong>gleichen<br />

in der 1. pers. sing. präs. ich strauwju;<br />

sie müssen lautgesetzlich in gleicher Weise über<br />

mhd. strouwen, ich strouwe zu nhd. *strauen führen,<br />

so wie sich z. B. frühahd. jrauwjä über mhd.<br />

vrouwe zu Frau entwickelt hat. Daß es die Lautung<br />

strauen im Bair. auch tatsächlich gegeben hat,<br />

beweist das osttirol. Iselgebiet mit seinen daraus<br />

geflossenen Mundartaussprachen ätraügry, straüüdn<br />

(streuen; vgl. ebendort vraüüdn „Frauen") und<br />

mit der Ableitung straüge, straüüz (Streu). —<br />

2. Folgte dagegen statt <strong>des</strong> -/- in frühahd. Zeit nur<br />

ein -i-, so mußte nach den damaligen Lautgesetzen<br />

die Mitlautverdoppelung unterbleiben und vor dem<br />

einfachen -w- außerdem der Vollumlaut <strong>des</strong> ahd.<br />

a zu e eintreten; demnach stand in der 3. pers.<br />

sing. präs. frühahd. strawit, ahd. streunt, ströwit<br />

(dieses mit Rundung von e zu ö vor folgendem w).<br />

Erhielten sich in der Mundart überdies die schwachdruckigen<br />

-a- bis ins 12. oder 13. Jh., so kam auf<br />

solche Weise mhd. ströwdt heraus; ugf. um 1100<br />

hatte ja im Bair. der Wandel von ahd. -u-, wie in<br />

ahd. Zeit je<strong>des</strong> geschriebene w genau genommen<br />

ausgesprochen worden war (also etwa strö-uit mit<br />

Silbentrennung), zu unserem doppelippigen -w-<br />

Laut begonnen. Es ergab sich fürs Mhd. die bair.<br />

Aussprache ströwet. Durch Verallgemeinerung von<br />

mhd. ströwest (streust) und ströwet (streut) im<br />

ganzen Flexionsparadigma bildeten sich daraus<br />

(nach Umlautentrundung) die inff. Strebm, febm<br />

usw. und nach ihnen strewe, Streb (Streu). Es ist<br />

daher gewiß kein Zufall, wenn diese -efe-Lautungen,<br />

deren Verbreitung auf unserer Karte dick umrandet<br />

ist, gerade nur dort auftreten, wo Aus- und<br />

Abfall <strong>des</strong> schwachdruckigen mhd. -e- innerhalb<br />

dfes Bair. am spätesten oder überhaupt nicht mehr<br />

durchgeführt worden ist: nämlich im Tirolischen<br />

mit angrenzenden Teilen von Bayern und mit<br />

Ober- und Mittelkärnten sowie in den südbair.<br />

Sprachinseln. Es heißt dort tatsächlich strebm und<br />

streive (streb), febrn und flebm (soweit diese Wörter<br />

vorkommen), frebm (in Westkämten und in den<br />

meisten südbair. Sprachinseln), drebm (in Westkärnten<br />

und den südbair. Sprachinseln). Auch<br />

beim Hauptwort ahd. eivi, d. i. eigentlich der gen.dat.<br />

zum nom. ou (Mutterschaf), gilt, soweit es<br />

vorhanden ist, in diesen Landstrichen ewe, eb. In<br />

den älteren südbair. Sprachinseln hat sich sogar<br />

ahd. hcivi, höuri (Heu) in dieser Weise erhalten.<br />

Es erscheint als heiwe in Zarz und Deutschruth<br />

und als hei(b) im Fersental 10 ). Im Zimbrischen<br />

ist noch das gerundete ö stehen geblieben, wie dem<br />

Zimbrischen ja überhaupt die modernere Umlautentrundung<br />

fehlt. In den Sieben Gemeinden entspricht<br />

ströwen, ströwe, dröwen, vröwen, Öive, höwe,<br />

ähnlich in Luserna (s'tröbm, ströwe usf.), in Folgaria<br />

(struübm usf.), in Lavarone (s'tröubm) und in den<br />

Dreizehn Gemeinden (ströuwon) durchaus mit den<br />

üblichen Lautentsprechungon für (gedehntes) mhd.<br />

ö. — 3. Fand jedoch bei der ahd. Lautfolgo -ö-<br />

8 ) Jetzt meistens durch hochsprachliches (g)fraiizn,<br />

frai n , fraidn verdrängt, z. B. in Gottscheo<br />

gevraiizn.<br />

•) Im Westen und Norden <strong>des</strong> Bair. tritt an<br />

seine Stelle dröen als Neubildung zu mhd. drö<br />

(Drohung); daher auch nhd.-schriftsprachliches<br />

drohen neben poetischem dräuen.<br />

10 ) In der Forsentaler Gemeinde Palu, die am<br />

spätesten und erst um 1300 deutsch kolonisiert<br />

worden ist, gilt binncntirol. hai neben strei(b) usw.<br />

70<br />

+ -ui- noch vor dem Wandel von u zu w der Ausfall<br />

<strong>des</strong> schwachdruckigen -i- statt, so ergab sich<br />

aus ströust zwangsläufig ströüt; dasselbe gilt natürlich<br />

auch bei frühem Abfall <strong>des</strong> auslautenden<br />

-9: von frühmhd. ich ströud, ströip, öxp, höud ausgehend,<br />

muß in gleicher Weise ich ströü und ebenso<br />

ströü (Streu), öü (Mutterschaf), höü (Heu) entstehen;<br />

durch Ausgleich können auch diese Lautungen<br />

in die inff. ströü(9)n usw. eindringen.<br />

Daraus ergaben sich, da ja mhd. öü im Bair. zu ä<br />

führt, von selbst die Mundartlautungen Strän<br />

(Strä n , Strädn), iträ, ä (oder auch är), hä. Sie enthielten<br />

jetzt die gleiche Lautgruppe wie das Wort<br />

Freude, <strong>des</strong>halb erscheint das einzige Gottscheer<br />

Wort, das daran teilnimmt, Heu, tatsächlich als<br />

häi mit äi (vgl. dazugottsch. vräide).sträbeherrscht,<br />

wie Karte 18 zeigt, nahezu das gesamtbair. Gebiet;<br />

nicht viel anders steht es mit strän und mit<br />

fän, flän, ä(r), soweit diese Wörter eben noch<br />

vorhanden sind. In Nord- und Mittelschwaben und<br />

am oberbayr. Lechrain gilt dementsprechend strq,<br />

str$ n (Streu), streyo (streuen), deren g-Laut fürs<br />

Schwäbische auffällt (vgl. ebendort mein „mähen").<br />

Die Lautung hä, die auch dazugehört, ist freilich<br />

zu einer ausgesprochenen Rückzugsform geworden.<br />

Sie lebt noch im Ober- und Unterpinzgau, im<br />

Lungau, im Lieser- und Obermölltal und im Iselgebiet,<br />

ferner im Tiroler Oberinngebiet mit dem<br />

Ötztal u ) und dem tirol. Oberlechtal sowie in<br />

Zahre und (als häi) in Gottschee, schließlich im<br />

Egerland mit angrenzenden Teilen der Oberpfalz<br />

12 ). Noch im vorigen Jahrhundert galt hä<br />

überdies um Weilheim und Garmisch sowie im<br />

Sundergau (Oberbayern), am Millstättersee und<br />

im Gegendtal (Kärnten), im 14. und 15. Jh. war es<br />

nach Ausweis gelegentlicher Schreibungen hä, hä,<br />

ha, he noch weiter verbreitet. In Zusammensetzungen<br />

entdecken wir dieses hä- noch in häbloomvd<br />

(Heublumen) sowie besonders in Flurund<br />

Siedlungsnamen, z. B. in hämvd, d. i. Heumahd,<br />

in Haberg (Heuberg) und dergleichen so<br />

gut wie im ganzen Bair., <strong>des</strong>gleichen ist für mundartlich<br />

gai (Gau, Handelsgebiet etwa <strong>des</strong> Fleischhauers)<br />

aus mhd. göü in Siedlungsnamen wie öaberg,<br />

Oadorf und anderen nicht selten Oä- vorzufinden.<br />

In ähnlicher Weise treffen wir in solchen<br />

Zusammensetzungen in Westtirol auf he-, z. B.<br />

im Flurnamen Hepparg (Heuberg) oder im Innerötztal<br />

in hepplüanidn (Heublumen). — 4. In manchen<br />

bair. Mundarten vermischte man das alte<br />

Nebeneinander von mhd. strouwen und ströüt und<br />

das ähnliche lautgesetzliche Nebeneinander von<br />

nom. höü, göü und dat. houwe, gouive (diese aus<br />

frühahd. hauwja, gauivja) zu den Kompromißformen<br />

*ströüüen und *ströüüt, *höüü und<br />

*höüü(e), *göüü und *göüü(e); diese Lautfolge<br />

-öüü- mußte dann über aüii und durch Entrundung<br />

über aii zum ai überleiten. Das war offenbar der<br />

Weg zu den mundartl. Lautungen hai (Heu), gai<br />

(Gau). Sie überdecken nach Karte 18 den Großteil<br />

<strong>des</strong> Bairischon. Dies war auch der Weg zu Mräi<br />

(Streu) in Niederösterreich, in der Oststeiermark<br />

und im Burgenland (s. Karte) und zu idräi n<br />

(streuen) in Teilen <strong>des</strong>selben Gebietes. Hai, gai<br />

gilt auch im angrenzenden Schwäbischen. — 5. Im<br />

Südalemannischen, etwa in Vorarlberg, sind diese<br />

öü und öüü, z. B. in höü, Ströüüi (Streu), ströüün<br />

(streuen) usf., bis heute lebendig geblieben. Sie<br />

n ) Im ötztal steht neben nom. hä im dat. häwe.<br />

12 ) Doch kann man das egerland. hä, wenn man<br />

will, gleich beurteilen wie dnbä (dabei) und sä I<br />

(sei!), also als sekundäre Monophthongierung aus<br />

älterem fiäi (s. § 13 e). Dann hat es mit unseren<br />

/iä-Lautungen nichts mehr zu tun.


fallen dort lautlich zusammen mit mundartlichem<br />

öüü aus mhd. -iuw- (s. § 16 d) in nöü (neu), röüüo<br />

(reuen) usf. Im nördlichsten Vorarlberg und um<br />

Lindau am Bodensee ist dann dieses öü zu ei<br />

entrundet worden: hei, streibv. Wenn tirolischerseits<br />

auch im Stanzertal am Arlberg hei vorkommt,<br />

so dürfen wir es wegen der mannigfachen weiteren<br />

Stanzer Alemannismen als „verbaiertes" montafon-klostertalerisches<br />

höü auffassen. — 6. Man<br />

Der Konsonantismus<br />

A. Die alten Palatalkonsonanten<br />

§ 23. Übersicht: a. Wesen und Verbreitung der<br />

Palatalkonsonanten. — b. Palatalkonsonanten und<br />

Umlaut in den Lehnwörtern. — c. Mouillierungsund<br />

umlauthindernde Konsonanten.<br />

a. 1. Vielfach herrscht die alte, von den Phonetikern<br />

<strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts übernommene<br />

Meinung, es bestünde in den oberdeutschen Dialekten<br />

nirgends ein Unterschied in der Aussprache<br />

<strong>des</strong>selben Mitlautphonems, je nachdem<br />

ob es bei vorder- oder bei hintergaumigen Vokalen<br />

steht; es gäbe auch die bühnendeutsche Differenzierung<br />

zwischen dem palatalen i^-Laut in<br />

z ixxl (Sichel) und dem velaren ajyr-Laut in maxx?n<br />

im Dialekt nicht. Diese Meinung wird noch in<br />

manchen oberd. Mundartgrammatiken weitergeschleppt.<br />

In Wahrheit ist die Differenzierung<br />

zwischen Palatal- und Velarkonsonanten und<br />

dergleichen im Ostfränkischen stark ausgeprägt,<br />

sie ist auch im Bairischen nahezu überall fühlbar;<br />

z. B. wird im Wienerischen in sixxh widv (wieder),<br />

Untn (finden) x> d, ntn merklich weiter vorne<br />

artikuliert als in niQxxV/, bi{dv (Puder), gfuntn<br />

(gefunden). Die gleichen Verhältnisse finden wir<br />

in München und in den meisten Bauernmundarten.<br />

Allerdings kommen diese Unterscheidungen<br />

dem Laien und leider oft auch dem „geschulten"<br />

Phonetiker nicht zu Bewußtsein. Sie sind phonologisch<br />

in der Tat nur Spielformen derselben Lautvorstellungen<br />

x, d, ntn. Man empfindet sie umso<br />

weniger, als sie in unserer Rechtschreibung über<br />

keinen graphischen Ausdruck verfügen. Außerdem<br />

ist in den bair. Mundarten der Unterschied meistenteils<br />

nicht so groß wie im korrekten Bühnendeutsch<br />

beim ix- und beim aA'-Laut. — 2. Dessenungeachtet<br />

spielten diese Differenzierungen in alter<br />

Zeit und spielen jetzt ihre Folgen im modernen<br />

Bairischen eine zu bedeutende Rolle, als daß wir<br />

darüber hinweggehen dürften. Vor allem in der<br />

Geschichte <strong>des</strong> Umlautes gewinnen sie im Rahmen<br />

der sogenannten Schererschen Mouilliorungstheorie,<br />

aber auch in gewissen Besonderheiten <strong>des</strong><br />

Mitlautstan<strong>des</strong> selbst ein schweres Gewicht. Da<br />

bei allen Mitlauten Palatalisierungen oder, wie es<br />

Scherer ausdrückte, Mouillierungen bestanden<br />

hatten, so stellen wir dieses Kapitel an den Anfang<br />

<strong>des</strong> gesamten Konsonantismus. — 3. Am wenigsten<br />

treten diese Palatalisierungen in Kärnten und in<br />

den Tiroler Vorkehrslandschaften <strong>des</strong> Inn-, <strong>des</strong><br />

Etschtales und <strong>des</strong> Vintschgaus sowie im Salzburg.-Obersteir.<br />

hervor; hier besteht tatsächlich<br />

in nidar und püddr beim -d- kaum ein Unterschied,<br />

und es wird in sixxl und jngxx'i ( s lhl und<br />

niQhn) das x (h) gleich weit hinten gebildet.<br />

Auch sonst ist im Süd- und Mitteibair, die Differenz<br />

gewöhnlich nicht groß, etwas stärker schon<br />

im Nordbair. Doch dürfen wir fürs Südbairischo<br />

als beharrsamsten bair. Unterdialekt dio Regel<br />

aufstellen: Je altertümlicher dio Dialektlandschaft<br />

§ 22 c 5—§ 23 a 4<br />

kann sich vorstellen, daß dieses öü(ü) auch zu<br />

oi(b) entrundet werden könnte, so wie etwa ähnlich<br />

im Sundergau mhd. 6 zu mundartl. QI entrundet<br />

wurde (s. § 12 4). Damit haben wir als<br />

letztes auch die Ostallgäuer Lautungen hoi, stroibo<br />

erklärt. Sie greifen auf das Tiroler Unterlechtal<br />

und ganz veraltet auch auf die Gegend um Lermoos<br />

(südl. der Zugspitze) und damit immerhin auf<br />

halbbairisches Gebiet über.<br />

ist, <strong>des</strong>to deutlicher werden die Palatalisierungen.<br />

Das heißt mit anderen Worten, in frühmittelund<br />

althochdeutscher Zeit müssen die Mouillierungen<br />

stark ausgeprägt gewesen sein. In den<br />

inneren Winkeln der Hochtäler wird diese Palatalisierung<br />

nach vorder- und mittelgaumigen Vokalen<br />

oft derart deutlich, daß man bei alten Leuten<br />

beim ersten Hinhören geradezu meint, ausgesprochen<br />

vorderzungige Mitlaute zu hören; etwa<br />

beim innerötztalerischen lükkxa (Lücke), pittn<br />

(bitten), zixxl® (Sichel) nimmt man zuerst etwa<br />

littsa, pikkn, ziisla wahr. Ebenso ergeht es uns im<br />

Innerziller-, im Innersilltal, im Oborpasseier, im<br />

Ahrntal und im obersten Iselgebiet. Gleich deutlich<br />

ist die Palatalität in der südbair. Sprachinsel<br />

Gottschee x ) 2 ) 3 ). In Teilen <strong>des</strong> Gottscheer Ländchens<br />

wird daher zwischen Mittelgaumenvokalen<br />

und Palatalkonsonanten nicht selten sogar ein<br />

kurzer -i-Gleitlaut eingeschoben; etwa in der<br />

Suchen in pQidn (Boden), hyizo (Hose), pQitd,<br />

ebenda sowie in anderen Randgebieten dieser<br />

Sprachinsel in räigry (Regen), bäigrp (Wagen,<br />

plur.), in vainßtdr (Fenster), Hainze (Hänschen)<br />

und in hi{int (Hund), ge§pi{inndn (gesponnen) statt<br />

normalem gottscheeischem podn, hözd, p3t9, ragt},<br />

bägnp, vanßter, Hanze, hi[nt, g38pi[nndn. — 4. Desgleichen<br />

wird in der Mittelsteiermark, in Teilen<br />

<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> und (veraltet) im Kärntner<br />

Lavanttal bei den Nasenlauten ein großer Unterschied<br />

gemacht und auch sonst stark differenziert.<br />

Die alten Leute dieser Landschaften sagen z. B.<br />

ninnvsd (ninderst, nirgends), gh[nnv (Kinder),<br />

fintn (finden), sl[itn (Schlitten) mit ausgesprochenen<br />

Palatalkonsonanten und stellen ihnen ebenso<br />

übertriebene Velarisierungen etwa in junmtn (gefunden),<br />

IiQnmt (Hand), hiinmt (Hund), htiut}mv<br />

*) Wenn in Zarz und Deutschruth diese Palatalisierungen<br />

nicht so stark erscheinen, so steckt<br />

dahinter gewiß ein Slawismus.<br />

2 ) Eine Besonderheit größter Weiträumigkeit<br />

offenbart sich uns in folgendem Fall: In den<br />

Sprachinseln und in den Tiroler Hochtälern wird<br />

nach -r- und -l- jeder Gaumenlaut palatalisiert,<br />

etwa in ötztal. kxglx (Kalk), Stprx (stark), pärge<br />

(Berge). Derselbe Zustand begegnet uns im Ostfränk.<br />

als ghölx, Märg, bgrg (und danach in der<br />

Bühnonspracho als JiQrxan „horchen"). Daraus<br />

ergibt sich für alte Zeiten der oberdeutsche Großraum<br />

als geschlossene Einheit.<br />

3 ) In den Dreizehn Gemeinden ist nach Vordergaumenlauten<br />

-xt sogar (individ.) bis -ßt getrieben<br />

worden: khneßt oder kxvncßt (Knecht), khnißte<br />

(zunichte, böswillig). Anders zu beurteilen ist dort<br />

nachkonsonantisches l z. B. in pläzon (blason),<br />

flaiß (Fleisch) und -II- für älteres -II- sowio l und ?i<br />

vor folgendem t, otwa in balt (Wald), dat. balle,<br />

alt (alt), haut (Hand), hufit (Hund), g^b{üa (Gäbellein)<br />

usw.; dazu s. Einltg. 37.<br />

71


§ 23 a 4—c 1<br />

(Hunger), brunm (Brunnen) oder gar in jif/mtn<br />

(fumpm), h,Qtnt usw. gegenüber. — 5. Jedoch<br />

scheinen für gewöhnlich im Gesamtbair, diese<br />

Differenzierungen schon um 1300 außer Gebrauch<br />

gesetzt und auf das moderne bescheidenere Maß<br />

zurückgeschraubt worden zu sein. Seit 1300 tauchen<br />

nämlich in den Urkunden Schreibungen auf, welche<br />

uns gewisse erstarrte Abirrungen, sozusagen Ausnahmen,<br />

bereits als bewußte Sonderformen vor<br />

Augen bringen, was natürlich beim lebensvollen<br />

Lautstand der Unterscheidung nicht möglich gewesen<br />

wäre. Seither finden wir urkundliche Formen,<br />

wie geivingen (gewinnen), Hummer-, Hummel- und<br />

sogar Hunder (t)- in den vielen Flurnamen wie<br />

Hungerberg, -stein, -bach usw. Ebenso mannigfach<br />

sind die Abirrungen in den modernen Mundarten<br />

übers Bairische hinaus. Weit verbreitet sind gwiiynp<br />

(gewinnen), tinjm, (Tinte), gSvnry (geschwind); an<br />

der kärntn.-steir. Grenze gilt swirmrm (schwimmen),<br />

vielerorts taucht niryryo&d (ninderst, nirgends) auf;<br />

teilw. in der Mittelsteiermark und ganz alt in<br />

Unterkärnten sowie im Metnitztal besteht äliki}<br />

(Schlitten), strichweise Qv n si%l (Einsiedler) und in<br />

den Ostalpenländern vielfach mirißd (Sensengriff<br />

für die linke Hand) neben mintl aus mhd. mintel,<br />

d. i. eigentlich das Kinn; auf die Gegenseite stellen<br />

sich das weit verbreitete hummv (Hunger), weiters<br />

lum(p)l (Lunge) aus mhd. lung(g)ele, mittelkärntn.<br />

teilw. umm^rn, (ungern). Zu solchen Umbildungen<br />

bestand eine überall gültige Neigung.<br />

Willkürliche Mißgriffe sind es, etwa auf egerländ.<br />

dse.nkßt (zuen<strong>des</strong>, ringsherum) wegen <strong>des</strong> häufigen<br />

-7}- aus mhd. -nn-, -nd- in mitteld. Mundarten oder<br />

auf brünnerischem prum (Brunnen) wegen <strong>des</strong><br />

burgenländ. prum, prunm (Brunnen) scharfsinnige<br />

Herkunftstheorien aufzubauen, wie dies gelegentlich<br />

geschehen ist.<br />

b. Die bairischen Lehnwörter in den Fremdsprachen,<br />

vor allem im Slowenischen, erbringen<br />

mit ihren Ersatzlauten den eindeutigen Beweis für<br />

die Existenz solcher deutscher Palatalkonsonanten<br />

in den älteren Sprachperioden. Diese Lehnwörter<br />

zeigen uns das Vorhandensein derartiger „mouillierter"<br />

Mitlaute im (Süd-)Bairischen für die Zeit<br />

zwischen 750 und 1300 an. In diesen Fremdsprachen<br />

wird vor allem bair. n und l nach i, teilweise<br />

auch nach i, im Slowenischen als palatales<br />

nj, Ij wiedergegeben, <strong>des</strong>gleichen vor folgendem<br />

schwachdruckigem ahd. i und j, z. B. in slowen.mundartl.<br />

zinjati (denken, sinnen), bulja (Braten-,<br />

Mehlspeisfülle), v§(a (Steuer, Rechtsstreit; dieses<br />

ist über altslowen. *veca, *vetja aus ahd. wetti<br />

entstanden). Es ist sicherlich kein Zufall, wenn<br />

im (Süd-)Bair. während der gleichen Zeit, zwischen<br />

750 und 1300, in den Entlehnungen aus den<br />

Fremdsprachen, sofern bei hintergaumigen Selbstlauten<br />

ein % oder fremder Palatalkonsonant stand,<br />

gleichfalls Umlaut eintrat (insoweit nicht etwa<br />

Umlauthinderung galt; über sie 8. § 23 c 1); im<br />

übrigen Bairischen läßt sich im Lichte der Lehnwort-<br />

und Ortsnamenkunde die lebendige Umlautfähigkeit<br />

immerhin bis ins 13. Jh. nachweisen.<br />

Als Umlaut betrachten wir hier auch mhd.<br />

e der Paulschen Regel für älteres e (e.) (s. § 3 o).<br />

Beispiele sind etwa Döfering im Bayrischen Wald<br />

aus alttschech. *Dobri6e, Schiada im Egerländ über<br />

mhd. *Slätin aus tschech. *Sldlina, Höritz im<br />

Böhmerwald für tschech. Horice, Hödnitz in Südmähren<br />

für tschech. Hodonice, Qör(it)z mehrfach<br />

in Kärnten und Steiermark aus slowen. Oorica,<br />

Fiatschach mehrfach in den beiden genannten<br />

Ländern über mhd. Vlätschach aus slowen. BlaSah<br />

(älter *Blatjah), Oirlan in Südtirol über mhd.<br />

Qürneldn aus vlat. 'Cornetjänum (jetzt trentin.-<br />

72<br />

mundartl. daraus Kornaiän), Völlan, ebd., aus<br />

vlat. *FQljdna (jetzt trent.-mdal. Foiäna) usw.<br />

oder mit e der Paulschen Regel Bötz, Be'tz mehrfach<br />

aus tschech. Beöice bzw. aus slowen. Beöica,<br />

Schöllschitz bei Brunn aus tschech. *Öele§ice,<br />

Pe'tsch in Friaul bei Pladen-Zahre aus altfriaul.<br />

*Ampe.cium, Völs in Südtirol über mhd. Vel(le)s<br />

aus vlat. *Fellis, worauf auch das grödnerisehe<br />

Fi9 als „falscher" sing, zum „plur". *Fidi zurückgeht,<br />

usw. In solchen Fällen haben die älteren<br />

Sprachinseln noch auf eigene Faust Umlaut geschaffen.<br />

Das führen uns z. B. unwiderleglich die<br />

Sieben Gemeinden vor mit ihren Ortsnamen Gelle<br />

für it. Gällio, Zl$ge für it. Asiago (dieses aus älterem<br />

urkundl. Asiliagum für vlat. *Acüiacum;<br />

hier bewirkte den Umlaut sogar der vorausgehende<br />

altvenez. Palatalkonsonant -Ij-, -1-); oder<br />

in Zarz D'Älße aus altslowen. Dalca, -tja (jetzt<br />

nach der slowen. Mundart Dav6a geschrieben); bei<br />

Iglau Seelenz über mhd. *Säritz aus alttschech.<br />

*Zzdrek, locativ -ce usw. Umlautfähigkeit und<br />

Palatalkonsonant bilden in ihrem gemeinsamen<br />

Auftreten zeitlich und räumlich eine in sich geschlossene<br />

Einheit. Die lebendige Umlautfähigkeit<br />

hört im Bair. meistenteils gleichzeitig mit der<br />

Umlautentrundung auf. Mit ihr sind auch die<br />

Palatalkonsonanten selbst phonologisch überflüssig<br />

geworden. Etwaige Bedenken gegen die Scherersche<br />

Mouillierungstheorie sind nach diesen Ausführungen<br />

nach allen Seiten hin endgültig widerlegt.<br />

c. 1. Als stärkstes Beweismittel für die Scherersche<br />

Mouillierungstheorie betrachtet man seit Jahrzehnten<br />

mit Recht jene klar umgrenzbare Konsonantengruppe,<br />

welche den Umlaut bald vermindern,<br />

was bei mhd. ä der Fall ist, bald ganz aufhalten<br />

kann; z. B. -ch- in bair.-mundartl. haxxl (Hechel)<br />

aus mhd. hächele; in Küchel (Küche) aus ahd.<br />

kuchina; im oberösterr. Ortsnamen Bauching aus<br />

mhd. Büchingen; in brauchen aus frühahd. brauchjan;<br />

in suechen aus frühahd. söchjan; im niederbayr.<br />

Ortsnamen Loiching aus mhd. *Liuchingen usw.<br />

Gewisse Mitlaute leisteten der Mouillierung und<br />

Palatalisierung offensichtlich erfolgreichen Widerstand.<br />

Umlauthinderungen haben wir bei mhd. ü<br />

§ 9 b, bei mhd. iu § 16 a und bei mhd. ou § 22 b 1/2<br />

besprochen. Für alle umlauthindernden Konsonanten<br />

ist bei ihrer Artikulation die starke Senkung<br />

der Hinterzunge charakteristisch; so vor allem<br />

bei den Gaumenlauten ch, ck, gg, g und bei den<br />

Lippenlauten ff, pf, pp, b, w, aber auch bei den<br />

Lautgruppen rr (mit ursprünglich uvularem r),<br />

rw, Ih, Id, (ursprünglich war das l M-haltig; vgl.<br />

§ 49 c 1), hs, ht, bei mhd. u auch bei tt, tz; z. B. in<br />

bair. Küchel (Küche), rucken, lugg (locker), Luge;<br />

tauffen, hupfen, Luppe (Käselab), glauben, Frau;<br />

darren (dörren), färben (mhd. värweri), wälsch<br />

(mhd. wälhüch), Gulden (mhd. guldin); Gewächs,<br />

brächten (großsprechen); Mutt (ein Getreidemaß,<br />

ahd. mutti), Schütze (Weberschiff). Außerdem ist<br />

der Umlaut vor folgendem i am häufigsten, vor j<br />

etwas seltener, vor i nicht allzu oft und im Bair.<br />

vor ei nie eingetreten. An den oben zitierten Stellen<br />

wurde bereits das zahlenmäßige Zunehmen der<br />

umgelauteten Formen in älterer Zeit erwähnt;<br />

sowohl die ältere Urkundensprache als auch die<br />

altertümlichsten Mundarten, im Bair. vor allem<br />

das Zimbrische der Sieben Gemeinden, im Alemannischen<br />

das Wallisischo, weisen in diese Richtung.<br />

Das Mitteldeutsche gebraucht den Umlaut<br />

lieber als das Bairische und das Alemannische.<br />

Aus dem Mitteld. stammen bekanntlich die nhd.<br />

Schreibungen Küche, rücken, Lüge, hüpfen sowie<br />

die älteren Nebenformen taufen, glauben, Gülden. —


§ 23 c 2—§ 24 a 5<br />

2. Unübersichtlich werden die lautgesetzlichen<br />

Verhältnisse allerdings, sobald wir den morphologisch<br />

verursachten Umlaut, also den analogen<br />

Umlautzwang der Wortbildung und der Flexion,<br />

mit der Lautgeschichte verquicken. Es ist jener<br />

analoge Umlaut, wie wir ihn in den Pluralformen,<br />

in den Verkleinerungsformen, in der Steigerung der<br />

Eigenschaftswörter und bei den feminina abstracta<br />

mehrfach erkannt haben, z. B. §§ 2 h, 6 c, 13 j,<br />

20 g 7, 20 n, 22 a 2 und 22 b 2. Der analoge Umlaut<br />

hat mit der gesetzmäßigen Lautentwicklung unmittelbar<br />

nichts mehr zu tun.<br />

B. Die konsonantisch gebrauchten Vokale<br />

§24.Spätahd. ? (i)<br />

Übersicht: a. /- im Anlaut. — b. -j- im Inlaut.<br />

a. 1. Die ersten Einzellaute, die wir beim Konsonantismus<br />

vornehmen wollen, sind eigentlich ursprünglich<br />

zwei mitlautende Vokale gewesen,<br />

nämlich j und u, geschrieben meistens / und w.<br />

Beginnen wir mit j im Anlaut. Schon in spätahd,<br />

Zeit hat sich im Oberdeutschen / verschieden entwickelt.<br />

Vor i, etwa in jiht, wurde es zu g: Gicht;<br />

sonst blieb es bis heute als i erhalten, etwa in bair.<br />

i? (i a )» ¥> x (Joch), ieln (jäten). Aus lautgesetzlich<br />

bedingten Wechselformen, wie mhd. ez gist<br />

neben jesen (part. prät. gejeren), entstand durch<br />

Paradigmenausgleich bald gesen und bald jesen<br />

(und geren; „gären"); in gleicher Weise stand im<br />

Mhd. jehen (sagen) neben er giht und danach,<br />

soweit dieses Zeitwort fortlebt, z. B. in Mittelkärnten<br />

und Osttirol j§vhn (mit Nachdruck, klagend<br />

aussprechen) oder in Zarz gäiyr} (sagen), bald mit<br />

j-, bald mit g-. Vor lautgesetzlich entwickeltem ö<br />

herrscht in Jörg neben Oörg (Georg), entstanden<br />

über ahd. *Jorjo aus vlat. Öortju, GeQrgius, usw.<br />

Schwanken. Wenn aber ein Mitlaut vorausging,<br />

z. B. in mundartl. SQntörgry (Sankt Georgen im<br />

Katschtal), so fiel das -/- offenbar lautgesetzlich<br />

aus. Daher steht (neben dem kompromisselnden<br />

f dr gixt) mundartlich noch oft frixt (Rheuma,<br />

Freisen). Aus der häufigen Verbindung mhd.<br />

sant (J)ilig (St. Ägydius) und aus der mhd. Zusammensetzung<br />

gart-(j)ilje (Gartenlilie) stammen wohl<br />

die mundartlichen Nebenformen Ilg (Ägydius) und<br />

Ilge (Lilie) neben den lautgerechten Entsprechungen<br />

Qilg, Gilge; das eine ist über ahd. * Jiljo aus<br />

vlat. Gilju entstanden (vgl. ital. Giglio und franz.<br />

Gil „Ägydius"), das andere über ahd. *jilia (Lilie)<br />

aus vlat. giliu (vgl. it. giglio „Lilie"); dabei<br />

kann allerdings auch Dissimilation hereingepielt<br />

haben x teld. diese alten Verhältnisse zwischen i- und ggrundlegend<br />

geändert. Im Mittel- und Niederdeutschen<br />

wurde zunächst altes g- auf weiten<br />

Strecken zu j- gewandelt; man denke etwa an den<br />

Spottspruch 'ne jut jebratne Jans is 'ne jute Jabe<br />

Jottes (eine gutgebratene Gans ist eine gute Gabe<br />

Gottes) auf das Berlinerische. In Teilen <strong>des</strong> Zentralmitteldeutschen<br />

und in der Osthälfte <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />

hat man dann dieses /- wieder zu g-<br />

,,verbessert". Bei diesem Ersatz ist man zu weit<br />

gegangen. Man hat nicht nur für jut das landgängigere<br />

gut, sondern irrtümlich auch für Jahr, jung,<br />

Joch usw. vermeintlich eleganteres gor, gim, göx<br />

(güvx, güx) „wiederhergestellt". Das Nordbairische,<br />

das seit dem 14. Jh. mundartlich zunehmend<br />

unter ostfränkischen Einfluß gerät, hat sich diese<br />

übertriebenen Aussprachen mit g- als goun (Jahr),<br />

gut}, göx (güvx, güx) gleichfalls zu eigen gemacht.<br />

Sie reichen wortweise verschieden weit nach<br />

Süden, in gguv, gun, bis ans bzw. bis ins Regental<br />

und bis an die untere Naab sowie bis über die nördlichste<br />

Ausbuchtung <strong>des</strong> Altmühltales in Mittelfranken;<br />

in den ausgesprochenen Bauernwörtern<br />

gö(x) (Ochsenjoch) und uniltß göi(x) (wil<strong>des</strong><br />

Gejeide, wilde Jagd) teilweise bis an die Donau<br />

nach Ingolstadt, Regensburg und bis in den<br />

Bayrischen Wald und in den nördlichen Böhmerwald,<br />

denn die g- weichen wieder zurück. Die<br />

Sprachinsel Iglau hat als nordbair. Außengründung<br />

um 1200, vor Einsetzen der fränk. Einflüsse aufs<br />

Nordbair., natürlich die ursprünglichen j- bowahrt.<br />

Nach „falschen" /-Schreibungen für g- sowie nach<br />

„falschen" /-Lautungen für g- zu schließen, griff<br />

diese Neigung zum Überersatz von /- durch g- oder<br />

besser gesagt zur nachherigen Rückbildung zu jseinerzeit<br />

sogar über ganz Niederbayern und über<br />

große Teile von Oberösterreich über die Donau<br />

nach Süden. Belege in Ortsnamen haben wir dafür<br />

noch bei Landshut in Niederbayern und im Vöcklatal.<br />

— 4. Ungefähr ebensoweit reichen beim Lehnwort<br />

Germ (Preßhefe) aus mhd. gerwe, das erst zur<br />

Neuzeit aus dem Mitteldeutschen übernommen<br />

wurde, in den Altersmundarten /- Formen(iev'm,<br />

i^rei}, iarm u. ä.) nach Süden, nämlich über die<br />

Sprachinseln Iglau, Wischau und Brunn nach Südmähren<br />

bis Drasenhofen im Woinviertel und nach<br />

Südböhmen wieder über Oberösterreich (ohne das<br />

Ennsgebiet) bis Ebensee (ohne das Salzkammergut)<br />

und wiederum bis ins Vöcklatal und nach Niederbayern.<br />

— 5. Unter fremdsprachigem Einfluß kann<br />

das alte j- reibelautartig ausgesprochen werden.<br />

Im südmährischen Jaispitztal, in Teilen der<br />

Sprachinseln Wischau und Iglau erscheint dafür<br />

). — 2. Doch scheint es, daß in spätahd. z-, dz-, dj-, also zö (ja), zöv (Jahr), bzw. dzö usw.<br />

Zeit <strong>des</strong> ausgehenden 11. Jhs. aus j- auch vor Auszugehen ist dabei von den mundartlichen Aus-<br />

anderen Vokalen, insoweit der Hauptdruck erst sprachen z-, dz-, dj- für tschech. d- vor folgendem e<br />

auf der zweiten Wortsilbe lag, g- entstehen konnte. etwa in mähr, djäzni, dz-, z-, j- (Zahnfleisch) neben<br />

Darauf führen uns Restformen wie Gehdnnea schriftspr. dosen aus altslaw. de<br />

für Johannes und Geröni für Hieronymus (vlat.<br />

Öerominu, vgl. it. Gerölamo und franz. Jeröme),<br />

etwa in Gottschee als GohQnnzßtokx und im Innerötztal<br />

als sgntdgdhgnndßtgkx (neben sgntdhgnnaßtgkx)<br />

für den Johannistag, weitere als mdal.<br />

Aussprache Sa(i)gDhöns für St. Johann im Pongau,<br />

im Innviertel und bei Kitzbühel und als<br />

nordbair. GhönvsbiD (Johannisbeere); ebenso altmundartlich<br />

als GrQni (Hieronymus), geschrieben<br />

Granig, Kronig als Hof- und Familienname. —<br />

3. Doch haben sich im Nordbair. durch eine<br />

frühnhd. Welle aus dem Ostfränk.-Zentralmit-<br />

*) § 3 p war von einer vorübergehenden Präjotierung<br />

vor e-Lauten die Rede. Für eine gewisse<br />

Unordnung bei /- spricht ferner tirol. Ieclihalm<br />

(Jochpolster) über mhd. iech(h)alm(e) aus ahd.<br />

jochhalm(o).<br />

n sna u. ä. Im Zimbrischen<br />

(aber nicht im Fersentalerischen) gebraucht<br />

insbesondere die jüngere Generation in<br />

Anlehnung an die venezian. Aussprachen dzja,<br />

d£a (it. gia „schon") usw. auch ihrerseits z. B. dijä<br />

(ja), dijär (Jahr) usw. oder diä, diär neben dem<br />

ebenfalls schon halb vervvelschtenzimbr. Reibelaut j-<br />

(jä, jär) als Normallautung 2 ). Im Zimbrischen<br />

wurden diese Aussprachen auf den Inlaut übertragen,<br />

z. B. in den Siebon Gemeinden p/ar, Qdzjar<br />

(Eier), Serje, icrdijc (Schergo), in Luserna und<br />

Lavarono §d£m (aber Seri).<br />

2<br />

) Umgekehrt wird auf dem Boden einstigen<br />

Zimberntuma in einigen Tälern um die Sieben<br />

Gemeinden im Venezianischen statt venez. dij-<br />

„verzimbernd" ;', z. B. in ja (schon), jovo (Joch) für<br />

it. gia, giovo, gesprochen.<br />

73


§ 24 b—§ 25 a 6<br />

b. Im Inlaut ist für spätahd. -/-, soweit es erhalten<br />

geblieben oder in Lehnwörtern neu dazugekommen<br />

ist, gleichfalls gewöhnlich g eingetreten,<br />

z. B. in Scherge, Vilge (Vorabend kirchlicher Festtage),<br />

Venedig aus it. Venezia bzw. aus altvenez.<br />

* Venedia (vgl. venez.- mundartl. Venezia), ferner<br />

in den § 24 a 1 erwähnten Lehnwörtern Görg (Georg),<br />

öilg (Ägydius), Oilge (Lilie). Jedoch haben einige<br />

echte Bauernmundarten gelegentlich j bewahrt,<br />

z. B. das Zimbrische der Sieben Gemeinden in<br />

£erje neben serge gegen vjlge und Venedige; aber<br />

auch in lörjot (Lärchenpech), das gar nicht dazugehört,<br />

weil es über mhd. Hergät mit g aus ahd.<br />

Herigät über altvenez. *lar(i)gädo aus vlat.<br />

Haricätum entstanden ist; ferner in den Dreizehn<br />

Gemeinden im Hofnamen Dzjördzjar, das ist sozusagen<br />

der Jörger, und in Vxmirdzje (Venedig). Das<br />

Wort Lerget bildet auch in Binnenmundarten eine<br />

sonderbare Ausnahme. Die Lautungen leriat,<br />

lerian entdecken wir auch im Untergail-, Gitschtal<br />

und am Weißensee, glervt, glörvt überdies im Lungau<br />

mit dem Liesertal. Für ahd. *erjotag (Dienstag)<br />

trat über frühmhd. ergetag (ötztaler. ergdtQkx)<br />

durch -e- Ausfall und Mittelsilbenschwund mundartl.<br />

* Ergtag, Erchtag, Ertag (und durch Sproßvokal<br />

wieder Erichtag) ein; darüber s. Ergetag<br />

im Wörterbuch.<br />

§25. Spätahd. w (u)<br />

Übersicht: a. w im allgemeinen. — b. -w- im<br />

Inlaut.<br />

a. 1. Es ist für unsere Zwecke überflüssig, die<br />

Entwicklung <strong>des</strong> frühahd. u in ihrer Vielfalt<br />

eingehend darzulegen. Das Bairische beschritt<br />

meistenteils dabei die gleichen Wege wie unsere<br />

Schriftsprache. Und wo dies nicht der Fall war,<br />

wurde das z. T. schon § 22 c entsprechend gewürdigt;<br />

einiges wird am Schluß dieses Paragraphen<br />

erwähnt werden. — 2. Nach Ausweis der ahd.<br />

Lehnwörter in den Fremdsprachen, etwa nordslowen.<br />

uäga, tiäha (Waage), friaul. uäge. aus ahd.<br />

wäga, wurde dieser Laut in ahd. Zeit entsprechend<br />

dem Indogermanischen noch als konsonantisch<br />

gebrauchter Vokal, als u, ausgesprochen. Insoweit<br />

in anderen Fremdsprachen jetzt dafür zahnlippiges<br />

v eintritt, z. B. im Grödner. vega, im Poln.<br />

waga (sprich väga), im Südslowen. väga, ebenso im<br />

Russ., im Tschech. väha und in magyarischen<br />

Mundarten väga, handelt es sich nur um nachträgliche<br />

Verwandlungen von u zu v in den Fremdsprachen<br />

selbst, also um Veränderungen, die mit<br />

der deutschen Lautgeschichte unmittelbar nichts<br />

mehr zu tun haben. — 3. Nach datierbaren Wortund<br />

Ortsnamenentlehnungen aus unseren Mundarten<br />

in die benachbarten Fremdsprachen wurde<br />

dieses halbvokalischo u ugf. seit 1100 zu jenem<br />

doppellippigen KJanglaut w, wie wir ihn heute<br />

z. B. in wQg (Waage) wirklich aussprechen, verändert.<br />

Weil sämtliche umliegenden Sprachen diesen<br />

w-Laut nicht haben, so sind sie seither gezwungen,<br />

dafür ihren klangähnlichsten Laut einzusetzen,<br />

das ist ihr stimmhafter Doppellippenlaut b; z.B.<br />

in grödn. und slowen.- mundartl. bundr (Wunder).<br />

Das neue w ist inlautend gleichfalls seit 1100 —<br />

nicht überall zur gleichen Zeit—mit jenem anderen<br />

bair. -w- zusammengefallen, das seinerseits aus 6<br />

über altbair. -p- (s. § 27 a 4) ugf. um 1050 wieder<br />

zu -6- rückverändert worden und seit etwa 1100<br />

gleichfalls zu -w- geworden war. Während also<br />

in ahd. Zeit auf bairischem Boden z. B. halpa<br />

(eine halbe) mit zualua (swalwa geschrieben) keinesfalls<br />

im Reim verbindbar gewesen wäre, ergeben<br />

seit 1100 oder im Laufe <strong>des</strong> 12. Jhs. halwa und<br />

zwalwa einen konsonantisch reinen Reim. Um 1100<br />

74<br />

entdecken wir daher die allerersten „falschen"<br />

w-Schreibungen für altes -6- und umgekehrt auch<br />

die ersten „falschen" -b- Sehreibungen für altes w.<br />

Doch werden diese Buchstabenvertauschungen erst<br />

seit 1200 etwas allgemeiner. Immerhin hat schon<br />

die älteste bair. Außengründung, haben die Sieben<br />

Gemeinden mit ihrem Zimbrischen, deren deutschsprachige<br />

Kolonisation um 1100 vor sich gegangen<br />

war, schon das gemeinsame neue w (wäge usf.).<br />

Sie haben es wohl schon fertig aus der Heimat<br />

mitgebracht und vermögen halwa mit zwalwa x )<br />

bereits einwandfrei zu reimen. — 4. Schon vorhin<br />

wurde angedeutet, daß die umliegenden Fremdsprachen,<br />

da sie ein w selbst nicht besitzen, gezwungen<br />

sind, das deutsche w mit ihrem stimmhaften<br />

b wiederzugeben. Einige hundert Lehnwortbelege<br />

dafür ließen sich beibringen. Ebenso<br />

muß umgekehrt seither das Bair. dieses stimmhafte<br />

slaw., roman. und magyar. 6 mit seinem eigenen<br />

M?-Laut wiedergeben; z. B. in egerländ. wakko<br />

(ein Weihegebäck zu Ostern und zu Weihnachten)<br />

aus tschech. bdbka, im burgenländ. Ortsnamen<br />

Wikß (Wix) aus alt-magyar. Bükkös (jetzt Bükk),<br />

in kärntn. wäwa, wäbm (Vettel) aus slowen. baba<br />

(Ahnfrau) und in tirol. wattn (ein Kartenspiel)<br />

aus venez. batter (eigentlich schlagen). — 5. Das<br />

Fehlen <strong>des</strong> bair. w-Lautes in den Fremdsprachen<br />

hat auf die exponierten Grenz- und auf die Sprachinselmundarten<br />

eingewirkt. In allen älteren bairischen<br />

und in den meisten bairisch beeinflußten<br />

Sprachinselmundarten ist entweder die Neigung<br />

da, unser w in undeutscher Weise als stimmhaftes b<br />

auszusprechen, oder der Ersatz von w durch dieses b<br />

ist bereits zu fester Lautgewohnheit erhoben worden.<br />

Lautungen wie baip (Weib), bqg(e) (Waage)<br />

usw. gelten angefangen von den Sieben Gemeinden<br />

übers ganze Zimbrische und übers Fersental, über<br />

Zahre, Pladen, Tischlwang und über Zarz und<br />

Deutschruth zu den Außengründungen in der<br />

Slowakei und über Wischau, Brunn, Budweis bis<br />

Iglau bald individuell, bald durchaus. Auch einige<br />

unmittelbar an der Sprachgrenze liegende Mundartlandschaften<br />

fallen dieser b -Aussprache wegen<br />

dem Binnenländer auf; ihre Leute werden nicht<br />

selten durch treffliche Spottsprüche auf diese<br />

Eigentümlichkeit gutmütig gehänselt, etwa die<br />

Bewohner einiger Gemeinden <strong>des</strong> Kanaltales, die<br />

um Ferlach in Kärnten, die einiger südlichster<br />

Landstriche der Mittelsteiermark und die Bewohner<br />

um Marburg a. d. Drau, die von Prahlitz<br />

und Pohrlitz in Südmähren und von Prachatitz in<br />

Südböhmen. — 6. Seit 1300 wird in den Urkunden<br />

gelegentlich der Buchstabe b nicht mehr allein im<br />

In-, sondern auch schon im Anlaut urkundlich für<br />

den w-Laut eingesetzt. Das ist lediglich eine Übertragung<br />

der Schreibweise aus dem Wortinneren<br />

auf den Anlaut: weil hqlwe mit w gesprochen und<br />

halbe mit b geschrieben wurde, hat man folgerichtig<br />

waib, wQg <strong>des</strong>selben w-Lautes wegen in<br />

gleicher Weise als beib, bag mit b aufschreiben<br />

können. Eine Verwechslung mit dem anlautenden<br />

schriftsprachl. b- in Berg, Baum war in der bair.<br />

Urkundensprache kaum möglich, da dieses andere<br />

6 in den bair. Kanzleien als p- transkribiert wurde:<br />

Perg, Paum. Es wäre ein grundlegender Irrtum,<br />

den Schreibungen beib, bag usw. phonetischen Wert<br />

beizumessen oder sie gar als Beweis für eine alte<br />

gemeinbair. Aussprache <strong>des</strong> w- als 6-Laut aufzufassen.<br />

Wohl wären an und für sich die alten<br />

Sprachinselmundartcn, die ja tatsächlich b- für<br />

w- einsetzen, wie so oft dazu geeignet, alte gemeinbair.<br />

Zustände aufzuhellen. Aber gerade hier ver-<br />

l ) Jedoch heißt es in den Sieben Gemeinden<br />

meistens zwalwvla.


sagen sie in dieser Hinsicht. Die echten Archaismen<br />

der Außenmundarten kehren in den Tiroler<br />

Hochtalmundarten wieder. In unserem Falle haben<br />

jedoch gerade die Hochtalmundarten einschließlich<br />

der konservativsten, <strong>des</strong> ötztalerischen, keine<br />

Spur von solchen &-Lautungen für bair. w! —<br />

7. In der Lautfolge qu- (sprich kxu-) wurde in<br />

echten Erbwörtern das -u- beseitigt, nachdem es<br />

vorher meistens den folgenden Vokal modifiziert<br />

hatte. Aus ahd. quät (Kot) entstand im Bair. mhd.<br />

kot, aus ahd. querdar mhd. kö(r)der usw. Weitere<br />

Beispiele dafür findet man § 26.<br />

b. 1. Das Bairische hat im Inlaut das -w- oft<br />

dort beibehalten, wo es die Nachbardialekte ausstoßen,<br />

z.B. in Snaibm (schneien), spaibm (speien),<br />

kxlaibm (Kleie). Diese w-Formen sind geradezu<br />

bair. Kennformen. Die altertümlichsten Mundarten<br />

haben -w- sogar bei den alten -tm-Stämmen<br />

in den flektierten Formen bewahrt. Es heißt z. B.<br />

im Innerötztal im nom. snf» (Schnee), kxlgv (Klee),<br />

hä (Heu), Ströd (Stroh), im dat. aber Snevwe,<br />

a. An die Behandlung <strong>des</strong> w-Lautes sei die Vorführung<br />

jener merkwürdigen Mitlautgruppe angeschlossen,<br />

welcho imstande ist, vordergaumige<br />

Stammvokale in gerundete oder gar in hintergaumige<br />

Selbstlaute zu verwandeln; z. B. in<br />

schriftd. schöpfen, Löffel, löschen mit ö usw. aus<br />

mhd. schepfen, leffel, leschen mit c. Unter ihnen<br />

spielte in ältester Zeit das soeben besprochene<br />

ahd. y, eine dominierende Rolle. In vereinzelten<br />

Fällen verursachte es schon in frühahd. Zeit eino<br />

Veränderung der alten Vokalo i und c zu u und o,<br />

§ 25 a 6—§ 26 b 1<br />

bzw. zu ü und ö; allerdings kommen diese „Umlaute"<br />

selbst in der ältesten Orthographie nicht<br />

zum Ausdruck. Die ahd. Rechtschreibung hatte<br />

für die Laute ö und ü noch keine eigenen Buchstaben<br />

besessen. Sie war gezwungen, die Zeichen o<br />

und u dafür einzusetzen. Für altes w'e'la (wohl),<br />

welta (wollte), gewi (Gau) wurde wola, wolta, gowi<br />

schon im 9., für wirken ivurken gar schon im ausgehenden<br />

8. Jh. geschrieben. Zu lesen sind die<br />

neuen Schriftbilder gewiß als ugla, uglta; göui,<br />

uiirkxzn, also teils mit hinterem, teils mit gerundetem<br />

Selbstlaut, wobei die Lautinterpretationen auf<br />

den modernen Mundartverhältnissen oder auf<br />

Schlüssen, die man aus ihnen zu ziehen hat, beruhen.<br />

Im 12. Jh. kamen neue Schreibungen dazu, etwa<br />

fünf (fünf) für älteres finf, bei dem wir in Hinblick<br />

auf das Nebeneinander von mhd. vünviu, vünf<br />

und vunfzehen (fünfzehn) bezüglich u oder ü im unklaren<br />

sind, ferner woefra (Woche), chone (Ehegattin),<br />

chonala (Quendel), die wir wegen der jetzigen Entsprechungen<br />

woxx 3 , gottsch. kxond, mittelbair.<br />

ghü nd lgräud, ghü d l- (Konelkraut) x ) lautlich als<br />

kxlyowe, häwe, strodwe oder in Zarz im nom. zn$v, im<br />

dat. znenbe. Erst dem Paradigmenausgleich verdankt<br />

das Gottscheeische seine Lautungen nom.<br />

zneab, khleab, täb (Tau); ähnliche Kompromiß -<br />

formen trifft man in Zahre und in Teilen der Mittelsteiermark.<br />

Desgleichen sind echtmundartlich die<br />

bair. Stichwörter rüewig (ruhig), strßwen (aus Stroh)<br />

und aus dem Inlaut übertragen bläw (blau), grdw<br />

(grau) u.a.; Schwanken herrscht zwischen gel und<br />

gelb (ahd. g'e'lo, ein g'e'lwer). Durchaus geschwunden<br />

ist das -w- in den Substantiven Brei(en), Mel<br />

(Mehl), Har (Flachs) neben härwen (aus Flachs). —<br />

2. Einen eigenartigen Zustand bemerkt man im<br />

oberen Zillertal. Hier lautet der nom. änqo, der<br />

dat. aber Snoip; für mhd. we sagt man w$v, die<br />

Wehen aber heißen da woipn. Offenbar ist eu in<br />

spätahd. sneue, ueuun durch Kürzung <strong>des</strong> e in die<br />

mhd. tw-Reüie übergegangen und mit diesem iu<br />

weiter zu oi geworden (über iu zu tirol. oi s.<br />

§ 16 b 2). In gleicher Weise haben wir die altbayr.<br />

Ortsnamen Soien, Seeon usw., mundartl. Soi n ,<br />

Sui n wQxxa, kxgnd, kxgnvla zu übertragen haben und<br />

die für älteres w'e'cha, quetia, quenala eingetreten<br />

sind, schließlich choden (sagen) und chüt (er sagt)<br />

aus älterem quedan, quidit. Die letzten zwei Formen<br />

dürfen wir wegen der modernen Entsprechungen<br />

zimbr. kxöden (Sieben Gemeinden) und kxaut (sagt;<br />

Dreizehn Gemeinden) und wegen zarzerischem<br />

kxait (sagt) lautlich sicher als frühmhd. kx§ddn,<br />

kxüt auflösen, wieder mit gerundeten „Umlauten".<br />

Nach modernen aleman. Mundartformen sind<br />

fruscing (Frischling), gewunnen (gewinnen), sivummen<br />

(schwimmen) in den Schriften <strong>des</strong> St. Gallener<br />

Mönches Notker und nach modernen bair. Lautungen<br />

ist die Schreibung fromede (fremd) <strong>des</strong> 12. Jhs.<br />

in bair. Quellen als gewi{nndn, ixvi\rnmdn; vrömddd<br />

auszulegen. Der Gewinn aus dieser kleinen Studie<br />

ist ein zwiefacher: erstens wissen wir jetzt, daß die<br />

ersten Vokalrundungen schon in frühahd. Zeit, im<br />

8. Jh., da waren, zweitens erfuhren wir aus den<br />

Schriftbildern wurken, gowi (göiii), daß es schon<br />

usw., zu beurteilen. Sie enthalten wahrschein-<br />

im 8. Jh. gerundete Umlaute gegeben hatte, daß<br />

lich einen uralten dat. plur. ahd. *sewjun zum<br />

aber diese Umlaute „orthographisch" noch nicht<br />

nom. sing. *sewjo (Seebewohner); *sewjo ist gleich<br />

deutlich sichtbar sind und als u, o transkribiert<br />

gebildet worden wie ahd. beckjo, becko (Bachan-<br />

werden mußten. Bei<strong>des</strong> ist für die Geschichte <strong>des</strong><br />

wohner), dieses haben wir in Bildungen wie z. B.<br />

Umlautes von grundlegender Bedeutung.<br />

Mivsbekhv (die Miesbacher), Mißtlbekko (die<br />

b. 1. Die Auswirkungen dieser rundenden Konso-<br />

Mistelbacher) zu den Ortsnamen Mlvsbox (Miesnanten<br />

auf den bair. Vokalstand sind heute noch<br />

bach, Oberbayern) und Mißtlbg (Mistelbach,<br />

mannigfach. Es ziehen im Bair. außer w auch m,<br />

Niederösterr.) lebendig vor uns. — 3. Den West-<br />

pf, pp, seh und gelegentlich st, sp, vereinzelt auch<br />

kärntner Wandel von „echtem" und von ,,unecht" -<br />

andere Mitlaute, Rundung nach sich. Sofern wir<br />

sekundärem u zu w, etwa in päwvr (Bauer), häit&n,<br />

die konservativste Mundart, das Zimbrische, als<br />

häbm (hauen) aus älterem päxpr, häipn, haben wir<br />

einzige bair. Sprechweise, die dio alte Umlaut-<br />

bereits § 14 d 1 besprochen; zu den Wandlungen<br />

rundung in vollem Umfang erhalten hat, ins Auge<br />

von baww (Bauer) zu bauwn sowie zu den Erin-<br />

fassen, so bemerken wir, daß unsere sekundären<br />

nerungsformen ewD (Ohr) und fewv (Feuer) aus<br />

Rundungen im Altbairischen nicht den großen<br />

älterem ego, fegn u. dgl. im Salzkammergut und am<br />

Umfang erreicht hatten, wie er in den südale-<br />

Ostrand <strong>des</strong> Flachgaues s. § 11 a 6 und § 16 b 5.<br />

mannischen oder in ostfränkischen Mundarten, dio<br />

gleichfalls gerundete Umlaute beibehalten, fort-<br />

C. Die vokalrundenden Konsonanten<br />

lebt. Immerhin treffen wir im Zimbrischen auf die<br />

Lautungen höwe (Heu) als Reimwort zu ahd. göwi,<br />

§ 26. Übersicht: a. Rundungen in alter Zeit. —<br />

wiirxxcn (wirken), auf vi{<br />

b. Rundungen in den modernen Mundarten.<br />

n ff (fünf), hi{mmel (Himmel),<br />

vrömmvdc (fremd), wüpffcl (Wipfel), söpßcn<br />

(schöpfen), wüppa (Witwe), lassen (löschen), ivüSSen<br />

(wischen; daneben wiSscn). In manchen Mundarten<br />

hat nachträglich diese Rundung einen erheblich<br />

größeren Umfang angenommen; auch in<br />

Teilen der Sieben Gemeinden (s. § 4 c 3). In einigen<br />

bair. Landschaften blieb diese Rundung sogar<br />

trotz allgemeiner Umlautcntrundung fortbestehen,<br />

x ) Wenn daneben im Südbair. kxwcndl und in<br />

einigen Tiroler Tälern sogar tsiccndl vorkommt, so<br />

sind dies Entlehnungen aus der Schriftsprache.<br />

75


§ 26 b 1—§ 27 a 4<br />

etwa im Westen der Gottscheer Insel, im oberen<br />

Iselgebiet und (ganz alt) im Lungau (s. ebd.). —<br />

2. Gelegentlich erzeugten diese rundenden Konsonanten<br />

überraschenderweise dieselbe Wirkung wie<br />

die Paulsche Regel, z. B. in Schwester, gestern,<br />

Wespe (neben Wespe) und im verhältnismäßig<br />

jungen Lehnwort Zwespe (Zwetschke), vgl. auch<br />

§ 3 o 2; schließlich konnte unter Einfluß dieser<br />

Konsonantengruppe mundartl. Q im Salzachgau<br />

zu o verändert werden, als läge mhd. o vor: oään<br />

(Asche), dswö-v (zwahen, waschen; s. § 1 m 2). —<br />

3. Doch bleiben diese Lautungen lauter Gelegenheitsbildungen<br />

ohne durchgreifende Konsequenz.<br />

Es heißt etwa im Zimbrischen der Sieben Gemeinden<br />

zwar meistens vrömmede, für mhd. hemdde (Hemd)<br />

als altes Reimwort dazu aber gewöhnlich hemmode.<br />

Am klarsten tritt diese Freizügigkeit der Behandlung<br />

in der ahd. Lautfolge que- zutage. In<br />

bair. kem(m)en (kommen) aus ahd. qu'e'man, das<br />

sich jetzt flexivisch meistens nach nem(m)en<br />

(nehmen) richtet, ist das u völlig wirkungslos verklungen;<br />

in bair. keck (ahd. queck) hat das u vor<br />

seinem Schwund immerhin den Wandel von e zu e<br />

bewirkt, ebenso natürlich in Kecksilber (Quecksilber)<br />

2 ); in zimbr. kxöden (sagen) hat das u bereits<br />

unsere Rundung hinterlassen; in zarz. kxoune und<br />

gottsch. kxono (Gattin) und in mittelbair. ghü nd lgräud<br />

(Quendel) hat es schließlich als vierte Möglichkeit<br />

vollends Hintergaumenvokal hervorgerufen.<br />

— 4. Im Worte nimmer liegt im Bair., z. B.<br />

in zimbr. npnmar, keine Rundung vor, wohl aber<br />

im Aleman. mit seinem nümme, numme. Nach<br />

Abwanderung der „Zimbern" hat sich in Westtirol<br />

jedoch als einer der im 12. Jh. über den Arlberg<br />

nach Osten vorstoßenden Alemannismen nummv<br />

eingenistet.<br />

D. Die Lindlaute<br />

§ 27. Allgemeines über die Lindlaute<br />

Übersicht: a. Die Lind Verschlußlaute in ahd.<br />

Zeit. — b. Westtirolisches -p- als Grenzversteifung.<br />

— c. Das Notkersche Anlautgesetz; das Schrödersche<br />

Assimilationsgesetz; gg-. — d. Die Auslautverhärtung.<br />

— e. Die neuerliche Stimmhaftigkeit<br />

im Mhd. — f. Die Kontraktionen. — g. Die<br />

mhd. Stimmhaftigkeit in konservativen und anderen<br />

Mundarten. — h. Die mhd. Zweisilberdehnung.<br />

— i. Die Dreisilberkürzung. — j. Lind Verschlußlaute<br />

als Gleitlaut.<br />

a. 1. In frühahd. Zeit, um 750, gab es als Lindlaute<br />

mit stimmhaftor Aussprache z (geschrieben s),<br />

v und d, b, g für german. s, f und d (6), b, g; gleichzeitig<br />

war aus älterem german. p spirantisches ö<br />

entstanden, das sich bald darauf zu d verwandelte.<br />

Ferner war seither der Hauchlaut h stimmhaft.<br />

Als Reibelaute blieben z und v bis ins Hochmittelalter<br />

bzw. bis in die Neuzeit herein unverändert<br />

stimmhaft stehen, während die Lindverschlußlaute<br />

d, b, g schon damals oder bald danach eine<br />

mehr oder weniger deutliche Neigung zu den stimmlosen<br />

Starklauten t, p, k (alle drei unbehaucht auszusprechen)<br />

an den Tag legten. — 2. Höchst<br />

merkwürdig ist nun bei dieser Tendenz zu t, p, k<br />

die evidente Durchbrechung <strong>des</strong> Prinzips paralleler<br />

Reihonschritte in der Lautentwicklung, sowohl<br />

was den Zeitpunkt als was die Verbreitung<br />

im Raum betrifft. Man würde ja erwarten, daß<br />

zur gleichen Zeit, als d zu t verändert wurde, auch<br />

b zu p und g zu k werden sollte und daß überall<br />

dort, wo der Wandel von d zu t stattfand, natürlich<br />

auch b zu p und g zu k hätte werden sollen. Weder<br />

2 ) Auch hier hat sich daneben hochsprachl.<br />

khwekxsilwär und strichweise in Tirol überschriftsprachl.<br />

tswekxsilti&r festgesetzt.<br />

76<br />

die zeitliche noch die räumliche Einheit dieser drei<br />

Wandlungen ist eingehalten worden, vielmehr bestehen<br />

zwischen den drei Lautwandlungen graduelle<br />

Abstufungen. Wir könnten sie bei der Betrachtung<br />

der modernen <strong>Lautgeographie</strong> außer<br />

acht lassen, hätten sie nicht bis in die moderne<br />

Zeit hinein ihre deutlichen Spuren hinterlassen. —<br />

3. Zuerst, und schon um 750, brach der Wandel von<br />

d zu t hervor; frühahd. dag (Tag), uedar (Wetter)<br />

usw. wurden schon um 750 zu tag und uetar gewandelt.<br />

Außerdem hat dieser Wandel nicht nur<br />

das Bairische, sondern nahezu das ganze Hochdeutsche<br />

erfaßt. Damit ist für uns, die wir ja vom<br />

spätahd. Lautstand ausgehen, der neue ahd. -t-<br />

Laut aus der Reihe der Lindlaute ausgeschieden<br />

und gehört für den weiteren Verlauf unserer Betrachtung<br />

den Starklauten zu. — 4. Dagegen ist<br />

der parallele Wandel von b zu p, z. B. in ahd. pauin<br />

(Baum), skipa (Scheibe), halpa (eine halbe), im<br />

Bair. erst zwanzig Jahre später, ugf. um 770,<br />

urkundlich greifbar. Außerdem machte er sich<br />

in ältester Zeit nur mehr im Bair. und Aleman.<br />

bemerkbar und nicht mehr im Ostfränk.-Mitteld.<br />

Er wurde überdies im Aleman., wo er nicht recht<br />

durchgegriffen hatte, im Laufe <strong>des</strong> 9. Jhs. im Inwie<br />

im Anlaut wieder rückgängig gemacht. Seit<br />

900 zeichneten die alem. Schreiber normalerweise<br />

nur boum, skiba, halba usw. mit dem Lindlautzeichen<br />

auf. Im Bair. selbst bleiben diese p-Bezeichnungen<br />

immerhin bis ugf. um 1050 durchaus<br />

in tibung. Dann verwandelt sich auch im Bair.<br />

nach Ausweis <strong>des</strong> Schreibgebrauchs im Inlaut das<br />

-p- wieder zu -&-, es wird seither auch im Bair.<br />

wieder schiba, halba usw. geschrieben. Im Anlaut<br />

erhielt sich aber im Bair. in der Regel das p- in<br />

poum, p'e'rg (Berg) usw. Anlautende p-Schreibung<br />

hält sich als bair. Dialekteigentümlichkeit bis zum<br />

Einsickern der neuhochdeutschen Orthographie im<br />

16./17. Jh., ja in Siedlungs- und Familiennamen,<br />

wie Paumgartner, Paumkircher, Perg (in Oberösterreich),<br />

Pichl (mhd. bühel) usw., bis jetzt.<br />

Damit scheidet für unsere weitere Untersuchung<br />

der Lindlaute auch das anlautende b- als bair.<br />

Fortis p- weiterhin aus und gehört zu den Starklauten<br />

(s. § 36 a); doch wurde es in bestimmten<br />

Ausnahmefällen (s. § 36 a 2) trotzdem als Lenis<br />

behandelt. Während der Zeit <strong>des</strong> herrschenden<br />

altbair. -p- wurde folgerichtig slawisches b nicht<br />

mehr als b, das es sonach im Altbairischen gar<br />

nicht gab, wiedergegeben, sondern als ahd. v, f;<br />

z. B. wurde noch im 11. Jh. slowen. *B§brovnica<br />

(Bieberbach) für altslowen. *Bibrov\nica zum<br />

Flußnamen Feffernitz (mundartl. Fe.nfrnite), es<br />

wurde slowen. Ribnica (Fischbach) über spätahd.urkundl.<br />

Rivinitza zu jetzigem Reifnitz, oder der<br />

häufige Kärntner und Steirer Flußname Velach<br />

(Vellach) entstand über ahd. Velaha aus slowen.<br />

Bela (die weiße). Ältere Entlehnungen, wie z. B.<br />

niederösterr. Raming oder richtiger ahd.-urkdl.<br />

Räpiniccha und Pielach, ahd. Pialaha aus frühslnw.<br />

Rübini6ä (Fischbach) bzw. aus frühslaw.<br />

Bela (Weißenbach), mit ihrem ahd. p aus fremdem<br />

6, sind folgerichtig vor 770, vor dem bair. Wandel<br />

von b zu p, entlehnt worden. Noch deutlicher wird<br />

diese alte -p-Aussprache <strong>des</strong> Bair. im Lichte der<br />

Lehnwörter in den Fremdsprachen. Z. B. slowen.kroat.<br />

I6pa, löjpa (Laube), grödn. tupa (Taube),<br />

slowen.-kroat. £&pa, Sk&pa (Schaub), slowen. Sipa<br />

(Fensterscheibe), grödn. Sipa (dass.) u. a. legen<br />

sichere Zeugenschaft für den phonetischen Lautwert<br />

dieser altbair. p-Schroibungen ab. Die p waren<br />

keine blutleere Schreibermode, sie wurden tatsächlich<br />

gesprochen (s. Einltg. 34 — 35). Innerhalb<br />

der kurzen Spanne zwischen 750, als d zu t, und<br />

770, als 6 zu p geworden war, sind offenbar die


Lehnwörter butla (Beutel) ins Grödnerische und<br />

bQta (mal in Zahlww., ahd. bot „Gebot") ins<br />

Trentinische gekommen; sie weisen schon das<br />

neue bair. t, aber noch das alte bair. b auf. — 5. Der<br />

dritte Parallelwandel dazu hätte g zu k verändern<br />

müssen. Tatsächlich wird im älteren Altbairischen,<br />

vor allem in Urkunden aus Altbayern, gelegentlich<br />

z. B. macar, makar (mager) und dergleichen geschrieben.<br />

Die Ansätze zu diesem Fortis-fc waren<br />

vorhanden, es reifte jedoch der Wandel nicht mehr<br />

aus. Außerdem bleiben diese vereinzelten -k- und<br />

-c-Schreibungen aufs Bairische beschränkt. Die<br />

Lehnwörter in den umgebenden slawischen und<br />

romanischen Sprachen haben keine solchen inlautenden<br />

-k- mehr. — 6. Die Störung <strong>des</strong> erwarteten<br />

Parallelismus ist zweifelsohne phono-<br />

Iogisch bedingt (vgl. Einltg. 43). Der linde d-Laut<br />

wurde nachhaltiger zum Starklaut, in unserem<br />

Falle zum t, gedrängt als das alte linde b und g.<br />

Seinen Platz besetzte ja langsam das andere, das<br />

neue d, das z. B. in dach (Dach), ledar (Leder)<br />

vorkommt. Das alte d mußte ausweichen, wollte<br />

es sich nicht in die Gefahr begeben, mit dem neuen<br />

d aus german. p durcheinanderzugeraten. Die alten<br />

Lindlaute g und b hatten keinen so energischen<br />

Konkurrenten, sie konnten leicht zum alten Lindlaut<br />

zurückkehren. Immerhin war in dieser<br />

Periode nicht allein das alte d, sondern auch g und<br />

b bestimmt stimmlos geworden; sie hatten den<br />

alten Stimmton sicherlich aufgegeben. Nur stimmlose<br />

Lenes können sich in Fortes verwandeln,<br />

niemals stimmhafte.<br />

b. Die verschollenen inlautenden -p-Lautungen<br />

<strong>des</strong> Altbairischen konnten unter den beschriebenen<br />

Gegebenheiten leicht zum bewußten Merkmal<br />

unseres Dialektes werden (s. Einltg. 24); Aussprachen<br />

wie s'kipa, halpa, tüpa usf. waren fürs<br />

spätere Ahd. eines der speziellen Kennzeichen <strong>des</strong><br />

bairischen Dialektes, es gab sie ja seit 900 im<br />

Alemannischen nicht mehr. An der Dialektgrenze<br />

gegen das Alemannische ist damals das -p- zu<br />

einem bewußten bair. Merkmal geworden. Nun<br />

ist es eine alte Erfahrungstatsache, daß alte gemeinsame<br />

Eigentümlichkeiten einer Sprachlandschaft<br />

dort, wo sie im Gegensatz zu nachbarsprachlichen<br />

Lautungen stehen, länger fortleben<br />

können als im wohlgeborgenen Binnenland. Solche<br />

Erscheinungen habe ich (Einltg. 24) mit einem<br />

besonderen Fachausdruck als „Grenzversteifungen"<br />

bezeichnet. Tatsächlich ist gerade in Westtirol,<br />

an der aleman. Dialektgrenze, in einer Reihe<br />

von Wörtern inlauten<strong>des</strong> -p- lebendig geblieben;<br />

sonst nirgends. Es bildet geradezu ein Charakteristikum<br />

der Westtiroler Grenzmundart, allerdings<br />

mit einigen Ausläufern ins Zentraltirolische hinein.<br />

So erklären sich westtir. sirpn (Scherbe), kxlaupv<br />

(klauben), saipo (Scheibe, das ist die Form der<br />

Heuschwaden, wie sie entstehen, wenn man eine<br />

Mahd vom Mittelpunkt aus spiralisch nach außen<br />

abmäht), wQpD (Wabe) u. e. a. als echte Grenzversteifungen,<br />

da dafür im Binnenland Sirwn oder<br />

Serbin, kxlaubm, Saiwv, WQWD mit -w- eintritt. Die<br />

eine oder andere -p-Lautung, z. B. täirpm, reicht<br />

bis ins Sillgebiet oder gar bis ins Zillertal, läpar<br />

(Lauber, d. i. ein gekrümmtes Laubmesser),<br />

täpe (taub), iäpe (Schaub) sogar bis ins Pustertal<br />

und in seine Außengründungen Zarz und Deutschruth.<br />

Da von Westtirol au3 die Sieben Gemeinden<br />

nach ihren Wortschatzeigenheiten und<br />

nach anderen Anzeichen besiedelt worden sind, so<br />

finden wir dieselben -p-Reste auch in den Sieben<br />

Gemeinden, und zwar nicht nur in kxlaupen (meistens<br />

demin. kxlaüpdlen), iaipen (Scheiben), iöpo<br />

(Schaub), sondern darübor hinaus auch noch in<br />

Sipen (schieben), zalpa (Salbe), zalpcn (salben), die<br />

§ 27 a 4—c 3<br />

in Westtirol selbst m. W. jetzt nur mehr Sirrwv,<br />

sqlvm mit -w- lauten.<br />

c. 1. Die gemeinoberdeutsche Neigung, die Lindverschlußlaute<br />

b, d, g im Ahd. stimmlos zu sprechen,<br />

hatte zwei weitere ahd. Lautgesetze gefördert:<br />

das sogenannte Notkersche Anlautgesetz<br />

und die „mittelhochdeutsche" Auslautverhärtung;<br />

bei<strong>des</strong> waren Lauterscheinungen, die sich auch<br />

über die Lindreibelaute ausgedehnt hatten. Das<br />

Notkersche Anlautgesetz besagt in der bisher bekannten<br />

Formulierung folgen<strong>des</strong>: Treten d, g in<br />

den absoluten Anlaut oder hört das vorausgehende<br />

Wort mit einem Starklaut auf, so wird daraus<br />

t-, k- (b- war im bair. Althochdeutschen ohnehin<br />

schon zum Starklaut p- geworden); es heißt also<br />

der ger (der Ger), aber ker oder Nötker, oder es<br />

heißt demo dache (dem Dache), aber lach, altaz<br />

tach (altes Dach). In der Auslautverhärtung vollzogen<br />

sich nach bisher bekannter Formulierung<br />

die gleichen Verstärkungen im Auslaut: zu den<br />

Dativen tage, stabe (dem Stab), rade (dem Rad)<br />

traten im nom.-acc. tac (später tach, lies takx),<br />

stap, rat. Beide Veränderungen sind schon fürs<br />

ausgehende 8. Jh. nachweisbar. Der übliche Beisatz<br />

„mittelhochdeutsch" zu „Auslautverhärtung" ist<br />

unrichtig; man müßte genau genommen „althochdeutsche<br />

Auslautverhärtung" sagen. In mhd.<br />

Sprachperiode wurde sie nur noch gewohnheitsmäßig<br />

weitergepflegt. — 2. Die Nachwirkungen<br />

<strong>des</strong> Notkerschen Anlautgesetzes, das nach den<br />

Sprachdenkmälern nur in ahd. Zeit volle Geltung<br />

besessen hatte, erkennen wir im Lehnwortaustausch<br />

mit den Fremdsprachen; einerseits an ahd.<br />

Lautungen, welche damals aus unseren Mundarten<br />

in die Fremdsprachen, andererseits an ahd.<br />

Lautungen, welche umgekehrt aus den Fremdsprachen<br />

ins Bairische übernommen worden waren.<br />

Durch den ständigen Wechsel von g- und k- (gcr<br />

und ker) konnte dos Bair. damals ohne weiteres<br />

frem<strong>des</strong> k- (unbehaucht!) als heimisches g- wiedergeben.<br />

Z. B. wurde frühslaw. *kari6u (daraus<br />

altslaw. kor{ci, slowen. korec) über frühahd. *garitz<br />

und ahd. *geritz zu bair. Gcrz (ein Getreidehohlmaß)<br />

und vlat. *calvia (schädelförmiges Hohlmaß)<br />

über mhd. galveie zu pustertal. gqlfe werden,<br />

<strong>des</strong>gleichen altmagyar. *Kärtäs (Baumgarten) über<br />

ahd. *öärtas, mhd. Gurts zu Gaas (burgenländ.<br />

Ortsname), frühslowen. *Kurkä über ahd. Curca,<br />

Gurca zu Gurk (kärntn. Fluß- und Ortsname) und<br />

altlad. *Corneljänu über ahd. *Gürnilan und mhd.<br />

Gürn(e)ldn zu Girlan (Ortsname in Südtirol).<br />

Umgekehrt nennt der Kärntner Slowene den ahd.<br />

Ortsnamen Sani Gangolf (Sankt Gangolf) nach<br />

diesem Anlautgesetz noch jetzt Sent Kandolf mit<br />

k-, den Kärntner Mittagskogel nach dem ahd.<br />

Frauennamen Gc'pa, Kepa jo nach der slowen.<br />

Mundart Gepa oder Kepa (und mit jüngeren slowen.<br />

Wandlungen daraus jepa, Tsepa) und ein ahd.<br />

Gozzilinesdorf (Gösselsdorf) bald Gösljina Vas, bald<br />

Kosljina Vas; der Grödner nennt die Almen in der<br />

Nähe der Geislerspitzo (ahd. *Gisilhercsspitz, Küber<br />

altlad. *Kizleres) jetzt Tiiild(r)s. — 3. Auch<br />

bei ahd. z und v läßt sich im Lichte von Entlehnungen<br />

das Notkcrscho Anlautgesetz aufdecken.<br />

Normalerweise wird in ahd. Zeit dieses z mit<br />

stimmhaftem fremdem £ wiedergegeben, z. B. in<br />

slowen. idgrad, grödn. iegr (Sakristei) aus ahd.<br />

8agardri, in slowen. Zibrid (Hofnamo) und tschech.<br />

Zibrid (Eigenname) aus mhd. Sivrid usw. In<br />

Heiligennamen aber, dio häufig mit sanfkjt verbunden<br />

wurden und deren z dann nach Starklaut<br />

stand, z. B. in Sebastian, Silvester, Simon, ferner<br />

in einigen anderen Wörtern, wio san(k)t, SibiUe,<br />

erscheint stimmloses i-, z. B. im Slowen. SeboStijän,<br />

77


§ 27 c 3—c 8<br />

Bebester, Simon; ient, sibilja, gewiß als Folge <strong>des</strong><br />

Notkerschen Anlautgesetzes. Ähnliches gibt es in<br />

den übrigen slawischen Sprachen. Der Kärntner<br />

Ortsname Sankt Veit heißt im Slowen. mundartl.<br />

Sent Fld mit F-, er setzt also eine ahd. Aussprache<br />

Sant Fid mit F- voraus; als Hofname aber erscheint<br />

Veid im Kärntner Slowenischen öfter als<br />

Bid, dem ein ahd. Vid mitv- als Vorlage diente.<br />

Es galt danach auch bei den Lindreibelauten dieses<br />

Anlautgesetz. Ihm verdankt das Ahd. bestimmt<br />

seine Fähigkeit, auch frem<strong>des</strong> ts- bis tief ins 11. Jh.<br />

hinein als z- (geschrieben s-) zu entlehnen. Aus<br />

altmagyar. *Csoun (jetzt mundartl.-westmagyar.<br />

Csun statt korrektem *Csön geschrieben) entstand<br />

ahd. *Soundorf, jetzt nach der deutschen<br />

Mundart Sandorf geschrieben, aus slowen. Cace<br />

(altslowen. *Ca6e) bildete sich über mhd. Saeck<br />

jetziges Saak (Kärntner Ortsname) und aus altfriaul.<br />

Öividade (Cividale) wurde mhd. Sibedät.<br />

Wäre im Ahd. kein anlautverhärtetes s- neben<br />

normalem z- vorhanden gewesen, so wären diese<br />

fremden ^f- sicherlich immer als ahd. ts- (geschrieben<br />

z-) wiedergegeben worden, übrigens ein<br />

Ersatz, der gelegentlich wirklich auftrat. — 4. Doch<br />

dürften ugf. um 1100 das Notkersche Anlautgesetz<br />

außer Kraft gesetzt worden sein und die Lenes auch<br />

im Anlaut die Alleinherrschaft angetreten haben.<br />

Dafür spricht nicht allein das Aufhören der gelegentlichen<br />

k- und «-Schreibungen statt g- und dum<br />

1100, dafür sprechen auch gewisse Veränderungen<br />

im Lautersatz bei Entlehnungen in die<br />

Fremdsprachen bzw. bei Entlehnungen aus diesen<br />

Fremdsprachen ins Bairische seit dieser Zeit. Es<br />

entwickelte sich als Art Entschädigung eine andere<br />

Lautregel, das E. Schrödersche Assimilationsgesetz<br />

(Anz. f. d. Altert. 24, 19). Stand nämlich im<br />

Wortinneren ein Starkverschlußlaut, p, t, k, so<br />

wurden in bodenständigen Wörtern die anlautenden<br />

Lindlaute d-, g- als t-, k- ugf. um 1100 an die<br />

Intensität <strong>des</strong> Inlautes angeglichen. Dieser Regel<br />

verdanken wir die im Südbair. bewahrten mhd.<br />

Lautformen taitß (deutsch) mhd. tiütsch, tpmpff<br />

(Dampf) mhd. tampf, taiisnt (tausend) mhd. tüsent,<br />

tQxt (Docht) mhd. täht, takßn, täsn (abgehackte<br />

Nadelbaumzweige) mhd. *tähse, tenk (links) mhd.<br />

tengge, tenkc, tgntßn (tanzen), die entweder aus<br />

etymologischen Erwägungen oder sicherer Etymologien<br />

wegen in ahd. Zeit d- besitzen mußten: ahd.<br />

diütisk, dampf, düstint, däht, *dähse, *denki 1 ),<br />

franz. dancer. An sie haben sich nur noch einige<br />

affekt- und lautmalendo Wörter angeschlossen,<br />

z. B. zentralkämtn.-zentraltirol. tgndor (Donner).<br />

— 5. In gleicher Weise steht in Kärnten und Südtirol<br />

(unbehauchtes!) k- vor inlautender Verschlußlautfortis,<br />

etwa in kuk(ke), kukkots (Kukkuck),<br />

kukkv, (gucken) aus ahd. * gucken, klokke<br />

(Glocke) aus ahd. glocka, kikkotsn (stottern) aus<br />

ahd. *gickatzen, kgkkotsn (gackern) aus ahd.<br />

gackctzen, glunkntsn (baumeln, Läuten der Kirchenglocke<br />

in Absätzen) 2 ), kqttcr neben ggtter (Gatter)<br />

a ) Seine Wort verwandten dgnkxn (danken),<br />

denkxn (denken) haben ihrer verkehrssprachlichen<br />

Begriffsverbindungen wegen d- beibehalten können.<br />

2 ) Im Alem. wird -kkvtßn zu -tß(i)gen umgedreht.<br />

Daher gilt auch in Westtirol dieses alemannisierendo<br />

gitßkv (stottern), ggtßko (gackern), gluntßkn<br />

(baumeln) usw.; mit ihm hat das Zimbrische, etwa<br />

in den Sieben Gemeinden, als ältere Vorformen der<br />

westtirolischen Lautungen kitßßigen, katßßigen,<br />

khintßigen. Die Vorliebe für die Lautfolgo -tßk- ist<br />

in Westtirol groß. Im Vintschgau trifft man auf<br />

Aussprachen wie iveftßk (Wespe), leftßk (Lefze)<br />

u. ä. Formen.<br />

78<br />

aus ahd. gataro, kgmpdr, kampdr (bequem, munter)<br />

über mhd. *gamper, *gämper aus ahd. *gangbar,<br />

*gängberi usw. Auch hier haben sich andere lautmalende<br />

und ähnliehe Wörter angeschlossen, z. B.<br />

kärntn. Icgra, südtirol. kerre (Mutterschaf) als<br />

Substantivierung eines mundartl. Lockrufes für<br />

Schafe, kur-kur (Lautnachahmung <strong>des</strong> Taubenrufes;<br />

mit Fistelstimme zu sprechen) und das<br />

Scheltwort pakäßßi (Bagage) neben pagäßßi. Damit<br />

hatten sich das Bair. und das Aleman. zu<br />

Beginn der mhd. Sprachperiode ein neues, selbständiges<br />

Phonem geschaffen, den anlautenden<br />

Starklaut k- (man könnte populärer auch gg- dafür<br />

schreiben). Er unterscheidet sich etwa in kukke,<br />

klokke sowohl von g- z. B. in güdt (gut), glgs als von<br />

kx- in kxüz (Kuh), kxlüsg (klug). Die mittel- und<br />

niederdeutschen Dialekte und mit ihnen die nhd.<br />

Schriftsprache haben ihn nicht und verfügen über<br />

kein entsprechen<strong>des</strong> Äquivalent. Das neue k- ist<br />

gleichzeitig vortrefflich geeignet, die fremdsprachigen<br />

anlautenden k-, die ja gleichfalls überall<br />

unbehaucht sind, unverändert wiederzugeben; z. B.<br />

in südbair. kgffor (Kampfer) aus altvenez. caffora,<br />

in kärntn. köslvts, kgvslvts (Steckstange mit Löchern<br />

zum Höher- und Tieferstellen <strong>des</strong> Wiesbaumes am<br />

Heukarren) aus slowen. kozolec u. v. a. — 6. Die<br />

mhd. Wiedergabe <strong>des</strong> fremden anlautenden k- als<br />

richtigen Är-Laut hebt sich scharf ab vom ahd.<br />

Ersatz als g- in Qerz, Galfe (s. § 27 c 2), aber auch<br />

vom kx-, wie es als Folge der hd. Lautverschiebung<br />

in noch älteren Entlehnungen vorkommt, z. B. in<br />

den Südtiroler Ortsnamen Kxgltarn (Kaltem),<br />

Kxeßtlan (Köstlan), Kxleiran(t) (Klörant) aus<br />

vlat. *Cal(i)därium (jetzt Caldiero, d. i. eigentlich<br />

der warme Kessel), *Castelliänum, *Clariänum oder<br />

in den Wörtern (südbair.) kxeßte (Kastanie), kxitte<br />

(Quitte), kxgttße (Katze) über ahd. chestinna,<br />

chutina, chatza aus vlat. castania, quudanaea, catta.<br />

Wir sind imstande, im Südbair. je nachdem, ob<br />

frem<strong>des</strong> k- in unserer Sprache als kx-, als g- oder<br />

als k- auftritt, zu unterscheiden, ob das betreffende<br />

Wort in voralthochdeutscher Zeit vor 700, in althochdeutscher<br />

Zeit zwischen 700 und 1100 oder<br />

in mittel- und neuhochdeutscher Zeit nach 1100<br />

eingedeutscht worden ist 3 ). — 7. Dieses sonderbare<br />

k- <strong>des</strong> Anlautes selbst ist jetzt allerdings auf<br />

bair. Boden nur mehr in Kärnten und Südtirol<br />

sowie in allen alten süd-, mittel- und nordbair.<br />

Sprachinseln erhalten geblieben. Sonst ist es infolge<br />

der mittel- und nordbair. Konsonantenschwächung<br />

(s. § 34 c 4/6) mit anlautendem gzusammengefallen;<br />

merkwürdigerweise auch im<br />

südl. Burgenland, in der südl. Mittel-, in der Westund<br />

im Westen der Obersteiermark sowie im<br />

Süden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Salzburg und in Nordtirol;<br />

also in Gegenden, in denen sonst diese Konsonantenschwächung<br />

noch nicht durchgegriffen hat.<br />

Urkundliche k- und c-Schreibungen liegen für unser<br />

Phonem k- vor 1300 aus dem Gesamtbairischen vor,<br />

vor ugf. 1500 außerdem aus dem Bereich der<br />

Steiermark, <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Salzburg und von Nordtirol.<br />

Nebenbei bemerkt sind diese ^-Lautungen<br />

auch in Vorarlberg und in großen Teilen der Schweiz<br />

bis heute bestehen geblieben (s. Karte 21). — 8. In<br />

den modernen südbair. Mundarten macht sich das<br />

Notkersche Anlautgesetz zum zweitenmal geltend.<br />

3 ) Allerdings sind im Vorton diese klaren Verhältnisse,<br />

z. B. in mundartl. kxaräs (Garngo),<br />

kxalqs, -s (Kalesche), kxalop (Galopp) usw. manchmal<br />

durcheinandergeraten, wie denn überhaupt im<br />

Vorton mannigfache Störungen in der allgemeinen<br />

Konsonantenontwicklung eingetreten sind. Dies<br />

ist eine Tatsache, die bisher unbeachtet geblieben<br />

ist.


Es heißt in der gesamten südbair. Bauernmundart<br />

jetzt wieder wie in ahd. Zeit dar güote<br />

mit g-, aber küdt iß (gut ist es!), hgtß küdt (hat es<br />

gut) mit k-; es heißt ebenso in den Tiroler Hochtälern,<br />

etwa im ötztal, dar virygdr (der Finger) oder<br />

ar zet (er sagt) mit stimmhaftem Lindlaut, aber<br />

Qxt ffin,g 9r (acht Finger), kxglt ßet ar („kalt" sagt<br />

er), ßet ar nüixt ? (sagt er nichts ?) mit stimmlosem<br />

Starklaut. Inwieweit es sich dabei um ein<br />

verdecktes Fortbestehen der ahd. Verhältnisse oder<br />

um eine Neuschöpfung handelt, ist nicht sicher<br />

zu entscheiden; wahrscheinlicher ist wohl ein neues<br />

Wiederaufleben. Über weitere Anlauterscheinungen<br />

s. § 27 c 3.<br />

d. 1. Die ahd. Auslautverhärtung von -b, -d, -g<br />

zu -p, -t, -kx hatte einen bedeutend größeren<br />

Umfang, als man gemeiniglich nach den Grammatiken<br />

glaubt. Sie galt ebenso für die Reibelaute<br />

z (z) und v, für den Hauchlaut h, ja sogar, wenn<br />

auch in etwas anderer Form, für m, n und teilweise<br />

für l. Den erweiterten Bereich zeigen uns die<br />

mhd. Schreibweisen als tote Schriftzeichen weniger<br />

klar als lebende Mundarten. Die Auslautverhärtung<br />

ist nämlich in allen Tiroler Hochtälern<br />

einschließlich <strong>des</strong> Puster- und <strong>des</strong> Kärntner<br />

Lesachtales sowie in den südbair. Sprachinseln (ohne<br />

Fersental, Luserna, Lavarone und Folgaria) in<br />

vollem Umfang bewahrt; s. Karte 22. Wir können<br />

diese Lauterscheinung dank heute bestehender<br />

Verhältnisse genauestens überprüfen. Nehmen wir<br />

wieder als die konservativste Mundart dieser<br />

Beharrsamkeitsgruppe das Zimbrische der Sieben<br />

Gemeinden zum Vorbild. Hier lauten z. B. die<br />

Dative deme stawe (dem Stab), deme tage (dem<br />

Tag), deme rade (dem Rad), <strong>des</strong>gleichen deme hove<br />

(dem Hof), deme graze (dem Gras), deme iüye (dem<br />

Schuh) mit dem stimmhaften Mitlaut <strong>des</strong> Wortinneren;<br />

im Wortauslaut <strong>des</strong> nom.-acc. tritt aber<br />

dafür der stimmlose Starklaut ein und macht so die<br />

Auslautverhärtung deutlich sichtbar. Diese Nominative<br />

lauten stap, takx, Tat, hoff, graß, süx- Zu<br />

den Dativen deme zi\,ne (dem Sohn), deme tarnen<br />

(dem lahmen), deme täle (dem Tal) mit kurzem<br />

Mitlaut tritt im nom.-acc. mit seinem Auslaut<br />

lang anhaltender Mitlaut: zipi, leim, tal (neben<br />

ausgeglichenem täl). Nach dem Zimbrischen gemessen,<br />

gibt es nur mehr einen einzigen Lindlaut,<br />

der von der Alislautverhärtung nicht betroffen<br />

wird, das ist die Liquida -r, z. B. in tör (Tor). Die<br />

gleichen Verhältnisse kehren in der ganzen oben<br />

erwähnten Beharrsamkeitsgruppo <strong>des</strong> Südbair.<br />

wieder. Die lebendigen Mundarten gewähren uns<br />

also viel gründlicheren Einblick in die ahd.-mhd.<br />

Lautzustände als die alten Buchstaben handschriftlicher<br />

Aufzeichnungen. — 2. Dabei füllt<br />

eines auf. Es haben immer nur diejenigen Mtindarten<br />

die Auslautverhärtung bewahrt, welche auch<br />

auslauten<strong>des</strong> Schwachdruck-e festgehalten haben;<br />

oder umgekehrt: alle diejenigen Mundarten, welche<br />

das Auslaut-e abstoßen und apokopieren, geben<br />

die Auslautverhärtung auf. Das versteht sich aus<br />

dem erleichterten Paradigmenausgleich zwischen<br />

nom.-acc. und dat. nach Abfall <strong>des</strong> -c. Solange<br />

z. B. nom. tgkx und dat. tgge, wie in den Tiroler<br />

Hochtälern, einander unverändert gegenüberstehen,<br />

war die Möglichkeit, diese beiden Flexionsformen<br />

gleich zu machen, noch gering. Sobald<br />

aber neben den alten nom. tgkx durch Apokope im<br />

dat. tgg trat, stand der Weg zur gegenseitigen<br />

Angleichung sofort offen; es konnten jetzt beide<br />

Formen zu t(>g vereinheitlicht werden. Es verzichtete<br />

das Mitteibair., da es schon im ausgehenden<br />

12. Jh. sein Auslaut-e verlor, nach urkundl.<br />

Schreibungen, wie nom. -dat. Pcrg usw., zur<br />

§ 27 c 8—f<br />

gleichen Zeit auf die Auslautverhärtung und auf<br />

die auslautenden Schwachdruckvokale. Im Südbair.<br />

fand dieser Verzicht auf die Auslautverhärtung<br />

erst im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs. oder in Tirol<br />

erst um 1300 statt; es ist wiederum dieselbe Zeit,<br />

zu der die Apokope durchgeführt wurde. Der Zusammenhang<br />

zwischen Apokope und Verhärtungsverlust<br />

steht zeitlich und räumlich fest vor uns. —<br />

3. In einigen Restformen leben Verhärtungsformen<br />

trotz Apokope fort. Im größten Teil <strong>des</strong> Südbair.<br />

heißt es für die Raumvorstellung Igrikx (und<br />

danach sogar oft flektiert a Igr^kx^r), für die<br />

Zeitvorstellung aber Igv, (und a lgn,gdr); im ersten<br />

Fall hat das mhd. adj. lanc, im zweiten das mhd.<br />

adv. lange entschieden. In etwas anderer Weise<br />

treffen wir auf die gleiche Differenzierung in der<br />

oberösterr. Beharrsamkeitsbrücke als lg n g gegen<br />

Igry und im konservativsten Nordbair. als löv n g<br />

gegen Ign,. In größeren Teilen <strong>des</strong> Südbair. gilt<br />

ebenso iun)cx (a iur^kx^r) für jung. Auf größeren<br />

Strecken <strong>des</strong> Nordbair. findet man bfloug (Pflug),<br />

<strong>des</strong>sen -g auf altes -kx weist, neben „richtigem"<br />

bfloux (zum Wandel von -g- zu nordbair. -x- s.<br />

§ 29 b 1). Im Mitteibair, sind weit verbreitet dinp<br />

(Dieb) und bgik (Balg), man vergleiche dagegen<br />

wäib, wäi (Weib) und weg, we (Weg) usf. Andere<br />

Beispiele bietet das Wörterbuch. In Kärnten und<br />

teilw. in Steiermark ist bei d die Auslautverhärtung<br />

sogar verkehre- und stadtmundartl. und<br />

überall da: rgt gegen redor, khint gegen khinddr,<br />

wglt gegen waldar, ebenso stadtmundartl. sogar in<br />

gngt (Gnade) gegen gngdn (Gnaden) usw.<br />

e. Jene stimmlose Artikulation der Lindverschlußlaute,<br />

wie sie uns das Notkersche Anlautgesetz<br />

und die althochdeutsche Auslautverhärtung<br />

für die ahd. Sprachperiode nahelegen, ist ugf. um<br />

1100 beseitigt worden. An ihre Stelle trat als<br />

scheinbare Wiederherstellung die alte Stimmhaftigkeit,<br />

ausgenommen beim t aus german. d und<br />

bei den anlautenden bair. p-, t- und k-. Für neue<br />

Stimmhaftigkeit seit 1100 sprechen drei gewichtige<br />

Argumente. Erstens wären sonst der Wandel jenes<br />

inlautenden spätahd. -&- in schiba (Scheibe), tftba<br />

(Taube), halba (halbe), das im Bair. lim 1050 aus<br />

•p- (skipa, tüpa, halpa) entstanden war, um 1100<br />

zu modernem -w- (siwa, tüwa, haltva) und sein<br />

nunmehriger Gleichklang mit dem w-Laut aus ahd.<br />

u (s. § 25 a 3) schwer vorstellbar. Zweitens wären<br />

die sogenannten Kontraktionen <strong>des</strong> Bair., wie in<br />

mhd. treu (trägt) aus ahd. tregit <strong>des</strong> 12. Jhs., die<br />

imstande sind, die Lindverschlußlaute -g-, -b-, -dvöllig<br />

verklingen zu lassen, ein Ding der Unmöglichkeit,<br />

denn der Schwund dieser Konsonanten<br />

setzt unbedingt vorherige Stimmhaftigkeit voraus.<br />

Drittens schließlich hätten sonst kaum sämtliche<br />

konservativen Mundarten <strong>des</strong> Südbair. einschließlich<br />

<strong>des</strong> Zimbrischen der Sieben Gemeinden mit<br />

seiner Isolierung dem übrigen Binnenland gegenüber<br />

um 1100 voll übereinstimmend stimmhafte<br />

Lindverschlußlaute, vor allem auch die Tiroler<br />

Hochtalmundarten. Neben dieser neuen Stimmhaftigkeit<br />

wurde die alte Auslautverhürtung wie<br />

gesagt nur mehr als festgefrorene Lautgewohnheit<br />

weitergeschleppt.<br />

f. Um die Mitte <strong>des</strong> 12. Jhs. entstanden die<br />

erwähnten Kontraktionen. Vor allem vor folgendem<br />

s, z, aber auch sonst, wurden die intervokalischen<br />

Lindverschlußlaute ausgestoßen, wobei mhd.<br />

Zwielaute oder wenn nicht anders neue Vokallängcn<br />

entstanden. Die Wandlungen von ahd.<br />

•agn-, -arjo-, -agc- zu mhd. ci in mhd. klcist (klagst)<br />

usw. und von ahd. -cgi-, -ega- zu mhd. ci in mhd.<br />

tretet (trägst), eide (Egge), strichweise in seitisc<br />

(Sense) aus ahd. tregte, cgida, segnnsa usw. haben<br />

wir schon § 20 o behandelt; es wurde zur gleichen<br />

79


§27f—<br />

Zeit in großen bair. Gebieten -eba- über mhd. iu Lindverschlußlaute sogar, z. B. in mgyv, ledv, zu<br />

zu mundartl. oi, ui in khroiß, khruiß „Krebs", mhd. Reibelauten. Solche Aussprachen vernimmt man<br />

kriuzze aus ahd. krebazzo; es wurde ahd. -oga- zu insbesondere in fließender Rede u.a. im Wein- und<br />

mhd. oi, z. B. in mhd.-bair. voit (Vogt) aus ahd. Waldviertel, in oberösterr. Gebieten, in Nieder-<br />

vogät; ferner wurde ahd. -oba-, -obo- zu mhd. ou bayern und in der Zentrallandschaft von Ober-<br />

und mundartl. ä, z. B. in tirol. teilw. äse, äßße bayern bis nahe an München heran. Etwa in<br />

(Heubansen in der Scheune) über mhd. *ous(s)e Deisenhofen bei München habe ich im Jahre 1931<br />

aus ahd. obasa und im tirol. Hof- und Familien- bei einem alten Mann sogar als Ansageformen<br />

namen Praßt über gemeinbair.-mhd. proust(Probst) hgzn, ÖVD (Ofen), ledv, mgyv und Däizrihöw (Deisen-<br />

aus ahd. probost; ahd. -ibi-, -igi- wurde zu mhd. i, hofen) aufnotiert. Allerdings kommen diese flüssi-<br />

z. B. in Seifert über mhd. Sivrid aus ahd. Sigivrid geren Aussprachen jetzt rasch außer Gebrauch;<br />

und in mhd. glst (gibst), list (liegst) aus ahd. gibis, insbesondere in den Ansageformen von Einzel-<br />

ligis; spätahd. -udi- wurde zu mhd. 4 in frühmhd. wörtern, die gerne überdeutlich ausgesprochen<br />

kust (sagst) aus spätahd. kudis (ahd. quidis); werden, unterbleiben sie. Möglicherweise sind sie<br />

schließlich wurden ahd. -ada-, -uoda- zu mhd. -ä-, in diesen mittelbair. Binnenmundarten erst wieder<br />

-uo- in den mhd. Personennamen Albreht, Kälhöch, neu gebildet worden und stehen in keinem unmittel-<br />

Uolrich aus ahd. Adalpreht, Chadalhöch, Uodalbaren Zusammenhang mehr mit der mhd. Stimmrich.<br />

Das Zimbrische der Sieben Gemeinden kennt haftigkeit. Die bair. Verkehrsmundarten besitzen<br />

als Außengründung um 1100, vor Eintritt der bin- sie jedenfalls fast nirgends mehr. — 3. Über die<br />

nenmundartlichen Kontraktionen, keine solchen Schicksale der anlautenden alten Lindlaute, die ja<br />

Zusammenziehungen.<br />

in den mittelbair. Binnenmundarten nach dem<br />

vorigen einstmals stimmlos geworden sind, s.<br />

g. 1. Diese mittelhochdeutsche Stimmhaftigkeit § 34 c 3. — 4. Gelegentlich stoßen wir jedoch in<br />

ist wie gesagt in den Beharrsamkeitsmundarten sonst recht modernen Sprachlandschaften aus-<br />

noch schön erhalten. Mit den neuen stimmhaften nahmsweise auf unsere Stimmhaftigkeit. Das be-<br />

Verschlußlauten haben sich nunmehr die alten, trifft vor allem Gebiete an der Sprachgrenze. So<br />

seit 750 im Inlaut ununterbrochen stimmhaft ge- werden (oder wurden besser gesagt) in allen<br />

bliebenen Reibelavite z und v sowie der Hauchlaut h isolierten bair. Stadtsprachinseln unter fremd-<br />

zu einer großen Gruppe von stimmhaften Lindsprachigem Einfluß die Laute g und d (und soweit<br />

lauten zusammengeschlossen, ebenso natürlich b für w eintrat, auch dieses) in tönender Umgebung<br />

auch der neue Sonorlaut w, gleichgültig nun, ob er durchaus stimmhaft gebildet, etwa in Laibach,<br />

aus ahd. u oder aus ahd.-bair. p geflossen war. Marburg, Pettau und Cilli; in Preßburg, Brunn<br />

Damit besaß die mhd. Sprachperiode sechs Lind- und Prag. Das Pragerdeutsch galt bis gegen Ende<br />

laute, d, g, w; z, v, h; die Nasen- und Fließlaute n, <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts für die Nieder- und<br />

m, 1}; l, r, die in stimmhafter Umgebung ohnehin Oberösterreicher und für die Wiener als das<br />

schon immer Stimm ton besaßen und ihn heute schönste Deutsch auf dem Boden der alten österr.-<br />

noch besitzen, wollen wir hier ihrer konstanten ungar. Monarchie; bei den Kärntnern und Steirern<br />

Sonorität wegen beiseite lassen; <strong>des</strong>gleichen ferner- genoß das alte Laibacherdeutsch diesen vorzüghin<br />

w, das ja ebenfalls überall stimmhaft ist. lichen Ruf; mit Recht. Es hat sich in diesen expo-<br />

Unsere Lind Verschluß- und Lindreibelaute und h nierten Stadtmundarten, die je<strong>des</strong> mundartlich-<br />

sind nun noch jetzt in allen Tiroler Hochtal- und in bäuerlichen Einflusses in ihrer Abgeschlossenheit<br />

allen bair. Außenmundarten stimmhaft, z. B. in- entbehrten, die Sprechweise unter der ständigen<br />

lautend im ötztal in mgcpr (mager), pa tgge (bei Einwirkimg der vielen Zuwanderer aus den ver-<br />

Tag), leddr (Leder), mitn rgde (mit dem Rad), schiedensten deutschen Sprachlandschaften mög-<br />

&vm (Ofen), in h&ve (im Hof), ii} grgze (im Gras), lichst aller lokalen Dialektschattierungen ent-<br />

hQzn (Hasen), in äüdhe (im Schuh); ebenso anäußert. Die Sprechweise der Sprachinseln ist auf<br />

lautend, soweit nicht unsere Nachläufer <strong>des</strong> Not- solche Weise in den Städten und nur in den Städten<br />

kerschen Anlautgesotzes störend eingreifen (s. maßgebend geworden für die altosten*. Hoch-<br />

§ 27 c 8): dar grödßße (der große), a dindar (ein sprache. Nun nahm bezüglich der Lindreibelaute<br />

dünner), dar vögl (der Vogel), du zeßt (du sagst), das Altpragerische, wie man es bei alten Deutsch-<br />

alviüß (ein Haus). Dieselbe Stimmhaftigkeit entpragern heute noch hören kann, einen merkdecken<br />

wir im Iselgebiet mit dem Lienzer Becken würdigen Standpunkt ein. Es sprach wohl das s<br />

(ausgenommen die Stadt Lienz), in den abgeschie- stimmhaft aus, z. B. in du zäkßt (du sagst), häzn<br />

deneren Seitentälern und Seitengräben <strong>des</strong> Puster- (Hasen), aizn (Eisen), es sprach aber gleichzeitig das<br />

tals, etwa in Tilliach, in Innervillgratten, im alte mhd. v stimmlos als /, et%va in fögl (Vogel),<br />

Tauferer- und Ahrntal; <strong>des</strong>gleichen im Wipp-, im öfn (Ofen). Wahrscheinlich war diese Zweiteilung<br />

Stubai-, im Zillertal und im Passeier; ferner in lesesprachlich bedingt, deckt sie sich doch mit der<br />

allen alten südbair. Sprachinseln mit dem Fersen- nhd. Bühnensprache. Inwieweit die nhd. Bühnental<br />

; um Brunn, Wischau, Iglau; in den beiden sehr aussprache genauer mit dem alten Pragerdeutsch<br />

beharrsamen südmährischen Sprachzungen um zusammenhängt, kann hier nicht untersucht wer-<br />

Prahlitz und Pohrlitz im Osten und um Neuden. Tatsache ist, daß die gleichen Verhältnisse<br />

bistritz-Neuhaus im Westen; weiters im Kanaltal auch in den Stadtmundarten von Brunn, Preß-<br />

(ohne Tarvis), bei den ältesten Leuten auch im burg, Laibach usw. üblich waren; <strong>des</strong>gleichen in<br />

Lungau mit dem Liesertal und in Heiligenblut; der altösterreichischen Beamten- und Offiziers-<br />

schließlich in der Mittelsteiermark (ohne Murtal) sprache, die sich auch sonst gern ans alte Prager-<br />

mit dem Kärntner Lavanttal im Westen und dem deutsch hielt *). Dazu stehen die gleichen Ver-<br />

Burgenland (ohne die Städte und ohne den Nordhältnisse im Spiegel bestimmter Lehnwörter in den<br />

rand) im Osten, wo Stimmhaftigkeit allerdings Fremdsprachen in engeren Beziehungen. Noch in<br />

nur im Inlaut besteht. Auch in konservativen Entlehnungen <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts, etwa in<br />

alem. Rückzugsgebieten treffen wir sie nach meinen kärntn.-slowen. äiznpgnar (Eisenbahner), plüzna<br />

Beobachtungen deutlich, z. B. im Wallis und im (Bluse) mit z, ebenso in grödner. aizmpgnr, pluzl<br />

Montafon. — 2. Selbst in verhältnismäßig modernen<br />

mittelbair. Bauornmundorten stößt man<br />

immerhin im Inlaut oft auf stimmhafte Aussprache, *) Die Wörter Teufel, elfe, zwölfe wurden im<br />

insbesondere bei alten Leuten. Hier neigen die Pragerdeutsch usw. mit w(b) gesprochen (taibl,<br />

elbe, tswelbe, aber elf, tswelf).<br />

80


gegen kärntn.-slowen. t$fl und grödner. tofl (Schiefertafel),<br />

treten sie uns entgegen. — 6. Ein eigenartiger<br />

Romanismus herrscht im Osten der Sieben<br />

Gemeinden. Hier neigt die umgebende venezian.<br />

Mundart zum Wandel von gemeinvenez. z, z. B. in<br />

röza, zu z (röza), andererseits neigt das gemeinvenez.<br />

z, z. B. in venez. t$za, biözo, zu ö (teöa,<br />

biööo). Die Folge davon ist auch ein zimbr. Schwanken,<br />

das aber nunmehr zu weit geht; z. B. in der<br />

Gemeinde Foza tritt für normales zimbrisches<br />

kx$ze (Käse) nunmehr x$ze, aber auch x$öe und im<br />

umgekehrten Verfahren für normales s'tauda (Staude,<br />

Strauch) s'tauöa, aber auch stauza ein. Um<br />

Hermagor im Kärntner Gailtal hat die deutsche<br />

Bauernmundart g und d zu den Reibelauten y und ö<br />

gewandelt, eine Lautveränderung, die ebenso die<br />

angrenzenden slowenischen Gailtaler Mundarten<br />

durchführen. Ebenso sind in Deutschruth, den<br />

slowenischen Nachbarmundarten folgend, g und d<br />

gleichfalls zu y und ö verändert worden. — 6. Vermutlich<br />

zu Beginn der Neuzeit fängt dann im Bair.<br />

der allgemeine Verlust <strong>des</strong> Stimmtons der mhd.<br />

Laute an. Stimmhaftes d, g (schreiben wir vielleicht<br />

zur Verdeutlichung d, g), ferner h, z, v werden zu d,<br />

g, h, s, f, zunächst wahrscheinlich nur im Anlaut,<br />

später im Inlaut, und zwar wie erwähnt vorerst<br />

wohl in den binnendeutschen Stadtmundarten.<br />

Was der Anlaß war, wissen wir noch nicht. Noch<br />

heute ist aber in den binnendeutschen Stadtmundarten<br />

die Stimmlosigkeit überall deutlicher ausgeprägt<br />

als in den Bauernmundarten. Die verkehrsgebundensten<br />

Landschaften haben sie zuerst, die<br />

verkehrsfernen Landschaften zuletzt durchgeführt,<br />

die konservativsten Gebiete der Tiroler Hochtäler<br />

und die alten Sprachinseln vermochten die moderne<br />

Stimmlosigkeit, wie wir bereits wissen, bislang<br />

noch abzulehnen. Bei dieser Modernisierung verloren<br />

die Lindverschlußlaute nunmehr zum zweitenmal<br />

den Stimmton, zum erstenmal hatten sie<br />

ihn ja vorübergehend während der ahd. Sprachperiodo<br />

aufgegeben; die Lindreibelaute z (z) und v<br />

wurden jedoch zum erstenmal diesem Schicksal<br />

ausgesetzt.<br />

h. 1. Mit der spätahd. Lenisierung von b, g, d<br />

sowie mit den alten Lenes z, v und h in stimmhafter<br />

Umgebung und mit der andauernden Stimmhaftigkeit<br />

von m, n, l, r hängt so gut wie sicher eine<br />

Umwälzung der Quantitätsverhältnisse zusammen,<br />

die wir gewohnt sind, als ,,neuhochdeutsche Dehnung"<br />

zu bezeichnen. Wir wollen sie zutreffender<br />

„die mittelhochdeutsche Zweisilberdehnung" nennen.<br />

Es sind im Bairischen nach übereinstimmender<br />

Auskunft unserer vier dialekthistorischen Quellen<br />

alle ahd. Kurzvokale im 12. Jh., also in frühmittelhochdeutscher<br />

Zeit, vor diesen stimmhaften Lindlauten,<br />

insoweit sie nicht verdoppelt waren (mm,<br />

nn, II, rr) und nicht in Verbindung mit anderen<br />

Mitlauten standen (//, rb, nd usw.), in Zweisilbern<br />

gelängt worden, z. B. mhd. hazen, ztfwn, regzn<br />

(hascn, sehen, regen) usf. sind zu hüzzn, z^hdn,<br />

r$g3n usf. gedehnt. Vorerst dürften diese neuen<br />

Längen von den alten Längen, z. B. in plüidn,<br />

P£ter (blasen, Peter), noch durch ihro Intonation<br />

unterschieden geblieben sein, später verlor sich<br />

auch diese Akzentdifferenzierung. Derselbo Vorgang<br />

hat sich nahezu im ganzen Hochdeutschen<br />

abgespielt. Nachträglich wurden allerdings diese<br />

Längungen in Oberösterreich und angrenzenden<br />

Teilen von Salzburg und Niederbayern sekundär<br />

wieder gekürzt. — 2. Das Zimbrischo der Sieben<br />

Gemeinden hat sich um 1100 und vor Durchführung<br />

der Zweisilberdehnung vom Binnenland<br />

abgesondert. Daher ist es die einzige bair. Mundart,<br />

welche den älteren Lautstand erhalten hat. Es heißt<br />

in der Mundart der Sieben Gemeinden jetzt noch<br />

§ 27 g 4—i 2<br />

mit Kürze oder richtiger gesagt mit Halblänge<br />

hazen, r§gen, legen, oven, niddr, stuwa; bei mhd. i<br />

und u bestehen diese Kürzen auch in Zarz und<br />

Deutschruth: njdr, sttdje. In der alten Mundart<br />

der Sieben Gemeinden bleiben davon die echten<br />

Längen sowohl durch ihre Dauer als auch durch<br />

richtige Akzentmerkmale getrennt, z. B. in pläzen,<br />

P^tdr, an rgtdr (ein roter), lip (lieb), dar gute aus<br />

mhd. blasen, Peter, ein roter, lieb, der guote. Ähnliche<br />

Verhältnisse treffen wir auf hochdeutschem<br />

Boden nur mehr in südaleman. Mundarten an, z. B.<br />

im Montafon in hazn gegen bl§zv. Dieses zimbr.südaleman.<br />

Verwandtschaft hat mit Siedlungsbeziehungen<br />

nichts zu tun. Sie beruht einzig und<br />

allein auf dem gemeinsamen Stehenbleiben beider<br />

Sprachgebiete auf demselben uralten Sprachstand.<br />

Parallele Archaismen hüben und drüben sind u. a.<br />

noch die Beibehaltung der Umlautrundung (zimbr.<br />

hülta „Hütte", rökxxß „Röcke", montaf. hi{ttD,<br />

rökx) und das Festhalten <strong>des</strong> unverdumpften<br />

a-Lautes (zimbr. hazen, montaf. hazv). — 3. Doch<br />

trat vor einfachem l und r auch in den Sieben<br />

Gemeinden schon Dehnung ein, z. B. in mfl (Mehl)<br />

aus ahd. m'e'lo, sein (schälen), vil (viel); tür (Tür),<br />

pira (Birne), pörn (bohren); ebenso in Zarz in<br />

vil, tir, plre. Demnach sind die Dehnungen vor<br />

Liquiden etwas älter. — 4. Desgleichen hat das<br />

Zimbrische, diesmal auch bei Einsilbern, vor<br />

r-f Zahnlaut mhd. a und e behandelt, als lägen<br />

mhd. ä und e vor; z. B. in pärt (Bart), gärto (Garten)<br />

oder in hgürl (Herd), $nrda (Erde); Näheres darüber<br />

§ 1 g und § 3 m 1. Diese Dehnungen sind nach<br />

weiteren Anzeichen zu schließen schon im 11. Jh.<br />

durchgeführt worden.<br />

i. 1. Doch haben sich vor Lind Verschluß- und<br />

Lindreibelaut die ahd.-frühmhd. Drei- und Viersilber<br />

(Proparoxytona usw.) gegen diese Zweisilberdehnung<br />

noch einige Zeit gesträubt. Das hängt<br />

gewiß mit einem Bedürfnis der frühmittelhd.<br />

Sprachperiodo zusammen, alle Wortkörper ohne<br />

Rücksicht auf die Anzahl der Silben nach ihrer<br />

Dauer möglichst gleich lang zu gestalten. Wurde<br />

mhd. hasen zu hüsen gedehnt, so konnte das<br />

Gleichmaß dazu z. B. bei mhd. gabele (Gabel)<br />

nur erreicht werden, wenn sein Stammvokal<br />

kurz blieb, häsen und gabele beanspruchen<br />

in der Tat ugf. dieselbe Zeitdauer. Der<br />

gleichen Tendenz entspringen auch die Überdehnungen<br />

der mhd. Einsilber mit alter Vokalkürze,<br />

worauf wir § 34 k 2 zu sprechen kommen<br />

werden. — 2. Schon im Zimbrischen der Sieben<br />

Gemeinden wird in den Dreisilbern der Vokal als<br />

ausgeprägte Kürze gesprochen, also gäwnla, während<br />

in hazen usw. immerhin Halblange steht. Der<br />

gleiche Gegensatz besteht bei niddr und an niddr3r<br />

usw. Dieses Verfahren wirkt automatisch und greift<br />

in den Sieben Gemeinden überall durch. Nennen<br />

wirdieseErscheinungdioDreisilborkürzung. Sio<br />

gilt ebenso im Pustertal, etwa in nidq gegen<br />

a nidgdQ; selbst dann ist sie im Pustertal wirksam,<br />

wenn durch nachherigen Wegfall schwachdruckiger<br />

mhd. 3 die Dreisilber inzwischen zu modernen<br />

Zweisilbern vorkürzt erscheinen, z. B. in gQwl<br />

(Gabel), hpivg (Hafer), fedg(Feder),pihl(Bühel, plur.<br />

neben pihl, sing.), efndl (Ofenlein) und cfn(e)<br />

(Öfen, plur. neben öufn, sing.) usw. aus ahd.<br />

gabala, habaro, vedara, bühili, ovanili, ovana.<br />

Auch in einigen schwäbischen, ostfränkischen und<br />

in den rheinfränkischen Mundarten gilt die Dreisilberkürzung.<br />

Sio war einstmals überall im Bair.<br />

da. Nach § 3 f 2 hat sio deutliche Nachwirkungen in<br />

der Vokalentwicklung. Mhd. c behielt speziell in<br />

ahd. Dreisilbern trotz nachheriger Dehnung den<br />

alten f-Laut bei, wie er sonst nur für nhd. Kürzo<br />

auftritt, während unter mhd. Zweisilberdehnung<br />

6 81


§ 27 i 2—§ 28 b 2<br />

dafür das e der Dehnung auftritt. — 3. Eine andere<br />

Auswirkung der Dreisilberkürzung betrifft die<br />

Konsonanten. Sie werden in alten Dreisilbern nicht<br />

selten eben infolge vorausgehender Kürze sekundär<br />

verdoppelt. In einigen Gebieten <strong>des</strong> Bair., insbesondere<br />

<strong>des</strong> Südbairischen, werden -t- und -m- in<br />

alten Dreisilbern geminiert, in alten Zweisilbern<br />

aber nicht. Im ötztal steht z. B. Dehnung und<br />

einfacher Mitlaut in kxnetn (kneten), vgtdr (Vater),<br />

hgm&r (Hammer), zümdr (Sommer), vgl. ahd.<br />

kn'etan, vatar, hamar, sutnar; aber Kürze und Doppellaut<br />

in vettar (Vetter, Onkel), gdvgttar (Gevatter),<br />

kxgmmvra (Kammer) aus ahd. vetir(r)o, gavataro,<br />

kamara. Allerdings sind diese Verhältnisse in großen<br />

Teilen <strong>des</strong> Bair. durch neue Sonderordnungen der<br />

Dauer vor t und vor allem vor m gestört worden, ja<br />

diese nachträglichen Störungen schillern in derart<br />

vielen Lokalfärbungen, daß es zuviel Raum beanspruchen<br />

würde, sie hier auch nur in den Grundzügen<br />

anzudeuten. Weit verbreitet sind Geminationen<br />

in alten Dreisilbern auch bei mhd. -b- zu<br />

-pp-, z. B. in mundartl. rippin (ribeln, fest reiben),<br />

kh§ppln (keifen), $§ppzrn (klirren), tippl (Tübel,<br />

Beule) und strichweise in gQppl (Gabel), ngppl<br />

(Nabel), neppln (nebelig werden) und danach auch<br />

in neppl (Nebel), in gpar oder äpvr (aper) neben<br />

sches -r ergeben haben und nur altes silbisches -r<br />

Gleitlaute hervorrufen kann; vgl. etwa noch jetzt<br />

in den südbair. Sprachinseln und in den Tiroler und<br />

teilw. in den Westkärntner Hochtälern, z. B. im<br />

Kärntner Gailtal, a dindr gegen dinar, pr$nar;<br />

teldr, a jauldr gegen faular, fälar.<br />

äiodr (ahd. *ababar, *ababeri) usw. In Teilen <strong>des</strong><br />

Mitteibair., vor allem in Niederösterreich, stoßen<br />

wir bei diesen Wörtern auf -6-, das nach Ausweis<br />

der mittelbair. Sprachinseln Wischau und Brunn<br />

mit tipl, rlpln usw. wenn auch nicht aus verdoppeltem,<br />

so doch aus verhärtetem p entstanden<br />

ist. Auch andere Mitlaute erfuhren in alten Dreisilbern<br />

manchesmal Mitlautverdoppelung; es heißt<br />

z. B. in weiten südbair. Landstrichen flgttzrn<br />

(flattern), flottdrn oder fluttzrn (flattern) neben<br />

flgdarn, flödarn, flüdarn, in Tirol teilw. ggoßßl, -la<br />

(Geißel) neben ggvsl, -la (mhd. geisele) usw.<br />

j. 1. Neu entstanden sind neigungsbedingte Gleitlaute<br />

als solche Lindverschlußlaute. Nach l, n, r,<br />

n, m, traten, soweit feststellbar, auf gesamtbair.<br />

Gebiet d, g, b schon im 13. und 14. Jh. auf; sie sind<br />

z. B. in mandl (Männlein), hä n dl (Hähnloin),<br />

kligldor (Keller), v itüldrrr (ein stiller), nindarst<br />

(nirgends) aus frühmhd. niener, in allen alten<br />

mittel- und nordbair. Außenmundarten bis jetzt<br />

erhalten und bestehen in ähnlicher Form im westl.<br />

Südbair. fort; im westl. Südbair. mit seinen Sprachinseln<br />

auch noch in tondar (Donner), v lärdar (ein<br />

leerer) und südlich <strong>des</strong> Zentralalpenkammes sogar<br />

in a kxlgn(n)dar (ein kleiner) usw.; ferner im westl.<br />

Südbair. und in den Sprachinseln auch in engt<br />

(Engel), fitigzr (Finger) gegen ennale (Engelchen),<br />

sintyn (singen) und ebenda auch in himbl (Himmel),<br />

sgmbi (Schemel; aber nicht mehr im Zimbrischen),<br />

ferner in etlichen südbair. Einzelgebieten mit den<br />

Sprachinseln (ohne das Zimbrische) auch in pämbl<br />

(Bäumchen), rämbl (Rähmlein), ja gelegentlich,<br />

z. B. in Zahro, sogar in hgmbzr (Hammer), zümbar<br />

(Sommer); ähnlich im Gailtal. Abgesehen vom<br />

schriftsprachefernen ninderst sowie in -dl- ( d §28. Spätahd. d<br />

Übersicht: a. Allgemeines. — b. d im An-, Inund<br />

Auslaut. — c. -Id-, -nd-. — d. -rd-,<br />

a. Ein Gutteil <strong>des</strong>sen, was die Entwicklung <strong>des</strong><br />

spätahd. Lautes d betrifft, wurde entweder schon<br />

in den allgemeinen Ausführungen über die Lindlaute<br />

erörtert, oder es wird noch in der zusammenfassenden<br />

Darstellung der Starklaute zur Sprache<br />

kommen.<br />

b. 1. Im Anlaut bewahrt das Südbairische den<br />

alten Unterschied zwischen etymologischem d- und<br />

t- genau, z. B. in dgx (Dach) gegen tgg (Tag; s.<br />

§ 34 c 3 und Karte 21). Auch dort, wo die nhd.<br />

Schriftsprache falsche t- oder d- einsetzt, geht das<br />

Südbair. den richtigen Weg, daher südbair. drum<br />

(Trumm), druml (Trommel), aber turn (dumm),<br />

tglkvt (dalkecht, töricht, unbeholfen) usw. Dieselbe<br />

exakte Scheidung besteht in den mittel- und nordbair.<br />

Außen-, aber nicht mehr in den mittel- und<br />

nordbair. Binnenmundarten. Über jene Fälle, in<br />

denen ugf. seit 1100 wider Erwarten t- statt etymologischem<br />

d- als Folge <strong>des</strong> Schröderschen Assimilationsgesetzes<br />

auftritt, findet man Näheres § 27<br />

c 1, c 4 und c 8; über den mittel- und nordbair.<br />

Zusammenfall von d- und t- als gemeinsame Halbfortis<br />

oder Fortis s. § 34 c 3. — 2. Über das auslautende<br />

-d und seine Auslautverhärtung in den<br />

konservativen Mundarten <strong>des</strong> Südbair. wurde<br />

§ 27 d ausführlich gehandelt. Primär und sekundär<br />

auslauten<strong>des</strong> ~d in Rad, miiede usw. schwindet in<br />

einigen Streugebieten; so in der Südtiroler Zentrallandschaft<br />

zwischen Meran, Gufidaun, Bozen und<br />

Salurn (mit dem Ulten- und Sarntal) z. B. in rg,<br />

?nia, foni (Schmied), wgo (Weide), i rei (ich rede),<br />

i snai (ich schneide); ebenso im Fersental; weiters<br />

im Lavanttal und in der Weststeiermark, wo Restformen<br />

wie * Snäi (und danach der „falsche" inf.<br />

snain, inainvn „schneiden") und i rei weit über<br />

das eigentliche Schwund-Gebiet hinaus vorkommen<br />

und uns noch im oberösterr. Hausruckviertel begegnen;<br />

Schwund gilt ferner in zahlreichen Restformen<br />

zwischen Grafing (Oberbayern) und Dorfen<br />

(Niederbayern); <strong>des</strong> weiteren in voller Reihe im<br />

Sundergau (Oberbayern); zwischen Freising, Fürstenfeld<br />

und Reichertshausen (Oberbayern) an der<br />

mittleren Amper und an der oberen lim; schließlich<br />

in drei größeren nordbair. Schollen, nämlich<br />

im Egerland zwischen Graßlitz, Joachimstal,<br />

Netschetin und Plan, wobei die genannten Orte<br />

selbst außerhalb <strong>des</strong> Schwund-Gebietes hegen; in<br />

der Oberpfalz und Teilen Böhmens zu beiden<br />

Seiten <strong>des</strong> modernisierenden Naabtales einerseits<br />

zwischen Ronsberg (Böhmen), Pfreimd (Ober-<br />

l) sind pfalz) und Schorndorf östlich der Naab, anderer-<br />

sie im binnenländischen Nord- und Mittelbair. und seits westlich der Naab westwärts der Linie Asch<br />

im östl. Südbair. jetzt wieder beseitigt. — 2. Dabei (Böhmen), Weißenstadt (Oberfranken), Bayreuth,<br />

fällt es auf, daß diese Gleitlaute fehlen, solange Sulzbach (Oberpf.), Amberg, Burglengenfeld lind<br />

schwachdruckiger ahd.-frühmhd. Langvokal vor Regensburg, nordwärts von Ingolstadt (Ober-<br />

dem folgenden -r steht; also im Komparativ, bei bayorn) und ostwärts der Linie Eichstätt (Mittel-<br />

dem das Bair. ahd. -


Lechrain, ivilddz gsiägd (neben -da) im Zillertal und<br />

deren -g gewiß erst einer nachträglichen Wiederanlehnung<br />

an jagen zu verdanken und kein falscher<br />

Ersatz mehr.<br />

*) Vor mhd.-bair. -är (mhd. -dre) gilt (s. § 27 j 2)<br />

kein Gleitlaut mehr; daher erscheint der häufige<br />

ahd. Ortsname Walddrun (Wallern, bei den Waldleuten)<br />

urkundl. schon gegen 1100 gelegentlich als<br />

Wallarun, Wallaren.<br />

3 ) Über die palatalen h- und /-Lautungen in den<br />

Dreizohn Gemeinden s. § 23 a 3, Fußn. 3.<br />

§ 28 b 2—c 3<br />

der südlichen Oberpfalz wltß ggid mit lautgerechtem<br />

-d gegenübersteht; oder in Teilen <strong>des</strong> oberen<br />

Lavanttales rgw (Rad) neben rg und rgd. —<br />

3. "Über Stimmhaftigkeit und Spirantisierung von<br />

inlautendem intervokalischem -d- s. § 27 e und g,<br />

über weitere verwandte Inlauterscheinungen s.<br />

§ 27 i. Vereinzelt trat intervokalisch Wandel zu<br />

-r- ein, z. B. in prüvrv (Bruder), färv, ferv (Feder),<br />

pgrv (Bader) usw. um Altenmarkt im Pongau<br />

(ganz alt), um Knittelfeld (alt), restweise in Teilen<br />

<strong>des</strong> Flach- und Salzachgaues und schließlich in<br />

der Wachau mit dem westl. anschließenden Donautal.<br />

Im Mitteibair, hat sich diesem Wandel auch<br />

jenes -d- angeschlossen, das seit 1300 sekundär<br />

aus altem -t- entstanden war, z. B. in müvrv<br />

(Mutter), wert) (Wetter), ghgrv (Kater). Der Flach-,<br />

Tennen- und Salzachgau verdankt diesem Wandel<br />

seine Sonderform Mirchen (Mittwoch; mundartl.<br />

miuxxri> mivxxTl), deren älteste urkundliche<br />

Zeugnisse immerhin schon im 16. Jh. nachweisbar<br />

sind. In Ortsnamen und Bauernwörtern entdecken<br />

wir vereinzelte Restformen mit -r- aus -d- oder -tweit<br />

darüber hinaus in großen Teilen von Nieder -<br />

und Oberösterreich und von Nieder- und Oberbayern.<br />

Zur mittel- und nordbair. Veränderung<br />

von (südbair.) -dn, -dl zu -n, - d l s. § 34 c 6.<br />

c. 1. Im Gesamtbair, zeigten nach urkundl.<br />

Zeugnissen die Lautfolgen -Id- und -nd- schon<br />

gegen 1100 Neigung zur Angleichung zu -II- und<br />

•nn-; allerdings vorerst nur, insoweit diese Lautgruppe<br />

nicht im Auslaut oder nicht vor silbischem<br />

mhd. l und r der folgenden Silbe stand; dort trat<br />

entweder Auslautverhärtung zu -It, -nt ein (s.<br />

§ 27 d) oder das -d- mußte, wie z. B. in spätmhd.bair.<br />

kelder (Keller), mänder (Männer), als Gleitlaut<br />

automatisch wieder neu entstehen (s. § 27 j) 2 ).<br />

Dieser alten Angleichung verdankt u. a. das Magyarische<br />

seine Lehnform Vala aus dem spät-ahd. dat.<br />

demo Walde, demo Walle (zu magyar. v- speziell<br />

aus ahd. u- s. § 25 a 1); diese Burgenländer<br />

Siedlung Vala heißt jetzt im Deutschen mit einer<br />

Suffixableitung Wallern 2 ). Dem Bemühen, die<br />

richtigen -Id- und -nd- für -II- und -nn- künstlich<br />

einzuführen, verdanken wir in südbair. Sprachinsel-<br />

und Hochtalmundarten falsche Rückbildungen,<br />

wie dat. zinde, nom. zint (Sinn) u. ä.,<br />

sowie den ötztaler Ortsnamen mundartl. tsi Vende<br />

(Vent) aus mhd. renne (Hochmoor). Die alten Verhältnisse<br />

<strong>des</strong> Schwun<strong>des</strong> haben sich im Zimbrischen<br />

der Sieben Gemeinden bis heut« erhalten. Die<br />

Wörter Kind, Zahn (ahd. kind, zand), Wald lauten<br />

zwar mit Auslautverhärtung kxpit, tsant, walt, die<br />

Verkleinerungs- und Pluralformen dazu zwar mit<br />

„Gleitlaut" kx{ndle, tsendle, u-eldle (daneben weltle<br />

nach dem Auslaut) und ebenso mit „Gleitlaut"<br />

an xv\lddr (ein wilder), an fyiddr (ein linder), hingegen<br />

weisen die datt. und andero Formen unsero<br />

-nn-, -II- auf: me kxpine (dem Kind), me tsannc<br />

(dem Zahn), tsenne (Zähne), me walle (dem Wald),<br />

iville (wild), linne (lind); ebenso in den Dreizehn<br />

Gemeinden kx\ht, tsaht, walt; kx[hdla, tscndla,<br />

weldla (wella), an w(ld9r usw. gegen me kx\nhe,<br />

me tsaniie, tsenne, w{Ue, l{nne 3 hältnisse, allerdings mannigfach durch Paradigmenausgleich<br />

gestört, treffen wir in den übrigen<br />

zimbrischen Sprachinseln, im Fersental und sogar<br />

in Südtirol von Lana und Klausen die Etsch und<br />

den Eisack abwärts mit dem Ulten- und Sarntal. —<br />

2. Bald nach 1300 trat im Mittel- und Nordbair.<br />

und im Osten <strong>des</strong> Südbair. ein neuerlicher Wandel<br />

von -Id-, -nd- zu -II-, -nn- ein, ein Wandel, der nun<br />

auch schon die Gleitlaute mitnahm. Die ursprünglichen<br />

Verhältnisse sind allerdings teils durch<br />

Paradigmenausgleich, teils durch hoch- und verkehrssprachlichen<br />

Einfluß gelegentlich gestört<br />

worden; überdies sind, historisch begreiflich, die<br />

mittel- und nordbair. Außenmundarten, da sie<br />

sich schon vorher und um 1200 vom Binnenland<br />

abgesondert hatten, von dieser neuen Lautwelle<br />

nicht mehr erreicht worden. Außerdem wurden<br />

diese sekundären -II- und -nn- gleich den alten -IIund<br />

-nn- nachträglich meistens zu -l- und -n- abgeschwächt.<br />

Daher mundartl. f§lv (Felder); danach<br />

gelegentlich auch sing. f§ („Feld"), ghinv (Kinder),<br />

ninvsd (ninderst, nirgends)<br />

). Ähnliche Ver-<br />

4 ), hünvd (hundert),<br />

wünv (Wunder), wgnvn (wandern) 5 ) u. e. a. Sie<br />

sind in der echten Bauernmundart im Nordbair.<br />

(teilw. noch mit Geminata -II-, -nn- gesprochen)<br />

üblich, ebenso im Mitteibair., jedoch ohne Oberbayern<br />

(aber mit dem Staudengebiet bis hinauf<br />

zum Starnbergersee, mit dem Salzachgau und der<br />

Rosenheimer Gegend), ohne den Westen und Norden<br />

von Niederbayern und ohne die Regensburger<br />

Gegend (aber mit einer größeren Restinsel nördl.<br />

von Landshut), hingegen noch in dem tirol. Unterinngebiet,<br />

dem Pinz-, Flach- und Tennengau und<br />

in der Steiermark (ganz alt sogar mit dem Oberlavanttal),<br />

wo also -l-, -n- vorherrscht. Ausgenommen<br />

bleibt in<strong>des</strong>sen das südliche Burgenland<br />

mit -Id-, -nd-; ferner die verkehrsgebundenen Landschaften<br />

<strong>des</strong> Mitteibair., etwa Wien und seine<br />

"Umgebung und die mittelbair. Stadt- und Verkehrsmundart.<br />

— 3. Die mhd. Lautfolge -ndn (aus<br />

ahd. -ndan) wurde für gewöhnlich zu -ntn verdeutlicht,<br />

etwa in jintn (finden), gjuntn (gefunden),<br />

gsdgntn (gestanden) 6 ); infolge<strong>des</strong>sen wurde es mit<br />

-ntn aus ahd. -ntan vereinheitlicht, z. B. in bintn<br />

(binden), buntn (gebunden). In jenen Mundarten<br />

Westtirols und <strong>des</strong> oberbayr. Lechrains, die in<br />

alem. Weise silbisches -n zu -v wandeln (s. § 46 h 1),<br />

war diese Verhärtung zu -t- zwischen zwei -nüberflüssig;<br />

man spricht liier „lautgerecht" fmdn,<br />

kfundü, kätgndo, In<strong>des</strong>sen gibt es auch einigo verstreut«<br />

binnenbair. Mundartbezirke, in denen -ndn<br />

aus ahd. -ndan zu -nnzn, -nn angeglichen worden<br />

ist. Es lautet im östlichen Südtirol (im Etschland,<br />

im Sarntal, im Eisack-, Puster-, Ahm- und Tauferertal),<br />

in Osttirol und im Kärntner Lesach- und<br />

Gailtal fin, (k)fun, kitgn (aber pintn usw.) oder<br />

jinnzn, finvn usw., auch imObergurk- und Gegendtal<br />

finvti, fünmi, kstöunvn, ferner in großen Teilen<br />

der Mittelsteierrnark f[nnvn (j[nnnn), funmvn<br />

(analog auch funnvn), gstgnmnn, weiters im Salzachgau<br />

finv, (g)fünv, gsdönv; schließlich ebenso<br />

oder ähnlich im Nordbair. (mit dem Ostfränk.), im<br />

Böhmerwald und im Bayrischen Wald und in der<br />

Landshuter Gegend sowie im größeren Teil von<br />

Oberbayern nach Osten bis Rosenheim und nach<br />

Westen bis zum bayr. Lcchrain; ja sogar noch bis<br />

in den äußersten Norden von Tirol zwischen<br />

*) Zu -nd- in bair. nindcrs(t) aus mhd. niener<br />

s. § 27 j.<br />

5 ) Über mhd.-bair. hundert, wunder, wandern<br />

aus ahd. himtert, tuuntar, wanlarön 8. § 35 c 1.<br />

8 ) Über mhd.-bair. gestanden aus ahd.-bair.<br />

gastantan s. § 35 c 1.<br />

83


§ 28 c 3—§ 29 b 3<br />

Schamitz und Leutasch nördlich von Innsbruck<br />

finna, funna, TcitQnna.<br />

d. 1. Die ahd. Lautfolge -rd- wurde nach Ausweis<br />

der urkundl. Schreibungen im 13. Jh. meistens zu<br />

-r- vereinfacht. Demgemäß erscheint -r- auch in<br />

den Mundarten, soweit nicht, wie in hert (Herd),<br />

wert (wert) und teilw. in den Ortsnamen Wert,<br />

Wort und Hart (mhd. wert, hart aus ahd. werid<br />

„Insel" und hard „Sumpfwald"), Auslautverhärtung<br />

entschied; daneben steht -r- in den Ortsnamen<br />

Wernberg, Wernegg, Wöhr, Haar aus mhd.<br />

Werdenberg, Werdenegge, Werde, Harde (datt.).<br />

Derselbe Wandel liegt in den Ortsnamen Harrern,<br />

Wahrem aus den ahd. dat. plur. Harddrun, Weridärun<br />

vor. Demnach gilt mundartlich j, w$or oder<br />

{ wlor (ich werde), { wür (ich würde), pür(n)<br />

(Bürde), er>rr>, $nrn (Erde) usw. Nur die altertümlichsten<br />

südbair. Sprachinsel- und Hochtalmundarten<br />

schließen sich aus, z. B. die Sieben<br />

Gemeinden mit purde, %vrda und das ötztal mit<br />

pürde, eorda oder mit seinem Hofnamen Gdh§nrde<br />

(Gehörde aus ahd. gahorida) und mit seinem urtümlichen<br />

dat. henrde zum nom. hevxt (Herd). —<br />

2. Ahd. grammatischer Wechsel hat entschieden<br />

bei wortn (geworden) im Puster- und Lesachtal<br />

neben wevrn (werden), bei gwqrttn in großen Teilen<br />

der Steiermark mit der Grafschaft Pitten und <strong>des</strong><br />

Burgenlan<strong>des</strong> neben wg'n, to^v'n, vgl. ahd. w'e'rdan<br />

inf., xvortan part. prät.; ferner in zimbr. gmx\.ntet<br />

(auch gmntnnet, gmnpit; gefunden) neben v\nnen<br />

(finden), vgl. ahd. inf. fmdan, part. funtan. Wenn<br />

im Mitteibair, ent (Erde) und im Südbair. eortn<br />

neben echtem ^fo^'n, e.orn weit verbreitet sind, so<br />

hat bei den f-Formen wahrscheinlich Verkehrs- und<br />

vor allem kirchensprachliche Lautgebung entschieden.<br />

§ 29. Spätahd. g (s. die Karten 19 und 20)<br />

Üborsicht: a. Allgemeines. — Inlauten<strong>des</strong> -g-.<br />

— c. Auslauten<strong>des</strong> -g. — d. -gt. — e. Die Vorsilbe<br />

ge-; ph<br />

a. Ähnlich wie beim d-Laut ist auch hier viel<br />

Einschlägiges entweder schon erörtert worden, oder<br />

es wird später bei anderer Gelegeniieit vorgebracht<br />

werden. Über mhd.-südbair. k- (gg-) als Folgeerscheinung<br />

<strong>des</strong> Schröderschen Assimilationsgesetzes<br />

wurde- § 27 c 5 gesprochen, über den allgemeinen<br />

mittel- und nordbair. Wandel <strong>des</strong> anlautenden<br />

g- zur Halbfortis oder Fortis und zugleich<br />

über die Vereinheitlichung mit gg- wird<br />

§ 34 c gehandelt werden; über die Auslautverhärtung<br />

zu -kx s. § 27 d; über Stimmhaftigkeit,<br />

Spirantisierung und über Stimmlosigkoit <strong>des</strong> g-<br />

Lautes § 27 e und g, über den mittel- und nordbair.<br />

Wandel von -gty und -gl zu -'?} und -ols. § 34c 6.<br />

b. 1. Wichtig sind hier das -g- zwischen Vokalen,<br />

das auslautende -g unabhängig von der alten Aaslautverhiirtung,<br />

die Lautfolgo -gt und schließlich<br />

die Vorsilbe ge-. Die mitteldeutschen Dialekto<br />

haben das intervokalische -g- über spirantisches<br />

-y- meistenteils zu -x- verwandelt; nach Ausweis<br />

der historischen Quellen fand dieser Wandel kurz<br />

nach dem Verklingen <strong>des</strong> inlautenden -h- und<br />

ungefähr um 1200 statt. Nicht viel später wird die<br />

gleiche Veränderung im Nordbair., das diese Veränderung<br />

auch mitmachte, greifbar, z. B. in mözn<br />

(mager), wäxo d und bewahrt den älteren nordbair. Zustand. Nicht<br />

betroffen wurden im Nordbair. von diesem Wandel<br />

die Lautgruppen -gry und -gl. — 2. Die Lautgruppe<br />

-gl bezieht im Grenzgebiet zwischen dem Süd- und<br />

dem Mitteibair, gelegentlich eine Sonderstellung.<br />

Im steir. Ennstal, in Teilen <strong>des</strong> Pongaus und im<br />

Salzkammergut stoßen wir z. B. in ikl (ike; „Igel"),<br />

dsivlcl (dslvke; „Ziegel") usw. wider Erwarten auf<br />

Halbfortes und stellenweise sogar (bei den Alten)<br />

auf richtige Starklaute. — 3. Den mitteld.-nordbair.<br />

Wandel von -g- zu -x- treffen wir scheinbar<br />

auch in Wien und in der Umgebung von Wien an,<br />

z. B. in mQxn (mager), dsäxv (Uhrzeiger), büxv<br />

(Pilger; Plattenbruder aus der Wiener Vorstadt)<br />

usw. Doch ersetzen die jüngeren Wiener diese -xneuerdings<br />

durch -g- und lassen -x- nur in Wörtern,<br />

die sie nicht mehr mit schriftsprachlichen Parallelen<br />

vergleichen können, z. B. der Bedeutung wegen<br />

in büxv, unverändert stehen. Dafür breiten sich<br />

diese Wiener -x- in der Umgebung von Wien, z. B.<br />

um Stockerau, Zistersdorf, Neunkirchen, Eisenstadt<br />

usw. immer mehr aus. Man versuchte in<br />

einer Art Frankophilie, diese Wiener -x- als eines<br />

jener vermeintlichen Merkmale fränkischer Kolonisation<br />

in Niederösterreich, mit denen noch heute<br />

viel Unfug getrieben wird, hinzustellen. In<strong>des</strong>sen<br />

verraten uns Restformen in und um Wien, z. B. der<br />

Flurname Krieau aus älterem Chriegau oder das<br />

Marchfelder Wort doläi (völlig erschöpft) aus mhd.<br />

*(d) erlagig, daß in Wien und seinem Vorgelände<br />

einstens intervokalisches -g- ganz verschwunden<br />

gewesen war; nach gewissen urkundlichen Schreibungen<br />

ugf. seit 1300. Tatsächlich wird es in zwei<br />

abseitigen Flügellandschaften nördlich und südlich<br />

der Donau, der großen Modernisierungsachse <strong>des</strong><br />

Bairischen, noch jetzt unterdrückt, so in Teilen<br />

von Südmähren, im nördlichen Waldviertel und<br />

in größeren Teilen <strong>des</strong> Weinviertels nördlich der<br />

Donau, im größten Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>, im<br />

Jogelland der Steiermark und in abseitigen Bauerndörfern<br />

der niederösterr. Grafschaft Pitten südlich<br />

<strong>des</strong> Stromes, z. B. in mQ-o (mager), gle-v, gli-v<br />

(Geleger; Bodensatz oder andere Rückstände <strong>des</strong><br />

Weines); in Restwörtern vermögen wir den<br />

einstigen -,7-Schwund im ganzen Burgenland, in<br />

der ganzen Oststeiermark und im ganzen Osten von<br />

Niederösterreich nachzuweisen, z. B. um Mureck<br />

(Steiermark) in trQ-v (Trager; Leuchso am Leiterwagen),<br />

beim mundartl. Ortsnamen läwo (Jagerberg,<br />

östl. v. Wildon) usw. Nun wird im selben Gebiet<br />

auch inlauten<strong>des</strong> -ch- entweder jetzt noch unterdrückt<br />

oder wurde es, wenigstens nach alten Quellen,<br />

in diesem ganzen Ostraum einstens ausgelassen,<br />

und man spricht teils heute noch bräuD (brauchen),<br />

SÜ(D)-D oder süio (suchen) usw. oder hat man es teils<br />

nachweisbar gesprochen; man stellte aber in Wien<br />

und seiner Umgebung auch hier künstlich die -xneu<br />

her (s. § 34 i 9) und setzt nunmehr in Wien<br />

nobleres bräuxi], süvxi} dafür ein. So stellen sich<br />

die Lautungen ?HQXD (mager) usw. als „falsche"<br />

Ersatzformen dar. Man hat dieses -x- irrtümlich<br />

auch dort, wo eigentlich -g- hingehören würde,<br />

hineingoflickt. Überdies sind die fränk.-mitteld.<br />

-ch- aus -g- erst seit 1200, die niederösterr. -chfür<br />

-g- gar erst in der Neuzeit und auch da selten<br />

nachweisbar. Diese -x- aus altem -g- kommen daher<br />

als etwaiges Beweismittel für eine nichtbairische<br />

und für eine fränkische Besiedlung von Nieder-<br />

lo (Wägenlein) usw. Die Südgrenzo österroich, <strong>des</strong>sen Eindeutschung in den Grund-<br />

<strong>des</strong> nordbair. -z-Lautes geben uns folgendo zügen schon im 8. Jh. begann, nicht mehr in Frage.<br />

Grenzorto: Taus (Böhmen), Straubing (Nieder- Übrigens hört man -x-Lautungen auch im nordbayern),<br />

Rotenburg (ebd.), Ingolstadt (Oberöstl. Südmähren, ohne daß oin räumlicher Zusambayern),<br />

Monheim (Mittelfranken), öttingen. Die menhang mit dem niederösterr. -x-Gebiet be-<br />

nordbair. Außenmundart um Iglau weist in der stünde. Hior haben sie insofern ein anderes Wesen,<br />

moderneren Südhälfte stimmhaftes -g-, in der als in Südmähren -x- auch vor folgendem -l, z. B.<br />

konservativeren Nordhälfte spirantisches -y- auf<br />

84


in ixl (Igel), dsivxl (Ziegel) usf., auftritt; ähnliche<br />

Lautungen treffen wir verkehrssprachlich in Brunn,<br />

Wischau und Iglau. Um Wien spricht man aber<br />

einzig und allein IH, dslrfil. Wie manches andere in<br />

Südmähren wird auch sein -x- ostmitteldeutschen<br />

Ursprungs sein und einen Ableger einer alten<br />

deutschmährischen Verkehrssprache beinhalten. —<br />

4. Wenn in Niederösterreich, in der Steiermark und<br />

im Burgenland jüngere Mundartschichten hiatustilgende<br />

-g- (oder -x-) gebrauchen und v näigo (ein<br />

neuer), v w$gn (ein weher, ein schmerzender) oder<br />

v näixv, v WQXX) für älteres v näin, v wq-v einsetzen,<br />

so ist wohl auch das die Auswirkung neuer<br />

Wiederherstellungen von -x- und -g-. Anders liegen<br />

die Dinge bei hiatustilgendem -g- im Südbair., z. B.<br />

bei tirol.-kärntn. saugn, (schauen), tirol. hldgdr<br />

(neben hidddr, „diesseitig"), oder gar bei Saugry,<br />

haugn, (hauen), paign, (die Bienen) in Luserna und<br />

bei vrä(u)g9 (Frau), vaugn, (fallen) in Teilen <strong>des</strong><br />

Gottscheer Lan<strong>des</strong>. Das sind echte Hiatustilger<br />

und kein falscher Ersatz mehr. In diesen Mundarten<br />

war ja inlauten<strong>des</strong> -g- immer da.<br />

c. 1. Primär und sekundär auslauten<strong>des</strong> -g, z. B.<br />

in Tag, Luge (Lüge), Sage (Säge), ist in einem<br />

größeren Gebiet geschwunden als inlauten<strong>des</strong> -g-;<br />

so in einer größeren Landschaft um Schrobenhausen,<br />

Fahrenzhausen, Freising und Wollnzach<br />

im nordwestlichen Oberbayern; an der niederbayr.-oberpfälz.<br />

Grenze im nördlichen Böhmerwald<br />

um Viechtach, Zwiesel und Straubing; im<br />

größten Teil von Südmähren mit dem nordöstl.<br />

Waldviertel, im größten Teil <strong>des</strong> Weinviertels;<br />

auch fast im ganzen Burgenland mit der Grafschaft<br />

Pitten und in der ganzen Oststeiormark<br />

spricht man dq, lü, SQ. Sogar im Fersental begegnet<br />

uns tö, lü, zö. In gnüd (genug) ist der<br />

Schwund angefangen von Kärnten bis nach Südmähren<br />

eingetreten. — 2. Unter Schwachdruck<br />

ist - in großen<br />

Teilen von Tirol und in Westkärnten -g. Im Salzburgischen<br />

mit dem tirol. Unterinngebiet, dem<br />

Salzachgau, dem steir. Ennsgebiet und dem Salzkammergut<br />

gibt es die Lautungen flaißßig, möHgg<br />

in echter Bauernmundart.<br />

d. Die auslautendo Lautfolge -gt in sagt, tragt<br />

(trägt) usf. ist, soweit nicht die mhd. Kontraktion<br />

fortbesteht (s. § 20 o), zu -kt assimiliert worden,<br />

ebenso die Lautfolge -gst zu -kßt. Man spricht du<br />

SQkßt (am Nordrand <strong>des</strong> Nordbair. mit analogem<br />

ostfränk. Umlaut sekßl), cv sgkt (sekt) und du<br />

trgkßt (drekßt), eo trokt (drekt), vgl. aber ostfränk.<br />

sexd, drexd. Das binnenländische Südbair. hat dieses<br />

-kt weiter zu -k angeglichen. In Tirol, Kärnten, im<br />

Pinz-, Pon- und Lungau, in der Steiermark mit<br />

der Grafschaft Pitten (ganz alt) sowie im Süden<br />

<strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> bis Draßmarkt und Mannersdorf<br />

tritt also sgk, drok (irgk) ein. Merkwürdig ist<br />

in<strong>des</strong>sen sös(t), tröS(t), söt, tröt um Sillian und<br />

Tillinch im Pustertal und ähnlich in den Sprachinseln<br />

Pladen und Zahre. Auch in den Sieben<br />

Gemeinden gilt trast, trat. Parallel dazu wird vielfach<br />

dio Lautfolgo -bt behandelt: mittel- und nordbair.<br />

gipt, südbair. gip, in den Sieben Gemeinden<br />

git.<br />

e. 1. Hier lassen sich am besten dio landschaftlich<br />

bunt schillernden Lautverhültnisso bei der Vorsilbe<br />

§ 29 b 3—e 4<br />

ge- und einige verwandte Erscheinungen unterbringen.<br />

Die Karte 19 zeigt uns augenfällig, wie<br />

von der Donaustraße aus gemessen nach Norden<br />

und Süden gleichzeitig stufenweise je nach dem<br />

folgenden Mitlaut die Verkürzung von ge- zu goder<br />

sein gänzliches Verklingen abnimmt; dazu<br />

sei kurz bemerkt, daß die nördlichen Grenzeintragungen<br />

nicht ganz genau sind. Immerhin darf<br />

man die Raumbilder in die zeitliche Entwicklung<br />

umprojizieren. Danach wurde zuerst ge- vor folgendem<br />

s- zu g-, z. B. in gesungen, gestanden; etwas<br />

später vor /- in gefaßt, gefangen; noch später vor<br />

h- in gehabt, geheißen; bei diesen drei Typen rückt<br />

allein schon das Gebiet mit erhaltenem ge- (go-,<br />

g{-) der Donau von beiden Seiten her immer um<br />

ein Stückchen näher. Noch stärker nähert es sich<br />

zangenartig bei einer großen Gruppe vor w-, j-, l-,<br />

r-, n-, m- in gewesen, gejagt, gelebt, gerungen, genommen,<br />

gemacht. Am weitesten reicht von Norden<br />

herunter und von Süden herauf die Erhaltung <strong>des</strong><br />

ge- vor den Verschlußlauten d-, g-, p-, t-, k- in<br />

gedenkt (gedacht), gegossen, gebeten, getragen, gekauft.<br />

Auch nach den dialekthistorischen Quellen<br />

dürfte ge- zuerst vor s-, dann vor /-, weiters vor h-,<br />

später vor w-, j- usw. und erst zuletzt vor d-, gusf.<br />

verkürzt worden sein; im Mittelbair. zwischen<br />

1180 und 1250, im Südbair. zwischen 1220 und<br />

1300. — 2. Vor s- ist demnach die Vollform ge- im<br />

Norden nur mehr rheinfränkisch, hessisch und<br />

erzgebirgisch-sächsisch und nicht mehr ostfränkisch,<br />

im Süden gilt sie nur in den südbair. Sprachinseln<br />

(ohne Fersental und ohno Tischlwang) sowie<br />

in Tilliach und Innervillgratten im Ostpustertal;<br />

z. B. in Gottscheo gdzwppn und in Tilliach gizunrien;<br />

vor /- in gifost (gefaßt) usw. bleibt geschon<br />

in größeren Teilen <strong>des</strong> Östpustertalcs erhalten;<br />

vor h- in gehgpt, gehgt reicht dio Erhaltung<br />

<strong>des</strong> ge- im Norden ins Ostfränk. und bestellt überdies<br />

in allen Tiroler Hochtälern; in geivesn usf.<br />

zieht sie in Tirol noch das Pitztal und das Sellrain<br />

und in Kärnten das Oberdrau- und das Gailtal<br />

auf dio beharrsame Seite; in gedenkt usw. umfaßt<br />

sie schließlich darüber hinaus Kärnten, in Südtirol<br />

das Burggrafenamt und dos Etschland, in Nordtirol<br />

abgesondert das Oberlechtal, ferner einige<br />

Gemeinden der Sprachinseln Brunn, Wischau und<br />

Iglau. — 3. In einigen Wörtern fehlt nach dem<br />

Ahd.-Mhd. auch in der ältesten Bauernmundart<br />

oft die Vorsilbe, so in mhd. bracht, tro/Jcn, funden,<br />

kommen (kämmen), gangen, <strong>des</strong>gleichen oft in<br />

künnt (künnen), törfl (törfjcn), worden (steir.burgenl.<br />

auch gwgrln). Demgegenüber erlauben<br />

sich dio bair. Mundarten gelegentlich zweimalige<br />

Setzung der Vorsilbe, etwa in südbair. geg 1 halten<br />

(behalten), geg'wohnt (gewohnt), geglaubt (geglaubt).<br />

— 4. In denjenigen mittelbair. Mundarten,<br />

welche dio Beseitigung <strong>des</strong> ge- vor Verschlußlauten<br />

etwas später erreichten, hinterließ das g 1 -<br />

8trich\veise eine besondere Verstärkung <strong>des</strong> Verschlußlautes,<br />

wie sie das Mittelbair. sonst nicht zu<br />

bilden imstande ist. Es stehen sich in Oberösterreich<br />

die part. prät. koßßn (gegossen), pet (gebetet),<br />

tenkt (gedacht), trQ'n (getragen), khauft<br />

(gekauft) und ebenso ichQVn (behalten) etc. mit<br />

Anlautfortes und dio inff. geoßßn, bettn, dengn,<br />

drQ'n, ghauffm und ghiji'n mit normalen Anlautlenes<br />

gegenüber. Diese Differenzierungen gelten<br />

nach unserer Karte 19 weit hinaus nach Altbayern,<br />

merkwürdigerweise aber nicht mehr in<br />

Niederösterreich. Hier wird goßßn, bet, dqnkt,<br />

drg'n, gha(u)fft mit dem gleichen Anlaut gesprochen<br />

wie ginßßn (goißßn), bettn, dengn, drQ'n,<br />

gha(u)ffn. Nochmals treffen wir auf die Unterscheidung<br />

um Marburg in Jugoslawien; übrigens<br />

finden wir sio auch im Südalemannischen und<br />

85


§ 29 e 4—§ 30 b 2<br />

demnach in Vorarlberg. Im Südaleman. tritt<br />

sogar für ahd. gabüro (Nachbar, Bauer) pur mit<br />

Fortis auf 1 ), wo in Oberösterreich und in Altbayern<br />

nur bäu(r), bauuv mit Lenis und dementsprechend<br />

in Kärnten nur päudr ohne ge- da<br />

ist. — 5. Einstmals bestand in großen synkopierenden<br />

Gebieten auch sonst die Neigung zur Angleichung<br />

<strong>des</strong> g- an den folgenden Mitlaut; insbesondere<br />

entstand d- vor n- und Z-. Noch jetzt<br />

herrschen Aussprachen wie dnumv (genommen),<br />

dnäd (genäht) in der Kernlandschaft von Oberösterreich<br />

und bei alten Leuten in der Obersteiermark,<br />

ferner im Pinz- und Pongau (s. Karte 20).<br />

Danach hat auf mittelbair. Seite dieses dn-Gebietes<br />

älteres kchn-, da es seit 1300 auch zu gngeworden<br />

war, gleichfalls das dn- erreicht, z. B. in<br />

oberösterr. dn§xd (Knecht), dnobf (Knopf). Im<br />

gleichen Gebiet der Steiermark und <strong>des</strong> Salzburgischen,<br />

ferner im Salzkammergut und z. T. im<br />

tirol. Unterinngebiet wurde gl- zu dl- in dlept<br />

(gelebt), dlqxt (gelacht), ebenso in dlQ8 (Glas),<br />

dloklcn, (Glocke) und im mittelbair. Anteil dl- auch<br />

für älteres kehl- in dl$ (Klee), dläu'm (klauben). —<br />

6. Nach Lautungen in abseitigen Landstrichen <strong>des</strong><br />

östlichen Mittel- und Südbair. hatten diese Assimilationen<br />

einstmals einen weiteren Umfang. Man<br />

hört bei alten Leuten der Ober- und der nördlichen<br />

Mittelsteiermark, <strong>des</strong> mittleren und nördlichen<br />

Burgenlan<strong>des</strong> und in Niederösterreich auch die<br />

angeglichenen Aussprachen pfgßt (gefaßt), pmgxt<br />

(gemacht) usw. statt modernerem kfgßt, gmqxt;<br />

im Fersental neben pfqßt sogar tätgntn (gestanden),<br />

tsurmdn (gesungen), allerdings neben grmät, gmngxt.<br />

Das neue pf- von pfgßt gleicht dem alten pf- in<br />

pfgn (Pfanne), pflüvg (Pflug). — 7. Da sich nun<br />

in weiten Landstrichen die Neigung durchsetzte,<br />

das neue pf-, insoweit es für kf- steht, wieder zu kfzu<br />

verbessern, so hat man mancherorts <strong>des</strong> guten<br />

zu viel getan und auch das alte pf- irrtümlich zu<br />

kf- „korrigiert". „Falsche" kf- in kfön (Pfanne),<br />

kfloug (Pflug) usw. neben kfgßt treffen wir in voller<br />

Reihe um Jechnitz im Egerland und in der nordbair.<br />

Sprachinsel Iglau, in kfgun, kflüi, kfintßtD<br />

(Donnerstag) und kfgßt ebenso im südlichen Burgenland<br />

und in der südlichsten Mittelsteiermark<br />

(s. Karte 20). Diese kf- für pf- sind lokale Zufallsausroifungen<br />

eines „falschen" Ersatzes, da die<br />

Neigung zu diesen Überbildungen ja überall gegeben<br />

war. — 8. In Unterkärnten, in der Ober- und<br />

in der Mittelsteiermark troffen wir sogar auf völlig<br />

mißratene Überbildungen wie kslggn, (das Pferd<br />

beschlagen) und kStätir}, -tvn (Bestattung, Leichenbegängnis);<br />

mißraten, da „Assimilation" von käzu<br />

ps-, die hier wieder zu kS- „zurückgebildet"<br />

wurde, in Wirklichkeit gewiß nie eingetreten war.<br />

Es liegt eine zu weit ausgedehnte „Verbesserung"<br />

vor uns, lautgeschichtlich gesehen also ein ausgesprochener<br />

Fehler. — 9. Für ge- vor stammanlautendem<br />

r-, z. B. in gerunnen (geronnen), gerauft,<br />

sind Sonderwege weit verbreitet (s. Karte 19).<br />

Überall, wo anlauten<strong>des</strong> hr- für altes r- besteht<br />

(s. § 60 b 1), entspricht für per- jetzt ghr-, khr-, kxr-.<br />

Es heißt ghrui}nzn, ghrafft, weil es auch hrirypn,<br />

hraffn mit hr- läutet. Dieses ghr- begegnet uns im<br />

Mittelbair. selbst im /ir-Bereich, auch wenn sonst<br />

vor Mitlaut, z. B. in Khnecht, Khlee, die Behauchung<br />

längst aufgegebon worden ist (s. § 38 a 6<br />

und Karte 21); doch bleibt dann auch das alte ghrin<br />

ghrgppfo (Krapfen), ghrQnds (Kranz) usw. erhalten.<br />

Dieso isolierte Behauchung in ghr- wurdo<br />

auf unserer Karto nur punktiert umgrenzt. Wo<br />

aber trotz Behauchung in khnqxt, khlq, khrgpffn<br />

*) Man vgl. noch schles. paur mit p- für sonstiges<br />

b-; doch ist im Schles. ge- sonst erhalten geblieben.<br />

86<br />

hier grurynpn, grafft mit gr- auftritt, habe ich die<br />

gr-Grenze gegen khr- in unseren Wörtern gestrichelt<br />

eingezeichnet; sie wiegt jetzt viel schwerer.<br />

An diesen Grenzen erkennt man, daß das Ostbairische<br />

solche ghr- aus ge-\-r nicht besessen hatte,<br />

daß das ghr- (khr-, kxr-) sonst jedoch auf bair.<br />

Boden, soweit eben Synkope eintrat, vorherrschte.<br />

Ausgenommen bleibt allerdings auch Westtirol,<br />

das sich mit seinem gr- (grunnv, grafft) schon<br />

offenkundig an das aleman. gr- anlehnt. Völlig<br />

fällt eine mittelkärntn. Insel im Obergurk- und<br />

Gegendtal (und bei der ältesten Generation auch<br />

im Obermetnitztal) aus dem Rahmen. Hier wird<br />

trotz allgemeiner Synkope in gmgxt, gnät usw.<br />

gwuryryDn, gnräft eingesetzt, während rundherum<br />

khrurmtm, khraft herrscht. Eine zweite gr»r-Insel<br />

treffen wir im unteren Lavanttal. Um das Unterlavanttal<br />

weist die Umgebung gr- auf. Zu den<br />

weiteren Schicksalen dieses ghr-, khr-, kxr- s.<br />

§ 38 a 9. Aus der weiten Verbreitung <strong>des</strong> ghr- aus<br />

ge-\-r darf man fürs Bairische älterer Zeit auf eine<br />

ebenso große Verbreitung von hr- in älterer Zeit<br />

schließen, also auf einstmals nahezu gemeinbair.<br />

Aussprachen wie hrir^rpri, hraffn, hrös (Roß) usw.<br />

Zwar treffen wir dieses ghr- auch in Gegenden, wo<br />

jetzt nur r- gesprochen wird, z. B. in Mittelkärnten<br />

und in Zentral tirol. Auch in diesen Gebieten hat<br />

man nach Ausweis von kxrurynpn, Mirur^rm<br />

einstens hrirynpn usw. mit hr- gebraucht. Nebenbei<br />

bemerkt weicht dieses hr- vor unseren Augen<br />

überall vor r- zurück, indem riryvpn älteres hrirywpn<br />

allenthalben verdrängt.<br />

§ 30. Spätahd. b<br />

a. Daß der frühahd. Lindlaut b während der<br />

zweiten Hälfte <strong>des</strong> 8. Jhs. im Bair. zum Starklaut p<br />

verändert gewesen war und daß er inlautend um<br />

1050 wieder zu -6- zurückgewandelt wurde, haben<br />

wir § 27 a 4 erwähnt, auch daß sich dieses inlautende<br />

-b- um 1100 im Bair. zu -w- umzubilden<br />

begann und seither mit dem alten inlautenden -w-,<br />

soweit dieses erhalten blieb, zusammenfiel (§ 25 a 3),<br />

daß das anlautende ahd.-bair. p- bis ins Spätmittelalter<br />

unverändert fortbestand, wurde § 27 a 4<br />

erörtert. Über die weiteren Schicksale dieses pim<br />

Bair. wird § 34 c, über sp- § 34 c 3 gehandelt<br />

werden. Die übrigen Merkwürdigkeiten der Lautentwicklung<br />

<strong>des</strong> frühahd. 6-Lautes kennen wir<br />

meistens schon, so vor allem seine Auslautverhärtung<br />

zu -p (s. § 27 d), seine gelegentliche Verdoppelung<br />

zu -pp- oder seine Inlautverhärtung zu<br />

-p- in alten Dreisilbern (s. § 27 i 3). Auch Restformen<br />

mit inlautendem -p- als Westtiroler Grenzversteifungen<br />

aus der ahd.-bair. Sprachperiode sind<br />

uns bereite bekannt (s. § 27 b). Auf die Vertauschungsmöglichkeiten<br />

von ahd. -b- und -u- vor<br />

folgendem 4- und -r- kommen wir § 31 d zurück,<br />

auf den allgemeinen Gleichklang von altem 6 und v<br />

in den Sieben Gemeinden s. § 31 c. Zur ahd.<br />

Lautfolge -mp- s. § 36 b 2. Solchermaßen bleibt<br />

hier über die Lautgeschichte und Lautgeographio<br />

kaum mehr Wesentliches zu Bagen übrig.<br />

b. 1. Erwähnenswert ist, daß im Bairischen<br />

gleich wie im Ostfränkischen und wie meistenteils<br />

im Mitteldeutschen inlauton<strong>des</strong> -b- zu -w- verändert<br />

erscheint, während im Alemannischen westlich<br />

<strong>des</strong> Arlbergs und <strong>des</strong> Lecha dafür stimmhaftes<br />

-b- eintritt. Es stehen sich z. B. bair. iwo<br />

(über) und alem. ibsr, i(br scharf gegenüber. —<br />

2. Vor folgendem n wird dieses w im Südbairischen<br />

und in den bair. Sprachinseln zu stimmhaftem<br />

•b-, etwa in g$m (geben), räibm (reiben) usw.<br />

Dieses -bm wurde später im Zuge der mittelbair.<br />

Konsonantenschwächung außerhalb von Tirol und


§ 30 b 2—§ 31 d 2<br />

Kärnten zu silbischem -m: g


§ 31 d 2—§ 32 a 4<br />

neben hhäiw (Käfer) in Teilen <strong>des</strong> Burgenländischen,<br />

gqivmrn im Norden der Sprachinsel Iglau<br />

und gQtnw'n um Brunn (geifern) sowie SQOnm'n<br />

in Schiltern (Südmähren) und SQtrwln um Rechnitz<br />

im Burgenland (geifern) aus mhd. seiveren. Die<br />

Verbindung zum Schlesischen führt teilweise von<br />

Budweis über Iglau, teilweise vom Burgenland<br />

über Brunn, Wischau, Olmütz und dem Schönhengstgau<br />

als Brückenpfeiler ins Ostmitteldeutsche.<br />

Über weitere schlesische Spuren in diesen bair. Gebieten<br />

s. auch § 39 c 2.<br />

e. Vor folgendem -s kann sowohl altes -v- als<br />

auch neues -ff- lautgerecht zu -p- umgebildet werden.<br />

Daher die im Bair. weitverbreiteten Lautungen<br />

wepßn (Wespe) und lepßn (Lippe). Es stehen für<br />

deren -vs- (ahd. wevsa, levs) daneben allerdings,<br />

wie die Artikel Wespe, Lefze <strong>des</strong> Wörterbuches<br />

zeigen werden, auch andere Möglichkeiten zur<br />

Beseitigung der seltenen und schwer aussprechbaren<br />

Lautfolge -vs- zur Verfügung. Nur in Zarz<br />

und Deutschruth bestehen wävze und lävze unberührt<br />

bis zur Gegenwart fort. In denselben Bereich<br />

gehören nhd. hübsch und zimbr. (in den Sieben<br />

Gemeinden) hüppos aus der abgewandelten Form<br />

ein hübscher zu hüvisch (höfisch, Übersetzung aus<br />

altfranz. courteis, courtois); weiters die mundartliche<br />

Aussprache KxopstQo n (Kufstein); in manchen<br />

Gegenden ist der Wandel von älterem -fs- zu -pssogar<br />

als festes Lautgesetz erhalten geblieben. Im<br />

tirolischen Silltal spricht man du hilp§t (du hilfst),<br />

du kxäpst (du kaufst), du terpst (du darfst) usw.,<br />

<strong>des</strong>gleichen im Oberlavanttal du hülpst, du khapst,<br />

du tarpst. In der nördlichen Weststeiermark behilft<br />

man sich bei dieser Lautfolge verschieden<br />

und läßt entweder das / oder das s aus {hülst, hülft);<br />

im östlichsten Mittelkämten schiebt man hingegen<br />

einen Vokal ein: du hülfvst usw. Dazu stimmen die<br />

Lautungen ivmvvsn, leiwsn (Wespe, Lefze), die<br />

nicht nur in Mittelkämten, sondern ebenso oder<br />

mit Spielformen gelegentlich auch anderswo im<br />

Bair. anzutreffen sind.<br />

V<br />

§32. Spätahd. s<br />

Übersicht: a. Der spätahd. Lautstand im<br />

Lichte der Sprachinselmundarten. — b. Die Weiterentwicklung<br />

bis zum modernen Lautstand.<br />

a. 1. Die Entwicklung <strong>des</strong> Lautes s ist, wenn man<br />

sie angefangen von der ahd. Zeit bis zum modernen<br />

Lautstand untersucht, nach mehreren Richtungen<br />

hin erfolgt und weist eine lebhafte Bewegungsfähigkeit<br />

avtf, die sich jedoch auf kurze Formeln<br />

bringen läßt. Wir müssen den älteren Entwicklungsgang<br />

etwas genauer verfolgen, weil etliche<br />

ältere Stadien in gewissen Mundarten entweder<br />

tatsächlich lebendig geblieben sind oder der Aufhellung<br />

sonderbarer Relikte dienlich werden. —<br />

2. Seit der ausgehenden ahd. Sprachperiode besaß<br />

das Bairischo insgesamt vier verschiedene Zischlaute.<br />

Erstens ein starkes ß, das mit unserem<br />

schriftdeutschen Zischlaut der Wörter essen, Wasser,<br />

Fuß identisch ist und das in ahd.-mhd. Zeit als z<br />

(mhd. ezzen, wazzer, vuoz) geschrieben wurde, also<br />

ein reines Fortis-/?; entstanden ist es durch dio hd.<br />

Lautverschiebung aus germ. t. Zweitens ein stimmhaftes<br />

z, das zwischen i wie in franz. jour (Tag) und<br />

-2- wie in bühnend. vizz (Wiese) lag, in ahd.-mhd.<br />

Zeit als s geschrieben wurde und aus germ. s in<br />

stimmhafter Umgebung um 750 entstanden ist,<br />

etwa in mhd. zeh»n (sehen), hazo (Hase), vr\za<br />

(Wiese). Drittens ein starkes stimmloses ß, das<br />

zwischen dem oben erwähnten ß und ß (seh) lag,<br />

z. B. in mißt (Mist), haßpdl (Haspel); es wurde in<br />

ahd.-mhd. Zeit gleichfalls als Buchstabe s geschrieben<br />

und ist auch aus germ. s, diesmal aber in stimm-<br />

88<br />

loser Umgebung, entstanden. Viertens schließlich<br />

jenen scharfen, vollen $-Laut, wie er um die Mitte<br />

<strong>des</strong> 11. Jhs. (s. § 42 a 1) etwa in mhd. dreschen,<br />

visch (Fisch) aus älterem sk (ahd. dreskan, visk)<br />

entstanden war, und der noch heute in dreschen,<br />

Fisch usw. fortbesteht. Diese alten Verhältnisse<br />

offenbaren uns die frühmhd. Lehnwörter in den<br />

Fremdsprachen und deutlicher die Konservierung<br />

in der altertümlichsten Mundart <strong>des</strong> Bairischen,<br />

im Zimbrischen der Sieben Gemeinden, das wir<br />

schon öfters als lebendiges Museum frühmittelhochdeutscher<br />

Sprachzustände kennengelernt haben.<br />

Den /J-Laut spricht man in den Sieben<br />

Gemeinden in $ßßen, waßßdr, den z-Laut in zeyen,<br />

hazo, pfenrzix (Pfirsich), znaidar (Schneider),<br />

zwain (Schwein), den /J-Laut in mißße (Messe),<br />

gvunßße (gewisse), ßtgvn (Stein), ßpekx (Speck),<br />

hüßta (Husten), haßpel (Haspel), mißt (Mist),<br />

kxerßßa (Kirsche), den y^-Laut schließlich in<br />

dreßßen (dreschen), viß (Fisch). Das Zimbrische<br />

der Sieben Gemeinden hat, wie schon mehrfach<br />

erwähnt worden ist, seit 1600 seine eigene Schriftsprache.<br />

Deren Rechtschreibung beruht auf der<br />

altvenezianischen Orthographie, die ihrerseits wiederum<br />

wie die italienische Rechtschreibung auf<br />

den vulgärlat. Buchstabengebrauch zurückführt,<br />

von dem gleichzeitig auch die ahd.-mhd. Orthographie<br />

ausgeht. In dieser zimbrischen Schriftsprache<br />

werden nun die oben genannten Laute<br />

in folgender Weise transkribiert: ezzen, bazzer,vuuz;<br />

seghen, haso, pfersieh, snaidar, sbain; misse, gabisse,<br />

stoan, speck, huusta, haspel, mist, kerssa; dreschen,<br />

visch. Wer wird durch diese Schreibungen nicht<br />

sofort an die Orthographie der alt- und mittelhochdeutschen<br />

Sprachperiode erinnert mit ihren<br />

korrespondierenden Schriftbildern mhd. ezzen,<br />

wazzer, vuoz; sehen, hase, pf ersieh, snidaere, swin;<br />

messe, gewisse, stein, speck, huoste, haspel, mist,<br />

k'ersse; dreschen, visch ? Mit unseren gewonnenen<br />

Gleichungen, der Buchstabe z ist als ß, der Buchstabe<br />

s bald als z, bald als ß und die Buchstabenfolgo<br />

seh als ß zu lesen und auszusprechen, haben<br />

wir aus dem Zimbrischen einen dem Mhd. zeitgleichen,<br />

sicheren Schlüssel zur frühmhd. Phonetik<br />

der Zischlaute gefunden. Ist auch der Weg von<br />

diesen zimbrischen und mhd. Lautungen und<br />

Schriftbildern zu jenen Lautverhältnissen, wie sie<br />

uns die modernen bair. Mundarten bieten, verwikkelt,<br />

so läßt er sich dennoch in unseren vier<br />

dialekthistorischen Quellen in den Einzelstadien<br />

Schritt für Schritt verfolgen. Das Wesentliche ist<br />

dabei: Es sind die Zwischenlauto z und ß beseitigt<br />

worden, indem sie bald zu den reinen Zischlauten<br />

z und ß, bald zu den vollen seh -Lauten z und ß umgestaltet<br />

wurden. — 3. Die übrigen südbair.<br />

Sprachinselmundarten haben dem Zimbrischen<br />

gegenüber meistens nur kleinere Veränderungen<br />

vorgenommen. In slowenischer Umgebung haben<br />

sich zimbr. z und ß zu z und ß verwandelt, da das<br />

Slowenische solche „vermischte" Zischlaute normalerweise<br />

nicht besitzt. Durch diesen Slawismus<br />

ist insofern eine Vermengung eingetreten, als das<br />

alte ß mit dem alten ß lautgleich wurde. Dio oben<br />

genannten zimbr. Lautungen spricht man im<br />

Zarzerischen als üßßn, wgßßr, vuaß; iüiyn, hoide,<br />

pfenriax, znaidar, iwäin; meßßc, gew[ßße, stgün,<br />

Späkx, hudßte, hgßpl, mißt, kxcrßßc; dräßßn, v[ß<br />

aus. Dieselbe Zischlautverteilung gilt in der<br />

Sprachinsel Gottscheo: aßßn, woßßdr, vüsß; iähn,<br />

hüzz3, pfeariaix, znaidar, iwain; vxcßßd, gzwißßz,<br />

itgain, Spakx, hüvßtd, hgßpl, mißt, kxarßßd; draßßn,<br />

viß, _ 4. Im Zusammenhang mit gewissen Neigungen<br />

zu Zischlautnssimilationen slowenischer<br />

Mundarten, auf deren Wesen wir hier nicht näher


§ 32 a 4—b 5<br />

eingehen wollen, haben zwei Außenmundarten auf<br />

slowenischem Sprachboden in gleicher Weise alle<br />

vier Zischlaute auf einer neutralen Basis vereinigt<br />

und kennen nur mehr z und ß statt der zarzerischen<br />

ß, z, ß. Diese neuerliche Vereinfachung<br />

besteht einerseits in Deutschruth, andererseits in<br />

der Suchen als westlichstem Teil <strong>des</strong> Gottscheer<br />

Lan<strong>des</strong>. Man spricht etwa in der Suchen aßßn,<br />

bgßßr, vüdß; zäyn,, hüdzd, fearzax, zneidar, zbein;<br />

meßßd, gdbdßßd, ßticein, ßpakx, hüdßtd, hgßpl, maßt,<br />

kharßßd; draßßn, vdß und mit derselben Zischlautgruppierung<br />

in Deutschruth. Alle diese Veränderungen<br />

haben mit der deutschen Lautgeschichte<br />

an sich nichts mehr zu tun, sie beruhen auf heterogenen<br />

Einwirkungen aus dem slow. Umland (vgl.<br />

Einltg 36).<br />

b. 1. Die erste Umbildung der mhd.-zimbr.<br />

Verhältnisse betraf, sofern wir vom Genitiv-s<br />

absehen 1 ), das anlautende s- vor Selbstlaut. Es<br />

verlor zuallererst seine sch-artige Färbung und<br />

wurde nach vereinzelten urkundlichen z-Schreibungen,<br />

wie zee (See) usw., im Mitteibair, schon<br />

kurz vor 1200 zum reinen stimmhaften z-Laut.<br />

Im Fersental ist dieser neue Zustand bis heute erhalten<br />

geblieben; man spricht bereits z$gn. (sehen), zfr»<br />

(See) usw., dagegen immer noch hözon (Hasen,<br />

plur.), meiß, gvbiß, stön n , s'pgkx, huvst, hgßpl, mißt.<br />

Auch die zweite Umbildung, der häufige Wandel<br />

von vorkonsonantischem Anlaut-s und von -s- nach<br />

-r- zum vollen s-(z- jLaut, ist im Fersental schon<br />

da: Snaidvr, swai n , v%vrzdn (Fersen, plur.), kherzdn<br />

(Kirschen, plur.). Dieselben Verhältnisse trifft man<br />

in den Dreizehn Gemeinden, in Luserna, Lavarone,<br />

Folgaria. Allerdings besteht in allen diesen Außenmundarten<br />

eine zweite Erklärungsmöglichkeit für<br />

diese Neuerung im vorvokalischen z- als Triebkraft:<br />

ein welscher, in unserem Fall ein trentinischer<br />

Einfluß; denn das Trentinische besitzt vor<br />

Vokal auch nur anlauten<strong>des</strong> z- und kein z- mehr,<br />

das es hingegen im Inlaut sehr wohl kennt. Ebenso<br />

kann der Wandel <strong>des</strong> intervokalischen und<br />

vorvokalischen z und ß zu z und ß in Pladen und<br />

Zahre auf welschem, in unserem Fall auf friaulischem,<br />

Einfluß beruhen. Da das Friaulische weder<br />

im vorvokalischen An- noch im intervokalischen<br />

Inlaut z, ß besitzt und in diesen Stellungen nur<br />

z, ß aufweist, gilt auch in Pladen und Zahre nur<br />

z, ß: z$n (sehen), liQze; meßße, gebißßc gleich wie<br />

eßßn, bgßßar, vüdß; wie im Friaul. steht aber<br />

vor Mitlaut und nach r ß und z etwa in stän, s'pekx,<br />

hüdßte, hgßpl, mißt; in znaidar, Ibain, vearze,<br />

kxerßße gleich wie in dreßßn, viß; die entsprechenden<br />

Lautkombinationen mit z und s gibt es eben<br />

auch im Friaulischen. In<strong>des</strong>sen existiert auch im<br />

Binnenland in Heiligenblut, wo kein welscher Einfluß<br />

möglich ist, bei den Alten die Fersentaler<br />

Verteilung: z^hiy, hgzn, meiß, gwis, s'tOD n , speikx,<br />

hüds'tn, hgßpl, mißt, veazn, kxerßßn, snaida, äivai n ,<br />

vgl. eißßn, wgßßa, vüds; dreißßn, viß 2 ). Man kann<br />

also zumin<strong>des</strong>ten die Fersentaler Entwicklungen<br />

ebonso gut als jenes vollwertige bair. Entwicklungs-<br />

*) Schon im 12. Jh. wurde in den Handschriften<br />

gelegentlich das Genitiv-» als z geschrieben, etwa<br />

in gotcz (Gottes), und gewiß auch schon als -ß<br />

gesprochen. Auch in den Sieben Gemeinden wird<br />

gottez geschrieben und gotteß gesprochen. Hingegen<br />

bestehen in Zarz und Gottscheo die lautgerechten<br />

Entsprechungen gotteß, bzw. göltiß usw.<br />

2<br />

) Im restlichen Obermölltal wurden die Heiligenbluter<br />

Verhältnisse einerseits durch Verlust der<br />

Stimmhaftigkeit, andererseits durch volle £-Lautungen<br />

stark vergröbert: sext}, hösn, meis", gwü,<br />

8tOD n , Speikx, hüditn, hohpl, miit, feaSn, kheain,<br />

Snaida, sivai n Stadium buchen, wie es etwa im 13. Jh. im Binnenland<br />

wirklich geherrscht hatte<br />

, vgl. eisn, wösa, füss, dreien, fii.<br />

3 ). — 2. Die anderen<br />

zwei zeitlichen Schritte beruhen im Binnenbair.<br />

auf der endgültigen Beseitigung der Zwischenlaute<br />

z, ß. In allen anlautenden Mitlautverbindungen<br />

sowie inlautend in rs, ms, sp und teilweise in st<br />

nähert sich z, s dem vollen s-Laut, in den übrigen<br />

Stellungen dem vollen s-Laut; die ersten Schritte<br />

zum s oder zum z haben wir im Fersental, in den<br />

Dreizehn Gemeinden, in Zahre und in Heiligenblut<br />

(s. § 32 b 1) schon erfahren. Damit waren die<br />

sonderbaren Zwischenlaute z und ß endgültig beseitigt;<br />

seither gab es (vor Verlust <strong>des</strong> Stimmtons)<br />

nur mehr die vier Phoneme z, z und s, S oder (nach<br />

Verlust <strong>des</strong> Stimmtons) gar nur mehr die zwei<br />

Phoneme 8, &. Die Urkundensprache, die mhd.<br />

Reime und der Lehnwortaustausch an den Sprachgrenzen<br />

deuten diese weiteren Neuerungen gemeinsam<br />

mit den moderneren Sprachinselmundarten,<br />

soweit man aus diesen Quellen eben solche<br />

Neuerungen noch erfassen kann, fürs Mittel- und<br />

Nordbair. schon seit dem beginnenden 13. Jh., fürs<br />

Südbair. teilweise erst im 15. und 16. Jh. an.<br />

Schon im 13. Jh. reimten die mittelbair. Dichter<br />

ahd. -z und -s z. B. in vaz (Faß) und gras (Gras) konsonantisch<br />

rein, und in den Handschriften und<br />

Urkunden wurden schon damals im Mittel- und<br />

Nordbair. dementsprechend die Lautzeichen z und<br />

8 häufig im Aus- und gelegentlich im Inlaut vertauscht,<br />

etwa in es, aus, das für älteres mhd. ez,<br />

Hz, daz, in waz, dez für älteres mhd. was (war),<br />

<strong>des</strong> (<strong>des</strong>sen) oder in lezen, gewezen; müessen für<br />

älteres lesen, gewesen; müezzen. Die mittel- und<br />

nordbair. Sprachinseln um Brunn, Wischau, Budweis<br />

und Iglau haben als Außengründungen um<br />

1200, sofern man von der alten Stimmhaftigkeit<br />

vor und zwischen Vokalen absieht, bereits Verhältnisse,<br />

die zu den modernen Binnenmundarten<br />

passen; z. B. um Brunn äißßn, bgßßnr, vüiß; z$yn,<br />

hQzn (plur.); mäiß, g(s)biß; vqvrzn, khenrßßn,<br />

Snäidor, sbäi n , stün n , Späikx, hgßpl; jedoch hüißtn,<br />

mißt mit -ßt als Sonderfall (s. § 32 b 5); ferner<br />

dräißßn, viß. — 3. Über den Verlust <strong>des</strong> Stimmtons,<br />

auf Grund <strong>des</strong>sen z, z zu s, s verändert wurden<br />

und sich in den meisten modernen Binnenmundarten<br />

die Brünner Lautungen zfy?}, hgzn, v^nrzn zu<br />

binnenbair. s^hn, hgsn, f%nr§n (gegen khqnrßßn !)<br />

umbilden mußten, sowie über gewisse binnenbair.<br />

Restschollen mit der alten Stimmhaftigkeit s.<br />

§ 27 e. — 4. Andererseits vermögen jedoch die<br />

südbair. Dichter <strong>des</strong> Spätmittelalters bis ins 15. Jh.<br />

frühmhd. -«- und -seh- im Reim zu binden, etwa<br />

um 1310 Ottokar aus der Gaal in seiner Steirischen<br />

Reimchronik rossejgedroschen oder noch um<br />

1400 der Tiroler Oswald von Wolkenstein kmsenf<br />

wischen als Zeugnis dafür, daß sich speziell im<br />

Südbair. die -ÄCÄ-haltigo Aussprache <strong>des</strong> inlautenden<br />

ahd. «-Lautes bis ins ausgehende Mittelalter<br />

erhalten hat. — 5. Auch die inlautende<br />

Lautfolgo -st- dürfte im ganzen Südbair. bis ins<br />

15. Jh. in mist, huzstn *), äwestar (Schwester) usw.<br />

3<br />

) Allerdings hat das Gottscheeische, abgesehen<br />

von seiner leichten Slawisiorung (s. § 32 a 3), aus<br />

dem kärntn.-tirol. Grenzgebiet um 1325 noch die<br />

älteren Verhältnisse, wie sie dio Sieben Gemeinden<br />

konservieren, festgehalten. Das kürntn.-tirol. Grenzgebiet,<br />

die Urheimat der Gottacheer, ist als Binnenmundart<br />

bis heute derart konservativ geblieben,<br />

daß wir ihm ein Beharren auf Lautzuständen, dio<br />

sonst im Südbair. schon im 13. Jh. langsam außer<br />

Brauch gesetzt worden waren, bis ins 14. Jh. hinein<br />

ohne weiteres zumuten können.<br />

4<br />

) Wonn speziell im Worte Husten im Osten von<br />

Ober-, im Westen und Süden von Niederösterreich,<br />

89


§ 32 b 5—§ 33 b 1<br />

bestehen geblieben sein. In Kärnten und Steiermark<br />

entdecken wir noch im 15. Jh. -sc/if-Schreibungen,<br />

im Burgenland beweist uns die kroatische<br />

Namenform RuSta für die Stadt Bust, deutschmundartl.<br />

jetzt Rüsd (d. i. mhd. rust „Feldulmenhain"),<br />

diese &-Aussprache noch fürs beginnende<br />

16. Jh.; denn die Kroaten sind erst gegen 1530 ins<br />

Burgenland eingewandert und haben im Bezirk<br />

Eisenstadt, in dem Rust liegt, damals ihre Ortsnamenformen<br />

mit wenigen Ausnahmen aus dem<br />

Deutschen und nicht aus dem Magyarischen entlehnt<br />

5 ). Seither haben sich allerdings diese -St- weit<br />

nach Westen zurückgezogen. In<strong>des</strong>sen ist die volkstümliche<br />

Ansicht, diese -^-Lautungen wären nur<br />

auf Tirol und Schwaben beschränkt, nicht richtig,<br />

wenngleich Tirol und Schwaben, vom Osten aus<br />

betrachtet, tatsächlich die Kerngebiete für dieses<br />

-St- bilden. Nach der ältesten Bauernmundart zieht<br />

die Grenze zwischen mi§t und mist usw. noch jetzt<br />

Oberkärnten, den obersten Pinzgau <strong>des</strong> Salzburger<br />

Lan<strong>des</strong>, den Westen von Oberbayern und den<br />

Süden von Mittelfranken auf die -&-Seite. Die<br />

Grenzorte und Grenzgebiete mit altem St sind<br />

gerade noch: in Kärnten Tröppolach im Gailtal,<br />

Lind im Drautal, Fragant und Mallnitz im Mölltal;<br />

in Salzburg Rrimml; in Tirol das Zillertal und<br />

Terfens am Inn; in Oberbayern Bayrischzell,<br />

Weyern bei Miesbach, Dürnhaar südl. von München,<br />

Fürstenfeld-Bruck westl. von München,<br />

Fahrenzhausen nördl. von München, Pfaffenhofen<br />

an der Um; in der Oberpfalz Altmannsstein westl.<br />

von Kelheim, Beilngries; in Mittelfranken Thalmässing,<br />

Spalt, Rothenburg ob der Tauber; in<br />

Unterfranken Miltenburg. Jedoch verläuft bei is<br />

(ist) in Bayern die Grenze bedeutend weiter westlich<br />

; offenbar war <strong>des</strong>sen -t so früh abgefallen, daß<br />

das nunmehr auslautende -s wie normales Auslaut-s<br />

behandelt werden konnte und es nicht mehr teilnahm<br />

an der Sonderentwicklung <strong>des</strong> -st-. Fürs<br />

Mittel- und Nordbair. beweisen die st- der Außenmundarten<br />

schon für die Zeit um 1200 das neue<br />

-st-.*Sie stimmen damit zeitlich zu gewissen Anzeichen<br />

anderer dialekthistorischer Quellen. Demgegenüber<br />

dürfte jedoch die verkehrsfernere Sprechweise<br />

der mittelbair. Landbauern immerhin noch<br />

bis ins 14. Jh. das ältere -St- in mist usw. festgehalten<br />

haben. Es ist nämlich im Mittelbair. gelegentlich<br />

altes -st- mit jenem neuem -St- (und -ht-)<br />

durcheinandorgeraten, das nachweisbar erst um<br />

1300 aus älterem -rt-, etwa in bgosd, bQvxd (Bart)<br />

(s. auch § 50 e 5) entstanden war; das ist nur unter<br />

der Voraussetzung möglich, daß sich das neue<br />

St aus rt schon entwickelte, als das alte -St- aus ahd.<br />

-st- (um 1300) noch vorhanden gewesen war. Z. B.<br />

wird teilweise im Innviertol bivxd (Biestmilch)<br />

aus mhd. biest, verstreut übers ganze Mittelbair.<br />

bgsdln, bgsin (Baden der Hühner) aus mhd. bähte-<br />

7ien (zu bäht „Staub") neben bQ(x)dln, im südlichsten<br />

Oberösterreich und der angrenzenden Steiermark<br />

bgsd(l)vd, bgSd(l)vd neben b{j(x)d(l)n(d)<br />

(Kehricht) aus mhd. bähtach und im Südosten von<br />

Oberbayorn sowie in benachbarten österr. Grenzgebieten<br />

strichweise d^s(d)ln oder d$sdir}v aus mhd.<br />

dehtenen neben lautgesetzlichem d$(x)dln (die<br />

im Burgenland mit der nördlichen Oststeiormark<br />

lautwidriges hüDSdn statt erwartetem hüosdn,<br />

hüisdn auftritt, so wurde dabei ein irrtümliches<br />

Huersten mit eingeschobenem -r- maßgebend; vgl.<br />

ebendort düvSd (Durst) usw.<br />

6 ) Das Magyarische kommt, da es für Rust heute<br />

die Form Ruszt (sprich Rußt) als Neuentlehnung,<br />

in älterer Zeit Szll als Übersetzung (magyar. szll ist<br />

die Feldulme) für unser Rust gebraucht, nicht in<br />

Betracht.<br />

90<br />

Schuhe oder das lecke Faß dichten) gesprochen. —<br />

6. Die Lautfolgen -rs- und -rst- sind außerhalb<br />

der konservativsten südbair. Sprachinseln (s. oben)<br />

zu -rS(t) - geworden, und zwar bei -rs- mit einfachem<br />

frühahd. -s-Laut zu -rS- mit lindem S (oder alt mit<br />

stimmhaftem i), mit verdoppeltem frühahd. -s-<br />

Laut zu -rß- mit starkem ß; es stehen sich fevrSn<br />

(-zn) und kh§rßßn aus frühahd. f'ersna, kerssja<br />

gegenüber. — 7. Doch gibt es in Mittelkärnten, im<br />

Obergurk- und im Gegendtal, eine Landschaft,<br />

wo die alten Bauern durchaus -rs(t)- gebrauchen:<br />

fevrsn, kh^rnsn (mit Kärntner Lenisierung aller<br />

alten Starkreibelaute; s. § 34 j 2), gms (Arsch),<br />

pfevrsDX (Pfirsich), duorst (Durst), g§vrstn (Gerste)<br />

usw. Das -rs-Gebiet dürfte einstens größer gewesen<br />

sein, da insbesondere unter Schwachdruck noch<br />

jetzt im Liesertal und am Millstättersee neben<br />

f^vrsn usw. immerhin in ninddrst (nirgends),<br />

gnddrst (anders), dr §vrste (der erste) -rst- restweise<br />

fortbesteht; man vgl. gemeinkärntn. nindorSt<br />

usw. Für inlauten<strong>des</strong> -rs- (mit Lindlaut) finden wir<br />

auch anderswo die Aussprache /fsn (Ferse) mit<br />

•s- statt -S-, nämlich in der nördlichen Oststeiermark<br />

mit angrenzenden Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>;<br />

im oberösterr. Kernland mit dem Oberybbs- und<br />

Obererlaftal in Niederösterreich; vielfach auch im<br />

niederbayr.-oberpfälz. Grenzgebiet. Bei ganz alten<br />

Leuten hörte ich um 1916/18 auch im westl.<br />

obersteir. Murgebiet die heute fast verschollene<br />

Lautung i$sn. Über weitere Veränderungen der<br />

Lautfolgen -rs- und -rst- etwa zu -r-, -h- u. dgl.<br />

s. § 50 e 3 ff.<br />

§ 33. Spätahd. h<br />

Übersicht: a. h- im Anlaut. — b. -h- zwischen<br />

Vokalen. — c. -h im Auslaut. — d. -ht-. — e. -hs-,<br />

a. 1. Wenn wir hier den Hauchlaut anfügen, so<br />

ist das eine Verlegenheitslösung, aber ein Ausweg,<br />

der sich in Hinblick auf gewisse Parallelitäten <strong>des</strong><br />

/j-Lautes mit den übrigen Lindlauten schon im<br />

§ 27 mehrfach bewährt hat. Beim anlautenden hbestehen<br />

mehrere erwähnenswerte Besonderheiten.<br />

Darüber, in welchen Gegenden der Hauchlaut<br />

stimmhaft und in welchen er stimmlos ist, lese man<br />

§ 27 e, g nach. — 2. Selten kommt es vor, daß anlauten<strong>des</strong><br />

h- wegbleibt. Es ist dies in Formwörtern<br />

<strong>des</strong> Satzes der Fall, da sie gerne im Schwachdruck<br />

stehen; z. B. im Pustertal j gn (ich habe), du gS<br />

(du hast) und dergleichen. In solchen Formwörtern<br />

wird gelegentlich auch umgekehrt unrichtiges<br />

h- vorgesetzt, z. B. in südbair. und teilw.<br />

mittelbair. hivtß (jetzt) oder in Zarz heiyiSt, heim(c)St<br />

und in den Sieben Gemeinden hemmis't<br />

(jetzt) aus mhd. ebenerst (so in Tiroler Urkunden<br />

<strong>des</strong> 13./14. Jh.); ihnen stehen in den Dreizehn<br />

Gemeinden eibon$st, in Lusernn, Folgaria und<br />

Lavarone vb$s't und in Gottschee abäSt, anäSt,<br />

aläSt, adäSt ohne dieses sekundäre h- gegenüber.<br />

— 3. In den Dreizehn Gemeinden kann h-<br />

(oft nur individuell) vor Hintergaumenvokalen zu v<br />

werden, z. B. in vnngar (Hunger), vüstnn (hüten),<br />

vgnßßDn (heißen). Umgekehrt kann sich in der<br />

gleichen Stellung v- zu h- wandeln, z. B. in hnllixe<br />

(Füllen) neben vullixz ou s «hd. vüllicha. Ansätze<br />

dazu finden wir auch in Gottschee z. B. in a hü&rt<br />

(einmal) aus mhd. einiu vart (einmal), hgahd (Föhre)<br />

neben a vüart, vgahd; inlautend in Gottschee in<br />

üvdr(le) (Ahorn) neben seltenem ül&r.<br />

b. 1. Inlautend besteht zwischen Vokalen landschaftliche<br />

Buntheit und oft sogar innerhalb einund<br />

derselben Landschaft wortweisea Schwanken.<br />

Es ist hier nicht möglich, die reiche Fülle an<br />

Formen und Varianten in den einzelnen Landschaften<br />

vorzuführen. Ein zusammenfassender


Überblick ist immerhin erreichbar. Das konservative<br />

Gebiet und vor allem das Südbair. hält in<br />

verkehrsferneren Landstrichen meistens unverändertes<br />

-h- fest; vor allem die Tiroler Hochtäler,<br />

etwa das Zillertal mit h§vha (Höhe), ghagry (Ahorn),<br />

eihdr (Ähre), tghv (Dohle), laihry (leihen), ts$vho<br />

(Zehe), trühv (Truhe), zeiht} (sehen), tseihry (zehn),<br />

VQvrhv (Föhre), silhw, (schielen). Dieses h, das in<br />

den Hochtälern und in den Außenmundarten<br />

überall stimmhaft gesprochen wird, dürfte schon<br />

in spätahd. Zeit zu spirantischem -y- geneigt haben,<br />

weshalb -y- sowohl in süd-, in mittel- als auch in<br />

nordbair. Außenmundarten erhalten geblieben ist.<br />

So im Zimbrischen der Sieben Gemeinden in<br />

h8y(dn)e, ayorn, eyvra, taya, laiyen, ts$y(9n)a,<br />

truya, z§yen, tseyen, vorya, äilyen. Desgleichen gilt<br />

-y- in Zarz, in Deutschruth, in der Suchen, als<br />

konservativstem Teil <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong>, aber<br />

auch um Brunn und Wischau sowie (teilweise) in<br />

der südmährischen Sprachzunge Prahlitz-Pohrlitz<br />

und in der Nordhälfte der Iglauer Insel. — 2. In<br />

den Tiroler Verkehrstälern, im größeren Teil <strong>des</strong><br />

Salzburgischen und teilweise im Nordbair. neigt<br />

das intervokalische -h- zum Reibelaut -x-, z. 13.<br />

um Innsbruck eixdr (Ähre), tguxa (Dohle) usw. 1 ).<br />

Auch um München und Wien hört man dieses -x-,<br />

<strong>des</strong>gleichen, Kärnten ausgenommen, in den Stadtund<br />

Verkehrsmundarten. — 3. In großen Teilen<br />

<strong>des</strong> Mittel- und Nordbair. und strichweise im Südbair.<br />

bleibt dieses -h- entweder bis heute geschwunden,<br />

oder es war zumin<strong>des</strong>t früher beseitigt; nach<br />

Ausweis der Urkunden ging dieser Schwund ugf.<br />

um 1300 vor sich. In der Herzlandschaft von<br />

Niederösterreich und in Teilen von Niederbayern<br />

wurde -h-, -x- jedoch nachträglich neu hergestellt.<br />

Dabei sind gelegentlich Fehler unterlaufen, so daß<br />

man in schriftsprachefernen Wörtern, insbesondere<br />

in Zähre, auch „falsche" Formen, wie dsägo,<br />

dsärv, neben richtigem dsähv, dsäxv zu hören bekommt.<br />

— 4. Auf südbair. Boden ist dieser Schwund<br />

verhältnismäßig selten zu beobachten. Streng<br />

durchgeführt ist er heute in den Sprachinseln<br />

Pladen und Zahre: Äfo, Qrl (Ahorn), fr (Ähre), lain<br />

(leihen), ts^a, trü-e, zqn, tsein, vöüre, Hin. Auch im<br />

Lesachtal dürfte einstens Schwund geherrscht<br />

haben; „falsche" Wiederherstellungen, wie lihe<br />

(Rauchluke), ghgdle (Arl, d. i. eine primitive<br />

Pfluggattung), raihile (Querleiste am Stadeltor<br />

und am Rechen) aus mhd. lie, arle, rie weisen in<br />

diese Richtung. Nahezu ebenso radikal wurde dos<br />

•h- in den Südtiroler Bauernmundarten von Klausen<br />

den Eisack und von Bozen die Etsch abwärts<br />

bis gegen Salurn beseitigt, wo man eir, laidn,<br />

fcsgo, seidn oder aeigry (sehen), tsein (zehn), föur<br />

(Föhre), Hin spricht; Restformen dieser Art<br />

roichen bis ins Westpustertal. In den Dreizehn<br />

Gemeinden überwiegt -h-, das mit -y- und -gwechselt,<br />

in den übrigen zimbrischen Inseln treffen<br />

wir ein Durcheinander, z. B. in Luserna gvxor<br />

(Ähre), töxl (Dohle); JIQD (Höhe), ür (Ahorn), tsen,<br />

vor, Hin; laigty, trügi (Truhe), zfyn und sogar<br />

tsearn (Zehe) mit -r-, — 5. Von Südosten aus betrachtet,<br />

beginnt ein großes mittelbair. Schwundgebiet,<br />

um nochmals darauf zurückzukommen, bei<br />

Güssing im Burgenland, bei Gleisdorf und Birkfeld<br />

in der Steiermark; es erstreckt sich südlich<br />

der Donau bis in den Seewinkel am Neusiedlersee<br />

und bis Parndorf, hört aber gegen die Donau zu<br />

auf. Nördlich der Donau kommt der Schwund<br />

wioder in Teilen <strong>des</strong> Wein- und Waldviortels zum<br />

Vorschein; in Oberösterreich bezieht das Schwund-<br />

1 ) Jedoch hier und in anderen Mundarten Quhgvrn<br />

mit -h-, weil man bei diesem Wort irrtümlich an<br />

Hörn dachte.<br />

§ 33 b 1—b 6<br />

gebiet bereits die Donaulandschaft selbst ein, es<br />

umschließt von Oberösterreich aus auch das niederösterr.<br />

Ybbs- und Erlaftal, den Salzburger Flach -<br />

und Tennengau und zieht fast ganz Niederbayern<br />

und den oberbayr. Salzachgau mit dem Berchtesgadner<br />

Land noch auf seine Seite. Der allgemeine<br />

-/t-Schwund reicht in Oberbayern bis gegen Wasserburg<br />

und Erding und in der südl. Oberpfalz bis<br />

zur Laber und zum Cham, mag auch dort der<br />

Schwund nicht mehr überall erhalten sein. Ein<br />

drittes Schwundgebiet erstreckt sich vom Schwäbischen,<br />

Ostfränkischen und Mitteldeutschen herein<br />

ins Nordbairische mit den Grenzorten (im Schwundgebiet)<br />

Augsburg und Donauwörth in Schwaben,<br />

öttingen, Weißenburg am Sand, Hilpoldstein und<br />

Hersbruck in Mittelfranken, ferner mit den Grenzorten<br />

im Süden Parkstein und Tirschenreuth in<br />

der Oberpfalz und mit Plan, Mies und Staab im<br />

Egerland. In lajv (leihen), wayo (weihen) greift er<br />

über diese Orte weiter nach Süden bis Thalmässing,<br />

Amberg und Taus vor. Im nördlichen Böhmerwald,<br />

im Bayrischen Wald mit weiträumigen Ausstrahlungen<br />

nach Niederbayern tritt dafür neuerdings<br />

läi'-n., wäi'Tj ein, Formen, die auch im Weinviertel<br />

als „Verbesserungen" der altheimischen<br />

Formen läiv, wäro auftauchen. — 6. Vielleicht stehen<br />

diese Modernisierungen mit scheinbarem -g- in<br />

Verbindung mit weiteren Besonderheiten. Ein<br />

merkwürdiges Verhalten beobachtet man nämlich<br />

bei alten Gewährsleuten in einigen abgelegenen<br />

Gemeinden <strong>des</strong> Lavanttales in Unterkärnten. Die<br />

inff. lauten s^vhvn (sehen), k&^vhvn (geschehen),<br />

die partt. prät. dazu aber Jc$$vgn,, ks^ogr},, als läge<br />

alter „grammatischer Wechsel" zwischen -h- und<br />

-g- vor; ihn hat es in Wirklichkeit bei diesen<br />

beiden Verben nie gegeben. Tatsächlich entschieden<br />

allerdings bei diesen altlavanttalerischen Lautungen<br />

Vorlagen wie inff. tslnhvn (ziehen), flivhvn<br />

(fliegen), säihvn (seihen) und partt. prät. gDteöugn,<br />

leflöugn., kslgry mit uraltem Wechsel. Man spricht<br />

in Angleichung an die partt. in einigen Gemeinden<br />

<strong>des</strong> Unterlavanttales auch schon die inff. mit -g-,<br />

also tsivgn,, flivgn, säigry; ebenso auch wieder s^ogn,<br />

ks^vgry. Nun sind bei diesen Zeitwörtern auch im<br />

größten Teil <strong>des</strong> Mittel- und im Süden <strong>des</strong> Nordbair.<br />

die inff. mit -g- üblich, ausgenommen seihen,<br />

also z. B. mittelbair. dffio'?}, /ho'ji; «£'?$,


§ 33 b 6—e 1<br />

bair. Stadtmundarten auch saigry entgegen, ausgenommen<br />

allerdings Tirol. — 7. Einerseits im<br />

südlichen Kärnten, andererseits in großen Teilen<br />

von Niederbayern erscheint auch das Wort Truhe<br />

regelwidrig mit -g- als trügry oder driVv, statt trühn<br />

oder drü(h)v im übrigen Bair. Das abwegige -gberuht<br />

hier wohl auf Wortmischung aus ahd. truha<br />

und *trugula; die zweite Form lebt in Teilen von<br />

Oberösterreich als drugl, drufe und im Kärntner<br />

Slowenischen als mundartl. trügua (aus älterem<br />

slowen. trugla) fort. — 8. Über die Sonderwege<br />

<strong>des</strong> Wortes Zähre war bereits die Rede. — 9. Nach<br />

Liquiden, etwa in mhd. vorhe (Föhre) und schuhen<br />

(schielen), blieb das -h- nur im Süden bewahrt,<br />

also in der Steiermark (ohne Jogelland), in<br />

Kärnten, Salzburg (ohne den nördl. Flachgau),<br />

in Tirol und im südlichen Oberbayern. — 10. Als<br />

Hiatustilger erscheint seit dem 14. Jh. -7t- in<br />

großen Gebieten und in Räumen, wo nach den<br />

älteren Quellen -h- sonst nie geschwunden war, etwa<br />

in rohe (roh), Lohe (Lohe), Liehe (Rauchluke; im<br />

Südbair.) aus mhd. ro, 16, lie. Sonderbarerweise<br />

reicht hier das -h- trotz seiner späten binnenländischen<br />

Belege auch in die alten Sprachinseln.<br />

Hingegon wird man oststeir.-ostniederösterr. MrQx<br />

(Stroh), frpx (froh), frwhv (früher) besser als<br />

„falsche" Wiederherstellung von -h- und -h auffassen.<br />

Über näix (neu), v näixv (ein neuer) u. e. a.<br />

s. § 29 b 4.<br />

c. Im absoluten Auslaut wurde unser Hauchlaut<br />

in alter Zeit lautgesetzlich zu -ch „verhärtet"<br />

(s. § 27 d). Tatsächlich blieb dieses -x Z. B. in<br />

nach, hoch, Floh, Schuh im größten Teil <strong>des</strong> Südbair.<br />

erhalten, nämlich in der Steiermark (ohne<br />

Jogel- und Ausseor Land, aber mit dem burgenländischen<br />

Raab- und mit dem niederösterr. Oberybbs-<br />

und Obererlaftal), in Oberkärnten, in Tirol<br />

(ohne den Reggelsberg und ohne den Oborvintschgau),<br />

bestehen blieb es ferner im Süden und Westen<br />

von Oberbayorn mit den Grenzorten Eisenarzt,<br />

Rosenheim, Ebersberg, Freising und Neuburg a. d.<br />

Donau; weiters im Westen und Norden der Oberpfnlz<br />

und im Egerland, während es sonst im Mittelund<br />

Nordbair. fehlt. Im Südbair. blieb -x- Doch<br />

ist in Floh, hoch, Schuh, also gerado im absoluten<br />

Auslaut, -x in Mittel- und Unterkärnten geschwunden<br />

fflQo, hQv, SIID), obenso in den obersteir.<br />

Bezirken Neumarkt, Unzmarkt, Oberwölz und<br />

Murau. Im Osten dieses Schwundgebietes ist demgegenüber<br />

im sekundären Auslaut das -x bestehen<br />

geblieben, etwa in h$vx (Höhe), fleox (Flöhe), fix<br />

(Vieh). So feine Differenzierungen leistet sich also<br />

die Mundart, daß sio strichweise primär und<br />

sekundär auslauten<strong>des</strong> -h noch unterscheidet. Im<br />

übrigen bair. Raum stimmt hingegen der Schwund<br />

von altem und von neugebildetem Auslaut-A zusammen.<br />

Erhalten blieben diese -x immer in Brunn,<br />

Wischau und in der Nordhälfto der Iglauer Insel.<br />

Die Wörtor zäh, gäh behaupteten ausnahmsweise<br />

ihr -x sogar in Niederösterreich und in Altbayern,<br />

wobei uns allerdings in Niederbayern noben gäx<br />

dsäg mit „falsch" wiederhergestelltem -g entgegentritt.<br />

Im Marktwort Vieh hinwiederum hat<br />

der größto Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> noch flo mit<br />

Schwund, ebenso der Süden, Westen und Nordwesten<br />

von Niederösterreich; dio nähere und weitere<br />

Umgebung von Wien mit dem niederösterr.<br />

Donautal und dio Brünner Straße haben bis ins<br />

Südmährische fix, fivx; Oberösterreich mit Südböhmen,<br />

der Bayrischo Wald und der größto Teil<br />

<strong>des</strong> Böhmerwal<strong>des</strong> warten wieder mit fin, der<br />

Süden von Oberösterreich mit fi auf, der nördl.<br />

Böhmerwald und das Regental mit fei-, fi treffen<br />

wir auch im Flach-, Tonnen- und Salzachgau,<br />

im steir. Ennstal, im Lungau, im westlichsten<br />

92<br />

obersteir. Murgebiet und in Mittelkärnten, ausgenommen<br />

das Städtedreieck Klagenfurt-St. Veit-<br />

Villach mit seinem verkehrssprachl.-wienerischen<br />

fix. Im übrigen bair. Raum bleibt in fix, feix das<br />

auslautende -x überall bestehen. Nur noch im<br />

Südtiroler Verkehrsgebiet südlich von Klausen und<br />

Meran taucht nochmals fi auf. Im gleichen Gebiet<br />

wie bei Floh usw. gilt Schwund in mhd. vurch<br />

bzw. in mundartl. füryr, fü(v)r\ (Furche). Auch<br />

bei diesem Wort stoßen wir in Niederbayern auf<br />

„falsches" füvg mit -g statt -x.<br />

d. 1. In einigen bair. Landschaften ist auch in<br />

der mhd. Lautfolge -ht- nach alter Länge und bei<br />

Einsilberdehnung (s. § 34 k 3) -x- geschwunden;<br />

dies, obgleich im Bair. schon im 12. Jh. teilweise<br />

kriecht, nacht, leuchten für mhd. Jcneht, naht, liühten<br />

mit dem gleichen -ch- geschrieben wurde, das von<br />

rechtswegen nur dem sekundären mhd. -cht- z. B.<br />

der Lautungen sticht (er sticht), aus ahd. stichit,<br />

und macht (er macht), aus ahd. machot usw., zukäme;<br />

bei dem „sekundären" -cht ist hingegen<br />

der Reibelaut durchaus erhalten geblieben. Nur<br />

im Südbair. ist -xt gleichgültig welcher Herkunft<br />

durchaus bewahrt geblieben. Im größten Teil von<br />

Niederbayern sagt man infolge alter Einsilberdehnung<br />

im sing. gn,qd, n$d (im plur. oft noch<br />

gnext, naxt; ebenso sdixt, moxt); auch in der<br />

nördl. Oberpfalz und im südl. Egerland zwischen<br />

Lauf (Mittelfranken) und Pilsen (Egerland) erscheint<br />

grßvd und streuweise ngod (neben ngxt,<br />

aus dem dat. verallgemeinert); gn$d, ghnqd und<br />

nQd begegnen uns ferner nordwestlich von München<br />

im Staudengebiet und seiner Nachbarschaft um<br />

Dachau, Freising, Pfaffenhofen an der Ihn, Schrobenhausen<br />

und Aichach; schließlich um Tegemsee<br />

und um Tölz. In livd, leid (Licht) u. ä. fehlt -hin<br />

einem geschlossenen Dreieck an der niederbayr.oberpfälz.<br />

Grenze mit den Eckpunkten Wallern<br />

(Böhmerwald), Altomünster (Oberbayern) und<br />

Taus (Egorland); ebenso in einer weit davon<br />

entfernton Insel an der steir.-burgenländ. Grenze<br />

um Hartberg und Oberwart. Im Staudengebiet,<br />

im Böhmerwald und in Teilen <strong>des</strong> Bayrischen<br />

Wal<strong>des</strong> heißt die Fichte (aus mhd.-bair. viühte,<br />

bzw. aus mhd.-nordbair.-mitteld. viehte) fäidn oder<br />

feidn; dieses fäidn finden wir wieder um Hartberg<br />

und Oberwart. Die strenge Reihenordnung ist<br />

beim Schwund <strong>des</strong> -h- vor -t- gelockert und gestört.<br />

— 2. Daß einstmals solche Schwundformen<br />

weiter verbreitet und allgemeiner üblich gewesen<br />

waren, bemerkt man an falschen Rückbildungen,<br />

wie läihdn (Leite, Wiesonhang), Fäihd (Veit) im<br />

Böhmerwald und im westlichen Südböhmen,<br />

Dofäihd, Hofname bei Rosenheim, aus mhd.<br />

David, ds'iDxdo (Teil der Ochsenbespannung) und<br />

Sdüvxdn, sdüixdn (Stute) an der steir.-burgenländ.<br />

Grenze aus mhd. zieter, stuote, ja sogar an Überbildungen<br />

in Kärnten und Slowenien wie Feichtendorf<br />

im Lumfeld und Feichting (mhd. Vitingen,<br />

slowen. Bitinj) mit ihren alten Veitskapellen. —<br />

3. Zum gelegentlichen Wandel von -ht zu -st in<br />

den Dreizehn Gemeinden s. § 23 a 3, Fußn. 3; über<br />

„falsche" -st-, -st- für -ht- s. § 32 b 5 und 60e5/f.<br />

e. 1. Dio Meinung, es wäre im Bair. die Lautfolge<br />

-hs- nicht wie in anderen hochdeutschen<br />

Dialekten zu -ss-, -s§- assimiliert gewesen, wird<br />

zwar allgemein anerkannt, sio ist dennoch<br />

unrichtig. Schon in frühmhd. Zeit lassen sich auf<br />

rnittelbair. Boden -»«-Schreibungen für mhd. -h-sund<br />

umgekehrt -/««-Schreibungen für mhd. -ssurkundlich<br />

nachweisen, z. B. aus Niederösterreich<br />

1170 Sassengange (Sachsengang), 1180 Ossenburg<br />

(Ochsenburg), 1170 Louchsc statt älterem Loussc<br />

(Lassen) oder aus Oberösterreich 1147 Tasperch<br />

(Dachsberg), 1088 (sie!) Ahsa (Aschach); aller-


dinga tauchen diese Verwechslungen auf südbair.<br />

Gebiet erst im 13. Jh. auf. Mit diesem alten Wandel<br />

hängt das Auftreten von -ss-, -sä-, -tS- für mhd.<br />

-hs- in schriftsprachefernen und in anderen ausgesprochenen<br />

Bauernwörtern zusammen. — 2. Anders<br />

zu beurteilen sind freilich noch die nordbair. -<br />

ostfränk. -s aus mhd. -hs unter alter Einsilberdehnung<br />

in nordbair. flgm, ostfränk. flgs (Flachs)<br />

und in nordbair. (veraltet) füvs (Fuchs) 2 ); sie<br />

sind vergleichbar den nordbair. Lautungen gn^pd<br />

(Knecht) und ngvd (Nacht; s. § 33 d 1), also<br />

gleichfalls alten Einsilbern. Allerdings sind die<br />

lautgesetzlichen Einsilberformen oft schon durch<br />

flQkß und fast durchaus durch fukß, aus den ursprünglich<br />

zweisilbigen datt. mhd. vlahse, vuhse,<br />

verdrängt, bei denen echtes -kß steht; strichweise<br />

sind sie gar durch die Mischformen flgvgs<br />

oder flQvkß aus nom. flgos + dat. flgkß ersetzt<br />

worden, flgns, flgs als nom.-acc. (und teils schon<br />

als dat.) finden wir nördlich der Linie Pilsen<br />

(Böhmen), Haid, Neulosimthal, Neuhaus (Oberpfalz),<br />

Rieden (südl. von Amberg), Schwend (südwestl.<br />

von Sulzbach), Olsbach (östl. von Altdorf;<br />

Mittelfranken), Hersbruck, Pottenstein, Thurnau<br />

(Oberfranken), Lichtenfels, Haßfurt (Unterfranken),<br />

Rimpar, Remlingen, wobei die angegebenen<br />

Orte selbst schon im Schwundgebiet liegen. Doch<br />

hat sich im nördlichen Oberfranken und im nördlichen<br />

Egerland die -^-Lautung <strong>des</strong> Dativs im<br />

nom. schon allgemein durchgesetzt. Grenzorte für<br />

-kß sind: Kulmbach (Oberfranken), Friedenfels,<br />

Waldsassen, Lauterbach (Egerland), Elbogen,<br />

Weseritz. — 3. In Wörtern wie Achse, wachsen,<br />

Achsel, Ochse, sechs usw., also in Mehrsilbern mit<br />

schriftsprachlichen Vorbildern, treffen wir -ss-<br />

Lautungen nur in außerbair. Gebieten, etwa im<br />

nordwestlichsten Vorarlberg mit der Lindauer<br />

Gegend und im nordwestlichen Unterfranken. —<br />

4. Aber im Bauernwort Deichsel und in den schriftsprachefernen<br />

Wörtern Leuchse (Runge am Leiterwagen)<br />

und Dachsen (meistens plur.; abgehackte<br />

Nadelbaumzweige) sind derartige Reste mit -ssund<br />

dergleichen auch innerhalb <strong>des</strong> Bair. weit<br />

verbreitet; das Wort Dachsen als solches fehlt<br />

allerdings im Norden, so im Burgenland, im größeren<br />

Teil der Steiermark, in Niederösterreich, im<br />

größeren Teil von Oberösterreich, in der Nordwesthälfto<br />

von Niederbayern und im Nordbair.<br />

Dlßßlo (Deichsel) herrscht zunächst in Vorarlberg<br />

und im Allgäu, daisl im Norden <strong>des</strong> Ostfränkischen,<br />

dais(s)l aber auch schon im Osten der Oberpfalz<br />

und im Egerland mit einem Vorstoß über die<br />

mittlere Naab bei Pfreimd bis an die Westgrenzo<br />

<strong>des</strong> Nordbair. bei Neumarkt (Oberpfalz) und Altdorf<br />

(Mittelfranken). Ferner finden wir tai&tl im<br />

Puster-, im Oberdrau- und Gailtal und taiMl im<br />

größten Teil <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong>; sonst gilt im<br />

Bair. daikßl, taikßl mit -kß-. Weiter verbreitet<br />

sind Restformen mit -ss- und dergleichen in Leuchse,<br />

einem Wort, das über ahd. *liühsin(ni)a aus frühslaw.<br />

liusinjä entlehnt wurde. Mit -ss- usw. tritt<br />

es auf in Vorarlberg (lüsmv) und zwischen Lindau<br />

und Sonthofen im Allgäu \li(v)sniD); im Zillertal<br />

(loiiSü); in Mittelkärnten (ohne Liesergebiot;<br />

laisn), in der Obersteiermark (ohne Mürzgebiet;<br />

läisn), in Oberösterreich, dem größten Teil von<br />

Südböhmen und im Böhmerwald (laissn), im<br />

westlichen und nördlichen Waldviertel und im<br />

westlichen Südmähren (laißtn); in der Oststeiermark<br />

und im südlichen Burgenland (läidsn), an<br />

der niederösterr.-burgenländ.-stcir. Dreilünderccko<br />

(laissn); in Niederbayern und im nördlichen<br />

Böhmerwald (laiß(t)n) sowie im Nordbair. (lai-<br />

*) Über die Lautung füns (Fuchs) s. § 8 b 3.<br />

§ 33 e 1—§ 34 a 2<br />

ßßn). Dagegen hat ein zweites slawisches Lehnwort,<br />

Krächse (Tragreff), das über ahd. *krähsin-<br />

(ni)a aus frühslaw. *krasinjä (altslaw. kros\nja)<br />

eingedeutscht worden war, im bair. Sprachgebiet,<br />

soweit es verbreitet ist, überall -kß- (khrakßn<br />

usw.). Für bair. Dachsen treffen wir auf täSsn, -v im<br />

Obervintschgau und in Westtirol mit dem tirol.<br />

Lechgebiet, auf t


§ 34 a 2—c 1<br />

gekehrt alte Vokallängen gekürzt. In einem gewissen<br />

Zusammenhang mit ihr steht jene Fülle<br />

weiterer Lautwandlungen, die wir gewohnt sind,<br />

als Einsilberdehnung zu bezeichnen. Die Einsilberdehnung<br />

ist allerdings hinsichtlich der Selbstlautdauer<br />

älter und nur in der Umbildung der<br />

Mitlaute eins mit der Konsonantenschwächung<br />

selbst. — 3. Durch das Streben nach Lenisierung<br />

ergab sich im Mittel- und Nordbair. oft eine Vereinheitlichung<br />

mit den ursprünglichen Lindlauten.<br />

Das betrifft vor allem die Verschluß- und Reibelaute.<br />

Die Affrikata kx verlor nach vorheriger<br />

Abschwächung zu kh im Mitteibair, in den meisten<br />

Stellungen ihre Behauchung und konnte dann je<br />

nach der Lautstellung zum Starkverschlußlaut k<br />

oder gar zum Lindlaut g verwandelt werden. Die<br />

Abschwächung erfaßte aber auch die übrigen<br />

Fortes. Daher sind für das Folgende Vergleichspaare<br />

mit ursprünglicher Fortis und Lenis wichtig,<br />

z. B. Faß und Glas, wissen und Wiesen, offen und<br />

Ojen, brechen und sehen, Krug und Gras, stinken<br />

ßäivvla (Säbel); in ffranza (Franse), kaffq (Kaffee).<br />

Auch die übrigen zimbr. Mundarten und das Fersen -<br />

talerische verfugen über die neuen Anlaut-Phoneme<br />

s- und / und gleichfalls unter fremdem Einfluß<br />

das Zarzerische über s- und /- in säwl, sakramdnt,<br />

fr§nze, kofß; <strong>des</strong>gleichen die Mundarten in Pladen,<br />

Zahre, Tischlwang, Deutsehruth und Gottschee<br />

über s- und /-, ebenso die mittel- und nordbair.<br />

Außenmundarten. Sogar einige Stadtsprachinseln,<br />

z. B. das absterbende Laibacher- und Pragerdeutsch,<br />

unterscheiden (in Laibach) säbl und zinnen<br />

(sinnen). Diese Möglichkeit ist selbst den konservativsten<br />

Binnenmundarten nicht gegeben. Sie<br />

mußten dafür ihre stimmhaften Lindlaute einsetzen,<br />

etwa im ötztal zakramint, vrgnza, kxo.v\.<br />

Allerdings erkennt man heute diesen Ersatz in<br />

den meisten Binnenmundarten nicht mehr, weil<br />

sie z- und v- in zinnen, vögl zu s- und /- (sinnen,<br />

fögl) verändert haben und demzufolge auch<br />

sakramint, frgnsn wieder mit s- und /- sprechen<br />

und singen, Schatten und Schaden, Wetter und Feder,<br />

Buckel und Kugel usw. oder frühmhd. ausgedrückt<br />

vaz und glas, wizzen und wisen, offen und oven,<br />

brechen und sehen, kruog und gras, stinken und<br />

singen, schale und schade, w'e'ter und vedere, puggel<br />

und kugele. — 4. Die ursprünglichen Verhältnisse<br />

hat das Südbair. gut, die Mda. der westl. Tiroler<br />

Hochtäler im ötz- und Passeiertal besser, hat<br />

aber am besten das Zimbrische der Sieben Gemeinden<br />

erhalten. Diese Mundarten werden oft zum<br />

Ausgangspunkt unserer historischen Untersuchungen<br />

erhoben werden.<br />

b. 1. Die westlichen Tiroler Hochtäler haben den<br />

Sieben Gemeinden gegenüber insofern eine Bereicherung<br />

im Fortisbestand durchgeführt, als sie<br />

die anlautenden linden Zischlaute vor Konsonant<br />

zu Starklauten gemacht haben. Den Lautungen<br />

zlagen (schlagen), znaidar (Schneider), zwain<br />

(Schwein.) der Sieben Gemeinden treten im ötztal<br />

ßl$gn, ßnaidar, ßwain gegenüber. Auf solcho Weise<br />

treffen wir im ötztal Fortes in folgenden Stellungen:<br />

p in päm (Baum), perkx', -PP- m müssen. Es mußte in alter Zeit, ugf. im 12. und<br />

13. Jh., roman. ff- und ß- sogar als pf- und tßübernommen<br />

werden, etwa in den Ortsnamen<br />

Pfund (it. Fondo), zimbr. Tßilve (Selva), slaw. ßsogar<br />

schon ugf. seit 750, z. B. in (burgenländ.)<br />

Tßeiwnnpg (Zöbernbach) aus slow. *Soborja. —<br />

4. Zarz und Deutschruth gehen in der Anpassungsfähigkeit<br />

an das slawische Lautsystem so weit, daß<br />

in jungen Entlehnungen sogar slowen. x- erhalten<br />

bleibt, etwa in xuälain (loben), paxüißßain (ärgern)<br />

aus slowen. hvaliti, pohujsati (spr. xvaliti,<br />

poxuißati). Jedoch wurde in älterer Zeit frem<strong>des</strong><br />

ch- immer als kch- übernommen, z. B. in südostbair.<br />

Keusche (baufälliges Haus, Kleinbesitz) aus slowen.<br />

hisa, in bair. Kren (Meerrettich) aus slowen. hren<br />

usw. Noch im letzten Jahrzehnt wirkt sich dieses<br />

Substitutionsgesetz aus; die Wiener sprechen das<br />

xaraßv! (es genügt!) der russischen Besatzungssoklaten<br />

meistens als gharaSQ! nach. — 5. Wenn<br />

auch im Burgenländischen Anlautfortes gesprochen<br />

werden, so ist dies eine Neubildung, über die<br />

später die Rede sein wird.<br />

kxrippa c. 1. Die mittelbair. Konsonantenschwächung<br />

(Krippo); t in tgkx (Tag); in wctdr (Wetter); in göl als solche ist eine so bedeutende Lautumwäl-<br />

(Gott), wozu man dgx (Dach), vedora (Feder), zung, daß sie, was die Fülle der Einzelverände-<br />

ix red (ich rede) vergleiche; im Passeier k in rungen und was den hohen Hundertsatz <strong>des</strong> von<br />

kgkkatßn (gackern), klökkD (Glocke) und im ötztal ihr erfaßten Wortschatzes anlangt, ebenbürtig<br />

piikkl (Buckel) gegen g in ggßt (Gast), glgß (Glas), neben der hochd. Lautverschiebung steht, mögen<br />

kxügl (Kugel); kx in ötzt. kxüo (Kuh), kxffokx auch für unser Gefühl ihre Neugestaltungen von<br />

(Krug); ßtekkxi} (Stecken), ßtinkxn. (stinken) gegen den älteren Formen nicht mehr so weit entfernt<br />

kk in mükka (Mücko) und gegen T$ in zirppn (singen); sein wie z. B. das hd. ßß aus germ. t und dergleichen.<br />

pff in pffgrrar (Pfarrer); ßimpffm (schimpfen), Ähnelt sie auch einer anderen Erscheinung, der<br />

wipp ff l (Wipfel); tß in tßait (Zeit); wettßn (wetzen), großräumigeren binnendeutschen Konsonanten-<br />

zgltß (Salz); tß in tßö*p(pm) (Wams); icättßn (Ohrschwächung, so hebt sie sich doch wieder grundfeige);<br />

ß in wgßß9r (Wasser), wißßn (wissen), legend von ihr ab. Diese binnendeutsche Lenisie-<br />

VQß (Faß), pldßßn (büßon) gegen z in zevhiy (sehen), rung umfaßt ihrerseits alle diejenigen deutschen<br />

wiza (Wiese); ß in ßaiwa (Scheibe), ßlQgn (schlagen); Dialekte, welche nicht mehr unmittelbar an der<br />

dreßßn (dreschen), viß (Fisch); (passeier.) kxcrßßo Sprachgrenze liegen; sie greift aufs Dänische<br />

(Kirsche) gegen i in vcorZn (Ferse); ,v>n (ötztaler.) über. Für sie ist es charakteristisch, daß sie abge-<br />

n\QxxV> (machen), malxxfi (melken), kxQLv (Kalk) sehen vom Anlaut alle Fortes ohne Ausnahme<br />

gegen h in zenhn (sehen), ßilhi) (schielen); ff in radikal abgeschwächt hat. Sie ging meistens so<br />

gffe (Affe), öffc (offen), halffm (helfen) gegen v in weit, daß mehrsilbige Wortkörper, wie wedzr (Wet-<br />

ovm (Ofen), wclve (Wölfe). — 2. Die erste Leniter), maxn (machen), ladzr (Leiter), tc{nd9r (Winsierung<br />

gilt den Reibelauten im Anlaut. Sie wurden ter), m$rgn. (merken), wohl noch zwei Schall-, aber<br />

überall außer in Westtirol, also auch in den öst- nur mehr eine Drucksilbe aufweisen. Ist diese<br />

lichen Tiroler Hochtälern und außerhalb der Sieben Sprechweise dem Ostfranken sozusagen angeboren,<br />

Gemeinden in allen Außenmundarten durchgeführt. so bereitet deren Nachahmung dem Baiern größte<br />

Man spricht z. B. im oberen Iselgebiet kxügl, kxüv; Schwierigkeiten; umgekehrt ist es dem Ostfran-<br />

Stekkx?n, &tin,kxin; pfgrra; Umpff3n;tsait,ts&3ppm, ken wieder nicht gegeben, mittelbair. lettn (löten)<br />

üaiwe, Slögn, <strong>des</strong>gleichen in den Dreizehn Gemein- mit Inlautfortis und mit seinen überdeutlichen<br />

den, im Fereental, um Iglau, im Zillertal usw. — zwei Drucksilben nachzubilden. Diese binnen-<br />

3. Das Zimbrische hat sich unter fremdem Einfluß deutscho Konsonantenschwächung reicht mit ihrer<br />

die Fähigkeit angeeignet, im Anlaut neue Stark- Ausnahmslosigkeit von Norden und Nordwesten bis<br />

reibelaute zu sprechen, Laute, die es im Mhd. nicht zum bair. Dialektraum heran. Da sie im Säch-<br />

gegeben hatte, z. B. in ßahraminto (Sakrament), sischen, im Thüringischen, im Ostfränkischen und<br />

94


im Nordschwäbischen, aber nicht mehr im Bairischen<br />

und ebensowenig im Südschwäbischen beheimatet<br />

ist, so zieht ihre Südgrenze entlang dem<br />

Nordrand <strong>des</strong> Egerländischen, an der Nord- und<br />

Westgrenze der Oberpfalz in Ober- und Mittelfranken,<br />

indem die Nürnberger und Eichstätter<br />

Gegend trotz ihrem vorwiegend bair. Dialektgepräge<br />

daran noch teilnimmt; von der Donau<br />

bis Augsburg ist der Lech die Grenze. Weit über<br />

Augsburg hinaus ist auch schwäbischerseits die<br />

binnendeutsche Konsonantenschwächung noch<br />

nicht nach Süden vorgedrungen. In allerjüngster<br />

Zeit beginnt sie sich zwischen Ingolstadt und<br />

Sulzbach auf altbayr. Gebiet festzusetzen. Die<br />

alten Leute sprechen hier noch Portes (§ßn „essen",<br />

m Qxi}> Igitv, wintv, mqrkry), die jungen aber vielfach<br />

schon Halblenes oder Lenes {esn, mgxry, Igidv,<br />

windv, mergn). Doch werden sonst gerade am Nordund<br />

Westrand der Oberpfalz bairischerseits die<br />

einheimischen Geminaten besonders deutlich artikuliert:<br />

eßßn, mQxxi}f Igittn, winttv, m§rkkn,;<br />

also eine Art Grenzversteifung. — 2. Von dieser<br />

ausnahmslosen Konsonantenschwächung hebt sich<br />

unsere mittel- und nordbair. Lenisierung wie gesagt<br />

scharf ab. Sie gestattet für die ahd. Geminata<br />

bis heute Starklaute, also für ahd. ezzan, machen,<br />

hlaittara, vrintlar, Vierecken, lötten. — 3. Abgesehen<br />

von diesen Sonderfällen verfügt allerdings auch<br />

das Mittel- und Nordbair. nur über Lindlaute.<br />

Die alten Starklaute fallen dann oft mit den alten<br />

Lindlauten zusammen. Im Anlaut erreichte die<br />

Abschwächung nur Halbfortes und Halblenes, z. B.<br />

in Niederösterreich b$ng (Berg), bäm (Baum) aus<br />

bair.-ahd. p'e'rg, paum; dg(g) (Tag) wie dgx (Dach)<br />

aus ahd. tag (dach), gggvtßn (gackern), glokkry<br />

(Glocke) wie ggsd (Gast), glgs (Glas) aus frühmhd.<br />

caggetzen, clogge, gast, glas; glätCm (klauben),<br />

grün(g) (Krug) wie gläu'm (glauben), grgs (Gras)<br />

aus chltibön, chruog (galauben, gras); ghüo (Kuh),<br />

ghgid (kalt) aus ahd. chuo, ehalt; Mit}(g)v (stinken)<br />

aus stinchan; bfgoro (Pfarrer) aus pfarrdri; dsäid<br />

(Zeit) aus zit; dsakkv (Tschako); säVm (Scheibe),<br />

Slg'n. (schlagen) aus schiba, slahan; die Leniszeichen<br />

sind also hier als Halblenis oder als Halbfortis<br />

auszusprechen; ebenso übrigens auch in<br />

«V'TJ (sagen), finn (Finger) usf. Im Nordbair., in<br />

Südmähren und in Teilen <strong>des</strong> Salzburgischen nähern<br />

sich diese Anlaute schon den Fortes, weshalb<br />

manche Mundartgrammatiken für diese Gegenden<br />

lieber die Lautzeichen der Fortes einsetzen. In<br />

gleicher Weise werden die sekundären Mitlautgruppen<br />

behandelt, z. B. niederösterr. gfgßt (gefaßt),<br />

gsbrunv (gesprungen), bsaißßn (betrügen),<br />

dsdsäd (zerzerrt). Eine Sonderstellung beziehen in<br />

Oberösterreich jene anlautenden Fortes t-, p-, k-,<br />

welche aus ged-, geb-, geg- assimiliert worden sind<br />

(s. § 29 o 4). Sekundär haben das Burgcnland und<br />

die steir. Heanzerei alle anlautenden Halbfortes<br />

gleichgültig welchen Ursprungs neuerdings wieder<br />

zu richtigen Fortes gemacht; pf»rf (Berg), päm;<br />

tg wie tg~x; kggntßn, kloukkti wie kgsd, klgs; kläu'm<br />

(klauben), krüi (Krug) wie kläu'tn (glauben); khüi,<br />

khgld; pßgvrv, tßäid; tjiakkv; ßäVm, ßlg'n; kffgßt,<br />

kßprurw, pßaißßn, tßtßäd; <strong>des</strong>gleichen ßg'n, ffinv.<br />

Doch können diese Fortes, sobald das Wort in<br />

den Steigdruck <strong>des</strong> Satzes kommt, wieder Ionisiert<br />

werden. Im Norden <strong>des</strong> Burgenländer Bezirkes<br />

Neusiedl und in der Umgebung von Eisenstadt<br />

bilden sich jetzt nochmals Halbfortes aus; dabei<br />

ist Wiener Einfluß maßgebend. Doch sind dieso<br />

Anlautfortes <strong>des</strong> Burgenlandea und der steirischen<br />

Heanzeroi gewiß eine jüngere Angelegenheit an<br />

Stelle älterer Halblenes; denn für die Lautfolgo<br />

8p- z. B. in Speck, speien gilt in der steirischen<br />

Heanzerei und im Burgenland zwischen Strom<br />

§ 34 c 1—c 6<br />

(Burgenland), Burgau (Steiermark), Pöllau (westl.<br />

Hartberg), Waldbach bei Vorau, Pinkafeld (Burgenland)<br />

und Rechnitz noch jetzt Sw- (Swdig, Swäi'm<br />

usw.) mit ausgesprochener Lenisierung <strong>des</strong> p- zu<br />

w-. In einzelnen Restformen, wie gäwglto (Espe,<br />

mhd. aspalter) sind solche -§w- noch um ein Stück<br />

weiter verbreitet. — 4. Auch im Inlaut wurden<br />

im Mittel- und Nordbair. die alten Fortes, soweit<br />

sie nicht auf frühahd. Geminaten zurückgehen,<br />

lenisiert und vielfach mit den alten Lenes gleich<br />

gemacht. Man spricht hier wedv aus ahd. w'e'tar<br />

wie fedv aus vedara; gggvtßn aus gaggetzen wie<br />

mggv aus magar, bügl (Buckel) aus mhd. buggel,<br />

aber ghüH aus ahd. chugala; ädekkv aus steccho wie<br />

rnukkry aus mugga; Sdüdsn, sgids aus (er-)stutzen,<br />

salz; wädsn aus mhd. watsche; m§xv, m§-v aus<br />

melchan. Über Einzelheiten bei dieser Inlautlenisierung<br />

erfahren wir Näheres in den folgenden<br />

Ausführungen. Zu ihr gehört mittelbar auch der<br />

Verlust der Behauchung <strong>des</strong> kh außer im vorvokalischen<br />

Anlaut (Beispiele dafür s. oben) und<br />

die Vokalisierung von l und r nach dem Stammvokal<br />

in gid (alt), b$vg (Berg), denn beide Erscheinungen<br />

sind gleichfalls um 1300, und ungefähr<br />

im gleichen Gebiet wie die Lenisierung, vorwiegend<br />

im mittelbair. Bereich, durchgeführt worden. Bei<br />

der Liquidenvokalisierung handelt es sich um eine<br />

Angelegenheit, die aufs Bairischo beschränkt bleibt.<br />

Beziehen wir den Behauchungsverlust und die<br />

Liquidenvokalisierung (über die letztgenannte s.<br />

die §§ 49 c 6/7 und § 50 c 3) in die mittelbair.<br />

Konsonantenschwächung ein, so wurden fast vier<br />

Fünftel aller mittelbair. Wortformen von dieser<br />

Konsonantenschwächung irgendwie betroffen. An<br />

dieser Zahl vermag man erst den gewaltigen Umfang<br />

der Lautumwälzung selbst richtig zu beurteilen.<br />

— 5. Damit nicht genug. Diese Konsonantenschwächung<br />

hat durch ihre neuen Lenes<br />

auch die alten Lindlaute aufgelockert. Die alten<br />

Lenes bemühten sich, soweit sie es konnten, vor<br />

ihren neuen Konkurrenten auszuweichen. Gewiß<br />

hat Pfalz recht mit seiner Vermutung, daß die<br />

streckenweise Spirantisierung der alten intervokalischen<br />

-d- und -g- zu -ö- und -y- in lebv (Leder),<br />

mgyv (mager) usw. in Nieder- und Oberösterreich<br />

und weiters der Wandel <strong>des</strong> -ö- zu -r- {lerv „Leder";<br />

s. § 27 g 2 und 28 b 3) zunächst nur die echten<br />

Lindlaute betroffen hatte. Man wollte den neuen<br />

Lindlauten in wedo und in gggntßn, gügv („Kukkuck"<br />

aus kukkv) Platz machen. Wenn hinterher<br />

trotzdem auch die sekundären Lindlauto<br />

spirantisiert wurden und uns nunmehr auch die<br />

Aussprachen wedo (wem), ggyntßn, güyn usw. begegnen,<br />

so ist das nur ein nachträglicher Lautausgleich.<br />

Der Ausgleich selbst ist noch nicht<br />

überall durchgeführt worden. Dort, wo das alte<br />

-g- zu -x- verwandelt (mgxv) oder beseitigt wurde<br />

(mg-v; s. § 29 b 3), blieb das neue -g- in gggntßn<br />

usw. erhalten, wenn auch im Nordbnir. gelegentlich<br />

-gg- auch schon als -x- auftritt. — 6. In Teilen<br />

<strong>des</strong> Mittel- und Nordbair. werden dio nlten Lautfolgen<br />

-tn, -ggn und -tl-, -ggl anders behandelt als<br />

die alten -dn, -gn und -dl, -gl; z. B. sind dio Lautungen<br />

für mhd. schate (Schatten), hdggc (Haken),<br />

blälel(i7i) (Blüttchen), buggel anders beschaffen als<br />

die Lautungen für schade (Schaden), wagen (Wagen),<br />

rädel(in) (Rädchen), igcl, und z. B. könnten<br />

schatc/schade keinen konsonantisch reinen Reim<br />

ergeben. Die alten Fortes haben sich immerhin<br />

als Lenes behauptet, dio alten Lenes aber wurden<br />

beseitigt. Daher der Gegensatz zwischen mittelund<br />

nordbair. igdn (Schatten) und Sg'n (Schaden),<br />

zwischen hggn, und wg'i}, zwischen blädl und rä d l l )<br />

Zu Außsprachevarianten <strong>des</strong> -dl s. § 50 e 1.<br />

95


§ 34 c 6—c 10<br />

und zwischen bügl und Wl. Allerdings sind auch<br />

diese Unterschiede im Mittel- und Nordbair. neuerdings<br />

oft wieder ausgelöscht worden. Erhalten sind<br />

sie in Niederösterreieh ohne den äußersten Westen,<br />

in der Steiermark, im Burgenland und in Südmähren,<br />

im oberösterr. Ennsgebiet, im oberösterr.-steir.<br />

Salzkammergut sowie im Pon- und<br />

Pinzgau und im tirol. Unterinngebiet südlich der<br />

Donau, nördlich <strong>des</strong> Stromes im nördlichen Südböhmen,<br />

im Böhmervvald und im Bayrischen Wald<br />

sowie im Egerland (ohne die Gegend um Eger und<br />

Asch). Ausgleich gilt dagegen in der Oberpfalz,<br />

in Ober- und Niederbayern, im größten Teil von<br />

Oberösterreich mit den angrenzenden Landstrichen<br />

<strong>des</strong> Flach- und Tennengaus, den niederösterr. Gebieten<br />

um Amstetten, Isper und Weitra und mit<br />

dem südlichen Südböhmen. In bäi d l (Beutel), bq d ln<br />

(betteln) und sg d und Kärnten vermag man allerdings bislang<br />

Widerstand zu leisten und bewahrt die älteren<br />

Lautverhältnisse, verwendet also z. B. sgtn oder<br />

SQttn (Schatten) gegen sgdn (Schaden) usw. Während<br />

<strong>des</strong> 14. Jhs. wurde nach Ausweis der Urkundensprache<br />

auch die Oberpfalz und das Egerland,<br />

also das Nordbairische, von der Donaustraße<br />

aus erfaßt, wenn dort auch die Vokalisierung<br />

<strong>des</strong> -r- in bqvx (Berg) schon so lange zögerte, daß<br />

sie abseits <strong>des</strong> Naabtales noch nicht recht heimisch<br />

ist und die Vokalisierung <strong>des</strong> l in gid (alt) im Nordbair.<br />

ganz fehlt. Seit dem 14. Jh. dringt, wie die<br />

Urkundensprache zeigt, die Lenisierung langsam<br />

in die Steiermark vor; die Vokalisierung <strong>des</strong> -llehnt<br />

aber das Steirische bis heute erfolgreich ab,<br />

ebenso den Behauchungsverlust <strong>des</strong> kh. Ähnliche<br />

Widerstände trifft man im Burgenland, in dem<br />

l (Sattel) geht dieser Ausgleich -r- zwar meistens zu -o- vokalisiert ist, der äußerste<br />

sogar über Niederösterreich bis ins Burgenland Süden aber die Behauchung festhält und die Süd-<br />

und bis nach Südmähren. — 7. Ein weit vorhälfte etwa von Güssing an die Fortes behauptet<br />

geschrittenes Stadium <strong>des</strong> Ausweichens haben jene und dio alten Leute fast überall im Lande am -l-<br />

Mundarten erreicht, welche vor -n, -m und -ry aus festhalten. Im Salzburger Land liegt die Staffelung<br />

-dn, -bm, -gry den Vokal näseln, als lägen mhd. -n, fast verkehrt; es wurde in noch höherem Maße<br />

-m, und -n, vor; etwa in drim (getrieben), Sdum zur Übergangslandschaft vom modernisierten Mit-<br />

(Stube), sim (sieben, Zahlwort), liiy (liegen) usw. telbairischen zum konservativen Südbairischen als<br />

Die Zentrallandschaft dieser abwegigen Lautungen die Steiermark und das Burgenland, obgleich sich<br />

ist Oborösterreich. Darüber hinaus finden wir ge- im Flachgau die Konsonantenschwächung und die<br />

näseltes sdum, liry in großen Teilen von Nieder- Liquidenvokalisierung auch schon im 14 Jh. urösterreich,<br />

der nördlichen Steiermark und von kundlich nachweisen lassen; <strong>des</strong>gleichen im tirol.<br />

Nieder- und Oborbayern, in sim ist sie nahezu Unterinngebiet von Schwaz ostwärts. Im Salz-<br />

gomeinbair. In Oberösterreich wurde auch dieser burgischen und in Tirol bleibt behauchtes kh (bzw.<br />

Auswoichversuch vor den neuen -n aus -tn usw. affriziertes kx) zwar fast überall bestehen, die<br />

in einigen Wörtern, etwa in älin (Schlitten), grin Vokalisierung <strong>des</strong> -r- dehnt sich immerhin über<br />

(geritten) mit Näselung, noch einmal zunichte ge- den Flach- und Tennengau aus, die Lenisierung<br />

macht als extremste Auswirkung der Lautanglei- erobert unter unseren Augen im Pongau und im<br />

chungon. — 8. Zu einem weiteren Lautausgloich Unterpinzgau zusehends Gelände, während sie im<br />

neigen dio mittelbair. Mundarten an verschiedenen Mitterpinzgau schon fest eingebürgert ist, die<br />

Stollen neuerdings bei den Lauten -ng- aus altem Vokalisierung <strong>des</strong> -l- herrscht abgesehen von<br />

-nk- und bei -iy- aus altem -ng-. Die alten Wort- Krimml sogar überall, selbst im Lungau, der sonst<br />

paare stinken und singen, denken und sprengen, auf dem südbair. Lautstand beharrt. Es sind also<br />

krank und lange (zeitlich) bilden bei don jüngeren nicht überall alle Neuerungswellen gleich schnell<br />

Leuten zwischen Ingolstadt und Rosenheim und vorgestoßen. Gelegentlich haben sie sogar große<br />

zwischen Straubing vind Ybbs als Sdirw und sltiD, Streifen übersprungen. Nach der Urkundensprache<br />

als dcjjD und sbrctyv und als grQn und Igt} bereitswar<br />

die 4-Vokalisierung in der Mittelsteiermark<br />

reino Keime, während die ältero mittelbair. Mund- in alter Zeit ebensowenig heimisch, wie sie es jetzt<br />

art zwischen Sdingo und sin», dengD und sbretw, ist, auch die -r-Vokalisierung hat min<strong>des</strong>tens in<br />

grgng und Ign fast überall noch trennt. — 9. Über den die Weststeiermark und ins westliche Obermurgo-<br />

Zusammenfall von -ch- und -h-, von -ff- und -vbiet bis heute noch nicht Eingang gefunden. Dessenund<br />

von -zz- und -s- und über dio wechselnden ungeachtet wimmelt es weit im Süden, in der<br />

lautkombinatorischen Voraussetzungen dazu in den Untersteiermark, fürs 14. und 15. Jh. von urkund-<br />

einzelnen Mundarten s. § 34 g \ind i, über die lichen Beiegon für die -l- und -r-Vokalisierung.<br />

Lenisierung im Auslaut der frühmhd. Einsilber Andererseits weisen gewisse Anzeichen auf ein<br />

s. § 34 k. — 10. Den Beschluß unserer Darstellung Festhalten aller alten Lautstufen im Nordwesten<br />

der folgenschweren mittelbair. Konsonantenschwä- von Niederösterreich nicht allzu weit von Wien,<br />

chung bildet oino zusammenfassende Schilderung dem Herd der Neuerungen, bis ins 15. Jh. Dio<br />

der Raumgeschichto bis zu den modernen dialekt- alten Verhältnisse sind auch in Westbayern gegen<br />

geographischen Verhältnissen, wie sio uns dio den Lech zu stufenweise angeordnet erhalten ge-<br />

Karten 21 und 26 vergegenwärtigen. Urkundlich blieben. Noch der ganze Südwesten von Ober-<br />

lassen sich dio Mitlautschwächung, der Behaubayern behält das -r- in bgürg und insbesondere in<br />

chungsverlust und die Liquidenvokalisierung schon surff; das behauchte kh besteht immerhin am<br />

gegen 1300 durch richtige Belege und durch um- West- und Südrand von Oberbayern fort, sein<br />

gekehrte Schreibungen gut nachweisen. Zuerst Raum überschreitet in einem Gebiet, das auf der<br />

tauchen sio um Wien und fast gleichzeitig an der Karte wie ein nach Norden weisender Finger aus-<br />

ganzen Isar-Donaustraßo auf, an der Verbindungssieht, sogar dio Donau und roieht nahe an dio<br />

linio von Wien nach München. Dio Kernländer Altmühl heran, ja auf Karte 21 sehen wir sogar<br />

<strong>des</strong> Mittelbairischen, Nieder- und Oberösterreich mitten an der Isarstraße, um Landshut und Landau<br />

(ohne deren Südrand), Nieder- und Oberbayern in Niederbayern, noch eine A.7i-Insel. Das erhaltene<br />

(ohne <strong>des</strong>sen Süd- und Westrand) sind der engero •l- begleitet überall das bayrische Lechufer, und<br />

Avisstrahlungsbereich und waren seit 1300 dio dio alten Fortes roichen vom konservativen Ge-<br />

Heimat der Neuerungen. Mittelbair. Dichtor <strong>des</strong> birgsland am bayr. Lechrain immerhin bis gegen<br />

Spätmittelalters, wie der Wienor Jans Enikel, Augsburg nach Norden; über die Lechgrenzo setzen<br />

reimten seit 1280 schon im Sinno dieser Neuerun- sich die alten Starklaute westwärts ins Schwäbigen,<br />

<strong>des</strong>gleichen gelegentlich auch Dichter der sche fort. Nur das anlautende k- in kgkkvlßn,<br />

südbair. Alpenländor, sowoit sio wienerisch be- kukko, klokkry ist überraschend weit nach Süden<br />

einflußt waren. In den südbair. Kernländern Tirol zurückgewichen, obgleich es bis ins 15. Jh. hinein<br />

96


als c-, k- "urkundlich in Steiermark, Salzburg und<br />

Tirol wohlbezeugt ist. Jetzt besteht dieses k- nur<br />

mehr in Südtirol und in Kärnten fort, aber selbst<br />

dort sind die Stadt- und die Verkehrssprache schon<br />

bemüht, es bald durch g-, bald durch kh- zu ersetzen.<br />

— 11. Da unsere mittelbair. Lautverschiebung,<br />

bestehend aus Lenisierung, Behauchungsverlust<br />

und Liquidenvokalisierung, im Mittelbair.<br />

selbst erst gegen 1300 und im Nordbair.<br />

erst im 14. Jh. aufkam, so haben die mittel- und<br />

nordbair. Außenmundarten an ihr keinen Anteil<br />

mehr genommen und sogar das schwer bedrohte kkonserviert;<br />

das gilt für Brunn, Wischau und<br />

Budweis in gleicher Weise wie für Iglau 2 ). Auch<br />

die beiden beharrsamen Sprachzungen Südmährens<br />

um Neubistritz - Neuhaus und um Prahlitz - Pohrlitz<br />

behaupten, abgesehen von ihrem Wandel von<br />

k- zu g-, den alten Lautstand. Die Sprechweise<br />

ähnelt in diesen Restschollen durch ihre „harte"<br />

Aussprache auffallend dem südbair. Dialekt, doch<br />

verbergen sich hinter dieser scheinbaren Verwandtschaft<br />

in keiner Weise etwa alte siedlungsgeschichtliche<br />

Zusammenhänge; es liegt auf beiden<br />

Seiten, in den südmährischen Rückzugsgebieten<br />

und im Südbair., lediglich ein gemeinsames Beharren<br />

auf dem einstmals gemeinbair. Stand <strong>des</strong><br />

13. Jhs. vor. Auch in der Binnenmundart <strong>des</strong><br />

burgenländ. Seewinkels vermochte die älteste<br />

Generation, abgesehen vom selbständigen Phonem<br />

k- und vom behauchten inlautenden kh, den alten<br />

Zustand zu bewahren. Die Seewinkler Insel wird<br />

auf Karte 21 gut sichtbar. — 12. In diesem raumgeschichtlichen<br />

Überblick sehen wir unsere drei<br />

Neuerungen seit ihrem Entstehen ununterbrochen<br />

im Vordringen begriffen. Ihre Wellen von der<br />

Isar-Donaustraße aus bleiben auch gegenwärtig<br />

in Bewegung. Bei meinen Kundfahrten in die<br />

Grenzlandschaften ließ sich immer wieder an dem<br />

ursprünglichen Lautstand und dem neuen Zustand<br />

beobachten, wie oft im selben Dorf die alte<br />

Generation die alten Formen, die zum Südbair.<br />

stimmen, die junge Generation hingegen bereits dio<br />

neuen Formen <strong>des</strong> Mittelbair. gebraucht. Diesen<br />

lebendigen Vorstoß <strong>des</strong> Mittelbair. bemerken wir<br />

sowohl am West- und Südrand von Oberbayern<br />

als auch in Salzburg, Steiermark, am Südrand von<br />

Ober- und Niederösterreich, soweit diese in Betracht<br />

kommen, im Burgenland und sogar in den<br />

beiden Südmährer Sprachzungen. Auf den Karten<br />

ist dann unseren Grundsätzen gemäß immer die<br />

äußerste Verbreitung der jeweils ältesten Lautung<br />

angegeben. Nur bei Schwaz in Tirol und in den<br />

Außenmundarten stehen die älteren Lautungen<br />

unverrückbar fest. — 13. Die fortwährende Beweglichkeit<br />

der Raumgrenze hat ihre Rückwirkung<br />

auf die Lautgebung. Einerseits behaupten sich<br />

unter Umständen Restformen älterer Prägung. Es<br />

hielt sich trotz allgemeiner Lenisierung in zwei<br />

Landstrichen altes -t- nach -n- fast unberührt,<br />

nämlich einerseits im oberen Mühlviertel mit<br />

angrenzenden Teilen <strong>des</strong> Böhmervval<strong>des</strong> und <strong>des</strong><br />

Bayrischen Wal<strong>des</strong>, andererseits im Burgenland,<br />

wo überall lautgesetzliches wedn, fQdn (Vater),<br />

tnüvdD, müido (Mutter) und „falsches", lautwidriges<br />

hantl (Händchen), bcnt(t)v (Bänder) usw.<br />

nebeneinanderstehen. Im Burgenland, im südwestlichen<br />

Oberösterreich und im Flachgau tritt<br />

neben lautgesetzlichem dsügD (Zucker), hQ'n, (Haken)<br />

mit -g- dsuvkkrr, oder huvkkiy (Gabelzinke)<br />

2 ) Wenn dio Südhälfto der Sprachinsel Iglau das<br />

-/- vokalisiert und gitf ggt (Geld) usw. spricht, so<br />

ist das eine selbständige Neuerung. Das binnenländischo<br />

Nordbairischo als Iglauer Heimatmundort<br />

bewahrt durchaus -/-: öld, göld.<br />

§ 34 c 10—d 1<br />

mit -k- auf, im Flach- und Tennengau gelegentlich<br />

auch schon dsukkv, hokki}. In neuerrungenen Lenisierungsgebieten<br />

gibt es demgegenüber „falsche"<br />

-d-Lautungen statt erwartetem -U-, wie IQvdv<br />

(Leiter), windv (Winter), hlndn (hüten) statt<br />

lautgesetzlichem gemeinmittelbair. Igvttv, winttn,<br />

hivttn aus ahd. hlaitt(a)ra, winttar, huotten. Solche<br />

falsche Uberbildungen kommen in einem schmalen<br />

Grenzstreifen entlang dem Außenrand <strong>des</strong> Gebietes<br />

für südbair. wetv, fätv, müvtv und südbair.<br />

iQvtv, wintv, hivtn fast überall vor; so am Lechrain,<br />

im südlichen Oberbayern, an der Salzach <strong>des</strong><br />

mittleren Pinz- und <strong>des</strong> Pongaus und in der Steiermark,<br />

angefangen von Liezen über Eisenerz und<br />

südlich an Brück a. d. Mur vorbei über Graz und<br />

Fürstenfeld-Fehring bis um Güssing im Burgenland,<br />

bei jüngeren Leuten gelegentlich auch im<br />

Seewinkel. Hier heißt es also nach wedv, fgdv usw.<br />

auch iQndv usw. Mithin treffen wir im neuhinzugewonnenen<br />

Lenisierungsgebiet auf Restformen<br />

und auf Uberbildungen, auf Lautgestaltungen,<br />

die mit einem unbewußten lautgesetzlichen<br />

Wandel nichts mehr zu tun haben, sondern schon<br />

in den Bereich bewußt herbeigeführten Ersatzes<br />

hineingehören.<br />

d. 1. Acht von unseren elf Starklauten haben<br />

bereits im Rahmen der hochdeutschen Lautverschiebung<br />

oder bei deren phonologischen Nachwehen<br />

jene ahd. Form erreicht, an die wir hier<br />

angeknüpft haben. Durch die Lautverschiebung<br />

selbst sind gegen 700 pff und ff aus germ. p, Iß und ßß<br />

aus germ. t und kch und ch aus germ. k entstanden;<br />

im Laufe <strong>des</strong> 8. Jhs. entwickelten sich t aus germ.<br />

d, p- und -pp- aus germ. b- und -bb-. Dio Entwicklung<br />

der ahd. Affrikaten und Starkreibelauto für<br />

german. p, t, k aber erfolgte in zeitgloichcn Reihenschritten<br />

ohne phonologischo Störungen, während<br />

als Ausläufer der hd. Lautverschiebung selbst die<br />

etwas spätere Umwandlung von gorm. d, b, g zu<br />

ahd. t. p, *-gg- in den Reihenschritten aus triftigen<br />

phonologischen Gründen (s. § 27 a) gestört wurde.<br />

Erst viel später, im 11. Jh., kam es durch das<br />

Schröderscho Assimilationsgesetz zur Ausbildung<br />

von k- (gg-)t durch die Veränderung <strong>des</strong> ahd. sk zu<br />

ß (8. § 42 a 1) und zu tß in Lehnwörtern und bei<br />

Vokalausfall. Nun tauchen im Fachschrifttum viele<br />

Versuche auf, mit Hilfe von Wortgestalten, in<br />

denen ein Laut scheinbar der Lautverschiebung<br />

unterworfen worden ist, ein anderer nicht, sich die<br />

einheitlich anmutende hochdeutsche Lautverschiebung<br />

in zeitgestaffelto Einzelvorgängo zerstückelt<br />

zu denken. Z. B. wird immer wieder angenommen,<br />

daß ahd. pforta zu einem Zeitpunkt aus<br />

lat. porta ins Deutsche entlehnt worden sei, als<br />

im Deutschen selbst zwar das t schon zu tz, das p<br />

aber noch nicht zu pf „verschoben" gewesen sei.<br />

An Hand weiterer Beiego dieser Art kam man gewöhnlich<br />

zu folgender Chronologie: Zuerst wäret<br />

zu tz, etwas später p zu pf und zuletzt k zu kch<br />

gewandelt worden; doch gibt es auch andero<br />

Reihungsversucho. Alle Reihungen stoßen in<strong>des</strong>sen<br />

auf unüberwindliche Schwierigkeiten, auf Komplikationen,<br />

die man sonderbarerweise oft nur allzugern<br />

unbeachtet beiseite schob. Neben Pforte läßt<br />

sich bekanntlich auch Porze, das eine Umkehrung<br />

dieser Zeitenfolgo nach sich zöge, nachweisen.<br />

In manchen bair. Mundarten heißt der Wetzsteinbehälter<br />

Kchumpf, in anderen G(g)umpf, wieder<br />

in anderen Kchumpusw.;diese Spielformen müßten<br />

dio Chronologen genau genommen zur Verzweiflung<br />

bringen. Nun läßt sich eine ganze Schar<br />

von solchen chronologisch sinnwidrigen Doppelformen<br />

ins Treffen führen. Das Rätsel ist so<br />

einfach, daß man sich über das lange Ausbleiben<br />

seiner Lösung hinterher wundert. Sio bietet sich<br />

97


§ 34 d 1—e 2<br />

uns in gelegentlichen Affrikaten-, Reibelaut- und<br />

Verschlußlautdissimilationen dar. Danach sind<br />

Pforte und Porze nur noch Dissimilationspro -<br />

dukto aus der gemeinsamen Grundform Pforze,<br />

die daneben tatsächlich vorkommt, oder es sind<br />

bair.-mundartl. G(g)umpf und Kchump aus älterem<br />

Kchumpf nach zwei verschiedenen Richtungen hin<br />

dissimiliert worden. Pech ist für uns aus älterem<br />

Pfech dissimiliert, kchurt und gurz aus älterem<br />

gemeinsamem kchurz, bair.-alem. O(gJunggel (Kunkel)<br />

zunächst aus älterem kchunachla, kchunkchala<br />

zu Ggunkchcl dissimiliert und nachher zu Ggunggel<br />

assimiliert, mundartl.-bair. Gabeß (Weißkraut) aus<br />

Kchabeß dissimiliert worden. Ganz arg liegen die<br />

Dingo bei bair.-mundartl. Pfiffeß, -etz, Pfipß,<br />

Pipß und Zipf (sie!) „Pips", bei Pfropfen neben<br />

altem Pfroffen, bei alom. Kripfe für Krippe durch<br />

Affrikatenassimilation, obenso bei alem. kripfen<br />

noben griffen (lebhaft greifen). In gleicher Weise<br />

lassen sich ahd. tunicha (Tünche) aus Hzunicha,<br />

spätahd. pfärvrid (Pferd) aus älterem pärvrid, ahd.<br />

pinapfel aus pfinapfel, ahd. persich neben pf'ersich<br />

(Pfirsich), ahd. putzi neben pfutzi (Pfütze), ahd.<br />

prb'ssa neben pfressa (Presse), ahd. puliz, pfuliz<br />

(Pilz) und Dutzende ähnlicher Belege bald als<br />

Dis-, bald als Assimilationsprodukt zwanglos auslegen,<br />

unbelastet von den bisherigen Zweifeln. Was<br />

die Affrikatendissimilationen im allgemeinen anlangt,<br />

ist das Gesetz der altgriechischen Aspiratendissimilation<br />

beim Aorist, das jedem humanistisch<br />

Geschulten wohlbekannt ist, vortrefflich<br />

zum Vorgleich geeignet. Wie stark unsere ahd.<br />

Dis- und Assimilationen auch in den lebenden bair.<br />

Mundarten nachwirken, ersehen wir an dem bair.<br />

Nebeneinander vonkchapfen, kchaffen, gapfen, gaffen<br />

(gaffen) oder von Kchucffe, Kchuepfe, G(g)ueffe,<br />

Kchueche, Gfgjueche (Schlittenkufe). Sie führen<br />

jeden weiteren Vorsuch einer chronologischen<br />

Aufspaltimg der hochdeutschen Lautverschiebung<br />

sofort ad absurdum.— 2. Es muß freilich zugegeben<br />

werden, daß mit unseren As- und Dissimilationen<br />

nicht alle Schwierigkeiten beseitigt sind, die sich<br />

unserer Auffassung, die hochdeutsche Lautverschiebung<br />

sei eine phonologische Einhoit, ihre parallelen<br />

Reihenschritto wären zu ein und derselben<br />

Zeit vor sich gegangen, in den Weg stellen. In<strong>des</strong>sen<br />

kann man dieso Schwierigkeiten ebensogut<br />

anders beheben als vermittels der so prekären<br />

Zerstückelung in drei zeitlich getrennte Vorgänge.<br />

Die scheinbaren Störungen sind, wie ich glaube,<br />

in verschiedener Art zu erklären. Erstens, indem<br />

sich viele kch inbesondere in alten Ortsnamen aus<br />

dem Spätillyrischen herleiten lassen, ^las seinerseits<br />

älteres k- zu ch- werden ließ. Der Name Körnten,<br />

ahd. Charantäna, zum Beispiel, der im chronologisierenden<br />

Fachschrifttum über die hd. Lautverschiebung<br />

eine große Rollo spielt, weil zwar<br />

scheinbar k zu kch, t aber nicht zu tz „verschoben"<br />

erscheint, beruht wohl auf jenem spätülyr. *Charantana,<br />

das offenbar auch für das altrussischo<br />

Chorutanc beim Kiewer Historiographen Nestor<br />

(um 1000) maßgebend war. Wir dürfen ferner<br />

vermuten, daß im 8. und 9. Jh. in Landstrichen<br />

<strong>des</strong> östlichen Österreich gelegentlich auch Wörter<br />

und Namen slawischer Herkunft durch das illyr.<br />

Medium dem Bair. vermittelt worden sind; wohl<br />

auch jene Belege, wolcho so gerne als „schwerstes"<br />

Argument für den späten Wandel von k- zu<br />

kch- im Bair. ins Treffen geführt werdon. Zum<br />

allgemeinen Ersatz <strong>des</strong> fremden Reibelautes chals<br />

deutsches kch- im Anlaut s. § 34 b 4. — 3. Zweitens,<br />

indem im Anlaut unter Schwachdruck älteres<br />

gg-, k- häufig zu kch- wurde, z. B. in kärntn.mundartl.<br />

Khatarit} (Guttaring, Ortsname) aus<br />

altslowon. *Kolari6e (slowen-mundartl. KotdrtSe),<br />

98<br />

in tirol.-mundartl. KxQälrut (Kastelrut) aus vlat.<br />

castellum riiptum und in wiener, ghnräs (Garage),<br />

ghitä (Gitarre). — 4. Drittens, indem Lehnwörter,<br />

die aus dem Altfranzösischen übers Westfränkische<br />

zu uns gelangten, altfranz. cha- (spr. kja-)<br />

aus vlat. ca- als altfränk. kcha- wiedergaben und<br />

daher als ahd. charro (Karren), chdp'ella (Kapelle),<br />

frühahd. *chavia ahd. chevia (Käfig), chdnzella<br />

(Kanzel) statt vlat. carrus, capella, cavea, cancella<br />

erscheinen. — 5. Viertens, indem lesesprachliche<br />

Entlehnungen wie ahd. chrutzi aus vlat. ertteem<br />

(Kreuz) Sondergesetzen unterworfen sind. —<br />

6. Schließlich, indem noch weitere, lokal bedingte<br />

Substitutionsgesetze, die ich hier nicht mehr eigens<br />

anführen will, sowie gewisse Sondergesetze in der<br />

Entwicklung der slawischen Sprachen und Mundarten<br />

mit hereinspielen und dort, wo wir auf<br />

Grund von § 27 c 2 g- erwarten würden, für frem<strong>des</strong><br />

k- ahd. kch- usw. ermöglicht haben.<br />

e. 1. Auffallend ist im Inlaut manchmal ein<br />

Wechsel zwischen Reibelaut und Affrikata oder<br />

zwischen ahd. -t- und -tt-, -r- und -rr- bei -/a-Stämmen<br />

der Konjugation und der Deklination. Das bair.<br />

Erbwort für „seicht" ist ahd. adj. vlSzzi, gen. plur.<br />

vlötzio und adv. vlozzo. Daher erscheint dieses<br />

Wort im Bair., soweit es erhalten ist, jetzt räumlich<br />

getrennt in nicht weniger als vier Grundformen:<br />

als fl6ß(e), als flötz(e), als flöß(e) und sogar als<br />

kompromisseln<strong>des</strong> flotz(e). Dieselbe Vielfalt liegt<br />

vor beim Zeitwort rößen, rötzen, rötzen, rößen<br />

(dörren, braten, insbes. den Flachs rösten) mit<br />

seinen Ableitungen und beim Zeitwort flößen,<br />

flötzen, flötzen, flößen (flößen). Dabei konnten folgende<br />

ahd. Verbalformen maßgebend werden:<br />

*ich vlötziu, *du vlözzis, *ich vlözta, *gavlozt. Das<br />

fortwährende landschaftliche Spiel zwischen bleichen<br />

und bleicken (bleichen, blgohv und blgvkkv) und<br />

zwischen weichen und weicken (die Wäsche einweichen)<br />

beruht gleichfalls auf den ahd. Wechselformen<br />

ich pleickiu mit -ck- gegen du pleichis mit<br />

-ch- oder richtiger gesagt auf Paradigmenausgleich<br />

bald in der einen, bald in der anderen Richtung.<br />

Schwieriger ist die Erklärung <strong>des</strong> Schwankens<br />

zwischen Strauche und Straucke (Schnupfen). Auf<br />

ahd. ich sleipfiu neben du sleiffis beruht das landschaftliche<br />

Durcheinander bei schleipfen und schleif -<br />

fen (Slgoppfo, hlqvffv usw.; nachschleifen lassen)<br />

und bei den dazugehörigen Ableitungen. Doch ist<br />

Schwanken dieser Axt sonst verhältnismäßig selten.<br />

Das Bair. zieht nicht so oft wie das Mitteid.-<br />

Ostfränk., aber häufiger als das Südalem. Reibelaut<br />

der Affrikata oder, vom German. aus gesehen, einfachen<br />

Konsonanten der Geminata vor. Es heißt im<br />

Gesamtbair, auechen, brauchen, legen, ligen, mhd.bair.<br />

hugen (denken) und meistens spercn (vereinzelt<br />

spärren und kompromisselnd sperren) usw. Bei<br />

büeßen taucht erst im tirol. Lechtal büctzen (Wäsche<br />

flicken) auf, doch herrschte im Bair. mhd. witze<br />

(Strafe, Fegefeuer) und mhd. truchsdtze (Truchseß).<br />

Zur Verbreitung aller dieser Formen s. das Wörterbuch.<br />

Den oben angegebenen Formen stehen im<br />

Südalem. leggen, liggen, huggen, spärren gegenüber<br />

und im Höchstaleman. <strong>des</strong> Wallis auch ziakkxen<br />

(suchen), breikkxcn (brauchen). — 2. Bei den<br />

schwach flektierten -;a-Verben mit -t(t)-, wie<br />

hüetten (hüten), lötten (löten), tötten (töten), leitlen<br />

(leiton), ergab z. B. dio 1. pere. präs. ind. ahd. ich<br />

huottiu -tt-, daher gilt im Mitteibair, hivttn, lettn,<br />

de.ttn, Igvttn,dio 2.pers.duhuotis ergab über -t- mundartl.<br />

-d-, daher nordbair. hei(d)n, lci(d)n, dei(d)n,<br />

lqi(d)n. Das Südbair. hat dio ahd. -tt- Gemination<br />

nach Ausweis der Sprachinselmundarten nach<br />

Langvokal schon in ahd. Zeit aufgegeben, z. B. in<br />

zimbr. lq(t))tvra (Leiter) aus ahd. hlaittra. Seine<br />

Aussprachen lassen daher nicht erkennen, ob man


dem -t- oder dem -ff-den Vorrang eingeräumt hatte;<br />

vgl. z. B. zimbr. hüten, löten, töten, Igvten.<br />

f. Bei den Affrikaten treffen wir im Zimbrischen<br />

der Sieben Gemeinden auf einen sonderbaren Lautstand.<br />

Sonst fällt bei den Geminaten im Bair. die<br />

Silbengrenze immer in den Verschlußlaut; z. B.<br />

herrschen im ötztal die Silbentrennungen rek-kxß<br />

(Röcke), hgvt-tßn (heizen), wet-tßen (wetzen),<br />

kxep-pffe (Köpfe). In den Sieben Gemeinden verlagerte<br />

sich demgegenüber die Silbengrenze auffallenderweise<br />

in den Reibelaut: rökx-xß, hgotß'<br />

ßen, wetß-ßen, kxöpf-ffe, vitß-ßa (Wicke). Es scheint<br />

ein altvenezianisch bedingter Romanismus vorzuliegen.<br />

Im modernen Venez. sind nämlich die<br />

altvenez. Affrikaten zu reinen Reibelauten verändert<br />

worden; es lautet jetzt venez. piaßßa für it.<br />

piazza; <strong>des</strong>gleichen im Anlaut, z. B. in ßanko für it.<br />

zanco; die Inlautform geht sicher auf altvenez.<br />

*platßßa usf. zurück. Damit sind wir bereits bei<br />

den Lautungen der Sieben Gemeinden angelangt<br />

(s. auch Einltg. 37). Im Osten der Sieben Gemeinden,<br />

etwa in Foza, ist sogar der modern-venez.<br />

Stand mit völligem Verlust <strong>des</strong> Verschlusses erreicht<br />

worden: röxxe, hgißßen, veßßen, xöffe;<br />

ebenso natürlich in ßer^kke (links), ßüi (zu), ffaffe<br />

(Pfaffe, Geistlicher) statt allgemeinerem tßen,kke,<br />

tßüD, pffaffe; individuell ist die Vereinfachung<br />

zum Reibelaut schon übers ganze deutschsprachige<br />

Gebiet der Sieben Gemeinden verbreitet 3 ).<br />

Eine gewisse Neigung zu diesen Wandlungen<br />

scheint individuell auch in den Dreizehn Gemeinden<br />

zu bestehen. In den übrigen zimbr. Sprachinseln,<br />

in Luserna, Lavarone, Folgaria sowie im Fersental,<br />

ist dieser Romanismus nicht üblich.<br />

g. Im übrigen besteht abgesehen von den konservativen<br />

Rückzugsgebieten gegenwärtig im ganzen<br />

Binnenbairischen die Tendenz nach Vereinfachung<br />

aller Geminaten. Statt älterem wettn, wgßßzr,<br />

hgottßn, mqxxVi wird neuerdings auf weiten Strekken<br />

lieber wetn, wgßar, hgvtßn, mgxry eingesetzt.<br />

Diese neue Neigung hängt mit dem Zunehmen falldruckiger<br />

Wortakzente zusammen.<br />

h. 1. Das Bairische neigte zu Gleitlauten zwischen<br />

Nasal oder Liquida und ß, ß, ff und x- Sehr<br />

stark ausgeprägt sind die Gleitlaute noch jetzt im<br />

Nordtirol., insbesondere in <strong>des</strong>sen Westen. Hier<br />

gelten sie auch im Satzsandhi. Im ötztal hört man<br />

beim raschen Sprechen Lautungen wie an-t-ßöpff<br />

(einen Schopf), ix kxgn-t-ß (ich kann es), im Oberinntal<br />

auch am-p-ffinndr (einen Finger). Einstens<br />

dürften diese Einschiebungen allgemein südbair.<br />

und sogar gemeinbair. gewesen sein. Sie begegnen<br />

uns vor allem auch im Wortinneren. Es heißt in<br />

Tirol, Kärnten und einigen benachbarten Landstrichen<br />

ments (Mensch), wintsn (wünschen), in<br />

Tirol vielfach hgltß (Hals), hgmpff (Hanf), fimpff<br />

(fünf). Innerhalb <strong>des</strong> Wortes sind diese Gleitlaute<br />

nach Kurzvokal oft noch heute nahezu gemeinbair.,<br />

z. B. in Niederösterreich mentßo (dio Mädchen)<br />

neben m$n£ (das Mädchen), dieses mit Einsilberdehnung.<br />

Im Nordbair. und im Salzkammergut<br />

ßagt man mit neuer Dissimilation fentßv (Fenster),<br />

fintßo (finster) statt bair. (nur noch strichweise<br />

erhalten) fenißtn, fintßto *) und statt tirol. fentßter,<br />

jintßtdr. Dio „Gans" nennt das Mittel- und Nordbair.<br />

zwar gQns (gQ n s), „dio Gänse" aber vielfach<br />

föntß. Für „München" (12. Jh. Münichcn) gilt im<br />

3 ) Nur dio Affrikata kx leistet stellenweise<br />

Widerstand; sio wird in einigen Ortschaften der<br />

Sieben Gemeinden sogar zu kh gewandelt.<br />

4 ) Im Südosten und sonst strichweiso ist jenstar,<br />

finster erhalten goblieben. In Teilen <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong><br />

und der Oststeiormark gilt fei n sto, fii n sto,<br />

gQu n 8, gqi n s usw.<br />

§ 34 e 2—i 1<br />

Südbair. teilw. Mirykxn (neben Minvxn) und<br />

dementsprechend im Mitteibair. Min,gio (s. § 38 a 7).<br />

Zeugnisse für die gemeinbairische und gemeinhochdeutsche<br />

Existenz solcher Gleitlaute sind u. a.<br />

bair. und hochd. Münze aus ahd. munizza, Pülz<br />

(Pilz) aus ahd. puliz und Hirz (Hirsch) aus ahd.<br />

hiruz, das im Zimbrischen als hyrtß, im Bayrischen<br />

Wald als hivtß, in zahlreichen Flurnamen<br />

als Hirz- und bis um 1400 als gemeinbair.-mhd.<br />

hirz fortlebte. Erst um 1400 tauchen auf bair.<br />

Boden, mitteldeutschen Lautgesetzen folgend,<br />

Schreibungen wie hirs, hirsch auf. — 3. Im Südbair.<br />

wurden solche Gleitlaute <strong>des</strong> Satzsandhi<br />

gelegentlich fest. In Hauptwörtern wie Tschopf<br />

(Schopf), Tschüppel (Schübel, Büschel) und in Zeitwörtern<br />

wie tscheppern (scheppern, klirren) u. dgl.<br />

sind sie oft zu treffen. Bei lautmalenden Wörtern,<br />

wie pfuggetzen (das Geräusch, das entsteht, wenn<br />

ein dicker Brei siedet), p/luttern (flattern) a. u.,<br />

sind sie neben juggetzen, fluttern weit verbreitet; bei<br />

pfnehen (niesen), pfneggetzen (dass.) und verwandten<br />

Ausdrücken ist pfn- gemeinbair. geworden,<br />

soweit eben diese Ausdrücke noch erhalten sind.<br />

Auch einige tsch- sind so gut wie gemeinbair.<br />

geworden. — 4. In Teilen <strong>des</strong> Mitteibair, mit<br />

Ausstrahlungen ins Steir. und ins Nordbair. gibt<br />

es öfters Gleitlaute auch in gheßtl (Kessel), neßtl<br />

(Nessel); meßtn (messen), fgßtn (fassen), ghevßtn<br />

(Kirsche); im nördlichen Flachgau, in Teilen <strong>des</strong><br />

Salzachgaus und im südwestlichsten Innviertel<br />

sogar in dgo n xdn (donnern), sbiuxtn (sperren) und<br />

in ähnlichen Fällen.<br />

i. 1. Aus dem mhd. Bestreben heraus, alle Silben<br />

soweit wie möglich gleich lang zu gestalten, wurde<br />

im Vergleich zum Ahd. bald kurzer Selbstlaut<br />

gelängt und im Zusammenhang damit oft auch<br />

der Starklaut Ionisiert, bald wieder langer Selbstlaut<br />

gekürzt. Fassen wir vorerst nur die Zwei-<br />

(und Mehr-)silber ins Auge. Heute gibt es bei<br />

ihnen in unserer Sprache nur zwei Arten von<br />

Silben: Langvokal-{-Lenis oder Kurzvokal -f-Fortis,<br />

also Hä-sen, blasen oder wet-ten, max-x^n. Im<br />

Ahd. gab es aber vier Typen. Wählen wir wieder<br />

das Zimbrischo der Sieben Gemeinden zum Ausgangspunkt,<br />

so bestanden nebeneinander: Kurzvokal<br />

-f-Lenis in ha-zen (Hasen), rc-gen (Regen). Der<br />

erste Typus paßt in dio nhd. Ordnung nicht hinein,<br />

weil er zu kurz ist; daher längte dio Zweisilberdehnung<br />

(s. § 27 h) den Kurzvokal außerhalb der<br />

Sieben Gemeinden im Bair. und ließ hä-sn, re-gn<br />

entstehen. Doch bestand über dio Zweisilberdehnung<br />

hinaus bei Drei- und Viersilbern z. B. in<br />

zimbr. gä-ivnla (Gabel) noch so lange Kürze, bis<br />

Apokopo und Synkope auch dio alten Dreisilber<br />

meistenteils zu Zweisilbern umgestaltet hatte. Dann<br />

konnten auch diese Dreisilber Dehnung erfahren:<br />

Gä-bl (s. § 27 i). Man erkennt aus der älteren<br />

Dreisilberkürzung deutlich dio erwähnte Tendenz,<br />

alle Wörter unabhängig von der Silbenzahl gleich<br />

lang zu machen: zimbr. hazen und gäwvla beanspruchen<br />

ungefähr dio gleiche Zeitdauer. Der<br />

zweite und der dritte zimbr.-ahd. Quantitätstypus<br />

der Zweisilber als solche gleichen der modernen<br />

Ordnung. Es sind silbenauslautender Langvokal,<br />

etwa in zimbr. plä-zen (blasen), P$-t3r (Peter),<br />

ferner Kurzvokal + Starklaut in cß-ßen (easen),<br />

max-xeHt wet-ten, wetß-ßen (ötzt. wcl-tßn); dem<br />

dritten Typus haben sich dio Nasalvorbindungcn<br />

angeschlossen, also kxin-dar (Kinder); im Südbair.<br />

auch w(n-t9r (Winter) und lem-ple (Lämrnlein),<br />

denen allerdings mittel- und nordbair. wint-tv,<br />

lamp-pö gegenübertroten. Diese zwei Typen blieben,<br />

soweit nicht Geminatenvereinfachung eintrat<br />

(s. § 34 g), überall unangetastet. Ihnen wurden<br />

dio gedehnten Zweisilber, wio Hä-an aus ha-zen,<br />

99


§ 34 i 1—i 7<br />

angeschlossen. — 2. Der vierte und letzte ahd.zimbr.<br />

Typus paßt ebensowenig in die nhd.<br />

Quantitätsordnung hinein wie der erste. Es waren<br />

die überlangen Silben mit Langvokal + Starklaut,<br />

wie zimbr. zläf-fen (schlafen), püx-xa (Buche),<br />

hgvß-ßen (heißen), kxläff-tar (Klafter), rüß-ßen<br />

(Feuer schüren, ahd. *ruosken). Mit ihnen gingen<br />

helf-jen (helfen), tverf-fen (werfen), zaltß-ßen (ötzt.<br />

zglt-tßn), melx-xen (melken), kxirx-xa (Kirche),<br />

kx§rß-ßa (Kirsche); bei ihnen erfüllten Kurzvokal<br />

-f- Liquida die gleiche Funktion wie Langvokal;<br />

<strong>des</strong>gleichen hgotß-ßen (ötzt. hgvt-tßn),<br />

zlgnpf-fen (ötzt. ßlgnp-pffm), kxräpf-fo (ötzt. kxrgppffm);<br />

übor die alte südbair. Vereinfachung von<br />

-tt- zu -t- nach Vokallänge war schon die Rede.<br />

Unsere Bühnensprache beseitigte diesen Typus<br />

meistens durch Lenisierung <strong>des</strong> geminierten Starklautes:<br />

schlä-fen, Bü-che, hei-ßen, hel-jen, werben,<br />

sal-zen, mel-ken, Kir-che, Kirsche, hei-zen; nur<br />

bei Krap-fen, Klaf-ter kürzte sie den Selbstlaut.<br />

Auch die meisten hochd. Dialekte beschritten bald<br />

den Weg der Lenisierung, bald den Weg der Selbstlautkürzung.<br />

Sonach bilden die Silbengestalten<br />

zläf'fen usw. innerhalb <strong>des</strong> Oberdeutschen einen<br />

erstaunlichen Archaismus. Ihr großes Verbreitungsgebiet<br />

liegt jetzt auf dem Boden <strong>des</strong> Südalemannischen,<br />

jenes Dialekts, welcher gleichfalls<br />

in großem Raum die überkurzen Silben ha-so,<br />

re-gv unverändert konserviert. Vom südlichen<br />

Vorarlberg her setzen sich diese überlangen Silben<br />

in ßlgf-fü usf. nach Westtirol fort. Darüber hinaus<br />

bestellen sie in allen Tiroler Hochtälern mit dem<br />

Ahrntal, dem Oberiselgebiet, mit Tilliach und dem<br />

Kärntner Lesachtal sowie in den südbair. Außenmundarten,<br />

ausgenommen Luserna, Lavarone, Folgaria,<br />

Fersental und Tischlwang, auf deren Verhältnisse<br />

wir noch zu sprechen kommen. Die<br />

oben genannten Wörter lauten daher z. B. um<br />

Gottschco noch: zlüffm, pii3xxv> khlüfftar, khrüpjiffd,<br />

halßm, barffm, zauttßn, hgaittßn, mauxxi},<br />

kharßßa oder im oberen Iselgebiet slöffin usw. —<br />

3. Die modernen Mundarten haben diesen überlangen<br />

Typus wie gesagt in zweifacher Weise an<br />

das neue Silbensystem angleichen können. Entweder<br />

man ließ den Langvokal weiterhin lang,<br />

dann mußte der Mitlaut lenisiert werden, oder<br />

man kürzte den Langvokal, dann durfte der Mitlaut<br />

als Fortis fortbestehen. Es ergab sich also<br />

entweder slgjm, püoxn, khlgftor, h^lfm, wqrfm.<br />

sgltsn, JiQDtsn, m^lxn, kh^rsn oder slgßm, pi&xxn,<br />

khlgfftzr, hclffm, tverffm, sQlttßn, JiQDttßn, m^lxxn,<br />

kherßßn. Bei<strong>des</strong> fügt sich ins neuo Quantitätssystem<br />

zwanglos ein. Der Osten <strong>des</strong> Bair. hat<br />

sich im allgemeinen für die alte Selbstlautlänge<br />

und für dio Lenisiening entschlossen, also für<br />

slgfm usw., und nur vor -tß- und -tt-, aber auch<br />

hier nur teilweise, blieb die Kürze mit. Fortis,<br />

also sglttßn, hgnttßn, hivltn; außerdem schlugen<br />

im Osten wie im Bühnendeutschen khlgfftn und<br />

khrpppfm den anderen Weg ein; so das Burgenland<br />

und dio Steiermark (ohne Ennsgebiet). Die<br />

allgemeine Lenisierung beherrscht auch den größten<br />

Teil <strong>des</strong> Nordbair. und die jüngeren südbair.<br />

Sprachinseln, das Schwäbische, das Ostfränkischo<br />

und teilw. den Lechrain. Der Westen, Tirol und<br />

Salzburg mit dem steir. Ennsgebiet bis zum Gesäuse<br />

sowie der Süden von Oberbayern haben<br />

ßich dagegen für dio Selbstlautkürzung und für<br />

die Beibehaltung der Fortes entschieden, also für<br />

slgffm, pu9xxn usw. Nieder- und Oberösterreich<br />

und der größte Teil von Nieder- und Oberbayern<br />

nehmen eine Zwischenstellung oin, ebenso in<br />

ältester Prägung der Salzach-, der Flachgau und<br />

das Salzkammergut. Vor -ff-, -ßß- und den Affrikaton<br />

wurde der Selbstlaut gekürzt, also ilgßn,<br />

100<br />

helffn, hgvßßn usw.; dann gingen diese Mundarten<br />

mit dem Westen. Vor -ch- aber blieb die Dehnung,<br />

es trat Lenisierung ein, also büvxv, mQxv, ghivxv;<br />

diesmal stimmen sie zum Osten. — 4. Im Lungau,<br />

wo nach § 1 1 1 für mhd. a und d unter Länge<br />

(mittleres) ö, unter Kürze aber p steht, ist nach<br />

unserer Darstellung Selbstlautkürzung eingetreten.<br />

Dessenungeachtet blieb der o-Laut der Länge aus<br />

der älteren Zeit fortbestehen, so daß man ausnahmsweise<br />

sloffm, loßßn (lassen), itroßßn (Straße),<br />

kxlofftn, kxroppfm (mit ahd. ä) gegen sgffm (schaffen),<br />

ggßßn (Gasse), gft (dann), tgppffv (tapfer)<br />

(mit ahd. a) gebraucht. Auch sonst stoßen wir<br />

vereinzelt auf diese Besonderheit. — 5. Jene Umordnung,<br />

welche den Mitlaut abschwächte, ist<br />

immerhin so alt, daß sie noch von der mittelbair.<br />

Konsonantenschwächung erfaßt werden konnte.<br />

Sie wurde daher für den Mitlautstand unserer<br />

Wortkörper überall dort, wo die Lenisierung selbst<br />

in Kraft ist, von ebenso schweren Folgen wie sonst<br />

überall unsere Konsonantenschwächung. Das Folgende<br />

ist daher in gewissem Sinne der erste Nachtrag<br />

zu dem Kapitel über die mittelbair. Konsonantenschwächung;<br />

den zweiten Nachtrag dazu<br />

finden wir im § 34 k bei der Einsilberdehnung. Vor<br />

allem liegen uns die Verhältnisse in denjenigen<br />

Mundarten am Herzen, in welchen die alten<br />

Reibelautgeminaten nach alter Vokallänge vereinfacht<br />

und abgeschwächt worden sind. Es tritt<br />

gelegentlich über die Lenisierung hinaus Stimmhaftigkeit<br />

und bei -ch- sogar Schwund ein. Das<br />

Wesen der Verstimmhaftung können wir am<br />

schönsten in den jüngeren zimbr. Inseln von<br />

Luserna, Lavarone und Folgaria und im Fersental<br />

studieren. Hier behielt nur -x- seine Stimmlosigkeit,<br />

etwa in Luserna püvxvn (Buchen, plur.),<br />

melxon, kx\rxvn (Kirchen, plur.); sonst steht nach<br />

alter Länge vorvokalisch immer stimmhafter<br />

Reibelaut: slävon, hgozon, helvon, w$rvDn, rüdzon,<br />

kxgrznn (Kirschen, plur.). Ihre -v- und -£- fallen<br />

mit den alten -v- und -z- z. B. in övon (Ofen),<br />

v^rzn[n (Ferse) zusammen; man vergleiche dagegen<br />

in den konservativen Dreizehn Gemeinden<br />

slüffnn, hgoßßon, hqlffrm, xc^rßvn, rüdßßün, kx§rßßvn,<br />

aber ÖUVDH, VQorze. Es versteht sich von<br />

selbst, daß nach mhd. Kurzvokal, etwa in eßßün,<br />

viaxxnn, urißßon (wissen), dr$ßßnn (dreschen),<br />

diese Lenisierungen nicht eingetreten sind. — 6. Im<br />

Ostfränk., Schwab., Nordbair., im größten Teil<br />

<strong>des</strong> Mittelbair., <strong>des</strong> Steir. und <strong>des</strong> Burgenländ.<br />

ist nach unseren Regeln aus *püoxxo> *tn^lxxcn><br />

*kxirxx, ganz geschwunden.<br />

Daher fällt dort, in den Randschollen von Niederösterreich,<br />

im größten Teil von Oberösterreich und<br />

im angrenzenden Niederbayern, teilweiso in der<br />

Oststeiermark und im Burgenland, auch -x- aus:<br />

bräuD (brauchen), büo-n, chln-v (Polsterüberzug,<br />

mhd. zieche), grln-rfll (eine Zwetschkensorte; mhd.<br />

krieche), bzw. vereinfacht bü-n, dsi-D, gri-i^l,<br />

ferner m^//o, mQlitin, mg-v (melken), ghimo<br />

(Kirche). Dieser -ch-Schwund entwickelte sich<br />

schon um 1300 in ganz Nieder- und Oberösterreich


§ 34 j 4—k 3<br />

Liquida wurden fast überall im Bair. vereinfacht sekundäre Einsilber, denen eine ähnliche Ge-<br />

und der vorausgehende Selbstlaut gelängt. Es staltung anhaftete wie dem älteren zimbr. iakx,<br />

heißt im Mitteibair, meistens sin,v (singen), gSwümv treten, nämlich (in Iglau) ziJcx (Säcke) aus zimbr.<br />

(geschwommen), rinv (rinnen), gle (alle), bfgvrv zdkxxe oder_neben iglauerisches viß (der Fisch)<br />

(Pfarrer). In den südbair. Sprachinseln blieben<br />

jedoch die ursprünglichen Verhältnisse; etwa um<br />

aus zimbr. viß neues igl. viß (die Fische) aus zimbr.<br />

Gottscheo zinrpn, gozunimnidn, rinnen, gllai, pfQrrar. vißße. Vor diesen sekundären Einsilbern, die im<br />

Auch in Tirol sind diese Geminaten meistenteils Akzent und in der Quantität unseren echten Ein-<br />

gut erhalten, nur -rr- ist außerhalb der Hochtäler silbern gleich geworden wären, mußten die echten<br />

und außerhalb <strong>des</strong> Puster- und Lesachtales auf Einsilber morphologisch ausweichen. Sonach sind<br />

weiten Strecken vereinfacht: pjgrvr, ngr (Narr). die neuen Formen zgkx und viß sing, ein lautliches<br />

Boi -m- ist die Verteilung von einfachem und geminiertem<br />

Mitlaut violfach völlig unabhängig gewor- Ausweichprodukt auf der Flucht vor zikx> viß<br />

den von mhd. Verhältnissen, doch liegen die plur. Nun verstehen wir erst, warum z. B.<br />

Dingo zu kompliziert, als daß wir hier näher das Iglauerische sing, khöpff (Kopf), süß (Schuß),<br />

darauf eingehen könnten. Merkwürdig sind schließ- tiß (Tisch) usw. als alte Ein- und plur. khepff<br />

lich falscho Doppel-nn- im südlichen Burgenland, (Köpfe), Siß (Schüsse) oder tißlvr (Tischler), tiß<br />

in der Mittelsteiermark, im obersteir. Obermur- (Tische), tißßl (Tischlein) als alte Mehrsilber in<br />

gebiet und in Unterkärnten z. B. in v Sennni oder der Stammsilbenquantität immer noch streng<br />

v Seinn\ (eine schöne), khinnj, (König) usw. insbes. scheidet. Sie sind aber in der gesamten Wortdauer<br />

bei den ältesten Leuten.<br />

doch wieder gleich lang gestaltet. Die beharr -<br />

samsten Mundarten <strong>des</strong> Südbair. haben diese Neu-<br />

k. 1. Dio bisherigen Ausführungen bezüglich ordnung nicht; sie haben sie nicht notwendig,<br />

der Silben- und Wortdauer galten in erster Linie weil bei ihnen noch keine Apokope herrscht und<br />

den Zwei- und Mehrsilbern. Doch haben auch die daher z. B. sing, (zimbr.) iakx und plur. iekxxz,<br />

alten Einsilber ihre Silbendauor verändert, Ein- sing, viß und plur. vißße ohnedies noch nicht versilber<br />

hier im Sinne <strong>des</strong> Frühmittelhochdeutschen wechselt werden können. Die überbreite Akzentu-<br />

und nicht etwa der modernen Mundarten gemeint. ation von zgkx, viß usw. ist vor allem dort not-<br />

Sie sind im Vokal gedehnt worden. Wir stehen wendig, wo gleichzeitig Apokope durchgeführt<br />

hiemit vor der Einsilberdehnung; auf sie hinzu- worden ist. Ihre Folge ist dann eben unsere Einweisen<br />

waren wir schon mehrfach gezwungen gewesilberdehnung. Diese selbst ist ungemein weit<br />

sen. Getragen wurde diese Einsilberdehnung wieder verbreitet. Sio herrscht nicht nur im ganzen mittel-<br />

von dem uns bekannten Bemühen, dio Wortkörper und nordbair. Binnenland mit dem Burgenland<br />

unabhängig von ihrer Silbenzahl gleich lang zu und der Oststeiermark (s. die dicke Linie der<br />

gestalten. Im 12. Jh. wurden aus diesem Bestreben Karte 22), sie gilt auch im Schwäbischen, im Ost-<br />

heraus durch dio Zweisilberdehnung, soweit es fränkischen und im Mitteldeutschen. Auf ober-<br />

notwendig war, in Zweisilbern die Stammsilbe gedeutschem Boden haben sich dagegen nur das<br />

längt, dio Dreisilber aber tunlichst gekürzt, ebenso Südalemannische und das Südbairische erfolgreich<br />

dio Mehrsilber mit überlanger Stammsilbe ver- wehren können, doch werden wir später erfahren,<br />

ändort. Dio alten Einsilber mußten folgerichtig daß sich dio Einsilberdehnung vorübergehend<br />

irgendwio überlang gestaltet werden. Lassen wir immerhin auch über dio südbair. Verkehrsland-<br />

dio Lautungen <strong>des</strong> ötztales sprechen, mit denen die schaften ausgebreitet hatte, wenn auch zeitlich<br />

Entsprechungen in den älteren südbair. Außen- viel später als im Mitteibair, selbst als Ursprungsmundarten<br />

und in den Tiroler Hochtälern samt gebiet. — 3. Dio alten Einsilber waren dabei<br />

dem Puster- und Lesachtal konform sind. Sio haben durch ihren neuen übertriebenen Zweital- oder<br />

den mhd. Stammvokal zwar überkurz erhalten, Falldruck doch wieder so lang geworden wie die<br />

haben aber im Zusammenhang damit scharfen alten Zwei- und Dreisilber. Im Sinne der Gleich-<br />

Steigdruck und einen übermäßig langen Auslautmachung aller Wörter ohne Rücksicht auf die<br />

konsonantcn, der notwendigenfalls durch Aus- Silbenzahl hatte sich also nichts geändert. Da nun<br />

lautverhärtung (s. § 27 cl) fortisiert erscheint. durch überdehnung und Zweitaldruck der alten<br />

Damit ist dio angestrebto Überlange z. B. in ötzt. Einsilber der angestrobte Zweck ohnedies erreicht<br />

tgkx (Tag), rgt (Rad), grgß (Gras), hoff (Hof) usw., war, wurde dio starke, überlango Aussprache der<br />

genau eigentlich tgkx, rgt usw. zu schreiben, tat- Auslautkonsonanten bald überflüssig. Sie konnten<br />

sächlich erreicht. Dio Verbreitung dieser Art von um 1300 der mittel- und nordbair. Konsonanten-<br />

Überlängung der Einsilber verzeichnet unsere schwächung anheimfallen. Abgesehen von den<br />

Karte 22 schwarz koloriert südlich der dicken Linie. Außenmundarten um Brunn, Iglau usw. heißt es<br />

Damit waren sich im 12. Jh. tatsächlich dio Zwei- daher jetzt im Mittel- und Nordbair. mit Lenisilber<br />

pläscn, häscn, wetten und sldfcn, die Dreisierung fii, ghöbf, süs, dis im sing, der echten<br />

silber gäwcle, vtrfcrc und die Einsilber nach dem Einsilber, es heißt aber natürlich mit Fortis im<br />

Muster iakx rhythmisch gleichwertig geworden. plur. usw. fiß, ghepff, siß oder dißlo, dißßl in sekun-<br />

Wann diese eigenartige Aussprache der Einsilber dären Einsilbern und in erhaltenen Mehrsilbern.<br />

erreicht worden ist, wissen wir nicht; daß sie um In abseitigeren Landstrichen <strong>des</strong> Nordbair. behaup-<br />

1100 schon bestanden hat, lassen die gleichartigen ten sogar dio einstmals zweisilbigen Formen <strong>des</strong><br />

Verhältnisse der Sieben Gemeinden vermuten. — dat. ihre lautgesetzliche Vokalkürze. Es lautet<br />

2. Im Laufe <strong>des</strong> 12. Jh. ist aber im Mittel- und dort der nom. <strong>des</strong> sing, zwar dis, ghünbf, hülds<br />

Nordbair. eino grundlegende Umwäb.ung im Ein- (Holz), sölds (Salz), gnfnd (Knecht), nQixl (Nacht),<br />

silberakzent eingetreten. Nach den Außenmund- flgos (Flachs), fold (Feld), mÖD<br />

arten um Brunn, Wischau, Buclweis und Iglau zu<br />

schließen, trat damals an Stelle <strong>des</strong> scharfen Steigdrucks<br />

eine zweital- oder falldruckigo Überdehnung<br />

<strong>des</strong> Vokals. Statt zimbr. täkx, ~«&A* (Sack), viß<br />

(Fisch), väß (Faß) steht z. B. um Iglau tgg, zQkx,<br />

viß, vgß. Dio Schuld an dieser Umbildung trug<br />

offenbar dio Apokope <strong>des</strong> ausgehenden 12. Jhs. Sie<br />

ließ neben dio primären Iglauer Einsilber zgkx usw.<br />

n (Mann), löo n g<br />

(lang, räumlich), die entsprechenden dat.-Formen<br />

usw. aber im Sinne alter Mehrsilber diß, ghopff,<br />

holtß, egltß, gn$xt, ngxt, fg'l, mgn, vn Ignno; überall<br />

im Nordbair. natürlich im plur. diß, ghepff,<br />

höltßo, gii$xU n iQlv, mgno und im plur. in<br />

entsprechender Lautung auch im ganzen Mittelbau*.<br />

Man ersieht daraus, daß Dehnung unter<br />

Umständen auch besondere Wego <strong>des</strong> Selbst-und<br />

102


§ 34 j 4—k 3<br />

Liquida wurden fast überall im Bair. vereinfacht<br />

und der vorausgehende Selbstlaut gelängt. Es<br />

heißt im Mitteibair, meistens sw,v (singen), gswümv<br />

(geschwommen), rinv (rinnen), gle (alle), bfgvrv<br />

(Pfarrer). In den südbair. Sprachinseln blieben<br />

jedoch die ursprünglichen Verhältnisse; etwa um<br />

Gottschee zirynpn, gdzwümmdn, rinnen, gllai, pforrar.<br />

Auch in Tirol sind diese Geminaten meistenteils<br />

gut erhalten, nur -rr- ist außerhalb der Hochtäler<br />

und außerhalb <strong>des</strong> Puster- und Lesachtales auf<br />

weiten Strecken vereinfacht: pfgrdr, ngr (Narr).<br />

Bei -m- ist die Verteilung von einfachem und geminiertem<br />

Mitlaut vielfach völlig unabhängig geworden<br />

von mhd. Verhältnissen, doch liegen die<br />

Dinge zu kompliziert, als daß wir hier näher<br />

darauf eingehen könnten. Merkwürdig sind schließlich<br />

falsche Doppel-nn- im südlichen Burgenland,<br />

in der Mittelsteiermark, im obersteir. Obermurgebiet<br />

und in Unterkärnten z. B. in o s§nnni oder<br />

v seinni (eine schöne), khinni (König) usw. insbes.<br />

bei den ältesten Leuten.<br />

k. 1. Die bisherigen Ausführungen bezüglich<br />

der Silben- und Wortdauer galten in erster Linie<br />

den Zwei- und Mehrsilbern. Doch haben auch die<br />

alten Einsilber ihre Silbendauer verändert, Einsilber<br />

hier im Sinne <strong>des</strong> Frühmittelhochdeutschen<br />

und nicht etwa der modernen Mundarten gemeint.<br />

Sie sind im Vokal gedehnt worden. Wir stehen<br />

hiemit vor der Einsilberdehnung; auf sie hinzuweisen<br />

waren wir schon mehrfach gezwungen gewesen.<br />

Getragen wurde diese Einsilberdehnung wieder<br />

von dem uns bekannten Bemühen, die Wortkörper<br />

unabhängig von ihrer Silbenzahl gleich lang zu<br />

gestalten. Im 12. Jh. wurden aus diesem Bestreben<br />

heraus durch die Zweisilberdehnung, soweit es<br />

notwendig war, in Zweisilbern die Stammsilbe gelängt,<br />

die Dreisilber aber tunlichst gekürzt, ebenso<br />

die Mehrsilber mit überlanger Stammsilbe verändert.<br />

Die alten Einsilber mußten folgerichtig<br />

irgendwie überlang gestaltet werden. Lassen wir<br />

die Lautungen <strong>des</strong> ötztales sprechen, mit denen die<br />

Entsprechungen in den älteren südbair. Außenmundarten<br />

und in den Tiroler Hochtälern samt<br />

dem Puster- und Lesachtal konform sind. Sie haben<br />

den mhd. Stammvokal zwar überkurz erhalten,<br />

haben aber im Zusammenhang damit scharfen<br />

Steigdruck und einen übermäßig langen Auslautkonsonanten,<br />

der notwendigenfalls durch Auslautverhärtung<br />

(s. § 27 d) fortisiert erscheint.<br />

Damit ist die angestrebte Überlänge z. B. in ötzt.<br />

tgkx (Tag), rgt (Rad), grgß (Gras), hoff (Hof) usw.,<br />

genau eigentlich tgkx, rgt usw. zu schreiben, tatsächlich<br />

erreicht. Die Verbreitung dieser Art von<br />

Überlängung der Einsilber verzeichnet unsere<br />

Karte 22 schwarz koloriert südlich der dicken Linie.<br />

Damit waren sich im 12. Jh. tatsächlich die Zweisilber<br />

pläsen, häsen, wetten und släfen, die Dreisilber<br />

gäwele, vedere und die Einsilber nach dem<br />

Muster takx rhythmisch gleichwertig geworden.<br />

Wann diese eigenartige Aussprache der Einsilber<br />

erreicht worden ist, wissen wir nicht; daß sie um<br />

1100 schon bestanden hat, lassen die gleichartigen<br />

Verhältnisse der Sieben Gemeinden vermuten. —<br />

2. Im Laufe <strong>des</strong> 12. Jh. ist aber im Mittel- und<br />

Nordbair. eine grundlegende Umwälzung im Einsilberakzent<br />

eingetreten. Nach den Außenmundarten<br />

um Brunn, Wischau, Budweis und Iglau zu<br />

schließen, trat damals an Stelle <strong>des</strong> scharfen Steigdrucks<br />

eine zweital- oder falldnickige Überdehnung<br />

<strong>des</strong> Vokals. Statt zimbr. täkx, zäkx (Sack), viß<br />

(Fisch), väß (Faß) steht z. B. um Iglau tgg, zgkx,<br />

viß, vgß. Die Schuld an dieser Umbildung trug<br />

offenbar die Apokope <strong>des</strong> ausgehenden 12. Jhs. Sie<br />

ließ neben die primären Iglauer Einsilber zgkx usw.<br />

102<br />

sekundäre Einsilber, denen eine ähnliche Gestaltung<br />

anhaftete wie dem älteren zimbr. zäkx,<br />

treten, nämlich (in Iglau) zekx (Säcke) aus zimbr.<br />

zikxxß oder neben iglauerisches viß (der Fisch)<br />

aus zimbr. viß neues igl. viß (die Fische) aus zimbr.<br />

vißße. Vor diesen sekundären Einsilbern, die im<br />

Akzent und in der Quantität unseren echten Einsilbern<br />

gleich geworden wären, mußten die echten<br />

Einsilber morphologisch ausweichen. Sonach sind<br />

die neuen Formen zgkx und viß sing, ein lautliches<br />

Ausweichprodükt auf der Flucht vor zikx, viß<br />

plur. Nun verstehen wir erst, warum z. B.<br />

das Iglauerische sing, khöpff (Kopf), süß (Schuß),<br />

tlß (Tisch) usw. als alte Ein- und plur. khepff<br />

(Köpfe), Siß (Schüsse) oder tißlvr (Tischler), tiß<br />

(Tische), tißßl (Tischlein) als alte Mehrsilber in<br />

der Stammsilbenquantität immer noch streng<br />

scheidet. Sie sind aber in der gesamten Wortdauer<br />

doch wieder gleich lang gestaltet. Die beharr -<br />

samsten Mundarten <strong>des</strong> Südbair. haben diese Neuordnung<br />

nicht; sie haben sie nicht notwendig,<br />

weil bei ihnen noch keine Apokope herrscht und<br />

daher z. B. sing, (zimbr.) zakx und plur. zekxxv,<br />

sing, viß und plur. vißße ohnedies noch nicht verwechselt<br />

werden können. Die überbreite Akzentuation<br />

von zgkx, viß usw. ist vor allem dort notwendig,<br />

wo gleichzeitig Apokope durchgeführt<br />

worden ist. Ihre Folge ist dann eben unsere Einsilberdehnung.<br />

Diese selbst ist ungemein weit<br />

verbreitet. Sie herrscht nicht nur im ganzen mittelund<br />

nordbair. Binnenland mit dem Burgenland<br />

und der Oststeiermark (s. die dicke Linie der<br />

Karte 22), sie gilt auch im Schwäbischen, im Ostfränkischen<br />

und im Mitteldeutschen. Auf oberdeutschem<br />

Boden haben sich dagegen nur das<br />

Südalemannische und das Südbairische erfolgreich<br />

wehren können, doch werden wir später erfahren,<br />

daß sich die Einsilberdehnung vorübergehend<br />

immerhin auch über die südbair. Verkehrslandschaften<br />

ausgebreitet hatte, wenn auch zeitlich<br />

viel später als im Mitteibair, selbst als Ursprungsgebiet.<br />

— 3. Die alten Einsilber waren dabei<br />

durch ihren neuen übertriebenen Zweital- oder<br />

Falldruck doch wieder so lang geworden wie die<br />

alten Zwei- und Dreisilber. Im Sinne der Gleichmachung<br />

aller Wörter ohne Rücksicht auf die<br />

Silbenzahl hatte sich also nichts geändert. Da nun<br />

durch Überdehnung und Zweitaldruck der alten<br />

Einsilber der angestrebte Zweck ohnedies erreicht<br />

war, wurde die starke, überlange Aussprache der<br />

Auslautkonsonanten bald überflüssig. Sie konnten<br />

um 1300 der mittel- und nordbair. Konsonantenschwächung<br />

anheimfallen. Abgesehen von den<br />

Außenmundarten um Brunn, Iglau usw. heißt es<br />

daher jetzt im Mittel- und Nordbair. mit Lenisierung<br />

jls, ghöbf, süs, dis im sing, der echten<br />

Einsilber, es heißt aber natürlich mit Fortis im<br />

plur. usw. fiß, ghepff, siß oder dißlv, dißßl in sekundären<br />

Einsilbern und in erhaltenen Mehrsilbern.<br />

In abseitigeren Landstrichen <strong>des</strong> Nordbair. behaupten<br />

sogar die einstmals zweisilbigen Formen <strong>des</strong><br />

dat. ihre lautgesetzliche Vokalkürze. Es lautet<br />

dort der nom. <strong>des</strong> sing, zwar dis, ghüvbf, hülds<br />

(Holz), sölds (Salz), g^vd (Knecht), ngod (Nacht),<br />

flgvs (Flachs), fold (Feld), möv n (Mann), löv n g<br />

(lang, räumlich), die entsprechenden dat.-Formen<br />

usw. aber im Sinne alter Mehrsilber diß, ghopff,<br />

holtß, sgltß, gn$xt, ngxt, fgl, mgn, vn lgt}n,D; überall<br />

im Nordbair. natürlich im plur. diß, ghepff,<br />

höltßv, gryext, naxt, fglv, mgnv und im plur. in<br />

entsprechender Lautung auch im ganzen Mittelbair.<br />

Man ersieht daraus, daß Dehnung unter<br />

Umständen auch besondere Wege <strong>des</strong> Selbst-und


Mitlautstan<strong>des</strong> nach sich zog, die es bei den kurz<br />

gebliebenen Stammsilben der Mehrsilber nicht gab.<br />

Die lautliche Unterscheidung zwischen nom. und<br />

dat. sing, setzt sich übrigens im Bauerndialekt<br />

weit ins Ostfränk. hinein fort; auch im Bayrischen<br />

Wald und im Böhmerwald treffen wir bei den<br />

Alten noch kurzvokalische dat.-Formen. Isolierte<br />

Reste reichen sogar tief nach Oberösterreich hinein.<br />

Im Hausruckviertel nennt man das Brennholz<br />

hoids (aus hölds), einen kleinen Waldbestand aber<br />

nach dem alten dat. hoitß und mit lautwidriger<br />

Analogie das Haus schlechthin haus (aus nom.<br />

*häus), den Hausflur aber hauß (aus dat. hauß) 4 ).<br />

Sonst ist freilich überall in den apokopierenden<br />

Mundarten der dat. sing, an den nom. angeglichen<br />

worden. — 4. Über die Auslautkonsonanten<br />

der alten Einsilber ist also um 1300 alles das<br />

hereingebrochen, was wir als mittelbair. Konsonantenschwächung<br />

schon kennen. Z. B. schwindet<br />

-ch in bau (Bauch), bg (Bach) usw. wie -ch- im<br />

Inlaut nach Langvokal und wie im Auslaut -h; bei<br />

einigen Schwachdruckwörtern <strong>des</strong> Satzes, wie<br />

auch, ich, mich, dich, sich, ist der Schwund sogar<br />

so gut wie gemeinbair. und das -x nur mehr im<br />

inneren ötz-, Sill- und Zillertal, in Teilen von<br />

Gottschee und in den Sieben Gemeinden erhalten.<br />

Wenn uns im allgemeinen Schwundgebiet gelegentlich<br />

trotzdem -c/t-Formen wie dgx (Dach) in<br />

Niederösterreich, in Südmähren und in Teilen <strong>des</strong><br />

Burgenlan<strong>des</strong> unterkommen, so liegt Verallgemeinerung<br />

der dat.-Form, mhd. deme dache, zugrunde.<br />

— 5. Im Nordbair. ist die Einsilberdehnung<br />

in Übereinstimmung mit dem Ostfränk. am<br />

besten bewahrt. Je weiter man nach Osten wandert,<br />

<strong>des</strong>to mehr Ausnahmen stellen sich ein. Am<br />

häufigsten scheinen Abweichungen in der Oststeiermark<br />

und im Burgenland vorzukommen. —<br />

6. In jedem der drei bair. Unterdialekte haben die<br />

Formen der 1. pers. sing. präs. ind. wie frühmhd.<br />

ich Stiche, ich triffe, ich hilfe der starken und wie<br />

ich mache, ich wische der schwachen Zeitwörter<br />

jeweils einen anderen Weg eingeschlagen. Die Entsprechungen<br />

richteten sich fast überall irgendwie<br />

nach dem imp. stich! triff! hilf! mache! wische!<br />

Im Südbair. werden dabei die starken und die<br />

schwachen Zeitwörter in der Weise vereinheitlicht,<br />

daß sich die Formen der schwachen Verba nach<br />

denen der starken richten. Ausgenommen allerdings<br />

das Zimbrische, das zwischen ind. und imp.<br />

noch in ahd. Weise unterscheidet und im imp.<br />

sogar die starken und schwachen Zeitwörter verschieden<br />

behandelt. Es heißt ix stixx&> ix hiW e ><br />

aber stix! Hlf !, es heißt jedoch ix maxxz, ix wißße<br />

und maxxe! wißße! Ausgenommen auch die<br />

Mundart von Zahre, die durchaus das -eder schwachen<br />

Verba durchführt: i s'tixxe* * hilffe, i trifte<br />

und s'tixxe! hilffe! triffe! nach i mgxx e > * wißße<br />

und mgxxß! wißße! Sonst herrscht im Südbair.<br />

in allen Mundarten Endungslosigkeit nach dem<br />

imp. der starken Zeitwörter, und zwar auch in<br />

denjenigen Mundarten, welche nicht apokopieren<br />

und sonst auslauten<strong>des</strong> Schwachdruck-e erhalten<br />

haben; z. B. in Gottschee i stix « ach $ li ! und<br />

x<br />

danach i mgx und mgx! Die Folge davon ist,<br />

daß in denjenigen Gegenden, wo die Einsilberdehnung<br />

auf das Südbair. übergreift, 1. pers. sing,<br />

und imp. die gleiche Einsilberdehnung aufweisen,<br />

z. B. im Burgenland i Sti, ßtl! und danach i mQ<br />

und mg! Anders macht es das Mittelbair. Auch<br />

hier hat für die 1. pers. der imp. entschieden; aber<br />

hier haben nach ihm die starken Verba Einsilber<br />

dehnung, die schwachen nicht: i Sdix, Mix! gegen<br />

4 ) Über die nachträgliche Beseitigung der<br />

Vokallängen in Oberösterreich s. § 27 h 1.<br />

§ 34 k 3—k 7<br />

g, vngx! Und weil bei den starken Verben<br />

sitzen und bitten der mhd. imp. ausnahmsweise<br />

zweisilbig war und sitze! bitte! lautete, hat auch<br />

das Mittelbair. ausnahmsweise keine Einsilberdehnung<br />

und sagt % süß, i bit und süß ! bit! Das<br />

Nordbair. hat in Übereinstimmung mit dem Ostfränk.<br />

und Schwab, wieder ausgeglichen, jedoch<br />

nicht mehr wie im Südbair. nach den einsilbigen<br />

starken, sondern diesmal nach den zweisilbigen<br />

schwachen Formen. In der (nördlichen) Oberpfalz<br />

und im Egerland treffen wir auf die ungedehnten<br />

Formen i idix und sdix! und * mgx und mgx!<br />

Daraus dürfen wir für die frühmhd. Zeit vor der<br />

Apokope rekonstruieren: Fürs Südbair. ich stich,<br />

stich /und danach ich mach, mach !; fürs Mittelbair.<br />

ich stich, stich ! gegen ich mache, mache !; fürs Nordbair.<br />

ich Stiche, stiche! nach ich mache, mache!<br />

Dies ist ein Musterbeispiel dafür, wie exakt man<br />

manchesmal bei genauem Hinsehen alte Sprachzustände<br />

aufhellen kann. — 7. Betrachten wir<br />

zum Abschluß die Einsilberdehnung dialekt- und<br />

sprachgeschichtlich, so darf man fürs Bair. die<br />

Isar-Donaustraße als ihre älteste Heimat vermuten,<br />

weil dort auch die Apokope am frühesten bezeugt<br />

ist. Weiters darf man, wie wir schon angedeutet<br />

haben, auch für die südbair. Verkehrsgebiete ein<br />

späteres und vorübergehen<strong>des</strong> Einsickern der Einsilberdehnung<br />

annehmen. Wohl sprechen die<br />

südbair. Außenmundarten, die keine Spur von ihr<br />

besitzen, für ihr völliges Fehlen im Mittelhochdeutsch<br />

der Alpenländer. In<strong>des</strong>sen zeigt uns<br />

Karte 22 erstens, daß die Einsilberdehnung noch<br />

jetzt am Nordrand <strong>des</strong> Südbair. strichweise<br />

existiert. Die dicke Linie der Karte als Südgrenze<br />

der allgemeinen Dehnung läßt zwar das Innsbrucker<br />

Becken auf der südbair. Seite, nimmt<br />

aber südlich davon das Stubai- und das Obersilltal<br />

und noch südlich <strong>des</strong> Brennerpasses das Oboreisacktal<br />

auf die modernere Seite, ebenso das<br />

Zillertal und nochmals südlich der Zentralalpenkette<br />

das obere Iselgebiet. Es sind dies sonst<br />

höchst konservative Rückzugslandschaften, die<br />

sogar die Apokope abgelehnt haben. Vereinzelte<br />

Restformen mit Dehnung, wie gwis (gewiß), süs<br />

(Schuß), beobachten wir in Westtirol bis in den<br />

Vintschgau und ins Innbrucker Becken, <strong>des</strong>gleichen<br />

in der Mittelsteiermark mit dem Mürzgebiet und<br />

mit einem kleinen Vorstoß über die Packstraßo<br />

ins kärntn. Oberlavanttal (s. Karte). Auf mittel-<br />

steir. Boden begegnen uns Restformen wie dgx<br />

(Dach), ngxt (Nacht) mit Q für mhd. a, das sonst<br />

nur unter Dehnung möglich ist. Und zwar liegen<br />

die Verhältnisse so, daß die Reste der Dehnung<br />

vor unseren Augen je weiter im Süden <strong>des</strong>to<br />

rascher zusammenschmelzen. Sind auch die<br />

Dehnungsformen auf südbair. Boden nicht so alt<br />

wie im Mittel- lind Nordbair., so verbürgen doch<br />

die veralteten Aussprachen tlß, zQkx usw. im Obereisacktal<br />

und im Oberiselgebiet einen nicht ganz<br />

neuen und nachhaltigen Einbruch in die Alpenlünder.<br />

Diese Täler sind auf der Karte wegen ihrer<br />

Auslautverhärtung schwarz koloriert, sio befinden<br />

sjch jedoch schon nördlich der Dehnungsgronzo.<br />

Überdies stoßen wir in Nordtirol vielfach auf die<br />

Lautungen mun (Mann) und i kxun (ich kann),<br />

zwar jetzt mit Kürze, aber mit dem w-Laut, den das<br />

genäselto a in Tirol sonst nur dann erreicht, wenn<br />

mhd. a gedehnt war (s. § 1 n 5); ferner auf feol<br />

(Fell) aus älterem *Fel statt erwartetem *Fell<br />

(fei) wieder mit Dehnung. Außerdem entdecken<br />

wir um Innsbruck, ferner im Zentrum von<br />

Südtirol, weiters in den verkehrsreicheren Landschaften<br />

Kärntens und im mittelsteir. Mur- und<br />

Mürzgebiet die Aussprachen fle(i)kx (Fleck) und<br />

103


Mitlautstan<strong>des</strong> nach sich zog, die es bei den kurz<br />

gebliebenen Stammsilben der Mehrsilber nicht gab.<br />

Die lautliche Unterscheidung zwischen nom. und<br />

dat. sing, setzt sich übrigens im Bauerndialekt<br />

weit ins Ostfränk. hinein fort; auch im Bayrischen<br />

Wald und im Böhmerwald treffen wir bei den<br />

Alten noch kurzvokalische dat.-Formen. Isolierte<br />

Reste reichen sogar tief nach Oberösterreich hinein.<br />

Im Hausruckviertel nennt man das Brennholz<br />

hoids (aus hölds), einen kleinen Waldbestand aber<br />

nach dem alten dat. hoitß und mit lautwidriger<br />

Analogie das Haus schlechthin haus (aus nom.<br />

*häus), den Hausflur aber hauß (aus dat. hauß) 4 ).<br />

Sonst ist freilich überall in den apokopierenden<br />

Mundarten der dat. sing, an den nom. angeglichen<br />

worden. — 4. Über dio Auslautkonsonanten<br />

der alten Einsilber ist also um 1300 alles das<br />

hereingebrochen, was wir als mittelbair. Konsonantenschwächung<br />

schon kennen. Z. B. schwindet<br />

•ch in bau (Bauch), ÖQ (Bach) usw. wie -ch- im<br />

Inlaut nach Langvokal und wie im Auslaut -h; bei<br />

einigen Schwachdruckwörtern <strong>des</strong> Satzes, wie<br />

auch, ich, mich, dich, sich, ist der Schwund sogar<br />

so gut wie gerneinbair. und das -x nur mehr im<br />

inneren ötz-, Sill- und Zillertal, in Teilen von<br />

Gottscheo und in den Sieben Gemeinden erhalten.<br />

Wenn uns im allgemeinen Schwundgebiet gelegentlich<br />

trotzdem -c/t-Formen wie dgx (Dach) in<br />

Niederösterreich, in Südmähren und in Teilen <strong>des</strong><br />

Burgenlan<strong>des</strong> unterkommen, so liegt Verallgemeinerung<br />

der dat.-Form, mhd. deme dache, zugrunde.<br />

— 5. Im Nordbair. ist dio Einsilberdehnung<br />

in Übereinstimmung mit dem Ostfrünk. am<br />

besten bewahrt. Je weiter man nach Osten wandert,<br />

<strong>des</strong>to mehr Ausnahmen stellen sich ein. Am<br />

häufigsten scheinen Abweichungen in der Oststeiermark<br />

und im Burgenland vorzukommen. —<br />

6. In jedem der drei bair. Unterdialekte haben die<br />

Formen der 1. pers. sing. präs. ind. wie frühmhd.<br />

ich sliche, ich triffe, ich hilfe der starken und wie<br />

ich mache, ich ivische der schwachen Zeitwörter<br />

jeweils einen anderen Weg eingeschlagen. Die Entsprechungen<br />

richteten sich fast überall irgendwie<br />

nach dem imp. stich! triff! hilf! mache! wische!<br />

Im Südbair. werden dabei die starken und die<br />

schwachen Zeitwörter in der Weise vereinheitlicht,<br />

daß sich die Formen der schwachen Verba nach<br />

denen der starken richten. Ausgenommen allerdings<br />

das Zimbrische, das zwischen ind. und imp.<br />

noch in ahd. Weise unterscheidet und im imp.<br />

sogar die starken und schwachen Zeitwörter verschieden<br />

behandelt. Es heißt ix slixxe, ix h\lffc,<br />

aber stix ! h[lf I, es heißt jedoch ix inaxx?-, ix wißßc<br />

und maxxü! wißßc! Ausgenommen auch die<br />

Mundart von Zahre, die durchaus das -eder schwachen<br />

Verba durchführt: i siixx c i ' hilffc, i triße<br />

und s'tixxc! hilffcJ triffe! nach i mQxxc, i wißßc<br />

und mQxxG l wißßc l Sonst herrscht im Südbair.<br />

in allen Mundarten Endungslosigkeit nach dem<br />

imp. der starken Zeitwörter, und zwar auch in<br />

denjenigen Mundarten, welche nicht npokopieren<br />

und sonst auslauten<strong>des</strong> Schwachdruck-e erhalten<br />

haben; z. B. in Gottscheo i stix nach stix! und<br />

danach i mgx und mgxl Die Folge davon ist,<br />

daß in denjenigen Gegenden, wo die Einsilberdehnung<br />

auf das Südbair. übergreift, 1. pers. sing.<br />

und imp. die gleiche Einsilberdehnung aufweisen,<br />

z. B. im Burgenland * iti, ßti! und danach i mQ<br />

und mQ! Anders macht es das Mittelbair. Auch<br />

hier hat für dio 1. pers. der imp. entschieden; aber<br />

hier haben nach ihm die starken Verba Einsilber<br />

dehnung, dio schwachen nicht: i Sdix, Sriix! gegen<br />

*) Über dio nachträgliche Beseitigung der<br />

Vokallängen in Oberösterreich s. § 27 h 1.<br />

§ 34 k 3—k 7<br />

Q Q Und weil bei den starken Verben<br />

sitzen und bitten der mhd. imp. ausnahmsweise<br />

zweisilbig war und sitze! bitte! lautete, hat auch<br />

das Mittelbair. ausnahmsweise keine Einsilberdehnung<br />

und sagt i süß, i bit und süß l bit! Das<br />

Nordbair. hat in Übereinstimmung mit dem Ostfränk.<br />

und Schwab, wieder ausgeglichen, jedoch<br />

nicht mehr wie im Südbair. nach den einsilbigen<br />

starken, sondern diesmal nach den zweisilbigen<br />

schwachen Formen. In der (nördlichen) Oberpfalz<br />

und im Egerland treffen wir auf dio ungedehnten<br />

Formen i Mix und Sdixl und i mgx und mgx-'<br />

Daraus dürfen wir für die frühmhd. Zeit vor der<br />

Apokopo rekonstruieren: Fürs Südbair. ich stich,<br />

stich / und danach ich mach, mach !; fürs Mittelbair.<br />

ich stich, stich ! gegen ich mache, mache !; fürs Nordbair.<br />

ich stiche, stiche! nach ich mache, mache!<br />

Dies ist ein Musterbeispiel dafür, wie exakt man<br />

manchesmal bei genauem Hinsehen alte Sprachzustände<br />

aufhellen kann. — 7. Betrachten wir<br />

zum Abschluß dio Einsilberdehnung dialekt- und<br />

sprachgeschichtlich, so darf man fürs Bair. dio<br />

Isar-Donaustraßo als ihre älteste Heimat vermuten,<br />

weil dort auch die Apokopo am früheston bezeugt<br />

ist. Weiters darf man, wie wir schon angedeutet<br />

haben, auch für die südbair. Verkehrsgebiete ein<br />

späteres und vorübergehen<strong>des</strong> Einsickern der Einsilberdehnung<br />

annehmen. Wohl sprechen dio<br />

südbair. Außenmundarten, die keine Spur von ihr<br />

besitzen, für ihr völliges Fehlen im Mittelhochdeutsch<br />

der Alpenländer. In<strong>des</strong>sen zeigt uns<br />

Karto 22 erstens, daß die Einsilberdehnung noch<br />

jetzt am Nordrand <strong>des</strong> Südbair. strichweise<br />

existiert. Die dicke Linie der Karte als Südgrenzo<br />

der allgemeinen Dehnung läßt zwar dns Innsbrucker<br />

Becken auf der südbair. Seite, nimmt<br />

aber südlich davon das Stubai- und das Obersilltal<br />

und noch südlich <strong>des</strong> Brennerpasses das Obereisacktal<br />

auf die modernero Seite, ebenso das<br />

Zillertal und nochmals südlich der Zentralalpenketto<br />

das obere Iselgebiet. Es sind dies Honst<br />

höchst konservative Rückzugslandschaften, die<br />

sogar die Apokopo abgelehnt haben. Vereinzelte<br />

Restformen mit Dehnung, wie gwls (gewiß), .sü-i<br />

(Schuß), beobachten wir in Westtirol bis in den<br />

Vintschgau und ins Innbrucker Becken, <strong>des</strong>gleichen<br />

in der Mittelsteiermark mit dem Mürzgebiet und<br />

mit einem kleinen Vorstoß über die l'ackstraßo<br />

ins kärntn. Obcrlavanttal (s. Karte). Auf mittel-<br />

steir. Boden begegnen uns Restformen wie x<br />

(Dach), nQxt (Nacht) mit (> für mhd. a, das sonst<br />

nur unter Dehnung möglich ist. Und /.war liogen<br />

die Verhältni&se so, daß die Reste der Dehnung<br />

vor unseren Augen je weiter im Süden <strong>des</strong>to<br />

rascher zusammenschmolzen. Sind auch die<br />

Dehnungsformen auf südbair. Boden nicht so alt<br />

wie im Mittel- und Nordbair., HO verbürgen doch<br />

die veralteten Aussprachen tlß, zQkx usw. im Obereisacktal<br />

und im Oberiselgebict einen nicht ganz<br />

neuen und nachhaltigen Einbruch in die Alpenländer.<br />

Diese Täler sind auf der Karte wogen ihrer<br />

Auslautverhärtung schwarz koloriert, sie befinden<br />

sich jedoch schon nördlich der Dehnungsgrenze.<br />

Überdies stoßen wir in Nordtirol vielfach auf die<br />

Lautungen mnn (Mann) und i kxun (ich kann),<br />

zwar jetzt mit Kürze, aber mit dem w-Laut, den das<br />

genäsclte a in Tirol sonst nur dann erreicht, wenn<br />

mhd. a gedehnt war (s. § 1 n 5); ferner ouf j^nl<br />

(Fell) aus älterem *Fcl statt erwartetem *Fcll<br />

(]$l) wieder mit Dehnung. Außerdem entdecken<br />

wir um Innsbruck, ferner im Zentrum von<br />

Südtirol, weitere in den verkehrsreicheren Landschaften<br />

Kämtcns und im mittolsteir. Mur- und<br />

Mürzgebiet dio Aussprachen flc(i)kx (Fleck) und<br />

103


§ 34k 7—§ 35b 3<br />

spe(i)kx mit altem, geschlossenem e für mhd. e,<br />

in Sprachlandschaften, wo solches geschlossenes e<br />

nur auf Grund alter Dehnung aus e entstehen kann<br />

(s. § 3 f 1; jene Umstände, welche dieses Gesetz<br />

stören könnten, liegen bei mhd. vleck und speck<br />

nicht vor). Man hat also min<strong>des</strong>tens in den Verkehrszentren<br />

der drei südbair. Länder Tirol,<br />

Kärnten und Steiermark die Einsilberdehnung<br />

einmal ebensogut gekannt wio in ihrem.Ursprungsgebiet,<br />

der Isar-Donaustraße. — 8. Übrigens ist<br />

dio Einsilberdehnung die einzige Lauterscheinung,<br />

die sich aus dem südbair. Raum merklich nach<br />

Nordon zu ins Mitteibair, zurückzieht. Alle anderen<br />

mittelbair. Eigentümlichkeiten dringen vom Mittelbair.<br />

aus nach Süden vor. Die Bewegungsumkehrung<br />

mag zusammenhängen mit dem Fehlen<br />

jeder Stützo für die Einsilberdehnung in der<br />

Schrift- und Verkehrssprache. Die Dehnungsformon<br />

werden unmodern. In Wien unterscheiden die<br />

jüngeren Leute nicht mehr zwischen sing. di£<br />

und plur. diß usw. und gleichen trotz den morphologischen<br />

Schwierigkeiten nach der Schriftsprache<br />

zugunsten der Kürzen aus. Diß ist für sie sing,<br />

und plur., und beido Formen klingen bereits gleich;<br />

dasselbe gilt natürlich bei vielen anderen Hauptwörtern,<br />

z. B. bei dsipff (Zipf), flek (Fleck) usw.,<br />

bei denen die Altwiener den sing, als dslbj, Sdlx,<br />

/leg noch reinlich vom plur. als dsipff, Mix, flek<br />

auseinanderhalten.<br />

§ 3.5. Spätahd. t (s. Karte 21)<br />

Übersicht: a. Allgemeines. — b. Dio „falschen"<br />

Salzburger -tt-. — c. Lautwidriges -nd- aus ahd.<br />

-nt-, — d. Quantitätsstörungen vor -rt. — e. Lautwidriges<br />

Auslaut-rf für ahd. -t.<br />

a. Vieles über dio Entwicklung <strong>des</strong> t und über<br />

seinen modemon Lautstand wurde bereits in<br />

früheren Paragraphen behandelt, so daß hier oft<br />

nur auf dio betreffenden Stellen vorwiesen wird,<br />

über die Quantitätsverwirrung vor -t- s. § 27 i 3,<br />

über dio Behandlung <strong>des</strong> anlautenden t- § 34 c 3<br />

und Karte 21, über die aus ahd. d- durch das<br />

Schrödersche Assimilationsgesetz entstandenen<br />

mhd. t- § 27 c 4, über dio mittel- und nordbair.<br />

Abachwächung <strong>des</strong> einfachen ahd. -t- im Inlaut zu<br />

-d- % 34 c 4 und Karte 21, über den Wandel dieses<br />

sekundären -d- zu -r- § 28 b 3, über die Sonderbehandlung<br />

der Lautgruppen -ten, -tcl § 34 c 6/7,<br />

über das Fortbestehen der ahd. Geminata -tt- als<br />

Fort'is-t(t)- trotz der mittelbair. Konsonantenschwächung<br />

§ 34 c 1 und über den Wandel dieses<br />

•tt- trotz seiner Sonderstellung zu -d- an der<br />

Grenzo gegen das Südbair. § 34 c 13, über den<br />

Gegensatz zwischen mundartl. -«-und -d- zwischen<br />

dem Mittel- und Nordbair. bei den alten -/a-Verben,<br />

wie bei mhd. hüct(t)cn, § 34 e 2, über das restweiso<br />

Stehenbleiben <strong>des</strong> -t- nach vorausgehendem -nstatt<br />

erwartetem -d- in einigen mittelbair. Landstrichen<br />

§ 34 c 13. Damit ist über t im Anlaut<br />

alles und über t im Inlaut das meiste gesagt.<br />

b. 1. Beim inlautenden -t- finden wir im Salzburgischen<br />

ein eigenartiges Verhalten. Hier wird<br />

ahd. -t- so lange lautgesetzlich behandelt, als es<br />

etymologisch fest an den Inlaut gebunden bleibt,<br />

z.B. in den Wörtern Kater, Wetter, Beutel, betteln,<br />

Schatten. Sio lauten im Salzburgischen wie anderswo<br />

südlich der Lonisiorungsgrenzo (Karte 21)<br />

kxQutn, w^itn, päitt, p$tln. Min, nördlich dieser<br />

Grenzo gxQudn, wqidn, bäidl, bqdln, südn. Liegen<br />

jedoch Wortformen vor uns, in denen t bald im<br />

Aus-, bald im Inlaut steht, so ist fliese Lnutentwicklung<br />

gestört. Im Auslaut herrschen bei den<br />

alten Einsilbern gleichfalls noch dio lautgerechten<br />

Entsprechungen prQnt (breit), Qit (alt), haut (Haut),<br />

104<br />

bzw. brQvd, Qid, häud. Im Inlaut tritt bei diesen<br />

Wörtern jedoch erstaunlicherweise statt erwartetem<br />

-t- (-d-) oft jenes -tt- auf, das sonst nur für<br />

ahd. -tt- in Igotto (Leiter), hivttn (hüten) usw.<br />

möglich ist, z. B. in dv brqnt (der breite), rm qittv<br />

(ein alter), hau (Häute), haittl (Häutchen), vgl.<br />

auch Einltg. 53. Räumlich deckt sich die Verbreitung<br />

dieser „falschen" -tt- mit jenem vergrößerten<br />

Lan<strong>des</strong>umfang <strong>des</strong> historischen Lan<strong>des</strong> Salzburg,<br />

wie er ugf. um 1300 bestanden hatte, denn diese<br />

auffallenden -tt- gelten nicht allein überall innerhalb<br />

der jetzigen Lan<strong>des</strong>grenzen, sondern auch<br />

darüber hinaus im Osten im steir. Ennstal bis<br />

gegen das Gesäuse, im Süden im kärntn. Katschtal,<br />

im Westen im tirol. Unterinngebiet bis Schwaz<br />

und Kufstein und im oberbayr. Salzachgau, außerdem<br />

im Norden im ganzen Salzkammergut. Dieses<br />

hat zwar politisch nie zu Salzburg gehört, es war<br />

aber seit altersher durch seine Salinenarbeiter<br />

soziologisch mit dem Salzburger Flachgau verbunden.<br />

Wir werden nicht weit daneben greifen,<br />

wenn wir nach diesen Gegebenheiten das Aufkommen<br />

der „falschen Großsalzburger -W-" ins<br />

ausgehende 13. Jh. verlegen. Sie bilden das wichtigste<br />

Salzburger Dialektmerkmal, das es gibt. —<br />

2. Ihre Entstehung verdanken die „falschen"<br />

Salzburger -tt- offensichtlich der formenbildenden<br />

Lautanalogie. Infolgo der Einsilberdehnung standen<br />

sich bei vielen Mitlauten in den alten Einsilbern<br />

einfacho Fortis oder Lenis, in den alten<br />

Mehrsilbern abor Fortisgeminata gegenüber, etwa<br />

(mit einfacher Fortis) im Lungau nQß (naß),<br />

jQß (Faß), sQkx (Sack), pQx (Bach), tlß (Tisch),<br />

(bzw. mit Lenis) im Flachgau nQs, fQs, sQgz, bQx,<br />

dlS; aber im Lungau und im Flachgau v ngßßo<br />

(ein nasser), faßßl (Fäßchen), sekx (Säcke), ba^A-e<br />

(Bächlein), diß (Tische), diß*ßl (Tischlein) mit<br />

Geminata. Den lebendigen Wechsel zwischen einfacher<br />

Fortis (oder Lenis) in Ein- und Fortisgeminata<br />

in Mehrsilbern empfand man als morphologisches<br />

Bildungsprinzip und formte danach zu<br />

haut analoges haittl an Stelle <strong>des</strong> lautgesetzlichen<br />

*häitl usw. So kommt es, daß z. B. analoges haittl<br />

und lautgesetzliches bäitl (Beutel) nicht mehr zusammenstimmen,<br />

obgleich sio beide im bair. Mhd.<br />

als htltcl und btitel ein einwandfreies Reimpaar<br />

gebildot hatten. Vereinzelt treffen wir solche analoge<br />

Mehrsilborfortes auch bei anderen Lauten,<br />

u. zw. diesmal teilwoiso weit übers Salzburgische<br />

hinaus, z. B. im plur. faißt (Fäuste) zu fäusd<br />

(Faust), maiß (Mäuse) zu maus (Maus). — 3. Es<br />

versteht sich von selbst, wenn diese Lautanalogie<br />

nicht in allen Großsalzburger Landschaften gleichmäßig<br />

wirkte. Faßte man z. B. i hräid (ich reite)<br />

als Grundform auf, so ergab sich analoges hraittn<br />

(reiten), hielt man jedoch das lautgesetzliche<br />

hräidn (reiten) für die Grundform, so änderte sich<br />

an dem richtigen Lautstand nichts; wurde der<br />

sing, s läid (die Person) maßgebend, so ergab<br />

sich als plur. lait (Leute), schätzte man den plur.<br />

läid (Leute) höher ein, so trat keine Störung ein<br />

usw. Daher kommt es, daß innerhalb <strong>des</strong> Salzburgischen<br />

bei einigen Wörtern, z. B. bei hräidn<br />

und hraittn, mancherorts von Gemeinde zu Gemeinde<br />

Verschiedenheiten bestehen, <strong>des</strong>gleichen bei<br />

hQidn und hgittn (halten) l ). Solange der Dialektforscher<br />

das Wirken von Lautanalogie nicht<br />

*) Dio mhd. Rechtschreibung läßt uns seit 1300<br />

bei der Unterscheidung zwischen -tt- und -t- im<br />

Stich. Seithor lieben dio Kanzleischreiber eino nouo<br />

Buchstabenhypertrophie und schreiben wahllos<br />

für je<strong>des</strong> -t- neben einfachem -t- auch -U-, -dt-,<br />

-dtt-, -td- und dergleichen.


erkennt, meint er hier für ahd. t eine wilde Gesetzlosigkeit<br />

vor sich zu haben. Es wurde dieses<br />

Salzburger Lan<strong>des</strong>merkmal und sein inneres Gefüge<br />

erst vor wenigen Jahren von mir entdeckt. Im<br />

mundartkundlichen Fachschrifttum ist bislang<br />

nichts darüber zu finden.<br />

c. 1. Nach -n- erfuhr das -t-, insoweit nicht wie<br />

in ahd. winttar (Winter), hinttar (hinter), unttar<br />

(unter) ahd. Geminata vorlag, für gewöhnlich<br />

dieselbe mittelbair. Konsonantenschwächung "wie<br />

sonst das ahd. -t-. Wohl verdunkelte bei -nt- die<br />

mhd. Orthographie meistens die bodenständigen<br />

Lautverhältnisse, da sie nach mitteld. Schreibgebrauch<br />

wahllos -nd- schrieb, gleichgültig, ob in<br />

Wirklichkeit -nd- oder ob -nt- gesprochen wurde.<br />

Als Ersatz für diese Unklarheit bieten uns das<br />

Südbair., die Sprachinselmundarten und gelegentlich<br />

die älteren Lehnwörter in den Fremdsprachen<br />

mit ihrer absoluten Formensicherheit eine Entschädigung.<br />

Nach ihnen wurde nun für lautgesetzliches<br />

ahd. -nt- unter vier verschiedenen Bedingungen<br />

mhd.-bair. -nd- eingesetzt: Erstens bei<br />

Verkehrslehnwörtern aus dem Mitteldeutschen,<br />

wie nach dem Südbair. (z. B. in den Sieben Gemeinden)<br />

wanddrn (wandern), wandeln (wandeln), wipidor<br />

(Wunder), hy,nd9rt (hundert), (in Zarz) liQndl<br />

(Handel), pl%ndr (Plunder), (in Kärnten) tändln<br />

neben tantin (tändeln), (in Tirol) sinde neben sinte<br />

(Sünde); man vgl. dazu ahd. wantarön, wantalon,<br />

unrntar, *huntart, *hantal, *pluntar, mhd. lüntcln,<br />

ahd. sunte noch mit -nt-. Ihr älteres einheimisches<br />

-nt- treffen wir gelegentlich auch in alten Lehnwörtern<br />

wie slowen.-mundartl. (h)dntel (Handel)<br />

und grödn.-ladin, antleries (Händlereien, Kleinkram)<br />

als Petrefakt bewahrt. Zweitens durch<br />

Lautanalogie, etwa in Zarz dat. Ignde neben Igntc<br />

zum nom. Ignt (Land) infolge „falscher" Auflösung<br />

der Auslautverhärtung nach richtigen Vorlagen,<br />

wie dat. kx[nde zu kx[nt (Kind). Drittens durch<br />

einheimische Lenisierung in Schwachdruckwörtern<br />

<strong>des</strong> Satzes und in Schwachdrucksilben <strong>des</strong> Wortes<br />

in und (und) und in (kärntn. alt) Kharndr<br />

(Kärntner), (pustertal.) Tcorna (Mann aus dem<br />

Dorf Terenten) und (südtirol.) Sürndr (Sarntaler)<br />

über mhd. -ndn- für älteres -nin-; daneben bleibt<br />

jedoch merkwürdigerweise das alte -nt- erhalten<br />

in Kharntn (Kärnten), Tevritn (Terenten), Sürntgl<br />

(mhd. Särntin) aus ahd. Charantdnn, Torrcnlün<br />

und Sarenlin. Viertens schließlich durch Ferndissimilation<br />

in südbair. gestanden, Stunde und<br />

ähnlichen Fällen aus ahd. gastantan, stnnt(a). Alle<br />

diese Wörter werden im Bair. behandelt, als läge<br />

ahd. -nd- und nicht das etymologische -nt- vor;<br />

vgl. § 28 c 2. — 2. Stand ahd. -t- in Starkdrucksilben<br />

zwischen zwei -n-, so unterblieb die mittelbair.<br />

Lenisierung zu -d- z. B. in binln (binden),<br />

teentn (wenden). Aus diesen Formen konnte das<br />

•t- axif andere übertragen werden, z. B. auf mittelbair.<br />

i bint (ich binde) statt erwartetem i *bind. —<br />

3. In jüngeren Lehnwörtern der nhd. Zeit herrscht<br />

im Mittelbair. manchesmal Schwanken zwischen<br />

-nt-, -lt- und -ml-, -kl-. Die Wörter grantig (mißgelaunt),<br />

selten lauten im Mittelbair. bald grand[,<br />

sQ(d)n mit Lenisierung, bald grantti, sgttn mit -U-.<br />

Diese späten Lehnwörter sind in den bair. Außenmundarten<br />

noch nicht heimisch. Zum restweisen<br />

Fortleben aller -nt- in einigen mittelbair. Landschaften<br />

s. § 34 c 13. — 4. Unsicherheit besteht<br />

ferner in nlten Drei- sowie in manchen<br />

Zweisilbern, die flexivisch zu Dreisilbern werden<br />

können, z. B. in mittelbair. hantl[ neben hand[<br />

(bitter, herb) aus ahd. hantug, flektiert hanluger<br />

usw. — 5. Auch sonst gibt es bei ahd. -tit- Inkonsequenzen<br />

in den konsonantenschwüchenden Dialekten;<br />

auf sie können wir hier, weil sie zu weit<br />

§ 35 b 3—§ 36 a 3<br />

in Einzelheiten führen würden, nicht mehr<br />

eingehen.<br />

d. Die mittelbair. Verkehrsmundart entzieht<br />

die Lautfolge -rt- der Konsonantenschwächung<br />

und kürzt den vorausgehenden Vokal (über die<br />

echt mittel- und südbair. Dehnung der Bauernmundarten<br />

vor -rt- s. § 27 h 4). Es heißt in Wien<br />

ggvttn (Garten), wivttin (Wirtin) und selbst in<br />

Einsilbern bgvt (Bart), wint (Wirt), <strong>des</strong>gleichen<br />

in München gärttn, wivfr)tlin, bärt (altmünch.<br />

noch bgrd); die echte Bauernmundart bevorzugt<br />

ggvdn, xvivdin, bgvd, wlvd. In jüngeren Lehnwörtern<br />

aus der Verkehrssprache, wio wgottn,<br />

tvärttn (warten), das älteres bäidn und bgvttn<br />

(mhd. biten, betten) verdrängt, hat sich dieses -ttauch<br />

über die Bauernmundart ausgebreitet.<br />

e. Merkwürdig ist dio lautwidrige Veränderung<br />

<strong>des</strong> auslautenden -t zu -d in Nordtirol, in Salzburg<br />

mit dem Kärntner Katschtal und dem obersten<br />

steir. Ennstal; in Landschaften, welche sonst das<br />

alte Fortis-i durchaus bewahren. Hauptsächlich<br />

wurden davon jene Wörter betroffen, welche im<br />

Satz oft im Schwachdruck stehen, etwa hgld<br />

(halt, eben, nur), hai'hl (heute), hgd (hat), nid<br />

(nicht), jedoch im Sill- und Zillertal auch waid<br />

(weit) u. e. a. Inwieweit bei dieser regelwidrigen<br />

Abweichung falscher Auflösung der Auslautverhärtung<br />

nach Mustern wio rgt (llad) dat. rQdc und<br />

inwieweit ausgesprochene Schwachdruckformen<br />

horeinspielen, ist schwer abzugrenzen.<br />

§ 36. Spütahd. p<br />

Übersicht: a. p- im Anlaut. — b. Ahd. -mp-,<br />

a. 1. Die reguläre Entwicklung <strong>des</strong> anlautenden<br />

spätahd. p- (aus gennan. b-; s. § 27 a 4) zu südbair.<br />

und außenmundartl. p- und zu mittel- und nordbair.<br />

stimmlosem b- sowie neuerdings wieder zu<br />

burgenländ. p- wurdo § 34 c 2 behandelt. Mit<br />

diesem p- ist in der bair. Mundart das schriftspr.<br />

p- in Peter, Pipc (Faßhahn) durchaus eins geworden.<br />

Zur Sonderentwicklung der Lautfolge sps.<br />

§ 34 c 3. — 2. Jedoch gibt es beim anlautenden<br />

b- bestimmte Ausnahmen. Bereits § 25 a 4 war<br />

über die Wiedergabe <strong>des</strong> fremden b- in Lehnwörtern,<br />

die akustisch vom fremden Ohr zum<br />

deutschen Mund übernommen worden sind, als<br />

bair. w- die Rede, z. B. in kärntn. wübm (altes<br />

Weib) aus slowen. babn und in tirol. ivatln (ein Kartenspiel)<br />

aus it. batterc. Bis um dio Mitte <strong>des</strong> vorigen<br />

Jhs. war es in Österreich überdies allgemein üblich,<br />

in der lateinischen sowie in der franz.-ital.-spanischen<br />

Lesesprache den Buchstaben b- vor Vokal<br />

ebenfalls als w- auszusprechen. Noch zu meiner<br />

Jugendzeit losen die ältesten Geistlichen v\mufi<br />

(bonus), wencdikxhui (benedictus) usw. Daraus<br />

ergaben sich Gelehrtenlehnwörter und -formen wio<br />

xvcncdikxiin9r (Benediktiner) oder wio dio weit<br />

verbreitete Aussprache <strong>des</strong> Satzes ,,du bist gebencdoit"<br />

im Ave Maria als bair. du pist gexvenQdmt<br />

mit w-. Ob altmundartl. wäl (Ballunterhnltung),<br />

wanda (Musik-, Räuberbande) u. e. a. Iososprnchlich-visucll<br />

oder mundartlich-akustisch entlohnt<br />

worden sind, ist unter diesen Umständen schwer<br />

zu sagen. Heute sind die xv- unter dem Zwang der<br />

neuen Lesesprache durch p- in päl, pandn so gut<br />

wio verdrängt. — 3. In einigen Kirchen- und<br />

Rechtswörtern wurde wider Erwarten in den bair.<br />

Urkunden zum Unterschied vom vorherrschenden<br />

p- im 13. u. 14. Jh. nicht schon b- geschrieben:<br />

bi.schof, bab(c)st (Papst); brief (Urkunde), bernar<br />

(Silbermünze, dio nach der Prügungsweiso von<br />

Verona gemacht wurde); ferner biz (bis), das um<br />

1300 dio heimischen Wörter hinz(c) und unz(c)<br />

zu verdrängen begann. Seit 1280 fing man für<br />

diese 6- gelegentlich an u> zu schreiben: tinschof,<br />

105


§ 36 a 3—§ 37 b 1<br />

wobst, wrief, wernar, wisz; doch setzte sich im<br />

Laufe <strong>des</strong> 14. Jhs. langsam auch bei diesen Wörtern<br />

die reguläre p-Schreibung (pischof usw.)<br />

allgemein durch. Bei diesen Ausdrücken handelte es<br />

sich offenbar um die Wiedergabe von alem. oder<br />

mitteld. und jedenfalls von „unbairischem" b-.<br />

Ein ähnliches Schicksal erfuhr die Vorsilbe bez.<br />

B. in begraben. Bei ihr dürfte allerdings ein<br />

einheimischer Lautwandel maßgeblich geworden<br />

sein: ihr be- steht vor der Hauptdrucksilbe. Die<br />

Schreibung we- hält sich von 1280 an im bair.<br />

Schrifttum bis ins IG. Jh., also viel länger als<br />

sonst. Im Zimbrischen haben sich in allen diesen<br />

Wörtern die w-Lautungen bis jetzt erhalten, also<br />

wißßoff, wäwost, wrlf (Dokument), Wejorn (Verona),<br />

wograicen (das Wort bis fehlt). Daher enthalten<br />

die alten bair. Schreibungen mit b-, w- richtige<br />

Lautworte und waren keine willkürlichen Kanzleimoden.<br />

In Tiroler Ortsnamen wurde manchesmal<br />

auch sonst w- in Silben vor dem Hauptdruck zu<br />

p- verändert, z. B. in PdtQl aus Weittal (Vintschgau)<br />

und in pustertal. Psün (Bassano; älter tirol.<br />

Wassan, später Passan geschrieben).<br />

b. 1. Inlautend gibt es den -p- Laut in Erbwörtern<br />

nur als Geminata -pp-, z. B. in Hippe, Rappe;<br />

weiters in Lehnwörtern verschiedenen Alters, wie<br />

Kappe, Pip(p)e,Dachpappe, Pappendeckel;schließlich<br />

in lautmalenden Wörtern und deren Ableitungen,<br />

etwa Papp, pappen. Dieses -pp- blieb im<br />

Gesamtbair, unverändert, daher wiener, rippni,<br />

rqp, ghgppm, bippm, dQxbQppm, bgppmdekkl, bgp,<br />

bQppm. — 2. In der ahd.-bair. Lautfolge -mpbesteht<br />

eine lautliche Zweiteilung. Entweder es<br />

bleibt das ahd. -mp- unverändert, z. B. in (tirol.)<br />

kxrump (krumm), lampl (Lämmlein), simpl (Schimmelpilz),<br />

kxqmp (Kamm <strong>des</strong> Hahnes), oder es<br />

erscheint als -mm-', so in den „höfischen Wörtern"<br />

aus dem hochmittelalterlichen Rittertum (tirol.)<br />

turn (dumm), iimml (weißes Pferd), kxunwiBr<br />

(Kummer), im Handwerkerausdruck tsimm^r (Holzgezimmer)<br />

und in tsimm9rn (zimmern), wofür im<br />

ötztal noch der ältere heimische Ausdruck pil(h)n<br />

üblich ist; schließlich im heimischen Wort <strong>des</strong><br />

Satzschwachdruckes um (um). Abgesehen von um<br />

dürften die Formen mit -mm- allesamt aus anderen<br />

deutschen Dialekten entlehnt worden sein, denn<br />

die normale Aussprache -mp- ist ein Spezifikum <strong>des</strong><br />

Bairischen. Von den Wörtern mit bair. -mm- für<br />

ahd. -mp- kennt die älteste bair. Mundart, das<br />

Zimbrischo der Sieben Gemeinden, nur ein einziges,<br />

tßlmmorn; die Sprachinsel Zarz außerdem<br />

kxiimmr (Krankheit), während s[mbl (weißes Pferd)<br />

und tumhait (Dummheit) eher aus slowen.-mundartl.<br />

simelj, tumhajt entlehntsind. Daß die Ausdrücke<br />

mit -mm- nicht bodenständig sind, zeigen überdies<br />

-wp-Spuren bei dumm (mhd. tump) in den Ortsnamen<br />

Tumpen (aus bei den Tumpen) am Mondsee<br />

und im ötztal und in der alten Lehnform slowen.<br />

tbp (stumpf), das über nltslaw. *to m p zu ahd.-bair.<br />

tump führt, bei zimmern slowen. eimprati und<br />

grödn. -ladin. tsumpre] (zimmern) zu frühmhd.bair.<br />

*zimpcren. Sio werden den ahd.-bair. Entsprechungen<br />

krump, lamp, *skimpal und insbes.<br />

tump, zimparön besser gerecht als die<br />

Ersatzformen mit -mm-. In den bair. Urkunden<br />

und Handschriften wurdo in turnm usw. seit 1100<br />

für älteres -mp- zögernd -mb- eingesetzt und orst<br />

gegen 1300 gelegentlich -mm- geschrieben 1 falls seit 1300 machten sich bei den bair. Dichtern<br />

erstmals Reime wie tumm/ich kum und darum/ich<br />

kum bemerkbar. Trotz dieses späten Wandels von<br />

•mb- zu -mm- besitzen auch die Außenmundarten<br />

das neue -mm-. Sicherlich führten die Sprachinseln<br />

in Zimmer, um usw. den Wandel von -w6zu<br />

-mm- auf eigene Faust und unabhängig vom<br />

Binnenland durch. — 3. In<strong>des</strong>sen haben einige<br />

bair. Mundarten einen allgemeinen Wandel von<br />

•mp- zu -mm- trotz seines unbair. Wesens durchgeführt,<br />

wenn auch dabei wortweise Verschiedenheiten<br />

auftreten. Am Lechrain haben sich vom<br />

benachbarten Schwäbischen her die Lautungen<br />

lemld, (lemle), siml (Schimmelpilz), gxam (gfiQm,<br />

Kamm) und vereinzelt gJirum (statt bair. lampl,<br />

simpl usf.) festgesetzt. Mitten im bair. Raum, im<br />

Bayrischen Wald und im oberen Böhmerwald,<br />

treffen wir die Aussprachen laml, siml, rumin<br />

(rumpeln, donnern) nochmals. Auch im Pinz- und<br />

Pongau und im steir. Oberennstal stoßen wir auf<br />

die Lautungen lame, Sime, gxrum, in der Restform<br />

siml, Sim(b)l (Schimmelpilz) sogar im Lungau und<br />

im westl. steir. Obermurgebiet. In allen drei Landschaften<br />

fand diese „unbair." Veränderung in der<br />

Ortsnamengebung zufällig ihren Niederschlag: die<br />

Amper, ein altbair. Fluß, heißt im Oberlauf „unbair."<br />

Ommdr, Ammvr und erst weiter unten<br />

Ompv; der Fluß Cham im Bayrischen Wald mundartl.<br />

QhQm, ist aus ahd. Kamp entstanden; mundartl.<br />

Kxrimml im Pinzgau (Krimml) ist aus ahd.<br />

Chrumpila entwickelt. — 4. Auslauten<strong>des</strong> -p(p)<br />

existiert in bair. Erbwörtern nicht.<br />

§ 37. Spätahd.-frühmhd. gg (s. Karte 21)<br />

Übersicht: a. gg- im Anlaut. — b. -gg- im<br />

Inlaut. — c. -gg im Auslaut.<br />

a. Im Anlaut gibt es das selbständige Phonem<br />

gg- erst ugf. seit 1100 (s. § 27 c 5). Es entwickelte<br />

sich aus g- durch das Schrödersche Assimilationsgesetz,<br />

indem daraus durch Angleichung an inlauten<strong>des</strong><br />

p, t, gg die Fortis-


Ogunggel (Kunkel, Spinnstube); viertens treffen<br />

wir es für die german. Geminata gg in Erbwörtern<br />

nach Langvokal in Haggen (Haken), Hueggen und<br />

Zueggen (Gabelzinke); auch in waggeln (wackeln);<br />

fünftens schließlich ebenfalls für germ. gg nach Kurzvokal<br />

in Brügge (Brücke), Mugge (Mücke), lugg(e)<br />

(locker),Egg (e) (Ecke),wenggecht(verboTgen, schräg),<br />

talggen (sich mit dickem Brei zu schaffen machen)<br />

aus ahd. prugga, mugga, luggi, eggi, *wenggoht,<br />

*talggön. — 2. Der mittel- und nordbair. Konsonantenschwächung<br />

und deren Lenisierung zu -gfielen<br />

nur die Gruppen eins bis vier zum<br />

Opfer, etwa in niederösterr. dsügv, bügl, in nordburgenland.<br />

füvgry (Rechenzwiesel); in niederösterr.<br />

ädlgntßn, gigtAßn, gggotßn, gügv, in nordoststeir.<br />

gräingl (dürrer Ast), in niederösterr. hggn,<br />

dsüvgn., hüvgrif, wggln; hingegen blieb die fünfte<br />

Gruppe überall mit Fortis erhalten, etwa in niederösterr.<br />

brukkn,, mukkn, ek, we,nkkr)d 2 ), dgikkn. Die<br />

mittel- und nordbair. Neigung, das sekundäre -gaus<br />

-gg- mit altem -g- aus germ. -g- zu vereinheitlichen<br />

und es insbes. vor -l- und -n- dem alten -glund<br />

-gn- gleich zu machen, wurde bereits § 34 c 6<br />

behandelt, ebendort auch die vereinzelte Neigung,<br />

am Südrand <strong>des</strong> Mitteibair, die Fortis -gg- in<br />

Hueggen, Zueggen und gelegentlich in Buggel,<br />

Zugger trotz der allgemein herrschenden Lenisierung<br />

beizubehalten. Die allgemeine Grenze der<br />

Lenisierung zu -g- fällt auf bair. Boden zusammen<br />

mit der Grenze für -d- aus -t- (Karte 21). — 3. Die<br />

südbair. Stadt- und Verkehrsmundart beseitigt<br />

das Phonem gg und ersetzt es durch kch oder g-.<br />

c. Vom Ahd.-Frühmhd. aus gesehen, stand -ggnie<br />

im absoluten Auslaut. Sekundär tritt es allerdings<br />

durch Apokope, z. B. in Egg, lugg (soweit<br />

dieses nicht schon von schriftd. locker verdrängt ist),<br />

ans Wortende. In diesen Fällen neigt der apokopierende<br />

Teil <strong>des</strong> Südbair. z. T. zur Affrikata<br />

und spricht ekx, lukx- Doch fällt im Wortinneren,<br />

etwa in ekkdr (der an der Ecke wohnt), a lukkdr<br />

(ein lockerer), dio Affrikation sofort wieder weg.<br />

§ 38. Spätahd. kch (s. Karte 21)<br />

Üborsicht: a. Die Wirkungen <strong>des</strong> Wandels<br />

der Affrikata kx zur Aspirata kh, <strong>des</strong> Behauchungsverlustes<br />

und der Lenisierung. — b. Dio verschiedene<br />

Herkunft <strong>des</strong> anlautenden kch-. — c. -kchwird<br />

willkürlich zu -gg-; es wechselt nach Liquida<br />

mit eh.<br />

a. 1. Das ahd. kch bestand vorerst nach Ausweis<br />

<strong>des</strong> Zimbrischen der Sieben Gemeinden und <strong>des</strong><br />

Ötztalerischen, der beiden beharrsamsten bair.<br />

Mundarten, in allen Stellungen aus zwei ausgesprochenen<br />

Fortes (kx)- Dieses kx verändert sich<br />

dann in mehrfacher Weise. Dio Veränderungen<br />

erfolgten, geographisch gesehen, in mehreren im<br />

Raum eingefrorenen Modernisierungswellen, die<br />

sich, grob betrachtet, vom beharrsamen Südwesten<br />

nach dem Norden schrittweise zu Stufenlandschaften<br />

ausgestalteten. Drei Erscheinungen <strong>des</strong><br />

Gesamtkomplexes der mittel- und nordbair.<br />

Konsonantenschwächung wurden dabei maßgebend<br />

: die Mitlautlenisierung selbst, ferner die bisher<br />

unerwähnt gebliebene Neigung, die Affrikata kx<br />

zur Aspirata kh zu verwandeln, und schließlich<br />

der mittel-nordbair. Behauchungsverlust. Dieso<br />

drei Vorgänge kombinierten sich in den einzelnen<br />

Landschaften in so mannigfacher Weise, daß wir<br />

innerhalb <strong>des</strong> Bair. auf nicht weniger als acht<br />

hintcroinandergestaffelto übergangsräume, ausgehend<br />

von Westtirol bis zur Modernisierungsachso<br />

der Donaustraße, vorfinden; sofern wir übers<br />

a ) Daneben jedoch w$D n gnd mit Lenisierung<br />

wegen der sekundären Dehnung <strong>des</strong> Selbstlautes.<br />

§ 37 b 1—§ 38 a 5<br />

Bair. ins ostfränk.-mitteld. Gebiet der radikalen<br />

binnendeutschen Konsonantenschwächung hinausblicken,<br />

kommt noch eine neunte Stufenlandschaft<br />

dazu. Betrachten wir die Räume, ausgehend vom<br />

konservativsten Lautstand bis zu den modernsten<br />

Verhältnissen, hintereinander. — 2. Im ötztal<br />

bleibt die ahd. Reibelautfortis bewahrt, z. B. in<br />

kxüa (Kuh), kxQlt (kalt), kxugla (Kugel); kxrüokx<br />

(Krug); kxnext (Knecht), kxl$v (Klee); ßtitikx*}<br />

(stinken); merkkxry (merken), velkkx^r (Völker);<br />

ßtekkxVi (Stecken), lükkxa (Lücke); vlekx (Fleck),<br />

pökx (Bock). Die Landschaften dieses ältesten<br />

Stadiums umfassen Westtirol, das Innsbrucker<br />

Becken, das Stubai- und Silltal, das Passeier und<br />

das Obereisacktal und als ältesten Außenposten<br />

die Sieben Gemeinden *). — 3. Der erste Schritt<br />

zur Lenisierung ist die § 34 b 2 erwähnte Abschwächung<br />

im Anlaut zu kx-. Sie beherrscht viele<br />

weitere südbair. Mundarten und findet sich nahezu<br />

in allen weiteren südbair. Sprachinseln, im<br />

größten Teil <strong>des</strong> restlichen Tirol, im Lesachtal, im<br />

nördlichen Obermölltal, im größeren Teil <strong>des</strong><br />

Liesergebietes, im Lungau und (ganz alt) in einigen<br />

angrenzenden Gemeinden <strong>des</strong> obersteir. Murgebietes;<br />

ferner teilweise auch auf dem Boden der<br />

mittelbair. Konsonantenschwächung (gx) im Salzburgischen<br />

(ohne Flachgau) mit dem oberen steir.<br />

Ennstal, im Berchtesgadner Land, im südlichsten<br />

Chiemgau, im Werdenfelser Land um Mittenwald<br />

und Garmisch und im Westen <strong>des</strong> Lechrains.<br />

Damit steht dio zweite und dritte Stufenlandschaft<br />

auf dem Weg zur vollen Modernisierung der ursprünglichen<br />

Verhältnisse geschlossen vor uns. —<br />

4. Hiezu eine Bemerkung. In Teilen dieser Landschaften<br />

wird der Verschlußlaut <strong>des</strong> kx oft derart<br />

schwach artikuliert, daß man meint, nur mehr xgehört<br />

zu haben, und daß manchesmal tatsächlich<br />

nur x- vorliegt; das gilt vor allem vor Vokal. Solche<br />

Artikulationen sind öfters am Lechrain sowie im<br />

Pinz- und Pongau zu beobachten, gelegentlich<br />

auch im obersten steir. Ennstal; z. B. in (g)xüv,<br />

(g)xält oder (g)xgid. Diese Bereitschaft zum Verklingen<br />

<strong>des</strong> Verschlußlautes bemerkt man auch<br />

nach -7}- in Min(g)xn, de7}(g)xn (denken), en((j)x<br />

(enk = euch); so gleichfalls am Lechrain, im Pinzund<br />

Pongau und im steir. Ennstal, darüber hinaus<br />

im tirol. Unterinngebiet und im Berchtesgadner<br />

Land und weiter weg im Vintschgau. Zwischen<br />

Fürstenfeld-Brück, dem Ammersee, Weilheim und<br />

dem Stambergersee wurde dieso Abschwäehunp; so<br />

weit getrieben, daß t} ganz schwindet und x zu x<br />

oder gar zu h wurde. Es ergeben sich die Lautungen<br />

sdi n xn, de n xn, e n x oder sdi n hn, de n hn. Sie erinnern<br />

lebhaft an dio höchstalemannischen Aussprachen<br />

sti n xcn, dci"xcn <strong>des</strong> Schweizer Wallis, ohne<br />

daß in<strong>des</strong>sen nur der geringste eiedlungsgeschichtlicho<br />

Zusammenhang zwischen beiden Landschaften<br />

bestünde. Eine ähnliche Abschwächung beobachten<br />

wir in einigen Dörfern <strong>des</strong> südlichen<br />

Lechrains nach Liquiden, z. B. in mcrgxn (merken),<br />

wolgxn (Wolke) oder mcrxn, xvolxn. — 5. Der dritte<br />

Schritt führt uns in die vierte Stufenlandschaft.<br />

Dio Affrikata wurde allgemein zur Aspirata kh<br />

verändert. Es heißt z. B. in Kärntcn khü9, khglt,<br />

khügl, khrüag, khn$xt, -ht, khl£n, Stirikhti, m[rkhn,<br />

fölkhr, stckkhn, lukkhn; nur mehr im Auslaut<br />

bleibt in flekx, pokx das -kx erhalten. Mancherorts<br />

wird allerdings der nachstürzende Hauchlaut noch<br />

stark artikuliert, so daß man fast glaubt, eino<br />

*) Woboi man abzusehen hat von der sonderbaren<br />

Silbentrennung -kx-x- (B. § 34 f), von der<br />

Neigung <strong>des</strong> kx teils zu x» teils zu kh (s. § 34 f,<br />

Fußn.) in den Sieben Gemeinden in ihrer sekundären<br />

Art.<br />

107


§ 38 a 5—a9<br />

schwache Affrikata zu vernehmen; insbesondere<br />

gilt dies für den Inlaut. Aspiriertes kh herrscht im<br />

Bereich der alten Fortes im Etschland, im Talboden<br />

<strong>des</strong> Pustertales, von wo aus es sich unter<br />

unserer Kontrolle zusehends über Südtirol ausbreitet,<br />

anlautend in Teilen der Sprachinsel Gottschee;<br />

aber noch nicht in Tischlwang; weiters im<br />

größten Teil von Kärnten und Steiermark (ohne<br />

Jogelland) und im burgenländ. Raabtal. Kh erstreckt<br />

sich in Form der fünften Stufenlandschaft<br />

auch über konsonantenschwächende mittelbair.<br />

Gebiete (s. Karte 21); u. a. übers Höllental und<br />

übers oberste Ybbstal in Niederösterreich und<br />

über die Maria Zeller-Gegend in der Steiermark,<br />

wo allerdings kh im Aussterben ist und in vorkonsonantischem<br />

Anlaut so gut wie nicht mehr<br />

vorkommt (ghüo; g(h)l$; mivkkhv); gh, kh gilt<br />

ferner im nördlichen Flachgau sowie nach Westen<br />

anschließend entlang <strong>des</strong> Nordran<strong>des</strong> der oberbayr.<br />

Hochgebirgslandschaft, im Staudengebiet<br />

und im Behauchungsbereich der bair.-fränk.schwiib.<br />

Dreistammesecke nördlich der Donau<br />

(vgl. Karto 21); schließlich in der Behauchungsinsel<br />

um Landshut in Niederbayern und in den<br />

übrigen mittol- und nordbair. Restschollen mit<br />

erhaltenem kh (s. Karte 21). — 6. Nach Karte 21<br />

sind wir mit den Gebieten für kz und kh bereits<br />

weit in den Bereich der mittelbair. Konsonantenschwächung<br />

hineingeraten. In der sechsten Stufenlandschaft<br />

mit seinem kh wurde die alte Fortis-M<br />

(und in der dritten Stufenlandschaft die Fortis-fca:),<br />

sofern nicht Geminata vorlag, zu gh (gx) lenisiert.<br />

Die Lenisierung vollzog sich unter drei Voraussetzungen:<br />

erstens im Anlaut, zweitens im Inlaut<br />

nach rt) (soweit nicht -x- eingetreten war), drittens<br />

im Auslaut alter Einsilber; also in ghüv, ghgid,<br />

ghügl, ghrfwg, ghn$xd, ghl$; ädingho; flegx, bögx<br />

(bzw. in gxüD usw.). Die räumliche Ausdehnung<br />

der sechsten (und dritten) Stufenlandschaft erkennen<br />

wir leicht auf unserer Karte; sie umfaßt<br />

alle Landschaften, die darauf nördlich der dicken<br />

Linie als Nordgrenzo der Lenisiorung <strong>des</strong> -t- zu<br />

-d-, da sie ebensogut auch für den Wandel von<br />

kh (kx) zu gh (gx) gilt, noch schraffiert sind;<br />

demnach bilden sie der größte Teil der Mittelund<br />

der Nordosten der Obersteiormark, der Norden<br />

<strong>des</strong> Pon- und Pinzgaues, der nördliche Flachund<br />

der Salzachgau sowio der Nordteil <strong>des</strong> südlichen<br />

Chiemgaues, der Südrand <strong>des</strong> Sundergaus<br />

und der Westen von Oberbayern, soweit nicht gx<br />

herrscht, sowie die erwähnte Dreistammesecke.<br />

Am äußersten Nordrand besteht im Burgenländer<br />

Seewinkel überall nur Neigung zum Behauchungsverlust<br />

der vorkonsonantischen Anlaut-^Ä-<br />

(grüng, gl$, gn^xd), bei don Alten wird dagegen<br />

im Anlaut kh gesprochen (khlq, khrüi, khnqjct).<br />

Daraus können wir, wenn wir wollen, eine siebente,<br />

nunmehr etwas konservativere Stufenlandschaft<br />

herausschneiden. Es ist nach Karte 21 jener<br />

schmale Streifen, der t- und danach kh-, kx- schon im<br />

An-, aber noch nicht im In- und Auslaut<br />

lenisiert und wo es zwar ghüo, ghrüog, ghl?, ghn$xd<br />

mit Lenis, aber noch itinkhn, flekx, bökx mit<br />

Fortis lautet. Er beginnt auf bair. Boden (zwischen<br />

der dicken und der dünnen Borstenlinie der<br />

Karte) mit einem Teilstück <strong>des</strong> südlichon Lechrains,<br />

setzt nach kurzem Zwischenraum im Oberpinzgau<br />

wieder ein, erfaßt den südlichen Pongau<br />

mit dem obersten steir. Ennstal und die Gegenden<br />

um Hallstatt und Ausseo, um Judonburg und<br />

Köflach, Voitsberg und Stainz und einen schmalen<br />

Streifen der südlichen Oststeiermark. — 7. Außerhalb<br />

<strong>des</strong> schraffierten Gebietes der Karto beginnt<br />

als achte und modernste Stufonlandschaft auf<br />

bair. Boden jenes große mittel- und nordbair.<br />

108<br />

Gebiet <strong>des</strong> bair. Binnenlan<strong>des</strong> der Isar-Donaustraße,<br />

welches auch die alte Behauchung größtenteils<br />

beseitigt: gh- bleibt nur mehr im vorvokalischen<br />

Anlaut erhalten, also in ghüv, ghqid, ghü°l;<br />

sonst ist es beseitigt, und man hört nur g- in grüvg,<br />

gn&xd, gl$, das jetzt nach den Regem von § 34 c 2<br />

durchaus mit altem gg- und altem g- zusammenfällt;<br />

weiters in idirygv, <strong>des</strong>sen teilweiser Gleiehklang<br />

als jüngeres ädii}v mit sin,v (singen) und<br />

seinem alten -ng- § 34 c 8 erwähnt wurde; femer<br />

in fleg, bog; in mivkko, fökkv (Völker), Sdekkv, lukko<br />

und in bekkl (Böcklein), deren -kk- aus kch mit<br />

•kk- aus älterem -gg- z. B. in brukkrt, (Brücke) usf.<br />

eins wurde; schließlich in flek (Flecke, plur.),<br />

bek (Böcke, plur.) usw. — 8. In<strong>des</strong>sen besteht<br />

beim Gleichklang von -kk- aus kch und von -kkaus<br />

-gg- auf mittelbair. Boden in verdeckter Weise<br />

doch noch eine Differenzierung. Nach § 46 h 4<br />

wird im Mittelbair. nach dem Reibelaut -x- das<br />

silbische Schwachdruck-n, das sonst meistens erhalten<br />

bleibt, zu v vokalisiert: für südbair. mqxxn<br />

(machen), Sdexx* 1 (stechen) tritt mittelbair. mQxxv*<br />

ädexx® niit -v ein. Derselbe Wandel ist nun im<br />

Mittelbair. auch nach -kk- aus älterem -kx- mit<br />

seinem einstigen -x- vorhanden, z. B. in lukko,<br />

ädekko, sdiiigo, miokkn; es fehlt aber nach -kkaus<br />

älterem -gg-, man vergleiche etwa brukkw,<br />

(Brücke), gukkty (gucken). Also wirkt das -x- der<br />

einstigen Affrikata noch deutlich nach, wenngleich<br />

es selbst nicht mehr existiert. Eine ähnliche<br />

Differenzierung finden wir in einem Teilgebiete <strong>des</strong><br />

Mittelbair. in der verschiedenen Behandlung <strong>des</strong><br />

silbischen -l, je nachdem, ob es nach altem -kxoder<br />

nach altem -gg- steht. Im Südosten von<br />

Oberbayern gilt nach -x-, aber auch nach einstigem<br />

-kx- vokalisiertes -ö, -e, nach -kk- aus altem -ggjedoch<br />

angeglichenes (gutturalisiertes) -l (vgl.<br />

§ 49 d 1); z. B. in sixxß (Sichel) und in bekke<br />

(Böcklein), Sdikke (Stücklein) gegen brikkl (Brücklein).<br />

Die Vorformen, welche diese Unterscheidung<br />

bedingt haben, finden wir noch jetzt in Teilen<br />

<strong>des</strong> Flach- und Salzachgaues als mgxxo, sdexxo<br />

und lukkhv, idekkho usw. gegen gukkty und als<br />

sixxc und bekkhe, idikkhe gegen brikkl! Damit ist<br />

der Beweis dafür erbracht, daß das alte behauchte<br />

-kh- einstens im Binnenland wirklich überall<br />

existiert hatte, sowio ja das alte -kh- auch die<br />

mittel- und nordbair. Außenmundarten in ihrer<br />

Abgeschlossenheit beibehalten (s. § 34 c 11). —<br />

9. Beim anlautenden ghr- aus ahd. kx?' haben an<br />

zwei Stellen <strong>des</strong> Mittelbair. die Verhältnisse um<br />

das lautgesetzlicho hr- in hrltiD (rinnen), hraffv<br />

(raufen) Verwirrung angerichtet. In den Gegenden<br />

mit mittelbair. hr- (s. § 29 e 9 und Karte 19),<br />

z. B. im Innviertel, bleibt dieses hr- auch nach<br />

der Vorsilbe g'- aus mhd. ge- in ghrüno (geronnen),<br />

ghrafft (gerauft) bewahrt. In Anlehnung daran<br />

vermochte sich auch ghr- aus ahd. kehr- in ghrüvg<br />

(Krug), ghrQng (krank) zu behaupten. Ghr- steht<br />

jetzt in scharfem Gegensatz zum sonstigen g- vor<br />

Mitlaut, z. B. in gn^xd, gl$; es sind die ghr- in<br />

gjirüng usw. Stützformen unter Berufung auf<br />

ghrünn und hrino. Einen gegenteiligen Weg schlug<br />

diese Dreiheit hr-, ghr- aus gc + hr- und ghr- aus<br />

altem kehr- in den Verkehrsmundarten <strong>des</strong> Pinz-,<br />

<strong>des</strong> Pongaues und <strong>des</strong> steir. Oberennstales ein.<br />

In diesen Landstrichen empfindet man das hrals<br />

beseitigungswürdige, grobbäuerliche Sprachderbheit<br />

und ersetzt neuerdings hrinn, hraffm gerno<br />

durch rino, raffm; <strong>des</strong>gleichen auch gxrnno, gxrafjt<br />

durch grunn, graßt; darüber hinaus gxrüvg,<br />

gxrgn(g)x, das gar nicht dazugehört, gleichfalls<br />

durch grüog, grgnfg)x/ Ihnen steht jetzt unangetastet<br />

gxnQixd, gxl$(i) mit gx- gegenüber. Während<br />

also im Innviertel altes kch- vor -r- behaucht, altes


§ 38 a 9—c 2<br />

kch- vor -n- und -l- unbehaucht ist, stoßen wir<br />

hier bei den jüngeren Leuten auf das Gegenteil:<br />

kch- vor -r- ist unbehaucht, vor -n- und -l- aber<br />

in alter Weise behaucht! Die mittlere Altersschicht<br />

dieser Salzburger Landstriche vermag sogar falsche<br />

Rückbildungen, wie gxr$v n Lesach- und im Obergailtal sowie in den Außenmundarten<br />

Deutschruth, Zarz, Pladen, Zahre und<br />

Tisehlwang, die von den genannten Binnengebieten<br />

aus besiedelt worden sind; ferner Flegge (größeres<br />

Bodenbrett von bestimmter Länge, Breite und<br />

(grün), gxrgus (Gras) Dicke) statt gemeinbair. Flecke im Lesach-,<br />

zu formen, in denen gar kein Anrecht auf gxr- Pustertal, in Osttirol, im ötztal, in Pladen und<br />

besteht. — 10. Auf wesentlich anderen Grund- Zahre. In Genäcke (Genick) ist -gg- gemeinbair.,<br />

lagen entsteht in einer dritten bair. Landschaft, doch fehlt das Wort den älteren Sprachinseln.<br />

in der nördlichen Oststeiermark, um Graz, im Eine Erklärung für diese merkwürdigen Abwei-<br />

Mürzgebiet und im untersten steir. Ennstal, falsches chungen ist einstweilen nicht auffindbar. — 2. Ein<br />

Anlaut-grTi- vor Mitlaut. Wohl unterschieden hier inkonsequentes Verhalten führen uns dio Ent-<br />

die ältesten Leute meistens noch gut zwischen sprechungen von germ. -Ik- und -rk- vor Augen.<br />

ghrüv(g), ghn$xd, ghl% (ghl$n(b)) mit richtigem Bei ihnen herrscht ständiger Wechsel zwischen<br />

gh- und grgs (Gras), gngd (Gnade), glgs (Glas) kch und ch. In melken, welk, "Werk u. e. a. verläuft<br />

mit g- und grüno (geronnen), grafft (gerauft) jetzt die Grenze zwischen kch und ch oder richtiger<br />

diesmal mit echtem gr-, das im Ostbair. altboden- gesagt für deren moderne Entsprechungen durch<br />

ständig ist (s. § 29 e 9 und Karte 19). Die junge bair. Gebiet, indem <strong>des</strong>sen Westen und Norden<br />

Generation zieht oft schon die verkehrsläufigeren kch, das Binnenbair. aber ch hat. kch treffen wir<br />

g- vor und spricht grüvg, gnqxd, gl$(t>) mit dem- in folgenden Grenzorten: Westlich der Tiroler<br />

selben g- wie in grgs, gngd usw. Die Folge davon Grenze gegen Vorarlberg und gegen den Allgäu,<br />

ist, daß man bei der mittleren und teilweise schon in Weißenbach am Lech und nördlich davon<br />

bei der alten Generation falsche gft-Lautungen, (Tirol), in Reutte, in Oberammergau (Oberbayern),<br />

wie ghrgs, ghngd, ghlgs, ghrünv, ghrafft, zu hören Weilheim, Fürstenfeld-Bruck, Pfaffonhofen a. d.<br />

bekommt. — 11. Die neunte, nunmehr außer- Um, in Regensburg (Oborpfalz) und Taus (Böhmen).<br />

bairische und modernste Stufenlandschaft in der Im Aleman., Ostfränk. und Nordbair. gilt also kch,<br />

allgemeinen Behandlung <strong>des</strong> alten kch- liegt auf im Binnenbair. ch; dio Sprachinsel Iglau geht mit<br />

ostfränk. und nordschwäb. Boden. Dort existieren dem Nord-, die übrigen Außenmundarten gehen<br />

infolge der radikalen binnendeutschen Konsonan- mit dem Binnenbair. In Kalch (Kalk) und Milch<br />

tenschwächung, die überhaupt keine inlautenden greifen jedoch die -cÄ-Formen übers Bair. ins Ost-<br />

Fortes mehr duldet (s. § 34 c 1), im Inlaut nur fränk. und weit ins Aleman. hinein. In Kirche<br />

mehr Lindlaute. Daher findet man z. B. um Bam- steht ch im Bair., Schwab., Ostfränk. und Mitteid.,<br />

berg in Oberfranken außer behauchtem ghü, ghöld, ebenso in schnarchen. In Birke als altem Reimwort<br />

ghuol nur mehr unbehauchte Lonis: grüx, gnexd, zu Kirche begegnet uns ch in Tirol (ohne Isel-<br />

gle (gli); sdingn,, mergn, felgdr; sd§gt}, lign (Lücke); gebiet und Lienzer Becken), im Salzburgischen<br />

fleg, bog; fleg, beg. — 12. In stark fremdsprachig (ohne Lungau) und im Steirischen (ohne Ober-<br />

durchsickerten Grenzlandschaften hört man schon murgebiet von der Kraubather Enge westwärts<br />

durchaus unbehauchtes k, etwa in einigen Weilern und ohne dio Weststeiermark) sowie im öster-<br />

der Suchen im Westen der Sprachinsel Gottschee reichischen Anteil <strong>des</strong> Mitteibair, mit einigen an-<br />

kib, kQUt (kalt), kügU, krüak, knaxt, klcab, steiikry, grenzenden altbayr. Landstrichen; sonst herrscht<br />

merk(k)n,, velkfkpr, s'tak(k)d, lük(k)a, vlak, vlakka; im Bair. in Birke -kch-, das sich ins Ostfränk.ähnlich<br />

um Cesuna in den Sieben Gemeinden kü, Mitteid, und ins Aleman. fortsetzt. Ähnlich liegen<br />

kalt, kugvla usw. Diese überraschenden Lautver- dio Verhältnisse bei Mark (Grenze) und nach ihm<br />

hältnisse haben mit den oben geschilderten Ver- vielfach bei Mark (Knochenmark), das jedoch auf<br />

änderungen nichts mehr zu tun. Sie beruhen auf ahd. marg zurückgeht. In stark tritt zwar jetzt<br />

fremdsprachigen Einflüssen. Weder die romani- •kch ein, doch treffen wir eine große Restinsel mit<br />

schen noch die slawischen Sprachen besitzen •ch, die vom südlichen Oberbayern über Nordtirol<br />

aspirierte oder affrizierte Fortes. Sie sind gezwun- mit dem Vintschgau und dem Passeier, über<br />

gen, unsero kh und kx durch ihren einfachen Salzburg (ohne Flachgau) mit dem Salzkammergut<br />

Verschlußlaut k zu ersetzen. Dieser slaw.-rom. und über die Obersteiermark mit dem obersten<br />

Fremdlautersatz wirkt auf stark fremdsprachig Ybbstal und dem Metnitz- und Mittcrgurktal bis<br />

unterwanderte Grenzdialekte zurück. Jüngero in dio Weststeiermark vorstößt und auch das Zim-<br />

Leute hörte ich übrigens solche k auch in Deutschbrischo einbezieht. In Falke, Volk, Wolke, Balken<br />

ruth und Zarz sprechen.<br />

wird jetzt kch bevorzugt, <strong>des</strong>gleichen in merken.<br />

Welcher Zustand hier einstens geherrscht hat,<br />

b. Beim anlautenden kch- sei kurz zusammen- zeigt folgen<strong>des</strong>: Es existiert zwar in Kärnten und<br />

fassend die verschiedenartige Entstehung gekenn- Steiermark für den Namen <strong>des</strong> Falkenvogels<br />

zeichnet. Der normale Weg ging natürlich über ausschließlich fglkx mit kch, <strong>des</strong>gleichen im Kärnt-<br />

dio ahd. Lautverschiebung von german. k- aus, ner Burgennamen Falkenberg. Der falkenfarbene<br />

etwa in ötztal. kxüa und ahd. chuo (lies kxuo) Ochse aber hat -ch (iglx), und dio erwähnte Burg<br />

aus germ. *kö-. Ihm haben sich die uralten Lehn- nennt sich in der slowen. Bauernmundart Bäuxouwörter<br />

aus vorahd. Zeit, wie kxaldzr (Keller) aus dts, d. i. slowen. *Balhovcc, gleichfalls mit ch;<br />

vlat. cellarium angeschlossen. Doch tritt kch- noch ebenso weisen dio mhd. Schreibungen valh-, valch-<br />

in einigen jüngeren Gruppen, die erst nach der hd. in Ortsnamen mehr oder weniger deutlich auf ch<br />

Lautverschiebung entstanden, a\if; Näheres über<br />

sio findet man § 34 d 2; gelegentlich spielen Affrikatenassimilationen<br />

( s.§ 34 dl) herein, wie umgekehrt<br />

Affrikatendissimilationen ursprüngliches kchzu<br />

gg- und g- zu verwandeln imstande waren<br />

(s. § 34 d 1).<br />

c. 1. Bezüglich <strong>des</strong> inlautenden -kx- ist zum Gesagten<br />

einiges nachzutragen. Auffallend sind im<br />

Südbair. einigo Wörter, die wider Erwarten gegendenwoiso<br />

-gg- statt gemeinbair. -kch- aufweisen.<br />

Hierher gehört iQkkc statt gemoinbair. iQkkxc<br />

(Pfütze) usw. im Ostpustertal, in Osttirol, im<br />

2 ).<br />

Der Balken im gewerblichen Blockbau heißt zwar<br />

jetzt allgemein polkxn usw. mit kch, in den rein<br />

bäuerlichen Bedeutungen „verschließbare Zaunlücko"<br />

und „Verschlag im alten Tiefstall" gilt<br />

jedoch in Rückzugsgebicten von Nieder- und<br />

Oberösterreich und im Flachgau bgifw, bglihv und<br />

*) Doch ist fürs bair. Mhd. oft schwer zu entscheiden,<br />

ob kch oder ch gesprochen wurde, da<br />

nach der damaligen Orthographie boido Laute<br />

meistens als ch transkribiert wurden.<br />

109


§ 38 c 2—§ 39 d<br />

in einem etwas ausgedehnteren Gebiet urkundlich<br />

Palchen, woraus in denselben Bedeutungen in<br />

südosttschech. Mundarten jxilchan(t), parchan(t),<br />

alle mit -ch-, stammt. Das Geuriilk nennt man in<br />

Teilen <strong>des</strong> Vintschgaus gurilx mit -ch, während<br />

bei diesem Wort sonst nur -Tech herrscht; für<br />

merken treffen wir vereinzelt, etwa teilweise im<br />

Vintschgau, in Zarz und Deutschruth und im<br />

Zimbrischon, merxxtn mit ch, ja in würken begegnet<br />

uns ch allgemein im Zimbrischen, im größten<br />

Teil <strong>des</strong> Gottscheeischen, in Tirol, Salzburg und<br />

in bäuerlichen Bedeutungen, wie „den Brotteig<br />

wirken", im Mittel- und sogar im Nordbair. Je<br />

weiter wir im Bair. zeitlich zurückgehen, <strong>des</strong>to<br />

häufiger werden die ch gegenüber den modernen<br />

kch. — 3. Andererseits zieht die konservative<br />

Mundart von Kais am Glockner in allen diesen<br />

Fällen kch vor: melkxn, welkx, w$rkx, kxQlkx,<br />

milkx, rtiQrkx, kxirkxc. Ob der alte Linguistenstroit,<br />

unter welchen lautkombinatorischen Voraussetzungen<br />

im Bair. und Hochdeutschen kch und<br />

unter welchen ch eintrat, jemals endgültig wird<br />

entschieden werden können, bleibt dahingestellt. —<br />

4. Vielleicht ist er gar nicht mehr recht aktuell. Bei l<br />

und r war der Abstand zwischen ch und kch wahrscheinlich<br />

viel kleiner und der Schritt von ch zu kch<br />

und umgekehrt von kch zu ch viel kürzer, als man<br />

gemeiniglich zu glauben geneigt ist. Das deutet<br />

schon das lebendige Schwanken bei mör(g)xv<br />

(merken) u. a. am Lechrain (§ 38 a 4) an, das<br />

beweisen eindeutig Belege mit spätem Übertritt<br />

von einem Laut zum anderen. Im Bair. heißt der<br />

Schwarzspecht vielfach Holkräe, Holkrä, Holker<br />

mit kch, d. i. die Hohl-Krähe; in südbair. Rückzugsgebieten<br />

auch Hole- mit erhaltener Kompositionsfuge.<br />

Im Westpustertal aber überrascht<br />

uns die Aussprache holixa mit -ch-! Umgekehrt<br />

konnte in Wien die Siedlung <strong>des</strong> ahd. Otachar mit<br />

-ch- Ottakring mit -k- ergeben. Ebenso konnte der<br />

urkundlich bezeugte Ortsname Atach-lö im nieder -<br />

österr. Marchfeld, d. i. das mhd. 16, das Gebüsch,<br />

in dem der ahd. at(t)ach, der Attich, wächst, da<br />

das Wort Attich (mittelbair. Qda(x)) in Niederösterreich<br />

nicht mehr verstanden wird und durch<br />

andere Sinngleiche ersetzt worden ist, fälschlich<br />

als Ata-chlö abgeteilt werden. Daraus ergab sich<br />

mit Übergang von -ch- zu -kch- das jetzige Aderklaa<br />

und mundartl. Ödvglg. Es ließen sich an Hand eingedeutschter<br />

Ortsnamen, in denen tschech. -chl-,<br />

•ehr- noch um 1200 als mhd. -kehl-, -kehr- eingedeutscht<br />

worden waren, weitere Beiego beibringen,<br />

doch wollen wir uns mit den drei besonders<br />

instruktiven Beispielen begnügen. Sollte die Verteilung<br />

von ch und kch nach l und r erst spät<br />

endgültig geregelt und in hohem Maße ein Spiel<br />

<strong>des</strong> Zufalls geworden sein ? Fast scheint es so.<br />

Immerhin werden die -ch- nach r und l umso<br />

häufiger, je weiter wir zeitlich zurückgehen und<br />

jo bodenständiger und vorkehrsferner die Wortbedeutung<br />

ist. — 5. Zum Wechsel zwischen kch<br />

und ch in blai(k)chen, Strau(k)che u. a. s. § 34 o 1.<br />

§ 39. Spätahd. pf (s. Karte 20)<br />

Übersicht: a. Allgemeines. — b. pf wird in<br />

Grenzlandschaften zu /. — c. -pf- erscheint als<br />

-pp-. — d. -ff- und -pf- wechseln nach Liquiden.<br />

a. Die Entwicklungen <strong>des</strong> anlautenden spätahd.<br />

pf}- wurden im Zusammenhang mit der mittelbair.<br />

Konsonantenschwächung (§ 34 c 3) erörtert, die<br />

Lenisierung <strong>des</strong> auslautenden -pf infolge der Einsilberdehnung<br />

zu -6/ § 34 k 2, der Wechsel von pf<br />

mit ff bei -/a-Stämmon § 34 e 1 und die Veränderung<br />

von p zu pf und umgekehrt von pf zu p<br />

infolge der alten Affrikatendissimilationen und<br />

110<br />

-assimilationen § 34 d 1, der Wandel von anlautendem<br />

pf- zu kf- § 29 e 7 und Karte 20, die<br />

Neigung <strong>des</strong> Zimbrischen der Sieben Gemeinden<br />

zu#§34f.<br />

b. In einigen stark fremdsprachig durchsickerten<br />

Sprachgrenzlandschaften wird anlauten<strong>des</strong> pf- zu<br />

/- verwandelt. Das Slawische und das Romanische<br />

besitzen kein pf, sie sind genötigt, unsere Labialaffrikata<br />

durch /- als ihren klangnächsten Eigenlaut<br />

zu ersetzen. Darum spricht man in den<br />

Wörtern Pflueg, Pfand, Pfund usw. um Brunn<br />

und Wischau, in der Suchen <strong>des</strong> Gottscheer<br />

Lan<strong>des</strong> und meistenteils in den Sieben Gemeinden<br />

f(f)-. In der Suchen und im Osten der Sieben<br />

Gemeinden ist der fremdsprachige Ersatzlaut -ffsogar<br />

in den In- und Auslaut eingedrungen: in<br />

der Suchen ts\ff (Zipf), nöffl (Apfel, eigentl. epfel),<br />

äiiffm (schupfen) und im Osten der Sieben Gemeinden<br />

dementsprechend ßiff, öffel, ßuffen.<br />

c. 1. Sonst blieb das anlautende pf- im Bair.<br />

unangetastet. Etwas anders steht es im In- und<br />

Auslaut. Da stößt ~pp- in gppl (Apfel), Seppin<br />

(schöpfen), simpm (schimpfen), ghüob (Kopf) aus<br />

dem mitteld. -pp-Gebiet ins nordöstliche Egerland<br />

vor. Es erreicht bei qppl (nicht in allen Wörtern<br />

gleich) die Gerade von Graßlitz bis Manetin.<br />

Ebenso gilt gppl usw. in den Sprachinseln Iglau,<br />

Kremnitz, Deutschproben und greift um Auspitz<br />

sogar bis in südmährisches Gebiet herein;<br />

allerdings ist das Auspitzer Land auch sonst durch<br />

schlesische Merkmale gekennzeichnet. — 2. An<br />

gewissen Rückständen läßt sich erkennen, daß<br />

sich einst in Ostniederösterreich und im nördlichen<br />

Burgenland eine größere Mischzone mit<br />

-pf- und -pp- befunden haben dürfte. Die verbaierte<br />

Überbildung SleppffD für nhd. schleppen,<br />

für ein Wort, das anerkanntermaßen erst in mhd.<br />

Zeit aus dem Niederd. zu uns kam, konnte nur<br />

auf dem Boden einer solchen Mischzone wachsen.<br />

Wir finden sie in Teilen <strong>des</strong> Böhmerwal<strong>des</strong> und<br />

Südböhmens, ebenso in Südmähren und im östlichen<br />

Niederösterreich bis in die Wachau, ferner<br />

in der Sprachinsel Wischau. — 3. Ungefähr im<br />

gleichen Gebiet beobachten wir einen zweiten<br />

Reflex ständigen Wechsels von pf und pp in alter<br />

Zeit; es sind dies vereinzelte -ppv statt erwartetem<br />

•ppm in dqppv (tappen), wieder in SieppD(schleppen)<br />

usw. um Brunn, in Teilen von Südböhrnen und in<br />

Südmähren, im östlichen Niederösterreich und im<br />

nördlichen Burgenland. An und für sich dürfte<br />

im Mittelboir. nach dem Verschlußlaut -pp- lautgesetzlich<br />

nur -m stehen. Nur nach altem Reibelaut,<br />

nach v, ff und pff, z. B. in öfo (Ofen), dreffo<br />

(treffen), huppffo (hüpfen), ist -v die Regel (s.<br />

§ 46 h 5). -ppv setzt also alte Nebenformen mit<br />

-ppffo voraus, wie wir sie in sl^ppffD neben ileppv,<br />

ileppm noch vor uns haben. Demnach hat im Bereich<br />

<strong>des</strong> -ppo einstens wirklich allgemeines<br />

Schwanken zwischen -pp- und -pf- geherrscht.<br />

Man darf bei diesen „falschen" -p/- und bei -ppt><br />

teils an vorübergehende erzgebirgisch-sächsische,<br />

teÜ3 an schlesische Einsickerungen denken. Die<br />

alten Sprachinseln durch Böhmen und Mähren<br />

und durch die Slowakei bilden stehengebliebene<br />

Verkehrspfeiler alter Verbindungsbrücken vom<br />

Erzgebirge und von Schlesien in unseren Raum.<br />

Vor allem sind zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia<br />

nach der Abtretung <strong>des</strong> größten Teiles von<br />

Schlesien an Preußen zahlreiche Beamte, Forstleute,<br />

Weber und Müller in unsere Gegendon<br />

abgewandert. Voraussetzungen für ein solches<br />

Schwanken sind also in mannigfacher Weise gegeben.<br />

d. Nach Liquida gilt für gewöhnlich -ff-, doch<br />

bestehen im Südwesten Reste mit pf, z. B. in


Teilen Tirols äQrpff (scharf) neben hei ff m (helfen),<br />

wgrffm (werfen) usw. Bei genauer Überprüfung der<br />

älteren urkundlichen Belege gewinnt man den<br />

Eindruck, je weiter wir zeitlich zurückgreifen,<br />

<strong>des</strong>to häufiger werden nach r und l die ^/-Formen.<br />

Es gilt das Gegenteil von dem, was wir in diesen<br />

Stellungen bei kch und ch erfahren haben. Bei<br />

ihnen ist der Reibelaut in früherer Zeit häufiger,<br />

hier wird der Reibelaut je früher, <strong>des</strong>to seltener.<br />

§ 40. Spätahd. z-, -tz<br />

Übersicht: a. Allgemeines. — b. -tz nach<br />

Liquiden. — c. -tß- zu mittelbair. -s-,<br />

a. Die spätahd. Affrikata z-, tz-, phonetisch<br />

richtiger tß, neigt im Zimbrischen der Sieben<br />

Gemeinden zu tßß und ßß (s. § 34 f), sie erscheint<br />

sonst in den altertümlichen Mundarten überall<br />

als Doppelfortis (t)tß (§ 34 b 1), sie wird anlautend<br />

im größten Teil <strong>des</strong> Südbair., eingeschlossen die jüngeren<br />

Außenmundarten, zu ts- (§ 34 b 2), wird<br />

aber im Burgenland sekundär wieder zu tß- verstärkt<br />

(§ 34 c 3), in größeren Teilen <strong>des</strong> Südbair.<br />

wird sie auch in- und auslautend zu (t)ts verwandelt<br />

(§ 34 j 1), schließlich wird sie sowohl durch<br />

die mittel-nordbair. Konsonantenschwächung im<br />

An- und Inlaut nach Vokallänge als auch infolge<br />

der Einsilberdehnung im absoluten mhd. Auslaut<br />

zu ds lenisiert, z. B. in dsäid (Zeit; § 34 c 2),<br />

in sdüdsn (stutzen; § 34 c 4) und in Sbids (Spitz;<br />

§34k 1-3).<br />

b. Während nach den Liquiden l und r bei den<br />

Gaumen- und Lippenlauten zwischen Affrikata<br />

kch und Reibelaut ch (s. § 38 c 2) und pf und ff<br />

(s. § 39 d) Schwanken besteht, herrscht bei den<br />

Zahnlauten nach Liquida seit altersher nur die<br />

Affrikata tß allein, z. B. in ötzt. ZQltß (Salz),<br />

zglttßn (salzen), kxüxtß (kurz), waxttßa (Warze);<br />

niemals findet sich der Reibelaut ß.<br />

c. In<strong>des</strong>sen vermochte im Laufe <strong>des</strong> 14. und<br />

15. Jhs. das Mittel- und Nordbair. in Schriftsprachefernen<br />

Wörtern und in Ortsnamen nachträglich<br />

unter bestimmtem Silbenbau -tß- zu -s- zu verändern.<br />

Hier seien urkundlich genauer datierbare<br />

Ortsnamen vorgeführt: In Oberösterreich 1328<br />

Wissleinsfcld (Wieselsfeld) aus älterem (1320)<br />

Witzleins-, 1425 patvssenlehen aus älterem Pautzen-;<br />

in Niederösterreich seit 1500 pums aus älterem<br />

Punz, seit 1433 Leusmayr aus Leutz-, jetzt wieder<br />

Loitzhof mit -tz, in Steiermark seit 1350 Gäms,<br />

Gans (Garns, Gans) aus älterem Gämfnijtz usw.<br />

In gleicher Weise sind etliche Mundartwörtor zu<br />

beurteilen, z. B. mbair. Mlvsl neben Mivdsl (Maria)<br />

aus mhd. *Merze. Diese Veränderung steht<br />

sicher mit der mittelbair. Konsonantenschwächung<br />

in gewissem Zusammenhang.<br />

§ 41. Spätahd. tsch<br />

Üborsicht: a. Entstehung <strong>des</strong> tsch. — b. Weiterentwicklung<br />

<strong>des</strong> tsch.<br />

a. 1. Unter den Affrikaten ist tsch der einzigo<br />

Laut, der erst in spätahd. Zeit möglich geworden<br />

ist. Ungefähr vor 1050 gab es die Lautfolge tß noch<br />

nicht. Gelangten vorher Lehnwörter mit fremdem<br />

tß ins Bairischo, so mußten diese Wörter im Anlaut<br />

dafür z- («-; geschrieben «-) oder tß- (geschrieben<br />

z-; 8. § 27 c 3), im In- und Auslaut entweder -Iß-<br />

(geschrieben tz) oder -ßß- (geschrieben ss) einsetzen;<br />

dafür gibt es insbes. in der Ortsnamengebung<br />

genug Belege. Denn das Slawische und Romanischo<br />

besaßen ihr tß (geschr. ci, ce bzw. £) min<strong>des</strong>tens<br />

seit dem 5. und 6. Jh. das Magyar, seit<br />

dem 9. Jh. (geschr. alt ch, später es), seitdem dio<br />

Baiorn nach der Völkerwanderung ernstlich mit<br />

Trägern dieser Sprachen und Sprachgruppen in<br />

§ 39 d—§ 42 a 1<br />

siedlungsmäßigen und kulturellen Kontakt traten.<br />

Erst seitdem im Bair. älteres s'k zu ß geworden war,<br />

ugf. seit 1050 (s. § 42 a 1), war zugleich mit dem<br />

yÖ-Laut auch das tß heimisch geworden, z. B. in<br />

den Lehnwörtern und Ortsnamen Görtschach (Kärnten,<br />

Steiermark) aus slowen. loc. plur. Goriöah, in<br />

südtirol. Tschirland aus vlat. *öirmulöne (die große<br />

Zirbe), beide noch mit ahd. Druckverlegung auf<br />

die erste Wortsilbe; ferner in Pogdtsche (ein Gebäck)<br />

aus slaw. pogäta, Paw(e)lätsche (provisorisches<br />

Gerüst) aus tschech. paveldö, tirol. Ferndtsch<br />

(eine Weinsorte) aus venez. veronäccio, Palatschingge<br />

(Art Pfannkuchen) aus magyar. palacsint(a).<br />

Dessenungeachtet wurde für das neue tsch<br />

in den Urkunden noch lange Zeit s, ss, ts geschrieben.<br />

— 2. Ferner entwickelte sich tsch bald zur<br />

gleichen Zeit, bald etwas später durch Zusammentritt<br />

verschiedener Lautgruppen infolge spätahd.frühmhd.<br />

Mittelsilbenschwun<strong>des</strong>, etwa im Flußnamen<br />

Etsch aus ahd. Etisa, in ratschen (übermäßig<br />

viel reden) aus ahd. *rätison, in rutschen aus ahd.<br />

*rucchisön, in Pletsche, Plotsche, Platsche (großes<br />

Pflanzenblatt) neben Flecke, Pletteche aus ahd.<br />

pleticha, platucha, in Flutsche neben Flücke und<br />

Flüttiche (flügelartiger Gegenstand) aus ahd.<br />

vluticha, in F(l)etsche neben F(l)ecke, F(l)eckte,<br />

F(l)eteche (Fittich) aus ahd. *vettach x ), in Letsche<br />

(Lippe, große, Tierlippo) aus ahd. lefs usw.; Näheres<br />

über diese Wortformen findet man im Wörterbuch.<br />

— 3. Weiters zeigen laut- und bewegungsnachahmende<br />

Ausdrücke und deren Ableitungen<br />

eine starke Vorliebe für tsch, z. B. tirol. tschdtschen<br />

(schlurfend gehen), p(l)atschen, p(l)ätschen (klatschend<br />

auffallen), hu(i)tschen (schaukeln), (p)f(l)itschen<br />

(sich sehr rasch bewegen) u. v. a. — 4. Gelegentlich<br />

ist tsch nur eine Variante zu seh; anlautend<br />

wird sie verursacht durch dio alten Gleitlaute in<br />

südbair. Tschopf neben Schopf, tscheppern neben<br />

schebern (klirren; s. § 34 h 3), manchmal steht<br />

tsch- auch für s-, so in kärntn. tschcrfeln (schleppend<br />

gehen) für bair. s'crfeln und in tirol. tschünggel(c)n<br />

(heiß werden, von der sengenden Sonnenhitze)<br />

neben sünggel(e)n; Näheres s. im Wörterbuch;<br />

inlautend wird älteres -seh- öfters zu -tsch-, so<br />

in Watsche (Ohrfeige) neben Wäsche in Relikt-<br />

inseln, Tcnggewatsch neben -wasch (Linkshänder),<br />

Taitsch(e) neben Taisch (Mist, Kuhfladen; leeres<br />

Gerede) aus ahd. deisk u. a. (s. Wörterbuch).<br />

b. Dio weitere Behandlung dieses tac/i-Lautcs<br />

in den einzelnen Mundarten ergibt sich aus den<br />

Darlegungen im § 34. Es neigt das tß im Westen<br />

der Sieben Gemeinden zu ßß (§ 34 f) und geht<br />

damit den parallelen Weg zur Affrikate tß, den es<br />

auch sonst einhält. Im Anlaut wird tß außerhalb<br />

der konservativsten südbair. Mundarten zu ti abgeschwächt<br />

(§ 34 b 2) und in einigen südbair. Mundarten<br />

auch in- und auslautend zu ts (§ 34 j 1), es<br />

wird schließlich durch dio mittel- und nordbair.<br />

Mitlautschwächung im An-, im In-und Auslaut nach<br />

Vokallängo zu ds abgeschwächt, etwa in dsakkv<br />

(Tschakko; § 34 c 2), in uxidsn (Ohrfeige; §34 c 4),<br />

ebenso im Auslaut alter Einsilber, z. B. in d&U<br />

(dickbreiigo Masse; vgl. § 34 k).<br />

§ 42. Spätahd. ach<br />

Übersicht: a. Vorgeschichte <strong>des</strong> seh. — b. Seine<br />

Weiterentwicklung.<br />

a. 1. Wie unter den Affrikaten das tsch ist unter<br />

den Starkreibelauten das seh das einzigo unter<br />

vier parallelen Phonemen, das erst in spätahd.<br />

Zeit hinzukam und nicht schon seit der hd. Lautverschiebung<br />

dem festen Lautsystem angehörte.<br />

*) Dio Nebenformen mit fl- stehen unter Einfluß<br />

der einnähen Wortfamilio fliegen usw.<br />

111


§ 42 a 1—§ 43 a<br />

Fürs Hochdeutsche nimmt man in Fachkreisen<br />

allgemein an, daß der Wandel von ahd. sk (genau<br />

von ßk) zu ß, der phonetisch und lautphysiologisch<br />

ein schwieriges Problem der Lautgeschichte darstellt,<br />

erst im Laufe <strong>des</strong> 12. Jhs. vor sich gegangen<br />

wäre; doch paßt die späte Datierung in keiner<br />

Weise zu dem, was unsere dialekthistorischen<br />

Quellen dazu sagen. Drei Quellen, die Sprachinsolmundarten,<br />

die Lehnwörter in den Fremdsprachen<br />

und die Urkundensprache, weisen, was<br />

das Bair. betrifft, in zu großer Entschiedenheit<br />

darauf hin, daß der Wandel z. B. von ahd. dreskan,<br />

tisk, scoup zu mhd. dreschen, tisch, schoub schon<br />

ein Jahrhundert vorher vor sich gegangen war,<br />

als daß daran noch gezweifelt werden könnte —<br />

die vierte Quelle, die mhd. Dichtersprache mit<br />

ihren Reimen, ist zu spät daran, um Kriterien in<br />

die Waagschale werfen zu können. Erstens hat das<br />

Zimbrischo der Sieben Gemeinden, das sich um<br />

1100 abgesondert hat, schon das neue seh in<br />

dreßßen, tiß, ßöpo; in diesem Falle könnte man<br />

sich noch aus der Verlegenheit helfen. Es kommt<br />

auch sonst auf Grund vorausbestimmender Monogeneso<br />

das nachträgliche Beschreiten <strong>des</strong> gleichen<br />

Lautweges in der Außen- und in der Heimatmundart<br />

scheinbar unabhängig voneinander vor, z. B.<br />

bei der Diphthongierung von mhd. i, u zu nhd.bair.<br />

ai, au (s. § 13 b 2), beim Wandel von frühmhd.<br />

ai zu QV (s. § 20 e 2), beim zimbr.-westtir.-alem.<br />

Wandel von mhd. ou zu ö (s. § 21 b 4), beim Wandel<br />

von frühmhd. -mb- zu -mm- (s. § 36 b 2). Ernster<br />

steht es bei Entlehnungen aus dem Spätahd. in<br />

die Nachbarsprachen, die bereits das neue ß, aber<br />

noch das altbair. -p- für germ. -b- aufweisen, z. B.<br />

bei slowen.-kroat. söpa (Strohschaub) l ), bei slowen.mundartl.<br />

slpa und bei grödn.-ladin, sipa (Fensterscheibe)<br />

2 ), die fürs Spätahd. die Lautungen *ßoupo,<br />

*ßipa voraussetzen. Nach ihnen muß das neue<br />

seh schon dagewesen sein, als noch das altbair.<br />

-p- üblich war, das seinerseits um 1050 schon<br />

durch -b- verdrängt wurde (s. § 27 a 4). Dazu<br />

passen nun sehr gut einerseits die ersten seh-, ssund<br />

Äs-Schreibungen für altes sk, andererseits die<br />

ersten f^sc-Schreibungen für älteres frem<strong>des</strong> (t)ß<br />

seit 1050 und nicht erst im 12. Jh.; z. B. in Oberösterreich<br />

1050 Asscha und 1088 Ahsa (Aschach),<br />

1130 Assach (Aschach), in der Steiermark ca.<br />

1080 Ediltscach (Selztal) für *(Tß)Ediltßax aus<br />

slowen. *S§dl£ah (bei den Leuten am sqdlcc, am<br />

kleinen Sattel), in Niederösterreich 1108 Aschrichisbrugge<br />

(Brück an der Leitha) aus ahd.<br />

Askrichcs- und Vischamundi (Fischamend) aus<br />

ahd. Viskahigimundi, 1111 Windissendorf (Windischendorf),<br />

in Tirol seit 1050 (mehrfach) Gote-<br />

Drißßl (aus üf der Jscheln) aus altvenez. *Iskla<br />

(jetzt Ischia) bei Levico östl. Trient; ihre Orte<br />

liegen in Gegenden, in deren Bereich die bair.<br />

Kolonisation nachweisbar erst seit 1200 einsetzte.—<br />

3. Auch die weitverbreitete Meinung, der Wandel<br />

von sk zu ß wäre über eine Zwischenstufe sx gegangen,<br />

ist fürs Oberdeutsche kaum aufrecht zu<br />

erhalten. Bereits J. Schatz hat in seiner Altbair.<br />

Grammatik dagegen den Ortsnamen Garmisch<br />

(über mhd. Germärschöü) aus ahd. Germäresgewi<br />

ins Treffen geführt; bei ihm hat -sg- sicherlich<br />

über -ßk- (mit k- auf Grund <strong>des</strong> Notkerschen<br />

Anlautgesetzes, s. § 27 c) zu seh geführt. Weitere<br />

Gegenbeispiele sind m. E. Fasching, mhd. vaschank<br />

(Fasnacht), urkundl. vereinzeltes mhd. Vinscheu<br />

neben Vinstgeu (Vintschgau) und walliserisches<br />

mißßäbla (Mistgabel) aus ahd. *vastgang (vgl. altnord.<br />

jqstugangr), *Vinustgewi und mistgabala*),<br />

deren -stg- trotz den vorgebrachten Bedenken ohne<br />

weiteres über -s(t)c- zum spätahd. sk und seh<br />

finden konnte. Die hd. Lautverschiebung, die<br />

nebenbei bemerkt die parallelen Lautfolgen sp und<br />

st nicht erfaßt hat, darf man für den Wandel zu ß<br />

keinesfalls heranziehen. Auch die meisten niederd.<br />

Dialekte und sogar das Englische, wo von der hd.<br />

Lautverschiebung keine Spur voller Ausreifung<br />

vorhanden ist, haben gleichfalls ihre ß erreicht.<br />

b. Die weitere Entwicklung <strong>des</strong> scÄ-Lautes ist<br />

in ihren Einzelheiten schon besprochen worden.<br />

Anlautend hielt sich im Binnenland Fortis-/? nur<br />

im Westtirol und in Teilen Zentraltirols, hier vermehrt<br />

durch ß- für ahd. ,,s-impurum" in (ötztal.)<br />

ßlQgil (schlagen), ßnaidar (Schneider), ßtekkx?}<br />

(Stecken); ferner blieb ß- ohne diese Vermehrung<br />

im Zimbrischen der Sieben Gemeinden (s. § 34 b 1).<br />

Sonst trat im Binnenbair. Lenisierung zu 3- ein<br />

(s. § 34 b 2). Eine sekundäre Anlautverstärkung<br />

hat auch hier das Burgenlündische mit seinem ßgeschaffen<br />

(s. § 34 c 3). Im Inlaut ergab die xnittelxind<br />

nordbair. Konsonantenschwächung nach Langvokal<br />

Lenisierung zu s (s. § 34 i), in den jüngeren<br />

zimbr. Sprachinseln und im Fersental trat z. T.<br />

Verstimmhaftung zu z ein (s. § 34 i 5); in Kärnten<br />

und in Teilen Südtirols besteht eine allgemeine<br />

Lenisierung zu § (s. § 34 j). Auch die mittel- und<br />

nordbair. Einsilberdehnung erzeugte im jüngeren<br />

Stadium auslautende Lenis (s. § 34 k 3 f). Zum<br />

gelegentlichen Wechsel von seh mit tsch im Inlaut<br />

s. § 41 a 4, im Anlaut s. § 34 h 3.<br />

salch, Uodalsalch aus ahd. Gotaskalch, Uodalskalch<br />

usw. Wenn trotz dieser Zeugnisse für die Existenz<br />

<strong>des</strong> 4-L.autes sejt 1050 bis ins 12. und teilweise bis<br />

ins 13. und 14. Jh. noch sk, sc, allerdings zahlenmäßig<br />

abnehmend, neben seh geschrieben wurde,<br />

so sind das nur mehr historische Schreibweisen<br />

ohne wirklichen phonetischen Wert 3 § 43. Spätahd. ßß<br />

Übersicht: a. Vorgeschichte. — b. Jüngere<br />

Entwicklung. — c. Besonderheiten.<br />

a. Die drei folgenden ahd. Reibelaute, ßß, xx<br />

und ff sind durch die hd. Lautverschiebung ugf.<br />

um 700 entstanden und kommen in Erbwörtern<br />

nur im In- und Auslaut vor. Sie erleben seither<br />

parallele, gemeinsame Schicksale. Unter fremdem<br />

Einfluß haben es die Sprachinselmundarten seit<br />

). — 2. Daran dem Hochmittelalter langsam gelernt, auch im<br />

vermag auch die zweimal nachweisbare nachträg- Anlaut die Reibelautfortcs ß- oder ß-, ff- und teilliche<br />

Lautsubstitution fremder -Sk- nach vorausweise sogar slawisches x~ zu bilden (s. § 34 b 3/4),<br />

gehendem i durch mhd. seh nichts zu ändern. Das außerhalb der Sieben Gemeinden wurden diese<br />

gilt für Wischau aus tschech. Vißkov (Hauptort Anlaute zu s-, s-, /-, x- abgeschwächt (vgl. § 34 b).<br />

der gleichnamigen Sprachinsel) und für fersental. Leider gebrauchten bei den Gaumen- und Zahnlauten<br />

dio ahd.-bair. Schreiber für Affrikata und<br />

1 Reibelaut fortvs den gleichen Buchstaben und<br />

) Danebon in anderen slowen. und kroat. Mund- transkribierten kx und -Y mit dem Zeichen ch, tß<br />

arten älter entlehntes sköpa.<br />

2<br />

) In anderen slowen. Mundarten treffen wir die *) Wallis. Mbla (Gabel, gabelartige Schaufel) ist<br />

jüngere Lehnform Säjba.<br />

gewiß erst aus mißßäbla neu abstrahiert. Dazu<br />

3<br />

) Vor e, i gibt es, allerdings als orthographische gehört auch der Name <strong>des</strong> Bergstockes der Mischa-<br />

altital. Schreibweise, das Schriftzeichen seh- schon bel-Gruppe, mundartl.wallis. Mißßäbla. Dio Form<br />

seit dem 8. Jh. Für unsere Lautgeschichto bleibt der „Mischabel" erinnert an eine mehrzinkigo<br />

jedoch dieser graphische Sonderfall bolanglos. Gabel.<br />

112


und ß mit dem Zeichen z(z). Das ist bei der Feststellung,<br />

ob in alter Zeit Affrikata oder nur Reibelaut<br />

gesprochen wurde, ein schweres Hindernis,<br />

zumal sich dieser orthographische Brauch im bair.<br />

Schriftwesen bis tief in die mhd. Zeit behauptete.<br />

Vor allem nach Liquiden wäre uns eine genaue<br />

Trennung erwünschter, da in dieser Stellung<br />

zwischen kx und x altes Schwanken besteht; beim<br />

parallelen Schwanken zwischen pff und ff liefert<br />

uns die graphische Unterscheidung der ahd. Rechtschreibung<br />

bessere Unterlagen; über dieses Schwanken<br />

selbst war bereits § 38 c 2/3 und 39 d die Rede.<br />

Nur bei den Zahnlauten herrscht nach l und r<br />

seit der Lautverschiebung einheitlich die Affrikata<br />

tß (s. § 40 b 1).<br />

b. Im Anlaut begegnen uns solche ursprüngliche<br />

Starkreibelaute außerhalb der Sprachinseln im<br />

Binnenland nur in sekundär entstandenen Lautgruppen,<br />

wie (ötztal.) kffqßßn (gefaßt), kßüryrpn<br />

(gesungen), pjßündar-(besonder-), und auch da nur<br />

im West- und teilweise im Zentraltirolischen. Den<br />

älteren südbair. Sprachinseln fehlen diese Lautfolgen;<br />

die mhd. Vielsilbigkeit ist bei ihnen, z. B.<br />

in den Sieben Gemeinden in gvvaßßet, gvzi^nkt,<br />

(a)wozij,nt9r, erhalten. Außerhalb von West- und<br />

(teilweise) von Zentraltirol wurden diese Fortes<br />

lenisiert (kärntn. kJQSt, ksur^vn, psundr; s. § 34 j 1),<br />

im Burgenland aber nachträglich wieder fortisiert<br />

(kffQßt, kßuryiyo, pßunm(d)r>; s. § 34 c 3). In der<br />

Südtiroler Verkehrslandschaft und in Kärnten gibt<br />

es nur mehr Lenes und in Kärnten intervokalisch<br />

gar nur mehr -h- (s. § 34 j 1); in Kärnten werden<br />

vor den intervokalischen Reibelauten auf Grund<br />

der Kärntner Dehnung die vorausgehenden Selbstlaute<br />

gelängt (s. § 34 j 2), <strong>des</strong>gleichen in der Südtiroler<br />

Verkehrslandschaft sowie neuerdings in<br />

Wien und um München (s. § 34 j 3). Über die Verstimmhaftung<br />

von altem -ßß-, -ff- zu -z- und -vnach<br />

Langvokal in den jüngeren zimbr. Sprachinseln<br />

und im Fersental war schon § 34 i 6, über<br />

die weitverbreitete Abschwächung intervokalischer<br />

Reibelautfortis nach Langyokal, der sich oft landschaftlich<br />

vor jedem Reibelaut anders verteilt,<br />

§ 34 i 2/3 und darüber, daß bei -xx- diese Leni-<br />

8ierung in mittelbair. Rückzugsgebieten bis zum<br />

völligen Schwund getrieben wurde, § 34 i 7 die<br />

Rede. Über das Verhältnis zwischen z und ß aus<br />

germ. s, ß aus german. sk und ßß aus german. t<br />

s. § 32 a.<br />

c. Zum Wandel von ß zu ß in einigen Außenmundarten<br />

s. § 32 a 4. Sonst liegt über die jüngere<br />

Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> /?-Lautes und über die<br />

Verteilung verschiedener Lautentsprechungen im<br />

Raum nichts Bemerkenswertes mehr vor.<br />

§ 44. Spätahd. ch<br />

Zur Entwicklungsgeschichte und Lautgeographio<br />

<strong>des</strong> ch (x) wurde alles Beachtenswerte schon § 43<br />

erwähnt und ebendort auf alle jene Stellen unserer<br />

Lautgrammatik, wo Wesentliches darüber zu<br />

finden ist, verwiesen. Nachzutragen ist höchstens<br />

noch ein Hinweis auf § 23 a 1; dort war von dem<br />

Vorhandensein <strong>des</strong> bühnensprachlichen Unterschie<strong>des</strong><br />

zwischen dem i^-Laut und dem a.v-Laut<br />

in den meisten bair. Mundarten in mehr oder<br />

weniger ausgeprägter Form dio Rede.<br />

§ 45. Spätahd. ff<br />

Auch bezüglich <strong>des</strong> Starkreibelautes -ff- ist<br />

§ 43 alles Wesentliche über seine modernen Entsprechungen<br />

und über deren Raumverhältnisso<br />

erwähnt worden.<br />

§ 43 a—§ 46 b 2<br />

F. Die Nasenlaute<br />

§ 46. Spätahd. n (s. Karte 23, 24 und 25)<br />

Übersicht: a. Allgemeines; n- im Anlaut. —<br />

b. -n-SchwundinstarkdruckigenSilben; — c. besondere<br />

Fälle. — d. Völlige Unterdrückung der hinter -<br />

bliebenen Näselung. — e. -n- in alten Einsilbern, —<br />

f. vor Reibelauten, — g. in anderen Stellungen. —<br />

h. Silbisches -n im Schwachdruck, — i. im Schwachdruck<br />

bestimmter Abwandlungsformen.<br />

a. 1. Über gewisse Sonderbehandlungen <strong>des</strong><br />

-n-Lautes findet man schon in vorhergehenden<br />

Paragraphen Auskünfte: über den gelegentlichen<br />

Wandel von -n- nach hinteren Selbstlauten zu -m-<br />

§ 23 a 5, von -n- nach vorderen Selbstlauten zu<br />

-7}- ebenda, über die Vereinfachung der alten Geminata<br />

-nn- zu einfachem -n- und die Dehnung <strong>des</strong><br />

vorausgehenden Vokals § 34 j 4, ebendort über<br />

unorganische -nn- aus altem -n-, über den Wandel<br />

von -rn zu -dn, -rn., -gn, s. § 50 e 2, von -rren zu<br />

-xti, -in und -bm § 50 e 9. Es versteht sich<br />

wohl von selbst, daß -n- an folgenden Lippenlaut<br />

zu -m- und an folgenden Gaumenlaut zu -T}- assimiliert<br />

wird, z. B. in hgmpff (Hanf), sempff (Senf),<br />

himpv (Himbeere) aus mhd. han(e)f, sen(e)f,<br />

hintber oder in henkx (Honig) aus mhd. hönig;<br />

über die Verbreitung dieser und anderer Formen,<br />

wie hQneff, seneff, hindibin, hinig u. a. wird daa<br />

Wörterbuch unter den zuständigen Stichwörtern<br />

Auskunft geben. — 2. Anlauten<strong>des</strong> n- kann durch<br />

Einfrierungen „falscher" Abtrennung im Satzsandhi<br />

wegfallen: n nQtzr z. B. wird fälschlich als<br />

vn-Qter zerlegt. Daher sind Qtdr (Natter), esd (Nest)<br />

u. e. a. weit verbreitet. Umgekehrt kann n- falsch<br />

hinzugefügt werden, etwa in nigl (Igel), nQsd (Ast);<br />

auch über die Verbreitung dieser Formen gibt das<br />

Wörterbuch Auskunft.<br />

b. 1. Das interessante, aber auch ein schwieriges<br />

Raum- und Entwicklungsproblem der bair. Lautgeschichte<br />

und <strong>Lautgeographie</strong> ist hier der Schwund<br />

von -n und seine Art und Weise; er vollzog sich<br />

meistens unter Hinterlassung einer Nüselung <strong>des</strong><br />

vorausgehenden Vokals. In den Einzelheiten ist<br />

dio Geschichte <strong>des</strong> -n-Schwun<strong>des</strong> so vielfältig und<br />

so verwickelt, daß das mundartkundlicho Fachschrifttum,<br />

abgesehen von gründlichen lauthistorischen<br />

Einzelmonographien, oft Fehlurteile<br />

und Mißgriffe enthält; vor allem dio flüchtigen<br />

Erläuterungen moderner dialektgeographischer<br />

Kartenbilder greifen bei ihren ,,lauthistorischen"<br />

Interpretationen gern daneben, insoweit sie auf<br />

diesen heiklen Punkt überhaupt eingehen. Wir<br />

wollen diese Irrtümer richtigstellen und gleichzeitig<br />

die modernen Lautverhültnisso, soweit notwendig,<br />

mit Hilfe historischer Quellen aufhellen.<br />

Wie so oft macht sich auch hier eine jahrzehntelange,<br />

mühselige Kleinforschung über Urkunden-<br />

Sprache, über mhd. Dichterspracho, über Sprachinselmundart<br />

und über dio Lehnwörter belohnt.<br />

Es werden die wichtigen, wenn auch nicht alle<br />

Merkwürdigkeiten in der Vernäselung <strong>des</strong> -n- im<br />

Text und vielfach in Kartenbildern vorgeführt.<br />

Unübersichtlich wurden diese alten Verhältniaso<br />

beim -n-Schwund oft durch ein weitverbreitetes<br />

Bemühen, dieses -n nachträglich wieder anzufügen.<br />

Dadurch wurden dio ursprünglichen Verhältnisse<br />

verdunkelt und verwirrt. Erst Restformen lassen<br />

in solchen Fällen die älteren Verhältnisse wieder<br />

erschließen. Gerado diese alten Restformen sind für<br />

Dialektforscher, welcho den Wert <strong>des</strong> historischen<br />

Beleggutes negieren, unlösbare Rätsel. Für uns<br />

leuchten sie unter der weithin sichtbaren Oberfliicho<br />

modernen Lautstan<strong>des</strong> als Wegweiser in dio<br />

ältere Lautgeschichte. — 2. Vor allem ist es notwendig,<br />

zwischen dem -n-Schwund in der Stark-<br />

8 113


§ 46 b 2—c 4<br />

drucksilbe <strong>des</strong> Wortstammes und dem -n-Schwund<br />

der Schwach- oder Nebendrucksilbe der Ableitungen<br />

streng zu trennen.<br />

c. 1. Auch bei den Hauptdrucksilben gibt es<br />

noch mannigfache Unterschiede in der Behandlung<br />

<strong>des</strong> -n-. Wichtig ist, ob das -n im Auslaut<br />

oder ob es im Inlaut gestanden war; im Inlaut<br />

selbst bestehen neuerdings variierende lautkombinatorischo<br />

Gegebenheiten. — 2. Stand auslauten<strong>des</strong><br />

-7i unmittelbar nach dem Hauptdruckvokal, so<br />

schwand es, wie Karte 23 durch ihre dicke Borstenlinie<br />

anzeigt, im ganzen Oberdeutschen *); also im<br />

Nord- und Mittelbairischen, z. B. in wäi n (Wein),<br />

hi n (hin), sü n (Sohn) usw.; es schwand, abgesehen<br />

von einigen nicht apokopierenden Mundarten, auch<br />

wenn einfaches -n sekundär in den Auslaut trat,<br />

z. B. in hg n (Hahn), sl n (Söhne); auch wenn -nn<strong>des</strong><br />

Mhd. in den absoluten Auslaut gerät, etwa in<br />

mg n (Mann), i ghg n (ich kann). Doch blieb es erhalten<br />

bei sekundär auslautendem -nn, z. B. in<br />

mittelbair. sün (Sonne), i ren (ich renne) usw. oder<br />

Wqpn (Wien) mhd. Wienne, Br$vn (Prien am<br />

Chiemsee) mhd. Prienne, nordbair. sün, Wein<br />

(Wien). Die Südhälfte <strong>des</strong> Südbair. hat neues -n,<br />

so Kärnten, Süd-, Osttirol und die Kernlandschaft<br />

vonNordtirol um Innsbruck, das Sill-, ötz-und Oberpitztal;<br />

in den Sieben Gemeinden blieb das -n<br />

ununterbrochen aus mhd. Zeit erhalten; ferner in<br />

Zarz, Deutschruth, Pladen, Zahre, Tischlwang und<br />

Gottschee. Es heißt z. B. in Südtirol wain, hin,<br />

sün (Sohn), hün (Hahn), sin (Söhne), i mi&n<br />

(ich meine), mgn (Mann), i khgn (ich kann) und<br />

natürlich sun (Sonne), i ren (ich renne), Wt9n.<br />

Doch ist in konservativen Rückzugsgebieten der<br />

südbair. Binnenlandschaft in wai n usw. das -n<br />

vernäselt, so in Kärnten im Oberlavant-, Obergörtschitz-,<br />

Metnitz-, Ivatsch- und Obermölltal,<br />

in Südtirol im Ahm-, Ultental, auf dem Reggelsberg<br />

und bei alten Leuten teilweise (auf der Karte<br />

nicht berücksichtigt) im Obervintschgau; ebenso<br />

in den Dreizehn Gemeinden, in Folgaria, Luserna<br />

und Lavarono als den jüngeren zimbrischen Inseln<br />

sowie im Fersental. Man könnte glauben, das<br />

Südbair. hätte wie so oft auch hier ungestört<br />

den älteren Lautstand festgehalten. Das stimmt<br />

aber nicht, ausgenommen die älteren südbair.<br />

Sprachinseln. Im größten Teil dieses jetzigen -n-<br />

Gobietes ist das -n in wain usw. erst nachträglich<br />

rekonstruiert worden. Restformen mit Schwund<br />

finden wir weiter unten. — 3. Stand dieses -nnach<br />

mhd. Langvokal oder nachträglich gelängtem<br />

Vokal vor folgendem -t-, so sieht das jetzige<br />

Schwundgebiet etwas anders aus als bei den Auslaut-n.<br />

-n- stellt jetzt in dieser Stellung auch im<br />

Nordbair. und Ostfränk.; neben ivüi n gilt nordbair.<br />

büind (Beunde), früind (Freund, Verwandter),<br />

gmQind (gemeint); <strong>des</strong>gleichen im Westtiroler<br />

Oberinngebiet von Zams aufwärts puint, fruint,<br />

gmunnt im Anschluß ans vorarlbergerische bünd,<br />

frönd, gmQvnt und ans allgäuische buind, fruitid,<br />

gmuint. Auffallenderweiso behält auch das Wienerischo<br />

vor altem -t- sein -n- (frdnd, gmünd); es<br />

unterscheidet sich dadurch vom Niedorösterreichischen<br />

(böi n d, fräi n d,gmg~D n d) 2 ). Ähnlich liegen die<br />

Verhältnisse vor -gg-, z. B. in b£v n k (Klotz),<br />

ds"ezm,kn. In anderen Stellungen paßt der Inlautschwund<br />

meistens zum Schwund <strong>des</strong> Auslaut-n<br />

räumlich dazu, so in mundartl. $(n) n he aus mhd.<br />

enhalb (jenseits), soweit dieses Wort nicht durch<br />

seinen scharfen Konkurrenten ent und andere<br />

Sinngleiche verdrängt worden ist, in L$t> n hv(r)d<br />

(Leonhard aus mhd. Lienhart). Ebenso stimmt zu<br />

wai n der Schwund nach nhd. Langvokal vor folgendem<br />

-l in ä^l (Großmutter), e nd l (Großvater),<br />

Qv n l(&)f (elf) aus mhd. änele, enel, einlif 3 ) und teilw.<br />

im Mittelbair. sogar in ghg nä l (Kanne) aus mhd.<br />

kannele neben verkehrsnäherem ghgndl; <strong>des</strong>gleichen<br />

vor -r in sdgv n r (Steine(r), plur. zu Stein), v kxlgv n r<br />

(ein kleiner), h$v n r (Hühner) 4 ); schließlich in<br />

dg n r (Donner), 8 dg n rd (es donnert). Dazu ist freilich<br />

einiges zu bemerken. H%v n (r) ist bis jetzt als einzige<br />

dieser Lautungen gemeinmittelbair. geblieben, o<br />

glgvnvaber u. Sdgvnv 5 ) sind als verdeutlichende Neubildungen<br />

im Mittel- und Nordbair. herrschend<br />

geworden. In Kärnten und Tirol gilt meistenteils<br />

tondsr, s tonddrt mit lautgesetzlich erhaltenem -nn-<br />

(-nd- vor -r- s. § 27 j); dünn, s dünnd (dönv, s dönvd)<br />

beherrscht mit dem Ostfränk. den größten Teil<br />

<strong>des</strong> Nordbair., wo nur eine kleine Insel zwischen<br />

Eger und Mies -n-Schwund aufweist; schließlich<br />

treffen wir zu unserer Überraschung dünD, s dünvd<br />

in Niederösterreich mit angrenzenden Gebieten;<br />

dort stammt es wohl aus der älteren mittelbair.<br />

Verkehrssprache, vielleicht gefördert durch mitteld.-schlesische<br />

Einsickerungen. Dabei fällt das<br />

Auftreten von dQunv, s dgunvrt in den mittelbair.<br />

Sprachinseln um Brunn, Wischau und Budweis<br />

auf. Bei diesen Wörtern deutet den -n-Schwund<br />

Karte 23 im Raum an. — 4. Die ersten urkundlichen<br />

Belege für Schwund dieses avis- und inlautenden<br />

n tauchen gegen 1300 auf, und zwar nicht<br />

nur auf nord- und mittel-, sondern auch auf südbair.<br />

Gebiet in Gegenden, wo jetzt wieder -n gilt. Frei<br />

bleiben von Restformen mit -n-Schwund im Binnenland<br />

nur das Pustertal, in den Außenmundarten<br />

nur die Sieben Gemeinden und Gottschee.<br />

Restformen dieser Art sind im Bereich der allgemeinen<br />

Wiederherstellung <strong>des</strong> n üdl(a) (Großmutter,<br />

s. Karte 23 mit senkrechter Schraffur)<br />

und edl (Großvater), stgor (Steine; im Liesergebiet,<br />

im Obergurk-, Gegendtal), v khlgor (ebd.), hi>nr<br />

(Hühner; ebd.); puit (Beunde; im ötz-, Sill-,<br />

Passeier-, Sarn- und teilw. im Eisacktal) und<br />

pailn (im Mittermölltal) sowie $hl, qnhl (jenseits;<br />

in Kärnten), Levhrt, Liahrt (Leonhard; vielfach in<br />

Tirol und in Kärnten), in Gegenden, wo jetzt -nherrscht.<br />

Besonders reich ist der schriftspracheferne<br />

Wortschatz an derartigen Restformen. In<br />

großen Teilen von Kärnten nennt man nach altslowen.<br />

pre n lro den obersten Raum und die Seitenteile<br />

der Scheune p(r)älr, gnp(r)ütr, während die<br />

näselnden Mundarten dafür älteres p(r)ü n tr einsetzen;<br />

ugf. im gleichen Gebiet gilt für altslowen.<br />

c ? c"c mundartl. tmtä (Spielzeug) gegen oberdrautal.<br />

tsänts, und vielfach hört man in Kärnten renkkl<br />

dser> n 3<br />

) Vgl. ferner gvlf in West- und teilw. in Zentralund<br />

Südtirol, glj in den Sieben Gemeinden; in<br />

Steiermark, Unterkiirnten, Niederöaterr., Südmäh-<br />

ki) (Flügolnägel an Bergschuhen) bzw. bQDtik, ren und Burgenland steht dafür altschriftspr. ülj<br />

bzw. mundartl. alf, al(v)\\ darüber lagert sich<br />

überall schriftspr. elf. Also auch hier hochsprachl.<br />

1<br />

) Wenn nach Karte 23 in einem kleinen Gebiet Überschichtungen bei Zahlwörtern.<br />

<strong>des</strong> oberen Bregenzerwal<strong>des</strong> -n erhalten geblieben *) In Süd-, Osttirol und Kärnten entspricht<br />

bzw. neu hergestellt worden ist, so berührt uns diese jetzt kxlgvndzr, hidndzr, gnndtef (Kärnten, Ost-<br />

Sonderentwicklung auf aleman. Boden, hier, wo es und Südtirol), in den jüngeren zimbr. Inseln<br />

um bair. Verhältnisse geht, nicht mehr.<br />

kxhw<br />

2<br />

) Im Zahlwort mhd. zweinzig (zwanzig) ist das<br />

-7j- unter vorkehrssprachlichem Einfluß fast überall<br />

vorhanden.<br />

n dvr usw.<br />

5 n<br />

) Daneben mittelbair. adgv und nordbair.<br />

idgi n , die nicht mehr erkennen lassen, ob mhd.<br />

steiner oder steine vorliegt.<br />

114


oder riakkl (schwarzer Rußstrich im Gesicht) und<br />

tfyvkkry (Flügelnägel am Bergschuh) neben r^xmßckl,<br />

tsgvrikkn,. Im ötz- und Silltal begegnen uns solche<br />

Restformen sogar als feste Regel, z. B. vor ß und<br />

r in a grfoß (ein grünes), a gridr (ein grüner) neben<br />

gridne (grün); weil im Otztal genäseltes Q ZU ä verändert<br />

wurde (häm9r, mäne „Mond" aus mhd.<br />

hamer, mäne), treffen wir dieses ä statt g auch<br />

dort an, wo ein Nasenlaut geschwunden ist, z. B.<br />

in päwqlt (Bannwald), äwqlt (Anwalt, d. i. Art<br />

Bürgermeister) und sogar in häkkry (Haken), das<br />

im benachbarten Oberinntal tatsächlich als hou n kkv<br />

mit Näselung gesprochen wird. Vereinzelt trifft<br />

man in Kärnten und Tirol sogar alte Lautungen<br />

wie a kxlgv kxind (ein kleines Kind), Sev wetr<br />

(schön Wetter). Die rekonstruierenden Mundarten<br />

standen offenbar einstmals vor der Wahl, bei genäseltem<br />

Selbstlaut entweder das -n- neu herzustellen<br />

oder die Näselung selbst zu unterdrücken.<br />

Bald machte man es so, bald so.<br />

d. Auch in einigen mittel- und nordbair. Mundarten<br />

tritt eine Neigung zutage, die zurückgebliebene<br />

Näselung nach -n-Schwund ganz zu beseitigen.<br />

Vor allem bemerken wir diese Tendenz in Grenzlandschaften<br />

gegen slawisches Sprachgebiet, wo<br />

man genäselten Vokal nicht sprechen kann; so in<br />

Teilen <strong>des</strong> Böhmerwal<strong>des</strong>, gegendweise in Südböhmen,<br />

in einigen Landstrichen von Südmähren<br />

mit nördlichsten Teilen <strong>des</strong> Mühl- und Waldviertels<br />

sowie an den Rändern mehrerer Sprachinseln,<br />

um BudAveis, Wischau und Brunn; neuerdings<br />

als Folge der starken Tschecheninfiltration<br />

vor 1918 auch in Wien. Jedoch kommt uns der<br />

Nasalierungsverlust gelegentlich auch in ausgesprochenen<br />

Binnenlandschaften unter, so in zunehmendem<br />

Maße in der Umgebung von München.<br />

e. Der unter c erörterte -n-Schwund ist, abgesehen<br />

vom südlichen Südbair., gemeinoberdeutsch.<br />

Ob mit ihm eine andere, örtlich eingeengtere<br />

Schwund-Erscheinung in Verbindung steht, bleibt<br />

dahingestellt. Es kommt mit wortweise verschiedener<br />

Verbreitung bei mehreren alten Einsilbern<br />

Vernüselung von n, m und ry vor, z. B. in lfj n g<br />

(lang; räumlich), ghi n d (Kind), dsQ n d (Zahn; mhd.<br />

zand), ghg m b (Kamm; mhd. kamp), schwäb. auch<br />

in hä n d (Hand), hö n d (Hund), Die äußerste mir<br />

bekannte Verbreitung dieser Erscheinung ist auf<br />

Karte 23 durch Schrägschraffur angezeigt. Es sind<br />

drei voneinander getrennte Gebiete: Erstens in<br />

Oberösterreich mit einigen benachbarten Landstrichen<br />

(bei Kind); zweitens im Egerland, an den<br />

Nordrändern der Oberpfalz und teilw. im östl.<br />

Ostfränkischen (bei lang; auch in einigen Landstrichen<br />

der nordbair. Sprachinsel Iglau hört man<br />

solche Lautungen); drittens in Schwaben außerhalb<br />

<strong>des</strong> bair. <strong>Dialektraumes</strong> ( bei Hund).<br />

f. 1. Bestimmt anders zu beurteilen ist der<br />

-«-Schwund vor folgendem Reibelnut. In fci n sOr<br />

(Fenster), i n s, ü n s (uns), un n sln (winseln), fi n f<br />

(fünf) entdecken wir einen neuartigen -»-Schwund<br />

im mittleren und südlichen Burgenland; in Teilen<br />

der Sprachinsel Gottschee; im Zimbrischen<br />

und im Fersental; im tirol. Oberlechtal. Jede<br />

Spur von Lautungen wio fci n st3r usw. fehlt der<br />

ahd. Sprache, ihr -n-Ausfall ist daher jüngeren<br />

Datums. Keinesfalls dürfen wir ihn als Beweis für<br />

uralte ing%yüonische Einsickerungen in Anspruch<br />

nehmen. Übrigens bilden sich im Lesachtal und<br />

in Klagenfurt unter unseren Augen gleichfalls<br />

individuelle Ansätze zu Aussprachen wie fe n stq,<br />

fe n stur usw. In<strong>des</strong>sen dürfte vor silbenauslautendem<br />

-ft und -st immerhin im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs. -ngeschwunden<br />

und sogar die Vokalnäselung beseitigt<br />

worden sein. Das beweisen nicht nur<br />

die verhältnismäßig häufigen Schreibungen kuft<br />

§ 46 c 4—h 1<br />

(Kunft), -nuft (-nunft), fufzig (fünfzig), kust (Kunst),<br />

sondern auch spätmhd. Reime, wie vernuft/sluft<br />

(Vernunft, schlöffet, 2. pers. plur. praet. zu schliefen)<br />

u. ä., sowie die Restformen fufzig, fufzehn oder<br />

mit Dissimilation fuchzig, fuchzehn (fünfzig, fünfzehn).<br />

Leider sind viele Wörter mit diesen Lautgruppen<br />

begrifflich verkehrsgebunden, vor allem<br />

Vernunft, Herkunft, Kunst, Gunst oder gar sanft,<br />

besänftigen usw.; für ihre Begriffe setzt die echte<br />

Mundart andere Ausdrücke ein. — 2. In den wenigen<br />

hierher gehörigen volksgebundenen Ausdrücken<br />

Ranft (Rand, Brotanschnitt), Grunft (Grund; in<br />

einigen Sprachinseln), Sunft (Sumpf; ebd.) existieren<br />

im Bair. Nebenformen mit -nt und mit<br />

-mpf: Rant, Grünt; Rampf, Grumpf (dieses in<br />

einigen Sprachinseln), Sumpf (ebd.). Die Formenvermengung<br />

hat sogar auf Tanft neben Tampf<br />

(Dampf), tüfteln neben tümpfeln und tüpfeln<br />

(übergenau sein) usw. übergegriffen, wo sie gar<br />

nicht berechtigt ist (über die Verbreitung s. Wörterbuch).<br />

Auch bei Ranft neben Raft (s. ebd.)<br />

kann Wortmischung hereinspielen. — 3. Im Alem.<br />

ist der -n-Schwund vor Reibelaut etwas älter als<br />

im Bair.; das beweisen schwäb. feif (fünf), ous, öüs<br />

(uns), die schon um 1200 urkundlich faßbar sind. Am<br />

Nord- und Ostrand <strong>des</strong> Schwäb. bemühte man<br />

sich unter ostfränk. und bair. Einfluß hinterher,<br />

das -n- neu einzufügen, doch tat man oft <strong>des</strong><br />

guten zu viel. Es taucht auch dort auf, wo es nicht<br />

hingehört, z. B. in schwäb. fau n sd (Faust), mau n s<br />

(Maus), lai n s (leise), dsai n sdig (Dienstag, ahd.<br />

zistag). Solche „falscho" schwüb. -»- findet man<br />

gelegentlich noch im bayr. Lechrain und in Teilen<br />

von Westtirol in fau n st, mau n s. — 4. Anders zu<br />

beurteilen ist gelegentlich regressive Vokalnasalierung<br />

in änäi n do (Schneider), snai n üßn (schneuzen)<br />

in Westtirol, im West- und Nordbairischen<br />

und in 7ngo n stvr (Meister) u. a. quer durch Tirol<br />

bis ins Obermölltal. — 5. Zur Behandlung der<br />

Lautfolgo -nk- s. § 38 a 4.<br />

g. In einigen mittel- und nordbair. Landstrichen<br />

werden die Nasenlaute vor Verschlußlaut allgemein<br />

reduziert artikuliert: latnppl (Lämmlein) usw.<br />

Mancherorts führt diese * Neuerung individuell<br />

schon bis zum Nasalschwund: la m ppl, bi n ttn (binden),<br />

bi n kkl (Bünggel). Dicso Umbildungen sind<br />

zu jung, als daß wir sie vergleichen dürften mit<br />

den vorhin behandelten Vernäselungen.<br />

h. 1. Haben wir bei den Hauptdrucksilben eine<br />

Reihe zeitlich, räumlich und lautkombinatorisch<br />

verschiedener Ursachen <strong>des</strong> -n- Schwun<strong>des</strong> erfahren,<br />

so liegen beim -n-Schwund zvi mundartl. -v in<br />

Schwach- und Nebendrucksilben die Verhältnisse<br />

wenn möglich noch komplizierter. Verschieden<br />

ist die Gestaltung <strong>des</strong> norn. sing, bei den schwachen<br />

Substantiven in Sachbezeichnungen wie Garten,<br />

Kasten; Rosen, Stauden, die aus den casus oblirjui<br />

in den nom. übertragen wurden; in den Personsund<br />

Tierbezeichnungen aber, etwa in Mvhmc,<br />

Henne, Bube, Ochse, Hase, gehen die Lautunpen<br />

direkt vom lautgesetzlichen nom. aus; bei den<br />

Sachbezeichnungen entschied nur in Teilen von<br />

Tirol und in südl. Außenmdan. der mhd. nom. garte,<br />

koste; rose, stüde bzw. ahd. gnrto, kasto; rosa,<br />

stüdd (vgl. Einltg. 39). Diese Formen lassen wir<br />

hier ganz nußer acht. Lassen wir einstweilen auch<br />

alle anderen durch Flexions- und Paradigmenausgleich<br />

hervorgerufenen Störungen (s. § 46 i)<br />

beiseite, so kristallisiert sich im Raum sofort ein<br />

echnrfer Kontrast zwischen dem Alem. und dem<br />

Südbair. heraus. Im Alem. sind alle silbischen -n<br />

(-m, -n) ohne Ausnahme zu -v verändert, das<br />

Südbair. hat dagegen unter allen Umständen das<br />

•n beibehalten. Dieser Kontrast zwischen nlem. -v<br />

in redv (reden) usw. und südbair. -?i in redn bein-<br />

115


§ 46 h 1—h 9<br />

haltet noch eine räumliche Merkwürdigkeit. Die<br />

alem. Alleinherrschaft <strong>des</strong> -t> gegen -n greift über<br />

den Lech und über den Arlberg auf westbair.<br />

Boden übor. Das läßt die dicke Linie der Karte 24<br />

gut erkennen. Am bayr. Lechrain bis zum Ammersee<br />

und bis in den Ammergau und im Oberinngebiet<br />

bis Imst gilt noch das kompromißlose alem.<br />

-D. Es sind jene Gebiete, in welchen wir auch sonst<br />

oft ausgesprochene Alomannismen vorgefunden<br />

haben. Daß diese -o nicht sehr alt sein können,<br />

beweist das Zimbrische als Westtiroler Außengründung<br />

der Zeit um 1100 mit seinem archaischen<br />

-cn. Es laufen sonach die jüngeren westtirol.<br />

Lautungen reidv (reden), fgllo (fallen), rinnv<br />

(rinnen), warßv (werfen), mgxxo (machen) und<br />

die alten zimbrischen Laiitungen reden, vollen,<br />

rinnen, w$rßen, maxxcn, obgleich derselben Westtiroler<br />

Landschaft entsprossen, weit auseinander.<br />

Die Sieben Gemeinden haben sich vor der Alemannisierungswello<br />

in Westtirol isoliert. Westtirol<br />

selbst hat sie über sich ergehen lassen müssen.<br />

Nebenbei bemerkt setzen sich diese alem. -o nach<br />

Norden übor die Westhälfte <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />

ins Rheinfränkische fort (s. Karte 24). —<br />

2. Das Mittel- und Nordbair. und der Rest <strong>des</strong><br />

Ostfränk. verhalten sich dem Alem. gegenüber<br />

scheinbar nicht mehr so kompromißlos. Je näher<br />

wir vom Süden wie vom Norden her der Isar-<br />

Donaustraße kommen, <strong>des</strong>to häufiger werden auch<br />

im Bair. die -o für schriftd. -en. Doch sind diese -v<br />

im Bair. anders entstanden als im Alem. Im Bair.<br />

sind sie lautkombinatorisch gebunden. Von einem<br />

Eindringen alem. Merkmale kann hier nicht mehr<br />

die Rede sein. — 3. Am weitesten verbreitet ist<br />

der Wandel von -vn zu -v nach Nasenlauten in<br />

(mittelbair.) Swlmv (schwimmen), rlnv (rinnen),<br />

£brqti,D (sprengen). Hier beginnen die -v, in der<br />

Karte 24 durch Weitschraffur angezeigt, im Süden<br />

schon in Tirol bei Innsbruck und im ganzen tirol.<br />

Unterinngebiet, sio überdecken das ganze Land<br />

Salzburg mit dem kärntn. Katschtal, das steir.<br />

Ennsgebiot mit der Maria Zeller-Gegend, die nördliche<br />

Oststeiennark und das nördliche und mittlere<br />

Burgonland; sie beherrschen den ganzen mittelund<br />

nordbair. Raum und nördlich davon das<br />

ostfränk.-mitteld. Gebiet; forner auch die mittelund<br />

nordbair. Außenmundarten. — 4. Nach -hund<br />

Gaumenreibelaut, z. B. in läi(h)v (leihen),<br />

"i?.v.r" (machen) sowie nach -kk- aus älterem -kx-<br />

(Genaueres dazu s. § 38 a 8) ist der Verbreitungsraum<br />

im wesentlichen schon auf das mittelbair.<br />

Gebiet eingeengt. Im Burgenland und in der Oststeiermark<br />

fällt die Gronzo von -,Y» in mgxxo usf.,<br />

auf Karte 24 gekennzeichnet durch Engschraffur,<br />

noch zusammen mit der Grenzo für -JID in rinn<br />

usw.; es stimmen auch im mittleren Burgenland<br />

und in der nördlichen Oststeiermark -no und -xv<br />

räumlich zusammen. Im Höllental zwischen Rax<br />

und Schneoberg stehen sich aber ritw und mgxxn<br />

bereits im gleichen Raum gegenüber. Vom Ennsgebiet<br />

an zieht sich dio -A"»-Grenze wesentlich<br />

weiter nach Norden zurück als dio -»D-Grenzo.<br />

Hier haben nur mehr dio oborösterr. Seite mit<br />

Aussee -x». weiters der Tennen- und Flachgau, der<br />

Südrand von Oborbayern (ausgenommen das<br />

Berchtesgadner Land und den südlichen bayr.<br />

Lechrain mit dem Werdenfelser Land mit ihrem<br />

-A-n). Der Norden der Oberpfalz und das Egerland<br />

sprechen durchaus -x>h ebenso der Osten dea<br />

Ostfränk. und das angrenzende Mitteid. — 5. Das<br />

Gebiet, in dem auch nach den Lippenreibelauten<br />

altes -n als -v auftritt, ist wieder otwaa kleiner. Es<br />

erstreckt sich über dio mittelbair. Kernlandsehaft:<br />

in unserer Karte ist es schwarz koloriert. Die Karte<br />

zeigt uns deutlich die oberösterreichischo Beharr-<br />

116<br />

samkeitsbrücke, wie wir sie schon öfters, z. B.<br />

auf Karte 6 und § 4 g 3, gesehen haben. Diese<br />

Brücke hat den mittelbair. Wandel von -fn zu -/»<br />

nicht durchgeführt. Durch sie ist das mittelbair.<br />

Kerngebiet wieder in zwei modernisierte Hälften<br />

zersprengt: -/» kommt im Westen von ihr in<br />

Oberbayern (ohne den Südrand), in Niederbayern,<br />

in der Südhälfte der Oberpfalz und im Unteraltmühltal<br />

Mittelfrankens vor, im Osten davon in<br />

Niederösterreich (ohne die Grafschaft Pitten) und<br />

im nördlichen Burgenland. Über gelegentliche -pv<br />

statt erwarteter -pm im Ostmittelbair. in dgppD<br />

(tappen), §l$ppv (schleppen) s. § 39 c 3. — 6. Die<br />

moderne Dialektgeographie erlaubt zwei Entwicklungsmöglichkeiten<br />

für mittelbair. -fv und -xVi<br />

die wahrscheinlich beide beschritten worden sind.<br />

Im angrenzenden Erhaltungsgebiet <strong>des</strong> -n wird im<br />

Westen z. B. in öfm, mgxxVi der Nasenlaut mit<br />

so leichtem Verschluß gebildet, daß man oft<br />

glaubt, nur ein sehr stark genäseltes -v n gehört<br />

zu haben. Wäre der Verschluß um ein geringes gelockert,<br />

so entstände sofort dieses -v n und weiter<br />

natürlich -v. Diese eigenartige Artikulation<br />

treffen wir am Südrand von Oberbayern, in Tirol<br />

im Unterinngebiet, im Salzburgischen, soweit -n<br />

erhalten geblieben ist, im steir. Ennstal bis zum<br />

Gesäuse. Der Osten deutet den anderen Weg an.<br />

Hier wird zwischen dem Lippen- und Gaumenreibelaut<br />

(und -h-) und dem -n der mehr oder weniger<br />

deutlich wahrnehmbare Gleitlaut -v- eingeschoben.<br />

Man spricht in der Mittelsteiermark, (bei den<br />

Alten) im Mürzgebiet und (alt) im obersteir. Murgebiet,<br />

im südl. Burgenland, in Unterkärnten und<br />

(alt) in Mittelkärnten oufvn, mgxxon oder ähnlich.<br />

Verwandte Aussprachen, nämlich oufvn, mgxxvn<br />

(-an, -in) findet man davon entfernt in Teilen<br />

von Osttirol und im Mittermölltal. In jüngeren<br />

zimbr. Inseln und im Fersental ist dieses -vn<br />

sogar nach jedem Reibelaut üblich. Es lautet<br />

z. B. in Luserna nicht nur ÖVDH, h§lvvn, Saffvn<br />

und maxxon, rukkxon (rücken), sondern auch<br />

eßßvn (essen), hQvzvn (heißen), wißßvn (wischen),<br />

vörzvn (forschen, fragen), rüvzvn (das Feuer schüren;<br />

mhd. ruoschen). — 7. Dieses spätzimbr. -vn<br />

darf man mit dem allgemeinen -nn der Dreizehn<br />

Gemeinden nicht verwechseln. In den Dreizehn<br />

Gemeinden gilt -vn in allen Stellungen, also über<br />

ÖUVDII, helßvn, saffvn, maxx^n, $ßßvn, hQvßßvn<br />

usw. hinaus auch in gqwvn (geben), rqgvn (Regen),<br />

reidvn (reden) usw. Hier stellt -vn lediglich eine<br />

Variante zum alleinherrschenden -en der Sieben<br />

Gemeinden dar mit ihrem oven, ge.iven usw. —<br />

8. Wenn daneben auch in den Sieben Gemeinden<br />

beim Zeitwort -an vorkommt, so haben wir eine<br />

andere Verbalform vor uns. Es ist das erhaltene<br />

ahd. Gerundium im dat., ahd. ze helfanne und<br />

mhd. ze helfcnne. Noch jetzt stehen sich in den<br />

Sieben Gemeinden inf. heißen und gor. tßo helffan<br />

suffixmäßig unterschieden gegenüber. In der jüngeren<br />

zimbr. Mundart besteht derselbe Unterschied<br />

zwischen (Dreizehn Gemeinden) hclßnn und tßv<br />

hclßan, in Luserna zwischen helvDn und tso helva.<br />

Auch in den übrigen südbair. Sprachinseln (ausgenommen<br />

das Fersental und Tischlwang) hat das<br />

Gerundium mit -an seine Sonderstellung behauptet,<br />

z. B. in Zarz inf. hclßm gegen ger. tse hclßan,<br />

etwas anders in Gottscheo inf. haußm (helfen)<br />

gegen ger. tea haußgn. Auch den Genitiv <strong>des</strong> ger.<br />

gibt es in den südbair. Außonmundarten, z. B.<br />

in den Sieben Gemeinden hclßa n ß (während <strong>des</strong><br />

Helfens), in Gottscheo haußgni. — 9. Unter anderen<br />

lautkombinatorischen Sonderstellungen wird im<br />

Bair. -n auch gelegentlich zu -b. Nach Vokal wird<br />

es in schauen, reuen, bleuen usw. im Nordbair. und<br />

Ostfränk. nördlich dos schwarz kolorierten Go-


ietes als sauv, räio, bläiv atisgesprochen, ebenso in<br />

Sbäiv (speien), änäiv (schneien). Sie haben im Mittelund<br />

Südbair. in altbair. Weise ihr -w- erhalten:<br />

Sbäi(b)m, snäi(b)m. Ihnen hat sich im Nordbair.<br />

das -en nach mhd. -h-, aber nicht mehr nach -chund<br />

-k(ch)- angeschlossen, etwa läip (leihen),<br />

s$(v)-v (sehen), dse(v)-v (zehn). Merkwürdig ist<br />

die Behandlung <strong>des</strong> -en in den mhd. Wörtern<br />

mden (mähen), säen (säen), drden (drehen) usw.;<br />

vgl. dazu Einltg. 24. Bei ihnen hat zwar das<br />

Mittel- und der Norden <strong>des</strong> Südbair. vielfach erwartungsgemäß<br />

in mä n , sä n , drä n sein -n wie in<br />

wäi n (Wein) usf. behandelt. Aber an der Grenze<br />

gegen das alem. mq(i)v und gegen das ostfränk.<br />

me-o ist, gewissermaßen als Grenzversteifung, das<br />

-n überall da, also män usf. Das ist der Fall östlich<br />

folgender Orte mit -v: Asch (Böhmen), Weidenburg<br />

östl. Bayreuth (Oberfranken), Pegnitz (Mittelfranken),<br />

Schnaittach (östl. Nürnberg), Hilpoltstein,<br />

Gunzenhausen, Donauwörth 6 ), östl. <strong>des</strong><br />

Lechs mit Augsburg (Schwaben), östlich <strong>des</strong><br />

Ammer- und Staffelsees (Oberbayern), Ehrwald<br />

(Tirol), Berwang, Weißenbach am Lech und von<br />

dort weiter nach Süden östlich <strong>des</strong> Arlbergs und<br />

der dicken Linie der Karte 24 7 ). Die Ostgrenze<br />

<strong>des</strong> westbair. •mün-Gebietes läuft von Neuern (mit<br />

man) im Böhmerwald über Straubing (Niederbayern),<br />

Landau a. d. Isar, Wartenberg südöstl.<br />

Moosburg (Oberbayern), Grafing, Schlierseo, Langkampfen<br />

(Tirol), Alpach, Gerlos- von dort weg wird<br />

sie als bair. Grenzversteifung unbrauchbar-, ostwärts<br />

am Tauerkamm bis zum Ankogel. Sie trennt<br />

dann den Pongau (mit mä n ) vom Lungau, nimmt<br />

Öblarn (Steiermark) und den Westen <strong>des</strong> Ausseer<br />

Lan<strong>des</strong> auf die män-Seite, zieht entlang der stcir.<br />

Nordgrenze weit nach Osten bis zum Semmering,<br />

8ie läßt aber dann die Oststeiermark im mä n -<br />

Gebiet, während das mittelsteir. Murtal noch män<br />

aufweist. Der Süden <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong> bildet eine<br />

selbständige män-Insel, ebenso Wien und Umgebung.<br />

Sonach besteht män im Nordbair., im Westen<br />

von Nieder- und Oberbayern, in Tirol ohne den<br />

äußersten Westen und ohne das Unterinngebiet,<br />

in Kärnten, im größten Teil der Steiermark und in<br />

den beiden rmm-Inseln. In einigen Gegenden ist<br />

hier die inf.-Endung sogar verdoppelt worden:<br />

mämn, männn, mänv beherrscht die Südtiroler<br />

Verkehrslandschaft, das Zimbrische {menen), das<br />

Fersental und Gottschee, ferner neben män Kärnten,<br />

Teile von Südmähren und das Egerland um<br />

Mies. Ungefähr im selben Gebiet, wenn auch nicht<br />

immer mit derselben großräumigen Ausweitung,<br />

gilt ploinvn (bleuen), plt9nvn (blühen), mancherorts<br />

auch sainnn (sein), tQvnvn (tun). Im Lungau,<br />

im Liesergebiet und im unteren Obermölltal treffen<br />

wir auf -dn in mädn, ploidn, pltidn, <strong>des</strong>gleichen im<br />

Westpustertal (ohne Ahrntal) sowie häufig in den<br />

mittleren und unteren Tiroler Hochtälern (aber im<br />

Ötztal nur man, plupn). — 10. Die Verdoppelung<br />

der Endung erklärt sich aus alten Doppelformen<br />

nach Nasenlauten. Im Ostpustertal, in Osttirol, in<br />

Kärnten und im obersteir. Obermurgebiet westlich<br />

von Kraubath hört man iivim, rin, Sprei} insbesondere<br />

bei älteren Leuten neben iwitnvn, rirwn,<br />

aprenvn. Das gleiche Schwanken gilt in Gottscheo<br />

und weit entfernt im Tennengau. —11. Nach langem<br />

und gedehntem Vokal findet man -n aus -nvn in<br />

e ) Doch gilt in Mittelfranken um Mnneck, Thalmässing,<br />

Mörnsheim, Pappenheim und Weißenburg<br />

am Sand mä n wio im Binnenbairischen.<br />

7 ) In Westtirol gilt mai{v usf. Dasselbe mmja/i,<br />

nunmehr mit -n, treffen wir im Obervintschgau<br />

bis Eirs. Auch hier dürfte einstens nuu'jz> mit -v<br />

geherrscht haben.<br />

§ 46h 9—i 2<br />

mittelbair. Rückzugsgebieten, z. B. in mQvn<br />

(meinen), d$vn (dienen), wgn (wohnen) neben<br />

neuerem mQvnv, d$vnv, WQHV. — 12. Auch nach -lstoßen<br />

wir gelegentlich auf Assimilationen von -In<br />

zu l. Im Schwachdruck, z. B. in pettl (betteln),<br />

gibt es diese Angleichung in Südtirol (ohne Vintschgau<br />

und ohne Passeier), im Puster- und Lesachtal<br />

sowie teilweise um Gottschee; ferner im steir.<br />

Murgebiet (ohne Mürztal) bis Gleisdorf und Mureck<br />

in der Mittelsteiermark und in Unterkärnten.<br />

Ihnen treten in anderen Landschaften überdeutliche<br />

Formen, wie p§ttlvn mit -on, gegenüber. Wir<br />

beobachten sie in einem schmalen Nord-Südstreifen<br />

quer durch Oberbayern entlang der allgemeinen<br />

-»-Grenze (Karte 24 und § 46 h 1), der über Mittenwald<br />

(Oberbayern) bis Scharnitz (Tirol) und Zirl<br />

als pettla weitergreift; ferner als -Ivn in Westtirol<br />

mit dem Sillgebiet, dem Passeier und<br />

dem Vintschgau; zum zweitenmal als -Ivn im<br />

osttirol. Iselgebiet mit dem Obermölltal; zum<br />

drittenmal in der südöstlichen Oststeiermark und<br />

im südlichen Burgenland. Eine ähnliche Verteilung<br />

entdeckt man bei fgl (fallen), tsti>l (stehlen)<br />

usw. bzw. bei fglln?i, stqnlun und bei ]glla, stQvla,<br />

wobei jedoch im Steirisch-Burgenländischen nur<br />

mehr das generelle -n herrscht. Streng davon zu<br />

trennen ist -dlnn der Deminutiv-Verba und der<br />

Geruchs- und Geschmacks-Verba aus mhd. -inen;<br />

dazu s. § 46 i 5/6. In Osttirol und teilw. in Oberkärnten<br />

begegnet uns wider Erwarten -a in pairina<br />

(Bäurinnen) und in „übertriebenen" plur.-Formen<br />

StQnn,nna (Stangen), Spgnriwia (Spangen) usw. mit<br />

•a für -en in der dritten Silbe nach der Stammsilbe.-<br />

13. Inlautend ist der Wandel von -en zu -v urkundlich<br />

seit dem ausgehenden 13. Jh. im Gesamtbair,<br />

allgemeiner nachweisbar. Reste dieses erweiterten<br />

Wandels sind nach Karte 25 (dicko Borstenlinie)<br />

in däusnd (tausend) weit über dio allgemeine<br />

-D-Grenze der Karte 24 nach Osten bezeugt.<br />

Däusnd greift in Nordtirol bis ins Innsbrucker<br />

Becken, in Ober- und Niederbayern bis gegen<br />

Salzburg und bis nach Straubing. In shvnlßk<br />

(siebenzig) reicht -v- in Südtirol noch weiter nach<br />

Osten bis Toblach, in Nordtirol bis Kufstein, es<br />

überdeckt fast ganz Niederbayern und die Oberpfalz<br />

mit Teilen <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>; sein -v- taucht<br />

nochmals im Osten auf, in der Mittelsteiermark, im<br />

südöstl. Niederösterrcich und fast im ganzen Burgenland;<br />

s. Karto 25. Avich sonst ist das Bair.<br />

insbesondere in Ortsnamen voll von Restformen<br />

mit -To- vor folgendem Mitlaut. Sollto etwa einstens<br />

im Bair. -n- für -en- im Satzsandhi vor folgendem<br />

Mitlaut Inutgesetzlich gewesen sein ?<br />

i. 1. Wir wollen noch eine gesonderte Betrachtung<br />

bestimmter Flexionsformen vornehmen. Bei<br />

gewissen Verbalformen ist in der Nordhälfto der<br />

Sprachinsel Iglau die Endung -en ganz abgefallen,<br />

z. B. in pukx (bücken), täff (taufen), gwun (gewonnen),<br />

kMox (gestochen). Beim inf. ist diese Endungslosigkeit<br />

ein uralter Zustand, er läßt sich fürs<br />

Westmitteid., wo er noch jetzt üblich ist, bis ins<br />

9. Jh. zurückverfolgen. Sonderbar ist dabei allerdings,<br />

daß sonst im Iglauerischen keinerlei Spuren<br />

westmitteldeutscher Element« nachweisbar sind. —<br />

2. Bei den part. prät. der starken Vorba herrscht<br />

im tirol. Oberlechtal Neigung zu schwachen Bildungen,<br />

etwa in gvirunkxt (getrunken), gnproxt<br />

(gebrochen), get (gegeben). Die gleichen Formen<br />

existieren im Zimbrischen, etwa in den Sieben<br />

Gemeinden gntninkxt, gnproxixc)t, gct. Andererseits<br />

gibt es in denselben Landschaften wieder<br />

starko Formen; in den Sieben Gemeinden beim<br />

flektierten part.: an goproxx 9}U ^ 9r ( c ' n gebrochener),<br />

an godcnkxvna (eine gedachte), an toßßigä-<br />

117


§ 46 i 2—§ 48 a<br />

rona (eine vergiftete; zum inf. toßßigärn „vergiften"),<br />

im Oberlochtal in Dreisilbern: gvpeitlv<br />

(gebettelt), gvdonnvrv (gedonnert), gvlägnp (geleugnet).<br />

Im ötztal, im Pustertal, in Pladen, Zahre<br />

und in Teilen von Gottschee besteht umgekehrt die<br />

Tendenz, die part. prät. schwacher Verba stark zu<br />

bilden, so (ötzt., ähnlich teilw. gottsch.) gdhgbm<br />

(gehabt), (pladn.) gQttn (gehabt), (ötzt. usw.)<br />

gapgd?i (gebadet) usw. — 3. Im Zimbrischen, in<br />

Teilen von Gottschee, im Pustertal und in 'Westtirol<br />

bewahren öfters die ahd. Substantiva mit<br />

-ana, -ina, -una usw. in irgendeiner Form den Auslautkonsonanten,<br />

etwa in den Sieben Gemeinden<br />

li{7}nora (Lunge), verßßinga (Ferse), kxettii}ga<br />

(Kette), im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> lön,grd,<br />

kxüxxte oder kxüxxin(d) (Küche) 8 ), kxettin, in<br />

Zahro lungl, im Pustertal teilw. asn (Äse, Holztrockengestell<br />

oberm offenen Herdfeuer), kxesn,<br />

kxeisn (Getreideharfo), kxettn, loiksn (Leuchse,<br />

Wagenrungo), in Westtirol al(k)ßnv, -Iv (Else,<br />

Traubenkirsche), feorsnv (Ferse), kxettnv .— 4. Im<br />

Osten wurde zu beiden Seiten der Donaustraße<br />

älteres -(n)nvn als plur.-Suffix der schwachen<br />

Ha\iptwörter zu -r>n assimiliert: ghedvn (Ketten),<br />

fl^ßßon (Flaschen), sdüwvn oder sdiwon (Stuben);<br />

büiwnn (Buben, Burschen). Dieses -rm ist, vielfach<br />

schon voraltornd, vorhanden um Brunn, um<br />

Wischau und überraschenderweise um Iglau,<br />

ferner nördlich der Donau restweise im Weinviertel<br />

und in Südmähron, südlich der Donau im<br />

Burgenland (ohne Raabtal), in der Oststeiermark<br />

und in der Grafschaft Pitten; als -en gilt es ferner<br />

in Rückzugsinseln <strong>des</strong> Schlesischon. Außerhalb<br />

der bair. -on-Gobiete entspricht im Mittel-und<br />

Nordbair. vielfach -wo (ghednv usw.), in der Osthälfto<br />

<strong>des</strong> Südbair. -non. — 5. Die deminutiven<br />

Verba haben in Tirol und in Teilen Oberkärntens<br />

-vlmi, z. B. in rqgn,vlvn (schwach regnen), laxx D ^ vn<br />

(lächeln), ebenso in den südbair. Sprachinseln,<br />

restweise gelegentlich auch sonst in Kärnten, in<br />

der Steiermark und im Burgenland; veraltetes<br />

-nHn gibt es im Süden von Oberbayern und von<br />

Oberösterreich mit dem niederösterr. Eisenland;<br />

-oi'n im Sundergau, im Salzachgau und im Salzburgischen.<br />

Sonst herrscht -J^ln. — 6. Bei den Zeitwörtern<br />

der Sinnesempfindungen auf mhd. -inen<br />

wie *huntinen (nach Hunden riechen oder schmekken),<br />

wildinen (nach Wild riechen oder schmecken),<br />

*bockinen, *böckinen (nach Geißbock riechen oder<br />

schmecken) usw. fallen die jetzigen Entsprechungen<br />

für gewöhnlich zusammen mit den Deminutiv-Verben<br />

auf -den. Doch gibt es auch andero,<br />

besonders altertümliche Entsprechungen. Am ursprünglichsten<br />

ist -ain(cn) in huntain(cn) usf. in<br />

den Außenmundarten Gottschee, Zarz, Deutschruth<br />

und Iglau und in don Binnenmundarten <strong>des</strong><br />

Zillertales, der nördlichen Oberpfalz und <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>;<br />

-onon haben wir veraltet im nördlichen<br />

Mittelkärnten, im obersteir. Murgebiet und im<br />

südlichen und mittleren Burgenland; -vnvntn mit<br />

Varianten wie -vrvntn, -nlontn im Pinz- und Pongau<br />

und im steir. Ennstal. — 7. Eine auffallende<br />

Dreiteilung begegnet uns für modernes nhd. -en<br />

im ötz- xmd Oberpitztal. Für gewöhnlich entspricht<br />

dem schriftd. -en mundartliches -n:<br />

(ötzt.) hgzn (Hasen), mQxxi} (machen), lebm (leben),<br />

rnitn (reiten), icckkxVi (wecken), mit vredn (mit<br />

Freuden) usw. Steht aber unser -en im plur. schwacher<br />

fern. Hauptwörter, so gilt in dor Regel -an:<br />

Staüddn (Sträucher), vlgßßan (Flaschen), Zeldan<br />

(Sölden; Ortsname). Es wird in Westtirol in Übereinstimmung<br />

mit dem Südalem. in diesem Fall<br />

8 ) Küchel mit -el ist darüber hinaus so gut wio<br />

gemeinbairisch.<br />

118<br />

bis ins 15. Jh. -un, -on geschrieben, z. B. in Seldun,<br />

Seidon. Sein -dn führt auf ahd. -ün mit langem ü<br />

zurück. Im übrigen bair. Raum trat jedoch für<br />

dieses ahd. -ün schon um 1100 -en mit Kürzung<br />

und abgeschwächter Ausgleichung an die übrigen<br />

-en ein. Im substantivierten dat. plur. <strong>des</strong> Adjektivs<br />

und der Zahlwörter finden wir als dritte ötztaler<br />

Möglichkeit -an: mit qllan (mit allen), mit vimvan<br />

(mit fünfen). Dies ist m. E. die unmittelbare Fortsetzung<br />

der entsprechenden spätahd. Endung -in<br />

aus älterem -en, -im im dat. plur., die Schatz,<br />

Altbair. Gramm., m. E. irrtümlich als -in mit<br />

kurzem -*- ausgelegt hat; das gleiche -in lebt,<br />

sofern F. Kauffmann in seiner Geschichte der<br />

schwäb. Mundart recht hat» im schwäb. dat. plur.<br />

-i <strong>des</strong> Adjektivs fort. Im ötztal hat es auch der<br />

Ortsname Tümpan (Tumpen) aus ahd. *bi den<br />

tumpin. Zu diesem -an stimmt lautlich die südbair.<br />

Entsprechung -an, -a der Stoffadjektiva hiltßa(n)<br />

(hölzern), gulda(n) (golden), silwra(n) (silbern)<br />

usw. aus mhd. -in in hülzin, guldin, silberin, für<br />

das im Mittel- und Nordbair. -o eintritt. Die ötztaler<br />

Dreiteilung in -n, -dn und -an in bestimmten<br />

Deklinationsformen ist fürs Bairische ein einzig<br />

dastehender Archaismus. Er hält uralte Differenzierungen<br />

bis zur Gegenwart fest. Nicht einmal das<br />

sonst so ungemein beharrsame Zimbrische der<br />

Sieben Gemeinden war trotz seiner gemeinsamen<br />

Grundlage mit dem ötztalerischen imstande, diese<br />

Altertümlichkeiten zu konservieren. Das Zimbrische<br />

der Sieben Gemeinden vereinheitlichte mit<br />

dem Gesamtbair, z. B. hazen, maxxen, lewen,<br />

raiten, wekxxen; ßtauden; mit allen, mit vii n ven* & ).<br />

Zur Sonderstellung <strong>des</strong> alten Gerundiums s.<br />

§ 46 h 8. — 8. Zum Suffix der Stoffadjektiva mhd.<br />

hülzin usw. s. § 46 i 7. Dazu ist noch zu bemerken,<br />

daß in Gottschee und im Zillertal die VolLform -ain<br />

in hilttßain usw. vorkommt.<br />

§ 47. Spätahd. -n (ng)<br />

a. Über den gelegentlichen Übertritt von -n,- zu<br />

-m- nach hinteren Vokalen s. § 23 a 5, über vereinzelte<br />

Vernäselungen <strong>des</strong> vorkonsonantischen -nin<br />

alten Einsilbern § 46 e, über die allgemein reduzierte<br />

Artikulation <strong>des</strong> vorkonsonantischen -n-, die<br />

strichweise bis zum Schwund vorschreiten kann,<br />

§ 46 g; über den Wandel von -n- im Südbair. vor<br />

mhd. silbischem -r, -l zu -ng- s. § 27 j.<br />

b. Unter welschem Einfluß haben sich das Zimbrische<br />

und das Fersentaleriseho die Fähigkeit, ital.<br />

h (gni) nachzuahmen, angeeignet, etwa in den<br />

Sieben Gemeinden in ngkko (Knödel; ital. gnoeco),<br />

ßehho (Zeichen; ital. segno, venez. ßeho).<br />

§ 48. Spätahd. in<br />

Ü b o rs i c h t: a. Allgemeines.—b. Auslauten<strong>des</strong>-m.<br />

a. Zum gelegentlichen Übertritt von -m- zu -nund<br />

zu -7j- nach vorderen Selbstlauten s. § 23 a 5,<br />

zur vereinzelten Vernäselung <strong>des</strong> vorkonsonantischen<br />

-m- in alten Einsilbern § 46 e, zur landschaftsweiso<br />

allgemein reduzierten Artikulation<br />

vor jedem folgenden -p-, die individuell bis zur<br />

Vernäselung fortschreitet, § 46 g. Die sekundäre<br />

nhd. Lautfolge -md- in fremd ergab in Nordtirol<br />

(ohne Unterinngebiet) -nd (frend), ebenso im<br />

südlichen und mittleren Burgenland mit einigen<br />

Streifen der bonachbarten Steiermark und <strong>des</strong><br />

benachbarten Niederösterroichs, alt auch in Oborö.<br />

8a ) Ganz alt hört man für mhd. -6n, -ün in den<br />

Dreizehn Gemeinden -un in mrtxxun (machen),<br />

te (Zungen) neben ausgeglichenem -Dn


. 1. Auslautend wird -m unter verschiedenen<br />

Voraussetzungen zu -n verändert. In Starkdrucksilben<br />

steht in den Dreizehn Gemeinden auffallen<strong>des</strong><br />

hy,d n und im Westen <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> huain<br />

(heim); in Teilen von Oberösterreich mit benachbarten<br />

Gebieten dvhuü (daheim) mit epithetischem<br />

•t, am bayr. Lechrain und in Westtirol h,Qv n lax,<br />

-li(ü) (heimlich). — 2. -m und -n <strong>des</strong> dat. und acc.<br />

in wem, wen und in im (ihm), in (ihn) werden im<br />

Binnenbair. bald zugunsten <strong>des</strong> dat. -m, bald<br />

zugunsten <strong>des</strong> acc. -n ausgeglichen (s. Wörterbuch).<br />

— 3. Wenn die Lautfolge -rm in warn<br />

(warm), Wurn (Wurm) in großen Landstrichen zu<br />

-rn verändert ist, so beruht dies sicher auf Dissimilation,<br />

weil in denselben Gegenden arm,<br />

Darm mit -rm vorkommt. Wüv'n spricht man im<br />

größten Teil von Ober- und, abgesehen von Wien<br />

und seiner weiteren Umgebung, in Niederösterreich,<br />

wüi'n im nördlichen Wald- und teilw. im<br />

Weinviertel sowie nahezu im ganzen Burgenland,<br />

wü'n im unteren Teil <strong>des</strong> steir. Ennstales, um<br />

Maria Zeil, im Mürztal und im steir. Oberraabtal,<br />

bürn (Wurm) auch im Westen <strong>des</strong> Gottscheer<br />

Lan<strong>des</strong>. Warn (wQ'n) hat annähernd dieselbe Verbreitung<br />

wie Wurn. Turn (Turm) ist überall altmundartlich,<br />

vgl. mhd. turn; das schriftsprachliche<br />

Turm mit seinem -rm beruht auf Dissimilation<br />

und ist etymologisch nicht berechtigt. Wie<br />

anlautender Lippenlaut manchmal imstande ist,<br />

dissimilatorisch -rm zu -rn umzumodeln, kann er<br />

ebensogut umgekehrt assimilatorisch -rn zu rm<br />

verändern. Aus ahd. parno entsteht mundartl.<br />

Parm (pgrbm, bgü'm) im größten Teil von Oberbayern,<br />

im tirol. Unterinngebiet, im Salzburgischen<br />

mit dem Salzkammergut und dem obersten steir.<br />

Ennstal; ferner in Gottschee, Zarz, Deutschruth<br />

und Pladen und teilweise im Zimbrischen, schließlich<br />

in der südlichen Oststeiermark mit dem burgenländ.<br />

Raabtal. In anderer Verbreitung taucht<br />

Zioirm (Zwirn), wieder in anderer Farm (Farnkraut)<br />

usw. auf; Näheres s. unter diesen Stichwörtern<br />

im Wörterbuch. — 4. Schwachtoniges<br />

Auslaut-m, etwa in mhd. bodem, vadem, gadem,<br />

ätem, eidcm, (Schwiegersohn), besem blieb in der<br />

altertümlichsten bair. Mundart, im Zimbrischen,<br />

insbesondere in den Sieben Gemeinden, durchaus<br />

bewahrt als podom, vadom, ätom, gixiom, pQzom(o),<br />

ebenso in mit altimc (mit allem) usw. Nach -derhielt<br />

sich das -m bei den Substantiven außerdem<br />

im größten Teil von Südböhmen, im oberen Mühlviertel,<br />

im Innviertel, im oberen Vöcklatal, im Salzkammergut,<br />

im Flach-, Tennen-und Salzachgau und<br />

im Südosten von Niederbayern mit Neumarkt, Arnsdorf,Pleintingu.Grafenauinbö'w,/p'7n;<br />

immittleren<br />

Böhmerwald auch in gVm (Eidam, Schwiegersohn).<br />

In Teilen dieses -m-Bereiches vermochten<br />

sogar einige -?i zur -m-Gruppe überzutreten, z. B.<br />

hgo'm und hgVm (Buchweizen, „Heiden") im nördl.<br />

Salzachgau, im nördl. Flachgau, im Vöcklatal und<br />

im südl. Innviertel; vereinzelt hört man sogar<br />

d$u'm statt dyiCn (Dorn). In ?iQ'm, nQppm (Atem)<br />

ist das -m-Gebiot wesentlich größer (s. Wörterbuch).<br />

Überall heißt es aber i pin (ich bin) mit -n.<br />

G. Die Liquiden<br />

§ 49. Spätahd. l (s. Karte 26)<br />

Übersicht: a. Allgemeines. — b. Z- im Anlaut.—<br />

c. -Z- nach Vokal; seine mittelbair. Liquidenvokalisierung.<br />

— d. Inlauten<strong>des</strong> -1- nach Mitlauten<br />

: nach Lippen- vind Gaumenlauten; — e. nach<br />

Zahnlauten. — f. Sproßvokalo.<br />

a. Die Entwicklung <strong>des</strong> spütahd. l zeigt in den<br />

bair. Mundarten insofern eino ungowöhnlicho Bunt-<br />

§ 48 b 1—§ 49 c 1<br />

heit, als das l in den modernen Sprachlandschaften<br />

in sehr verschiedener Weise artikuliert wird. Die<br />

jetzigen Z-Laute stehen jeweils in Abhängigkeit<br />

von ganz bestimmten Lautkombinationen. Nehmen<br />

wir nur die Haupttypen dieser Artikulationen und<br />

lassen deren diverse Varianten außer acht, so ist<br />

zu unterscheiden zwischen dem hohlen, w-haltigen<br />

Z, das selbst wieder verschieden gebildet werden<br />

kann, dem normalen alveolaren l, dem gutturalen l,<br />

dem postalveolaren bis interdentalen Z, dem palatalen<br />

Z und dem w-haltigen l. Nur einige dieser<br />

Grundtypen wurden bisher durch eigene Lautzeichen<br />

hervorgehoben; das gutturale l notwendigenfalls<br />

durch ein vorausgesetztes, hochgestelltes<br />

g (ol), das postalveolare l, soweit erforderlich,<br />

durch ein hochgestelltes d ( d l), das patalalo Z durch<br />

den darübergesetzten Zirkumflex (l); das ü-haltigo<br />

l wollen wir in diesem Paragraphen zur besseren<br />

Unterscheidung als griechisches Lambda (A) transkribieren.<br />

So kompliziert diese Verhältnisse auf<br />

den ersten Blick und vor einer genaueren Betrachtung<br />

der lauthistorischen und lautgeographischen<br />

Zustände aussehen, so leicht lassen sie sich<br />

dann doch nach bestimmten Gruppen gliedern<br />

und ordnen.<br />

b. 1. Im Anlaut wird sowohl für selbständiges Zals<br />

für -Z- in Konsonantenverbindungen das normale<br />

alveolare Z der Bühnenaussprache gebraucht.<br />

In Wien und seiner Umgebung ist in bestimmten<br />

Gesellschaftsschichten postdentales Z üblich, z. B.<br />

in d livb (lieb), d läwD d l (Laibchen), b d lQsn (blasen)<br />

usf. — 2. Nach Mitlaut gilt unter ital.-venezian.<br />

Einfluß im Zimbrischen der Dreizehn Gemeinden<br />

palatales /, nach Lippen- und Gaumenlauten auch<br />

im Inlaut, z. B. in pläzon (blasen), killen (Klee);<br />

8§pla (kleiner Strohschaub), wölkxla (Wölklein);<br />

daneben gilt als jüngere Entwicklungsstufe auch<br />

i: piäzvn, khtQD, ätypia, wölkxi^' Maßgebend wurde<br />

dafür (s. Einltg. 37) der Wandel von altvenez.<br />

plazza, clamare zu piazza, chiamarc, der im welschen<br />

Bereich unseres Gebietes im 13. Jh. vor sich<br />

gegangen war und der dort lange Zeit kein nachkonsonantisches<br />

-l- mehr zuließ. — 3. In Teilen<br />

<strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> wird vor a, Q und u «-haltiges<br />

-Z- gesprochen, z. B. in lüp (Laub), Iqmpd (Lampe),<br />

lüsdn (laden).<br />

c. 1. Im In- und Auslaut ziehen nach Selbstlaut,<br />

insbesondere nach a und hinteren Vokalen, die<br />

altertümlichen Dialekte <strong>des</strong> deutschen Sprachgebietes<br />

u-haltigcs Z vor, das gelegentlich zu richtigem<br />

u vokalisiert wird, z. B. in holländ. hout<br />

(Holz), oud (alt). In alt- und wohl noch in frühmhd.<br />

Zeit war diese u-haltige Artikulation allor Wahrscheinlichkeit<br />

nach gemeindeutsch. Wir finden sie<br />

im Holländischen, im Flämischen und teilweise im<br />

Westniederfränkischen und Westmittelfrünkischen,<br />

im Nieder- und Südalemannischen, z. T. im Schlosischen<br />

und im Ostniederdeutschen. Der u-haltigo,<br />

hohle -Z-Laut setzte natürlich der umlautfördernden<br />

Palatalisierung <strong>des</strong> Mitlautes einen erheblich<br />

stärkeren Widerstand entgegen, als dies bei unserem<br />

„normalen" -Z-Laut der Fall gewesen wäre. Darum<br />

wirkte bis in dio mhd. Zeit unser Mitlaut sowohl<br />

als alleinstehende Geminata als auch in bestimmten<br />

Konsonantenverbindungen iimliuitveirnindernd<br />

oder umlautverhindernd (s. § 9 b und 23 c 1). In<br />

den älteren südbair. Sprachinseln lebt dieso u-haltige<br />

Aussprncho in QII (alt), holtß (Holz), Sulde<br />

(schuld) auch in unserem bair. Dialekt bis jetzt<br />

weiter, so im Zimbrischen der Siebon und Dreizehn<br />

Gemeinden, in Zarz und Deutschruth und in<br />

etwas modifizierter Form in Zahro, Pladen und<br />

Gottschee, ferner im Binnenland in Teilen <strong>des</strong><br />

Pustortalfl, im Iselgobiot und im Lesachtal; hier<br />

ist sie oft nur mehr bei den alten Leuten zu hören.<br />

119


§ 49 c 1—d 2<br />

In Gottschee, Zahre und Pladen, im Iselgebiet nantenschwächung charakterisiert haben. In den<br />

und in den Hochtälern <strong>des</strong> Pustertals, wo mhd. Urkunden macht sich der mittelbair. Wandel von<br />

o und u der Palatovelarisierung zu mundartl. ö •l- zu -i- seit den letzten drei Jahrzehnten <strong>des</strong><br />

und ü anheimgefallen sind (s. § 5 c 1) und man 13. Jhs. bemerkbar. Er fällt daher zeitlich tatsäch-<br />

höltß, Sült spricht, fällt in diesen Fällen die w-Haltiglich zusammen mit unserer Konsonantenschwäkeit<br />

weg. Dafür kommt in Gottschee und Tilliach chung, die wir gleichfalls im ausgehenden 13. Jh. zum<br />

0 aus mhd. e (s. § 2 d 1/2) und im Gesamtbair, a erstenmal richtig fassen können. Die Liquiden-<br />

aus mhd. d, ä (s. § 2 e 1) hinzu. Im größten Teil vokalisation als solche hat nicht allein nachvoka-<br />

<strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> wird auch dieses -l- vor lisches -l- zu -i-, sie hat gleichzeitig auch nachvoka-<br />

Mitlaut wieder zu u, z. B. in pgukx, paukx (Balg), lisches -r- zu -o- verändert. Näheres über diese<br />

gut, aut (alt), vaut (Feld), mauxx^ (melken), zweite Seite der Vokalisierung s. § 50 c 3. Die mittel-<br />

hanffm (helfen), paugle (Bälglein). Das w-haltige -lbair. Sprachinseln haben übereinstimmend mit den<br />

ist der älteste Lautstand. — 2. In den Dreizehn konservativen Randgebieten um das Mittelbair.<br />

Gemeinden fallen aus diesem Wandel allerdings die -/-Vokalisierung nicht voll ausreifen lassen und<br />

-It- und -II-, die sonderbarerweise palatalisiert sind um Brunn, Wischau und Budweis gleich wie<br />

worden sind, heraus, z. B. in alt, holtß, vallon beispielsweise in Südböhmen, Südmähren und in<br />

(fallen), ime walle (im Wald), zollvnar (Söldner, der Steiermark auf der Vorstufe <strong>des</strong> -X- stehen-<br />

Soldat). — 3. In den Tiroler Hochtälern und in den geblieben. Wenn uns die Südhälfte der nordbair.<br />

südbair. Sprachinseln wird nach vorderen und nach Sprachinsel Iglau trotzdem mit ihrer vollen Vokali-<br />

mittelgaumigen Vokalen, soweit diese vorhanden sation in git, höitß, g§t, wüd überrascht, so handelt es<br />

sind, das -l- etwas palatal gesprochen (s. § 23 a/b), sich sicherlich um einen Wandel auf eigene Faust.<br />

z. B. im ötztal glt mit alveolarem -/- gegen eltar Der nordbair. Dialekt im Egerland und in der<br />

(älter) und höltß (Holz) mit merklich palatalisiertem Oberpfalz ist als Heimat der Iglauer Außengrün-<br />

1 oder in Zarz glt, zolnar (Söldner) mit «-haltigem, dung nirgends der Vokalisierung anheimgefallen. —<br />

gegen eltar, wjj.de (wild) wieder mit etwas palatali- 7. Innerhalb <strong>des</strong> mittelbair. Vokalisationsgebietes<br />

siertem l, in den Sieben Gemeinden mit gleichen besteht insofern eine gewisse Zweiteilung, als die<br />

Lauten alt, holtß gegen eltor, wille. — 4. Im übrigen Lautgruppen mhd. -el-, -el- und -il- im Osten, in<br />

Teil von Tirol und in Oberkärnten treffen wir Nieder- und Oberösterreich, zu den gerundeten<br />

jedoch nach Vokal stets auf gleichmäßig verteiltes Monophthongen Q, ö und ü zusammengewachsen<br />

Normal-Z ähnlich wie in der nhd. Bühnensprache. sind (g§d, ödv „älter", wüd), während der Westen,<br />

Es ist dies offenbar jene jüngere Behandlung unse- Altbayern, das Innviertel und das Land Salzburg,<br />

res Mitlautes, wie sie vermutlich im ganzen Bair. Zwielaute oder ungerundete Monophthonge (g$id,<br />

ungefähr um 1200 und teilweise bis 1250 geherrscht eidv, wüid oder gqd, edv, wld u. ä.) dafür einsetzt.<br />

haben dürfte, z. B. in glt und wild. Verwandte Über die besondere Behandlung der einzelnen mhd.<br />

Verhältnisse gelten im Schwäbischen und Ostfrän- Vokale mit folgendem -l gaben Auskunft: Über -alkischen<br />

und in den zentralmitteldeutschen Dialek- § 1 g und i, über -el- § 3 j/k und Karte 4, über -elten,<br />

wo allerdings die Palatalisierung wieder etwas § 4 f, über -ol- § 5d und Karte 7, über -il- § 7 d, über<br />

fühlbarer wird. — 5. Die nächstjüngere bair. -ul- § 8 b 1, über -el- § 10 e 2, über -il- § 13 h, über<br />

Entwicklungsphase <strong>des</strong> nachvokalischen l stellt -iil- § 14 c, über -iel- und -uol § 17 d und über -eilsich<br />

uns in den Randlandschaften und in den § 20 k.<br />

abgelegenen Einflußsphären <strong>des</strong> Mitteibair, vor. d. 1. Die mittelbair. Vokalisierung hat unter<br />

Der -Z-Laut wurde zum mehr oder weniger ü-hal- bestimmten Voraussetzungen auch das auslautigen<br />

). verwandelt. Dies ist der erste Schritt zur tende Schwachdruck-eZ erfaßt. Nach Lippenlaut<br />

mittelbair. Vokalisiorung zu ü oder i, auf die wir spricht man im Vokalisationsgebiet gppffö (Apfel),<br />

gleich zu sprechen kommen werden. Die Karte 26 iwö (übel), ggwö (Gabel), himö (Himmel) oder<br />

umgrenzt die Verbreitung <strong>des</strong> X mit der dünnen gppffe, iwe, ggice, Mine. Auch nach ahd. -h-, -ch-<br />

Borstenlinie. Südlich der Donau ist dieso Vorstufe gilt diese Erscheinung z.T.: bihö{Bühel,Hüge\),sixxö<br />

der mittelbair. Vokalisierung erhalten in Mittel- (Sichel) bzw. -e. Im Salzburgischen, im tirol.<br />

und Unterkärnten, in der Steiermark mit der Graf- Unterinngebiet und im Salzach- und Chiemgau<br />

schaft Pitten (hier nur mehr ganz alt) und im wird außerdem nach -Tech- vokalisiert: bekkxe<br />

größten Teil <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>; nördlich der Donau (Böcklein), sdikkxc (Stücklein), ebenso strich-<br />

im ganzen Nordbairischen, ferner in Südböhmen weise im steir. Ennsgebiet. Doch bleibt in diesen<br />

und Südmähren. Die Lautungen g?.d, hö?.ds, wü/.d, Gegenden -(e)l nach -g- und -gg- erhalten: Wl<br />

g§).d (oder ähnlich) sind Illustrationen dazu. — (Igel), bügl, bukkl (Buckel), bri'kkl (Brücklein).<br />

6. Das mittelbair. Kerngebiet hat dieso Ansätze Zur lauthistorischen Bedeutung <strong>des</strong> Unterschie<strong>des</strong><br />

zur Vokalisierung bis zum richtigen t-Vokal vor- zwischen idikke (Stücklein) und brikkl (Brücklein)<br />

getrieben. Hier sagt man nicht mehr Q?d, hö/xls in einigen Landstrichen der mittelbair. Konsonan-<br />

usw., sondern regelrecht gid, höids. Dieso jüngsten tenschwächung 8. § 38 a 8. Jedoch ist in Oberöster-<br />

Entsprechungen erstrecken sich über Niederreich (ohne Inn- und Untermühlviertel) mit dem<br />

österreich (ohne die Grafschaft Pitten und ohno Oberybbstal das -el auch nach -g- und -gg- zu<br />

den nördlichsten Hand <strong>des</strong> Waldviertels) mit dem -ö(-c) geworden: igö, bügö, brikkö. Übrigens gel-<br />

nördlichsten Burgenland, Oberösterreich (ohno den ten die vorhin erwähnten Lautungen gppfe, iwe,<br />

äußersten Nordwesten <strong>des</strong> Mühlviertels), die Ge- ggwe, hitne, plhc, sihe, pekkhe, sdikkhe (aber igt<br />

gend um Maria Zeil und das steir. Ennsgebiot, das usw.) mit Vokalisierung auch im kärntn. Lieser-<br />

Land Salzburg mit dem kärntn. Katschtal, das gobiet, obgleich im Starkdruck, z. B. in g?.t, gg?.t,<br />

tirol. Unterinngebiet, Oberbayern (ohne den Süd- das -U beibehalten (oder wiederhergestellt ?) wurwesten)<br />

und Niederbayern. Die Verbreitung gibt de. — 2. Tritt dieses -l- z. B. in ein übler, heimlich,<br />

für die älteste Generation die Karto 26 mit ihrer Knoflauch (Knoblauch) usw. in den Inlaut, so<br />

dicken Borstenlinio an. Das Gebiet der Vokalisation bleibt es meistens als Mitlaut stehen. Dasselbe<br />

wächst nämlich unter unseren Augen überall gilt für -l- zwischen Vokalen in Keller, Holler<br />

weiter hinaus und gewinnt dem A gegenüber ver- (Holunder) usw. und in der „doppelten" mittelhältnismäßig<br />

rasch Boden. Damit sind wir mitten bair. Deminutivfonn hlvdrfil (kleines Hütchen),<br />

in jenem Lautwandel, welchen wir (§ 34 c 10) als gläsü^l (kleines Gläschen), Hansißl (Hänschen),<br />

mittelbair. Liquidenvokalisierung kennengelernt iÄsrfil (Liesel; kosend), hier sogar mit postal-<br />

und den wir als Bestandteil dor mittelbair. Konsoveolarem -


landschaften auch hier vokalisiert: vn Iwvo, hgtrniin,<br />

gnöfiv; gh&v, köjv; hivdai, gläsai, Hansai, Llsai.<br />

Diese altvaterisch gewordenen Lautungen sind<br />

noch üblich in Oberbayern östlich der Isar, in<br />

Niederbayern zwischen Isar und Inn, im tirol.<br />

Unterinngebiet, im Land Salzburg, im oberen Innviertel<br />

mit dem Vöcklatal, im oberen steir. Ennstal,<br />

im oberen und im östlichsten Wald- sowie im<br />

unteren Mühlviertel. Über die Vereinfachung von<br />

ahd. -II- zu -l- und die Dehnung <strong>des</strong> vorausgehenden<br />

Vokals s. § 34 j 4.<br />

e. 1. Jede Spur einer Vokalisierung fehlt nach<br />

Zahnlaut. Hier wird als Assimilationsprodukt -lstets<br />

postalveolar (bzw. postdental bis interdental)<br />

gesprochen. Das betrifft alle bair. Mundarten<br />

und bezieht sich z. B. auf faßßl (Fäßlein), hittl<br />

(Hüttlein), häidl (Häutchen), SdQ d l (Stadel, Scheune)<br />

1 ). — 2. Abgesehen von den unter d 1 erwähnten<br />

Sonderfällen wird -l- nach -g- und -gg- an den<br />

Geräuschlaut assimiliert und diesmal gutturalisiert:<br />

101, bügl, brikkl, danach mittel- und nordbair.<br />

meistens auch bekkl (Böcklein), idikkl (Stücklein).<br />

Im größten Teil <strong>des</strong> Mitteibair, gilt das gleiche<br />

Assimilationsgesetz auch im Anlaut, z. B. in glqs<br />

(Glas), gl$ (Klee), glokkty (Glocke), glqxt (gelacht).<br />

In den anlautenden Gruppen wird jedoch im Südbair.<br />

und im Nordbair. normales alveolares -lverwendet.<br />

f. 1. Vor Lippen- und Gaumenlauten bestand<br />

nach -l- schon in ahd. Zeit die Tendenz, Sproßvokale<br />

einzuschieben (der Linguist sagt dafür auch<br />

Svarabhakti). Jedoch wurden diese zu Beginn <strong>des</strong><br />

Hochmittelalters im Zuge einer durchgreifenden<br />

Synkope wieder beseitigt. Im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />

bildeten sich diese Sproßvokale zum zweitenmal.<br />

Vor allem im Mitteibair, lassen sich im 14. Jh. die<br />

Schreibungen Galigen (Galgen), melichen (melken),<br />

Feiigen (Felge) usf. überall nachweisen. Heute<br />

sind sie in den moderneren Sprachlandschaften<br />

meistens wieder abgekommen. Nur im Salzach-,<br />

Flach- und Tennengau, in Oberösterreich, im<br />

Wald- und Weinviertel und dann wieder im nördlichen<br />

und mittleren Burgenland und in der Grafschaft<br />

Pitten leben die Sproßvokale reihenweise<br />

fort, etwa in bgli oder bäl{ (Balg, Stiefelschaft),<br />

f$lW (Felge), ghgli (Kalk), mül{ (Milch), im Salzachgau<br />

sogar in g§l(b (gelb) u. a. — 2. Wenn man<br />

im Salzkammergut trotz der herrschenden -l-<br />

Vokalisierung Aussprachen wie g§?.b, m§}jcv zu<br />

hören bekommt, so beruht deren regelwidriges •).sicherlich<br />

auf neuerlicher Synkope aus älterem<br />

g§tob, mQtoxn, wiederum mit Sproßvokal. Noch<br />

heute existieren übrigens im Wald- und Weinviertel<br />

und in Südmähren die Lautungen mg?.i(h)v,<br />

m$).igv, m§).in,n. Restformen mit Svarabhakti entdecken<br />

wir bei der ältesten Generation sogar in<br />

Wien in gglit}, ferner in bglin. (Spielball) aus der bair.<br />

Nebenform Balgen zu Ballen. — 3. Vor bestimmten<br />

Mitlauten scheint jedoch der Sproßvokal durchaus<br />

unterdrückt worden zu sein, so vor -ff- und<br />

-kch-. Es heißt z. B. überall im Mitteibair, gwük<br />

(Gewülk). Vor anderen Mitlauten herrscht landschaftliches<br />

oder wortweises Schwanken. Genauere<br />

Angaben wird man unter den einschlägigen Stichwörtern<br />

im Wörterbuch und bei F. Roitinger 2 )<br />

finden. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, daß<br />

es zwischen -Z- und Zahnlaut keino Spur von<br />

Sproßvokalen gibt. Die gleichen Vokalwucherungen<br />

unter denselben Voraussetzungen bildeten<br />

sich aber zwischen r und Lippen- oder Gaumenlaut,<br />

s. § 50 d. — 4. Bei der älteren Generation ist speziell<br />

*) Zu Aussprachovarianten <strong>des</strong> dl 8. auch § 50 e 1.<br />

8 ) Dr. F. Roitingor bereitet über die Svarabhakti<br />

eine gründliche Arbeit vor.<br />

§ 49 d 2—§ 50 a 1<br />

in Kärnten mit dem obersteir. Obermurgebiet und<br />

mit Teilen von Osttirol nur zwischen -l- und -chein<br />

solcher Wucherselbstlaut vorhanden, etwa in<br />

m$lvhn (melken), s$lvhn (selchen), milnx (Milch),<br />

khQlvx (Kalk). In den frühmhd. Einsilbern Kalch<br />

und Milch sind -Ivx oder daraus geflossene weitere<br />

Entsprechungen sogar in großen Teilen <strong>des</strong> Ostfränkischen<br />

und in angrenzenden zentralmitteld. Mundarten<br />

vorhanden. Auch in der Sprachinsel Gottschee<br />

hört man kxüdlix und milix, <strong>des</strong>gleichen in<br />

den Dreizehn Gemeinden kxälvx neben kxalx, in<br />

Gegenden, in denen sonst von Sproßvokalen nichts<br />

zu finden ist. Demnach ist der Vokal in -lechwohl<br />

außerhalb der allgemeinen Svarabhakti<br />

entstanden.<br />

§ 50. Spätahd. r (s. die Karten 26 und 27)<br />

Übersicht: a. Zungen- und Zäpfchen-r. —<br />

b. r- im Anlaut. — c. -r- vor Gaumen- und Lippenlaut.<br />

— d. Sproßvokale. — e. -rl-, -rn-, -rt-, -rs-,<br />

•rr-, — f. Auslaut-r im Starkdruck. — g. Auslaut-r<br />

im Schwachdruck.<br />

a. 1. Am Anfang steht beim -r-Laut die Frage,<br />

ob er ursprünglich uvular (als Zäpfchen-r) oder<br />

lingual (als Zungen-r) gesprochen worden war. Die<br />

modernen Verhältnisse geben keino sichere Auskunft.<br />

Soweit diese Liquida erhalten geblieben ist,<br />

herrscht von Landschaft zu Landschaft Schwanken,<br />

oft auch innerhalb der Landschaft bei gewissen<br />

Gesellschaftsschichten. In allen Stellungen gilt<br />

Zäpfchen-r um Innsbruck und teilw. im tirol.<br />

Oberinngebiet, im Haupttal <strong>des</strong> Pustertals und im<br />

Südtiroler Städtedreieck Meran-Bozen-Brixen, ferner<br />

im Oberdrautal (ohne Weißenseo), im Lurnfeld<br />

und im südlichen Mittelkärnten. Neuerdings breitet<br />

sich dieses uvularo r auch im steir. Obormurgebiet,<br />

im nördl. Mittelkärnten, im Krappfeld, im<br />

Görtschitztal, im Pinz- und Pongau sowie in den<br />

größeren Städten Österreichs immer mehr aus. In<br />

Wien und München ist in den höheren Gesellschaftsschichten<br />

der neue Laut beliebter als das<br />

heimische Zungen-r. In Südtirol und im südlichen<br />

Mittelkärnten ist das Zäpfchon-r sogar über die<br />

Sprachgrenze in slowenische und ladinischo Nachbarmundarten<br />

vorgestoßen, in Dialekträume, in<br />

denen sonst nur Zungen-r üblich ist. Jedoch gibt<br />

es einige ganz beharrsamo Binnenmundarten mit<br />

vorherrschendem Zäpfchen-r, vor allem das ötz-,<br />

Passeier- und Zillertal sowio die Deutschgegend<br />

und das Unterlesachtal mit Kötschach. Wenn die<br />

bair. Außenmundarten nur linguales r besitzen, so<br />

erklärt sich das u. a. auch aus dem Vorherrschen<br />

dieses Lautes in den slawischen und romanischen<br />

Dialekten. Eigenartig ist der Zustand in Oberkärnten<br />

(ohne Oberdrau-, Gail-, Oberlesachtal und<br />

ohne Lurnfeld), im Lienzer Becken, in Teilen <strong>des</strong><br />

Iselgebietes, im Lungau und im nördlichen Mittelkärnten<br />

(ohne Krappfeld). In dieser geschlossenen<br />

Landschaft findet man zwar im allgemeinen<br />

Zungen-r, vor Zahnlaut und -n aber Zäpfchen-r<br />

oder daraus entsprungene andero Lauto. Erwarten<br />

würde man genau genommen das Gegenteil; aus<br />

assimilatorischen Gründen sollto vor Gaumenlaut<br />

eher Zäpfchen-r und vor Zahnlaut eher Zungen-r<br />

stehen! Es gab hier offenbar die Neigung zu überdeutlichen<br />

Aussprachen mit Dissimilationen. Sonst<br />

gilt im Bair. vorwiegend Zungen-r. Das Zungen-r<br />

selbst wird in Mittelkärnten, bei den Alten im<br />

Görtschitz- und strichweise im Lavanttal, z. T. in<br />

der Weststeiermark und vorwiegend im obersteir.<br />

Obermurgebiot sowie in einigen Gemeinden <strong>des</strong><br />

Moll- tind Gailtalea kakuminal, wie engl. Inlaut-r,<br />

ausgesprochen, ebenso in Teilen <strong>des</strong> oberbayr.<br />

Lechrains und <strong>des</strong> Staudongebiotos. Es wurdo sogar<br />

121


§ 50 a 1—c 3<br />

in einigen Gemeinden der Weststeiermark, in<br />

großen Teilen <strong>des</strong> obersteir. Obermurgebietes und<br />

gemeindeweise im nördlichen Mittelkärnten (bei<br />

alten Leuten) nachvokalisch bis zu l getrieben, ein<br />

Wandel, der nach gewissen Anzeichen im kärnt.steir.<br />

Grenzgebiet bereits um 1300 ausgeprägt<br />

gewesen war. Einstmals scheint dieser Gleichklang<br />

auch im Weinviertel geherrscht zu haben. Auf<br />

Vertauschungen von r und l beruhen weinviertl.<br />

gwivk (Gewülk), Bunkkv (Pulkau, Flußname),<br />

fovß (falsch), bzw. p/i (Arsch); ihnen gingen abwegig<br />

*Gwürk, Purkach, *farsch und *Alsch voraus.<br />

— 2. Bei der allgemeinen Entwicklung wird<br />

immerhin wichtig, daß gerade die allerkonservativsten<br />

Binnenmundarten <strong>des</strong> ötz- und Zillertales<br />

Zäpfchen-r bevorzugen. Dieses dürfte das ältere<br />

sein. In § 9 b und 23 c 1 wurde auf die Fähigkeit<br />

bestimmter -r-Verbindungen und <strong>des</strong> -rr-, Mitlautpalatalisierung<br />

zu verzögern und damit Vokalumlaut<br />

zu vermindern oder ganz aufzuhalten, hingewiesen.<br />

Das setzt eine weit hinten gebildete<br />

Artikulation voraus, mit einem Wort, uvulares r;<br />

linguales r kann ja leicht palatalisiert werden und<br />

leistet der Mouillierung keinen ernstlichen Widerstand.<br />

Es war demnach in ahd. und vielleicht<br />

z. T. noch in frühmhd. Zeit jenes Zäpfchen-r,<br />

welches im ötz- und Zillertal unverändert fortlebt,<br />

in der Vorherrschaft.<br />

b. Im Anlaut ist eine besondere Merkwürdigkeit<br />

gewisser bair. Mundarten die Aussprache je<strong>des</strong><br />

anlautenden r- als hr-: hraffm (raufen), hrös (Ross),<br />

hrlnv (rinnen) usf. Es bleibt sich dabei gleichgültig,<br />

ob in frühahd. Zeit z. B. in hross richtiges etymologisches<br />

hr- da war oder nicht, wie z. B. in frühahd.<br />

rinnan. Mit diesem alten hr- hat das bair. hr- nichts<br />

zu tun. Daher fehlt es den konservativsten Mundarten<br />

durchaus, so den tirol. Hochtal- und den<br />

südbair. Außenmundarten. Vom Süden aus betrachtet,<br />

erweckt das Är-Gebiet den Eindruck<br />

einer Merkwürdigkeit <strong>des</strong> Großsalzburger Raumes,<br />

ähnlich, wenn auch nicht gleich, wie wir ihn § 29 e 9<br />

gesehen haben. Der Kärntner Spottspruch auf<br />

diese Eigenheit, Hrüop, Hrü9p, hren! hrenl de<br />

hrös fresnt de hrüabm ! (Rupp, Rupp, rönne! renne!<br />

die Rosse fresson die Rüben) mit seinem schwer<br />

trabenden Rhythmus enthält nicht umsonst Anspielungen<br />

auf den hl. Rupprecht als Salzburger<br />

Schutzpatron, auf die schwere Pinzgauer Pferderasse<br />

und auf die Salzburger Rübentaler, auf die<br />

droi hervorstechendsten Merkmale <strong>des</strong> älteren<br />

Salzburger Volkslebens. So wurden sie zur Zeit<br />

meiner Großeltern in Kärnten tatsächlich noch<br />

empfunden. Wir finden das hr- im jetzigen Tirol<br />

in Teilen <strong>des</strong> Unterinn- und <strong>des</strong> Iselgebietes,<br />

beide einstmals z. T. zu Salzburg gehörig,<br />

in Kärnten im Moll-, Lieser- und im westlichen<br />

Gegendtal, bei den ältesten Leuten auch<br />

im Millstätter Becken, im Lurnfold und im<br />

Unterdrautal, lauter Gebiete, in denen einstens<br />

das Bistum Salzburg größere Besitzungen oder<br />

sonstwie Einfluß hatte; in der Steiermark im äußersten<br />

Westen <strong>des</strong> obersteir. Murgebietes und im<br />

oberen Ennstal, ferner im Land Salzburg und selbst<br />

im Salzkammergut. Nach Norden erstreckt sich<br />

jedoch das hr- weit über die alte Salzburger Einflußsphäre<br />

hinaus, so anschließend an unser Gebiet in<br />

Österreich übers Innviertel und in Altbayom über<br />

ein Dreieck zwischen Passau, Nandlstadt (westlich<br />

von Landshut) und dem Chiemseo; nördlich der<br />

Donau über den Bayrischen Wald und den Böhmerwald;<br />

schließlich sogar über den äußersten Nordzipfel<br />

der nordbair. Sprachinsel Iglau und über<br />

einige vorwiegend mittelbair. gefärbte Außenmundarten<br />

in der Slowakei, z. B. Kremnitz und<br />

Schemnitz. Es ist unser hr- gleich weit verbreitet,<br />

122<br />

wie es die dickpunktierte Linie auf Karte 19 für<br />

das ghr- in ghrafft (gerauft), ghrürw (geronnen)<br />

angibt; denn wo deren ghr- herrscht, ist meistenteils<br />

ghr- für ahd. kehr- in ghrüvg (Krug) usw.,<br />

aber auch hr- für unser r- gebräuchlich. Auf der<br />

genannten Karte setzt sich diese ghr- (khr-, kxr-)<br />

Grenze bis ins Gebiet <strong>des</strong> behauchten kh- vor Mitlaut<br />

(khl$ „Klee", khn$xd „Knecht"), jetzt als<br />

dick gestrichelte Linie der Karte 19, fort (zu den<br />

genaueren Lautverhältnissen vgl. § 29 e 9). Allerdings<br />

wird das hr- überall als derbes Merkmal der<br />

„groben" Bauernsprache empfunden. Es weicht<br />

stark zurück. Im größten Teil von Mittelkärnten,<br />

im Innsbrucker und Meraner Becken, am oberbayr.<br />

Lechrain und weiter übers Staudengebiet bis<br />

zur nördlich der Donau gelegenen bair.-schwäb.fränk.<br />

Dreistammesecke sowie im Sundergau wird<br />

jetzt nur mehr r- gesprochen, mit der Vorsilbe<br />

ge- (g 1 -) aber noch ghr-, kxr-, und es stehen sich<br />

raffm ohne h- und ghrafft (kxrafft) mit h- unlogisch<br />

gegenüber. Das hr- ist gewissermaßen in seiner<br />

verstecktesten Form ghr- beim Ersatz durch rvergessen<br />

worden. Ebenso verbirgt sich altes hrin<br />

Lautungen wie bfrqvd (bereit, bar vom Geld),<br />

bfräimd (mit „Reim", mit Rauhreif überzogen)<br />

und ghgmpffrgd (Kammrad in einer Mühle) aus<br />

älterem *phr(jDt, *phraimt und *kxomphrQd mit<br />

ihrem gleichen Wandel von ph zu pf wie z. B. in<br />

bfivttn (behüten). Unsere pf- Formen finden wir<br />

als absterbende Ausdrücke und Lautungen im<br />

Innsbrucker Becken, im tirol. Unterinn- und im<br />

bayr. Inngebiet, in Oberösterreich und urkundlich<br />

im 14., 15., Jh. und teilw. später in Innsbruck,<br />

Rosenheim, München, Salzburg, Linz usw. als<br />

pfrait, champfrad. Weiteres über ghr- usw. s.<br />

§ 38 a 9/10.<br />

c. 1. Im Starkdruck <strong>des</strong> Inlautes genügt es<br />

weiterhin, zwischen drei Gruppen zu unterscheiden:<br />

erstens -r- vor folgendem Lippen- und Gaumenlaut<br />

z. B. in Herbst, Kirche; zweitens -r- vor folgendem<br />

Zahnlaut, vor -l, -n und -r- in Karl;<br />

Korn; Bart, fort, Narr, Garren (Karren); drittens<br />

-r im Auslaut in wer, dir, gar usf. Jede dieser drei<br />

Gruppen schlägt oft im Süd- und häufig im Mittelbair.<br />

einen anderen Entwicklungsweg ein. Viertens<br />

bezieht schließlich im Schwachdruck das auslautende<br />

-r eine Sonderstellung. — 2. Vor Lippen- und<br />

Gaumenlauten geht die Entwicklung folgenden<br />

Weg: Der älteste Stand ist bei den Binnenmundarten<br />

im Westen <strong>des</strong> Südbair., in Tirol und Kärnten,<br />

erhalten geblieben. Für mhd. march (Grenze),<br />

kirchc (Kirche), kirchtag (Kirchweihfest), werchtag<br />

(Wochentag); birke oder birche (Birke); durh<br />

(durch), vurh (Furche), vorhe oder vörhe (Föhre);<br />

herbest (Herbst), herberge (Herberge), worb, worf<br />

(Sensenstiel); dorf (Dorf), dörffen (dürfen), werffen<br />

(werfen); arm (arm), wann (warm), wurm (Wurm),<br />

ermer (ärmer), wermer (wärmer) entspricht z. B.<br />

im Mittermölltal um Flattach mgrx, khirhvn,<br />

khirxleg, werxleg; pirkhnn; dürx, fürx, forhon;<br />

herwiSt, worp; dorf, tyrfvn, w$rfvn; grbm, xvorbm,<br />

würbm, ermnr, wermvr. Zur weiteren Entwicklung<br />

der einzelnen Vokale vor -r- + Lippen- oder Gaumenlaut<br />

s. über mhd. -ar- § 1 g/h, über -er- § 3 l/m,<br />

über -er- § 4 g, über -or- § 6 g, über -ör- § 6 c,<br />

über -ir- § 7 g, über -ur- § 8 c, über -ür- § 9 a 3,<br />

über -er- § 10 e 3, über -ir § 13 i, über -ür- § 14 d,<br />

über -iur- § 16 g, über -icr- und -uor- § 17 o. Dieselben<br />

Verweise gelten auch vor -r- -f Zahnlaut<br />

und vor auslautendem -r. — 3. In unseren Stellungen<br />

wird dagegen im Mittelbair. nachvokaliaches<br />

-r- zu -v- vokalisiert; dieselbe Vokalisierung<br />

gilt übrigens großenteils auch vor Zahnlaut und<br />

im Auslaut. Dieso Verselbstlautung bildet den<br />

parallelen Wandel zur Veränderung von nach-


§ 50 c 3—d 2<br />

vokalischem -l- zu -%• (§ 49 c 5/6). Beide Lautveränderungen<br />

haben wir gemeinsam die mittelbairische<br />

Liquidenvokalisierung genannt. Den<br />

Wandel von -r- zu -o- vermögen wir gleich der<br />

Vokalisierung von -l- zu -i- urkundensprachlich<br />

zuerst in den letzten drei Jahrzehnten vor 1300<br />

nachzuweisen, vorerst um Wien und an der Isar-<br />

Donaustraße. Von dieser Straße aus ist unsere<br />

Neuerung rasch über das übrige mittelbair. Gebiet<br />

ausgestrahlt. Die modernen Entsprechungen<br />

mgüfx), ghinxv (Kirche), ghivttv (Kirchtag), wepttv<br />

(Werktag); bioxv (Birke); dün(x), füo(x); hivbsd<br />

(-gsd); dgvf, d$vfft> (dürfen), wejoßv, pz>'m, WQv'm<br />

würfm, Ivi'mr), wiv'mv vermehrten sich vielfach um<br />

die Lautungen ghga d duruh, vuruh, dorof (doraf), war am, wurum usw.<br />

schon in ahd. Zeit da, sie fiel auch hier in frühmhd.<br />

Zeit nach Ausweis der Urkundensprache <strong>des</strong> 12.und<br />

<strong>des</strong> beginnenden 13. Jhs. der allgemeinen Synkope<br />

zum Opfer, um dann im Laufe <strong>des</strong> 13. Jhs.<br />

vor allem im Mittelbair. und in der Mittelsteiermark<br />

nach Schreibweisen wie marich, piriche,<br />

durich, vurich in etwas anderer Weise wiederzukehren.<br />

Es ging bei diesen Sproßvokalen offenbar<br />

um das Bedürfnis nach Uberdehnung vorerst<br />

vielleicht nur in alten Einsilbern. Den ersten<br />

Schritt dazu finden wir im Lavanttal und in der<br />

Weststeiermark, wo eben entstehende, noch unbewußte<br />

Sproßvokale in mqrzx, pilrahvn, diirax,<br />

l (Karl), ghgn'n (Korn); bQvd QTV'm zu hören sind. Wir befinden uns in einer<br />

(Bart), fuvt (fort); np» (Narr), gg~v*n oder ggv^mLandschaft<br />

mit ausgesprochenem Zweitaldruck<br />

(Karren) und w$v (wer), dix>, gqx>, soweit bei diesenauf<br />

der Stammsilbe; dieser beginnt die alten<br />

Gruppen nicht besondere Umstände entscheidend Zwielaute zu Dreilauten zu wandelnu. fängt für wäet<br />

wurden. Die nachvokal. Vokalisierung unterbleibt (weit), hdos (Haus), lidw (lieb), hqvx (hoch), güU (gut)<br />

natürlich, wenn mundartliches -r- zwischen Vokalen an, wäe3t, häods, lÜ9w, hgovx, gi{u9t einzusetzen. Es<br />

steht, z. B. in ghizrrv(d) (Kehricht), Iqvrv (Lehrer), besteht sonach höchstwahrscheinlich ein Zusam-<br />

finrn (hervor). Als Verbreitungsgebiet unserer menhang zwischen dieser mittelsteir. Triphthon-<br />

-r-Vokalisierung sind nach Karte 26 (Weitschraffur) gierung und dem neuen Wuchervokal. Sollte etwa<br />

zu nennen: Nieder- und Oberösterreich, die Steier- ein derartiger Zweitaldruck auch im Frühalthochmark<br />

(ausgenommen das Obermurgebiet westlich deutschen und noch einmal im Spätmittelhoch-<br />

der Kraubather Enge und die Weststeiermark), deutschen bestanden und bereits die alte Svara-<br />

das Burgenland, der größte Teil von Südmähren, bhakti hervorgerufen haben ? Diese Annahmo<br />

Südböhmen und der Böhmerwald, der Flach- und gewinnt solide Unterlagen, sobald man weiß, dalJ<br />

Tennengau, Nieder- und der Osten von Oberbayern, von verschiedenen Seiten her Beweismaterial für<br />

die Oberpfalz (ohne den West- und den äußersten den ahd. Zweitaldruck bei alter Vokallänge, aber<br />

Nordrand) und das südwestlichste Egerland. Be- auch bei Kürze vor Liquida + Mitlaut vorliegt<br />

merkenswert ist dabei, daß bei der -r- ebenso wie<br />

bei der -l-Vokalisierung die neuen Verselbstlautungen<br />

vor unseren Augen deutlich ins Gebiet <strong>des</strong><br />

erhaltenen -r- eindringen. Das -r- in du(n)rx usw.<br />

wird durch düvx mit Schwund ersetzt. Die Grenze<br />

der Karte zeigt für diejenigen Landschaften, in<br />

welchen nur mehr die alten Leute am -r- festhalten,<br />

unserem Brauch gemäß trotzdem den alten Zustand<br />

und keine Verselbstlautung mehr an. Je<br />

weiter wir nach Westen und Süden ins -r-Gebiet<br />

vordringen, <strong>des</strong>to fester und sicherer werden die<br />

älteren Lautungen. Bewahrt geblieben ist das -rbei<br />

den Ältesten im größten Teil <strong>des</strong> Südbair.; im<br />

Seewinkel und in einigen weiteren versteckten<br />

Restlandschaften <strong>des</strong> Burgenlan<strong>des</strong>, die in der<br />

Karte aus graphischen Gründen nicht mehr eingetragen<br />

wurden, in zwei südmährischen Rückzugsgebieten<br />

um Pohrlitz-Prahlitz und um Schattau-<br />

Datschitz, ganz alt am Ulrichsberg im obersten<br />

Mühlviertel (in der Karte nicht vermerkt); weiters<br />

im größten Teil <strong>des</strong> Egerlan<strong>des</strong>, wo in manchen<br />

Grenzstreifen Vokalisation nur in alten Ein-, aber<br />

nicht in Mehrsilbern gilt und sich z. B. der nom.<br />

düvf, dönf und b&x (Berg) und der dat. durff,<br />

dorff, darff und bärx gegenübertreten, wo jedoch<br />

vor Zahnlaut und im Auslaut durchaus verselbstlautet<br />

wird; ferner unterbleibt bei den alten Leuten<br />

die Vokalisierung am Nord- und Westrand der<br />

Oberpfalz und im Westen und Südwesten von<br />

Oberbayern einschließlich München. In München<br />

fängt allerdings die jüngere Generation gleichfalls<br />

allgemein zu vokalisieren an; überdies ist<br />

nach vorderen Selbstlauten die Verselbstlautung<br />

schon allgemein. Der Altmünchner sagt zwar durx,<br />

SnärxD (schnarchen), dorff, wurm mit -r-, aber<br />

d$nffv (dürfen), w$vffv, ghinxxv ohne -r-, er unterscheidet<br />

zwischen bärt, ggr und h$vt (Herd), din<br />

(dir; aber dir ,,dürr"). Schließlich blieb das -rin<br />

allen Außonmundarten erhalten.<br />

d. 1. Ein zweiter Parallelismus bei den beiden<br />

Liquiden -l- und -r- ist die Ausbildung von Sproßvokalen<br />

zwischen -l- und -r- vor Lippen- und<br />

Gaumenlaut. Auch nach -r- war die Svarabhakti<br />

nach Ausweis der Schreibungen tnarach, piricha,<br />

x ).<br />

Vor Zahnlaut gibt es jedoch keino Spur von Vokalwucherungen.<br />

Die Ursache für das Unterbleiben<br />

bildet die Artikulationsnähe von Liquida und Zahnlaut.<br />

Als Äquivalent dafür trat in dieser Stellung oft<br />

frühe Dehnung <strong>des</strong> Selbstlautes ein; z. B. bei ahd.<br />

hart, garlo -zu bärt, gärto und bei herd, lernen zu<br />

herd, lernen (s. § 1 h 1 und 3 m) (spätestens) im<br />

11. Jh., bei wort zu wort (spätestens) im 13. Jh.<br />

(s. § 5 g 9; vgl. auch 10 a 1). Daraus ergab sich<br />

als Alternative, entweder nur die Kürze zu dehnen<br />

oder nur den Sproßvokal einzuschieben. Da nun<br />

unter bestimmten Voraussetzungen bei -or- auch<br />

vor Lippenlaut alte Dehnung zu -ör-, das seinerseits<br />

in Oberösterreich wie mhd. 6 zu £Q (s. § 5 g 9)<br />

wurde, eintrat, so stehen im Hausruckviertel<br />

$Qxd (Ort), d§of (Dorf) mit alter Dehnung und ohne<br />

Svarabhakti und gädornm (gestorben), mgrery (morgen),<br />

origö (Orgel) mit Svarabhakti und ohne<br />

Dehnung als Probe aufs Exempel einander geschieden<br />

gegenüber 2 ). — 2. Im übrigen ist nach -rgenau<br />

so wie nach -l- der Sproß vokal in den mittelbair.<br />

Modernisierungslandschaften zum zweitenmal<br />

rückgängig gemacht worden; so vor allem im<br />

Donaubereich von Niederösterreich östlich und im<br />

größten Teil von Altbayern westlich der oberösterreichischen<br />

Beharrsamkeitsbrücko; diese Brücke bewahrt<br />

ihrerseits den Sproß vokal. Es herrscht<br />

beispielsweise Svarabhakti in m{i(n)ri(x), ghi(n)rr><br />

und bi(v)rD aus älterem kirechen, pirechen, in<br />

ghi(v)rcdQ, w^(v)redg, inredQ oder crcdQ („Dienstag"<br />

aus spätmhd. er(i)chtag); dü(v)r[(x), f$(v)rn<br />

(„Föhre" über spätmhd. vörchen aus mhd. vörhe);<br />

b£(v)ri (Berg) usw. in breiter Reihe in den mittelbair.<br />

Außenmundarten, ferner in der Osthälfto <strong>des</strong><br />

x<br />

) Über die Geschichte <strong>des</strong> oberd. Wortakzentes<br />

liegt nach zwanzigjähriger Arbeit ein druckfertiges<br />

Manuskript vor. In unserer Schrift kann,<br />

da dies zu weit in Einzelheiten führen würde, nicht<br />

genauer darauf eingegangen werden.<br />

2<br />

) Wenn im nördl. Innviertel trotzdem z. B.<br />

gSdgurem usf. mit Dehnung (pu aus mhd. 6) und<br />

mit Svarabhakti auftritt, so handelt es sich wohl<br />

um komprornisselnde Mischbildungen.<br />

123


§ 50 d 2—e 2<br />

mittelbair. Binnenlan<strong>des</strong> im Wein- und im nördlichen<br />

Waldviertel mit Südmähren, erinnerungsweise<br />

in der Grafschaft Pitten und (allgemein) im<br />

nördlichen und mittleren Burgenland, im Hausruckviertel<br />

mit dem Salzkammergut, im Flachund<br />

im Salzachgau; außerdem weit davon entfernt<br />

im äußersten Westen <strong>des</strong> mittelbair. Binnenlan<strong>des</strong><br />

im Lechwinkel, der nebenbei bemerkt vor<br />

1806 zu Altbayern gehört hatte und erst damals<br />

politisch zu Schwaben gezogen wurde. — 3. In<br />

einigen rein bäuerlich gebundenen Ausdrücken<br />

sowie in schriftsprachefernen Wörtern sind Restformen<br />

mit Wuchervokal oft viel weiter verbreitet.<br />

Die Lautung fü(v)ri (Ackerfurche) dehnt sich fast<br />

über ganz Niederösterreich aus, ausgenommen das<br />

Ybbs-, Erlaf- und Obertürnitztal; bivrv (Birke)<br />

gilt darüber hinaus noch im Jogelland, müvriry<br />

(morgen) kann man sogar noch bei alten Wienern<br />

hören; heresd (Herbst) fehlt mit seinem Sproßvokal<br />

wohl in der niederösterr. Modernisierungslandschaft,<br />

dafür reicht es als Ausnahme über das<br />

steir. Oberennstal, über den Pon- und Pinzgau<br />

sogar bis ins tirol. Kitzbühler Gebiet. Ausgeschlossen<br />

bleibt das Mittelbair. bei der Ausbildung von<br />

Sproßvokalen in gewissen Lautfolgen, etwa -rk-,<br />

doch entdecken wir in Oberösterreich sogar in -rm<br />

und -rff Svarabhakti; grvm (arm) heißt es im<br />

Traun-, Hausruck- und Innviertel, im Salzkammergut<br />

und im Salzburgischen im Thalgau und in<br />

der Abtenau; etwas kleiner ist der Bereich von<br />

eromv (ärmer). Im gleichen Gebiet besteht wieder,<br />

wenn auch stärker verdrängt, tvgrvm (warm) und<br />

vnirt>m (Wurm); w^rjffm (werfen) treffen wir nur<br />

um Hallstatt, dQrif (Dorf) außerdem um Aussee,<br />

Ischl und am Wolfgangsee. In deffm (dürfen) fehlt<br />

im Hausruckviertel die Svarabhakti, <strong>des</strong>gleichen<br />

außerhalb Hallstatt in w§ffm (werfen). Übrigens<br />

hört man diese merkwürdigen Lautungen d§ffm und<br />

w$ffm für mittelbair. d$vffv und W%V{JD auch im<br />

Pongau und sogar im Lungau, im Salzkammergut,<br />

im Flußgebiot der Steyr und restweise in umliegenden<br />

Landstrichen. — 4. Ausnahmsweise gibt es den<br />

Sproßvokal weit davon entfernt, und zwar gerade<br />

bei -rm, im tirol. Lechgebiet. Im Oberlechtal gilt<br />

grum, worum, würum, im Unterlechtal ärvm,<br />

wärxrm, würtmi; härvm(t)U, hälomtld (Härmlein,<br />

d. i. Wiesel) ist restweiso bis Zentraltirol vorhanden.<br />

Ansätze zur Svarabhakti tauchen im Südtiroler<br />

Ahrntal auf. Vor -kch-, -ch- und -h- hört man<br />

überdies in den oberen Südtiroler Hochtälern<br />

angefangen vom Iselgebiet bis ins Passeier ein<br />

leichtes -i~ z. B. in merikxV» kxirixxCt vonhc. Diese<br />

Gaumenlaute werden hier nach § 23 a 3 Fußn. ausgesprochen<br />

palatal artikuliert. — 6. Unterblieb die<br />

Svarabhakti, so tritt dafür in der oberösterr. Kernlandschaft<br />

oft -x- ein; diese Regel besteht vor allem<br />

vor folgendem -kch- in sdgxk, mcxko oder sdgx,<br />

mexV (stark, merken); es ist dasselbe -x-, das in<br />

Oberösterreich auch vor -t die Regel ist (s. § 50 e 3).<br />

Noch vor drei Generationen war es in der oberösterr.<br />

Schulspracho allgemein üblich, im Inlaut den<br />

Buchstaben -r- als -z- zu lesen, z. B. in idaxk,<br />

dsivxkus (Zirkus) oder in b$vxg (Borg) statt mundartl.<br />

ftfre 3 ). — 6. In einigen verkehrsfernen Landstrichen,<br />

wie im Sulm- und Saggautal westlich der<br />

MUT und um Radkersburg östlich der Mur, ist<br />

insbesondere nach hinterem Vokal -r- vor Lippenund<br />

Gaumenlaut spurlos verklungen. Es heißt<br />

wg'm (warm), wWm (Wurm), Qvmtn (arbeiten),<br />

güal (Gurgel). Ähnliche Lautungen hört man bei<br />

alten Leuten in einigen Burgenlünder Restinseln,<br />

wobei noch meikkv(n) (merken) und dergleichen<br />

3 ) Im Vokalisierungsgebiot las man o, z. B.<br />

dsivk(k)ti3, b<br />

124<br />

dazukommen, ferner im Unterinnviertel und im<br />

angrenzenden Unterrottal, wo auch dgf (Dorf) und<br />

dergleichen auftritt, vereinzelt in gleichem Umfang<br />

um den Chiemsee und zwischen Eggenfelden und<br />

Ingolstadt in Nieder- und Oberbayern sowie ganz<br />

alt auch in einigen Dörfern nördl. von Ingolstadt.<br />

e. 1. Nunmehr kommen wir zum schwierigsten<br />

Teil, zu den Lautfolgen -rl, -rn, -rt und -rr, also zu<br />

r -f Zahnlaut. Im Mittelbair. mit dem Burgenland,<br />

der Steiermark und Unterkärnten ist die Lautfolge<br />

-rl, soweit einstmals Zungen-r galt, zu -dl<br />

(so noch jetzt im Lavanttal, im obersteir. Obermurgebiet<br />

und in der Weststeiermark) und weiter<br />

zu mittelbair. poatdentalem - d l geworden; z. B. in<br />

kh$ d l (Kerl), khg d l (Karl) bzw. in gh$ d l, ghg d l oder<br />

gh$D d l, ghgv d l. Im Innviertel, im Salzachgau und<br />

teilweise im Flachgau nimmt dieses - d l, gleichgültig<br />

ob aus altem -rl oder aus -dl, -tl geflossen,<br />

eine w-haltige Färbung an: gh$ol, ghg u l, divol<br />

(Türlein) und ebenso gä nn l (Funken; sonst gä nd l),<br />

ä un l Großmutter; sonst ä nd l), fo"J (Großvater; sonst<br />

$ nd l), i%ol (Schädel), b$oln (betteln); mancherorts<br />

wird der vorgesetzte Gleitlaut deutlich artikuliert:<br />

gh$ql usw. Im Lungau und im kämt. Katschtal<br />

wird nach einstmals uvularem -r- altes -rl, aber<br />

nicht mehr altes -dl, zu o oder u vokalisiert. Für<br />

„Kerl" sagt man kx$o, für „Ferkel", sonst mundartl.<br />

fädl aus mhd. vär(h)el, fäo, für „öhrlein"<br />

§DO, für „Kämmerlein" kxamao usf.; nach g tritt<br />

dafür auch -gl ein, z. B. in Kxggl (Karl), ggl (mhd.<br />

arle, einfacher Pflug). Die Nachbarn haben dafür<br />

den zungenbrecherischen Spottspruch g§v gi \ns<br />

xwaoai %m mqvgo j\ d\ fägv, grgvs wiv d\ hgzn§DQai<br />

(geh hinab ins Erlen-Äulein um Möhrlein für die<br />

Ferkel, groß wie die Hasenöhrlein) erdacht. — 2. Die<br />

Lautfolgo -rn mit einstigem Zungen-r führte in<br />

den gleichen Gegenden, wo -dl und - a l herrscht, zu<br />

-dn und -'n. Fahren, Stern wird im Mittelbair. südlich<br />

der Linie Wallern im Böhmerwald, Tittling<br />

(Niederbayern), Landshut, Reichertshausen südl.<br />

Ingolstadt (Oberbayern) und Monheim (Mittelfranken)<br />

als ig'n, &di£n ausgesprochen; nördlich<br />

davon gilt fgo'n, sd^n; die diphthongischen Lautungen<br />

begegnen uns ebenso in den altbayr.,<br />

niederösterr. und steir. Verkehrslandschaften und<br />

bei srffo'n auch im Salzburgischen mit dem Salzachgau.<br />

Im Berchtesgadner Land gibt es sogar die<br />

falschen Rückbildungen jöo'n (Faden) und göv'n<br />

(Gaden), die auf älteres */p'n, *gg'n, aber damit<br />

auch auf homonymes älteres */p'n (fahren), gg'n<br />

(Garn), zurückweisen. Die südlichen Randgebiete<br />

(Weststeiermark, obersteir. Obermurgebiet, Unter-<br />

Jy7} und &d$D > i} als Erinnerungsformen auch<br />

in der südlichen Ostateiermark. Vielleicht gehören<br />

als Überreste solcher -rgti, in Gottschee als Relikt<br />

pgargn. (bohren) und in Zarz als irrtümliche Rückbildung<br />

iörn (sorgen) auch hierher. Im Zülertal<br />

tritt für -rn sogar -r ein, so in etlichen Dörfern<br />

v§r (fahren), kxgvr (Korn), &l$vr (Stern) usw.— Von<br />

allen diesen Veränderungen wird natürlich auch<br />

inlauten<strong>des</strong> -m- erfaßt, z. B. nennt man im Zülertal<br />

die Hornisse hügryvß und im Lungau hügnns


§ 50 e 2—e 5<br />

usw.; <strong>des</strong>gleichen die entsprechenden Laute in Innichen im Pustertal und in Afers nordöstlich<br />

Schwachdrucksilben, etwa in Ahorn, gestern, z. B. von Klausen in Südtirol. Zur Vereinfachung wurde<br />

in zillertaler. ghagn, oder in mittelbair. ghq^n. in der Karte mit ihrem Schwarzkolorit der Voll-<br />

Merkwürdigerweise wird schwachdruckiges -vdn reihigkeit nur zwischen -£- und -x- unterschieden<br />

manchmal im steir. Obermurgebiet mit dem Mürz- und darauf, ob davor -r- oder -»- steht oder nicht,<br />

tal und in der Weststeiermark in isolierten Wörtern keine Rücksicht genommen. Übrigens wird vor<br />

zu silbischem -n und nach -h- und -ch- dementsprech- Zahnlaut dieses -r- in Teilen <strong>des</strong> Iselgebietes, im<br />

end zu -vn, z. B. in ghvn (Ahorn), das zu trühvn Lienzer Becken und im Obermölltal (und ebenso<br />

(Truhe) und zu s$hvn (sehen) stimmt, ebenso in öfters im absoluten Auslaut) zu richtigem, vollem<br />

qhvn (die Ähren) und (alt) in geistn (gestern). -a- vokalisiert, während das -r- in den übrigen<br />

Außerdem wird -ern im Mittelbair. mit der Steier- Stellungen erhalten bleibt, z. B. in Mörtschach im<br />

mark zu -{ri/, z. B. im häufigen Ortsnamen Bqvgin, Mölltal pqat, h$at, kxüatß, featikx „fertig" (und z. T.<br />

aus mhd. Pergärn (Bergern, Berging) u. v. a.; in gga „gar", h$a „her", tia „Tür" usf. ). — 4. Dane-<br />

vereinzelt gilt auch geßtyn, (gestern) usw. — ben neigte seit dem ausgehenden 13. Jh. die mit-<br />

3. Schon die bisherigen Verhältnisse vor -l und telbair. und steir. Verkehrssprache zum Wandel<br />

-n haben die Sonderstellung <strong>des</strong> -r- vor Zahn- von -rt zu -t; das beweisen Reime wie bartjlidt und<br />

laut angedeutet. Am stärksten tritt diese Eigen- ähnliches z. B. beim Wiener Jans Enikel und beim<br />

willigkeit bei -rt und -rz (lies -rtß) hervor. Wir Obersteirer Ottokar aus der Gaal sowie entspre-<br />

wollen uns auch hier, an die Verweisungen in § 50 c 2 chende Urkundenschreibungen gegen 1300 aus den<br />

erinnernd, höchstens nebenbei um die Entwick- mittelbair. Gebieten und seit 1300 aus der Steierlung<br />

der einzelnen mhd. Vokale vor -rt bemühen mark. Im obersteir. Obermurgebiet bestehen z. B.<br />

und entsprechend unserer Absicht, hier nur den pgt (Bart), het (Herd), khuts (kurz) noch jetzt als<br />

Mitlautstand zu untersuchen, das Schwergewicht bäuerliche, etwas verkehrsläufigero Lautungen<br />

auf den Konsonantismus verlegen. Maßgebend neben ganz echtem pg~£t, h%st, khüits (vgl. Einltg. 50),<br />

wurde für die kommenden Wege der im § 50 a außerdem neben den noch „höfischeren" Formen<br />

dargelegte Wechsel von Zungen- und Zäpfchen-r port {pQ'lt), hgrt (hart, holt) und khurts (khülts) und<br />

in den einzelnen Gegenden. Seit 1300 zeigen uns schließlich neben städtisch-verkehrssprachlichem<br />

die mittel- und südbair. Urkunden den Wandel pgot, hqot, khüvts. Aus dem lebendigen<br />

von -r- vor -t bei lingualer Aussprache zu -(r)S-, Durcheinander fließen „falsche" Über- und Rück-<br />

bei gutturaler Aussprache zu -(r)x- an, so daß bildungen, z. B. dr $ütc (der erste), wut (Wurst);<br />

z. B. bg(r)H (Bart) und h£(r)sd (Herd), bgvhd, tr$stn (treten), pr$DSlv (breiter) sowie die Misch-<br />

h$Däd bzw. bg(r)xd und h


§ 50 e 5—e 9<br />

ganzen steir. und im oberen oberösterr. Ennsgebiet,<br />

im oberen Ybbs-, Erlaf- und Türnitztal, ja sogar<br />

um Weiz in der Oststeiormark (b$Dsdlmüvdv), wo<br />

sonst gleichfalls von altem -Sd- nichts übrig ist.<br />

So wie im Zillertal *v$arzv zu v$a7m wurde, entstand<br />

südlich angrenzend im Ahrntal umgekehrt<br />

aus pustert. lldhe (Rauchluke oberm offenen<br />

Herd) „fälschlich" lidfrjze oder gar lidßße. Für<br />

richtiges -t- troffen wir in der Oststeiermark und im<br />

mittleren und südliehen Burgenland strichweise -xtin<br />

stüixtn, Sdüaxdn, Sdüvxdn (Stute), rüixtn (Rute),<br />

tßivxtD, dslvxdv (Vordeichsel) aus mhd. stuote,<br />

rvote, zieter und im südlichen Burgenland und im<br />

steir. Unterraabtal -vt- in sgvtn (Schatten), als<br />

läge älteres Scharten zugrunde. — 6. An der burgenländisch-stoir.-niederösterr.<br />

Dreiländerecke begegnet<br />

uns die sonderbare Lautung huvßtn<br />

(Husten), als handelte es sich um ein mhd. *hurste<br />

und nicht um das wohlbezeugte mhd. huoste; überdies<br />

troffen wir huvßtn im Westen von Nieder- und<br />

im Osten von Oberösterreich neuerdings. Belege für<br />

Vortauschungen von mhd. -st-, -rt-, -ht- u. ä. wurden<br />

auchEinltg.52u. §32 b5 erwähnt. Aus solchen Beispielen<br />

ersieht man die mannigfachen Überschichtungen<br />

von -xt- und -st- und die darauf<br />

begründeten vereinzelten Umreihungen von -rst-,<br />

-rht-, -rs-, -h-, -st-, -t-, -ht- im Umkreis solcher<br />

Verwechslungen. Begnügen wir uns aus der reichen<br />

Fülle diesbezüglicher Abirrungen mit unseren<br />

Beispielen. — 7. Mit Hilfe von solchen Umreihungen<br />

und von Restformen sind wir imstande, auch für<br />

solche Gegenden, in denen jetzt die Vollreihigkeit<br />

von -st- und -xt- längst beseitigt worden ist, ihre<br />

einstige Existenz nachzuweisen. Wir erinnern nochmals<br />

an die vorhin erwähnten Ausweitungen der<br />

falschen -Sd- in Bcrcht, an die falschon -xt- in Stute,<br />

Rute, Zieter und Schatten und an die falschen<br />

Formen bei Gerste und Ferse, die bis an den Loch<br />

und bis ins Burgenland ausstrahlen. Hier gibt es<br />

noch weitero erwähnenswerte Beispiele. Zwischen<br />

Waidhofon a. d. Thaya und Türnitz zieht sich ein<br />

schmaler Streifen von Süden nach Norden, wo das<br />

erwähnte huvßtn mit falscher Rückbildung als<br />

huvttn entgegentritt. Diese neue Lautung wurde bestimmt<br />

beim Ersatz der einstigen bgüSd, h$vsd,<br />

die hier mit -Sd längst nicht mehr vorhanden sind,<br />

durch bgvd und hqod irrtümlich mitgenommen und<br />

auch hier -t- für -st- eingesetzt. Im Worte Erdbeere<br />

wird qs(d)bt), %vs(d)bn im niederösterr. Donautal<br />

von Krems westwärts und in Oberösterroich<br />

zwischen Steyr und Enns restweise gebraucht,<br />

wo es sonst kein -sd- mehr gibt. Bei Erdbeere ist<br />

außerdem im Verbreitungsgebiet <strong>des</strong> oberösterr.<br />

-xd- ausnahmsweise -Sd- im Hausruck- und Traunviertel<br />

stehen geblioben. Die Verbreitung von<br />

huvtln und $(n)S(d)bv außerhalb der Gebiete mit<br />

-x- und -S- enthält die Karte 27. In heimgarten<br />

(einen Abendbesuch abstatten) treffen wir hgv n -<br />

gDstn als -s- Restform in Oberbayern noch bis Ascholding<br />

(südl. von München), Attel am Inn und<br />

Obing. Das ergiebigste und durch Restformen am<br />

weitesten verbreitete Beispiel ist ohne Zweifel<br />

Turd (Hafertrespo) aus ahd. turd. Turd ist als<br />

Unkrautbezeichnung eine rein bäuerliche Wortvorstellung,<br />

seine Lautgebung gehört wie die<br />

aller Unkrautnamen zum bodengebundensten Wortgut,<br />

das es gibt; es ist nirgends verkohrssprachlichen<br />

Überschichtungen ausgesetzt, zumal es der<br />

Hoch- und Schriftsprache gänzlich fehlt. Seine<br />

Lautungen wiegen als schriftsprachefernes Bauernwort<br />

in der historischen Betrachtung besonders<br />

schwer. Wie weit hier -sd- und -ard-Formen jenseits<br />

der Grenze der allgemeinen Gültigkeit von<br />

•Sd- und -xd noch vorkommen, vermerkt wieder<br />

die Karte 27, diesmal als dicko Linie über das<br />

126<br />

Schwarzkolorit hinaus. Wir entdecken düvsd<br />

noch im obersten oststeir. Feistritz- und<br />

Lafnitztal, im größten Teil von Niederösterreich<br />

und Südmähren, im Raum zwischen Landshut<br />

(Niederbayern), Aichach (Oberbayern), Eching,<br />

Sauerlach und Zorneding; südlich davon gilt düvsd<br />

auf Sundergauer -a;d-Gebiet; düvxd treffen wir<br />

ferner neben bgvd, h§vd usw. im oberbayr. Unterinntal.<br />

Falsche Überbildungen, wie dvr yott\ (der<br />

erste), nin(d)vd (nirgends, bair. Hinderst), gn(d)vd<br />

(anders) gibt es vereinzelt in Niederösterreich und<br />

in der Oststeiermark. In Teilen von Unterkärnten<br />

gilt gpgrtn aus mhd. äborste (Flachsabfälle) und<br />

prgSt (oberer Ackerrain) aus mhd. brort, im oberkärntn.<br />

Mölltal heißt die Schwarz-, d. i. die Heidelbeere,<br />

(t)swg(v)S(ts)pamit-st- statt gemeinkärntn.<br />

swgrtspr mit -rt-. Ungemein weit verbreitet sind<br />

die falschen Rückbildungen gamßbgvd (Gemsbart)<br />

und bgodwis (Bartwisch, Haarbesen); sie beruhen<br />

auf älterem Gämßborst, das sind die Borsten, die<br />

dem Gemsbock am Rückenkamm wachsen und<br />

auf Borstwisch, das ist der Besenwisch aus Borsten;<br />

enthalten ist darin das mhd. Wort borst (Borste),<br />

das heute im Bair. meistens veraltet und ausgestorben<br />

ist. Der Qämßborst kam als Sache zur Zeit<br />

Kaiser Maximilians <strong>des</strong> letzten Ritters in habsburgisch-höfischen<br />

Kreisen auf, der Borstwisch in<br />

gewerblichen Kreisen, beide Wörter entstanden<br />

vermutlich um 1500, wahrscheinlich zuerst bei<br />

Hof und in Wien. Bald nach 1600 kam offenbar in<br />

Wien die Zeit, wo man altes -sd durch -d ersetzte,<br />

jenes -sd, das in düvsd (Turd) in einigen Bezirken<br />

von Großwien bei Weinhauern noch bekannt ist;<br />

man ersetzte h$vsd (Herd) durch eleganteres hqvd<br />

und bgüSd (Bart) durch bgvd; dabei nahm man<br />

irrtümlicherweise das klanggleiche bgvSd (Borste)<br />

mit und stellte Gemsbart, Bartwisch für Gämsborst<br />

und Borstwisch. Die neuen Formen gelangten<br />

bald weit über Wien hinaus, sie kamen bis in die<br />

nhd. Schriftsprache.— 8. Die allgemeine Lautentwicklung<br />

von -rst und -rs wurde schon unter<br />

§ 32 b 7 behandelt, zu deren gelegentlicher Umbildung<br />

zu -h-, -x-, -(r)xt-, (r)st, -st usw. s. oben und<br />

§ 32 b 5. — 9. Die Geminata -rr- erfährt in einigen<br />

Landschaften dieselbe Behandlung wie -r- vor -t.<br />

Im Unterpongau lauten die Wörter Narr, burren<br />

(sausen, vom Wind), darren und derren (dörren),<br />

Garren (Karren) altmundartlich ngS, bicSn, däSn<br />

oder <strong>des</strong>n, gQSn, ebenso im steir. Ennstal und im<br />

westlichen Ausseer Land; im Oberinnviertel mit<br />

dem Nordrand <strong>des</strong> Flachgaus und mit einigen<br />

angrenzenden Gemeinden <strong>des</strong> Salzachgaues gilt<br />

dafür ngüx, büvxtn, divxtn, Sbivxtn (sperren) 4 ), in<br />

einigen mehrfach auftretenden Ortsnamen, in<br />

Ghäx (Kaeh) und Ghäxv (Kacher) aus mhd.<br />

Gehärre, Gehärrer sind derartige -x- restweise in<br />

großen Teilen von Oberösterreich nachweisbar; -xin<br />

ngx, ggxn, güxn (Gurre, alte Stute), püxn,<br />

Spexn (den Wagen bremsen; sonst Spidgty) gilt im<br />

westlichen Ausseer Land, im steir. Mitterennstal,<br />

um Hallstatt und Ischl, um Abtenau und im<br />

Lungau mit dem Katschtal. Im obersten*. Obermurgebiet,<br />

im Lavanttal und (alt) in der Weststeiermark<br />

wird wohl -rn zu -dn (s. § 50 e 2), -rren<br />

bleibt aber in der Bauornsprache als -rn (strichweise<br />

auch als -vdn) davon getrennt, ggrn, gurn<br />

(ggvdn, güvdn) heben sich scharf von jgdn (fahren),<br />

tüdn (mhd. turn „Turm") ab. Auch sonst bleibt<br />

der Unterschied zwischon -rn und -rren gern<br />

4 ) Im größeren Teil <strong>des</strong> Bair. ist mit älterem<br />

speren mit einfachem -r- zu rechnen. Zum Nebeneinander<br />

von einfachem Mitlaut und von Doppelkonsonant<br />

bei einigen alten -;a-Vcrbon im Bair.<br />

und Oberdeutschen s. § 34 e.


gewahrt, z. B. im Lungau ggxn und fggr},i m Pinzund<br />

Pongau gg'n und fgu'n usw. Eigenartig sind<br />

die Verhältnisse im Osten, -rj, ist in der südlichen<br />

Oststeiermark für -rren wesentlich weiter verbreitet<br />

als -ry für -rn und gilt in püv'v,, d^ry oder dltfry<br />

(dörren), ggt^ry, gütfry, sp^ry oder spl^ry; Spiofrjgty<br />

entspricht sonderbarerweise auch in der Südhälfte<br />

der Sprachinsel Iglau. Soweit es sich nicht um<br />

Zeitwörter handelt, erscheint dafür in der nördlichen<br />

Oststeiermark und in großen Teilen <strong>des</strong><br />

Burgenlan<strong>des</strong> -m in gün'm, soweit das Wort Gurre<br />

noch vorkommt, und in ggv'm (Garren, Karren).<br />

Ggv'm aber hat darüber hinaus ein mächtiges Verbreitungsgebiet.<br />

Es beherrscht Niederösterreich<br />

(ohne das Weinviertel), das Untermühlviertel bis<br />

ins östliche Südböhmen und ins westliche Südmähren,<br />

das oberösterreichische Eisenland mit<br />

dem steir. Unterennstal und mit Mariazell. —<br />

10. Die Lautfolge -rder wurde z. T. im 12. Jh. und<br />

energischer im 13. Jh. zu -der dissimiliert; es heißt<br />

mgdzr (Marder), föddrn, f$(v)dvrn (Geld fordern),<br />

kh$(v)ddr (Köder) aus ahd. mardar^ vordaron,<br />

querdar. Einige einschlägige Wörter sind im Aussterben:<br />

nfociar (nordseitig) besteht nur mehr in<br />

Tirol, sqoddr (Türgerüst) fürs Wohnhaus nur in<br />

Zarz und Deutschruth, für Stall und Scheune in<br />

Teilen von Kärnten und lebt versteckt in tirol.kärntn.<br />

(t)s^vderwait offn (ganz offen; von der<br />

Tür und vom gähnenden Mund) fort, vüdsr, vuddr<br />

(fort, weg) gibt es im Zimbrischen, in Zahre,<br />

Pladen, Zarz, Deutschruth und in Teilen <strong>des</strong><br />

Pustertals; zugrunde liegt ahd. nordar, skerdar<br />

und vurdir. In Randmundarten von Nieder- und in<br />

großen Teilen von Oberösterreich wurde in heivv(ri)<br />

(Herberge) das -r- auch vor Lippenlaut dissimiliert,<br />

f. 1. Auslauten<strong>des</strong> -r alter Starkdrucksilbe ist<br />

im Mittel- und z. T. im Südbair. geschwunden, und<br />

zwar gewöhnlich erst nach vorheriger Verzwielautung<br />

und Vokalisierung, z. B. in ggo (gar),<br />

h$v (her), dlv (Tür), üv (Uhr), jaiv (Feier), mäiiv<br />

(Mauer), /O/D (Feuer). Doch wurde es auch oft<br />

vor der Vokalisierung beseitigt, und zwar im<br />

südbair. Schwundbereich nur nach mhd. Vokalkürzo,<br />

nach fallenden Zwielauten und nach mhd.<br />

d und a, in mittelbair. Gebieten auch nach allen<br />

übrigen mhd. Vokallängen. Ohne vorherige Diphthongierung<br />

blieb es jedoch überall weg im Ahrntal<br />

(ggu, jai, joi), soweit nach dem Mhd. nicht -e<br />

weiterbestand (tlre, ürc, maüre); spurlos verschwand<br />

es nach Kürze außer nach e im Unterinnviertel,<br />

im Pinz-, Pon-, Flach-, Tennen-,<br />

Salzach- und Oberchiemgau, auch nach e im Lungau,<br />

in der Ober- und Weststeiermark mit dem Metnitz-,<br />

Obergörtschitz- und Lavanttal, im Salzkammergut<br />

und z. T. in der Oststeiermark, wo<br />

gg, hq, tl, ü, aber faio usw. herrscht. Nach alter<br />

Kürze besteht (außer nach i und u) Sch%vund z. T.<br />

im Hausruckviertel, im Sundergau und als Erinnerungsform<br />

vereinzelt südl. von Landshut; nach<br />

alter Länge im östlichen Niederösterreich und in<br />

den niederösterr. Randlandschaften. Sonach erscheint<br />

z. B. um Wien mäun, fä{v, gQn, in Westnieder-<br />

und Ostoberösterreich viäu, fäi (Feier),<br />

ggn, in Westoberösterreich viäur, fair (Feier), fcor<br />

(Fouer), g{>r, im Innvicrtel und im angrenzenden<br />

Altbayern meistens wieder maiio, /a/o, /o/o und<br />

gQn. Fürs kärntn.-steir. Grenzgebiet ist bemerkenswert,<br />

daß neben den Schwundformen auch<br />

Formen mit -r häufig sind; umgekehrt finden wir<br />

in Teilen <strong>des</strong> oberösterr. -r-Gebietes auch Nebenformen<br />

mit Schwund. Im Lavant- und Obermurgebiot<br />

entdeckt man bei ganz alten Bauern noch<br />

Unterschiede im Satzsandhi: vor Vokal, vor<br />

Lippen- und Gaumenlaut bleibt -r in gQr-gls<br />

(gar alles), ggr fiil (gar viel), ggr grgos (gar groß),<br />

§ 50 e 9—g 1<br />

vor Zahnlaut fällt -r weg: gg ts fül (gar zu viel),<br />

gg turn (gar dumm), v %g ts Igury (ein Jahr zu lange);<br />

vor n- und l- hört man -d: ggd, niks (gar nichts),<br />

ggd Igury (gar lang). Es gelten die Gesetze <strong>des</strong><br />

Wortinneren zum Teil auch im Satzzusammenhang;<br />

doch sind diese Trennungen nicht mehr bei<br />

allen Wörtern üblich. Es mag sein, daß das Schwanken<br />

zwischen den einzelnen Landschaften und bei<br />

den einzelnen Selbstlauten da und dort auf Auswahlsfestlegung<br />

aus den Varianten im Sandhi<br />

zurückgeht. Nach fallendem Zwielaut besteht im<br />

Vokalisierungsgebiet natürlich überall und ausnahmslos<br />

-v etwa in fiv (vier), i jir> (ich führe),<br />

biv (Bier) usw. In den nicht vokalisierenden südbair.<br />

Mundarten bleibt auch hier das -r, z. B. in<br />

kärntn. fiar usw. Im Mittelbair. ist -r- (außerhalb<br />

Oberösterreichs) als Hiatustilger im Satz weit verbreitet:<br />

düv-r-i (tue ich), dv büv-r-is gh$mv (der<br />

Bub ist gekommen) usw. — 2. Unter völlig anderen<br />

Voraussetzungen wurde in Westtirol wider Erwarten<br />

-r in einigen Wörtern weggelassen. Es handelt<br />

sich, wie so oft im Westen, wieder um einen Alemannismus.<br />

Während im alem. Dialekt ahd. mer (mehr)<br />

sein -r schon in mhd. Zeit verlor, zu mhd. me<br />

und jetzt sogar mit regressiver Nasalierung zu<br />

me n wurde, blieb im Bair. mir wie sonst immer mit<br />

-r bis um 1300 überall unangetastet erhalten und<br />

besteht im Südbair. bis jetzt fort; es fehlt aber bei<br />

me(n) das -r auch in Westtirol; so im tirol. Lechtal<br />

mit Lermoos und Ehrwald, im Oberinntal<br />

von Haiming westwärts, wo mi9 n gesprochen wird,<br />

ferner im ötz- und Passoiertal und ganz alt im<br />

Vintschgau mit m%n. Es kam in Westtirol sogar<br />

zur „hyperaleman. Schwundform" hqv (her) im<br />

Lech-, Oberinn- und ötztal und zu h$ im Passeier<br />

und im Vintschgau; hyperalemannisch, weil bei<br />

her im Aleman. selbst -r erhalten geblieben ist.<br />

Dagegen bleibt in diesen Gegenden in tirolischer<br />

und in aleman. Weise z. B. in gQr, iQr, tir usw. das<br />

-r durchaus stehen. Es fehlt in den genannten<br />

Westtiroler Landschaften -r wie im Aleman. in<br />

Schwachdrucksilben meistens mit ahd.-alem. Vokallänge,<br />

nämlich in nummv (nimmer), nis?iv<br />

(nirgends), auffo (herauf), in Stanz und Paznaun<br />

sogar in v grQnßßv (ein großer). Sie stimmen zu<br />

Vorarlberg, me, niimmv, nl9?w, uffv, vgrößßv, stellen<br />

sich jedoch gegen gemeintirol. mqvr, hq(n)r, ninddrst,<br />

au(ff)3r, v grQoßßar entsprechend dem bair.<br />

Mhd. Die westlichen Aussprachen sind erst im<br />

12. Jh. über den Arlberg hereingesickert. Das<br />

Zimbrischo der Sieben Gemeinden, jene Außenmundart,<br />

welche um 1100 von Westtirol aus kolonisiert<br />

worden war, bewahrt mit seinen älteren<br />

Lautungen m$nr, h$r, npnmar, n{nddrt, auffar, an<br />

grgßßar die älteren Westtiroler Formen.<br />

g. 1. Schwachdruckiges Auslaut-r in mager, Kinder,<br />

ein großer, Donner, ein kleiner, ein schwerer,<br />

Pfarrer, Schneider, aufher (herauf), nimmer usw.<br />

behält im Südbair. altes -ar bei, im Mittel- und<br />

Nordbair. wird dieses -ar zu -o vokalisiert. -9r bleibt<br />

im oberbayr. Lechrain mit dem Werdenfclser<br />

Land, in Tirol (ohne Pustertal, ohne dos Iselgebiet 5 )<br />

und tw. das Unterinngebiot), in Kärnten (ohno<br />

Obermöll- und Katschtal und ohne Lurnfcld 5 )),<br />

(ganz alt) im Lungau, im obersteir. Obermurgebiet<br />

und in Teilen der Weststeiermnrk, ferner in allen<br />

Außenmundarten, um Ncubistritz-Neuhaus, um<br />

Prahlitz-Porlitz in Südmiihren und im Burgenländer<br />

Seewinkel, also in Binnenmundarten, dio sich<br />

auch sonst oft durch besondere Konservativität<br />

h ) Im Iselgebiet, im Lienzer Becken, im Mölltal<br />

und im Lurnfeld gilt in möga, khinda usw. deutliches<br />

-a. Auch im Oberdrautal setzt sich dieses<br />

eigenartige -n an Stelle <strong>des</strong> ganz alten -vr.<br />

127


§ 50 gl—g5<br />

auszeichnen. Doch sind die Auslaut-or im Oberdrauund<br />

Mölltal, im Lungau, im Lieser-, Metnitz-,<br />

Görtschitz- und Lavanttal sowie im Obermurgebiet,<br />

in der Weststeiermark und im Seewinkel im Begriffe,<br />

durch -», -a völlig ersetzt zu werden, und<br />

mggn, khindv usw. dringt gegen mggvr, khindvr<br />

stark vor. Die Vokalfärbung vor diesem erhaltenen<br />

-r schwankt zwischen silbischem -r (nördliches<br />

Mittelkärnten, Zarz, Deutschruth, einige Tiroler<br />

Hochtäler), -sr (hauptsächlich in Tirol, in Gottschee)<br />

und -trr, das am weitesten verbreitet ist. —<br />

2. In einigen Streugebioten der Mittelsteiermark<br />

vermochte -v aus älterem -er weitere Endungen<br />

an sich zu ziehon, die genau genommen gar nicht<br />

dazugehören. Man sagt z. B. um Mureck und<br />

Radkersburg äujv (hinauf), $wo (hinab), die nunmehr<br />

mit änfv (herauf), §wv (herab) klanggleich<br />

sind, sagt fläisv (fleißig), khinv (König), ev hgt mv<br />

(er hat mich), miv fiz'n dv (wir führen dich) und<br />

danachsogarim Starkdruck wua (mich) unddia(dich).<br />

Umgekehrt wird in anderen mittelsten*. Gebieten<br />

nach altem und „richtigem" fläisi, khinj, äufi<br />

(hinauf), go hgt m\, mi9 ßd'n d\ wiederum übertrieben<br />

auch äufi (herauf), hgt m\ (hat mir) und<br />

danach wieder im Starkdruck ml (mir), dl (dir)<br />

sowie kitäudi (Staudach), mgu n t\ (Montag), ja<br />

sogar pfgryr\ (Pfarrer) und dergleichen gesprochen,<br />

die in der übrigen Steiermark -o aufweisen. Vereinzelt<br />

„falsche" -j-Formen entdeckt man noch<br />

im benachbarten Burgenland. — 3. In den beharr -<br />

samon südbair. Mundarten wird je nachdem, ob<br />

im Schwachdruck alter Kurz- oder alter Langvokal<br />

vorausgegangen war, in überraschender Konservativität<br />

-ar und -ar auseinandergehalten; z. B.<br />

im Obersilltal zwar mggdr, kxindar, a grÖ9ßß3r,<br />

a Swärddr, aber pffgrrar, snaidar, nimmar (nimmer),<br />

ferner aüijar (herauf) mit -ar, weil mhd. üf her erst<br />

spät zu einem Wort zusammenwuchs und dabei<br />

das e als Länge gewertet wurde, schließlich im<br />

Komp. v seiertal als tirol. Hochtalmundarten, ferner im<br />

Gail- und (ganz alt) im Obergurktal. Im Pusterund<br />

Lesachtal kehrt die Differenzierung in modifizierter<br />

Form wieder; für -ar steht -Q, für -ar aber<br />

-o: mqgq, khindq, a grQasg usw., aber pfgrra, änaida,<br />

nimma, auua, präta, elta. Über die Nachwirkungen<br />

<strong>des</strong> silbischen -r, aber nicht <strong>des</strong> -ar bei der Ausbildung<br />

<strong>des</strong> Gleitlautes -d- nach -n-, -l- und -rs.<br />

§ 27 j und § 28 c 1, Fußn. In den südbair. Außenmundarten<br />

wird übrigens in gleicher Weise zwischen<br />

mgxtdr (macht ihr) und mgxtar (macht er) getrennt,<br />

jenes mit der Schwachdruckform <strong>des</strong> pluralischen<br />

iar (ihr), das aber im bair. Binnenland durch das<br />

ursprünglich nur dualische eß (ihr beide) verdrängt<br />

worden ist. Die Unterscheidung zwischen -ar und<br />

-ar läßt sich in den südbair. Urkunden (insbesondere<br />

kleiner Kanzleien) bis ins 13., in Tiroler Urkunden<br />

bis ins 14. und 15. Jh. verfolgen; die<br />

Verhältnisse in den mittel- und nordbair. Urkunden<br />

lassen dagegen schon fürs ausgehende 12. Jh.<br />

echtmundartlichen Zusammenfall vermuten. Im<br />

Zimbrischen der Sieben und Dreizehn Gemeinden<br />

und an den Kändern <strong>des</strong> Gottscheer Lan<strong>des</strong> gibt es<br />

sogar eine Dreiteilung; hier kommt als drittes -or<br />

aus ahd. -or dazu. In den Sieben Gemeinden stehen<br />

sonach drei Reihen nebeneinander: -ar in mcupr,<br />

kxind9r, an grgßßdr, maxxdtar (macht ihr); -ar<br />

in znaidar, auffar, nimmar, maxx^tar (macht er);<br />

•or in prötor (breiter, Komp.), eltor. Übrigens wurde<br />

das ahd. Komparativsuffix -or nur im Bair. verallgemeinert.<br />

Das Alemannische entschied sich<br />

dagegen für die Verallgemeinerung <strong>des</strong> anderen<br />

Komperativsuffixes -ir mit Vokalkürze. Daher<br />

gehen schon im Allgäu (und im Bregenzer Wald)<br />

bräitr, eltr mit ihrem -r mit mägr, kx\ndr, maxtr<br />

und nicht mehr mit -ar mit pfärar, &nidar, uffar. —<br />

4. Älteres -9r (nicht aber -ar) kann mit vorausgehenden<br />

Mitlauten einige auffällige Verschmelzungen<br />

eingehen. Es heißt im Lungau mit dem kärntn.<br />

der Steigerimg prgvtar (noch breiter) und Katschtal dg<br />

eltar (älter); sie weisen auf Verallgemeinerung <strong>des</strong><br />

einen ahd. Komp.-Suffixes -6r; das andere ahd.<br />

Komp.-Suffix -ir (vgl. ahd. höh&r; eltir) hatte aber<br />

vorher den Umlaut durchgedrückt. Auszugehen<br />

ist so von ahd. magar, *kindir, ein grözzer (mit<br />

bair.-ahd. kurzem -e-), ein swärer mit Schwachdruckkürzo<br />

gegon pfarrdri, sniddri, niomer, frühmhd.<br />

*üfher, ahd. breit&r, *eltor mit Schwachdrucklüngo.<br />

Die gleiche Unterscheidung besteht in Zarz,<br />

Deutschruth, Piadon, Zahre und (toilw.) Gottschee<br />

und in Tischlwang als südbair. Außen- und im<br />

ötz-, Stubai-, Sill-, Ziller-, Obereisack- und Pas-<br />

n x (Donner), a kxlgv n x (ein kleiner),<br />

ebenso v Siväx (ein schwerer), jedoch kxl^pnv (noch<br />

kleiner), Swärv (noch schwerer), Iqvrv (Lehrer).<br />

Ähnliches finden wir im Zillertal, im steir. Mitterennstal<br />

und im Oberinnviertel. Dg n §, v kxlgn n s,<br />

v SwäS hört man, allerdings stark veraltet, im<br />

Pongau und im obersten steir. Ennstal. Das -rmacht<br />

dabei dieselben Wandlungen durch wie vor<br />

folgendem -t und wie für -rr. — 5. Die Endung<br />

-rar wird, gleichgültig welcher Herkunft, in der<br />

ältesten Bauernmundart <strong>des</strong> östlichen Mittel- und<br />

Unterkärntens zu -rl dissimiliert: pjgrl (Pfarrer),<br />

l l (Lehrer), v äwarl (ein schwerer).<br />

128


Erläuterungen: Kursiv gedruckt sind die<br />

mhd. Laute, die schriftdeutschen Ansätze für die<br />

Mundartwörter und die bemerkenswerten Lautungen<br />

von Ortsnamen; in Antiqua gedruckt sind<br />

die Namen der Verfasser wissensch. Arbeiten; in<br />

Normaldruck sind die Orte, die Sprachlandschaften<br />

und die grundsätzlichen Spracherscheinungen. —<br />

Abkürzungen: ahd. = althochdeutsch, Bö. =<br />

Böhmen, Bu. = Burgenland, Edg. = Endung,<br />

Egerl. = Egerland, It. = Italien, Jugosl. = Jugoslawien,<br />

Kä. = Kärnten, Mä. = Mähren, Mir. =<br />

Mittelfranken, mhd. mittelhochdeutsch, Nb. =<br />

Niederbayern, Nö. = Niederösterreich, Ob. =<br />

Oberbayern, Ofr. = Oberfranken, On. = Ortsname,<br />

Oö. = Oberösterreich, OpI. = Oberpfalz,<br />

Sa. = Salzburg, St. = Steiermark, Südbö. = Südböhmen,<br />

Südmä. = Südmähren, Südtir. = Südtirol,<br />

Tir. = Tirol, Ufr. = Unterfranken, Va. =<br />

Vorarlberg.<br />

Die Zahlen <strong>des</strong> Registers beziehen sich, wenn<br />

nichts davorsteht, auf die Paragraphen und nicht<br />

auf die Seiten. Ist die Zahl lett gedruckt, so wird<br />

im betreffenden Paragraphen über das Stichwort<br />

besonders ausführlich gehandelt. Steht vor der<br />

Zahl Vw., so ist damit das Vorwort, steht vor der<br />

Zahl E., so ist damit die Einleitung gemeint.<br />

Vorgesetztes K. verweist auf eine der dialektgeographischen<br />

Karten 1 bis 27; steht nach der<br />

Zahl Fn., so ist die zum betr. Paragraphen gehörige<br />

Fußnote gemeint. — Damit der Leser die Sprachlandschaften,<br />

die Gegenden und Täler und die<br />

Orte <strong>des</strong> Textes auffindet, sind 4 HHfskarten beigegeben.<br />

Im Register Bind sie mit III, 112, H3, H4<br />

bezeichnet. Die darauf folgenden Buchstaben<br />

und Zahlen weisen nach Schachbrettart auf das<br />

bestimmte Viereck der betreffenden Hilfskarte;<br />

z. B. nach Aichach gibt H4 die Hilfskarte 4 an,<br />

c3 den Schachbretteil dieser Hilfskarte.<br />

Register<br />

a, mhd., Vw. 13; - E. 21, 40, 50; - 1, 4a2/4,<br />

5cl/4, 7a3, lla2/7/8/9, 20el, 27h2, 34i4; K. 1<br />

und 10.<br />

d, mhd., Vw. 13; - E. 32, 50; - 1, öcl/4, 20el,<br />

34i4; K. 1.<br />

ä, mhd., Vw. 13, 17; - E. 23, 40, 43; - 2, 7a3,<br />

9b, 20/el/o3, 23cl, 34i4; K. 2.<br />

a,mhd., Vw. 13; — E.23, 43; - 2, 7a3, 9b, 20g2/o3;<br />

K. 2.<br />

Abc 1 q.<br />

Abfaltersbach, Tir., 50e3, H4e5.<br />

Abirrungen E. 48.<br />

Abtei 13 o.<br />

abteieri8ch 4a4, H3dö.<br />

Abtenau, Sa., 14b2, 16j2, 50b3/e4/8, H3e4/f4.<br />

Abwandlung Vw. 10; — E. 39<br />

Achenseo, Tir., 14bl, H3d3.<br />

Achse, Achse Ip3, 20g2; s. Wb.<br />

Aderktaa, On., 38 c 4.<br />

Afers, Südtir., 50e3, H4d5.<br />

Affrikaten E. 37.<br />

Affrikatendissimilation 34dl, 37a/bl, 39al.<br />

•ah-, mlid., lj.<br />

Register<br />

Ahrntal, Südtir., 4a2, 5bl/e2, 10b2, Ilb3, 14b2,<br />

18al, 23a3, 27gl/c3, 34i2, 46c2/h9, 50d4/e2/5/fl,<br />

H3d4.<br />

Ahorn lj, 50e2; s. Wb.<br />

Aichach, Ob., 3k, 16b2, 17d3, 33al, 50e7, H4o3.<br />

Aigen, Oö., 17d3, H4f3.<br />

Aktive Mundarten E. 22.<br />

Akzent Vw. 11, 12, 15; — E. 17, 36, 29, 33; —<br />

10a2, 20b/h4, 27h2/jl/k2.<br />

-al-, mhd., lgl/4/i/o, 5cl, 20hl.<br />

alemannisch Vw. 4, 5, 6, 9; — E. 23, 24, 46; —<br />

lbl/2/k/p2, 3c/gl/6, 4gl, 5c2/3/4, 9b, 21al/bl/<br />

dl/5, 22a3/ 7, 23cl, 26b4, 27a4/b/ c5/5Fn., 30a,<br />

36a3, 37a, 38c2, 46f3/hl/2, 50g3; — hochalem.<br />

6a2; — höchstalem. lk; — mittelalem. 5c2, 6a2,<br />

7a2; — niederalem. 5c2, 13c, 16c5/d; — südalem.<br />

E. 21, 39; - 4al/4/c3, 6bl/2/c2, 7a2,<br />

13a2/c, 16c5/d, 21d3, 22c5, 26bl, 27h2, 29e4,<br />

34el/i2/k2, 46i6, 49cl.<br />

Alemannismen E. 4, 22, 23, 24, 39, 43; — 2g4,<br />

20g4/m3/o5, 21bl/2/d5, 22c5, 27b, 46hl, 50fl.<br />

Allgäu, Schwaben, E. 21, 23; — 7g6, 18al, 21bl,<br />

22c6, 31b2, 33b4/e4, 38i2, 50g3, H3b4/c4.<br />

Alpbach, Tir., 46h9, H4d4.<br />

Altbayern Vw. 4, 5; — E. 1, 8, 9, 28; - lc, 3m4,<br />

4g2, 5gl, 7gl, Ila4/d2, 13dl, 14b2, 16j5, 20g2/<br />

hl/il/2, 29e4, 33c, 38c2, 49c7, 50ol/fl, H2.<br />

Altdorf, Mfr., 3e4, H4o2/d2,<br />

Altenmarkt, Pongau, 28b3, H4d4.<br />

Altenmarkt a. d. Traun, Ob., 16b5, H4o3/4.<br />

Altersmundarten Vw. 6; — E. 12; — 3g2.<br />

althochdeutsch E. 3, 12, 13, 20, 33, 84-36, 46.<br />

Altmannsstoin, Opf., 32b5, H4d3.<br />

Altmühltal, Mfr., 24a3, 34clO, 46h5, H3c2/3.<br />

Altomünster, Ob., 33dl, H4c3/d3.<br />

Amberg, Opf., E. 18; - lil, 13dl, 16e2, 28b2,<br />

33b5, H3d2.<br />

Ammergau, Ob., 313, 21b2, H3c4.<br />

Ammerseo, Ob., Ib2, 2d2, 3m3Fn., 14b2, 38a4,<br />

46hl/9, H3c3/4.<br />

Amstetten, Nö., E. 18; — 34c6, H4g3.<br />

•an-, mhd., In, 3n2, 5e5, 7e2, 11dl.<br />

-an-, mhd., In4, 7e3, 11dl.<br />

analoger Umlaut Vw. 19; — E. 48; — 2h, 6b, 13j,<br />

20g7/n, 22a2/b2, 23c2.<br />

Änel 46c4, K. 23; s. Wb.<br />

Ansageformen 27a2.<br />

Anzing, Ob., El;- H4d3.<br />

aper 31dl; s. Wb.<br />

Apokopo E. 33; - 27d2, 34i2/k2/6, 37c.<br />

-ar-, mhd., E. 41, 47, 50; - lh, 313, 6cl/gl/3, 20dl/<br />

g2, K. 8.<br />

Arbeiter E. 7, 14.<br />

Archaismen 27h2.<br />

ArlbergE. 1, 23; H3b4.<br />

Arnsdorf, Nb., 49b4.<br />

-art-, mhd., lg/hl.<br />

Asch, Bö., E. 1; - 13h, 17dl, 22a5, 23b2, 34c6,<br />

46h9, H3dl.<br />

Asche, Äsche lpl, 26b3; s. Wb.<br />

Ascholding, Ob., 50o7, H4d4.<br />

Äse 2gl; s. Wb.<br />

9 129


Register<br />

Atem 48b4; s. Wb.<br />

Attel, Ob., ö0e4/7, H4d3.<br />

auch 21b2.<br />

Auerling, Kä., 34j2, H4g5.<br />

Augsburg, Schwaben, Ib2, 14b2, 33b5, 34cl/10,<br />

46h9, 50e4, H3c3; — Diözese, llbl, 20o5, 21bl.<br />

Auslautverhärtung E. 33; — 27c/d/e, 28cl/dl,<br />

33c, 34kl/2, K. 22.<br />

Auspitz, Mä., 39bl, H3i3.<br />

Aussee, St., Ila6, 16b5, 33c/e4, 38a6, 46h9, 50b3/<br />

c3/4/8, H3f4.<br />

Außonmundarten s. Sprachinseln.<br />

Außfem, Tir., 313Fn., 7g6, 20jl, 21bl, H3c4.<br />

b Vw. 10, 13; - E. 11, 24, 33, 85, 43; — 27al/4/6,<br />

30; - slawisches E. 34, 36; b zu v 27a4; — 6-<br />

25a6, 27c, 36a; - -b- E. 24; - 25a3, 27e/gl/6/<br />

hl, 30a, 42al; - -b 27d, 28b2, 30a, 42al.<br />

Babenberger 20gl.<br />

bachteln E. 52.<br />

bägen, mhd., 2h.<br />

Balg 27d3.<br />

Balken 38c2.<br />

Bamberg, Ofr., 20g6, 38all, H3c2.<br />

bärzen 2g7<br />

Barn 48b3.<br />

Base, Ip3.<br />

Base Ip3.<br />

Bauer 29e4.<br />

Bauern E. 6, 9, 16, 25.<br />

Bauernlandschaften E. 14—22.<br />

Bauernmundarten E. 3, 5, 6, 7, 9, 10, 16, 17, 18,<br />

22, 41, 42, 45; - 24b, 27g6, 29e3, 32b5, 34k3,<br />

35d, 50b/e8/g6.<br />

Bauernwörter Vw. 15, 20; — E. 10, 11, 13, 15, 25,<br />

48, 49, 50, 52; - 3j5/p, Ild4, 20h2, 24a3, 28b3,<br />

30b, 33el/4.<br />

Baug 21d6, 22a3/bl.<br />

Baum 22a7.<br />

Bayern Vw. 5; — lq; 8. Altbayern.<br />

Bayreuth, Ofr., 2d2, 4dl, 28b2, H3d2.<br />

Bayrischer Wald 4f4, 7fl, 12a4, 13dl/el, 16b2/il,<br />

24a3, 28c3, 33c, 34c6/13/hl, 36b3, 50b, H3e2/3.<br />

Bayrisch-Zell, Ob., 3ro2, 32b5, H4d4.<br />

be-, Vorsilbe, Vw. 18; — 31cl, 36a3.<br />

Becher 3ol<br />

Beck (Bachanwohner) 25b2.<br />

Behauchungaverlust s. Tech.<br />

Beize 2011 .<br />

beizen 2011.<br />

Beilngries, Opf., 32b6, H4d2.<br />

belciten 20h4.<br />

-ben 30a2.<br />

Benediktbeuren, Ob., 3k, H4d4.<br />

Berchtesgaden, Ob., E. 10; — 1613, 20h2, 33b5,<br />

38a3/4, 46h4, 50o2/3, H3e4.<br />

Bergwerksgründungen 20gl.<br />

Bern (Verona) 36a3.<br />

beten 3el.<br />

Beunde 16e2, 20h3; s. Wb.<br />

Biest(.Milch) E. 52.<br />

Binnendialekte E. 16, 21; - 30, 31, 41, 2d2.<br />

Birkfeld, St., 33b5, H4h4.<br />

Birne 5h.<br />

bis 36a3.<br />

Bischof 36a3.<br />

bleichen, -cken 34el, 38c5; s. Wb.<br />

Bletsche 3g2; s. Wb.<br />

Bleuel 16f; s. Wb.<br />

Böhmen E. 2; — 28b2, H3.<br />

Böhmerwald E. 1, 39; - Ig4/ml, 3jl/3, 4f4/g3,<br />

5dl, 7fl, 13dl/el/h, 14c2, 17d4, 20hl/il/olFn.,<br />

24a3, 28c3, 29bl, 33b6/c/d2/e4, 34c6/13/k3, 36b3,<br />

39b2, 46d, 48b4, 50b/c3, H2, H3e2.<br />

130<br />

BOHNENBERGER, W., E. 22.<br />

böse 20g7Fn.<br />

Bösing, Slowakei, 4b3/4, 13h, 16b2, 18a3, H3i3/j3.<br />

boßen E. 49; — Ild4.<br />

Bozen, Südtir., E. 18; - 3d2/k, llbl, 28b2, 33b4,<br />

34J1/3, 50al, H3d4.<br />

Bregenzerwald, Va., 46clFn., 50g3, H3b4.<br />

Breme 2g5; s. Wb.<br />

BREMER, O., Vw. 24.<br />

Brennerpaß 3d5.<br />

Brett E. 39; — 3ol.<br />

Brief 36a3.<br />

bringen, brengen 7a5Fn.<br />

Brixen, Südtir., E. 18; — 2g4, 3d2, llbl, 34J1/3<br />

60al, H3d5.<br />

Brück a. d. MUT, St., E. 18; — 3d2, 34cl3, H3g4.<br />

Bruder 17a3.<br />

Bruneck, On., 4a3.<br />

Brunn, Sprachinsel, Mä., E. 15; — lfl, 2el/g5,<br />

3el/j5/13/ol, 4b4, 5c7, 6al, 7bl/e5/fl, 10dl, 13h,<br />

14b2, 16b2/h/i3/5/jö, 17c2/d4, 18a2, 20h4/n2/o3,<br />

21d4, 23a5, 24aö, 25a5, 27gl/4/i2, 29b3/e2, 30b,<br />

31d2, 32b2/3, 33bl/c/k2/3, 39bl/3, 46c3/d/i4,<br />

49c6, H3i2.<br />

-bt 29d.<br />

Budapest 13dl.<br />

Budweis, Sprachinsel, Bö., E. 15; — 2el, 3ol, 4b4,<br />

10d2, 13h, 14b2, 16b2, 20o3, 21d4, 25a5, 31d2,<br />

32b2, 34k2, 46c3/d, 49c6, H3g3.<br />

Bühnendeutsch E. 5, 8; - 23al, 27g4, 34i2/3, 44,<br />

49bl/c3.<br />

Burgenland E. 1, 20, 23, 29, 30, 34, 39, 51; -<br />

lg2/4/h2/nl/2, 3e2/jl/2Fn./m4/n3/4, 4b2/3/c2/<br />

f/g2, 5b2/cl/7/f2/g6, 7bl/el/4/gl, 7el/4/gl, 8c4,<br />

Ha8/d4/5, 12d/el/2/f/gl/i, 14cl, 16b2/dFn./f/<br />

gl/h/i3/j5, 17a6/c2/d4, 18a3, 20dl/jl/12, 21d6,<br />

22c4, 23a4/5, 27c7/gl, 29b3/4/cl/2/e3/6/7, 30b,<br />

31c2, 32b5Fn./b5/7, 33b6/c/d2/e4, 34b5/c3/6/10/<br />

12/13/i5/7/j4/k2/4/5/6, 36al, 37b2, 39b2/3, 40a,<br />

42b, 43b, 46fl/h3/4/ö/6/9/12/13/iö/6, 48a/b3,<br />

49c5/6/fl, 50c3/d2/e5/7/8, H2.<br />

Burgennamen s. Reuental.<br />

Bürgertum E. 5; — 3dl.<br />

Burggrafenamt, Südtir., 20jl, 29e2, H3c5.<br />

Burglengenfeld, Opf., E. 18; — 28b2, H4d2.<br />

Bu$ch(eri) 5h.<br />

büßen, -tzen 34el; s. Wb.<br />

Cesuna, Italien, 38al2, H4d6.<br />

ch Vw. 13; - E. 43; - 34al/dl/j, 43, 44; -<br />

frem<strong>des</strong> ch- 34b4; — -ch- 29b3, 34c9/i5/7; — -ch<br />

28b2, 34k4.<br />

Cham, Opf., 20c 1, 33b5, H3e2.<br />

Chiemgau, Ob., 20h2, 38a3, 49dl/2, 50e3/fl, H3e4.<br />

Chiemsee, Ob., E. 44; — Ila6, 50b/e6, H3e4.<br />

-cfo-Umlaut Ip3.<br />

Chur, Schweiz, 20g4, H3b5.<br />

Cihana, Bö., 17dl, H4c2.<br />

Cilli, On., 27g4, H3gö.<br />

Cimbern Vw. 11.<br />

comparativum s. Komparativ<br />

d Vw. 13; - E. 33, 42, 43; - 27a/6/gl/5/6/hl, 28; -<br />

d-27c, 28bl, K. 21; - -d- 28b3, 34b6, K. 21; -<br />

•d 27d, 28bl, K. 22; - d, frühahd., 27al.<br />

Dachau, Ob., 21b2, 33dl, H4c3/d3.<br />

Dachse 33e4, s. Wb.<br />

Dampf 42f2.<br />

dänisch 34c 1.<br />

Dürre 2j.<br />

Dativ 27dl, 33e2, 34k3.<br />

Datachitz, Mä., 50c3, H4h2.<br />

Daumen 14b2.<br />

davon 5el; 8. Wb.


Defreggen, Tir., 2gl, 4b5, 7c2, 10b3, 17a7, 20c2,<br />

H3d5/e5.<br />

Dehnung, neuhochdeutsche, s. Zweisilberdehnung;<br />

— Kärntner D. 3d5, 34j, 43b; — D. vor -r+<br />

Dental lg/hl, 3m, 27h4; — D. vor -r, -l 27h3.<br />

Deichsel 33b4; s. Wb.<br />

dein 14a3.<br />

Deisenhofen, Ob., 27g2, H4d2.<br />

Deminutiva 6a4, 46i5.<br />

derren 2j; s. Wb.<br />

Deutschgegend, Südtir., E. 15; — Id3, 5cl, lOd,<br />

Ild8, 50a, H3c5.<br />

Deutschlandsberg, St., 7fl, H4g5.<br />

Deutschpilsen, Sprachinsel, Ungarn, E. 15; — 13dl.<br />

Deutschproben, Sprachinsel, Slowakei, E. 15; —<br />

39bl.<br />

Deutschruth, Sprachinsel, Jugosl., E. 15, 36, 51; —<br />

Id3, 2dl/f2, 4b4, 5c3Fn., 6al, llbl, 20bl/5/d4,<br />

22c2, 23a3Fn., 25a5, 27b/g5/h2, 31e, 32a4/blFn.,<br />

33bl/e4, 34b3/4, 38al2/cl/2, 46c2/i6, 49cl,<br />

50el0/gl/3, H3e5.<br />

Dialektatlas, österr., Vw. 2, 5, 7, 22.<br />

dialekthistor. Quellen Vw. 6, 7; — E. 13, 18; —<br />

20a2.<br />

Dialektgeographie Vw. 19.<br />

dich 50g2.<br />

Dichter s. Reime.<br />

Dichtersprache Vw. 9; — E. 4, 13.<br />

Dieb 16b2/j5, 17a8, 27d3, K. 14.<br />

Dinkelsbühl, Mfr., 21h2, H4b2/c2.<br />

dir 50g2; s. Wb.<br />

DOLLMAYR, V., Vw. 5, 25c.<br />

Donaustraße E. 1, 17, 19, 44; - lc, 5d5, 7bl,<br />

18a2, 21al, 29el.<br />

Donauwörth, Schwaben, 33b5, 34clO, 46h9, H3c3.<br />

Donner 4el, 46e, K. 23.<br />

Dorfen, On., 5g2Fn.<br />

Dorfen, Nb„ 131, 28b2, H4d3.<br />

dörfen 6b.<br />

dort 5g5.<br />

Drasenhofen, Nö., lfl, 24a5, H4i3.<br />

Drautal, Kä., lnl, 3g2, 5cl, 7eö, 8c6, 10b5, 13g2,<br />

14bl/d2, 16d, 21d2, 29e2, 33e4, 46c4, 50al/b/gl,<br />

H3eö/fö.<br />

Dreiländerecke, bu.-nö.-st., lfl/jl, 33e4/5.<br />

Dreiländerecke, nb.-bö.-opf., 31i.<br />

Dreiländerecke, nö.-oö.-st., Ila7.<br />

Dreisilber 35c4.<br />

Dreisilberkürzung E. 83; - 3bl/el/f2/mlFn., 27i,<br />

34il/kl.<br />

Dreistammesecke, bair.-alem.-fränk., 38a5/6, 50b.<br />

Dreizehn Gemeinden, Sprachinsel, It., E. 15, 37,<br />

41; - lkl, 2ml/lFn., 4b4, 6al, 9al, Ilbl/d7,<br />

12a2/3Fn., 13i, 15a3, 16c3, 19, 20ml/3, 21b3,<br />

22a2/6Fn./c2, 23a3Fn., 24b, 26a, 28clFn./cl,<br />

31b2/4/c3, 32bl/2/4/c3, 32bl/2, 33a2/3/b4/d3,<br />

34b2/f/i5, 46c2/h7/8, 48bl, 49b2/cl/2/f4/g3, H3c6.<br />

dreschen 3o2.<br />

Drucksilben 34c 1.<br />

dumm 36b2.<br />

Duppau, Bö., 17dl, H4el/fl.<br />

dürfen 6b.<br />

Dürnhaar, Ob., 32b5, H4d3/4.<br />

e, mhd., E. 20, 44, 54; - 2c/d/e4, 3, 4h, öal, 7a3,<br />

10al/c2, 26, 27i3; K. 2, 3.<br />

e, mhd., Vw. 13; - E. 14; - 4, öal, 16b8/i, 20el/<br />

o5, 26.<br />

c, mhd., Vw. 13, 17; - E. 32, 54; - 10, Ilal/b3,<br />

12al/4, 17a2/7, K. 9.<br />

eben 3ol/6.<br />

Ebensee, Oö., 24a4, H4f4.<br />

Ebereberg, Ob., 33c, H4d3.<br />

Eching, Ob., 50e7, H4d3.<br />

Register<br />

Egel 2gl.<br />

Eger, Bö., lil, 34c6, 46c3, H3el.<br />

Egerde 3p; s. Wb.<br />

Egerland, Vw. 4, 17; - E. 1, 15; - In3, 312, 4dl/<br />

g8, 5f2/g4/5/6/8, 10c3, 13el/2/h, 17dl, 20gl/3/<br />

jl/k, 22c3, 23a5, 28b2, 33b6/c/dl/e2/4, 34cl/6/k6,<br />

39bl, 46d/h4/9/13/i6, 49c6, 50c3, H2.<br />

Egge 20o; s. Wb.<br />

Eggenfelden, Nb., 50d6, H4e3.<br />

-eh-, mhd., E. 44; — 3h.<br />

-eh-, mhd., 4e.<br />

-eh-, 3i, lOal/el.<br />

Eher 3p, 4e; s. Wb.<br />

Ehrwald, Tir., 2d2, 46h9, 50f2, H4c4.<br />

ei, mhd., Vw. 13; — E. 11, 30, 41, 43, 44, 46, 47,<br />

50; — 2e2, 5cl, HalO/b2, 16e2, 17a7/c3, 20,<br />

21b3, 42al, K. 10 und 16; — ei- im Hiatus 13c,<br />

16d, 20i.<br />

ei, mhd., 20al/o, 22a2/3/6, 27e.<br />

ei, mhd., 20o, 27f.<br />

Ei, Eier 20il/2.<br />

Eibiswald, St., 3el, H4g5/h5.<br />

Eichstätt, Mfr., E. 1; - Ie3, 20f, 28b2, 34cl, H3c3.<br />

Eide 20c; s. Wb.<br />

Eidechse 20o; s. Wb.<br />

-eil-, mhd., 14c2, 20k.<br />

-ein-, mhd., 17cl, 18h3, 20g7Fn./j, 21cl.<br />

ein-, Vorsilbe, 14a3; s. Wb.<br />

Einsiedel 23aö.<br />

Einsilber 20a2/f/h/j2, 38a6, 41b, 46o.<br />

Einsilberdehnung E. 33, 53; - ljl/o, 3bl/dl/5/el/<br />

fl/11, 20h4, 33dl/el, 34a2/c9/i5/k, 39al, 40a;<br />

K. 22.<br />

Einze, E. 7; — 20e3/ll/ml; s. Wb. -<br />

Eisacktal, Südtir., In5, 3k/ml, 4a2, 5cl/e2, 7a4,<br />

Ilb2/d8, 20il/jl, 21b2, 28cl/3, 34k7, 38a2, 46c4,<br />

50g3, H3d5.<br />

Eisenärzt, Ob., 33c, H4e4.<br />

Eisenerz, St., 34cl3, H3g4.<br />

Eisenland, Nö., 46i5, 50e8, H3f4/d3/4.<br />

Eisenstadt, Bu., 29b3, 34c3, H3i4.<br />

-el-, mhd., E. 23, 44, 50; - 2g4/5, 3d4/f2/j/k/l,<br />

4f2/3/g2, 7d2, lOal; K. 4.<br />

-el-, mhd., 3j3, 4f, 7dl/2.<br />

-el-, mhd., E. 44; - 3j/k, lOel.<br />

•2l 38a8, 49d.<br />

elf 20j4, 27g4Fn., 46c3Fn.; s. Wb.<br />

Elbogen, Egerl., 33c2, H4ol.<br />

Emphase E. 42.<br />

•9m 48b4.<br />

-e'n-, mhd., 3n, 7e2.<br />

-en-, mhd., 3nl.<br />

-in-, mhd., 10b3/4/5/d, lld7/8, 17cl/2.<br />

-an, Vw. 18; - E. 23, 24; - 3ilFn., 38a8, 39b3,<br />

46h/i; K. 24 und 25.<br />

Endungen Vw. 18.<br />

Enego, It., 31c2, H4d6.<br />

englisch E. 30.<br />

enhalb 46c3; s. Wb.<br />

Ennstal, steir., 2gl, 3d4/f2, 16b2/3, 20il/k, 29b2/c2,<br />

33c, 34i3, 35bl/e, 36b3, 38a3/4/6/9/10, 46h3/<br />

4/6/i6, 48b3, 49c6/dl/2, 50d3/o3/4/8/g4, H3g4.<br />

Ennstal, oö., 20h2/il, 34c6, 50e3/4, H3f3/4.<br />

-e'p-, mhd., 3i5Fn.<br />

-er-, mhd., E. 23, 44; - 2a4/5, 31m, 5gl.<br />

-er-, mhd., 4g, 7g4, 8c6, 16b4, 20n2; K. 6.<br />

-er-, mhd., 3m, 10e3.<br />

-3r, Vw. 18; - E. 7; - 27j2, 28clFn., 5012/g.<br />

Erbondorf, Opf., 2d2/f2, H3d2.<br />

Erdbeere 32b5, K. 27; s. Wb.<br />

Erding, Ob., E. 51; — 16e2, 33b5, H4d3.<br />

Ergctag 24b; s. Wb.<br />

Erinnerungsformen E. 12.<br />

Erlangen, Mfr., 13dl, H3c2.<br />

131


Eegister<br />

Erlauftal, Nö., E. 41; - 16gl/h, 17d4, 18a3, 20h2,<br />

32b7, 33b5/6/c, 50d3/e?/4, H3g3/4.<br />

-9rn 60e2.<br />

Ersatz, Vw. lö, 20; - E. 25, 27, 30, 45-56, 57; -<br />

3gl, 8c2, 16b2/3/6, 20g2/7/k/ml/o, 22a5, 29b3/e,<br />

34cl3/i7, 36b2, 38a9.<br />

-ert-, mhd., 3m, lOal.<br />

Erzgebirge E. 1; — H3el/fl.<br />

erzgobirgisch 3c, Hl.<br />

Eschbann 3p; s. Wb.<br />

Eschenloh, Ob., 13i, H4c4.<br />

Etschland, -tal, Südtir., Ild8, 20jl, 23a2, 28cl/3,<br />

38a5, H3cö/e5.<br />

etwas 3o2.<br />

euch E. öl; — 16dFn./j6/k.<br />

/ 8. v und ff.<br />

Fahrenzhausen, Ob., 29c2, 32b5, H4c3/d3.<br />

Falke 38c2.<br />

Falkenstein, Opf., 20cl, H4d2/e2.<br />

FaUdruck E. 29, 33; - 10b2, 20h4, 34J1/3.<br />

Farn 48b4; s. Wb.<br />

Fasching 42a3.<br />

Fehring, St., 34cl3, H4h5.<br />

Feiertag 13i; s. Wb.<br />

Feifalter Vw. 20.<br />

Feistritztal, St., 5o23/7, H3h4.<br />

Feldkirchen, Kä., 20g6, H4f5.<br />

fominina abstracta Vw. 19; — 2i, 6b, 20nl, 23cl.<br />

Fenster 3n2Fn.<br />

Forlach, Kä., 25a5, H4fö/g5.<br />

Ferse 3mlFn.<br />

Fersental, Sprachinsel, It., E. 15, 41; — Id2/n5,<br />

2el, 3d4, 4b4, 5c3Fn., 6al, 7cl/gll, Ild7, 16c4,<br />

20il, 21a2/d4, 22c2, 24a5, 25a5, 27dl/gl,28b2/cl,<br />

29cl/2/e2/6, 30b, 32bl/2, 34b2/3/f/i2/ö, 42a2/b,<br />

43b, 46c2/f/h6/8/9, 47b, H3c5/d5.<br />

Feuer, 12a2.<br />

Feuersbrunn, On., E. 16, 51.<br />

-ff(-) Vw. 13; - E. 43; - 34al/c9/dl/j, 43, 45.<br />

Filder, On. E. 39.<br />

finden, fcnden 7a5Fn.<br />

Finstermünz, Tir., 413, H4c5.<br />

FISCHER, H., 1.<br />

Flachgau, Sa., E. 10, 43; - Id2/fl/h3, 3d4/12Fn.,<br />

4c3/g2, 5g5, 7e4/fl/gl/13, 8c4, Ila6, 14b2/dl,<br />

16o3/g2/j5, 17d3, 20dl/hl/2/n2/olFn./o3, 22b3,<br />

25b3, 28b3, 33bö/6/c, 34c6/10/13/h4/i3, 35b2,<br />

38a3/5/6/c2, 46h4, 48b4, 49fl, 50c3/d2/el/3/8,<br />

H3e4/f4.<br />

Flecke 38c 1.<br />

Fleisch E. 3; — 20m.<br />

fliehen 33b 6.<br />

flöß, flöz 34el.<br />

Folgaria, Sprachinsel, It., E. 15; — Ikl/m5, 4b4,<br />

6al, Ilbl/d7, 13j, 18a2, 20cl, 22c2, 27dl, 29c2,<br />

33a2, 34f/i2/5, 46c2, H3c6.<br />

Forchach, Tir., Ib2, H4c4.<br />

Form 5g5.<br />

fort 5g5.<br />

Foza, It., 18a2, 20e2/f, 27g5, 31c2, 34f, H4d6.<br />

Fragant, Kä., 32b5, H4o5.<br />

fragen 2h.<br />

Franken, Vw. 4.<br />

französisch 20b, 34d4, 36b 1.<br />

Freisen 2012.<br />

Freising, Ob., E. 18; - Hd2, 20il/olFn., 28b2,<br />

29cl, 33c/dl, H3d3.<br />

fremd 4c 1, 48a.<br />

Fremdlaute 34 — 38.<br />

Fremdsprachen E. 2, 3, 8, 13, 24a, 25, 34-38, 57<br />

Freund 16e3/3Fn.<br />

friaulisch, Vw. 5, 20; - E. 10, 34, 35, 36; - 25a2,<br />

27c3, 32bl, H3eö.<br />

Friedberg, Südbö., 50o4, H4f5.<br />

132<br />

Friedberg, Ob., 7gl3, 16b2/H4a3.<br />

Friedenfels, Opf., 33e2, H4a2.<br />

•fs 31e.<br />

-ft 31bl.<br />

Fuchs 8b3.<br />

fünf 7a5.<br />

Fürsten E. 4.<br />

Fürstenfeld, St., 34c 13, H4h4.<br />

Fürstenfeld, Ob., 7gl3, 13i, 28b2, 32b5, 38a4/c2,<br />

50e4, H4c3.<br />

Fürstenhof E. 4.<br />

g, Vw. 13; - E. 33, 43; - 27al/ö/6/gl/hl, 28b2,<br />

29; - g- 27c, 29a; — -g- 29bl, 34c5; - -g 27d,<br />

29a/cl.<br />

Gaal, St., 3m3, 4g6, H3g4.<br />

gähnen s. ginen.<br />

Gailtal, Kä., E. 15; — 5cl, 7e, 14al/c2, 16al/2/j3,<br />

22c3, 24b, 27g5/j2, 28c3, 29e2, 33e4, 38cl, 50al/<br />

g3, H3e5/fö.<br />

Galfe 27c2.<br />

Ganzheit E. 32, 34.<br />

gären 24al.<br />

Garmisch, Ob., 5dl, 14cl, 15al/2/i3, 22c3, 38a3,<br />

42a3, H3c4.<br />

Gärtner Vw. 25.<br />

Gaugg 22a7.<br />

ge-, Vorsilbe, E. 19; - 29bl/e, 38a9, 50b; K. 19<br />

und 20.<br />

Gebrette 3g2.<br />

gefunden 28d2, 29e3.<br />

Gegendtal, Kä., 14a2, 16d, 17d4, 21d2, 22c3, 28c3,<br />

29e9, 32b7, 46c4, 50b, H3f5.<br />

gehabt E. 22.<br />

Gehei 20il.<br />

geifern 20h2.<br />

Geist E. 3; — 20m.<br />

Gejeide 20o, 22a7.<br />

Gemeinde 20ml.<br />

Geminaten 34g.<br />

Genäck 38c 1.<br />

Genitiv 32blFn.<br />

Genitiv-Dativ-Umlaut, Vw. 19; — lpl, 16jlFn.,<br />

22a7.<br />

genommen 5el; s. Wb.<br />

Gerlos, Tir., 46h9, H4d4.<br />

Germ 24a4.<br />

gersten, adj., 5h.<br />

Gerte 2j.<br />

Gerundium 46h8.<br />

Gerz 27c2.<br />

Gesäuse, St., 3d4/e2/f2/i5, H3g4.<br />

Geschäft, geschäftig 2k.<br />

geschehen 33b6.<br />

geschwind 23a5.<br />

gestanden 28c2, 35b 1.<br />

gestern 3o2.<br />

Getreide 20o.<br />

gewinnen 23a5.<br />

Gewohnheit Sei.<br />

geworden 28d2, 29e2, 32b7.<br />

gg, Vw. 13; - 34a/c, 37; gg- 27c5/6/7, 29a, 34clO/<br />

dl/3, 37a, 38a7.<br />

-ggetzen 27c5Fn.<br />

GIERACH E. Vw. 25.<br />

ginen 7o3.<br />

Ginmaul 7e3.<br />

Gitschtal, Kä., 24b, H3e5.<br />

gl- 29e5, 38alO, 49e2.<br />

-gl 29b2/3, 38al0, 48a, 49dl/e2.<br />

Glantal, Kä., 14b2, 21d2, H3f5.<br />

Gloisdorf, St., 33b5, 46h 12, H4h4.<br />

Gleitlaute 27j, 28cl/2, 24h, 50g3.<br />

gliederarmo Reihen, Vw. 15; — E. 25, 43, 44, 48,<br />

57; — 16b2, 22al.


Gmünd, Kä., 14b2, H4f5.<br />

gn- 29e5, 38alO.<br />

gnädig 2k.<br />

Golling, Sa., 14b2, H3e4.<br />

Göllnitz, Slowakei, E. 15.<br />

Qorre 8c6.<br />

Görtschach, On., 6a/c.<br />

Görtschitztal, Kä., 313, 4gl, 16d, 46c2, 50al/fl/gl,<br />

H3g5.<br />

Oörz, On., 6a/c.<br />

Goten Vw. 11.<br />

Göti 20g2.<br />

Gottfried v. Straßburg 16c5, 21d3.<br />

Gottschee, Sprachinsel, Jugosl., Vw. 4,12; — E. 15,<br />

36, 41; - Id4/h4/i2, 2dl/2e3/gl/k, 3n2/2Fn.,<br />

4a2/b6/c3, 5cl/3/e2/gl/2, 6al/c, 7a4/c2, 10b7,<br />

Hb2Fn./dl3, 13dl/2, 16c4, 18al, 20f/ml/olFn.,<br />

21d3/4/6, 22a6/c3, 23a3, 25bl, 26bl/j2, 29b4/e2,<br />

31b2/4/dl, 32a3/blFn., 33a2/3/bl/c4, 34b3/i2/k6,<br />

38a5, 42c2, 46c2/4/f/h8/9/10/12/i2/3/6/8, 48bl/3,<br />

49b3/cl/f4, 50e2/gl/3, H3d6.<br />

gr- 29e9, 38a9/10.<br />

Gräben Vw. 19.<br />

Grafenau, Nb., 16il, 48b4, H4e3/f3.<br />

Grafing, Ob., 28b2, 46h9, H4d4.<br />

Gränte 2gl.<br />

Graßlitz, Bö., 28b2, 39bl, H3el.<br />

Graz, St., E. 8, 29; - 3d2/m4, öcl/3, 34cl3, 38alO,<br />

H3h4.<br />

Gregor 3ol.<br />

Greie 13c, 20i2.<br />

Grenzen Vw. 12; - E. 16, 24, 24a, 36; - Ib2/e3,<br />

21bl; vgl. Sprachgrenze.<br />

Grenzversteifungen E. 24; — 27b, 30a, 34cl/jl,<br />

46h9.<br />

GRIMM, J., Vw. 10; - E. 27, 35, 42.<br />

grödnerisch E. 34; — 4a3, 7a4, 25a3, 27a4/c2/3/g4,<br />

35cl, 36b2, H3d5.<br />

Groschen E. 10.<br />

Große Schutt, Slowakei, Vw. 4; - 4b3, Ild4, 13h,<br />

16b2, H3i3/j3.<br />

Grünburg, Oö., 16e3, H4f5.<br />

Grunjt, Grumpf, Grund 46f2.<br />

g 29bl/d /<br />

Gufidaun, Südtir., 28b2, H4d5.<br />

Gunzenhausen, Mfr., 46h9, H3c2.<br />

Gurgl, Tir., E. 1; - 7a4, 14a3, H4c5.<br />

Gurk, Kä., 3m3Fn., 14b2, H4f5.<br />

Gurktal, Kä., 4gl, llcl, 14b2/c2, 16d, 17d4, 28c3,<br />

29e9, 38c2, 46c4/g3, H3fö.<br />

Güssing, Bu., 33b5, 34cl0/13, H3h4/i4.<br />

gut 17a3.<br />

h, Vw. 13; — E. 43; - 27gl/6/hl, 33; — h-<br />

33a2/3; - -h- 29bl, 33b, 34c9/i5/j2; - -h 27d,<br />

33c.<br />

Habsburger s. Rudolf.<br />

Haid, Egerl., 33e2, H4e2.<br />

Hainburg, Nö., E. 18; - H4i3.<br />

Haiegg, On., 4a3.<br />

Hall, Tir., E. 18; - H4d4.<br />

Hallstatt, Oö., 38a6, 50b3/e4/8, H4f4.<br />

Handel 35c 1.<br />

Hans Vintler llbl.<br />

Harfe, Härpfe 2gl.<br />

Hartmann von Aue, E. 6; — 16c5, 21d3.<br />

Hartberg, St., 33dl, H3h4.<br />

Haßfurt, Ufr., 33e2, H4cl.<br />

Hauptkatalogo Vw. 3, 7.<br />

Hauptwörter, schwache, E. 89.<br />

Hausruckviertel, Oö., E. 17; - 3m4, 18n3, 20hl/<br />

j3/o2/3, 28b2, 31dl/k3, 60dl/2/3/e7/fl,H3f3.<br />

Heanzeroi, stein, 18a3, 34c3, H3h4.<br />

Hei 20il; s. Wb.<br />

Heideboden, Bu., E. 1; — H3i4.<br />

Register<br />

Heiden 20h2/12.<br />

Heidenheim, Mfr., 21b2, H4c2.<br />

heilig, E. 3; — 20m.<br />

Heiligenblut, Kä., 7f3/g7, 32bl/2, 34j2, H4e4/5.<br />

Heimatmundarten, Vw. 11; — E. 12, 15, 30, 48.<br />

Heinrich von dem Türlin 20o3, 21al.<br />

Heirauch 2gl, 2012; s. Wb.<br />

heiser 20h2/ll; s. Wb.<br />

her, E. 28; - 58f2.<br />

Herkunftstheorien Vw. 11; — E. 15, — 23a5.<br />

Hermagor, Kä., 14b 1, 27g5, H4e5/f5.<br />

Herrensprache E. 4.<br />

Hersbruck, Mfr., 33b5/e2, H4c4/d4.<br />

Herzlandschaften E. 18.<br />

hessisch, E. 1.<br />

Heus, Vw. 19; - 16a2.<br />

Hiatustilger 29b4, 33b 10.<br />

Hilpoltstein, Mfr., 33b5, 46h9, H4c2/d2.<br />

himmelkühlen 17d2.<br />

Hirsch, E. 7; - 34hl.<br />

hochdeutsch E. 40; — 2b, 34a2/i2, 42al.<br />

Hochmittelalter E. 3, 4, 7, 16, 30.<br />

Hochsprache E. 3, 6, 6, 10; - 2b, 27g4.<br />

Hochtäler, tir., Vw. 5, 9; - E. 14, 56; - ldl/11,<br />

2e3, 3d4, 4a2, öbl/cl/4/7, llbl/2, 18al, 23a3/<br />

3Fn., 25a6, 27c8/dl/2/e/f/gl/6/j2, 28cl/dl, 29c2,<br />

33bl, 34a4/bl/2/i2/j4/kl, 46h9, 49c3, 50cl/gl.<br />

Hof, Ofr., 4dl, H3dl.<br />

höfische Wörter 3e2/fl, 16c5, 20g2/5, 36h3.<br />

Hohlkrähc 38c4; s. Wb.<br />

Höllental, Nö., 38a5, 46h4, H3h4.<br />

Honig, Honig 6b; s. Wb.<br />

HORNUNG, M., Vw. 5, 25.<br />

-hs- 33e.<br />

-ht-, E. 52; — 33d, 50e4.<br />

hundert 28c2, 35cl.<br />

Hunger 23a5.<br />

Hu-iten 32b5Fn., K. 27.<br />

Hüttenberg, Kü., E. 10, H4g5.<br />

i, mhd., Vw. 13; - 7, 8ol, 9al, 13al, 26.<br />

i, mhd., Vw. 13; - E. 21, 26, 28, 29, 30; - 2e2,<br />

4a2, 7a2, 13e, 14, 15a2/4, 20el/ml/o3, 22a6,<br />

42al; - im Hiatus 13c, 16d, 20il.<br />

-ich-, mhd., 7f3.<br />

ie, mhd., Vw. 13, 17; - E. 32; — 16j, 17, 19.<br />

-iech-, mhd., 17bl, 34i7.<br />

-iel-, mhd., 17d.<br />

•ien-, mhd., 17c.<br />

•ier-, mhd., 7gl4, 17o.<br />

•ig, Endung, 29c2, 50g2.<br />

Iglau, Sprachinsel, Bö.-Mä., E. 15; - Id2/kl/n3,<br />

2dl, 3il/j2, 4a2/dl, 5bl/f2, 6al, 7e5, 10c3, 14h,<br />

15b2/cl, 17a2/dl, 20f/gl/3/h4/jl/2/o3, 21d4, 23b,<br />

24a4/5, 25a5, 27gl, 29bl/3/e2/7, 31d2, 32b2,<br />

33bl/c, 34b2/ll/k2/3, 38c2, 39bl, 46e/il/4/6, 49c6,<br />

50b/e8, H3h2.<br />

•ih-, mhd., 7e5.<br />

ihm, ihn 7e5, 48b7.<br />

ihnen 7e5.<br />

-il-, mhd., 3j3, 4f2/3, 7d.<br />

•il-, mhd., 13h, 14f.<br />

Ilmtal, Ob., 28b2, H3c3.<br />

llztal, St., 50e3, H3h4.<br />

Imperative, E. 39; — 34k61T.<br />

Imst, Tir., 7g6, H4c4.<br />

-in-, mhd., 7a5/e, 17a9.<br />

-in-, mhd., 13g.<br />

-inen, mhd. Verbalsuffix, 46i6.<br />

Infiltrat Vw. 17; - E. 24a, 29, 88.<br />

Infinitive E. 24; - 46il.<br />

Ingolstadt, Ob., E. 19, 44; - 5g7, 13i, 14n2, 16J2,<br />

20f, 24a3, 28b2, 29bl, 34cl/8, 50d6, H3d3.<br />

Innichen, Südtir., 50c3, Hldö.<br />

Inning, Ob., 21bl, H4c3/d3.<br />

133


Register<br />

Innsbruck, Tir., E. 18; — Id3, 3g2, ögl/5, 7bl,<br />

14b2, 17c2, 33b2, 34k7, 38a2, 46c2/h3/13, öOal/<br />

6/e4, H3d4.<br />

Inntal, Tir., E. 18; - Ilbl/d8; s. auch Ober-,<br />

TJnterinntal, H3c4.<br />

Inntal, Ob., 16e2, H3d3/4/e3.<br />

Innviertel, Oö., lml, 3j3/m4, 4f2/g2, 5c4/g9, 6c2,<br />

7d3/gl, 13h, 16e3/i/j4Fn., 17d4, 20o2/3, 24a2,<br />

32b5, 34h4, 38a9, 48b4, 49c7/dl, 50b/dlFn./3/6/<br />

el/3/8/fl/g4, H3e3/f3.<br />

-ir-, mhd., 4g8, 7a5/g, 8cl/6, 9a3, 17a9, K. 6.<br />

-ir-, mhd., 13i.<br />

Irdning, St., 50e3, H4f4.<br />

-irt-, mhd., 7g9/10.<br />

Isar-Donaustraße, E. 14, 18, 19, 20; — 3ol, 4bl/3,<br />

5b2, 21a, 34a9/clO/12/k7, 38a7, 46h2, 50c3.<br />

Isarstraße, Isartal, Ob.-Nb., E. 1, 17, 44; — 3i4/13,<br />

16b3, 22a5, 34clO, H3e3/4/d3.<br />

Ischl, Oö., 50b3/o4/8, H4f4.<br />

Iselgebiet, Tir., lnl, 3k/m3Fn./n3, 4c3, 5cl,<br />

10b3/dl, Hb3/dlO, 14b2, 20n4, 22cl, 23a3,<br />

26bl/gl, 46hl2, 49cl, 50al/b/e2/3, H3e4/5.<br />

Isental, Nb., 20olFn., H3e3/d3.<br />

Ispertal, Nö., 34c6, H3g3.<br />

Italien Vw. 4; — E. 1, 15.<br />

italienisch, E. 10; — 36a2.<br />

iu, mhd., Vw. 13; - E. 19, 44, 51; - Ild2, löal,<br />

16, 25bl; K. 12 und 13.<br />

-iü-, mhd., Vw. 13; — 6al, 15, l6a2/el/5.<br />

-iul-, mhd., 16f.<br />

•hin-, mhd., E. 51; — 16e.<br />

-iur-, mhd., E. 51; — 16g.<br />

-iuw-, mhd., 16d.<br />

/, Vw. 13; - 24.<br />

Jäger, E. 7.<br />

Jägersprache, E. 7; — 20o2.<br />

Jaispitz, Mä., 24a5, H4h3.<br />

Jans Enikel, E. 5; - Ila7, 20o3, 21al.<br />

Jargon, E. 9.<br />

Jausen E. 7.<br />

Jechnitz, Egerl., 29e7, H3fl.<br />

jiddisch Ha4Fn.<br />

Joachimstal, Bö., 28b2/6, 38a5, H3el.<br />

Jogelland, St., Ig2, 14cl, 20h2/il, 29c3, 33b9/c,<br />

50d3, H3h4.<br />

Jörg 6b/c.<br />

Judenburg, St., E. 50; - lhl, 313, 4gl, 8c2, 38a6,<br />

H3g4.<br />

Jugoslawien Vw. 4; — E. 1, 15.<br />

k s. kch.<br />

Kaiser 20m2.<br />

Kais, Tir., lnl, 5b2, 14b2, 38c3, H4e4/5.<br />

Kamin B. 12.<br />

Kanaltal, It., E. 35; — 10b4, llb2Fn., 14b2, 25a5,<br />

27gl, H3e5/fö.<br />

Kärnten, Vw. 11, 20; - E. 1, 10, 11, 15, 18, 20,<br />

36, 41, 44, 45; - Ijl/n5/pl, 3e2/fl/gl/i4, 4b3/5/<br />

g4, 5e3/f2, 6c, 7c2/e5/g7/10/ll, llbl/2/2Fn.,<br />

17c2/3, 20gl/6/i2/12/ml, 21dl/4/6, 22a2/bl, 23a2/<br />

5, 27c7/d3/g4, 29b4/g/e2, 30o2, 32b5, 33b2/7/9/d2,<br />

34b2/clO/d2/hl/il/2/7j2/k7, 35cl, 37a, 38aö/c2,<br />

42b, 43b, 46c2/3/4/h 1/3/9/10/i5, 49cl/l, 50el/2/3/<br />

4/10/gl/4, Hl.<br />

Kärnten, On., 34d2, 35c 1.<br />

Kärntner Dehnung s. Dehnung.<br />

Karolingerzeit, E. 3, 16.<br />

Katschtal, Kä., Id2/ll, 7f3, 14c2, 16j3, 24al, 34j2,<br />

35b 1, 46c2, H3f4/5.<br />

Kauf 21e.<br />

Käufer 21e.<br />

KAUFFMANN, F., 46i7.<br />

kaum 14b2.<br />

134<br />

kch, Vw. 10, 13, 17; - E. 19, 43; - 34al/3/c4/10/<br />

ll/dl/2/f, 38; Karte 21; - kch- 27c5/6; -kch<br />

28a6; — kehl- 29e5/9, 38a9, 49e2; — kchn-<br />

29e5/9, 38a9; - kehr- 29e9, 38a9; K. 19.<br />

keck 3o2/6, 26b3.<br />

Kees, E. 39; — 3ol.<br />

kommen 26b3; s. Wb.<br />

Kettenreaktion, E. 33, 42, 50, 51; — 20e2.<br />

Keue 16b2/d; s. Wb.<br />

Kiefersfelden, Ob., In5, 16e2, 50e3, H4d4/e4.<br />

Kinderwörter Vw. 20.<br />

Kirchdorf am Inn, Ob., 16e2, 50e3, H4d4.<br />

Kirchensprache, Kirchen Wörter, E. 3, 30, 44; —<br />

3el/o4, 20m, 21e, 28d2, 36a3.<br />

Kitzbühl, Tir., 3gl, lOd, 50d3, H4e4.<br />

Klächel 2g2.<br />

Klagenfurt, Kä., E. 9, 18, 49; - 3e2, 4bl/g4,<br />

5b2/g5, 6al, 17c2, 20g6/nl, 33c, 46f, H3fö.<br />

Klausen, Südtir., 33b4/c, H4c5/d5.<br />

Kleie 25b.<br />

klein 22m3.<br />

kleine Eigennamen E. 46, 47.<br />

kleinwinzig 22m3.<br />

klintschig 22m 3.<br />

Klosterneuburg, Nö., E. 18; H4h3.<br />

Klostertal, Vorarlb., 20g4, 22c5, H3b4.<br />

Knappensprache E. 7.<br />

Knäuel 16f; s. Wb.<br />

Knittelfeld, St., E. 50, 51; - lhl, 313Fn./m3,<br />

4g6, 28b3, H4g4.<br />

Knoblauch 31dl; s. Wb.<br />

Kochl, Ob., lil, 5dl, 13i, 22a5, H4d4.<br />

köden 26.<br />

Köflach, St., 7fl, 33e4, 38a6, H4g4.<br />

Komparative Vw. 19; — 2i, 20g7/nl, 27j2, 50g3.<br />

Kompromißformen 22c4.<br />

Kone 26.<br />

Konkordanz d. Quellen Vw. 9; — E. 13, 35.<br />

Konsonantenschwüchung, mittelbair., Vw. 20; —<br />

27c7, 34a2/c/i5/k3/4, 35a/cl, 37a/b2, 38a3/5,<br />

39al, 40a, 41b, 42b, 49c6/dl; — binnendeutsche<br />

34c1/2.<br />

Kontraktionen E. 33; — 20al/o, 27e/f, 31b3.<br />

Korneuburg, Nö., E. 18; H4i3.<br />

Kötschach, Kä., 50al, H4e5.<br />

Krainer 2011<br />

KRALIK, D., Vw. 25.<br />

Krappfeld, Kä., 3m3Fn., llcl, 16d, 50al, H3g5.<br />

Kraubath, St., 3el, H3g4.<br />

KRAUS, C. v., Vw. 25.<br />

Krebs, Kreuß 27f.<br />

Kreis 20m2.<br />

Kremnitz, Sprachinsel, Slowakei, E. 15; — 3911,<br />

50b.<br />

Krems, Nö., E. 18.<br />

Krems, Ob., 50e7, H3h3.<br />

Kresen 3o4.<br />

Krickerhäu, Sprachinsel, Slowakei, E. 15.<br />

Krimml, Sa., 14a3/b2, 20il, 32b5, 34cl0, H4d4/e4.<br />

kroatisch Vw. 5; - 27a4, 42al.<br />

Krumau, Bö., 3j3, 7e5, H3f3/g3.<br />

Kufe, E. 11, 48, 51; - 18a3.<br />

Kufstein, Tir., E. 18; - 12a4, 16b3, 46hl3, 50e4.<br />

Kulmbach, Ofr., 33e2.<br />

Krimmer 36b2.<br />

Kundfahrten Vw. 5, 21, 22.<br />

l, Vw. 13; - E. 14, 37; - 4f3, 5dl, 10h, 20h,<br />

23a3Fn., 27f/hl, 34c4/10, 49, K. 7 und 26; --<br />

•l 27d.<br />

Laatsch, On., 21b2.<br />

Laber, Opf., 33b5, H3d2.<br />

Lacke 38cl; s. Wb.<br />

ladinisch, Vw. 5, 20; - E. 34; - 4a3/4, 7a4, 50al,<br />

H3d5.


Lafnitztal, St., 50e7, H3h4.<br />

Laibach, Jugosl., E. 6, 8; - 27g4, 34b3, H3g5.<br />

Landau, Nb., E. 18; — 34olO, 46h9, H3e4.<br />

Landflucht, E. 13.<br />

Landsberg am Lech, Ob., E. 24; — 21bl, 50e4,<br />

H4c3.<br />

Landshut, Nb., E. 18; - 20o3, 22bl, 28c3, 34clO,<br />

38a5, 50e2/4/7/fl, H3d3.<br />

lang 27d3.<br />

Langenkampfen, Tir., 46h9, H4d4.<br />

Länggries, Ob., 3rn2/2Fn., Ö0e3, H4d4.<br />

Langobarden Vw. 11.<br />

lateinisch Vw. 10; — E. 8, 56; — lql, 36a2.<br />

Lauf, Mfr., 33dl, H4c2.<br />

Laug 21d6, 22bl.<br />

Lautanalogie 35b2/cl.<br />

Lauterbach, Egerl., 33e2, H4el.<br />

<strong>Lautgeographie</strong> Vw. 2, 14, 19.<br />

Lautgeschichte Vw. 7, 9, 11.<br />

Lautgesetz Vw. 15; — E. 25, 27.<br />

Lautschrift Vw. 23.<br />

Lautspiel, Vw. 20; — 20m3.<br />

Lautverschiebung, hochd., Vw. 17; — E. 42, 43; —<br />

84a2/cl/dl, 42al/3.<br />

Lautwandel Vw. 15; - E. 25-38, 42, 56, 57.<br />

Lavanttal, Kä., E. 29; — Ihl/n2, 3dö/n4, 5dl, 7bl,<br />

8c3, lOd, 13i, 14c2, 16d/j3, 17c2, 20olFn., 23a4,<br />

27gl, 28b2, 29e9, 31e, 33b6, 34j2/k7, 46c2, öOal/<br />

dl/el/fl, H3g5.<br />

Lavarone, Sprachinsel, It., E. 15, 37; — lkl, 4b4,<br />

6al, 9al, Ilbl/d7, 13j, 15a3, 21b3/d, 22a2/o2,<br />

24a5, 27dl/c2, 32bl, 33a2, 34f/i2/5, 46c2, H3c6.<br />

•Ich- 49f4.<br />

-ld- 28cl2.<br />

Lech 3il, 34cl/10, 46h9, 50e7, H3c3/4.<br />

Lechrain, Ob., E. 23, 44, 54; - 2d2, 3gl/j5/k/13/m2,<br />

4b3/c2/gl, 5bl/c7/gl, 7gl3, 10b8, 13h, 14b2/cl,<br />

17c2, 20k/ml/3/ol, 21bl, 22a3/5/7/bl/c3/6, 28c3,<br />

24cl3/i3, 36b3, 38a3/4/6/c4, 46f3/hl/4, 48b,<br />

50al/b/gl, H3c3/4.<br />

Lechtal, tir., E. 15, 44; - Ip2, 2d2, 313Fn.,<br />

5cl/g2, 7g6, lOd, llbl/3/d9, 20jl/2/k/ml/3/ol,<br />

21bl, 22a3/5/7/bl/c3/6, 33e4, 46f/i2, 53d4/f2,<br />

H3b4/c4.<br />

Lechwinkel, Schwaben, E. 1; — 3d4, 4b3/5,<br />

28b3Fn., 50d2, H3c3.<br />

ledern, adj., 5h.<br />

ledig 3ol/5, 4a3.<br />

Lefze 31e.<br />

Lehn, On., 21b2.<br />

Lehnwörter, Vw. 7, 9, 10, 20; - E. 10, 11, 13, 30,<br />

35, 37, 48; — 4a2/4, 6b, 7a2, lOal, 13b2, 16al/b3,<br />

20a2/e2/3, 21a2, 23b, 24b, 25a2/3/4/5, 27a4/c2/<br />

3/5/g4, 31dl, 32b2, 33e4, 34d4, 35cl3/d, 36a2/bl,<br />

37bl, 38b, 41al, 42al, 46b.<br />

-lei 13c, 20il/2.<br />

Leibnitz, St., E. 18, H4h5.<br />

-lein, Endung, Vw. 18; - 49d2.<br />

Leoben, St., 3iö, 4g2, 7fl, H4g4.<br />

Lerget 24b, 33c.<br />

Lermoos, Tir., 2d2, 22c6, 50f2, H4c4.<br />

Lesachtal, Kä., Id2/n5, 3n2, 5o2/gl/9, 7e5, lOd,<br />

lldll, 14al/b2, 16d, 23dl, 28c3, 33b4, 34i2/j2/4/<br />

kl, 38a3/cl/4b/f/hl2, 49cl, 50al/g3, H3e5.<br />

leschen 3o2.<br />

Lesespracho Vw. 10; - E. 18; - lq, 2k, 34d5,<br />

36e2.<br />

LESSIAK,P.,Vw.5,9,24,25; - E.13,19,30Fn.,34.<br />

Leu (Eligius) 16a2.<br />

Leuchse 16al, 33e4; 8. Wb.<br />

Loutasch, Tir., 22a2, 28c3, H4c4.<br />

Lex 3ol.<br />

•Iff- 39d, 49f2.<br />

•lh- 37b9.<br />

Lichtenfols, Ofr., 28b2, 33o2, H4cl.<br />

Register<br />

Lie 16d/j2; s. Wb.<br />

lieb 16b2/j5, 17a3.<br />

Lienzer Becken, Tir., ldl, 3n3, 4gl, 5cl, 7gl5,<br />

Ilb2, 20il, 27gl, 34f2, 38c2, 50al/e3/gl, H3e5.<br />

Lienzer Klause, Tir., 3il, H3e5.<br />

Liesertal, Kä., 3ml, 8c7, 13h, 14b6/c2, 17d4, 22c3,<br />

24b, 27gl, 32b7, 33e4, 34j2, 38a3, 46c4/h9,<br />

50b/gl/4, H3f5.<br />

Lietzen, St., 34c 13, H3f4.<br />

Lind im Drautal, Kä., 32bö, H4f5.<br />

Lindau, Schwaben, 22c5, H4b4.<br />

Lindlaute Vw. 13, 14; - E. 27-33.<br />

Linz, Oö., 2m4, 50b, H3f3.<br />

Liquidenvokalisierung E. 41; — 34o4/10/ll, 49c6,<br />

50c3; K. 26.<br />

Literatursprache E. 8.<br />

-Ik- 34j4, 49cl/2/d2.<br />

-II- 34j4, 49cl/2/d2.<br />

Löffel 4c3.<br />

Loisachtal, Ob., 14b2, 17a4, 21bl, 22a5, H3c4/d4.<br />

Lon 5el/3; s. Wb.<br />

löschen 3e2.<br />

4t- 35c3.<br />

Luditz, Bö., 17dl, H4el.<br />

Lungau, Sa., ldl/11/2, 2gl/2, 3i5/j3/m2, 4c3/f2,<br />

5e3, 7gll/hl, 14b2/c2, 20il, 22c3, 24b, 27gl,<br />

29d, 34clO/i4, 35b2, 36b3, 38a3/c2, 46h9, 50al/<br />

d3/el/2/3/4/8/fl/gl, H3f4.<br />

Lunge 23a5.<br />

Lurnfeld, Kä., lhl, 7e5/f3, 14d2, 16d, 17c2, 20i2,<br />

öOal/6/gl, H3fö.<br />

Luserna, Sprachinsel, It., E. 15; — lkl, 2dl, 6al,<br />

Ilbl/d7, 12a3Fn„ 13j, 15a3, 20nl, 21b3/cl,<br />

22a2/c2, 24a5, 27dl, 29b4/c2, 32bl, 33a2/b4,<br />

34f/i2/5, 46c2/h6/8, H3c6.<br />

m, Vw. 13; — 27gl/hl, 48; - -m 27d, 48bl.<br />

mächtig 2k.<br />

Mädel 2k.<br />

magyarisch, Vw. 5; — E. 44, 35; — 13dl, 23c2/3,<br />

28cl, 41al.<br />

mähen E. 24.<br />

Mähren E. 2; - 20g3, H2, H3.<br />

Mai 20il/2.<br />

Mallnitz, Kä., 32b5, H3e5.<br />

Maltatal, Kä., lil, 6dl, 7f3, 8c6, 13h, 14c2, 17d4,<br />

20k, 34j 2, H3f4/5.<br />

Maneck, Mf., 49h9Fn., H4c2.<br />

Manetin, Egerl., 39bl, H4el/2/fl.<br />

Marburg, Jugosl., 3d2, 25a5, 27g4, 29e4, H3k5.<br />

Marchfeld, Nö., 18a2, 29b3, H3i3.<br />

Maria Saal, Kä., 14b2, H4g5.<br />

Maria Zeil, St., 38a5, 46h3, 48b9, 50o3, H3g4.<br />

Maskulina, schwache, E. 39.<br />

Maßo <strong>des</strong> Sprachlebens Vw. 2, 17; — E. 2 —24a.<br />

Mattsee, Sa., 4g5, H4e4.<br />

mehr 50f2.<br />

Mehrsilber 20a2/f/h/j2.<br />

mein 14a3.<br />

Mein- in Personennamen 20a3.<br />

Meißel E. 11; - 2011.<br />

menz 2g2.<br />

Meran, Südtir., E. 18, 44; - 3d2/k, 5cl, llbl,<br />

20jl, 28b2, 33c, 34J1/3, 50al/6, H3c5.<br />

Mering, Ob., 20o5, H4c3.<br />

Messe 3o5.<br />

Met 3o3.<br />

Metnitztal, Kä., 3m3Fn., llcl, 16d, 29c9, 38c2,<br />

46c2, 60fl/glt H3f4/5.<br />

mich 7glFn., 50g2.<br />

Mies, Egerl., 33bö, 46c3/h9, H3c2.<br />

Miesbach, Ob., 50e3, H4d4.<br />

Millstättor See, Kä., lhl, 3g2, 5g4, 14d2, 21d2,<br />

22c3, 32b5, 50b, H3f5.<br />

Miltcnborg, Ufr., 32b5, H4a2.<br />

135


Register<br />

mir 7glFn., 50g2.<br />

Mischformen, E. 25, 48, 65; — 33b6/el.<br />

Mischmundarten, Vw. 11; — E. 32; — 17a2Fn.<br />

mittelbairisch E. 1,14, 15,17,19, 20, 40, 52, 54; —<br />

Id2/fl, 2dl/e2, 3dl/e2/gl/il/jl/k/ll/m4/5/n2,4a4/<br />

bl/2/f2/g2/e2/3/4/5/gl/8/9/12, 10a2/b2/8/cl/2/d2/<br />

e3, Ila3/b2, 13el, 14b2/cl, 16b2/e2/j2/5, 17a2/6/<br />

9/c2/3/d2/e, 18a2, 20dl/el/gl/hl/2/3/4/nl/o3/4,<br />

21al/3/d3, 23a3, 27c4/dl/3/g2/3/i3, 28bl/3/c2/<br />

d2, 30a2/b, 32bl/2, 33b3/5/6/c/el, 34al/3/cl/2/3/<br />

4/6/7/1 l/12/el/hl/4/iö/7/j4/k2/3/6/7/8, 35a/cl/3/<br />

d, 36al, 37b2, 38a5/7/8/c2, 39b3, 40c, 43b,<br />

46c2/3/4/d/g/h2/3/4/5/9/l l/i4/7,49c4/6/7/f2, 50cl<br />

/3/dl/3/el/2/3/gl/2.<br />

mitteldeutsch, Vw. 21; - E. 1, 7, 15, 16, 19, 23; —<br />

2dl/e4, 4dl/g8, 5b3/c6, 13a2, 16J3, 17a2/4/7,<br />

20g3/o2, 23a5/cl, 24a3/4, 27a4/c5, 29bl/3, 30al,<br />

31dl/2, 33b5, 34el/k2, 36a3, 38c2, 39cl, 46c3/il,<br />

Hl.<br />

Mittelfranken, Vw. 5; — E. 1; — 4dl, 10b8,<br />

24a3, 34d, 46h5/9Fn., H2.<br />

Mittelgaumigkeit, Vw. 21; — E. 56; — 4c2, 6c,<br />

6al, 7cl, 8al, 10a2, Ha4/8/10/b2/3, 14al, 17al,<br />

18a; K. 5, 10, 11 und 15.<br />

Mittolkämten, E. 47; - 2gl/2, 3gl/k/m3/3Fn., 4cl/<br />

fl, 5e3, 13dl/h, 16b3, 17c2/d5, 20g7/nl, 22a7Fn.,<br />

24al, 29e9, 31e, 33c/e4, 46i6, 49c5, 50al/b/e2/<br />

gl/5, H3f5.<br />

Mittelsilbenschwund 41a2.<br />

Mittelsteiermark, Vw. 22; — E. 18, 29, 30, 31, 33,<br />

56; - Idl/g2/n2, 3n4, 5cl/2Fn./7/dl/el/gl3Fn.,<br />

10b9/d, llbl/2/c2/d7, 13d2, 14al, 16b2, 17a6,<br />

18al, 20jl, 21d6, 23a4, 25a5/bl, 27c7/gl, 28c3,<br />

29c2/e6/7/8, 30b, 34j4/k7, 38a6, 46h6/9/12/13,<br />

50dl/g2, H3h4/5.<br />

Mittenwald, Ob., 5dl, 14cl, 20o5, 38a3, 46hl2,<br />

H4c4/d4.<br />

Mittwoch 28b6.<br />

MITZKA, W., E. 20; - 3d2.<br />

-mm- 34j4J<br />

Modern, Sprachinsel, Slowakei, 4b3/4, 13h, 16b2,<br />

18a2, H3i3/j3.<br />

Modernisierung, E. 15; — 3m5, 4bl/g3/4.<br />

Mölltal, Kä., E. 47; - ld2/4/h5/nl, 3k/m3Fn./n3,<br />

4b5/c3, 5cl, 7bl/g7/15, 10b4, llb2/2Fn., 14b2/d,<br />

16J3/6, 20il/jl, 21d2, 22c3, 32blFn., 34i2, 46c2/4/<br />

f4/h6/9/12, 60b/c2/o2/3/4/7/gl, H3e4/5.<br />

Mondsee, Oö., 36b2, H4f4.<br />

Monheim, Schwaben, 29b 1, 50e2, H4c3.<br />

Monogenese, Vw. 6,11, 17; — E. 30-33, 43, 48; —<br />

13b2, 21b4, 42al.<br />

Monophthongierung, E. 26, 28, 29, 33, 38.<br />

Montafon, Vorarlb., 20g4, 22c5, 27gl/h2, H3b4/5.<br />

Moosburg, Ob., E. 18; H4d3.<br />

Mörnsheim, Mfr., 46h9Fn., H4d3.<br />

Moschendorf, Bu., 13f, H4i4.<br />

Mouillierung(stheorie) 4a3, 22b3, 23.<br />

-mp- 36b2.<br />

-ms- 32b2.<br />

Mühldorf arnlnn, Ob., 20h2, 50b4, H3e3.<br />

Mühlviertel, Oö., E. 49; - lml, 312Fn., Ila5,<br />

14b2,16gl/i, 20hl/il/j3/k/olFn./2/3, 21d6, 34cl3,<br />

46d, 48b4, 49c/dl/2, 50e4/8, H3f3/g3.<br />

Multer 17d5.<br />

München, Ob., E. 8, 9, 14, 18; - lc, 3j3/m2,<br />

4f2/3, 5gl/5, 7d3, Ild2, 13g3, 16e2, 20g8, 23al,<br />

27g2, 33b2/dl, 34clO/jl/3, 3öd, 43b, 46d, 50al/<br />

b/c3, H3c3.<br />

Mündel (Sensengriff; Kinn) 23ßö.<br />

Murau, St., 33c, H4f4.<br />

Mureck, St., Ilb3, 60g2, H4h5.<br />

Murgebiet, oberst., 3i5, 4g2, 5dl/e3, 7fl/3/gll,<br />

14c2, 16d/h, 17d5, 20il/k/13, 32b7, 34k7, 38a3/c2,<br />

46h6/10/12/i6, 4914, 50al/c3/e2/3/fl/gl, H3f4/g4/<br />

h4.<br />

136<br />

Murmente 2g 1.<br />

Murnau, Ob., 20o5, H4c4.<br />

Murtal, St., E. 50, 57; - 20o2, 34k7, 46h9, 50el,<br />

H3f4/g4/h4/gö/h5.<br />

Mürztal, St., E. 29, 50, 55; - Ih3, 20il, 33e4,<br />

34k7, 38alO, 46h6, 50e2/3, H3h4.<br />

Musikant lql.<br />

müssen 17b2; s. Wb.<br />

Mutter 17a3.<br />

n, Vw. 13; — E. 31; - 27gl/hl, 46; - -n, E. 24,<br />

38; — 27d, 47b/c; K. 23, 24 und 25; - n- 46a2;<br />

-n- 46e.<br />

Naabtal, Opf., E. 18; — 24a3, 27c5, 34a2, H3d3.<br />

Nähe, näher 2i.<br />

Nandlstadt, Ob., 50b8/e4, H4d3.<br />

Nase Ip3.<br />

-nd- 35bl/2.<br />

-ndn 28e3, 35bl.<br />

Neckenmarkt, Bu., 16gl, H4i4.<br />

nehmen 26b3.<br />

neigetzen 18h3.<br />

Neigung E. 29, 48.<br />

Netschetin, Egerl., 28b2, H4el/2.<br />

Neubistritz-Neuhaus, Sprachzunge, Mä., E. 15, 51;<br />

— 7e5, Ild4, 14b2, 20f/n2/o3, 27gl, 34cll,<br />

50e3/4, H3g2.<br />

Neuburg a. d. Donau, Schwaben, E. 1; — 33c, H3<br />

c3.<br />

neuen 16d.<br />

Neuem, Bö., 3j3, 46h9, H4e2.<br />

Neuhaus, Opf., 33e2, H3c3.<br />

neuhochdeutsche Dehnung s. Zweisilberdehnung.<br />

Neulosimtal, Egerl., 33e2, H4e2.<br />

Neumarkt, St., 33c, H4g4.<br />

Neumarkt, Opf., 33e4, H3d2.<br />

Neunkirchen, Nö., 29b3, H4h4.<br />

Neusiedl, Bu., 34c3, H4i4.<br />

Neusiedler See, Bu., E. 1; - 4b3, H3i4.<br />

Neuzeit E. 8,15.<br />

•nf- 46fl.<br />

-ng-, Vw. 13; - 27gl, 34c8, 47.<br />

nichts E. 22.<br />

nieder 7b2; s. Wb.<br />

Niederbayern E. 1, 17, 18, 20, 39; - Id2, 3jl,<br />

4f2/g6, 5f2/g2Fn./6/9, 7a6/d2/fl, lla4/5Fn./dl,<br />

13el/g3/h, 14bl, 16b2/3/e2/i3/j5, 17a2, 20il/o3,<br />

21al, 22b3, 24a3, 27g2, 28b3, 32b7, 33b3/5/6/7/c/<br />

dl/e4, 34c6/7/10/i3/7, 46h5/9/13, 48b4, 49c6/d2/6,<br />

H2.<br />

niederdeutsch, E. 33; — 24a3, 27c5, 34a2.<br />

Niederösterreich, E. 1, 9, 11, 15, 16, 17, 18, 20, 23,<br />

41, 45, 49, 51, 55; - Ifl/g4/h3/nl, 3o2/j3/5/m4/<br />

n3, 4c2/g2, 5c4/g3/6/9, 6c, 7a6/e3/fl/g8, 10d2,<br />

lla3/7/8, 13dl/el/g2/h/i, 16b2/3/d, 18a3, 20dl/<br />

g2/il/ll/o2, 27g4/i2, 28b3, 29b3/4/e4/6, 32b5Fn.,<br />

33b3/6/10/el/4,34c3/5/6/7/10/hl/i3/7/jl/k4,37b2,<br />

38c2/4, 39b2/3, 40c, 42al, 46c3/h5/13, 48a/b3,<br />

49c6/7/e3, 50d2/3/e2/6/7/10/fl, H2.<br />

nimmer, E. 22; - 7e4, 26b4, 50f2.<br />

ninderst, E. 22; — 7e4.<br />

-nk- 34c8, 38a4/6/7.<br />

-nn- 34j4, 46al/c2.<br />

Nonndorf, On., Ild4.<br />

nordbairisch,Vw. 17; - E. 1,15,17,19, 20,32,40; -<br />

ld2/e2/3/g3/jl/n3/4/o, 2dl/e2/gl/3/nl/ol, 3ol,<br />

4a2/dl/e/g3, 5b3/c5/dl, 7dlFn./cl, 10b2/c2/3/d3/<br />

e2/3, Ila4/dl, 12a3, 13el/h, 14b2/cl, 16c2/e2/f/<br />

jö, 17a2/9/cl/dl/e, 20c2/dl/ol/hl/2/3/il/j2/o3,<br />

21al/3, 24a3, 27c4/d3, 28bl/3/c2/3, 29a/bl/c2/<br />

d, 30b, 32b2/5, 33bl/2/3/5/6/c/el/4, 34al/2/3/c2/<br />

3/4/6/10/1 l/e2/hl/4/i3/5/8/k2/3/4/5/6/7, 35a,<br />

36al, 37b2, 38a7/c2, 40c, 46c2/3/4/d/g/h2/9/i4/7,<br />

49c5, 50gl, Hl.


Nordtirol, E. 18, 44; - 3gl/il/k/m2, 4b3/f4,<br />

6e3/f2/gl/9, 7e4/glO, 27c7, 34jl/k7, 35e, 38c2,<br />

46c2/hl3, 48a.<br />

Notker 4d3, 26a.<br />

Notkersches Anlautgesetz, E. 83; — 27c/e/f,<br />

31c, 42a3.<br />

-ns- 46f.<br />

•nt- 34cl3, 35a/c, 46c3.<br />

Nürnberg, Mfr., E. 1; — Ie3, 2d2/f2, 3d4/f2, 4dl,<br />

17al, 28b2, 34cl, H3c2.<br />

o, mhd., Vw. 13, 21; — E. 14; — 4al/2/4/b2, 5,<br />

7a3, 8al, lOal; K. 5.<br />

ö, mhd., Vw. 13; — 4al/2, 6cl, 6, 7a3, 8al, 16i.<br />

6, mhd., Vw. 13, 17; - E. 14, 32, 41, 47, 49, 51; -<br />

5al/c4/5/el/g2, 10al/2,11, 16b5/e, 17a2/7, 20d2/<br />

n2, 21b3; K. 10.<br />

8, mhd., Vw. 13; - E. ö4; - Sei, 6al, 10al/2, 12,<br />

20nl/3, 22c6.<br />

Oberammergau, Ob., 38c2, H4c4.<br />

Oberbayern, E. 1, 17, 18, 20, 51; — Id2/m2, 2g4,<br />

3i4/jl/3, 4g6, 5dl/fl/g3/6/9, 7a6/c2/d2/fl/gl2Fn./<br />

d5, 13el/2/h, 14bl, 16b2/3/e3/i/j5, 17bl, 20dl/<br />

g2/h2/k/olFn./3, 21al/bl/2/dö, 22a2/bl, 27g2,<br />

28b3/c3, 32b5, 33b5/9/c, 34c6/7/10/12/i3/jl, 38a5/<br />

6/c2, 46h4/5/6/9/12/13/i5, 49c6/d2, 50c3/d6/e4,<br />

H2.<br />

oberdeutsch, E. 43; — la/bl, 3a, 7a2, 9b, 13a2,<br />

16al, 17a2Fn./5, 20b, 21al, 23al, 31dl, 34i2,<br />

42a3, 46cl, Hl.<br />

Oberfranken, Vw. 5; — E. 1; — 4dl, 20g6, 33e2,<br />

34cl, H2.<br />

Oberinntal, Tir., Vw. 4; — 313Fn., 7g6, 20jl/m3,<br />

21bl/d6, 22a3/7/bl/c3, 34hl, 46c3/4/hl, 50al/f2,<br />

H3c4.<br />

Oberkärnten 2gl, 3gl/jl/k/ml/2, 4cl/2/fl, 5c7/g9,<br />

8al, lOd, Ild7, 16b2, 17c2, 18al, 20nl/olFn.,<br />

32b5, 33c, 46hl2, 49c3, 50al, H3e5/f5.<br />

Obernberg am Inn, Oö., 20h2, H4f3.<br />

Oberösterreich, E. 1, 15, 17, 47, 52; - If2/g4/n2,<br />

3j3/12Fn./n3, 4c3/g3, 5f2/g2/3/9, Ha4/5/5Fn./d5,<br />

13el/2/h, 14cl, 16b2/5/e3/i/j5, 17bl, 20dl/g2/h2/<br />

k/olFn./2, 21a3/d6/e, 24a3, 27d3/g2/4/hl, 28b3,<br />

29e4/5, 32b5/6Fn./7, 33b5/6/7/c/dl/e4, 34c3/5/6/<br />

7/10/12/13/i3/7/k3, 28c2, 40c, 42al, 46d/h4/5/i5,<br />

48bl/3, 49c7/dl/fl, 50b/c3/d2/3/5/e3/6/8/10/fl,<br />

H2.<br />

oberösterreichische Beharrsamkeitsbrücke, E. 17,<br />

20; - 4g3, 5g6, 16b3.<br />

Oberpfalz, Vw. 17; - E. 1, 18; - In3, 4dl/g8,<br />

5g6, 13dl/el/h, 16b2/e2/i3, 20cl/jl/2/olFn.,<br />

21dl, 22b3/c2, 28b2, 32b2, 33b5/6/c/dl/e4,<br />

34cl/6/10/i8/k6, 46d/h4/5/13/i6, 49c6, 60c3, H2.<br />

obersächsisch 3c, Hl.<br />

Oberstoiermark 2gl, 311/m3Fn., 5glO, 7bl, llbl/<br />

8/e/j6/k, 20hl, 21d6, 22c4, 23a3, 27c7, 29b3/cl/<br />

eö/8, 30b, 32b5Fn./7, 33blO/e4, 34i7/k2/5, 37b2,<br />

38a6/10/c2, 46c3/d/f3/hl/2/9, 49c3/f4, H3f4/g4/<br />

h4.<br />

Obervellach, Kä., 20jl, H4e5/fö.<br />

Oberwart, Bu., 33dl, H4h4.<br />

Oberwölz, St., 313, 33c, H4f4/g4.<br />

Obing, Ob., 50o7, H4e3/4.<br />

Öblarn, St., 46h9, H4f4.<br />

Obst 27f, s. Wb.<br />

Ochse 6f.<br />

-oh-, mhd., 6al/f/g2, lOal, Ilc2.<br />

ödenburg, Ungarn, Vw. 4, H3i4.<br />

Ohrenfälliges, E. 22.<br />

-oZ-, mhd., 5d, 8bl, lOal, 16b2/f, 17d4; K. 7.<br />

Olmütz, Mä.t 31d2, H3i2/j2.<br />

Olsbach, Mfr., 33e2, 46i4, H4d2.<br />

•on-, mhd., In, 5e, 7o2.<br />

•6n-, mhd., lld, 16b6, 17cl/2, 20g7Fn., 22a6.<br />

Oppositionen, E. 44.<br />

Eegister<br />

•or-, mhd., E. 41, 50; - lh, 313, 6al/g, 8c2, lOal,<br />

Ilc2, K. 8.<br />

•ör-, mhd., 6c, 7g4, 20nl.<br />

-Ort-, mhd., lhl, 5g9.<br />

•ört-, mhd., 6c3.<br />

Örtel, Hofn., 6c2.<br />

Orthographie, Vw. 8, 10; - E. 13, 35, 43, 46; -<br />

26a, 27a4, 32a2, 35cl, 36b2Fn., 38c2Fn.<br />

Ortsnamen, Vw. 7; — E. 15, 16, 34, 35; — If2.<br />

Ossiacher See, Kä., 13h, 14d2, H4f5.<br />

ostbairisch 29e9, 34i3, Hl.<br />

Osten, Tir., E. 56, H4c4.<br />

Österreich, Vw. 5, 6; usw.<br />

ostfränkisch, Vw. 5, 9; — E. 1, 19, 24, 43; — lbl/<br />

2/dl/n3/o, 2d2/e4, 3c/f2/j2/o4, 4c2/3/dl/g8, 5b3/<br />

dl, 6a2, 7e2/6, 10b8, 13a2/dl, 16c2/5/j3, 17a2/4/<br />

5, 20g3/8, 21al/dl, 22a3, 23al/3Fn., 24a3, 26bl,<br />

27i3, 28c3, 29b3/d/e2, 30a, 31dl, 33b5/el/4,<br />

34cl/i3/5/8/k2, 35b, 38all/c2, 46c3/d/f3/hl/2/9,<br />

49c3/f4, Hl.<br />

Oststeiermark, E. 44, 51; — 3el/m4, 4g2, 5g9,<br />

13f/gl, 16b2/h, 20il/o2, 50e7/8/fl, H3h4/5.<br />

Osttirol, E. 44, 45; - 2gl, 3i4/k/ml, 4b3/c2,<br />

5g9, 7c4/glO, 16b3, 22bl, 24al, 28c3, 46c2/h6/12,<br />

4914, H2.<br />

Oswald von Wolkenstein llbl, 20m.<br />

öttingen, Schwaben, 29bl, 33b5, H4c3.<br />

Ottokar aus der Gaal 22a5.<br />

ötz, Tir., E. 56, H4c4.<br />

Ötztal, Tir., Vw. 6; — E. 14, 37, 39, 56; — 2j, 3i4,<br />

4a2/b6, 5bl/cl/o2/g3, 7a4, lOd, Ilb2/d8, 13c,<br />

16a2Fn., 20m3/olFn./5, 21bl, 22a2/7/c3, 24a2,<br />

25a6/bl, 27c8/gl/i2, 28dl, 31b2/4, 34a4/bl/3/<br />

f/h/kl/4, 36b2, 38ml/2b/cl, 40b, 46c2/4/h9/i2/7,<br />

49c3, 60al/2/e2/3/4/f2/g3, H3c4/5.<br />

ou, mhd., E. 19, 22, 43; — llalO, 13ol, 20al/ol/<br />

gl/o, 21, 22a2, 42al;K. 17.<br />

öü, mhd., E. 43; - 6hl, llalO, 13el, 20al/el/3/gl/o,<br />

22; K. 18.<br />

-oug-, mhd., 21bl/d, 22bl/3.<br />

-öüg-, mhd., 22a2/b3.<br />

-outn-, mhd., 14b2, 21cl.<br />

•ouw; mhd., 13c, 14d2, 22dl, 22a6.<br />

•öüw; mhd., 16d, 20o3, 22a6/c; K. 18.<br />

p, Vw. 13, 17; — 34al/dl, 36; — p- 25a6, 27a4/e,<br />

30a, 34bl/c/dl, 36al/2.<br />

Palatalkonsonanten, Vw. 13; — 4a3, 23.<br />

Pappenheim, Mfr., 21b3, 46h9Fn., H4c3.<br />

Päpper 2g2.<br />

Papst 36a3.<br />

Paradigmenausgleich, -zwang, E. 89; — 3d2/el,<br />

16j, 22c2, 27d2, 28cl/2, 46hl.<br />

Parallelität, Parallelismus, E. 28, 40, 43; — 3n2,<br />

4al, öal/bl, 7al, 8a, 10a/b3, llal/2/d7, 12a2,<br />

13al/2/f, 14al, 17al, 20al/gl/ol, 27a6.<br />

Paris E. 21.<br />

Parkstein, Opf., 33b5, H4d2.<br />

Parndorf, Bu., 33b5, H4i4.<br />

partic. präter. 46i2.<br />

Passau, Nb., E. 5, 18; - Ie3/ml, 16il, 50b, H3f3.<br />

Passeier, Südtir., E. 24; — Ic/d2/n5, 3gl/ml,<br />

4a2/b6, 5c2/e2, 7a4/öFn., lOd, Ilb2/d8, 21b2,<br />

23a3, 27gl, 34a4, 38a2/c2, 46c4/hl2, 60al/f2/g3,<br />

H3c5.<br />

Passering, Kä., 14b2, H4g5.<br />

passive Mundarten E. 28.<br />

Patschen Vw. 20.<br />

Patzen Vw. 20.<br />

Paulscho Regel, E. 38; - 3g2/o, 4a3/5, 23b, 26bl.<br />

Paznaun, Tir., Ilb2, 20gl/4/7/ml/nl, 21bl, 60f2,<br />

H3b5/c4.<br />

Pegnitz, Mfr., 17dl, 46h9, H4d2.<br />

Peking, Ob., 7gl3, H4c4.<br />

Pelz 3ol.<br />

137


Kegister<br />

Petsch, On., 3ol, 4a3.<br />

Pettau, Jugosl., 27g4, H3h5.<br />

pf, Vw. 13; - E. 43; - 34al/dl/f, 89; - pf- 29e;<br />

K. 20.<br />

Pfaffenhofen a. d. lim, Ob., 16e2, 32b5, 33dl,<br />

38c2, H4d3.<br />

PFALZ, A., Vw. 5, 25; - E. 28; - 34c5.<br />

Pfeffer 3el.<br />

Pfreimd, Opf., 28b2, H4d2/e2.<br />

Pflaume, Pf räume 14b2.<br />

pflegen 3ol.<br />

Phoneme, Vw. 21; - E. 25, 28, 86, 40, 42, 44, 45,<br />

46; - 23al, 34dl.<br />

Phonetik, Vw. 15; - E. 46; - 23al.<br />

Phonologie, Vw. 10, 16, 17, 21; - E. 28, 35, 40,<br />

41, 46; - 20gl/2.<br />

Pielachtal, Nö., 18a3, 20h2, 50e3, H3h3.<br />

Pilsen, Egerl., lil, 33dl/e2, H3f2.<br />

Pinzgau, Sa., ldl/3/n5, 2gl/2, 3d4/f2/m2, 7gl3,<br />

10c2, Ila9, 13dl/g2, 14bl/2, 17d3, 20il, 22b3/c3,<br />

29d/e5, 32b5, 34c6/10/13, 36b3, 38a4/6/9, 46i6,<br />

50al/d3/e3/8/fl, H3d4/e4.<br />

PISCHINGER, A., Vw. 25.<br />

Pitten, Grafschaft, Nö., E. 29; — Ifl/g2, 312Fn.,<br />

4c2, 7bl, 13h, 16h/j5, 18a3, 21d6, 29b3/cl/d,<br />

46h5/i4, H3h4.<br />

Pitztal, Tir., 13c, 29e2, 46c2/i7, H3c4/5.<br />

Pladen, Sprachinsel, It., E. 15; — 2fl, 4a2/b4, ßcl,<br />

7a4, Ilb2, 14a3/b2, 16c4, 18al, 20gl, 21d4, 25a5,<br />

29d, 32b2, 33b4/e4, 34b3, 38cl, 46c2/i2, 49cl,<br />

50el0/g3, H3e5.<br />

Plaide s. Ploade.<br />

Plan, Egerl., 28b2, 33b5, H4e2.<br />

Plattendeutsch E. 9.<br />

Pleinting, Nb., 48b4, H4e3.<br />

plgode, zimbr., 20e2.<br />

Plunder 35cl.<br />

Pluralformen, E. 39; — 20n.<br />

Pohrlitz, M&., E. 15; - 25aö, 27gl, 34cll, 50c3/gl,<br />

H3i2.<br />

Polyglottie, Vw. 4; — E. 42, 43.<br />

Pongau, Sa., 2gl/2, 3d4/f2/m3, 7d3/e3, 10c2, Ila9,<br />

13g2, 14bl/2, 17al3, 20il, 22b3, 29b2/d/e5,<br />

34c6/10/13, 36b3, 38a4/6/9, 46h9/i6, 50al/d3/<br />

e3/4/8/fl/g4, H3e4/f4.<br />

Pottenstein, Of., 33e2, H4d2.<br />

Prachatitz, Bö., 25a5, 27gl, 33bl, H3f2.<br />

Prag, Bö., E. 6, 8; - 20ml, 27g4, 34b2, H3gl.<br />

Prahlitz, Mä., E. 15; — 25a5, 34cll, 50c3/gl,<br />

H3i2/3.<br />

Predigt 3ol/5, 4a3.<br />

Preitenegg, Kä., 34j2, H4g5.<br />

Pfemysl Ottokar, E. 4; — 20e3Fn.<br />

Pressath, Opf., 2d2, H3d2.<br />

Proßburg, Slowakei, Vw. 4; - E. 19; - Ild4,<br />

18a2, 27g4, H3i3.<br />

Prien, Ob., 50e4, H4d4/e4.<br />

Probst 21 f.<br />

Projektionen, E. 21.<br />

Prosdorf, St., öcl/3, H4h5.<br />

Pulkautal, Nö., 11dl, 20n2, H3h3.<br />

punktuelle Übertragungen, E. 20; 54; — 3d2, 4g4,<br />

49c5/6/fl, 50d2.<br />

Pustertal, Tir., Südtir., E. 15, 34, 45; - Id3/n5,<br />

2d2/gl, 3d4/f2/gl, 5b2/cl, 8al, Ilb2/dll, 14al/<br />

b2, 16j4, 20gl/5/il/2/nl, 27b/dl/gl/i2, 28c3/dl,<br />

29e2, 3al/b4/e4, 34jl/3/4/kl, 3öcl, 38aö/cl/4,<br />

46c4/h9/10/12/i2/3, 49cl, 50al/e2/3/5/10/gl/3,<br />

H3d5/e5.<br />

qu-, ahd., 26a6.<br />

Quantität, Vw. 13, 14; — E. 88; — s. Dehnung,<br />

Ein-, Zweisilberdehnung, Dreiailberkürzung,<br />

überlange Silben.<br />

138<br />

r, Vw. 13; - E. 41; - 27gl/hl, 34c4/10, 50;<br />

K. 26; - r- 29e9, 38a9, 50b; K. 19; — -r, E. 23;<br />

- 27dl, 60f; - -r- lhl, 311/m4, 5g6, 7g8, 50;<br />

K. 6, 8 und 26.<br />

Raabtal, St., 48b3, 50e3/5, H3h4/5.<br />

Raabtal, Bu., Ilb2, 33c, 38a5, H3h5.<br />

Radio E. 13.<br />

Radkersburg, St., E. 51; - 5g2, Ilb2, 16e, 50dl/<br />

g2, H3h5.<br />

Rain a. d. Donau, Schwaben, E. 1, H3c3.<br />

Randschollen, E. 14, 19; - Ifl/h3, 4b3/5, 5dl,<br />

16b2.<br />

Ranft, Kampf 46f2.<br />

Rangersdorf, Kä., Ih5, H4e5.<br />

Rattenberg, Tir., E. 18, H4d4.<br />

Rattersdorf, Bu., lnl, 6b2, H4i4.<br />

rauben, Räuber 21e.<br />

rauchen 21d2.<br />

Rauchfang E. 12.<br />

Raum, Vw. 2, 17; - E. 2, 12, 14-24a, 25, 45, 57.<br />

•rd- 28dl.<br />

-rder öOelO.<br />

rechnen 3el.<br />

Rechnitz, Bu., 31d2, H4i4.<br />

Rechtschreibfehler, E. 13, 47.<br />

Regensburg, Opf., E. 13, 18; — 13i, 16e2, 20o3,<br />

21a3, 24a3, 28b2, 33e4, 38c2, H3d2.<br />

Regental, Opf., 24a3, 33c, H3d2/e2.<br />

Reggelsberg, Südtir., E. 15; — 3d2/f2, Ilh2,<br />

20gl/5/7/nl, 46c2, H3d5.<br />

Register Vw. 23.<br />

Rehau, Ofr., E. 1; H4dl.<br />

Reichertshausen, Ob., 28b2, 50e2, H4d3.<br />

Reihenaufsaugung s. gliederarme Reihen.<br />

Reihenausweichungen, Vw. 15; — E. 25, 40—42,<br />

48, 57; - 20e2/g5/hl, 27a6.<br />

Reihenbewußtsein, E. 45, 46, 48.<br />

Reihenprinzip, E. 28, 40; — 3gl, 8al, 10a2, llalO,<br />

27a2.<br />

Reihenschritte, Vw. 13; — E. 28, 40, 43; — 4al,<br />

20g, 27a2.<br />

Reihenzusammenfall E. 50.<br />

Reime, E. 13, 40, 41, 54; - Ifl/g2, 3dl/i4/m3Fn.,<br />

4al, 7e2/5/fl/g9, llbl, 13el, 14al, 16c5, 20a2/<br />

g7/m/o3/4, 21al/d3, 25a3, 32b2/4, 34clO, 35b2,<br />

36b2, 42al, 50e3.<br />

rein 20ml.<br />

Rein- in Personennamen 20o3.<br />

reizen 2011.<br />

Remüngen, Ufr., 33e2, H4b2.<br />

Resiatal, It., Vw. 20; — E. 10, 11; H3e5.<br />

Restformen, Vw. 20; — E. 11, 13, 22, 23, 25, 27,<br />

48, 49, 51; - Ie3/f2, 2gl, Ild4, 13el, 16d, 17d2,<br />

18a3, 20g7/h2/i2, 21a3, 24a2, 28b3, 46c4/fl,<br />

50d3/q3/4/7.<br />

Restlandschaften, Rückzugsgebiete, E. 7, 14—22,<br />

39, 40, 41, 45, 49; - 3m4/5, 4g5, 7g8, Ila2,<br />

20ml.<br />

reuen 16jl.<br />

Reuental, Burgenname, E. 4; — 16c5.<br />

Reutte, Tir., 38c2, H3c4.<br />

•rff- 391.<br />

-rh- 33b9.<br />

rheinfränkisch, E. 1; — 14a3, 20g6, 27i2, 29e2,<br />

46hl, Hl.<br />

Rieden, Opf., 33e2, H4d2.<br />

Rienz-Gebiet, Südtir., In5, H3d5.<br />

Ries, Schwaben-lNIfr., 3f2, H3c3.<br />

Rimpar, Ufr., 33e2, H4b2.<br />

Rittertum, E. 4, 5; — 3e2.<br />

-rk- 38a4/c2.<br />

•rl- 50el.<br />

•rm 48b3.<br />

•m 46al, 60el/2.<br />

Roana, It., 31cl, H4d6.


oggen, adj., 5h.<br />

Roiach, On., 20i2.<br />

KOITINGER, F., Vw. 5; - 25.<br />

romanisch, E. 30, 34, 35, 36, 37.<br />

Romanismen, E. 24a; — 6al, 9al, 17a7, 18a2,<br />

20c2, 27g5.<br />

romauntsch, E. 30.<br />

Ronsberg, Egerl., 28b2, H4e2.<br />

Rosenheim, Ob., 4g5, 28c3, 33c/d2, 34c8,50b, H3d4.<br />

rößen, -zen 34e5; s. Wb.<br />

Rotenburg, Nb., 29b 1, H4d3.<br />

Rothenburg o. d. Tauber, Mfr., 32b5, H3c2.<br />

Rottal, Nb., lml, 3j3, 5g7, 7g3, 10c2, 16e2, 50a6,<br />

H3e3.<br />

Rottalmünster, Nb., 16il, H4e3.<br />

Rozzo, It., 31cl, H4c6.<br />

-rr- 34jl, 60el/9.<br />

•rren 46al.<br />

-rs- 32bl/2/6, 50e4/8.<br />

•rat- E. 51; - 32b6, 50e4/8.<br />

-rt-, E. 50, 51, 52, 55; - 32b5, 35c, 50al/dl/5/el/3;<br />

K. 27.<br />

Rückbildungen, E. 25, 48, 50.<br />

Rückwanderermundart, E. 9, 12.<br />

Rückzugsgebiete s. Restlandschaften.<br />

Rudolf von Habsburg, E. 4; — 20g2.<br />

rundende Mitlaute, Vw. 13; — lml, 3o2, 4c3,<br />

7c2, 26.<br />

Rupertiwinkel, Ob., lfl, H3e4.<br />

Rust, Bu., 32b5, H4i4.<br />

s, Vw. 13, 21; - E. 36, 42; - 27al/bl/g4/5/6, 32,<br />

34c9/j2; - s- 27c3, 34bl; - -8 27e.<br />

Saalfelden, Sa., 14b2, H4e4.<br />

sächsisch, Vw. 9; - 34cl, 39b3, Hl.<br />

Sagen 20g7.<br />

Saggautal, St., 3e5, 5g7, 14b2, 34i2, 50d6, H3g5/h5.<br />

sagt 20o, 22a7.<br />

Salinenarbeiter E. 7.<br />

Salurn, Südtir., E. 1; - 28b2, 33b4, 34jl, H4c5.<br />

Salzachgau, Ob., E. 44; - Ig2/h3, 312Fn., 4f2/g5,<br />

5g5, 7gl3, 8c4, Ila6, 14cl, 16b4/5/e3/j5, 17d3,<br />

20dl/il/n2, 22b3/c3, 29c2, 33b5/c, 34h4/i3, 35bl,<br />

46i5, 48b4, 49dl/2/fl, 50d2/3/e 1/2/3/8, H3e4.<br />

Salzburg, Stadt, 16b3, 50b/e2, H3e4.<br />

Salzburg, Land, E. 49, 53; - lpl, 3gl/i4/m2, 4f2,<br />

5f2/glO, 7e5/glO, 10c2, lla5Fn., 13h, 16b3/j3/5,<br />

20k/o3, 23a3, 27c7/hl, 29c2/e5, 33b2/9, 34c3/10/<br />

12/i3, 35bl/2/3/e, 38a3/c2, 46h3/6/13/i5, 49c6/b7/<br />

dl, 50cl, H2.<br />

Salzkammergut, Oö., St., E. 14; - 312Fn., 7e3,<br />

14al/dl, 16e3/g3, 17d4, 20il/oFn., 25b3, 29b2/<br />

c2/e5, 34c6/hi/i3, 35bl, 38c2, 48b4, 49f2,50b/d2/<br />

3/e4/fl, H3f4.<br />

Samerberg, Ob., 4g5, H3d4.<br />

Samnaun-Kampatsch, Schweiz, E. 1, 7, H3b5/c5.<br />

Sankt Johann am Tauern, St., 34j2, H4g4.<br />

Sankt Polten, Nö., E. 18; H3h3.<br />

Sankt Ruprecht b. Villach, Kä., 14b2, H4f5.<br />

Sankt Veit a. d. Glan, Kä., E. 18; - 3d2/m3Fn.,<br />

4g4, 5b2, 20g6, 33e, H4f5/g5.<br />

Sarntal, Südtir., 20il, 28cl/3, 46c4, H3d5.<br />

Sauerlach, Ob., 3m3, 50e7, H4d4.<br />

Säumer 21b2, 22a2.<br />

seh, Vw. 13; - E. 36; - 32a3/b4, 34al/dl/j, 41al,<br />

42.<br />

Schädel 3ol.<br />

Scharnitz, Tir., 28c3, 46hl2, H4c4/d4.<br />

Schattau, Mä., 50c3, H4h3.<br />

SCHATZ, J., Vw. 20, 25; — 42a3, 46i7.<br />

Seheff 3dl.<br />

Schemnitz, Sprachinsel, Slowakei, E. 25.<br />

SCHERER, W., 4a3, 23a2.<br />

Schiefling, Kä., 34j2, H4g5.<br />

Register<br />

Schiff, E. 39; — 3dlFn.<br />

Schilling E. 10.<br />

Schiltern, Mä., 31d2, H4h3.<br />

Schimmel 36b2.<br />

schlägt 20olFn.<br />

Schiätz 2g2.<br />

Schleier 20e3.<br />

schleifen, -pfen 34el; s. Wb.<br />

schleppen 39b2.<br />

schlesisch, E. 23; — 2g5, 3c, 20gl, 29e4Fn., 31d2,<br />

39b2/3, 46c3, 49cl, Hl.<br />

Schliersee, Ob., 12a4, 46h9, 50e3, H3g4.<br />

Schlitten 23a5.<br />

Schlot E. 12.<br />

Schnaittach, Mfr., 40h9, H4d2.<br />

schneien 25b.<br />

Schöder, St., 313, H4f4.<br />

Schöllschitz, On., 3ol, 4a3.<br />

Schongau, Ob., 16e2, H4c4.<br />

Schönhengstgau, Mä., 31d2, H3i2.<br />

schöpfen 4c3.<br />

schöpßen 3g2.<br />

Schorndorf, Opf., 28b2, H4e2.<br />

Schriftsprache, Vw. 20, 21; - E. 5, 13; — lq, 2k,<br />

16b2, 50e7.<br />

schriftspracheferne Dialekte, Vw. 20; — E. 10, 11.<br />

schriftspracheferno Wörter, Vw. 20; — E. 11, 13,<br />

25, 52; - 50d3.<br />

Schritt 7b2; s. Wb.<br />

Schrobenhausen, Ob., 20olFn., 29cl, 33dl, H4c3/<br />

d3.<br />

Schrödersches Assimilationsgesetz 27c4/5, 28b 1,<br />

29a, 34dl, 35a, 37a.<br />

schröpfen 3g2.<br />

seh-Umlaut lpl.<br />

Schwaben, Vw. 75; - E. 21; - 21bl, 22c2, H2.<br />

Schwaben, Dorf, Ob., 17al, 20olFn., H4d3.<br />

schwäbisch, Vw. 17; - E. 1, 21, 39; - 2d2,<br />

3c/f2/k, 13a2/d2, 14a3, 16b2/j3, 20ol, 21bl,<br />

22a2/c3/4, 27i2, 32b5, 33b5, 34cl/10/i3/5/k2/6,<br />

36b3, 38all, 46e/f3, Hl; — nordschwäb. lbl,<br />

20f; — ostschwäb. 10b8; — südschwäb. 7g6; —<br />

westschwäb. 20b.<br />

Schwaz, Tir., E. 18; - 2g4, llbl, 34cl2, 50e4, H3<br />

d4.<br />

schwedisch, E. 30.<br />

Schweiz, Vw. 4; - E. 1; - Ip3, 5c2,20g2,27c7,H2.<br />

Schwend, Opf., 33e2, H4d2.<br />

schwerer, comp., 2i.<br />

Schwester 3o2.<br />

schwimmen 23a5.<br />

sechs 3ol.<br />

Sechter 3ol.<br />

SEEMÜLLER, J., Vw. 5, 24, 25.<br />

Seeshaupt, Ob., lil, 3k, H4c4/d4.<br />

Seewinkel, Bu., lgl, 16b2, 33bö, 34cll/13, 38a6/cl,<br />

50c3/gl, H3i4.<br />

Segen 3o4.<br />

sehen 33b6.<br />

seicht E. 25Fn.<br />

Seife E. 50.<br />

seifern 20h2.<br />

Selb, Ofr., E. 1.<br />

Sellrain, Tir., lOd, Ild8, 21b2, 29e2, 50e3, H3c4.<br />

Selztal, St., E. 9; - 50c3, H4g4.<br />

Scmmering, St.-Nö., 3c3, 46h9, H3h4.<br />

Sctuic 20o; 8. Wb.<br />

Sieben Gemeinden, Sprachinsel, It., Vw. 20; —<br />

E. 13, 15, 80, 37, 39, 40, 41; - ldl, 2dl, 3f2/<br />

mlFn./ol, 4a2/b6/c3, 5bl/c3/e2, Gal, 7a5/5Fn./<br />

c2, 9al/b, 10b3, llbl/3/3Fn./dl2, 12a2, 13b2/<br />

dl/i, 14a3/d3, 15a3, 16g2/j2, 17a7, 19, 20c2/ml,<br />

21bl, 22a2, 23b/cl, 24a5/b, 25a3/5, 26a, 27b/dl/<br />

e/f/gö/hl/2/i2, 28cl/dl, 29d, 31b2/4/cl/dl/e,<br />

32a2/blFn., 33a2/bl, 34a4/bl/2/f/il/kl/4, 35c 1,<br />

139


Register<br />

36b2, 38al/2/12, 39al, 40a, 41b, 42al/b, 43al/b,<br />

46c2/3/4/hl/7/8/i2/3/7, 48b4/cl/3, 50f2/g3, H3d6.<br />

siebenzig 46h3; K. 25.<br />

sieht 7fl.<br />

SIEVERS, E., Vw. 10.<br />

Sillian, Tir., 20g7, 29d, 50e3, H4e5.<br />

Silltal, Tir., Ia2, 3m2, 5cl/e2/gl, 7al, Ilb2,<br />

16a2Fn., 20o5, 21b2, 23a3, 27b/gl, 31e, 34k4/7,<br />

35e, 38a2, 46c2/4/hl2, 50e3/g3, H3d4.<br />

Silvester 3o2.<br />

slawisch E. 34, 35, 36.<br />

Slawismen, E. 24a; — 23a3Fn., 32blFn.<br />

Slowakoi, Vw. 11; — E. 15; — 2dl, 4b3, 25a5,<br />

39b3.<br />

slowakisch, Vw. Ö.<br />

Slowenien, E. 34; — 33d3.<br />

slowenisch, Vw. 5, 20; — E. 10, 11, 30, 34, 36,<br />

42; — 4a3, 13d2, 16b3, 23b, 25a2/3, 27a4/c2/3/<br />

5/g4/5, 32a3/4, 33b7, 34b4, 35d, 36al/b2, 37a,<br />

41a, 42al, 50al.<br />

Soien, On., 25b2.<br />

Sonthofen, Schwaben, 33o4, H4b4.<br />

Soziologie, Vw. 15; - E. 2, 3-11, 12, 14, 17, 20,<br />

22, 25, 27Fn., 36, 42, 45, 48, 50, 57; — 20gl/2/6.<br />

sp 32M/2, 34c8, 42a3.<br />

Spalt, Mfr., 32b5, H4c2.<br />

Spanheimer 20g6.<br />

Spaß, E. 12; - 2011.<br />

später, comp., 21.<br />

speien 25b.<br />

sperren 2], 34el; s. Wb.<br />

Spital am Phyrn, Oö., 50o4, H4f4.<br />

Spottsprüche, E. 45; — 24a3, 25a5, 50bl/el.<br />

Sprachbiologie, Vw. 1, 10, 12, 15, 17; - E. 4, 12,<br />

57.<br />

Sprachgrenze 27g4, 39b, 46d, 50al; vgl. Grenzen.<br />

Sprachinseln, Außenorte, Vw. 4, 6, 9, 11; — E. 1,<br />

6, 7, 13,15, 19, 21, 24a, 30, 31, 36, 40, 41, 48; —<br />

Ibl/p3, 2dl, 3d4/el/i3/m3, 4a2/b4/dl, 5b2/cl/6/7/<br />

e2/gl/9, 6al, 7a5/e5/g9, 10b7/cl, Ilbl/dl2, 13b2,<br />

14a3, 16c3/4/j2/5, 20a2/e2/olFn., 21a2/d4, 22c2,<br />

23a3/aFn.,' 25a5/6, 27c4/dl/gl/6/jl/2, 28bl/cl/<br />

dl, 29c2/e2, 30a2/bl, 32a3/4/bl/2/5/6, 33bl/10,<br />

34b2/3/cll/12/e2/i2/3/j4/kl/3/7, 35cl, 36al/b2,<br />

37a, 38a2/5/8/c2, 39b3, 40a, 42al, 43al/b/c,<br />

46bl/c4/h3/8/i5, 49c3/6, 60al/cl/3/d2/gl/3.<br />

Sprachgesetze, Vw. 15.<br />

Spreu 16d; s. Wb.<br />

Sproßvokalo 312Fn., 5g3Fn., 491, 50(1.<br />

-ß-, Vw. 13; — 32a2, 43.<br />

st, E. 52; - 32bl/2/5, 42a3.<br />

Staab, Egerl., 33b5, H4o2.<br />

Städte, E. 2, 5, 9, 14, 15, 16, 18, 20, 25, 41.<br />

Städtedreieck, kämt., E. 18, 20; — 3d2, 4bl/3/g4,<br />

5b2.<br />

Städtedreieck, südtir., E. 18, 20, 41; — 3d2, 4bl,<br />

llbl.<br />

Stadtlandschaften E. 20.<br />

Stadtmundarten, E. 5, 20, 41, 49, 50; — lc, 4g6/7,<br />

5e3/gl/4, 10b5, 13dl, 17a3, 20gl/3/ll, 27g6,<br />

33b2/6, 34clO, 37b2, 50al.<br />

Stadtsprachinseln, E. 6; — 27g4, 34b3.<br />

Staffelseo, Ob., 46h9, H3c4.<br />

Stainz, St., 7fl, 38a6, H3g4.<br />

Stall, Kä., Ih5, H4e5.<br />

Stanz, Tir., E. 51; - Ilb2, 20gl/4/7/m3/nl, 21bl,<br />

22c5, 50f2, H3b4/c4.<br />

Stanzach, Tir., 5c2, 12al, H4c4.<br />

Starklaute, Vw. 13, 14; - 34-47.<br />

Starnberg, Ob., 16b2, H3c3/d3.<br />

Starnberger See, Ob., Ip2, 3k, 7d3, 21bl, 22a5,<br />

38a4, H3c4.<br />

Staudengebiet, Ob., E. 23; — 5dl, 17d3, 20olFn.,<br />

21bl, 33dl, 38a5, 50al/b, H3c3.<br />

Stefan 3o2.<br />

140<br />

Steiermark, E. 18, 20, 36; — ljl/nl/pl, 3e2/fl/jl/<br />

m3, 4b3/c2, 5f2/g6, 7b2/e5/fl/gl/10/ll, 14cl, 16f,<br />

17d4/5, 18a2/3, 2012/ml, 22bl, 27c7/d3/gl, 28d2,<br />

29b4/d/e5, 32b5, 33b9/c/e4, 34clO/jl/3/k7, 37a,<br />

38a5, 42b, 43b, 46h9/i5, 48a, 49c5/6, 50b/c3/e2/3,<br />

H2.<br />

Steigdruck, E. 32; — 10b2.<br />

STEINHÄUSER, W., Vw. 5, 24.<br />

stempjen 4c3.<br />

steudnen 16j6.<br />

SteyTgebiet, Oö., Ila6, 16b5, 17d4, 50d3, H3f4.<br />

Stiefmutter, E. 51; - 16b2/j5k, 17a8; K. 14.<br />

Stimmhaftigkeit, E. 33.<br />

Stockerau, Nö., 29b3, H3h3.<br />

Straßburg, Kä., 3m3Fn., H4f5/g5.<br />

Straßen, E. 24, 51.<br />

Straubing, Nb., E. 18; - 18a2, 29bl/4, 34c8,<br />

46h9/13, H3e3.<br />

Strauche, -ke 34el; s. Wb.<br />

Strem, Bu-, 5c2, H4h4/i4.<br />

Stubaital, Tir., 27gl, 34k7, 38a2, 50e3/g3, H3d4.<br />

Stufenlandschaften, E. 19; — 28al.<br />

Stunde 35c 1.<br />

Stützformen 38a9.<br />

Substitution, E. 34—36.<br />

Substrate, Vw. 17; — E. 24a, 36.<br />

Suchen, Gottschee, E. 36; — 4c3, 7a4, 13dl,<br />

32a5, 33bl, 38al2, 39b, H3g6.<br />

südbairisch, E. 1, 15, 17, 19, 20, 23, 39, 40, 41, 47,<br />

54; - Id2/gl, 2dl/fl/gl, 3e2/fl/gl/il/5/k/ml/5/<br />

n2, 4b2/3/4/g3, 5b2/c5/6/dlFn./fl/2/gl, 7a5/b2/<br />

e3/4/5/g9, 10a2/b2/3/d/e2/3, llalO/bl/2/cl/d7,<br />

12a3, 13h, 14b2, 16c2/3/4/j2, 17a6/9/c2/3/e,<br />

20dl/2/h4/nl/o3, 21al/2/d3, 22a6/c2, 23a3/b,<br />

27c7/8/dl/2/3/i2/jl, 28bl/2/c2, 29b2/4/e 1/3/6,<br />

32b2/4, 33al/bl/3/4/6/10/c/dl, 34a2/4/clO/ll/e2/<br />

hl/3/il/2/j4/k2/6/7/8, 35cl, 36al, 37b3/c, 38a3,<br />

40a, 41b, 46c4/e/hl/9/i4, 47a, 50cl/3/fl/2/gl, Hl.<br />

Südböhmen, Vw. 4; - E. 1, 49; - 3jl/3/k3, 4b3/<br />

5/c2/g3/5, 5c7/dl/f2, 7bl/e5/fl, 10d2, Ila5,<br />

13d3/el/h, 14b2, 16b2/i/j5, 17d3/4, 20hl/il/j3/<br />

k/olFn., 24a4/5, 33b6/c/d2/e4, 34c6, 39b2/3,<br />

48b4, 49c5/6, 50c3/e8, H2.<br />

Südmähren Vw. 4; - E. 1, 15, 19, 49; - lnl,<br />

3j2/5/13/n3, 4b3/c2, 5c7/dl, 7bl/fl, 10d2, llaö,<br />

13dl/2/h, 16b2/h/i/j5, 17c2/d4, 18a2, 20dl/g3/ll,<br />

21a3, 29b3/cl, 33b6/c/e4, 34c3/6/i7/k4, 39bl/2/3,<br />

46d/h9/i4, 49c5/6/f2, 50c3/d2/e7/8, H2.<br />

Südtirol, Vw. 4; - E. 1, 18, 20, 45; - 3d2/fl/gl/k/<br />

ml/2, 4b2/3, 5e3/gl/2/9, 6c2, 7e4, 27c4, 28b2/<br />

cl/3, 29e2, 33b4/c/e4, 34clO/jl/3/k7, 37a, 38a5,<br />

42b, 43b, 46c2/h9/12/13, 50al, H2.<br />

Sulmtal, St., 3e5, 14b2, 34j2, 50b6, H3g5/h5.<br />

Sulzbach, Opf., 28b2, 34cl, H4d2.<br />

Sünde 35c 1.<br />

Sundergau, Ob., 3m2, 4f3, 6a2/c3, 7d3/gl3, Ild2,<br />

12al, 17d4, 20ol/lFn., 22c3, 28b2, 46i5, 49d2,<br />

50b/e3/7/fl, H3d4.<br />

Sunft 46f2.<br />

Superstrate, E. 24a, 37.<br />

Symmetrie, E. 19.<br />

Synkope 31b2.<br />

t, Vw. 13; - E. 33, 42, 43; - 27al/3/6/e, 34a/c/dl,<br />

35; K. 21; — t- 28bl, 35a, K. 21; - t{t)- im<br />

Salzbiu-gischen, E. 53; — 35b; - -t 35e.<br />

Tabak lql.<br />

taub 20o5.<br />

taufen 20o5.<br />

Tauferertal n. Bruneck, Südtir., 10b3, Ilb3, 14b2,<br />

27gl, 28c3, H3d5.<br />

Taus, Bö., 3il, 16j2, 29bl, 33b5/dl, 38c2, H3c2.<br />

tausend 46hl3; K. 25.<br />

Techant 3o4/6.<br />

Tegel 3o3.


Tegemsee, Ob., 33dl, 60e3/4, H3d4.<br />

Teie 13c.<br />

Telfs, Tir., Ild8, 21b2f 22bl, H4c4.<br />

tengg 2gl.<br />

Tennengau, Sa., lfl, 312Fn., 4g5, 4e4/fl/gl, 14bl,<br />

20il/olFn./o3, 22b3, 33b5/c, 34c6/10/13, 46h4/10,<br />

48b4, 49fl, 50c3/e3/4/fl, H3e4/f4.<br />

Terfens, Tir., 14b2, 32b5, H4d4.<br />

Teufel 27g4Fn.<br />

Thalgau, Sa., 50b3, H4e4.<br />

Thalmässing, Mfr., 13dl, 32bö, 46h9Fn., H4c2.<br />

Thurgau, Schweiz, 20a2, H3a4/b4.<br />

thüringisch, Vw. 11; — 3c, 31cl.<br />

Thumau, Ofr., 33e2, H4d2.<br />

tief, E. 25Fn., 51; - 16b2/jl/5, 17a8; K. 14.<br />

Tiefe 16i2.<br />

Tilliach, Tir., 2d2/gl, 3n2/2Fn., Ilb3/dll, 27gl,<br />

29d/e2, 34i2, 49cl, H4e5.<br />

Tinte 23aö.<br />

Tirol, tirolisch, Vw. 11, 21; - E. 1, 15, 21, 22, 23,<br />

36, 45, 49; - Id2/jl/n5, 3i4/jl, 4b5/cl/fl, 5fl/g2,<br />

7c2/f3/glO, lOal/bö/d, Ild8, 12a4, 16b2/3/j3/5,<br />

17c2, 20il/olFn., 21a2/bl/e, 22a2/c2, 23a2, 29bl/<br />

c2/d, 30a2, 33b2/9/c, 34cl0/hl/i3/j2/4/k7, 36b2,<br />

38a3/c2, 39d, 41a3, 42al/b, 46c3/f4/hl/3/9, 50b/<br />

cl/elO/gl, H2.<br />

Tirschenreuth, Opf., 33b5, H4d2/e2.<br />

Tischlwang, Sprachinsel, It., E. 16; — 2el, 4b4,<br />

5f2/gl/2, Ilb2, 20gl, 21d4, 25a5, 29e2, 34b3/i2/<br />

j2, 38a5/cl, 46c2/4/h8, 50g3, H3e5.<br />

Tittling, Nb., 50e2, H4f3.<br />

Toblach, Südtir., 46h 13, H4d5.<br />

Tochter 5f/g2/3.<br />

Tölz, Ob., 3m2Fn., 4g5, 17d3, 33dl, 50e3, H3d4.<br />

Torte 5g5.<br />

Töti E. 7.<br />

trägt 20o, 22a7.<br />

Trauf, -pf 2gl, 21b2; s. Wb.<br />

Traunviertel, Oö., E. 17; — 17a5, 20h2, 50d3/e7,<br />

H3f3/g3.<br />

trentinisch, Vw. 5; — E. 37; — 16b3, 32b 1, H3c5/<br />

d5.<br />

tretten 3g2.<br />

Treue (Viehweg) 16a2/2Fn.<br />

Triebkräfte, E. 2, 25 — 57, 48, 52.<br />

Trient, It., E. 9.<br />

Triphthongierung, E. 29, 33.<br />

Tropfen, Vw. 19; — 5h.<br />

Tröppolach, Kä., 32b5, H4e5/f5.<br />

TRUBETZKOY, N., Vw. 16; - E. 28.<br />

Truden-Altrei, Südtir., E. 20; - 2e3, H3c5/d5.<br />

Trudering, Ob., 50e4, H4d3.<br />

Trui, On., 16a2Fn.<br />

tsch, Vw. 13; - 27c3, 34al/dl/f, 41, 42al, 43c.<br />

tschechisch, Vw. 5; - E. 4, 29, 30, 38; - 13dl,<br />

17a2, 24a5, 27c3, 41al.<br />

Tschechoslowakei, Vw. 4; — E. 1.<br />

techer fein 41a4.<br />

tschünggelen 41a4.<br />

•tt- 34cl3/e2, 35a; -tt- im Salzburg. E. 63; - 35b.<br />

Tulln, Nö., E. 18; H4h3.<br />

Tumpen, On., 36b2.<br />

Tumpen, Tir., E. 56; H4c4.<br />

Turd 60e7; K. 27.<br />

Türnitz, Nö., 16j2, 50e7, H4h4.<br />

Türnitztal, Nö., 60eö, H3h4.<br />

Tux, Tir., 20o5, H4d4.<br />

tz, Vw. 13; - E. 42, 43; - 40.<br />

u, mhd„ Vw. 13, 21; - 5cl/7, 7al/3, 8, 13al, 14al.<br />

ü, mhd., Vw. 13; - E. 37; - 5cl, 6al, 7al/3, 9,<br />

12a3Fn.<br />

ü, mhd., Vw. 13; - E. 19, 21, 26, 28, 29, 30; -<br />

2o2, 4n2, 6cl, 7a2, 13a/e, 14, 20el, 21a/dl,<br />

22a6, 42al; K. 12; — ü im Hiatus 13c, 16a.<br />

Register<br />

ü, mhd., Vw. 13; - E. 37; - 5ol, 6al/3, 12a4,<br />

13a/f, 15, 16c2/5, 22a6; K. 12.<br />

u, ahd., zu mhd. w, 25b3.<br />

Überbildungen, E. 25, 48, 51; — 20g7/h2.<br />

Überlange Silben, E. 33; — 34i2/3.<br />

Überspringungen, E. 20.<br />

Udems, Tir., 14b2, H4d4.<br />

üe, mhd., Vw. 13; — E. 37; — 5cl, 6al, 17a, 19.<br />

-üel-, mhd., 17d.<br />

-wer-, mhd., 17e.<br />

uff-, mhd., 14a3.<br />

•uh-, mhd., 8b3.<br />

-ul-, mhd., 8b.<br />

-ül-, mhd., 14c.<br />

Ulrich von dem Türlin 3m3Fn., 13el, 20o3.<br />

Ulrich von Lichtenstein 7fl, 21d3.<br />

Ulrichsberg, Oö., 17d3, 50c3, H4f3.<br />

Ultental, Südtir., Id3/n5, 3cl, 18al, 20il, 22bl,<br />

28cl, 46c2, H3c5.<br />

um 36b2.<br />

-um-, mhd., 14b2, 21cl.<br />

Umgangssprache E. 5.<br />

Umlaut 4a2/3/c3, 6, 21d5, 22a2, 23b/c, 26a, 50a2;<br />

— analoger Uml. s. analog.<br />

Umlautentrundung, E. 26, 40; — 5cl/2/5, 6al/2/4,<br />

12al, 15a2, 16c2/4, 19, 27h2.<br />

Umlauthinderung 9b, 16al, 22bl/c2, 23cl.<br />

-un-, mhd., 7b, 8b2, 17a9.<br />

-ün-, mhd., 14bl.<br />

und 35el.<br />

-ung, Endung, Vw. 18.<br />

Ungarn, Vw. 4; - E. 1, 15.<br />

ungern 23a5.<br />

Unterfranken, Vw. 5; — 5c7, 7fl, 10b8, 33c3, H2.<br />

Unterinngebiet, Tir., 5g2, 6a3, 7gl3, lOd, Ilb3/d7,<br />

14b2/cl, 15a4, 17c2/d3, 20il/n2/olFn./o3, 22bl,<br />

24c2/e5, 34c6/10, 35bl, 38a4, 46h3/9, 48a, 49c6/<br />

dl, 50b/e3, H3d4/e4.<br />

Unterkärnten lnl, 3jl/13/m2/3/3Fn., 4c2/gl, 5dl/<br />

glO, 7f3/g3, llbl/cl, 13h, 17a6/d4, 20jl, 29e8,<br />

30bl, 33c/e4, 34j4, 46h6/12, 49c5, 60o2/7/g5,<br />

H3g5.<br />

Untern, E. 7.<br />

Untersteiermark, 10b5, 34cl0, H3g5/h5.<br />

Unzmarkt, St., 33c, H4g4.<br />

uo, mhd., Vw. 13, 17; - E. 11, 14, 32, 45, 48, 51; -<br />

5c2/4/5/7, 8b3, lOalO, Ilb3/dll, 16k, 17a, 18;<br />

K. 15.<br />

-uoch-, mhd., 17bl, 18a2Fn., 34i7.<br />

•uol-, mhd., 17a.<br />

•uon-, mhd., 17dl/c, 20g7.<br />

-uor-, mhd., 17e, 18a2Fn.<br />

-ur-, mhd., 7g7/ll, 8c.<br />

•ür-, mlid., 7g4/5/7/ll, 8cl.<br />

-tir-, mhd., 14dl.<br />

Urkunden, Vw. 8, 9; — E. 13, 14, 15, 16, 35, 40,<br />

47, 51; - lel/gl, 5c5, 7fl/g8, 9b, lla4/7Fn./7/<br />

bl, 13b/ol, 14a3, löal, 16al/bl/2/3, 18a2, 20al/<br />

2/dl/ol/gl/5/6/hl/4/olFn./3, 22bl, 23aö, 25a6,<br />

27d2, 28b3/dl, 29b3, 32bl/2, 33a2/b3/ol, 34el0/<br />

i7/j2, 36a3/b2, 42al, 46bl/c4/f, 49c6, 50c3/dl/o3/<br />

g3.<br />

v, Vw. 13, 21; - E. 43 Fn.; - 27al/g4/6, 31; -<br />

v- 27c3, 31a; - -v- 34c9/j2; - -v 27d/f, 31a.<br />

Vallarsa, It., 31cl, H3c6.<br />

Valtorragnolo, It., 31cl, H3c6.<br />

Venedig, On., 3ol.<br />

venezianisch, Vw. 5; - E. 11, 30, 37; - 24a5,<br />

27c5/g5, 31c3, 32a2, 34f, 37a, 49b2.<br />

Vent, Tir., E. 1; H4c5.<br />

ver-, Vorsilbo, 31cl.<br />

Verbairung, E. 54; - 20g2/6, 22c5.<br />

verkehrsferne Wörter 3g2.<br />

141


Register<br />

Verkehrslandschaften, E. 14—22, 45; — 3fl, 5c6,<br />

Ila2.<br />

Verkehrsmundarten, Vw. 6; — E. 5, 8, 10, 12, 16,<br />

22, 40, 41, 45, 47, 49, 50, 51; — lc, 3ilFn., 7c2,<br />

14b2, 17a3, 20gl/3, 27g2, 33b2, 34clO/jl/k7, 35c,<br />

37b2.<br />

Verkehrssprache, Vw. 11, 15, 20; — E. 3, 5, 8, 9,<br />

10, 11, 20, 44, 45, 51; - 3gl/m4, lObö,<br />

llb2Fn., 16c4/e3Fn./j2, 20m2, 21a3, 28c2/d2,<br />

29b3, 33c, 34k8, 46c3, 50e4/7.<br />

Verkehrswörter, Vw. 20; — E. 10, 11, 44, 48; —<br />

3ol.<br />

Vesper 3o2/6.<br />

Viechtach, Nb., 20cl, 29cl, H4e2.<br />

Vieh 7fl, 17a9.<br />

Viertel unter dem Wiener Wald, Nö., 17d5, H3h3/<br />

4/i3/4.<br />

Villach, Kä., E. 18, 49; - 3e2, 4bl/g4, 5b2, 14b2,<br />

17c2, 20g6, 33c, H3fö.<br />

Villgratten, Tir., 4a2, öbl, 7a4, Hb3/dl0, 14b2,<br />

20g7, 27gl, 50e3, H4e5.<br />

Vilshofen, Nb., E. 18; — 16il, H4e3.<br />

Vilstal, Nb., E. 44; — 16b3, H3d2.<br />

Vintschgau, Südtir., Id3, 3d4/gl/o6, 7a5Fn., lOd,<br />

llbl, 20m3, 21b2, 23g3, 33e4, 34k7, 38a4/c2,<br />

42a3, 46c2/h9Fn./12, 50f2, H3c5.<br />

Virgen, Tir., E. 44; - 16b7, 20n4, H3d4/e4.<br />

vl- 31c3; - -vl- 31d.<br />

Vöcklatal, Oö., E. 14; - 24a3, 48b4, H3f3.<br />

Vogt, Voit, 27f.<br />

Vogtei 13c.<br />

Vogtland, Ofr.-Sachsen, 3c, H3dl.<br />

Vohenstrauß, Opf., 13e2, H4e2.<br />

Voitsberg, St., 33e4, 38a6, H3g4.<br />

Völkermarkt, Kä., 17c2, 20g7, H4g5.<br />

Vorarlberg, Vw. 4, 5; — E. 1, 20; — 4a5, 5c2, 7a2/<br />

4, 13al/2, 14a3, 20b/g4, 21bl, 22c5, 27c7, 29e4,<br />

33e3/4/i2, 38c2, 46c3, 50f2, H2.<br />

Vorsilben \\v. 18.<br />

Vorton 27c8Fn.<br />

vr- 31c3; — -vr- 31d; — -vs- 31e.<br />

w, Vw. 13; — E. 24a; — 24al, 25, 26, 27e/gl.<br />

Wachau, Nö., 39b2, H3g3/h3.<br />

Waidhofen a. d. Thaya, Nö., 50e7, H4g3.<br />

Walchensee, Ob., I4b2, H4c4.<br />

Waldsassen, Opf., 33b2, H4dl.<br />

Waldviertel, Nö., Vw. 22; - E. 11, 48, 49, 51; -<br />

313Fn., llaö/6/d4, 16c2/i, 17d5, 18a2/3, 20h2/o3,<br />

27g2, 29b3/cl, 33b5/e4, 46d, 48b3, 49c6/d2/fl/2,<br />

50d2/e3, H3g3/h3.<br />

Wallern, Bö., lml, 7e5, 33dl, 50e2, H4f3.<br />

W r allis, Schweiz, E. 14; - 9b, 23cl, 27gl, 34el,<br />

38a4, 42a3.<br />

wandeln 34c 1.<br />

wandern 28c2, 35c2.<br />

wärmen 2j.<br />

Wartenberg, Ob., 46b9, H4d3.<br />

Wasserburg, Ob., 33b5, H4d3/e3.<br />

Wassertrüdingen, Mfr., 14b2, H4b2/c2.<br />

weichen, -ken, 34el.<br />

Weichwind 20h2.<br />

Weiden, Opf., E. 18; H3d2.<br />

W r eidenburg, Ofr., 46h9, H4d2.<br />

Weier, Weiet, 20il.<br />

Weilheim, Ob., 7gl3, Ilb2, 16bl, 38a4/c2, H4c4.<br />

Weinviertel, Nö., E. 41; - Ig2, 2g5, 313, 4gl/9,<br />

5g4, 7g3, 8c3/5, 9a4, 16d/j3/5, 18a2, 20nl, 21d6,<br />

27g2, 29b3/cl, 33b5, 34i7/8, 46i4, 48b3, 49fl/2,<br />

50d2/e8, H3h3/i3.<br />

Weißenbach am Lech, Tir., 38c2, 46h9, H4c4.<br />

Weißenburg, Mfr., 28b2, 33b5, 46h9Fn., H4c2.<br />

Weißensee, Kä., llb2Fn., 24b, H4e5/f5.<br />

Weitra, Nö., 34c6, H4g3.<br />

Weiz, St., 50e4, H4h4.<br />

142<br />

Weize 34el.<br />

Wellen E. 20.<br />

Welsche Straße E. 51.<br />

Weltkriege E. 8, 38.<br />

wem, wen 48b2.<br />

wenggecht 2gl.<br />

Werdenfelserland, Ob., 6dl, 38a3, 46h4, 50gl,<br />

H3c4.<br />

Weseritz, Egerl., 33e2, H4e2.<br />

Wespe 2g2, 31e.<br />

Westbayern 34clO, H3c3.<br />

Westkärnten 2g2, 14d2, 22c2, 25b3/j2, 29c2, H4e5/<br />

f5.<br />

Weststeiermark, E. 51; — lhl, 313, 4gl/9, 5g4,<br />

7g3, 8c3/5, 9a4, 16d/h/j3/5, 2012/c2, 27c7, 28b2,<br />

31e, 33e4, 34clO/j2, 38c2, 50al/c3/dl/el/2/3/fl/<br />

gl, H3g3/4.<br />

Westtirol, Vw. 11; - E. 15, 22, 23, 24, 39; -<br />

lc, 2g4, 3J5/13, 5g2, 7e4/g6/7, 8cl, 9o3, 16J4/6,<br />

20i3/m3/o5, 21b3/4/dö, 22a2/5/c3, 26b4, 27b,<br />

29e9, 30a, 33e4, 34b2/i2/k7, 38a2, 42al/b, 43b,<br />

46f3/4/hl/9Fn./12/i3/7, 48bl, 50al/e2/f2, H3c4/5.<br />

Wetterregeln, 20g7.<br />

Weyer, Oö., 50e3, H4g4.<br />

Weyern, Ob., 32b5, H4d4.<br />

Wien, E. 1, 4, 5, 8, 9, 11, 14, 16, 17, 19, 26, 28,<br />

29, 33, 38, 40, 49; - lc, 3e2/g2/j3/m4, 4g4/7/i,<br />

5g5, 7fl, Ha7/b2Fn., 13dl/e2, 16b2/j2, 13dl/e2,<br />

16b2/j2, 17c3, 20e3Fn./gl/2/7/ll/m/o3, 21al/3,<br />

23al, 29b3, 33b2/c, 34a2/b4/c3/10/i9/j3/k8, 35c,<br />

36bl, 43b, 46c3/d/h9, 48b3, 49bl/f2, 50al/c3/d3/<br />

e7, H3h3/i3.<br />

Wiener Wald, Nö., 20h2, H3h3.<br />

Wildon, St., E. 18; H4h5.<br />

winzig 20m3, s. Wb.<br />

Wipptal, Tir., Südtir., 3d5/i4, 4b6, 16a2Fn., 27gl,<br />

H3d4/5.<br />

Wischau, Sprachinsel, Mä., E. 15; — If2, 2el/g5,<br />

3el/j2/13, 4b4, 6al, 7bl/e5, lOcl, 13h, 14b2,<br />

16h/j5, 17c2/d3, 18a2, 20e/jl/m3/o4, 21d4, 24a5,<br />

27gl/i2, 29b3/e2, 30b, 31d2, 32b2, 33bl/c, 34k2,<br />

39bl/2, 42a3, 46c3/d/i4, H3i2.<br />

Wittenweiler 20g2.<br />

Wolfgangsee, Oö.-Sa., 50d3, H4f4.<br />

Wolfram von Eschenbach, E. 6; — 7e6/fl, 16c5.<br />

Wolke 5d3Fn.<br />

wollen, adj., 5h.<br />

Wollnzach, Ob., 29cl, H4d3.<br />

Wörthersee, E. 30; - 27g7, H3f5.<br />

Wortbildung Vw. 19.<br />

Wortschatz Vw. 11, 15.<br />

Wortsoziologie Vw. 20; - E. 10, 11, 24, 49.<br />

Wunder 28c2, 35c 1.<br />

Wune 7e2, 8b2.<br />

Wunsiedel, Ofr., E. 1; H3dl.<br />

Würzburg, TJfr., 5c7, H3b2.<br />

Ybbstal, Nö., E. 41; - 16gl/h, 17d4,18a3, 20h2/il,<br />

30b, 33b5/c2, 49dl, 50d3, H3g3/4.<br />

z, Vw. 13, 17; - E. 42, 43; — 34al/c9/dl/j, 40.<br />

Zahre, Sprachinsel, It., E. 15; - 2fl, 4a2/b4/gl,<br />

7a4, Ilb2, 14a3/b3, 16c4, 18al, 20gl, 21d4, 22a5/<br />

7Fn./c3, 23a3, 25a5, 27jl, 29d, 31b4, 32b 1,<br />

33b4/e4, 34b3/k6, 38cl, 46c2/i2/3, 49cl, 50el0/<br />

g3, H3e5.<br />

Zarz, Sprachinsel, Jugosl., E. 15, 36; — Id3,<br />

2dl/f3, 3d4/n2Fn., 4a2/b4/gl, 6bl/c3Fn./e2, 6al,<br />

7a4/6Fn., 10b7, Ilbl/dl2, 13i, 14b3, 16c4,<br />

20gl/5, 21d4, 22c2, 23a3Fn./b, 24al, 25a5/bl,<br />

27b/h2, 31e, 32a3/blFn., 33a2/bl/c4, 34b3/4,<br />

35cl, 36b2, 38al2/cl/2, 46h8/i6, 49cl/3/e8/10,<br />

50el0/gl/3, H3fö.<br />

Zedel 3o3.<br />

Zedlisch, On., 3cl, 4a3.


Register<br />

zehn 3el. zimbrische Schriftsprache 10b3, 15a3Fn., 17a7, 19.<br />

Zeit Vw. 2, 17; - E. 2, 12-15, 24, 57. Zimmer 36b2.<br />

Zeitwörter, starke der 2. KI., E. 39, 44; — 16al/ Zirl, Tir., 20o5, 46hl2, H4c4.<br />

b2/j, 17a8; K. 13; — mit Präsens-Umlaut Vw. Zischlaute E. 86.<br />

19; — E. 39. Zischlautassimilationen E. 36; — 32a4.<br />

zemsen 2gl. Zistersdorf, Nö., 29b3, H4i3.<br />

Zentralalpenkamm 3e2. zittern 7o4.<br />

Zete 2gl. Znaim, Mä., Ild4, 13dl, 20n2, H3h3.<br />

ziehen 33b6. Zorneding, Ob., 50e7, H4d3.<br />

Zillertal, Tir., 2j, 5cl/g2, 6a3, 7a4, 10b3, llbl/3, zuen<strong>des</strong> 25a5.<br />

14b2, 15a4, 20il/jl/n4/ol/lFn./3, 22bl, 23a3, zwahen 26b3.<br />

25b2, 27b/gl, 28b3Fn., 31b2/4, 32b5, 33bl/e4, zwanzig 20j4, 46c3Fn„ s. Wb.<br />

34b2/k4, 35e, 46i6/8, 50al/2/e2/3/4/5/g3/4, H3d4. Zwehle 4e; s. Wb.<br />

zimbrisch, Vw. 11, 20; — E. 10, 11, 15, 30, 36, 37, zwei 13c.<br />

39; — 2j, 3ol/5, 4c3, 5c3, 6al, 7a5Fn., 9a2/b, Zweisilberdehnung, E. 21, 33; — la, 2b, 3d/j2,<br />

10b2, 12a2, 13b2/j, 15a3, 16c2, 20el/2/il/m3/ 4bl, 27h, 34il.<br />

nl/ol, 21a2/b2/d4/5/6, 22a2/4Fn./c2, 23el, 24a4/ Zweitaldruck E. 29, 33; - 34k3, 60dl.<br />

b, 26bl/3/4, 27dl/e/f/h2/4/i2/j3, 28cl/dl, 31b4/ Zwetschke, Zwespe, 3o2.<br />

cl/dl, 32a2/3/5, 33bl/e4, 34a4/b3/e2/f/hl/il/k2/ Zwiesel, Nb., 29c4, H4e2.<br />

6, 36a3/b2, 38al/c2, 39al, 40fl, 42al/b, 43b, Zwirn 48b4; s. Wb.<br />

46c2/f/hl/9/12/i2/3/7, 47b, 48b4, 49b2/cl, öOblO/ zwo llb3Fn.<br />

f2/g3, H3c6/d6. zwölf 27g4Fn.<br />

143

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!