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ESG Schmalkalden und Saarbrücken - Evangelische Akademie im ...

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Früh Aufstehen<br />

oder: eine ökumenische<br />

Begegnungsreise nach<br />

Tansania<br />

22. September bis 5. Oktober 2009


22.9.2009 Es geht los<br />

März 2008<br />

<strong>ESG</strong> <strong>Schmalkalden</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Saarbrücken</strong><br />

Kirchenkreis <strong>Schmalkalden</strong><br />

Los ging es eigentlich schon <strong>im</strong> Frühjahr 2008. Christina <strong>und</strong> ich sind<br />

auf der B<strong>und</strong>studierendenpfarrkonferenz in Bernried <strong>und</strong> sitzen <strong>im</strong><br />

Speisesaal des Tagungshauses. Eine der Ordensschwestern, die das<br />

Haus betreiben, trägt gerade das Essen auf. Woher denn das Kreuz an<br />

der Wand kommt, will ich wissen. „Von unseren Schwestern aus<br />

Tansania“, lautet die Antwort <strong>und</strong> das Stichwort ist gefallen, dass Christinas Augen<br />

leuchten <strong>und</strong> sie bis über beide Ohren strahlen lässt. Meine Frage, ob sie schon mal<br />

da gewesen sei, war natürlich unsinnig. Sie musste das Land kennen. Das war an-<br />

gesichts ihrer Begeisterung gar keine Frage! Ich meinte denn auch mehr, ob sie<br />

schon mit der <strong>ESG</strong> in Tansania gewesen wäre. Nein, das war sie nicht. Sie traue sich<br />

das nicht so recht, mit ihrer kleinen <strong>ESG</strong> zumal. ... Mit der <strong>ESG</strong> <strong>Saarbrücken</strong> bin ich<br />

<strong>im</strong>mer wieder zu ökumenischen Studien- <strong>und</strong> Begegnungsreisen unterwegs gewe-<br />

sen. In Nordirland waren wir, in Kamerun, zusammen mit der Ev. <strong>Akademie</strong> <strong>im</strong> Saar-<br />

land <strong>im</strong> Herbst 2007 zuletzt in Namibia. Unsere Reiseerfahrung hier, die lebendige<br />

<strong>und</strong> langjährige Partnerschaft des Kirchenkreises <strong>Schmalkalden</strong> mit der Süd- <strong>und</strong><br />

Küstendiözese der Ev. luth. Kirche in Tansania dort. Wenn das nicht passt! Heute<br />

abend fliegen wir.<br />

Morgen also Tansania.<br />

Mai 2009<br />

Wir fliegen nicht unvorbereitet. Und das meine ich nicht<br />

nur in organisatorischer Hinsicht. Im Mai haben sich<br />

unsere beiden Teilgruppen aus dem Saarland <strong>und</strong> dem<br />

Kirchenkreis <strong>Schmalkalden</strong> in Bielefeld getroffen<br />

(Bielefeld? Gibt es nicht! Siehe<br />

http://www.tagesschau.de/schlusslicht/meldung210850.html), bzw. in Bethel (das<br />

gibt´s!). Dort, in der Ökumenischen Werkstatt, haben wir auch die Öffentlichkeitsrefe-<br />

rentin der Bodelschwinghschen Anstalten getroffen, Regine Buschmann. Sie ist vor<br />

allem auch Moderatorin, d.h. „Leiterin“ oder „Vorsitzende“ der Vereinten Evangli-<br />

2


schen Mission, jener Gemeinschaft von Kirchen in drei Erteilen, durch die wir in der<br />

EKKW <strong>und</strong> EKiR mit der ev. luth. Kirche in Tansania verb<strong>und</strong>en sind<br />

(www.vemission.org). An der vem kann man schön sehen <strong>und</strong> mit ihr erleben, wie<br />

sehr sich das Verständnis von Mission in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat.<br />

Frau Buschmann ist von Tansania allemal so begeistert<br />

wie Christina <strong>und</strong> machte uns viel Lust auf die Reise.<br />

Überhaupt weckte das Wochenende die Neugierde auf<br />

das ehemalige Deutsch-Ostafrika, das natürlich auch<br />

Rwanda, Bur<strong>und</strong>i <strong>und</strong> einen Teil Mosambiks umfasste.<br />

„Wir“ haben in Tansania Spuren hinterlassen, denen wir<br />

begegnen werden. Eine ambivalente Geschichte verbin-<br />

det uns mit der wirtschaftlich-sozialen <strong>und</strong> religiösen<br />

Gegenwart. Über diesen Aspekte hat uns vor allem<br />

Pfarrer Lischel unterrichtet. Mit Frau Fry haben wir<br />

wenigstens ein paar Brocken Swahili gelernt.<br />

Nach dem Wochenende hat sich Erika entschieden,<br />

zusammen mit ihrer Fre<strong>und</strong>in von der Teilnahme an<br />

unserem Projekt wieder zurück zu treten. Ihr war in<br />

Bielefeld klar geworden, dass Ihr Interesse an Tansania<br />

doch stärker touristisch ist. Das war schon schade.<br />

Nachgerückt dafür sind Matthias <strong>und</strong> Fleur. Im Rahmen unserer Saarbrücker Vor-<br />

Treffen, etwa mit Dr .Sylvie Mbiga zum Problem interkultureller Identität,<br />

haben sie die anderen „Saarländer“ kennen gelernt. Nachher am Flughafen<br />

werden wir alle zum ersten Mal zusammen kommen, wird keine fehlen. Doch, Joane.<br />

Die treffen wir aber morgen am Fuß des Kil<strong>im</strong>anjaro! Sie ist schon seit drei Wochen<br />

in Arusha, zu einem Forschungsaufenthalt an der theologischen Fakultät von Maku-<br />

mira.<br />

Eine besondere Gruppe sind wir. Die Jünste Anfang Zwanzig. Die Älteste in den<br />

Siebzigern. Und wenn die deutsche Einheit auch schon seit zwanzig Jahren besteht<br />

<strong>und</strong> für die Jüngeren geradezu selbstverständlich ist (die Rheinländerin Liz aus dem<br />

Saarland ist in Sachsen geboren), gibt die Ost-West-Komponente unserem Projekts<br />

auch seine Würze. Alle zusammen sind wir Weltenbummler!<br />

Kai Horstmann<br />

3


23.9.2009 Jambo rafikis!<br />

Unsere Tansaniareise begann mit einem ereignisreichen Flug. Bereits<br />

kurz nach dem Start teilte uns der Pilot mit, dass wir über das<br />

Oktoberfest fliegen würden, das weit unter uns als ein glühender<br />

oranger Punkt erkennbar war. Während wir mit vielen anderen Touristen <strong>im</strong> Flieger<br />

saßen, genossen wir das Zeichentrickrepertoire von Walt Disney <strong>und</strong> amüsierten uns<br />

be<strong>im</strong> nächtlichen Frühstück über die Stewardess, die auf Lizs Bitte „Einen Milchkaffe<br />

bitte.“ mit „Bitte konkretisieren Sie.“ antwortete. Über diese Situation mussten wir<br />

noch viele Male lachen.<br />

Wir landeten in völliger Dunkelheit am Kil<strong>im</strong>anjaro <strong>und</strong> konnten die fremde Umge-<br />

bung anfangs nur erahnen. Zu aller erst nahmen wir den tropischen <strong>und</strong> frischen Ge-<br />

ruch Tansanias wahr.<br />

Nachdem wir die Passkontrollen passiert hatten, warteten schon unsere Taschen auf<br />

uns, die sich beständig auf dem einzigen Rollband des Flughafens <strong>im</strong> Kreis drehten.<br />

Als wir den Flughafen verließen, war es bereits hell! Die Sonne musste innerhalb von<br />

wenigen Minuten aufgegangen sein. Es war zwar noch recht früh, aber überhaupt<br />

nicht kalt. So konnten wir schon erahnen, dass es ein warmer Tag werden würde!<br />

Die Fahrer unseres Hotels Ilburo Lodge empfingen uns sehr herzlich <strong>und</strong> mit ihnen<br />

fuhren wir auf einer sehr langen, hubbeligen aber asphaltierten Straße nach Arusha.<br />

Unsere Müdigkeit war wie weggeblasen <strong>und</strong> wir konnten unsere Blicke kaum von den<br />

kleinen Dörfern wenden, die an uns vorbeizogen. Wir sahen freilaufende Hühner,<br />

Ziegen, Esel, H<strong>und</strong>e <strong>und</strong> einige Rinder. Viele Häuser erweckten den Eindruck ganz<br />

alt zu sein. Sie waren aus Holz oder Lehm gebaut <strong>und</strong> zur Straße hin mit Brettern<br />

<strong>und</strong> Tüchern abgeschirmt. Besonders auffällig waren die vielen Backsteinhäuser, die<br />

halbfertig in der Gegend herumstanden.<br />

Am Straßenrand der stark befahrenen Straße konnten wir viele Kinder auf ihrem täg-<br />

lichen Schulweg beobachten. Die meisten gingen zu Fuß (ca. 5-7 km) <strong>und</strong> trugen<br />

einen leeren Wasserkanister mit sich, den sie vermutlich in der Schule auffüllen dür-<br />

fen. Es gibt auch Schulbusse, die jedoch leider nicht für alle Schüler bezahlbar sind.<br />

4


Die Kinder trugen unterschiedliche Schuluniformen, die es in allen Varianten gab.<br />

Blau, weiß, grün, braun…<br />

Je mehr wir uns Arusha näherten, desto mehr Menschen waren unterwegs. Wir be-<br />

fanden uns mitten in der morgendlichen Rush Hour. Viele Menschen machten sich<br />

auf den Weg zur Arbeit, andere schwätzten an der Bushaltestelle, der nächste repa-<br />

rierte sein Fahrrad oder war mit seinen Eseln unterwegs. Einige Frauen transportier-<br />

ten Bananen auf ihrem Kopf, ganz ohne sie mit ihren Händen zu stützen! Alle Men-<br />

schen schienen bereits auf den Beinen zu sein.<br />

Das Land war ausgetrocknet. Es vermittelte den Eindruck, dass es seit Monaten<br />

nicht geregnet hat. Als wir in eine kleine Seitenstraße einbogen, die zur Lodge führte,<br />

wirbelten unsere Geländewagen so viel Staub auf, dass nicht wenige Passanten sich<br />

Nase <strong>und</strong> M<strong>und</strong> zuhielten. Wenig später machten wir selber die Erfahrung, dass die-<br />

ser sehr in den Augen brennen kann.<br />

Von den vielen Eindrücken, erholten wir uns nur wenige Minuten<br />

später, als wir <strong>im</strong> dem blauen Hotelpool schwammen, der von<br />

einem w<strong>und</strong>erschönen Garten mit prachtvollen Blumen umgeben<br />

war. Wir genossen das Vogelgezwitscher, das in der Luft lag <strong>und</strong><br />

realisierten langsam, dass wir tatsächlich in Tansania<br />

angekommen waren.<br />

Es dauerte nicht lange <strong>und</strong> wir spürten es auch am eigenen<br />

Körper, denn die Sonne war sehr intensiv!<br />

Um ins Stadtzentrum zu gelangen gingen wir die kleine staubige<br />

Seitenstraße wieder hinunter, in der viele Straßenverkäufer<br />

kleine Gemüse, <strong>und</strong> Obststände aufgebaut hatten, die einem<br />

kleinen Kaufladen ähnelten. Es gab auch einige Bekleidungs-<br />

läden, vor denen Frauen <strong>und</strong> Männer an Nähmaschinen arbeiteten. Unser kleines<br />

Reisegrüppchen fiel in der abgelegenen Seitenstraße sehr auf <strong>und</strong> besonders die<br />

Kinder riefen uns strahlend „Hello, How are you?“ oder „Jambo!“ zu. Sie winkten uns<br />

oft so lange zu, bis wir an ihnen vorbei gegangen waren <strong>und</strong> schienen überglücklich,<br />

wenn wir ihnen antworteten <strong>und</strong> ebenfalls zuwinkten.<br />

In der Stadt wurden wir von zahlreichen Straßenverkäufern belagert, die uns Tücher,<br />

Bilder <strong>und</strong> Schmuck verkaufen wollten. Sie redeten ununterbrochen auf uns ein <strong>und</strong><br />

verfolgten uns sogar! Nachdem wir uns bei starker Hitze durch das „Verkaufsgewu-<br />

sel“ durchgeschlagen hatten, ließen wir uns erschöpft in einem Café nieder <strong>und</strong> ge-<br />

nossen die erfrischenden Getränke. Gestärkt besichtigten wir das nebenliegende<br />

5


Museum, das vieles zu bieten hatte! Es fiel uns zwar etwas schwer, den roten Faden<br />

ausfindig zu machen, da wir von zwei Führern durch die Ausstellung von der Frühge-<br />

schichte der Menschheit, über ausgestopfte Tiere, lebenden Schildkröten sowie Ma-<br />

ribus, ein Biotop, eine Albinoaufklärung <strong>und</strong> die Kolonialgeschichte geführt wurden.<br />

Wir fanden das Museum an sich sehr sehenswert. Die Ausstellungskästen <strong>und</strong> In-<br />

formationsplakate hatten ein hohes Repräsentationspotential!<br />

Der Rückweg zur Lodge stellte sich als kleines Abenteuer heraus.<br />

Wir überquerten<br />

eine Straße <strong>und</strong> befanden uns plötzlich unter „Feuerfunken“ von Schweißarbeiten,<br />

die Bauarbeiter an einem Haus vornahmen. Den zweiten Schrecken erfuhren wir we-<br />

nig später, als wir von einer Rinderherde vom „Bürgersteig“ verjagt wurden. Wir<br />

sprangen über den Straßengraben <strong>und</strong> konnten ihr gerade noch entkommen.<br />

In der Luft lag der Geruch von Rauch. Zu der abendlichen Rush Hour wurden gegrill<br />

te Fische <strong>und</strong> Mais für diejenigen am Straßenrand verkauft, die nach getaner Arbeit<br />

wieder aus der Stadt strömen.<br />

Wir aßen in der Lodge zu Abend <strong>und</strong> fielen nach langen Gesprächen über das Erleb-<br />

te <strong>und</strong> die folgenden Tage erschöpft in unsere Betten.<br />

24.9.2009<br />

Nach<br />

der ersten Nacht in Tansania, die wir in gemütlichen Bungalows verbrachten,<br />

wurde so mancher von Vögeln beizeiten geweckt. Doch an das frühe Aufstehen<br />

müssen wir uns gewöhnen, wenn wir möglichst viel bei Tageslicht erleben wollen.<br />

Frisch gestärkt durch ein leckeres Frühstück (die kleinen<br />

Pfannkuchen dürfen nicht vergessen werden!) brechen wir<br />

zum Makumira College auf. Dort hatte Joane schon 3<br />

Wochen recherchiert <strong>und</strong> auch gewohnt, so dass wir von<br />

einem Dozenten begrüßt <strong>und</strong> herumgeführt werden können.<br />

Einige Kilometer außerhalb von Arusha erreichen wir den Campus<br />

<strong>und</strong> genossen<br />

den Blick auf den zweithöchsten Gipfel Tansanias: Den Mount Meru (4566m). Wir<br />

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lauschen den Erklärungen von Herrn Schneider, einem Deutschen, der seit knapp<br />

zehn Jahren in Makumira Theologie lehrt. Die „Evangelical Lutheran Church in Tan-<br />

sania“ (ELCT) ist Träger dieser Universität. Verteilt auf 20 Diözesen gehören ihr 3,5<br />

Mio Christen an.<br />

Das heutige College ist mit ca. 12.000 Studierenden voll<br />

ausgelastet <strong>und</strong> entstand aus einem kleinen College, das<br />

oder auch Musik studiert werden. Die Studienabschlüsse<br />

etwas kleiner (5-20 Studenten).<br />

„Klingt gut“, denke ich, “aber wer kann sich das leis-<br />

ten seine Kinder auf die Universität<br />

zu schicken?“<br />

nur Theologie lehrte. Heute gehören nur noch ca. 10% der<br />

Studenten in Makumira der theologischen Fakultät an.<br />

In Makumira können andere Fächer wie z.B. BWL, Jura<br />

sind die gleichen wie in Deutschland: Diplom, Bachelor,<br />

Master. Das Bachelorstudium wird <strong>im</strong> Klassenverband<br />

durchgeführt (20-25 Studenten), die Masterklassen sind<br />

„Was braucht man, um in Makumira aufgenommen zu werden?“, fragen wir.<br />

Entweder hat man eine gute Abschlussnote auf dem<br />

Zeugnis der Secondary Schoool<br />

<strong>und</strong> Geld oder aber man hat einen best<strong>im</strong>mten Berufsabschluss <strong>und</strong> auch<br />

schon<br />

mehrere Jahre Berufserfahrung. In diesem Fall muss man ein Eingangsexamen auf<br />

Englisch bestehen, um aufgenommen zu werden.<br />

Hat man eine gute Abschlussnote, aber (wie in vielen Fällen) nicht genügend Geld<br />

für den Besuch des Colleges kann man sich um Stipendien<br />

bewerben, die meist von<br />

ausländischen Organisationen vergeben werden.<br />

Herr Schneider berichtet, dass die tansanische Regierung seit dem Schuldenerlass<br />

für Tansania 2004 in Bildung investiert habe. Dank<br />

neugeschaffener Studienkredite,<br />

die (ähnlich wie Bafög) zum Teil nach dem Studium zurückgezahlt werden müssen,<br />

ermöglicht Tansania weiteren 10.000 jungen Menschen pro Jahr ein Hochschulstudi-<br />

um. Theologiestudenten werden meist über Kirchen finanziert. Daher sind in dieser<br />

Fakultät auch einige ausländische Studierende vertreten, was sie deutlich von den<br />

anderen Fachbereichen abgrenzt.<br />

Manche Studenten wollten den Beruf wechseln oder haben zunächst keine Möglich-<br />

keit gehabt, die finanziellen Mittel<br />

für das College aufzubringen. Das erklärt, warum<br />

nicht wenige Studenten schon über 30 oder gar 40 Jahre alt sind.<br />

Leider bekommen wir nur wenige Studenten zu Gesicht, da auch in Tansania noch<br />

Semesterferien sind. Die Studenten <strong>und</strong> auch die Dozenten wohnen<br />

ganzjährig auf<br />

7


dem Campus. Dozenten haben kleine Häuser mit ihren Familien; oft haben sie auch<br />

einen kleinen Gemüsegarten <strong>und</strong> einige Tiere zur Selbstversorgung. Herr Schneider<br />

fügt hinzu, dass der gesetzliche Mindestlohn in Tansania bei 150.000 TSH liegt (ca.<br />

90€) <strong>und</strong> ein Dozent hier auch <strong>im</strong> Vergleich zu anderen Berufen wenig Gehalt be-<br />

zieht. Dozenten mit voller Stelle arbeiten 40-48 Std. pro Woche. Pro Fakultät gibt es<br />

15-20 Dozenten, oft auch Gastdozenten. Unterrichtet wird von Montag bis Freitag.<br />

Studenten teilen sich 3-Bett- Z<strong>im</strong>mer. In den<br />

Ferien nehmen viele die Reise auf sich, um<br />

ihre Familie besuchen zu können. An diesem<br />

Tag sehen wir einige Studenten, die eine Klau-<br />

sur nachschreiben müssen, die anderen sind<br />

fast alle zu Hause bei ihren Familien.<br />

Beliebte Aktivitäten in der Freizeit <strong>im</strong> College sind<br />

vor allem Sport <strong>und</strong> der Chor.<br />

Nach diesen einführenden Worten werfen wir einen kurzen Blick in die Bibliothek der<br />

theologische Fakultät <strong>und</strong> spazieren über den weitläufigen <strong>und</strong> grünen Campus. Der<br />

Campus liegt auf der Regenseite des Kil<strong>im</strong>anjaro <strong>und</strong> ist deshalb so grün, gerade hat<br />

es aber vier Monate nicht geregnet. Trotzdem bestaunen wir viele Blumen <strong>und</strong> auch<br />

Bäume, z.B. bestaunen wir den „Leberwurstbaum“, dessen braune Früchte mehrere<br />

Kilo schwer sind <strong>und</strong> dicken Würsten ähneln.<br />

Zu den religiösen Angeboten auf dem Campus zahlen regelmäßige Gottesdienste<br />

<strong>und</strong> tägliche Morgenandachten, die von Theologiestudenten vorbereitet werden.<br />

Auch Studentenpfarrer wie bei uns gibt es am Makumira College. Laut Herrn Schnei-<br />

der gehören ca. 40% der Bevölkerung Tansanias der christlichen Kirche an. Einen<br />

ebenso großen Anteil stellen die Musl<strong>im</strong>e dar.<br />

Wir setzen uns in einen Klassenraum, wo wir<br />

Herrn Schneider noch weitere Fragen stellen<br />

können. Die zunehmende Hitze, an die ich mich<br />

noch nicht ganz gewöhnt hab, erleichtert es nicht<br />

gerade den Ausführungen von Herrn Schneider zu<br />

folgen, so dass ich froh bin, als wir uns zu Margret<br />

aufmachen, um einen Imbiss einzunehmen.<br />

Margret ist mit einem Pfarrer verheiratet, der auch<br />

in Makumira lehrt <strong>und</strong> auch sie<br />

dürfen wir dank der Bekanntschaft mit Joane<br />

besuchen. Als wir an ihrem kleinen<br />

Haus ankommen sind wir zunächst verunsichert, ob wir alle 16 überhaupt reinpas-<br />

sen. Wir passen rein <strong>und</strong> sitzen auf Sesseln <strong>und</strong> Stühlen, die mit Spitzendeckchen<br />

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verziert sind <strong>und</strong> irgendwie alle in das kleine Haus passen. Margret scheint sehr stolz<br />

zu sein <strong>und</strong> bewirtschaft uns mit weit mehr als nur einem „kleinen Imbiss“. Wir dürfen<br />

kaltes Wasser, Bananen, Passionsfrüchte, Pfannkuchen, Kekse, Brot, Tee <strong>und</strong> vieles<br />

mehr genießen.<br />

Die Bescheidenheit Margrets <strong>und</strong> ihre<br />

Gastfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

beschämen mich zu-<br />

nächst, aber bald fühle ich mich wohl<br />

bei ihr <strong>und</strong> greife zu. Das liegt auch<br />

daran, dass sie uns gar nicht wie<br />

Fremde behandelt, sondern sehr<br />

herzlich in ihr Zuhause aufn<strong>im</strong>mt. Wir<br />

lernen auch, dass man in Tansania<br />

<strong>im</strong>mer eine gewisse Menge auf den<br />

dargebotenen Platten <strong>und</strong> in den Schüssel<br />

übrig lassen sollte, wenn man eingeladen<br />

ist. Somit kann die Familie davon noch eine<br />

weitere Mahlzeit zubereiten. Noch ganz<br />

beeindruckt davon, so aufgenommen worden zu sein, müssen wir uns um ein Trans-<br />

portmittel vom College zu unserem nächsten Termin kommen.<br />

schweigen...Hier<br />

Während noch darüber diskutiert wird, ob man sich hier irgendwie<br />

ein Taxi rufen kann, fahren zwei Dalla-Dallas vorbei. Schnell herbei<br />

gewunken stellt sich heraus, dass genügend Platz für uns alle ist.<br />

Ein Dalla-Dalla ist ein Kleinbus für ca. 15 Personen, aber die<br />

Tansanier nehmen das nicht so genau, es passen auch gut <strong>und</strong><br />

gerne mal 20 Personen rein, wenn es sein muss, von mitgebrachten<br />

Waren wie Gemüsekisten oder Benzinfässern ganz zu<br />

macht man auch die Erfahrung als „Weißer“ skeptisch beäugt zu<br />

werden oder zumindest<br />

Neugier hervorzurufen.<br />

Das Dalla-Dalla ist jedenfalls DAS typische öffentliche<br />

Verkehrsmittel Tansanias, das man in jedem Fall<br />

mal<br />

ausprobieren sollte. Man kann es herbeiwinken <strong>und</strong><br />

auch aussteigen wo man möchte. Kurze Zeit später<br />

kamen wir an einer weiteren Institution des ELCT an:<br />

Dem „USA River Rehabilitations- <strong>und</strong> Trainingszent-<br />

rum“. Auf dem Logo ist ein Kreuz <strong>und</strong> ein Mensch mit Krücken<br />

zu sehen, dem sich zu beiden Seiten helfende<br />

anbieten.<br />

Hände<br />

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Wir werden hier ebenfalls von einem Deutschen begrüßt, der mit seiner Familie nach<br />

Tansania ausgewandert ist. Klaus He<strong>im</strong> führt uns in die Kirche des Zentrum <strong>und</strong> zeigt<br />

<strong>und</strong> kurz die wichtigsten Einrichtungen des Zentrums mit Hilfe von Power Point. Der<br />

Strom fällt nicht aus <strong>und</strong> so bekommen wir ein paar wichtige Infos, bevor wir unseren<br />

R<strong>und</strong>gang über das Gelände beginnen.<br />

Die ELCT in Tansania bietet nicht nur<br />

Kirchen <strong>und</strong> damit ein Gemeindeleben an,<br />

sondern unterhält auch Schulen, Krankenhäuser <strong>und</strong> weitere soziale Einrichtungen.<br />

Im USA River- Rehabilitationszentrum leben 120 mit <strong>und</strong> ohne (körperliche) Behinde-<br />

rung zusammen. Das Zentrum hat vier zentrale Aufgaben: Es<br />

ist ein Berufsbildungswerk für körperlich behinderte junge<br />

Menschen. Außerdem macht es mobil, es baut Rollstühle <strong>und</strong><br />

Beinprothesen. Mitarbeiter gehen in Dörfer, um Menschen<br />

aufzufinden, die eine medizinische Behandlung oder Beratung<br />

benötigen. Darüber<br />

hinaus werden <strong>im</strong> Zentrum auch Operationen durchgeführt. Es gibt eine „boarding<br />

school“ <strong>und</strong> ein Internat.<br />

Im Berufsbildungswerk konnten<br />

in den letzten 20 Jahren schon 340 Schneider,<br />

Schuster, Schweißer <strong>und</strong> Schreiner ausgebildet werden.<br />

Nächstes Jahr wird ein Pilotprojekt versuchsweise für ein<br />

Jahr gestartet. Psychisch<br />

kranken Menschen soll in Klassen von 7 Schülern auf einen Lehrer landwirtschaftli-<br />

cher Anbau beigebracht werden.<br />

Neben der orthopädischen Werkstatt,<br />

in der uns verschiedene<br />

Prothesen gezeigt werden, gibt es ein Physiotherapiezentrum.<br />

Nach einer Amputation braucht ein Patient viel<br />

Bewegungstherapie <strong>und</strong> Nachuntersuchungen, oft müssen die<br />

Prothesen ausgewechselt oder neu angepasst werden. Da es<br />

keine Reha-Kliniken oder eine enge Betreuung durch<br />

Physiotherapeuten wie bei uns gibt, muss die Familie des<br />

Kranken angeleitet werden, ihn zu unterstützen <strong>und</strong> ihm Hilfestellung<br />

zu geben. Der<br />

Patient muss lernen mit der Prothese umzugehen.<br />

Drei Wochen pro Jahr kommt ein Team aus deutsche<br />

Ärzten ins Zentrum. Sie sind<br />

vom Hilfsprojekt „Feuerkinder“ (www.feuerkinder.de) <strong>und</strong> operieren Kinder, die ins<br />

Feuer gefallen sind <strong>und</strong> Verbrennungen <strong>und</strong> Missbildungen davongetragen haben.<br />

Anja, eine Krankenschwester, die seit mehreren Jahren <strong>im</strong> Projekt beteiligt ist erklärt<br />

uns, dass bis zu 120 Operationen in drei Woche durchgeführt werden konnten. Aller-<br />

dings müssen die Familien etwas bezahlen, um ihre Kinder operieren zu lassen, was<br />

10


viele nicht aufbringen können. Bei einigen Kindern ist die Situation durch eine miss-<br />

glückte Operation noch schl<strong>im</strong>mer geworden oder die offenen Brandw<strong>und</strong>en sind<br />

zusammengewachsen. Wir sehen ein Mädchen auf einem Foto, dessen Arm an den<br />

Oberkörper gewachsen ist. Uns versuchen uns vorzustellen, wie schwer ein solches<br />

Kind es hat. Und dass es in Deutschland gar nicht soweit gekommen wäre, weil wir<br />

eben eine medizinische Gr<strong>und</strong>versorgung haben, vor allem eine Krankenkasse, die<br />

einspringt, auch wenn wir keine Ersparnisse haben.<br />

Anja berichtet von Kindern, die X- oder O-Beine haben, auch Klumpfüße sind keine<br />

Seltenheit in Tansania. Schuld ist das floridhaltige Gr<strong>und</strong>wasser, was die Knochen<br />

weicher <strong>und</strong> damit biegsamer macht. Eine Operation verhilft den Kindern eine besse-<br />

re Haltung. Das Projekt leitet auch einhe<strong>im</strong>ische Ärzte an, die während des Jahres<br />

Nachsorgeuntersuchungen vornehmen <strong>und</strong> selbst therapieren können. Denn nach<br />

einer OP muss korrektes Laufen vorsichtig erprobt werden <strong>und</strong> Schmerzen sind nicht<br />

selten, besonders bei kleinen Kindern, weil das vernarbte Gewebe nicht mitwächst.<br />

Bei unserem anschließenden R<strong>und</strong>gang besichtigen wir alle Werkstattklassen <strong>und</strong><br />

sind erstaunt, dass die Schüler ihrer Ausbildung zweisprachig nachgehen. Zweite<br />

Sprache ist jedoch nicht Englisch, sondern Deutsch. Auf einer Tafel findet sich die<br />

Übersetzung des überaus deutschen Begriffes „Feierabend“ auf Suhaeli.<br />

Abschließend konnten Erzeugnisse der Werkstatt eingekauft werden; Ketten,<br />

Leder-<br />

schuhe, Kissenbezüge oder auch Tee aus Tansania wurde als erste Souvenirs ein-<br />

gepackt.<br />

Nach der<br />

Rückfahrt (natürlich per Dalla-Dalla!) brach der Großteil der Gruppe auf,<br />

„Arusha’s best pizza“ zu testen, während vier Leute sich am Abend von der Hotelkü-<br />

che verwöhnen ließen. Beef „Massai Art“ vs. knusprige Pizza. Von beiden Seiten hab<br />

ich gehört: Es hat mal wieder gut geschmeckt. Und sowohl <strong>im</strong> Hotel als auch in der<br />

Pizzeria floß das ein oder andere kalte Kili dazu.<br />

11


25. <strong>und</strong> 26.9.2009 Auf Safari<br />

Nach einer sehr kurzen Nacht war frühes Aufstehen angesagt. Koffer mussten fertig<br />

gepackt werden <strong>und</strong> das Frühstück war serviert. Um 7:30 Uhr ging es endlich los. Wir<br />

starteten auf Safari.<br />

In drei Jeeps wurden wir von der Lodge abgeholt. Es folgte eine lange Fahrt zum ers-<br />

ten Nationalpark, dem Tarangire Nationalpark. Unterwegs gab es ein paar Foto-<br />

stopps. So sahen wir ein Massai-Dorf aus der Nähe <strong>und</strong> bestaunten einen Adler, der<br />

auf einem Baum saß. Vorbei ging es an einer bizarren Landschaft. Es gab eine riesi-<br />

ge Ebene mit vielen einzeln stehenden Vulkanen. Westlich erstreckte sich der afrika-<br />

nische Grabenbruch. Hier wird die afrikanische Platte auseinander gerissen. Auf lan-<br />

ge Sicht wird sich der heutige Afrikanische<br />

Kontinent an diesem Graben teilen. Es<br />

entsteht ein Gebirge. Durch die Ebene zogen sich tiefe ausgetrocknete Flussbetten.<br />

Man kann nur erahnen, wie viel Wasser hier zur Regenzeit fließt. Eine Menge LKW<br />

sind liegen geblieben.<br />

Im Tarangire Nationalpark angekommen, wurde erst<br />

mal der Eintritt bezahlt. Viele nutzten diese<br />

Gelegenheit als Pullerpause. Die Dächer der Jeeps<br />

wurden angehoben, so dass man aufrecht stehen<br />

kann <strong>und</strong> nicht durch die schmutzigen Scheiben<br />

fotografieren muss. Bei zwei Jeeps wurde das Dach<br />

über eine Art Koppelgetriebe angehoben. Das hat den Vorteil, dass man <strong>im</strong>mer<br />

etwas über dem Kopf als<br />

Sonnenschutz hat. Be<strong>im</strong> dritten Jeep wurden zwei Dach-<br />

platten komplett entfernt. Hier war<br />

nichts mit Sonnenschutz <strong>und</strong><br />

heute war selbst für die Afrikaner<br />

ein heißer Tag. Respekt für<br />

die Leute, die in diesem Jeep saßen.<br />

Das erste Tier auf unserer Safari<br />

war ein Wildschwein. Es<br />

folgte ein Dik-Dik (ein Mini-Rehkitz)<br />

<strong>und</strong> ein Impala (sieht aus<br />

wie eine kleine Antilope). Wir beschlossen<br />

diese Tiere in<br />

Anlehnung an die Big Five als Little Three zu bezeichnen.<br />

12


Weiter ging es auf Feldwegen, vorbei an Zebras, Gnus <strong>und</strong> Marabus in das Herz des<br />

Nationalparks, der Wasserstelle. Der Weg führte über eine große Ebene <strong>und</strong> sehr<br />

eng an mehrere Schluchten heran. Wir hatten schnell gemerkt, dass die Jeeps vor<br />

uns <strong>im</strong>mer dann anhalten, wenn es etwas zu sehen gibt.<br />

Die Wasserstelle ist ein Rinnsal in einem großen Flussbett. Die<br />

Regenzeit war diesen Sommer sehr spärlich. Hier haben wir den<br />

ersten Vertreter der Big Five gesehen, nämlich Elefanten. Sie wanderten quer durch<br />

den Nationalpark auf der Suche nach Futter <strong>und</strong> Wasser. Nach dem die Wasserstelle<br />

ausreichend fotografiert wurde, ging es weiter die Schotterpisten entlang. Immer wie-<br />

der gab es Fotostopps für Zebras, Gnus, Elefanten <strong>und</strong> viele andere Tiere.<br />

Schließlich kamen wir an der zweiten Wasserstelle an. Hier gab es Giraffen zu se-<br />

hen. Wir erfuhren,<br />

dass tansanische Giraffen kleiner <strong>und</strong> dunkler sind als kenianische<br />

Giraffen. Zu diesen<br />

Tieren gesellten sich Marabus <strong>und</strong> Impalas. Ein Stückchen weiter<br />

gab es etwas ganz<br />

besonderes: einen Gepard. Er lag unter einem Baum <strong>und</strong> was<br />

bemüht <strong>und</strong> zu ignorieren. Er ist eben auch eine Katze. Ein paar Mal wanderte sein<br />

Kopf dann doch in unsere Richtung. Vielleicht hielt er nach seiner nächsten Mahlzeit<br />

Ausschau.<br />

Es war bezeichnend, dass keines der Tiere Angst vor uns hat. Sie sind wohl an Men-<br />

schen gewöhnt <strong>und</strong> wissen, dass wir ihnen (mehr oder weniger) nichts tun.<br />

Auf dem Rückweg sahen wir viele weitere Tiere. Es war sehr schwer, sie formatfül-<br />

lend zu fotografieren, da sie in der Regel relativ weit weg von den Jeeps standen <strong>und</strong><br />

der Zoom unserer Kameras begrenzt ist. Fliegende Vögel konnte man gar nicht ab-<br />

lichten, da der Sucher sie nicht finden konnte. Kai meinte, wir sollten uns auf visuelle<br />

Beobachtungen beschränken.<br />

13


Auf diesem Teil der Safari wurden wir von sehr vielen Tse-Tse-Fliegen geplagt. Ihre<br />

Stiche sind recht schmerzhaft. Außerdem können sie die Schlafkrankheit übertragen.<br />

Die ist wohl nicht ganz ungefährlich. Ein paar von uns wurden auch gestochen.<br />

Nach der ersten Safari, die ca. drei St<strong>und</strong>en gedauert hat, wurden die Dächer wieder<br />

runter gelassen. Wir sind dann über zwei St<strong>und</strong>en zum nächsten Nationalpark, dem<br />

Manyara-Nationalpark gefahren. Während dieser Fahrt gab es Mittag. Von der Lodge<br />

haben wir Lunchpakete bekommen. Es gab Butterstullen, Banane, Ei, Butterkeks <strong>und</strong><br />

etwas Süßes sowie ein Trinkpäckchen. Es war nicht übermäßig viel, aber es hat ge-<br />

reicht.<br />

Der zweite Nationalpark war ganz anders als der Erste. Während der erste National-<br />

park weitestgehend aus Steppe <strong>und</strong> Trockensavanne bestand, war der zweite Natio-<br />

nalparktotale Feuchtsavanne. Es regnet hier wahrscheinlich öfter, da dieser Natio-<br />

nalpark direkt am Grabenbruch liegt. Dementsprechend leben dort auch andere Tie-<br />

re. Zuerst haben wir Paviane, eine andere Affenart mit einem langen schwarzen<br />

Schwanz <strong>und</strong> Kakadus beobachtet. Ein Pavian drehte uns die ganze Zeit den Rü-<br />

cken zu. Wir haben mit allen Mitteln versucht ihn dazu zu bewegen, sich umzudre-<br />

hen. Es wurde geschnalzt, geklopft <strong>und</strong> gerufen. Der Fahrer ließ den Motor aufheu-<br />

len. Genutzt hat es nichts. Irgendwann zog der Pavian genervt ab ohne sich umzu-<br />

drehen.<br />

Die Tiere waren sehr viel näher als vorher. Man konnte jedes Detail fotografieren.<br />

Danach wurden die Big Five erweitert. Wir sahen einen Büffel. Er stand <strong>im</strong> Wald <strong>und</strong><br />

graste.<br />

Nun begann „Pleiten Pech <strong>und</strong> Pannen.“ Unser Jeep machte den Anfang mit einem<br />

platten Reifen. Gut, dieser war schnell behoben. Nichts wie weiter, die anderen ein-<br />

holen. Prompt kam eine Straßensperre. Eine Herde Elefanten kreuzte unseren Weg.<br />

Wir warteten <strong>und</strong> knipsten sehr viele Fotos. Besonders begehrt war das jüngste Mit-<br />

glied der Familie.<br />

Weiter ging es zu einem See. Dieser sollte voll mit Wasser <strong>und</strong> Flamingos sein. Das<br />

Ufer war jedoch kilometerweit entfernt <strong>und</strong> die Flamingos standen am anderen Ufer.<br />

14


Keine Chance auf ein Foto. Wir haben es versucht. Mit max<strong>im</strong>alem Digitalzoom<br />

konnte man viele rosa Körper erahnen, die Vögel selbst aber nicht sehen.<br />

An dieser Stelle war auch der Übergang von der Feucht- in die Trockensavanne.<br />

Unser nächstes Ziel war der Hippo-Pool. Auf dem Weg bekamen wir sitzende Giraf-<br />

fen zu Gesicht. Es gab die nächste Panne. Ein Jeep wollte nicht mehr starten <strong>und</strong><br />

musste angeschoben werden. Der Hippo-Pool ist ein großes Schlammloch, in dem<br />

sich Nilpferde suhlen. Es war interessant ihnen zuzusehen. An dieser Stelle sahen<br />

wir auch wieder einen Adler.<br />

Langsam begannen die Fahrer zu drängeln, da es noch ein weiter Weg ins Hotel<br />

war. Wie Recht hat sie haben sollten. Wir verließen den Nationalpark <strong>und</strong> die Dächer<br />

wurden wieder runter gelassen. Dann ging es ins Gebirge. Wir erklommen die Stra-<br />

ßen mit unglaublichen 25 km/h. Wir wissen nicht, woran es lag aber der Motor zog<br />

nicht (mehr) richtig. Die Fahrt dauerte weit über eine St<strong>und</strong>e.<br />

Als wir das Hotel endlich erreichten, waren wir alle die reinsten Dreckspatzen. Das ist<br />

auch kein W<strong>und</strong>er, <strong>im</strong>merhin waren die beiden Nationalparks extrem staubig <strong>und</strong> die<br />

Jeeps weitestgehend offen. Das erste Ziel war dann auch die Dusche.<br />

Gott sei Dank ist das Zelten ausgefallen. Es gab wohl einen Buchungsfehler <strong>und</strong> in-<br />

folge dessen durften wir alle<br />

ins Hotel. Der Campingplatz wäre auch 2 km entfernt<br />

gewesen. Es war eine Wohltat den Schmutz loszuwerden. Am meisten<br />

hat sich wohl Johanna auf die Dusche gefreut. Sie hatte <strong>im</strong> Hotel ein<br />

total schmutziges Gesicht. Ihr wurde daraufhin vorgeschlagen, sich<br />

wie die Elefanten mit Staub abzuduschen. Sie meinte an dieser Stelle,<br />

dass sie sich sehr von Elefanten unterscheide.<br />

15


Nach dem Duschen gab es typisch afrikanisches Abendbrot: Ingwerreis, Kochbana-<br />

nen (schmeckt fast wie Kartoffeln), verschiedene Gemüse <strong>und</strong> gebratenes Fleisch.<br />

Es war sehr lecker.<br />

Schlussendlich waren wir ziemlich geschafft, werden die<br />

W<strong>und</strong>erbaren Eindrücke jedoch nie vergessen.<br />

Das Frühstück in diesem Hotel war für feine<br />

Leute: sehr<br />

kleine Portionen <strong>und</strong> relativ wenig Auswahl. Das heutige Ziel<br />

was der Ngorongoro-Krater. Das ist ein erloschener<br />

Vulkan.<br />

Der Durchmesser beträgt<br />

ungefähr 70 km. Heute befindet<br />

erst ging es den Vulkan<br />

hoch, bis zu einer<br />

Aussichtsplattform. Man konnte sehr<br />

schön in den Krater hinein<br />

sehen. Details waren aber aufgr<strong>und</strong> der Entfernung nicht<br />

sichtbar.<br />

sich hier ein Nationalpark. Um dorthin zu gelangen ging es<br />

erst mal bis zum Eingang des Nationalparks. Dann fuhren wir über eine St<strong>und</strong>e. Zu-<br />

Dann ging es den Kraterrand entlang. Das war ziemlich atemberaubend. Rechts war<br />

eine kleine Wand, die die<br />

Spitze des Kraters darstellte <strong>und</strong> links ging es steil bergab.<br />

Der Weg wird auch für den Durchgangsverkehr genutzt, so dass wir die komischsten<br />

Dinge sahen, zum Beispiel<br />

einen Tanklaster, der versuchte die Steigung hinauf zu<br />

kommen. Später entfernte<br />

sich die Straße wieder vom Vulkan. Über eine Hochebene<br />

mit vielen Kühen, Massai<br />

<strong>und</strong> viel trockenem Gras ging es zum örtlichen Flughafen.<br />

Er besteht nur aus einer Landebahn. Wenn Tiere dort lang laufen <strong>und</strong> ein Flugzeug<br />

landen will, müssen sie erst verjagt werden. Es gab auch viele Abzweigungen zu<br />

verschiedenen Lodges <strong>und</strong> Hotels. Am Eingang zum eigentlichen Krater wurden wir<br />

16


von sehr aufdringlichen Händlern belagert, während die Fahrer die Gebühren zahl-<br />

ten. Das Problem war, dass sie kein Nein kannten <strong>und</strong> sehr hartnäckig versuchten<br />

<strong>und</strong> Umhänge, Tücher <strong>und</strong> Ketten zu verkaufen. Das beste Mittel dagegen war das<br />

Fenster zu schließen.<br />

Endlich <strong>im</strong> Krater angekommen kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die<br />

Luft war sehr diesig. Nicht weil es feucht gewesen wäre, sondern durch den aufge-<br />

wirbelten Staub. Die Dächer wurden wieder geöffnet, so dass wir wieder richtig auf<br />

Safari gehen konnten. Der Vulkankrater ist riesig <strong>und</strong> bildet eine natürliche Barriere.<br />

Die einzigen Tiere, die die Wände erkl<strong>im</strong>men können, sind Elefanten. Die restlichen<br />

Tiere sind dort quasi gefangen. Das stört sie aber nicht weiter.<br />

Heute waren die Tiere sehr viel näher als gestern. Zebras, Gnus <strong>und</strong> verschiedene<br />

Vögel konnte man in Großaufnahme fotografieren. Wir haben sogar Löwen gesehen.<br />

Die lagen aber nur gemütlich in der Sonne rum <strong>und</strong> haben uns keines Blickes ge-<br />

würdigt. Heute gab es auch viele andere Tiere zu sehen. Wir kamen näher an Fla-<br />

mingos heran, haben Störche <strong>und</strong> Ibisse gesehen. In der Mitte des Kraters war eine<br />

große Fläche verbrannt. Das war beabsichtigt, damit dort neues Gras wachsen kann.<br />

Es sah recht trostlos aus, scheint aber notwendig zu sein, zumal fast das gesamte<br />

Gras <strong>im</strong> Krater ziemlich trocken ist.<br />

Dieser Nationalpark hat auch einen Hippopool. Hier ließen sich die Nilpferde von Vö-<br />

geln säubern, während sie <strong>im</strong> Wasser dösten. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob wir<br />

auch ein Nashorn gesehen haben. Es soll zwischen einer Herde Gnus gestanden<br />

haben. Bevor wir wieder starten konnten, musste eines der Fahrzeuge angeschoben<br />

werden, da es sich nicht mehr starten ließ. Es gab zwei Stöße mit dem Kuhfänger auf<br />

die beiden Ersatzreifen. Damit war das<br />

Problem behoben <strong>und</strong> es konnte weiter ge-<br />

hen.<br />

17


Mittag gab es an einem See. Bevor wir die Jeeps verließen, wurden wir gewarnt,<br />

dass es hier Raubvögel gibt, die auf Bananen <strong>und</strong> Fleisch aus sind. So gab es auch<br />

einige Angriffe <strong>und</strong> ein paar kleine Verletzungen. Joane <strong>und</strong> Inge wurden ein biss-<br />

chen gezwickt, als sie ihr Hühnchen verteidigen wollten. Wir haben dann doch lieber<br />

<strong>im</strong> Wagen gegessen. Die Fahrer haben unter dem Kofferraum eines Wagens geges-<br />

sen. Das war auch wirkungsvoll, da die Vögel so nicht einfach herabstoßen konnten,<br />

um sich etwas zu schnappen.<br />

Da diese Stelle so schön war, wurde sie auch gleich für ein Gruppenfoto genutzt. Auf<br />

dem Rückweg sahen wir wieder eine Gnuherde. Sie standen so dicht bei einanender,<br />

dass der Begriff Mitgliederversammlung aufkam. Kurze Zeit später sahen wir ein<br />

schwarzes Tier am Horizont. Es konnte niemand sagen, ob es ein Büffel oder Nas-<br />

horn oder etwas anderes ist. Wir haben deshalb beschlossen, dass wir 3,5 Vertreter<br />

der Big Five gesehen haben. Zurück ging es eine steile Serpentinenstraße hinauf. Es<br />

hat ewig gedauert. Zumindest kam es uns so vor. Oben angekommen wurde erst mal<br />

der<br />

Luftdruck auf den Reifen erhöht. Dann ging es weiter zum Grab der Grz<strong>im</strong>eks.<br />

Sie haben sich sehr für den Erhalt der Wildnis <strong>und</strong> der Tiere in dem Krater einge-<br />

setzt.<br />

Jetzt waren wir direkt in Eile, da es mittlerweile sehr spät geworden war <strong>und</strong> wir noch<br />

in die Lodge nach Arusha zurück mussten. Also ging es ohne Umschweife los. Auf<br />

der Straße gab es eine kurze Pause. Kurze Zeit später waren wir plötzlich alleine.<br />

Eines der anderen beiden Fahrzeuge hatte ein Problem mit der Benzinzufuhr <strong>und</strong><br />

kam nur sehr langsam voran. Das dritte Fahrzeug fuhr langsam mit dem havarierten<br />

Jeep mit. Wir fuhren vorne weg. Eine Chance gab es, da auch wir einen unfreiwilli-<br />

gen Stop einlegen mussten. Ein Auto am Straßenrand hatte einen Platten. Unser<br />

Fahrer<br />

half mit ihn zu reparieren. 10 Minuten später ging es dann weiter. Es wurde<br />

rasch dunkel. Viele Autos fuhren erst mal ohne Licht weiter. Die Radfahrer hatten<br />

18


zum großen Teil gar kein Licht, so dass es echt gefährlich wurde. In Arusha ange-<br />

kommen war es eine Qual sich durch die vollen Straßen zu bewegen. Samstagabend<br />

scheint ganz Arusha auf den Beinen zu sein. Ampeln gibt es nicht. Alles funktioniert<br />

nach dem Prinzip „Wer zuerst bremst, hat verloren.“ Die Zustände waren chaotisch.<br />

Der erste Jeep kam gegen 19:00 Uhr an der Lodge an. Wir waren ziemlich fertig. Es<br />

sind 2 anstrengende, aber w<strong>und</strong>erschöne Tage gewesen. Es gab noch Abendbrot.<br />

Danach sind die meisten erschöpft ins Bett gefallen. Immerhin ist Morgen Gottesdient<br />

<strong>und</strong> da heißt es erneut: Früh aufstehen.<br />

Noch einmal: Ngorongoro-Krater<br />

Ruben Schlutter<br />

Der Morgen begann mit gemischten Gefühlen am Samstag, den 26. September. Die<br />

Einen freuten sich über den w<strong>und</strong>erbaren Sonnenaufgang, die Anderen waren sich<br />

ob der Sauberkeit in den Z<strong>im</strong>mern <strong>im</strong> Unklaren, wurde doch sogar fremde Unterwä-<br />

sche<br />

<strong>im</strong> Bett gef<strong>und</strong>en. Auch das Frühstück fiel nicht so üppig aus. wie wir es ge-<br />

wohnt waren, zum Einen wußten viele nicht, dass warme Gerichte direkt in der Kü-<br />

che<br />

bestellt werden mußten, zum Anderen war das Buffet schon ziemlich ausge-<br />

sucht.<br />

Heitere Gesichter gab es dennoch, vor allem als Kai Johanna zum Frühstücxk<br />

ein Deko-Perlhuhn hinstellte <strong>und</strong> Insider wußten,<br />

in Namibia vor zwei<br />

Jahren<br />

hat ein echtes Perlhuhn den Kampf um die Straßenhoheit<br />

gegen den von Johanna gesteuerten VW-Bus verloren.<br />

Mit unseren Lunchpaketen bestückt, verteilten wir uns wieder in unsere Jeeps <strong>und</strong><br />

die Vorfreude auf den Ngorogoro-Krater war manchen anzusehen. Wieder vorbei am<br />

Manyara Nationalpark fuhren wir unseren zweiten Safaritag entgegen.<br />

Entlang am großen afrikanischen Graben stehen die meist erloschenen Vulkane, die<br />

der Landschaft ihren einzigartigen Charakter geben.<br />

Trotzdem wurden unsere Augen größer, wenn wir wieder<br />

ein Massaidorf sahen oder<br />

eine Herde Kühe, die von den Hirten oft auch Kinder, in ihren leuchtendroten Stoffen<br />

begleitet wurden.<br />

Ringsum Massai-Land, Menschen, ein Hirtenvolk, das uns fasziniert,<br />

nur nicht, wenn sie uns irgendwelchen Schmuck<br />

aufdringlich am Auto verkaufen wollen.<br />

oder Stoffe<br />

19


Dann kam die Auffahrt auf den 2200m hohen Kraterrand. Üppige Natur an beiden-<br />

Seiten.<br />

Unsere Freude über einen grünsch<strong>im</strong>mernden Vogel, den wir in einem Baum am<br />

Straßenrand entdeckten, wurde von Kai kommentiert: „Ein Bienenfresser, der Sechs-<br />

te auf dem Weg."<br />

Am Kraterrand wurde erst einmal angehalten. Der Blick war frei, auf den 16 mal 22<br />

km großen Kraterboden,<br />

die größte nicht mit Wasser gefüllte Caldera der Erde. Dafür<br />

aber mit großen Tierreichtum, je nach Jahreszeit werden<br />

15.000 bis 25.000 Tiere<br />

gezählt, zwei Drittel davon Gnus, Zebras, Büffel <strong>und</strong>Gazellen .<br />

Vorbei an Massai-Dörfern ging es dann knappe 600 m in den Krater. Unterwegs be-<br />

gegneten wir manchen<br />

Massai Rinderherden <strong>und</strong> Kai meinte, das hat doch schon<br />

alpinen Charakter. Kurz darauf hörten auch noch Kuhglocken.<br />

Viele Rinder<br />

mit ihren Hirten fanden wir dann <strong>im</strong> Tal an der ersten Wasserstelle,<br />

hautnah liefen sie an uns vorbei <strong>und</strong> bevor wir es dann bewußt wahrgenommen ha-<br />

ben, sind die Rinder von Gnus abgelöst worden.<br />

Zwischenduch mußten wir dann genau hinschauen, um die gut<br />

getarnten Tiere zu entdecken.<br />

Impalas waren zu sehen, Warzenschweine, Königskraniche <strong>und</strong><br />

Löwen. Im Reiseführer steht, dass es eine große Populotion an<br />

Löwen gibt, doch wir konnten entfernt nur drei faule Löwinnen<br />

<strong>und</strong> auf der anderen<br />

Seite einen etwas aktiveren Löwen sehen.<br />

Das Straußenpärchen hat sich besser ins Bild gesetzt <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />

Hintergr<strong>und</strong> war eine große Herde Zebras auszumachen.<br />

Auf dem Weg graste friedlich ein kleiner Springbock. Über die<br />

abgebrannten Gräser w<strong>und</strong>erten wir uns, doch die Feuer<br />

sind<br />

gezielt gelegt, damit neues Gras nachwachsen kann.<br />

Die Trappen dagegen bewegen sich lieber <strong>im</strong> hohen Gras.<br />

Ein großer Höhepunkt war dann der Hippopool. Den Flußpferden<br />

unmittelbar nah, ab<br />

<strong>und</strong> an bewegte sich sogar einer.<br />

Zwischendurch geben sie Laute von sich, die auch an ein tiefes<br />

Lachen erinnern. Die Vogelexperten<br />

kamen auf ihre Kosten,<br />

sofern nicht ander Jeeps die Sicht versperrten. Der Pool war<br />

umgeben von unzähligen Tieren, in der Mehrheit Gnus <strong>und</strong><br />

Zebras.<br />

20


Weiter ging dann zum Lake Magadi, die tiefste Stelle <strong>im</strong> Krater (1722 m). Das Soda-<br />

haltige Wasser ist die Nahrungsquelle einer Vielzahl von Flamingos, die wir <strong>im</strong> Ge-<br />

gensatz zum Lake Manyara auch mit blosen Auge sehen konnten.<br />

Vorbei an Hyäne <strong>und</strong> Schakal ging es dann zu den Ngoitokitok-Springs, ein kleiner<br />

See, wo auch<br />

ein paar Flusspferde <strong>und</strong> diverse Vogelarten sich tummelten.<br />

Ein Picknick <strong>im</strong> Freien ist dort gewagt, denn schwarze Milane<br />

reißen einen die Bis-<br />

sen aus der Hand. Während ich mein Brot noch in Sicherheit bringen konnte, ein Mi-<br />

lan kam von links <strong>und</strong> streifte fast meine Schulter, hat es der Hähnchenschenkel<br />

nicht geschafft, er wurde in einem unaufmerksamen Augenblick in einem Kurzangriff<br />

aus meiner Hand geklaut.<br />

Den Rest der Mahlzeit nahm ich dann <strong>im</strong> Auto ein. Joanne hat das gleich so gemacht<br />

<strong>und</strong> ihr Mahl <strong>im</strong> Jeep genossen, nur ein Stück Banane wollte sie <strong>im</strong> Freien essen,<br />

doch ein Milan schnappte sich das Teil <strong>und</strong> Joanne hatte einen blutigen Kratzer am<br />

Finger.<br />

Auch nach der Rast sahen wir noch viele der aufgezählten Tiere, mit am Schönsten<br />

waren dann gegen Ende der Tour, die Zebras <strong>im</strong> hohen Gras unter grünen Bäumen.<br />

Danach ging es wieder bergauf, den Krater hoch. Oben hielten wir noch einmal kurz<br />

am Denkmal von Michael Grizmek, der <strong>im</strong> Nogorogorokraten<br />

mit seinem Flugzeug<br />

abstürzte. Uns ist sein Vater Bernhard Grizmek<br />

bekannter, uns Älteren noch von den<br />

Tiersendungen <strong>und</strong> jeder kennt wohl den Titel seines Buches<br />

die Serengeti darf nicht<br />

sterben, war doch dieser Wildschutzpark einmal Teil des Serengeti Nationalparks.<br />

21


Auf dem He<strong>im</strong>weg hatte dann noch einer unserer Jeeps eine Panne, unser Fahrer<br />

half noch einem weiteren Pannefahrzeug mit seinem Wagenheber aus. Langsam<br />

näherten wir uns wieder Arusha, vorbei an Kaffeplantagen <strong>und</strong> Rennradlern, die wir<br />

am<br />

Tag vorher auch schon gesehen hatten zu unsere Safari Lodge. Dort wurden wir<br />

mit<br />

einem w<strong>und</strong>erbaren Abendessen verwöhnt.<br />

27.9.2009 Sonntag<br />

Inge Augsburger<br />

5:00 Goodbye Schlaf. Vom H<strong>und</strong>egebell w erde ich geweckt. Wo bin ich? In der<br />

schönen Ilboro Safari Lodge in Arusha. Nach der gestrigen Safari, die w<strong>und</strong>erbar<br />

war, bin ich froh erneut in diesem Hotel aufzuwachen.<br />

5:20 Der Muezzin ruft zum Gebet – ich drehe mich noch einmal um.<br />

5:30 Glockengeläut...? Es ist zwar Sonntag, aber dann doch ein bisschen zu früh für<br />

den Gottesdienst. Das sollte sich mal eine deutsche<br />

Gemeinde trauen, um diese Zeit<br />

zu<br />

läuten! Meine Gedanken schweifen zum heutigen Tag. Es ist Sonntag – ein ganz<br />

besonderer Sonntag in Deutschland, nämlich Wahlsonntag. Ein wenig bedauere ich,<br />

nicht<br />

bei dem Trubel dabei sein zu können.<br />

6:00 Vogelgesang<br />

6:35 Der Wecker klingelt<br />

7:00<br />

Frühstück. Das gleiche Buffet, wie in den letzten Tagen –<br />

Würstchen, frisches Obst, Ei, Brot, Toast. Die Gespräche be<strong>im</strong><br />

Frühstück kreisen um den Wahlsonntag.<br />

7:30 Elieshi hat einen DallaDalla für uns organisiert, der<br />

uns vom Hotel abholt <strong>und</strong> zu<br />

ihrer Kirche bringt. Erstaunlicherweise ist der Fahrer sogar fast pünktlich.<br />

8:30 Dennoch kommen wir zu spät. Der klassische, lutherische Gottesdienst erspart<br />

größere Aufregung. Wir stellen uns alle kurz vor <strong>und</strong> Kai sagt ein paar Begrüßungs-<br />

worte. Der Übersetzer, der neben mir sitzt, vergisst leider nach ein paar Worten die<br />

Übersetzung. Ihn scheint die Predigt sehr zu fesseln, oder sind es doch seine feh-<br />

lenden Englischkenntnisse, die ihn erstummen<br />

lassen? Was er mir gezeigt ist, ist der<br />

Predigttext: „Ich war<br />

hungrig <strong>und</strong> ihr habt mir nicht geholfen [...]“ (Mt 25, 35). Ich be-<br />

dauere kein Kisuaheli sprechen<br />

zu können. Ein paar bekannte Worte dringen an<br />

mein Ohr, aber es ergibt keinen Sinn. Folglich überlege ich mir selbst, was<br />

er wohl<br />

sagen könnte. Mir wird fast ein bisschen unwohl als ich den Text überdenke. Objektiv<br />

22


gesehen, sind wir die Menschen <strong>im</strong> Gottesdienst, die mit materiellem Reichtum <strong>im</strong><br />

Überschuss leben <strong>und</strong> die Kirchenmitglieder sind die, die an materieller Armut leben.<br />

Hinten in der Kirche liegen Maiskolben, die gesammelt wurden, um sie an Arme <strong>und</strong><br />

Ältere Gemeindemitglieder zu verteilen. Der erhoffte Regen, der normalerweise<br />

in<br />

den Monaten zuvor hätte kommen müssen, blieb aus. Viele Menschen hatten eine<br />

sehr schlechte Ernte <strong>und</strong> somit sehr wenig zu essen. Wie gehe ich damit um, dass<br />

ich reich bin <strong>und</strong> in Tansania, einem Entwicklungsland, reise? Tansania gehört, nach<br />

der Rechnung der Weltbank zu den ärmsten Ländern der Welt. Gedanken mit der<br />

eigenen Rolle in dieser Welt, werden auf der Reise wiederkehren.<br />

10:30 Nach dem Gottesdienst gibt es eine Versteigerung von Naturalien, die Men-<br />

schen mitbringen, die der Gemeinde kein Geld geben können: Ein Ei wird versteigert.<br />

Nach der Versteigerung gibt uns Elieshi ein paar Erklärungen zur Gemeinde <strong>und</strong> lädt<br />

uns zu einem Tee ein. Wir laufen zu ihrem Haus mit dem Blick auf den Mount Meru,<br />

dessen Spitze <strong>im</strong> Sonnenschein erstrahlt. Die Straße ist, wie so viele Straßen hier,<br />

staubig. Aus dem „kleinen“ Tee, wir ein richtige Mahlzeit. Es gibt<br />

Pfannkuchen, Kochbananen <strong>und</strong> Eier. Für mich ist es nach vier Wo-<br />

chen auch der Abschied von Andy, Elieshi <strong>und</strong> Naomi. Aber ich weiß,<br />

dass sie best<strong>im</strong>mt noch einmal die Gelegenheit bekommen werden,<br />

Deutschland zu besuchen.<br />

12:00 Nach anregenden Gesprächen geht es zurück zur Ilburo Safari Lodge. Erneut<br />

kreisen die Gespräche um Politik <strong>und</strong> die anstehende Reise nach Daressalam. Eini-<br />

ge sind mit ihren Gedanken noch weiter weg <strong>und</strong> schmieden (am 5. Tag) bereits Plä-<br />

ne für zu Haus.<br />

12:30 Ein paar von uns nutzen den Nachmittag, um nochmals durch die Stadt zu<br />

bummeln (das Wort bummeln passt irgendwie nicht für eine afrikanische Stadt...) An-<br />

dere von uns erholen sich am Hotelpool. Am 5. Tag in Afrika muss man auch mal<br />

ruhen.<br />

13:00 Am Pool wird an Daressalam gedacht. Verschiedene Reiseführer<br />

machen die<br />

R<strong>und</strong>e. Wir machen uns Gedanken darüber, wie es dort sein wird: Eines<br />

ist uns allen<br />

23


klar, der Luxus-Schlemmer-Urlaub wird ein Ende haben. Wir freuen uns aber auf die<br />

Begegnungen <strong>und</strong> die Gemeinde.<br />

17:30 Wir treffen uns zu einer Gesprächsr<strong>und</strong>e am Pool. Zuerst<br />

gibt es viele positive Rückmeldungen <strong>und</strong> Belobigungen: Das<br />

Hotel; der Pool; das gute Miteinander in der Gruppe; die Schön-<br />

heit des Landes; die Gastfre<strong>und</strong>schaft bei Magareth <strong>und</strong> Elieshi;<br />

die Feststellung, dass die Menschen scheinbar mit dem zufrieden sind, was sie ha-<br />

ben. Die tansanischen Frauen werden als besonders stark lobend hervorgehoben.<br />

Danach werden aber auch Probleme angesprochen von denen wir gehört haben <strong>und</strong><br />

die uns durch den Kopf gehen: Es gibt wenig diakonische Einrichtungen; wie ist das<br />

mit der Wirtschaftskrise, dem HIV-Virus? Die Frage der bettelnden Kinder an der<br />

Straße, die bei der Safari zu unserem Jeep gerannt sind, lässt eine längere Diskussi-<br />

on um unsere Rolle zu. Sind wir dem Trugbild des armen, hungernden Afrikanerkin-<br />

des verfallen? Sind wir Opfer postkolonialer<br />

Strukturen, die dieses Bild aufrechterhal-<br />

ten? Besteht die Gefahr<br />

unser Gegenüber nur in seinem Defizit wahrzunehmen?<br />

Müssen wir nicht viel<br />

mehr auch das Potential <strong>und</strong> die Motivation vieler Tansanier<br />

<strong>und</strong> Tansanierinnen bew<strong>und</strong>ernd wahrnehmen „it´s not depressing – its <strong>im</strong>pressing“?<br />

Außerdem gibt es den<br />

Einwand, dass man auch in Deutschland nur gibt, wenn man<br />

in einer Beziehung zu dem anderen steht. Oder ist es lediglich unser Mutterinstinkt,<br />

der die Nähe zu Kindern sucht <strong>und</strong> ihre leuchtenden Augen sehen möchte, unab<br />

hängig davon, ob es ein afrikanisches oder ein deutsches Kind ist? Besonders be-<br />

drückend ist für eine Teilnehmerin, dass ein Kind am Straßenrand leer ausgegangen<br />

ist. Daraufhin werden Vergleiche angestellt zu deutschen Kindern, die auch wütend<br />

sind, wenn die Geschwister etwas bekommen, sie selbst aber nicht. Zudem wird der<br />

Denkansatz in den Raum geworfen, dass nicht das Kind ein Problem hat, sondern<br />

wir, die wir <strong>im</strong> Auto sitzen. Letztendlich bleibt die Frage: Machen wir es uns mit die-<br />

sen Denkmodellen nicht allzu einfach?<br />

Schnell merkt man, dass es an diesem Abend keine Lösung unseres wahrgenom-<br />

menen (Rollen-)Problems zwischen Gebenden <strong>und</strong> Nehmenden gibt. Wahrscheinlich<br />

werden uns die Fragen, wie wir damit umgehen, dass wir materiell reich sind <strong>und</strong> wie<br />

wir anderen gegenübertreten, die materiell arm sind, noch häufiger beschäftigen. An<br />

diesem Abend in dem Luxushotel der Ilburolodge, dessen Weg zur Stadt eine stau-<br />

bige Straße mit kleinen afrikanischen Geschäften <strong>und</strong> Lehmhütten ist, ist das Thema<br />

zum Greifen nahe. Die Straße mit ihren Bewohnern wirkt für einige von uns sehr er-<br />

bärmlich ärmlich <strong>und</strong> erregt Mitleid. Im Gegensatz dazu berichtet Hendrik zum Ab-<br />

24


schluss, der zu spät zum Treffen kommt, von einem Gespräch mit einem Mann, der<br />

ein sehr kleines Geschäft an dieser Straße betreibt. Er ist beeindruckt von den Träu-<br />

men dieses Mannes, seiner Wissbegierde <strong>und</strong> seiner Motivation eines Tages ein<br />

großes Geschäft zu besitzen.<br />

18.30 Das Abendessen schmeckt vorzüglich.<br />

19.00 Die ersten Hochrechnungen werden uns per SMS aus Deutschland mitgeteilt.<br />

Ziemlich schnell ist klar, dass die CDU/CSU zusammen mit der FDP zukünftig die<br />

Große Koalition ablösen werden.<br />

20.30 Zum Abschied singt das Hotelpersonal ein paar<br />

afrikanische Lieder für uns. Und wie es bei den tollen Rhythmen<br />

so ist, kann man nicht anders als ein wenig mitgerissen zu<br />

werden, indem man mittanzt oder mitklatscht<br />

22.00 Die endgültigen Wahlergebnisse bestätigen den Regierungswechsel SPD<br />

(23,0%) CDU CDU/CSU (33,8%), FDP (14,6%), Die Linke (11,9%), Grüne (10,7%),<br />

Sonstige (6,0%). Die Gefüle der TeilnehmerInnen in Bezug auf das Wahlergebnis<br />

gemischt.<br />

22.20 Nach einem Verdauungsschnaps am Pool<br />

werden die Sachen gepackt, denn<br />

am morgigen Tag steht die lange Reise nach Dar es Salaam an.<br />

Joane Beuker<br />

25


28.9.2009 Fahrt von Arusha nach Dar es Salaam<br />

Wieder einmal, wie so oft auf unserer Studienfahrt, heißt es an dem heutigen Mon-<br />

tagmorgen früh aufstehen. Schließlich warten ca. 650km Wegstrecke auf uns. In<br />

Deutschland wäre das wahrscheinlich in weniger als fünf St<strong>und</strong>en zu schaffen, hier in<br />

Tansania<br />

aber wurden wir gewarnt: die Strecke von Arusha nach Dar es Salaam sei<br />

berüchtigt für ihre vielen Unfälle, für überhöhte Geschwindigkeit <strong>und</strong> ihre übermüde-<br />

ten Bus- <strong>und</strong> Lkw-Fahrer. Da heißt es: auf den Fahrer achten, ihn <strong>im</strong>mer wieder mit<br />

Süßigkeiten bei guter Laune halten <strong>und</strong> spätestens nach eineinhalb St<strong>und</strong>en <strong>im</strong>mer<br />

wieder eine Pause einlegen. – Doch das sollte alles gar nicht nötig sein. Denn unser<br />

Fahrer ist klasse, ist er doch bereits am Vorabend schon aus Dar es Salaam zu uns<br />

gekommen <strong>und</strong> hat gleich noch einen Beifahrer mitgebracht, der ihn nicht nur unter-<br />

hält <strong>und</strong> die anstehenden Telefonate für ihn erledigt, sondern auch an seiner Stelle<br />

gefahren wäre, wäre die Müdigkeit zu groß geworden. Und so w<strong>und</strong>ert es nicht, dass<br />

auch<br />

aus den vielen Pausen dann nichts wird. Drei waren es, so glaube ich es <strong>im</strong><br />

Nachhinein. Aber alles pole, pole <strong>und</strong> der Reihe nach:<br />

Wie gesagt nach einer viel zu kurzen Nacht genieße ich noch<br />

einmal das Frühstück in der Hilburi Safari Lodge, schließlich ist<br />

das kaum zu toppen, da leckere Früchte <strong>und</strong> Pfannkuchen<br />

jeden Morgen auf uns gewartet haben. Und während wir uns<br />

dann von dem Hotelleiter, dem Holländer Ad verabschieden, wird unser Gebäck ver-<br />

staut. Allerdings nicht <strong>im</strong> Bus, sondern vielmehr auf dem Bus wird es fest gesurrt. Ob<br />

das wohl hält? Ein wenig mulmig ist mir schon. Hoffentlich würden wir keine der Ta-<br />

schen <strong>und</strong> Koffer verlieren. Einen Vorteil hat es dann aber doch, das unser Gepäck<br />

nicht <strong>im</strong> Bus lagert: Es ist drinnen herrlich geräumig, so dass ich die ganze hintere<br />

Bank für mich allein habe. Und so starten wir, verlassen die mittlerweile vertraute<br />

Staubpiste vor der Lodge, noch einen letzten Blick werfend auf das Gewusel, die<br />

Lehmhäuser, die vielen Menschen, ein paar Hühner die sich zwischen die viel zu<br />

dicht <strong>und</strong> zu schnell fahrenden Autos verirren.<br />

Vorbei geht es am Mount Meru mit Richtung auf die Stadt Moshi,<br />

die für viele Berg-<br />

steiger des Kil<strong>im</strong>andscharo der Ausgangspunkt ihrer abenteuerlichen<br />

Reise ist. Nicht<br />

verw<strong>und</strong>erlich, dass die Spannung auch bei uns <strong>im</strong> Bus steigt,<br />

Blick auf den weißen Berg bekommen würden, oder aber ob er<br />

Wolken verhüllen wird.<br />

ob wir wohl einen<br />

sich, wie so oft, in<br />

26


In meinem Reiseführer lese ich den anderen über den Kil<strong>im</strong>andscharo vor: dass er<br />

5895m hoch ist <strong>und</strong> die deutschen Missionare Rebmann <strong>und</strong> Karpf vermutlich die<br />

ersten Europäer waren, die den Kil<strong>im</strong>andscharo mit seiner markanten Schneehaube<br />

1848 aus der Nähe sahen. Wobei, wie lange es dieses weise Tischtuch noch oben<br />

auf dem Killi geben wird, darüber streiten sich die Forscher. Nach Meinung vieler<br />

Wissenschaftler wird sie nur noch bis 2050 halten. Wobei, woher der Name Kil<strong>im</strong>an-<br />

dscharo eigentlich kommt, bleibt ungewiss. In den Legenden der Chagga, des am<br />

Kil<strong>im</strong>andscharo lebenden Volkes, gib es wenig Hinweise auf die Entstehung des<br />

Namens. Es geistern zwar viele Vermutungen, aber wenig gesicherte Informationen<br />

herum. Am ehesten plausibel dürfte die Erklärung sein, dass kilemanjaare in der<br />

Sprache der Chagga „unmöglich für eine Karawane z u überqueren“ bedeutet, in An-<br />

spielung<br />

auf die unbezwingbaren Höhen.<br />

Und dann kann ich unser Glück kaum fassen: Der Kil<strong>im</strong>andscharo zeigt sich uns<br />

wirklich, so dass wir nach einem ersten Straßenstopp dann in Moshi ein um das an-<br />

dere Bild knipsen.<br />

Besonders beeindruckend empfinde ich dann aber die Strecke hinter Moshi, denn<br />

erst dort zeigt sich der Kili in seiner vollen Größe <strong>und</strong> Schönheit. Und so sind die<br />

nächsten fünfzig, sechzig gar siebzig Kilometer <strong>im</strong>mer wieder best<strong>im</strong>mt durch das<br />

Zurückschauen, das Staunen <strong>und</strong> dem weiteren Bildermachen, weil jedes Mal der<br />

Kil<strong>im</strong>andscharo einfach noch majestätischer aussieht, das Farbenspiel zwischen den<br />

verschiedenen Blautönen des H<strong>im</strong>mels, dem Weiß des Kili <strong>und</strong> dem rotbraun der<br />

Erde noch herrlichere Akzente setzt.<br />

27


Ständiger Begleiter auf unserer Wegstrecke sind dann nicht<br />

nur die Eisenbahngleise, sondern ebenso viele kleine Dör-<br />

fer, deren Häuser entweder aus Lehm oder einfachem ge-<br />

brannten Stein gebaut sind <strong>und</strong> dazu noch durch Coca-Cola<br />

<strong>und</strong> Pepsi Werbung <strong>und</strong> Vodacom Reklame<br />

verschönert<br />

werden.<br />

In der frühen Mittagszeit kommen wir knapp 200km hinter<br />

Moshi zu den Usambara Mountains. Auch zu dieser Region<br />

weiß Reiseführer wieder etwas zu berichten, dass nämlich<br />

ab 1895 der Weg für die deutschen Kolonialisten hierher frei<br />

war. Mit den Usambarabergen verbanden alle Siedler me-<br />

lancholisch-he<strong>im</strong>atliche Gefühle. Das gefällige Kl<strong>im</strong>a, der<br />

Überfluss an Lebensmitteln <strong>und</strong> die lieblich hügelige Ge-<br />

gend, die die meisten Deutschen an zu Hause erinnerte, war<br />

ausschlaggebend<br />

dafür, dass die Berge als Siedlungsgebiet<br />

besonders<br />

begehrt waren. Zudem gab es dort – damals wie<br />

heute – in dem kühlen Höhenkl<strong>im</strong>a keine todbringende Ma-<br />

laria. Und auch das Usambara Veilchen, dass <strong>im</strong> Englischen<br />

den klangvollen Namen „African Violett“ trägt <strong>und</strong> seinen<br />

Weg in viele deutsche Wohnz<strong>im</strong>mer gef<strong>und</strong>en hat, wurde<br />

dort von Baron Walter von Saint Paul Illaire 1892 entdeckt.<br />

Der Rest<br />

der Wegstrecke ist langweilig <strong>und</strong> unspektakulär.<br />

So empfinde ich es zumindest. Ein wenig Hörbuch habe ich<br />

gehört, dann wird gezockt: „Mensch ärgere dich nicht“ mit<br />

Ruben, Thomas <strong>und</strong> Christina. Christina hat natürlich ge-<br />

wonnen. Ich wusste schon <strong>im</strong>mer, dass ich das Spiel nicht<br />

sonderlich mag.<br />

Insgesamt hatte ich erwartet, dass die Strecke stärker be-<br />

fahren sein würde, aber bis auf vornehmlich Busse <strong>und</strong> eini-<br />

ge Lkws ist kaum etwas los auf dieser Hauptverkehrsstraße.<br />

Kurz vor Dar es Salaam wird dann aber der Verkehr zäh-<br />

flüssiger. Gleichzeitig gibt es auch mehrere Baustellen hier.<br />

Bus an Bus, Lkw an Lkw <strong>und</strong> <strong>im</strong>mer mehr Motorräder. Spä-<br />

testens jetzt, knapp 50km vor Dar es Salaam wird mir klar,<br />

warum unser Busfahrer darauf bestanden hat dass wir so<br />

28


früh starten. Er fürchtet die Rush-Hour, denn die Straßen sind kaum für das hohe<br />

Verkehrsaufkommen ausgelegt <strong>und</strong> der Verkehr kommt nun in Dar es Salaam dem<br />

3,5 Millionen Einwohner Moloch völlig zum Erliegen. Zwei Kilometer in eineinhalb<br />

St<strong>und</strong>en! Und dann sind wir endlich da, in unserer neuen Unterkunft. Auch unser<br />

Gepäck hat die anstrengende Fahrt gut überstanden. Kalter Fisch <strong>und</strong> Reis warten<br />

als Begrüßungsmahl auf uns. Aber Gott sei Dank auch ein kaltes<br />

Kil<strong>im</strong>andscharo<br />

Bier. Während ich es trinke, sehe ich den Kili noch einmal vor mir!<br />

Heiko Ackermann<br />

29


30.09.2009 Tagesausflug Bagamoyo<br />

Nach einer langen <strong>und</strong> strapaziösen Fahrt des<br />

Vortages begann der Tag um 8.00 Uhr mit dem<br />

Frühstück. Neben Kaffee, Toast <strong>und</strong> Ei gab es eine<br />

Art Griesbrei. Zudem steuerte Johanna ein paar<br />

aus Deutschland mitgebrachte Scheiben Schwarz-<br />

brot hinzu. Nach dem Frühstück nutzten wir die<br />

Zeit, um uns mit Sonnencreme einzucremen.<br />

Der Plan für den Tag war ein Ausflug nach Bagamoyo, eine Stadt, die seit 2001<br />

durch eine Asphaltstraße mit Dar es Salaam (70km) verb<strong>und</strong>en ist. Laut dem Reise-<br />

Know-How gleicht Bagamoyo einem riesigen "Freilichtmuseum", in dem man auf den<br />

Spuren deutscher <strong>und</strong> arabischer Vergangenheit durch die Gassen, vorbei an ver-<br />

lassenen <strong>und</strong> zusammengefallenen Kolonialbauten, wandeln kann. Die Stadt sei als<br />

Zeit- <strong>und</strong> Kulturreise einen Besuch wert.<br />

Um 9.00 Uhr traf der für uns gemietete Bus für den Ausflug ein. Begrüßt wurden wir<br />

von Alan, einem Informatikstudent aus Dar es Salaam, der uns für die Dauer des<br />

Aufenthaltes in Dar es Salaam begleiten <strong>und</strong> führen sollte. Mit dem Kleinbus mach-<br />

ten wir schnell die Begegnung mit dem Verkehrsinfarkt Dar es Salaams. Die Infra-<br />

struktur schien dem rasanten Wachstum dieser Stadt nicht gewachsen zu sein. Die<br />

Fahrt stadtauswärts führte uns am Hafen <strong>und</strong> am indischen Ozean vorbei. Auch<br />

konnten wir verschiedene Geschäften mit westlicher Prägung aus dem Fenster se-<br />

hen, sowie große Werbetafeln, die die Straßenränder <strong>und</strong> Hausfassaden säumten.<br />

Diese Seite von Tansania hatten wir bis dato kaum gesehen. Allerdings machte ich<br />

31


mir auch klar, dass wir nicht mehr <strong>im</strong> "Nest" Arusha waren, sondern in Dar es Sa-<br />

laam, der Großstadt mit 3-5 Mio Einwohnern. Nach den Werbetafeln holte uns<br />

schnell die Realität wieder ein. Stadtauswärts sah man riesige Müllhalden auf denen<br />

Menschen völlig ungeschützt Müll sortierten.<br />

Um kurz nach 11.00 Uhr erreichten wir eine kleine Kirche, wo wir eine kleine Rast<br />

machten <strong>und</strong> wo unser Guide Namens Joshua zustieg. Nach<br />

einer viertel St<strong>und</strong>e ging die Fahrt weiter. Im Bus erklärte<br />

Joshua uns viel über die Geschichte unseres Ausflugsziels:<br />

Bagamoyo zählt zu den ältesten Orten <strong>im</strong> ostafrikanischen<br />

Staat Tansania. Die Gründung dieser Stadt reicht bis ins 8.-9.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

zurück. Auch war Bagamoyo die erste Hauptstadt von Deutsch-Ostafrika<br />

<strong>und</strong> einer der bedeutendsten Handelshäfen<br />

an der ostafrikanischen Küste. Bis zur<br />

Mitte des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts war Bagamoyo ein kleiner unbedeutender Handelsort, in<br />

dem Fisch, Salz <strong>und</strong> Baumharze gehandelt wurden, die Bevölkerung aber vorwie-<br />

gend aus Fischern <strong>und</strong> Kleinbauern<br />

bestand. Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde es<br />

Handelshafen für Elfenbein <strong>und</strong> Sklaven,<br />

die vom Hinterland aus den Regionen um<br />

Morogoro, den Tanganjikasee <strong>und</strong><br />

Sansibar umgeladen wurden. Dies erklärt auch den heutigen<br />

Namen der Siedlung,<br />

denn Bagamoyo ("Bwaga-Moyo") bedeutet<br />

Usambara herangeschafft <strong>und</strong> auf Boote nach<br />

"Leg dein Herz nieder" auf Swahili, weil<br />

die Sklaven, die auf Dhaus nach Sansibar verschleppt wurden,<br />

ihre He<strong>im</strong>at niemals<br />

wiedersahen. Als <strong>im</strong> Jahr 1840 der Sultan von<br />

Oman, Said ibn Sultan, seine Haupt-<br />

stadt von Maskat nach Sansibar verlegte, wurde Bagamoyo das Tor der Araber zum<br />

Landesinnern. 1873 wurde der Sklavenhandel offiziell abgeschafft, blieb aber fak-<br />

tisch bis zum Jahrh<strong>und</strong>ertwechsel bestehen. Seit dem 1. Juli 2005 ist Bagamoyo offi-<br />

ziell eine Stadt mit gegenwärtig ca. 35.000 Einwohnern <strong>und</strong> Hauptstadt des großen<br />

Bayamoyo-Districts. Um die geschichtliche Bedeutung dieser Region zu wahren,<br />

wurde Bagamoyo mit seinen Bauzeugnissen als Teil eines neuen<br />

"Ostafrikanische Sklavenroute" vorgeschlagen.<br />

Weltkulturerbes<br />

Um 11.35 erreichten wir 5km südlich von Bagamoyo unsere erste Station: Die Kaole<br />

Ruine: Die Gebäude, von denen man nur noch die Überreste sieht, gehen auf die<br />

Zeit der Shirazis <strong>im</strong> 14. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die<br />

Gebäude nicht aus Zement oder Lehm, sondern Korallen gefertigt wurden. Die Über-<br />

reste von zwei Moscheen <strong>und</strong> einigen Grabstätten, lassen sich auf das 13. Jahrhun-<br />

dert zurückdatieren <strong>und</strong> zeigen die Bedeutung des Islam in dieser Region schon zu<br />

frühen geschichtlichen Zeiten. Es wird angenommen, dass die westlichere der beiden<br />

32


Moschee-Ruinen zu den eindrucksvollsten Gebetsstätten jener Zeit gehörte. Die<br />

Siedlung selbst spielte eine wichtige Rolle <strong>im</strong> Handel mit Kilwa, der Ort wurde<br />

schließlich von Portugiesen zerstört.<br />

Zum Abschluss besichtigen wir ein kleines „Museum“. Danach fuhren wir weiter Orts<br />

einwärts zu einem alten, dreistök-<br />

kigen "Alten Fort", das von einer<br />

großen Mauer umgeben war. Die<br />

Deutschen mieteten den Bau später<br />

<strong>und</strong> nutzen ihn als Polizeistation<br />

mit Gefängnis. Der gut erhaltene Bau (auch Old Pri-<br />

son genannt) ist mit etwa<br />

140 Jahren das älteste Gebäude Bagamoyos.<br />

Danach fuhren wir weiter zum deutschen Friedhof mit Blick auf das türkise Wasser<br />

des indischen Ozeans - wir konnten es kaum erwarten hineinzuspringen. Der gut er-<br />

haltene <strong>und</strong> gepflegte Friedhof liegt direkt am Strand. Die Grabsteine stammen aus<br />

der Zeit, als Matrosen die Stadt erstürmten <strong>und</strong> <strong>im</strong> Kampf gegen "Bushiri" ihr Leben<br />

ließen.<br />

Nach diesem Stop fuhren wir weiter Richtung BOMA (British Oversee Management<br />

Administration), welches gerade renoviert wurde. Mittlerweile war es bereits 13:25<br />

Uhr.<br />

Kurz vor 14.oo erreichten wir ein Hotel, in dem wir „kurz“<br />

essen wollten. Wir bestellten Fisch oder Hähnchen mit Reis<br />

oder Pommes Frites sowie kühle Getränke. Das Hotel<br />

lag<br />

direkt am Strand, so dass wir gleich die Zeit nutzten zum<br />

Baden. So verging die Zeit fast wie <strong>im</strong> Fluge bis um 15.30<br />

Uhr die ersten 4 Portionen Pommes mit Fisch serviert wur-<br />

den, zehn Minuten später dann der Fisch mit Reis. Durch die<br />

lange Wartezeit auf das Essen lernten wir den African Way<br />

of Life kennen (pole pole, hakuna mataata…). Um 16:10 war<br />

schließlich das Mittagessen beendet. Da wir während des Wartens auf das Essen<br />

bereits den Strand genossen hatten <strong>und</strong> die Zeit vorangeschritten war, beschlossen<br />

33


wir, auf den Besuch des „noch schöneren Strandes“ zu verzichten.<br />

Nach einer kurzen (!) Busfahrt besuchten wir das „28th Bagamoyo Festival of Arts<br />

and Culture“ welches zufällig gerade stattfand. Nach rascher Besichtigung der Sou-<br />

venirstände, wo einige sich bereits mit Souvenirs eindeckten, ging es weiter zur ka-<br />

tholischen Kirche von Bagamoyo, die wir um 16:45<br />

Uhr erreichten. Auch hier gab es<br />

ein kleines Museum an dem Ort, an welchem zu<br />

seiner zeit der Sklavenhandel been-<br />

det wurde. In dem Museum gab es eindrucksvolle<br />

Exponate aus den Zeiten der<br />

Sklaverei, wie zum Beispiel Freibriefe, Zeitungsauschnitte<br />

aus der damaligen Zeit<br />

<strong>und</strong> Informationen zur Kolonialgeschichte. Als die Sonne sich ihrem Untergang nä-<br />

herte, verabschiedeten wir gegen17:30 unseren Guide Joshua, um zurück<br />

nach Dar<br />

es Salaam zu fahren – für diesen Abend hatten wir eine Einladung zum Essen bei<br />

George Fupe angeboten bekommen.<br />

Das schöne Haus der Fupes, welches ihm als Vizebischof der ELCT von der Kirche<br />

gestellt wird, erreichten wir gegen 19:00 Uhr. George Fupe sowie auch seine Nichte<br />

<strong>und</strong> seine Frau begrüßten <strong>und</strong> empfingen uns sehr herzlich, <strong>und</strong> wir fanden alle Platz<br />

in seinem Wohnz<strong>im</strong>mer. Bei kühlen Getränken schauten wir uns<br />

Fotoalben an <strong>und</strong><br />

unterhielten <strong>und</strong> rege. Um 19:30 wurde zur Feier des Tages ein w<strong>und</strong>erbares, köstli-<br />

ches Buffet eröffnet. Be<strong>im</strong> Essen hieß es Ladys first, aber auch für die Herren blieb<br />

noch genügend übrig. Nach dem Essen wurden uns Kaffee <strong>und</strong> Tee angeboten, be-<br />

vor Christina um 20:45 <strong>im</strong> Namen der Gruppe <strong>und</strong> auch <strong>im</strong> Zeichen<br />

der Fre<strong>und</strong>schaft<br />

der Partnergemeinde aus <strong>Schmalkalden</strong> Geschenke übergab.<br />

Nach einer herzlichen Verabschiedung fuhren wir zurück zu unserer<br />

Unterkunft. Zum<br />

Tagesausklang genossen wir noch ein Fläschchen Bier von unserem<br />

„Kiosk“ <strong>und</strong> das<br />

obligatorische Verdauungsschnäpschen. Müde schliefen wir<br />

nach einem sehr inte-<br />

ressanten Tag schnell ein in froher Erwartung auf den nächsten<br />

spannenden Tag.<br />

Hendrik Schnieders<br />

34


1.10.2009<br />

Geplant war für diesen Tag ein Besuch der Universität, ein Marktbesuch, Sightseeing<br />

in Dar es Salaam <strong>und</strong> möglicherweise ein Treffen mit dem Bischof.<br />

Also war es nötig, zeitig aufzustehen, um 07:30 frühstücken zu können Außerdem<br />

sicherte uns das ein für unser Quartier übermäßig abwechslungsreiches Nahrungs-<br />

angebot: Zusätzlich zum Weißbrot gab es sogar noch ausreichend getoastetes<br />

Weißbrot (sprich Toast) <strong>und</strong> tatsächlich auch noch eine verhältnismäßig große Men-<br />

ge an Obst mit Melone, Bananen <strong>und</strong> Ananas. Einzig die etwas später kommenden<br />

mussten auf diese Vitaminzufuhr verzichten.<br />

Selbst der wohl kl<strong>im</strong>atisierte Bus war diesmal pünktlich 08:30<br />

Uhr da. Nachdem Joane Hendrik auch noch hinein getrieben<br />

hatte konnte es auch schon losgehen, in Richtung Lutherhaus,<br />

dem Verwaltungsgebäude der <strong>Evangelische</strong>n Kirche in Tansa-<br />

nia um unseren Guide Allen abzuholen.<br />

Also raus aus dem Industriegebiet mit vielen Chemieanlagen, vor denen Tanklastwa-<br />

gen mit liebevoll aufgemalten bunten Totenköpfen parken, <strong>und</strong> in dem auch unser<br />

katholisches Wohnhe<strong>im</strong> liegt, <strong>und</strong> schnell links auf die vierspurige Schnellstraße ab-<br />

biegen; hier staute sich auch schon eine große Zahl an LKW. Stau ist in Dar es Sa-<br />

laam zwar nichts Ungewöhnliches, eher die Regel als die Ausnahme, aber dieser<br />

Stau schien sich gar nicht zu bewegen. Der breite Mittelstreifen, auf dem sich mögli-<br />

cherweise irgendwann ein Öffentliches Verkehrsmittel bewegen soll um dem Stau<br />

etwas entgegen zu wirken, versperrte den Weg auf die richtige Straßenseite.<br />

Aber hakuna matata- kein Problem, biegen wir halt über den Bürgersteig, wobei Bür-<br />

gersteig zu sagen auch nicht so zutreffend ist, eher schon breite Staubpiste, rechts<br />

ab, <strong>und</strong> fahren wir einfach als Geisterfahrer in die Gegenrichtung, bis irgendwann<br />

eine Möglichkeit auftaucht auf die richtige, linke Straßenseite zu wechseln.<br />

Mit dem üblichen weiteren Stau erreichten wir dann das Lutherhaus <strong>und</strong> sammeln<br />

Allen ein. Nun galt es noch zu überlegen, wie wir an unsere Fahrscheine für die Fäh-<br />

re nach Sansibar am nächsten Tag kommen sollten.<br />

Wir fuhren also erst einmal zum Fähranleger,<br />

wo Allen aus dem Bus sprang <strong>und</strong> die<br />

Tickets reservierte. Das ging wirklich schnell. Allerdings mussten diese ja auch noch<br />

bezahlt<br />

werden. Dass war schon ein größeres Problem, spucken doch normale<br />

Geldautomaten<br />

nur 400000TSh, also r<strong>und</strong> 200€ aus. Demzufolge ging es mit dem<br />

Bus<br />

wieder in den Verkehr, um eine Bank aufzuspüren. Es tauchte auch eine Bank<br />

35


auf, vor dieser<br />

aber keine Parkmöglichkeit <strong>und</strong> somit fuhren wir weiter. Es tauchte<br />

wieder<br />

eine Bank auf, diesmal war es sogar möglich zu parken <strong>und</strong> Johanna <strong>und</strong> Kai<br />

stürmten diese. Leider aber mit geringem Erfolg, da es hier einmal wieder nur<br />

400000TSh auf einmal gab. Alles benötigte Geld zu holen würde<br />

demzufolge ein<br />

Weilchen dauern. Also wieder weiterfahren. Irgendwann erreichten wir dann tatsäch-<br />

lich ein Kreditinstitut, in dem Johanna <strong>und</strong> Kai lange <strong>und</strong> dann sogar sehr lange<br />

verblieben. Das konnte nur ein gutes Zeichen sein. Bei dieser Zeitdauer musste doch<br />

irgendetwas Positives geschehen. Heiko <strong>und</strong> Ruben prügelten sich inzwischen schon<br />

um Rubens Erdnüsse, wobei erwähnt werden muss, dass der Autor dieser Zeilen<br />

daran auch einen gewissen Anteil besitzt. Doch<br />

irgendwann kamen Johanna <strong>und</strong> Kai<br />

wieder aus der Bank heraus, mit Geld!<br />

Nun mussten nur noch die Tickets am Fährhafen bezahlt werden.<br />

Unserem besorg-<br />

ten Allen wäre es am liebsten gewesen, damit die beiden nicht allein<br />

unterwegs sind,<br />

wir wären da alle wieder mit dem Bus hingefahren. Doch diesmal setzten sich die<br />

beiden ab <strong>und</strong> erledigten diesen Weg zu Fuß. Die Wege, die wir mit dem Bus in so<br />

vielen St<strong>und</strong>en zurücklegten waren nämlich alles andere als groß, sondern einfach<br />

nur verstopft.<br />

Der Rest der Gruppe unterdessen bewegte sich ins Nationalmuseum.<br />

Zu bew<strong>und</strong>ern waren hier Ausstellungen über die Natur des Landes, die Geschichte<br />

<strong>und</strong> alte L<strong>im</strong>ousinen der Staatsoberhäupter. Ein Exponat zeigte mir hier exempla-<br />

risch einmal wieder, wie weit wir hier nicht nur räumlich, sondern auch politisch von<br />

zu Hause weg sind: Eine alte Emailletafel der deutschen Botschaft mit Hakenkreuz<br />

darauf, aber ohne Hinweis darauf, dass dies etwas mit dem Nationalsozialismus<br />

zu<br />

tun hat. Aber welcher Deutsche kennt sich schon in der Tansanianischen Geschichte<br />

aus? Nach dem Besuch der Ausstellungen galt es <strong>im</strong>mer noch etwas Zeit totzuschla-<br />

gen. Hierbei leistete ein Xylophon vor dem Museum gute<br />

Dienste.<br />

Gegen 12:30 kamen dann aber auch schon Johanna <strong>und</strong> Kai, endlich mit den Fährti-<br />

ckets in den Händen, wieder. Nun konnte es eigentlich losgehen zur Universität. Wir<br />

mussten nur noch einmal kurz am Luther House vorbei, um Marg<strong>und</strong> abzusetzen, da<br />

diese sich mit einer alten Fre<strong>und</strong>in treffen wollte <strong>und</strong> unser besorgter Allen ihr auch<br />

noch ein gutes Taxi für die Rückfahrt zur Unterkunft organisierte. Hier orderte<br />

36


Christina bei einem Straßenhändler Kokosnüsse für alle.<br />

Tansanianische Kokosnüsse sehen aber anders aus als<br />

die in Deutschland erhältlichen: Sie sind nicht behaart<br />

<strong>und</strong> braun, sondern relativ glatt <strong>und</strong> grün <strong>und</strong> haben<br />

eine viel dickere Schale. Der Händler trug die Nüsse in<br />

einem Netz bei sich <strong>und</strong> öffnete sie durch gezielte<br />

Schläge mit einem Messer, so dass wir davon trinken konnten. Dann wurde ihm mit<br />

Händen <strong>und</strong> Füßen, er verstand kein Englisch, der Wunsch geäußert, das Frucht-<br />

fleisch herauszuholen. Dazu schabte er es mit einem geschärften Holz heraus. Die<br />

Kokosnüsse sehen aber nicht nur anders aus, sondern auch das Fruchtfleisch ist<br />

anders: nicht so fest, sondern geradezu schwabbelig, fast wie das Innenleben von<br />

Lychees.<br />

Nach diesem köstlichen Mal war es schon 13:15. Nun ging es wirklich los zur evan-<br />

gelischen Universität Tumaini University Dar es Salaam College . Dort gab es erst<br />

einmal für jeden eine Flasche Wasser. In einem Unterrichtsraum hielt dann ein alter<br />

fre<strong>und</strong>licher Professor einen Vortrag über die Hochschulen <strong>im</strong> Lande <strong>im</strong> Allgemeinen<br />

<strong>und</strong> diese Universität<br />

<strong>im</strong> Besonderen. So gibt es <strong>im</strong> Land 33 Hochschulen, davon<br />

befinden sich aber nur 2 in staatlicher Hand, die übrigen 31 gehören zu den Kirchen,<br />

<strong>und</strong> zwar in der Regel den christlichen. Diese können zwar auch von musl<strong>im</strong>ischen<br />

Studenten besucht werden, was aber sehr selten ist. Und so kommt es, dass in der<br />

Regel dank besserer Bildung die Christen auch die besseren Arbeitsplätze bekom-<br />

men, <strong>und</strong> somit ihren Kindern auch wieder eine bessere Bildung ermöglichen kön-<br />

nen. Hier liegt durchaus Konfliktpotential, mit dem umgegangen werden muss.<br />

Die Hochschule selbst ist seit ihrer Gründung stark gewachsen. So begann man einst<br />

mit 250 Studenten. Heute sind es schon 1500 <strong>und</strong> es wird in der Zukunft mit bis zu<br />

3000 Studenten gerechnet. Da diese Universität zur evangelischen Kirche gehört ist<br />

hier der Bischof höchst selbst der Universitätskanzler. Der Vortrag war inhaltlich ei-<br />

gentlich sehr interessant war, der Pro-<br />

fessor sprach während seines langen<br />

Monologes aber leider nicht sehr deut-<br />

lich, wodurch es in Verbindung mit<br />

unseren zum Teil nicht opt<strong>im</strong>alen Eng-<br />

lischkenntnissen nicht ganz einfach war, ihm zu folgen. Und so hatte ein großer Teil<br />

der Gruppe mit großer Müdigkeit zu kämpfen, bzw. damit, den Kopf aufrecht zu hal-<br />

ten. Man könnte also sagen, es war wie in einer vollkommen normalen he<strong>im</strong>ischen<br />

37


Vorlesung.<br />

Nach der Hochschule ging es<br />

dann noch einmal kurz zum Markt um Souvenirs kau-<br />

fen zu können. Entgegen aller<br />

Erwartungen <strong>und</strong> dem Markt in Arusha, der mich an<br />

eine Geisterbahnfahrt erinnerte,<br />

konnte man diesen aber in Ruhe besuchen. Hier<br />

führten<br />

sondern<br />

keine schmalen Gassen zwischen den Läden entlang,<br />

diese befanden sich um einen Großen Platz herum.<br />

Außerdem zogen einen die Händler nicht geradezu in ihre Läden<br />

hinein, sondern begrüßten nur jeden wie in Tansania üblich:<br />

„Hello my friend!“<br />

Auf dem Platz fuhr die ganze Zeit ein Eisverkäufer mit seinem<br />

Dreirad umher, es gab einen Wagen, von dem wie so oft ge-<br />

presstes Zuckerrohr verkauft wurde. Vor den Ständen wurden<br />

die Holzfiguren mit Schuhcreme geschwärzt <strong>und</strong> unter eines<br />

Baumes Schatten spielten junge Männer ein völlig <strong>und</strong>urchschaubares Brettspiel, bei<br />

dem Kugeln in halbr<strong>und</strong>en Aussparungen in einem Holzbrett hin <strong>und</strong> her geschoben<br />

wurden. Man konnte fast meinen, dass auf diesen Markt gar nicht so viele Touristen<br />

kämen.<br />

Nach dem Markt wollten wir auf dem weg zurück zum TEC auch noch ein wenig<br />

durch die Stadt gehen. Und so gelang es, unseren Allen zu überzeugen, uns aus<br />

dem Bus „frei“ zu lassen.<br />

Und so gingen wir in der einsetzenden Dämmerung durch die kolonial geprägten<br />

Straßen, mit ihren buckligen Bürgersteigen <strong>und</strong> sehr hohen Bordsteinen. Es gab<br />

auch noch ein paar Straßenhändler, die sich aber nicht sonderlich für uns interessier<br />

ten.<br />

dürften. Geradezu surreal, nach so viel<br />

erleben.<br />

Auf dem Weg kamen wir auch in ein Ein-<br />

kaufszentrum. Hier gab es diverse Luxus-<br />

artikel <strong>und</strong> einen Supermarkt mit europäi-<br />

schen Produkten zu europäischen Prei-<br />

sen, sodass sich nur die wenigsten Ein-<br />

he<strong>im</strong>ischen diese Produkte leisten können<br />

Afrika plötzlich so etwas Europäisches zu<br />

Danach zogen wir weiter zur Kirche, hier probte Allans Chor für einen Wettbewerb,<br />

<strong>und</strong> ein kleines Grüppchen lauschte für ein kurzes Weilchen, ein w<strong>und</strong>erbarer Klang!<br />

Aber auch hier blieb nicht viel Zeit, wir mussten gleich hinüber, ins Verwaltungsge-<br />

38


äude, denn wir waren bei Bischof Alex Malasusa zum Essen<br />

geladen!<br />

Nach ein wenig Warterei vor dem Eingang ging es dann ein paar Treppen hinauf <strong>und</strong><br />

in einem feinen Versammlungsraum. Be<strong>im</strong> Betreten begrüßte der Bischof jeden per-<br />

sönlich. Etwas später kam dann auch noch Vizebischof Georg Fupe hinzu, bei dem<br />

zu Hause wir am Vorabend<br />

aßen. Im recht frisch kl<strong>im</strong>atisierten Raum stand eine<br />

Große Tafel. Wir trauten<br />

uns aber auf der einen Seite gar nicht so recht, bis zum An-<br />

fang der Tafel aufzurücken<br />

<strong>und</strong> saßen somit dann auf beiden Seiten der Tafel ziem-<br />

lich ungleich verteilt.<br />

An jedem Platz stand in dieser feinen Atmosphäre eine Flasche Kil<strong>im</strong>anjaro Wasser,<br />

aber kein Glas. Aber<br />

auch hier gilt: hakuna matata.<br />

Zu Gast war auch ein Schwede aus Carlsberg. Was es mit<br />

diesem auf sich hatte wurde rasch aufgelöst: In Zusammen-<br />

arbeit zwischen den Schweden <strong>und</strong> der <strong>Evangelische</strong>n Kir-<br />

che wurde ein Aufforstungsprojekt über 20Ha unterzeichnet.<br />

Nach dem das alles erklärt war, wurde das Buffet aufgedeckt,<br />

es wurde ein Tischgebet gesprochen <strong>und</strong> der Bischof meinte<br />

dann: „Pastors first“, danach waren die Ladies dran <strong>und</strong> als<br />

letztes die Herrlichkeiten. So, wie wir gelernt hatten bei gu-<br />

tem Tansanianischen Essen üblich gab es auch hier so eine<br />

Art Gulasch, Kochbananen, so eine Art Spinat, Reis <strong>und</strong> ge-<br />

bratene Hünchenteile. Und, wie es auch nicht so ganz unüb-<br />

lich zu sein scheint, nicht genügend Messer <strong>und</strong> Gabeln für<br />

alle, sondern nur ausreichend Löffel. Davon waren <strong>im</strong> Zuge<br />

der Essreihenfolge<br />

natürlich bevorzugt die Herren betroffen. Aber auch der Bischof<br />

selbst verzichtete auf Messer <strong>und</strong> Gabel <strong>und</strong><br />

begnügte sich mit einem Löffel.<br />

Nach dem Essen berichtete der Bischof noch<br />

von einem Besuch in Deutschland. Wie<br />

er auf einem Bahnhof war <strong>und</strong> er sich w<strong>und</strong>erte,<br />

warum die Leute sich so ärgerten:<br />

Ein Zug hatte 5 Minuten Verspätung. Und er meinte dazu: Warum regen die sich so<br />

auf, es fahren regelmäßig Züge, das nach<br />

Fahrplan <strong>und</strong> es wird sogar mit größter<br />

Wahrscheinlichkeit ein Zug kommen. Was sind da schon 5 Minuten?<br />

In Tansania kann man hingegen froh sein, wenn überhaupt irgendwann irgendein<br />

Zug kommt.<br />

Und dieser Vergleich gilt auch für alle anderen Lebensbereiche.<br />

Hoffentlich bleibt uns Reisenden diese Erkenntnis auch zu Hause noch erhalten <strong>und</strong><br />

ermöglicht einen gelasseneren Blick auf die Dinge.<br />

Am Ende das Abends verabschiedete der Bischof noch jeden persönlich <strong>und</strong> wir fuh-<br />

39


en zu unserer Unterkunft zurück, denn am nächsten Morgen galt es ja früh aufzu-<br />

stehen, um die Fähre nach Sansibar zu erreichen.<br />

2.10.2009 - Sansibar oder der letzte Gr<strong>und</strong> unserer Reise.<br />

Da standen wir nun, mitten in einem Paradies<br />

unter Palmen. Weißer Sandstrand breitete sich<br />

vor uns aus, der indische<br />

Ozean sch<strong>im</strong>merte<br />

türkisfarben am Horizont. Das Meer hatte sich<br />

zurückgezogen. Ebbe. Leises<br />

Rauschen aus der<br />

Ferne, ansonsten Ruhe.<br />

Auch in uns. Die<br />

Friedlichkeit der Natur,<br />

die Sonne, die Vögel,<br />

das Meer – entspannte Wohligkeit<br />

machte sich breit. Und jeder von uns schien sie<br />

auf seine Art auszukosten: Matthias <strong>und</strong> Liz machten es sich wie selbstverständlich<br />

auf den Bast-Liegen bequem,<br />

Fleur zog es zum Wasser, andere begutachteten die<br />

liebevoll hergerichteten Strand-Bungalows.<br />

Die Ankunft an unserem letzten Wohnort<br />

dieser Fahrt, dem letzten Gr<strong>und</strong> dieser<br />

schnell vergessen haben:<br />

Sansibar, Ostküste, Evergreen Bungalows.<br />

Thomas Eilenberger<br />

Reise, sie wird keiner aus der Gruppe so<br />

Dabei hatte der Tag durchaus stressig<br />

begonnen: Bereits um fünf Uhr – so hatten wir<br />

es am Abend zuvor abgesprochen<br />

– standen wir auf, um die erste Fähre um Viertel<br />

nach sieben zu erreichen.<br />

Dar-es-Salaam schlief noch, als wir uns <strong>im</strong> Neonlicht des<br />

Speisesaals unseres Katholischen Wohnhe<strong>im</strong>s versammelten. Ein dürftiges Früh-<br />

stück, der Bus war schnell beladen, <strong>und</strong> los ging die Fahrt durch die erstaunlich leh-<br />

ren Hauptverkehrsstraßen Richtung Hafen. Gedränge erwartete uns an der Fähre,<br />

einem Schnellboot namens „Sea Express“. Schlaftrunken tauschten wir Reisetablet-<br />

ten, sogen ein letztes Mal die Gerüche dieser Millionenmetropole ein - eine Mischung<br />

aus Benzin, Staub <strong>und</strong> salziger Meeresluft - <strong>und</strong> ließen unser Gepäck für ein paar<br />

zusätzliche Schilling verladen. Dann startete der „Sea Express“.<br />

Wenig später stand ich auf Deck, ließ mir den Fahrtwind ins Gesicht blasen <strong>und</strong> sah<br />

zu, wie die Hafenfront Dar-es-Salaams langsam <strong>im</strong> Dunst verschwand. Poetisch<br />

ja,<br />

<strong>und</strong> doch nagte die ganz profane Angst vor der vielbeschriebenen Seekrankheit in<br />

mir. Ich dachte an die rauchige St<strong>im</strong>me von Ach<strong>im</strong> Reichel, der Sansibar<br />

in einem<br />

Schlager besingt: „Es war ne harte Überfahrt. Zehn Wochen nur das Deck ge-<br />

40


schrubbt. Hab die Welt verflucht, in den Wind gespuckt <strong>und</strong> salziges Wasser ge-<br />

schluckt.“<br />

Nichts von alledem widerfuhr uns. Es wurde eine w<strong>und</strong>erschöne, ruhige<br />

Fahrt zu dieser geschichtsträchtigen Insel, die uns mit ihrer orientalischen Hafenfront<br />

der Altstadt Stone Town begrüßte. Die Separatismus-Bestrebungen<br />

Sansibars –<br />

auch als europäische Touristen bekamen wir sie zu spüren: Obwohl wir von tansiani-<br />

schem Staatsgebiet in tansianisches Staatsgebiet übersetzen,<br />

mussten wir am Hafen<br />

erneut einen Einreise-Antrag ausfüllen. Das nahm<br />

Zeit in Anspruch, es war mittler-<br />

weile heiß geworden, die Stadt hektisch <strong>und</strong> laut, wir<br />

unausgeschlafen, genervt. Erst<br />

bei einem weiteren Besuch Tage später sollten wir die faszinierende Architektur Sto-<br />

ne Towns in ihrer ganzen Pracht wahrnehmen, dieses in Stein geformte Amalgam<br />

aus arabischen, indischen <strong>und</strong> schwarzafrikanischen Einflüssen. Moscheen neben<br />

Kirchen neben Hindu-Tempeln, afrikanische Märkte, die sich um Kolonialbauten <strong>und</strong><br />

alte britische Handelshäuser herum ausbreiten. An diesem ersten Insel-Tag reichte<br />

die Kraft nur noch dafür aus, das städtische Treiben aus dem Bus heraus zu beo-<br />

bachten. Anderthalb St<strong>und</strong>en fuhren wir, einmal quer über das Eiland. Jede Viertel-<br />

st<strong>und</strong>e stoppte der Bus an einem Schlagbaum, <strong>und</strong> wir beobachteten ein ums ande-<br />

re Mal mit Erstaunen, wie unser Fahrer mit Verweis auf unscheinbare Plaketten an<br />

der Windschutzscheibe die Weiterreise aushandelte.<br />

Das war unser Vormittag. Nun, am frühen Nachmittag, ließ uns die Reise-Katalog-<br />

Idylle r<strong>und</strong> um die Evergreen-Bungalows die Strapazen schnell vergessen. Und auch<br />

der Rest des Tages stand ganz <strong>im</strong> Zeichen der Entspannung. Wir planschten <strong>im</strong> ba-<br />

dewannen-warmen Meer, aßen unter rauschenden Palmen, flachsten am Lagerfeuer,<br />

welches ein Massai fre<strong>und</strong>licherweise zu fortgeschrittener St<strong>und</strong>e am Strand entzün-<br />

det hatte. Und während wir Europäer uns der archaischen Lust am Feuer hingaben,<br />

suchte der fre<strong>und</strong>liche Massai nach Holz-Nachschub. Gezielt <strong>und</strong><br />

professionell, mit-<br />

tels Head-Lamp. Vertauschte Welt?<br />

Johannes Kloth<br />

41


3.10.2009<br />

Meine erste Nacht auf Sansibar: Ich habe w<strong>und</strong>erbar geschlafen. Die Geräusche <strong>und</strong><br />

Gerüche, die mich durch meinen kurzen Schlaf begleitet haben, sind kaum zu be-<br />

schreiben. Marg<strong>und</strong> ist bereits aufgestanden, Christina <strong>und</strong> Ulla räkeln sich noch un-<br />

ter ihrem Moskitonetz. Der Dusch- <strong>und</strong> Toilettengang muss gut durchorganisiert sein.<br />

Bei vier gestandenen Frauen wie uns kein Problem. Be<strong>im</strong> gemeinsamen paradiesi-<br />

schen Frühstück werden die ersten Eindrücke ausgetauscht.<br />

Einige Frühaufsteher haben den Sonnenaufgang über dem Indischen Ozean genos-<br />

sen, andere waren bereits schw<strong>im</strong>men. Ich lasse mir das Frühstück schmecken: Me-<br />

42


lone, Ananas, Mango, Eier, Müsli, Schinken <strong>und</strong> Kaffee. Auch Heiko beginnt den Tag<br />

mit einer guten Tat <strong>und</strong> spendiert Johanna -- kann man diesen bittenden Augen wi-<br />

derstehen -- sein Frühstücksobst. (Wohin ich gegen 8.27 Uhr verschw<strong>und</strong>en bin,<br />

geht nun wahrlich keinen etwas an. Danke Heiko, dass du mein Tagebuch in dieser<br />

Zeit akribisch weitergeführt hast; Rache ist Blutwurst!)<br />

Guide Elias, der mich irgendwie an Bob Marley erinnert <strong>und</strong> ein<br />

unversiegliches Reservoir an Zahnstochern zu haben scheint (einen<br />

schiebt er <strong>im</strong>mer zwischen den Zähnen hin <strong>und</strong> her), wartet bereits am<br />

Bus auf uns. Ich schnappe mir meinen Rucksack <strong>und</strong> sichere mir<br />

einen Fensterplatz. Was muss, dass muss! Und schon geht's los. Unser sansibari-<br />

scher Reisebegleiter verspricht uns, dass wir heute den Zauber der Gewürzinsel rie-<br />

chen <strong>und</strong> schmecken werden. Wir steuern eine Gewürzplantage an. Unterwegs pas-<br />

sieren wir mehrere Straßensperren, staunen darüber, wie viele Menschen in einen<br />

Dalla Dallas passen <strong>und</strong> halten Ausschau nach seltenen Affen. Auch diesmal gelingt<br />

es<br />

mir nicht, ein Exemplar mit der Kamera einzufangen. Ich hoffe<br />

auf Kai, der eine bessere Ausgangsposition als<br />

ich hatte.<br />

( � Anm. d. Red. ; �)<br />

Über die Gewürz-Plantage, extra angelegt für<br />

Touristen, jagt uns Spice-Experte Ali-<br />

baba.<br />

Der junge Mann lebt auf der Insel <strong>und</strong> scheint den ganzen Tag nichts anderes<br />

zu machen, als den Bleichgesichtern verschiedenste Gewürze unter die Nase zu hal-<br />

ten. Insgesamt elf werde es am Ende der Führung sein. Selbst die Hühner, die uns<br />

zwischen den Beinen herumlaufen, strahlen eine gewisse Würze aus. Max <strong>und</strong> Mo-<br />

ritz hätten ihre wahre Freude daran gehabt, best<strong>im</strong>mt aber auch viel Durst, bei der<br />

Schärfe ... Alibaba will natürlich auch seinen Spaß haben <strong>und</strong> lässt uns fleißig raten.<br />

Ich hätte nicht gedacht, dass sich auch unsere Männer in der Gerüch(t)e-Küche aus-<br />

kennen. "Kurkuma", sagt Thomas, <strong>und</strong> reibt die Blätter zwischen den Fingern. Klar,<br />

gelbes Pulver, Safran-Ersatz. Die Pflanze, die einem Grasbüschel ähnelt, kann bis zu<br />

einem halben Meter groß werden. Die Wurzeln werden gerodet, getrocknet <strong>und</strong> zu<br />

Pulver gemahlen.<br />

43


Wenige Meter weiter zeigt Alibaba auf kleine schwarze Körner, die am Boden wach-<br />

sen. Kardamon -- stinkt bestialisch, klingt <strong>und</strong> schmeckt aber nach Weihnachten. Un-<br />

terwegs staunen wir über die riesigen Bananenbäume, sonderbare Früchte, Chelly<br />

Chelly, erklärt der Gewürz-Experte, natürlich alles auf Englisch. Ich stolpere weiter<br />

<strong>und</strong> beinahe hin: Die Düfte <strong>und</strong> die Schwüle hauen mich<br />

fast um. Tapfer folge ich auf<br />

den Spice-Spuren <strong>und</strong> erfahre, dass die Vanille-Schote zu den Hängepflanzen ge-<br />

hört, dass sie<br />

Ende Oktober geerntet wird <strong>und</strong> <strong>im</strong> Verkauf sehr teuer ist. Vanille ist<br />

nach dem schwarzen<br />

Pfeffer das zweitwichtigste Exportgut der Sansibaren.<br />

Frisch wird es,<br />

als uns Alibaba Zitronengras unter die Nase hält. Das Gewürz wird<br />

vielseitig verwendet. Die Thailänder bevorzugen zum Würzen den harten Stengel, in<br />

Tansania wird das Gras zu Öl verarbeitet, es soll Muskelverspannungen lösen. Aber<br />

auch als Tee oder Suppe hat sich das Zitronengras einen Platz in der Küche er-<br />

kämpft.<br />

Und dann stehen wir vor dem King of Spices: der Nelke. Ihren Ursprung hat sie in<br />

Indonesien, seit 1818 wird sie auf Sansibar angebaut <strong>und</strong> exportiert.<br />

Die Nelken, wie<br />

wir sie kennen, wachsen an einem Baum. "Gut gegen Zahnschmerzen", sagt Aliba-<br />

ba, grinst <strong>und</strong> steckt sich eine rosarote Blüte- geerntet wird die<br />

Nelke, wenn sie<br />

schwarz ist - in eine Zahnlücke. Wo ein König ist, ist eine Königin nicht weit: Stau-<br />

nend stehen wir vor dem großen Z<strong>im</strong>tbaum. Ich spüre den Geschmack von Griesbrei<br />

<strong>und</strong> Milchreis auf meiner Zunge. Alibaba holt mich aus den Erinnerungen an meine<br />

schmatzenden Söhne zurück. Z<strong>im</strong>t wird verwendet als Stange, als Sticks oder auch<br />

gemahlen, erklärt er. Und aus den Wurzeln wird Menthol hergestellt. Was für ein viel-<br />

seitiger Baum! Schließlich wandert auch der schwarze Pfeffer in unsere Spice-Tüte,<br />

ein aus Palmenblättern gefertigtes Körbchen. Tapfer beißen wir auf ein Pfefferkorn.<br />

Den gemeinschaftlichen Hustenanfall spülen wir mit frischer Kokosmilch hinunter.<br />

"Mister Butterfley", ein gertenschlanker Junge, klettert wie ein Äffchen eine Kokos-<br />

palme hinauf. Zwischendurch schmettert er Lieder. Ich komme mir vor wie <strong>im</strong> Zirkus.<br />

Diese "Nummer" berührte mich jedoch unangenehm. Pole, pole, dachte ich, als der<br />

Knabe den Baumstamm<br />

wieder herunterrutschte. Schließlich schnüffelten wir noch<br />

Jasmin,<br />

kauften Öl, Bodylotion Creme, Parfüm <strong>und</strong> reichlich Gewürze, kosten ver-<br />

schiedene Früchte wie Banane, Grapefruit, Mango, Jackfruit, Gurke, Papaya <strong>und</strong><br />

probieren Tee, versetzt mit Z<strong>im</strong>t, Kardamon <strong>und</strong> Ingwer. Eine schweißtreibende Zu-<br />

sammensetzung, mit etwas Rum versetzt hervorragend geeignet für künftige Biath-<br />

lon-Weltcup- Besuche <strong>im</strong> he<strong>im</strong>ischen Oberhof.<br />

44


Etwas müde sitzen wir wieder <strong>im</strong> Bus. Weiter geht's nach<br />

Stone Town. Zwischendurch halten wir an einem Markt, um<br />

uns schnell etwas Essbares zu kaufen. Wir wollen nicht viel<br />

Zeit verlieren, <strong>im</strong>merhin wartet vor den Toren von Prison<br />

Island ein Schnorchel- <strong>und</strong> Badeparadies auf uns. Jeder<br />

verschwindet hinter einer anderen Ecke <strong>und</strong> kommt mit den<br />

unterschiedlichsten Dingen zurück: Obst, Keksen, Brot --<br />

<strong>und</strong> Wasser. Dann sitzen wir in einem Boot, ausgerüstet mit<br />

Taucherbrille, Schnorchel <strong>und</strong> Flossen. Etwa 45 Minuten<br />

dauert die Überfahrt. Einige aus der Gruppe steigen bereits<br />

auf der Insel aus, wir anderen fahren noch etwas weiter<br />

aufs Meer hinaus. Das Wasser ist glockenklar <strong>und</strong> hat eine<br />

angenehme Temperatur. Ich tauche ab in die<br />

Unterwasserwelt des Indischen Ozeans, beobachte die<br />

Vielfalt der Riffbewohner, staune über die schillernden <strong>und</strong><br />

glänzenden Farben. Die ständigen kleinen Piekser auf<br />

meiner Haut ignoriere ich. Bis mich Joane auf die zahlreichen kleinen Quallen hin-<br />

weist, die uns "angreifen" <strong>und</strong> unseren Körper malträtieren. Als ich aufs Boot zurück<br />

klettere, sehe ich die Auswirkungen: überall rote Pusteln, ein Ausschlag, der schnell<br />

wieder abheilt. Egal, ich springe noch einmal ins Wasser. Ich lasse mir doch von den<br />

Quallen nicht das Schnorcheln vermiesen...<br />

Zurück auf Prison Island statten wir noch den Bewohnern einen kurzen Besuch ab.<br />

Riesige Schildkröten kreuzen unseren Weg. Sie wurden einst auf die Insel gebracht,<br />

manche sind schon steinalt. Das Futter, das wir ihnen reichen, zermalmen sie ge-<br />

nüsslich -- <strong>und</strong> lautstark.<br />

Und wieder ist ein Tag viel zu schnell vergangen. 20 Jahre nach dem Mauerfall, am<br />

19. Jahrestag der deutschen Einheit liege ich nach einem leckeren Abendessen in<br />

einer Hängematte am Strand des Indischen Ozeans, genieße die Kühle des Abends<br />

bei einem leckeren Cocktail <strong>und</strong> lasse meine Gedanken schweifen. Ich danke Gott<br />

für diese Welt, für seine Geschöpfe <strong>und</strong> die Freiheit, die wir uns 1989 erkämpft ha-<br />

ben. Für die Freiheit, selbst Verantwortung zu übernehmen, unser Leben eigenstän-<br />

dig zu gestalten -- mit allen Höhen <strong>und</strong> Tiefen -- <strong>und</strong> für die Freiheit, andere Men-<br />

schen, andere Kulturen kennenlernen zu dürfen. Danke!<br />

Susann Schönewald<br />

45


Nocheinmal: auf Gewürztour,<br />

auf Prison-Island <strong>und</strong> schlussendlich<br />

ein geknacktes Schloss<br />

Heute war freiwillig frühes<br />

Aufstehen angesagt. Die Sonne geht hier über dem Meer<br />

auf. Gegen 5:30 waren die<br />

Ersten am Strand. Der H<strong>im</strong>mel war noch dunkel. Am Ho-<br />

rizont zeichnete sich bereits<br />

ein roter Streifen des bevorstehenden Sonnenaufgangs<br />

ab. Er wurde stärker, nahm<br />

dann aber wieder ab. Währenddessen wurde der H<strong>im</strong>mel<br />

<strong>im</strong>mer heller, <strong>im</strong>mer blauer.<br />

Der rote Streifen war nun ganz verschw<strong>und</strong>en.<br />

Dann brach die Sonne aus<br />

dem Horizont heraus. Langsam stieg sie nahezu senk-<br />

recht über dem Meer dem<br />

H<strong>im</strong>mel entgegen. Anfangs tiefrot hinter ein paar Wolken<br />

wurde sie rasch heller <strong>und</strong><br />

stärker.<br />

Frühstück konnte nach der<br />

Karte gewählt werden. Es gab Spiegelei, Rührei, Pfann-<br />

kuchen <strong>und</strong> Schinken. Obst<br />

gab es für alle. Dazu wurde Kaffee serviert.<br />

Nach dem Frühstück ging<br />

es auf Gewürztour. Wir konnten Gewürze erraten, durch<br />

schmecken <strong>und</strong> riechen. Unter den Gewürzen waren Curcuma, Vanille, Ingwer, Nel-<br />

ke, Pfeffer, Z<strong>im</strong>t sowie Zitronengras,<br />

Kardamon <strong>und</strong> Jasmin.<br />

Nelke ist auf Sansibar der König unter den Gewürzen. Damit wir der meiste Umsatz<br />

<strong>und</strong> der meiste Gewinn erzielt. Z<strong>im</strong>t ist die Königin unter den Gewürzen auf Sansibar.<br />

Von dem Baum kann alles genutzt werden. Die Rinde wird zu Z<strong>im</strong>tpulver <strong>und</strong><br />

Z<strong>im</strong>tstangen verarbeitet. Das Holz wird als Feuerholz verwendet. Die Wurzeln wer-<br />

den als Menthol zur Bekämpfung von Erkältung<br />

<strong>und</strong> Grippe genutzt. Pfeffer wächst<br />

auch auf Sansibar. Die Körner sind grün, wenn sie geerntet werden. Durch die<br />

Trocknung werden sie dann schwarz.<br />

Kokosnüsse wurden auch gepflückt. Ein Mensch stieg eine 12 Meter hohe Palme<br />

hinauf. Er hatte sich die<br />

Beine zusammen geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> die Arme um die Palme<br />

geschlungen. So zog er sich am Stamm hinauf. Oben angekommen schnitt er die<br />

Kokosnüsse mit einem Messer ab <strong>und</strong> ließ sie nach unten fallen. Die Nüsse wurden<br />

aufgeschnitten <strong>und</strong> gereicht. Die Früchte haben sehr unterschiedlich geschmeckt.<br />

46


Nachdem die Kokosmilch geleert war, wurde das Fleisch von der Hülle getrennt.<br />

Auch das hat sehr gut geschmeckt.<br />

Im Anschluss an die Tour gab es verschiedene örtliche Früchte zum probieren. Be-<br />

gonnen wurde mit Orangen, Mandarinen, L<strong>im</strong>etten. Dann gab es Honigmelone <strong>und</strong><br />

Papaya. Im Plantageneigenen Shop konnten wir verschiedene Gewürze zu er-<br />

schwinglichen Preisen erstehen. Es wurde fleißig eingekauft.<br />

Unser nächstes Ziel war das Schnorcheln. In Stonetown ging es auf ein kleines Schiff<br />

nach Prison Island. Hier trennte sich die Gruppe. Einige wollten nicht schnorcheln.<br />

Sie verbrachten die Zeit auf Prison Island. Der Rest fuhr zu einem Korallenriff. Das<br />

Schnorcheln konnte beginnen. Es war eine schmerzhafte Erfahrung. Wir sind mitten<br />

in einem Quallenschwarm ausgestiegen.<br />

Es hat gebrannt. Einige Schnorchler saßen<br />

nach dem ersten Versuch mit schmerzverzerrtem Gesicht <strong>im</strong> Boot. Es war nicht so<br />

ein super Start für das erste Mal. Wir waren schnell wieder raus aus dem<br />

Wasser.<br />

Ein Stückchen weiter haben wir es erneut versucht. Es ging auch einige Minuten. In<br />

dieser Zeit konnten wir die schöne Flora <strong>und</strong> Fauna unter Wasser bew<strong>und</strong>ern. Es<br />

gibt vor Prison Island viele farbige Korallen. Ganze Fischschwärme<br />

ziehen ihre Bah-<br />

nen. Ein bisschen Schade ist, dass die Bootsführer ihre Anker achtlos ins Wasser<br />

werfen <strong>und</strong> damit große Löcher in die Korallen schlagen. Diese bleiben dann über<br />

Jahre hinweg sichtbar. Es gibt aber auch Stellen, an denen diese Spuren bisher vor-<br />

bei gegangen sind. Dann kamen die Quallen auch hier an. Trotz allem war das<br />

Schnorcheln sehr schön.<br />

Es ging zurück nach Prison Island. Dort leben riesige Landschildkröten. Als wir an-<br />

kamen war auch gerade Fütterungszeit.<br />

Wir konnten die Tiere mit Spinat füttern. Es<br />

ist schon beeindruckend, was für eine Reichweite <strong>und</strong> Geschwindigkeit die Schildkrö-<br />

ten erreichen können, wenn sie etwas fressen wollen. Einiger der Schildkröten sind<br />

fast 200 Jahre alt. Sie wurden bei der Besiedlung der Insel mit gebracht.<br />

Schluss endlich ging es zurück zu Festland nach Stonetown. Mit dem Bus ging es<br />

dann zurück zu den Bungalows, wo die letzten Sonnenstrahlen noch einmal zu ei-<br />

nem Bad einluden.<br />

Zum Abendbrot gab es einen Riesenschreck. Die Tür zu einem der Bungalows ließ<br />

sich nicht mehr öffnen. Der Schnapper hatte sich verklemmt <strong>und</strong> ließ sich durch den<br />

Schlüssel nicht mehr zurück ziehen. Die entsprechende Gruppe kam weder an ihre<br />

Sachen noch an irgendwelche anderen Dinge. Zuerst wurde lapidar vorgeschlagen,<br />

am Strand zu übernachten. Das kam aber, verständlicherweise, gar nicht gut bei den<br />

Betroffenen an. Viele haben versucht die Tür zu öffnen, genutzt hat es wenig. Die<br />

47


Mitarbeiter waren der Meinung, die Tür müsse eingetreten oder aufgebrochen wer-<br />

den, wollten das vorher aber mit ihrem Chef absprechen. Der Chef jedoch war gera-<br />

de in einem anderen Hotel <strong>und</strong> schwer zu erreichen. Somit blieb das Problem vorerst<br />

bestehen. Irgendwann kam dann Christina dazu. Sie meinte, wenn sie jetzt Jesus<br />

wäre, würde sie sagen, dass die Tür sich öffnen solle. Und tatsächlich gab es eine<br />

„göttliche Intervention“, da sich die Tür 5 Minuten später öffnen ließ. Ein Massai hatte<br />

die Tür mit einer Machete aufgehebelt <strong>und</strong> dann den Schnapper zurückgeschoben.<br />

Danmit ließ sich die Tür dann wieder öffnen. Die Gruppe war überglücklich endlich<br />

wieder in ihren Bungalow zu können.<br />

Wir lernten die Bedeutung der Lebensart „Hakuna Matata“. Es bedeutet so viel wie<br />

„Kein Problem“ oder auch „keine Sorge.“ Es kann aber auch <strong>im</strong> übertragenen Sinne<br />

als Antwort auf ein Missgeschick à la „You are welcome“ genutzt werden. Praktisch<br />

äußert sich dieses Lebensgefühl in einer unermesslichen Ruhe, die auf gestresste<br />

Deutsche, die mit der Zeit leben schon fast nervend wirkt. Wir werden dieses Prinzip<br />

hier aber nicht ändern. Die Lösung liegt eher in der Anpassung. Das Frühstück wird<br />

eine halbe St<strong>und</strong>e eher bestellt <strong>und</strong> der Terminkalender nicht allzu eng gelegt. So<br />

bleibt genug Zeit die Termine zu absolvieren, ohne dass der Zeitplan gleich aus den<br />

Fugen gerät.<br />

4.10.2009<br />

Der letzte Tag ist angebrochen. Heute stand wieder ein<br />

Gottesdienst auf dem Programm. Nach einem kurzen<br />

Frühstück ging es mit dem Bus nach Stonetown in die<br />

christliche Gemeinde. Schon die Kirche ist sehenswert.<br />

Sie besteht aus einem Dach, das auf 12 Säulen steht.<br />

Die Säulen sollen die<br />

12 Apostel repräsentieren, die das Dach<br />

der Kirche halten. Zwischen den Säulen stehen freistehende<br />

Mauerteile. Es sieht sehr schön aus. In der Kirche stehen viele<br />

Bänke. Der Altarraum ist vom Rest der Kirche getrennt. Das ist<br />

wohl noch ein Überbleibsel aus der Zeit des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Ruben Schlutter<br />

48


Der Gottesdienst an sich wurde wieder auf Swahili<br />

gehalten. Wir haben wieder nicht viel verstanden. Das<br />

Vater Unser <strong>und</strong> das Glaubensbekenntnis wurden wie-<br />

der erkannt. Die Predigt war wieder sehr emotional. Der<br />

Evangelist bezog seine Predigt sehr auf den Freiheits-<br />

drang der Inselgruppe. Dementsprechend viel das Wort<br />

„Freiheit“ auch sehr oft.<br />

Nach dem Gottesdienst ging es direkt in die Stadt. Wir<br />

haben uns auf dem Markt aussetzen lassen <strong>und</strong> ge-<br />

nossen eine kurze Stadtführung mit Elias. Er führte uns<br />

durch den Fischmarkt. Hier lagen lauter tote Fische.<br />

Teilweise waren sie aufgeschnitten. Es lagen auch Wir-<br />

bellose Tiere, wie Oktopusse <strong>und</strong> Seesterne. Manch-<br />

mal ist es einfach besser nicht zu wissen, wo das Es-<br />

sen herkommt.<br />

Weiter ging es zum ehemaligen Sklavenmarkt. Hier<br />

haben die Araber Sklaven verkauft. Es gibt drei Wege,<br />

wie man Sklave<br />

werden kann. Erstens durch List, in<br />

dem ein Scheich oder Sultan einem Stammeshäuptling<br />

Geschenke bringt <strong>und</strong> dieser<br />

Volksleute auswählt,<br />

denen ein besseres Leben versprochen wird.<br />

Zweitens kann ein Dorf gestürmt wer-<br />

den, falls der Stammeshäuptling sich weigert seine eigenen Leute auszuliefern. Drit-<br />

tens<br />

verbündeten sich die Araber mit starken Stämmen <strong>und</strong> ließen schwächere<br />

Stämme angreifen. Die Flüchtlinge wurden dann gefangen.<br />

Anschließend wurden die<br />

Flüchtlinge nach langen Märschen über Bagamoyo oder Daressalam nach Sansibar<br />

verschifft. Dort wurden 75 Frauen oder 50 Männer in einen<br />

20 qm großen Raum ge-<br />

pfercht <strong>und</strong> dort 2-3 Tage lang gefangen gehalten. Die<br />

Hälfte der zukünftigen Skla-<br />

ven überlebte diese Tortur nicht. Der Rest wurde auf dem<br />

Sklavenmarkt angeboten.<br />

Sie wurden ausgepeitscht. Wenn die Menschen dann anfingen zu schreien,<br />

sank der<br />

Preis. Problematisch wurden sehr bald die Entvölkerung des Hinterlandes<br />

der afrika-<br />

nischen Küste, das Auseinanderreißen der Familien <strong>und</strong> die Verbreitung<br />

von Seu-<br />

chen <strong>und</strong> Krankheiten, wenn die Sklaven in den engen Räumen<br />

den.<br />

eingepfercht wur-<br />

Weiter ging es in den anglikanischen Dom. Er wurde von den Briten zu Beginn des<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts gebaut. Bis heute werden dort anglikanische Gottesdienste gehal-<br />

49


ten. Der heutige Altar steht genau an der Stelle, an der früher<br />

auch Sklaven angebo-<br />

ten wurden.<br />

Nach dem Besuch des Sklavenmarktes ging es zurück auf den Markt, wo Gewürze,<br />

Obst <strong>und</strong> andere Souvenirs gekauft werden konnten. Es wurde sehr deutlich, wie die<br />

Preise für Touristen angehoben werden. Die Gewürze auf<br />

der Gewürztour waren sa-<br />

ge <strong>und</strong> schreibe 5x teurer als auf dem Markt.<br />

Weiter ging es in verschiedene<br />

Cafés <strong>und</strong> weitere Souvenirshops. Es fand ein regel-<br />

rechtes Powershopping statt. Es wurde viel gefeilscht <strong>und</strong> gehandelt.<br />

Treffpunkt für die Rückreise<br />

mit dem Bus war das<br />

„House of Wonders“. Dieses<br />

Haus war das erste in<br />

ganz Ostafrika, das elektrischen<br />

Strom hatte. Es muss<br />

schon faszinierend, ein W<strong>und</strong>er<br />

eben, gewesen sein,<br />

wenn man die Auswirkungen<br />

von Strom zum ersten<br />

Mal sieht.<br />

Eine kleine Gruppe<br />

hat sich heute ab gespaltet <strong>und</strong> ist in der Bungalowsiedlung<br />

geblieben. Es wurde ein neuer Anlauf unternommen zu schnorcheln.<br />

Es war wesent-<br />

lich erfolgreicher. Das Boot steuerte eine Lagune an. Dort<br />

gab es keine Strömung<br />

<strong>und</strong> kristallklares Wasser. Die Korallen ragten so dicht an die Wasseroberfläche her-<br />

an, dass man aufpassen musste, sich nicht zu<br />

verletzen. So wurde der Schnorchelausflug<br />

heute ein voller Erfolg. Im Anschluss wurde<br />

noch eine kurze Radtour unternommen den<br />

Strand entlang in die blaue Lagune.<br />

Nachdem die Gruppe wieder vereint war, gab es ein abschließendes Baden <strong>im</strong> indi-<br />

schen Ozean, bevor die Sonne am Horizont verschwand.<br />

Abends gab es dann einen abschließenden Gottesdienst. Die Reise wurde zusam-<br />

mengefasst, die Hoch- <strong>und</strong> Tiefpunkte Zusammenkunft genossen. Es wurde viel ge-<br />

sungen. Wir hatten unseren Spaß.<br />

Schlussendlich waren wir nun unweigerlich am letzten Abschnitt unserer Reise ange-<br />

kommen. Erste Vorboten äußern sich <strong>im</strong> Packen. Morgen ist dann zum letzten Mal<br />

frühes Aufstehen, um rechtzeitig mit gepackten Koffern am Flughafen von Sansibar<br />

anzukommen.<br />

Ruben Schlutter<br />

50


5.10.2009<br />

Ein neuer Tag beginnt mit dem Vorabend, so sehen das jedenfalls jüdische Men-<br />

schen. Von daher beginnt unser<br />

Rückreisetag mit einer langen Nacht am Strand bei<br />

leuchtendem Vollmond über dem<br />

indischen Ozean. Das Lagerfeuer brennt, entzün-<br />

det von einem jungen Maasai.<br />

Im Gespräch mit einem Gruppenmitglied erzählt er<br />

vieles von sich <strong>und</strong> seiner Kultur <strong>und</strong> er fragt nach unserem Leben in Deutschland,<br />

auch wie viel eine Kuh bei uns kostet. Wir wissen es nicht wirklich. Da besteht Infor-<br />

mationsbedarf.<br />

Es ist die letzte Nacht in Tansania, die letzte Nacht auf Sansibar am Strand mit Süd-<br />

seeflair. Es fällt schwer ins Bett zu gehen. Und doch, bevor es hell wird, stehen wir<br />

schon wieder auf.<br />

Der Bus ist um halb sechs da. Das Gepäck wird nach<br />

<strong>und</strong> nach eingeladen. Ein letz-<br />

tes Frühstück oder anders gesagt: "Ein letztes mal<br />

Obst bevor es nur noch Bratäpfel<br />

gibt." Bleibt noch, sich vom Meer zu verabschieden<br />

<strong>und</strong> dann den Bus zu besteigen.<br />

Kaum sind wir losgefahren, geht die Sonne farbenprächtig in rot <strong>und</strong> orange <strong>und</strong> in<br />

beeindruckender Größe auf.<br />

Dieser Postkartensonnenaufgang führt dann in unseren Fachkreisen<br />

zu Vorträgen<br />

über die optische <strong>und</strong> physische Größe der Sonne, über Erdachsen <strong>und</strong> Umlaufbah-<br />

nen. Ein frühes Bildungsprogramm endet mit dem Satz: „Verwirre meine Meinung<br />

nicht mit Fakten!“<br />

Wir überholen ein offenes Dalladalla, völlig überfüllt, auch auf den Trittbretter stehen<br />

Trauben von Menschen, kein Quadratzent<strong>im</strong>eter ist mehr frei. Sicherheitsgurte un-<br />

denkbar. Ein letztes Mal fahren wir die lange Strecke Richtung Stonetown. Durch den<br />

Wald, heute zeigt<br />

sich nur ein Affe. Vorbei an Ständen mit den Früchten Sansibars,<br />

an Menschen, die unterwegs sind <strong>und</strong> an Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen, die in Schul-<br />

kleidung, die Mädchen mit Schleier,<br />

in großer Zahl auf dem Weg zur Schule sind. Wir<br />

fahren an den beiden Friedhöfen vorbei,<br />

links der islamische, rechts der christliche<br />

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<strong>und</strong> passieren die Müllfläche mit qualmenden <strong>und</strong> stinkenden<br />

Feuern. Dann wieder der große, bunte <strong>und</strong> geschäftige Markt.<br />

Zwei St<strong>und</strong>en vor Abflug sind wir am Flughafen. Das Einchecken<br />

wird zur Geduldsprobe. Es dauert <strong>und</strong> dauert. Die Bordkarten<br />

werden per Hand erstellt, Listen müssen nach den Namen durchforstet werden. Das<br />

Gepäck wird gewogen. Jenseits der Waage wird es abgestellt <strong>und</strong> muss dann von<br />

den<br />

Besitzern selbst zur Sicherheitskontrolle gebracht werden. Weitere Stationen<br />

folgen, die Flughafensteuer muss bezahlt werden, es geht weiter zur Passkontrolle,<br />

dann<br />

zur weiteren Sicherheitskontrolle. Kurz bevor der Flieger startet, sind wir durch<br />

alle Kontrollen. Es bleibt nur noch Zeit, Wasser, Nüsse <strong>und</strong> Marmelade für die letzten<br />

Schillinge zu kaufen. Dann geht es zu Fuß übers Rollfeld. Es ist schon sehr warm, es<br />

wird sicherlich ein heißer Tag. In Deutschland erwarten uns Regen <strong>und</strong> 13 Grad.<br />

Achteinhalb St<strong>und</strong>en Flug liegen vor uns. Wir<br />

fliegen am Kil<strong>im</strong>anjaro vorbei <strong>und</strong> haben ei-<br />

nen letzten w<strong>und</strong>erbaren Blick von oben.<br />

Noch einmal Bilder vom Dach Afrikas! Dann<br />

die Sahara, der Sand <strong>und</strong> all die Gebilde,<br />

Berge <strong>und</strong> Schluchten <strong>im</strong> Sand scheinen un-<br />

endlich. Es ist genug Zeit, um die Bilder der<br />

Reise anzusehen. Mit den Fotos wird deutlich,<br />

wir haben in diesen 12 Tagen unterschiedlichste Welten erlebt. Angefangen <strong>im</strong> Nor-<br />

den Tansanias mit beindruckender Natur, Tieren <strong>und</strong> nicht zuletzt dem Mount Meru<br />

<strong>und</strong> dem Kil<strong>im</strong>anjaro. Aber eben auch die Begegnungen mit den Menschen dort <strong>und</strong><br />

die erfahrene Gastfre<strong>und</strong>schaft.<br />

Die Fahrt nach Süden, vorbei an der großen Maasai-<br />

Steppe <strong>und</strong> den Usambarabergen. Wir haben soviel Schönes gesehen, aber auch<br />

bedrückende Armut <strong>und</strong> Verwahrlosung. Daressalam, die aus den Nähten platzende<br />

Stadt mit einem Verkehrs- <strong>und</strong> Infrastrukturproblem, wie es viele Städte in Afrika,<br />

Asien <strong>und</strong> Südamerika<br />

haben. Länder, in denen es eine Flucht vom Land in die Stadt<br />

gibt, in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen <strong>und</strong> Arbeit. Und dann Sansi-<br />

bar mit der arabisch geprägten Kultur, die Spuren der Sklavenmärkte <strong>und</strong> dann wie-<br />

der Strandleben.<br />

Wir landen früher als angesetzt in Frankfurt. Der deutsche Herbst mit Regen hat uns<br />

wieder. Das Gepäck lässt auf sich warten. Zeit sich zu verabschieden. In alle H<strong>im</strong>-<br />

melsrichtungen geht es davon mit der Hoffnung oder dem Versprechen, sich wieder<br />

zutreffen oder auch <strong>im</strong> E-Mailkontakt zu bleiben.<br />

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Verb<strong>und</strong>en bleiben wir durch die Begegnungen in Tansania, die gemeinsamen<br />

Erfah-<br />

rungen, die gemeinsame Zeit, die Erinnerungen. Diese Reise wird<br />

ihre Spuren hinter-<br />

lassen bei jeder <strong>und</strong> jedem von uns. Und die Hoffnung ist, dass mit<br />

dieser Reise das<br />

Verständnis füreinander, auch das Fremdsein <strong>und</strong> -bleiben, nicht nur in Tansania,<br />

sondern auch in der eigenen Gruppe <strong>und</strong> der Respekt voreinander vermehrt wurde.<br />

Asante sana Tansania!<br />

Karibu Ujermani!<br />

Johanna Wittmann<br />

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