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Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Juniorprofessur für Corporate Social Responsibility<br />

Unternehmensethik<br />

HWS 2009/10


CSR@Uni Mannheim<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

http://csr.uni-mannheim.de<br />

2


Syllabus<br />

09.10. Einführung<br />

16.10. Wirtschaft & Ethik: Vertiefung & Illustrationen<br />

23.10. Das Entfremdungsproblem & Fallstudien (u.a. Ford Pinto)<br />

30.10. Die moralische Qualität der Marktwirtschaft<br />

06.11. Corporate Social Responsibility<br />

20.11. Fallstudie „Enron“<br />

27.11. Klausurtraining<br />

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3


Ziele der Veranstaltung<br />

Am Ende der Veranstaltung sollten Sie<br />

� die Bedeutung von Anreizen &,<br />

� die Logik von Spielregeln (Institutionen) verstanden haben,<br />

� differenziert zu Marktwirtschaft und deren moralische Qualität<br />

Stellung nehmen können,<br />

� wissen, um was es bei CSR (nicht) geht,<br />

� sich an Diskursen über Moral in der Wirtschaft beteiligen<br />

können,<br />

� unternehmerische Aktivitäten differenziert bewerten können,<br />

� (tieferliegende) Zusammenhänge verstehen,<br />

� in der Lage sein, (kritische) Fragen zu stellen!<br />

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Reflexionsfähigkeit<br />

4


Literatur I<br />

Basisliteratur (BL)<br />

� M. Friedman 1970: The Social Responsibility Of Business Is to<br />

Increase Its Profits; in: The New York Times Magazine, 13.<br />

September 1970, S. 32-33, S. 122-126.<br />

� S. Ghoshal 2005: Bad Management Theories Are Destroying Good<br />

Management Practices; in: Academy of Management Learning and<br />

Education, 4 (1), p. 75-91.<br />

� N. Lin-Hi, A. Suchanek 2009: Eine wirtschaftsethische<br />

Kommentierung der Finanzkrise; in: Forum Wirtschaftsethik, 17. Jg.,<br />

Nr. 1, S. 20-27.<br />

� A. Suchanek 2007: Ökonomische Ethik, 2. Auflage, Tübingen.<br />

� A. Suchanek, N. Lin-Hi 2008: Die gesellschaftliche Verantwortung<br />

von Unternehmen in der Marktwirtschaft, in: L. Heidbrink, A. Hirsch<br />

(Hrsg.): Verantwortung als marktwirtschaftliches Prinzip. Zum<br />

Verhältnis von Moral und Ökonomie, Frankfurt am Main, S. 69-96.<br />

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5


Literatur II<br />

Zur Vertiefung (ZV)<br />

� A.B. Carroll 1991: The Pyramid of Corporate Social Responsibility:<br />

Toward the Moral Management of Organizational Stakeholders; in:<br />

Business Horizons, 34 (4), S. 39-48.<br />

� G. Hardin 1968: The Tragedy of the Commons; in: Science, 162<br />

(3859), p. 1243-1248.<br />

� F.A. v. Hayek 1976: Law, Legislation and Liberty; Vol. 3: The Mirage<br />

of Social Justice; Chicago.<br />

� K. Homann, A. Suchanek 2005: Ökonomik. Eine Einführung, 2.<br />

Aufl.; Tübingen.<br />

� N. Lin-Hi 2009: Eine Theorie der Unternehmensverantwortung;<br />

Berlin.<br />

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6


Klausuranforderungen<br />

Differenzierte Stellungnahme zu einem Sachverhalt<br />

� Nachweis, dass grundlegende Zusammenhänge verstanden wurden<br />

� Strukturierungsleistung<br />

� Chancen, Herausforderungen & Probleme erkennen<br />

� Güte der Argumentation ist entscheidend<br />

� Keine Abfrage von Detailwissen<br />

� Klausurstellung in deutsch und englisch<br />

� Prüfungstermin: 15.12.2009<br />

Klausurtraining am 27.11.2009<br />

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7


Organisatorisches<br />

Homepage: http://lin-hi.bwl.uni-mannheim.de<br />

� Skript ( bis Donnerstagmittag vor der Veranstaltung verfügbar)<br />

� Veranstaltungstermine<br />

Literatur:<br />

� Studierendenportal � E-Learning<br />

Tutorin für Austauschstudierende: Larisa Topalo<br />

� Kontakt per Mail: lta6@sfu.ca<br />

� Tutorien (englisch): 14.30-16.00 Uhr, O 048-050<br />

� 27.10.<br />

� 03.11.<br />

� 10.11<br />

� 17.11<br />

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8


Sonstiges<br />

Orientierungspunkte<br />

� Zentrale Botschaften<br />

� einfach und prägnant formuliert<br />

Literaturhinweise<br />

BL: Basisliteratur<br />

ZV: Zur Vertiefung<br />

�<br />

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OP<br />

(Kritische) Fragen?<br />

Jederzeit und gerne!<br />

9


Moral und Eigeninteresse<br />

�<br />

Eigeninteresse<br />

(Gewinn, Wettbewerbsvorteile,<br />

Kundengewinnung etc.)<br />

�<br />

OP<br />

�<br />

Moral und Eigeninteresse sind miteinander in Einklang zu<br />

bringen bzw. füreinander fruchtbar zu machen<br />

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Die gesellschaftliche<br />

Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil<br />

Moral<br />

(Nachhaltigkeit, Solidarität etc.)<br />

10


„St. Martin-Symptom“<br />

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11


Philosophischer Exkurs<br />

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Immanuel Kant (1724-1804)<br />

„Es ist überall nichts in der Welt, ja<br />

überhaupt auch außer derselben zu<br />

denken möglich, was ohne<br />

Einschränkung für gut könnte<br />

gehalten werden, als allein ein<br />

GUTER WILLE.“<br />

(aus: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten,<br />

Beginn 1. Abschnitt)<br />

� Nach Kant verliert eine Handlung ihren moralischen Wert, wenn Sie<br />

nicht aus sich heraus, sondern aus Eigeninteresse motiviert ist.<br />

� Implikation: „Moral muss weh tun!“ (insbesondere im deutschsprachigen<br />

Raum ist diese Vorstellung weit verbreitet)<br />

12


Das menschliche Wesen<br />

Jeder Mensch ist ein moralisches Subjekt, zur Freiheit und mit Würde<br />

begabt, und zugleich ein empirisches Wesen, das biologischen,<br />

psychologischen u.a. Bedingungen unterworfen ist.<br />

�<br />

Es verstößt konstitutiv gegen die Würde des Menschen, dauerhaft<br />

systematisch gegen sein Eigeninteresse handeln zu sollen!<br />

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Moral hat anreizkompatibel zu sein!<br />

OP<br />

13


Normativität in der modernen Gesellschaft<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

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� Frieden<br />

� Weltweite Verwirklichung der<br />

Menschenrechte<br />

� Medizinische Vollversorgung<br />

� Abschaffung von Armut, Hunger,<br />

Kindersterblichkeit…<br />

� (Soziale) Gerechtigkeit<br />

� Nachhaltigkeit<br />

� …<br />

Ein gemeinsames Interesse sichert nicht bereits dessen<br />

Realisierung! (� Logik des kollektiven Handelns)<br />

BL: Suchanek 2007, S. 42-46.<br />

14


Normativität in der modernen Gesellschaft<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

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� Naturgesetze<br />

� Begrenzte Ressourcen<br />

� Stand der Technik<br />

� Budgetrestriktionen<br />

� Wettbewerbsbedingungen<br />

� Das Verhalten der Anderen<br />

� Institutionen (rechtliche, soziale,<br />

kulturelle, moralische Normen)<br />

� …<br />

„Wir streben nach dem Besten, was wir innerhalb der Grenzen der<br />

Wirklichkeit erreichen können.“ (Rawls)<br />

15


Normativität in der modernen Gesellschaft<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Die Herleitung ethischer Urteile und<br />

Forderungen setzt die Integration von<br />

(1) moralischen Idealen und (2)<br />

empirischen Bedingungen voraus!<br />

CSR kann nicht losgelöst von den gesellschaftlichen und<br />

wirtschaftlichen Restriktionen bestimmt werden!<br />

16


Beispiel Kinderarbeit<br />

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Kinderarbeit<br />

� Definition laut ILO (Internationale<br />

Arbeitsorganisation): Kinder unter<br />

14 Jahre<br />

� Derzeit arbeiten ca. 200 Mio.<br />

Kinder weltweit (Unicef)<br />

Institutionelle Standards<br />

� SA 8000<br />

� Global Compact<br />

� BSCI<br />

Wie ist Kinderarbeit zu bewerten?<br />

17


Beispiel „redlining“<br />

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Redlining<br />

� Urspr. Klassifizierung von<br />

Risikogruppen entlang Regiooder<br />

Geodaten<br />

� Später Synonym für<br />

Diskriminierung aufgrund von<br />

Merkmalen wie Geschlecht<br />

oder Abstammung<br />

Anmerkung:<br />

Heutige Kreditscorings basieren auf<br />

mathematisch-statistischen Risiko-<br />

einstufungen über Merkmale (etwa Alter,<br />

Wohnort, Beruf, Höhe des Einkommens,<br />

Familienstand, Zahl der Kinder, Häufigkeit<br />

der Umzüge, Kontoumsätze etc.).<br />

18


The American Dream<br />

� Normatives Ideal: Eigenheim für jeden Bürger<br />

� Umsetzung: Etablierung entsprechender Anreiz-strukturen<br />

� Unzureichende Berücksichtigung von Folgewirkungen (Gestaltung von<br />

zukünfti-gen Bedingungen)<br />

� Treiber der Finanzkrise<br />

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19


Normativistischer Fehlschluss<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

�<br />

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Normativistischer<br />

Fehlschluss:<br />

Vernachlässigung<br />

relevanter empirischer<br />

Bedingungen bei der<br />

Herleitung ethischer Urteile<br />

und Forderungen<br />

Wichtig: Interaktionsbedingungen beachten!<br />

20


In der IHK Wetzlar<br />

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21


Dilemmastruktur<br />

Wirtschafts- und Unternehmensethik befasst sich mit der Frage, wie die<br />

gesellschaftliche Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil unter den<br />

jeweils gegebenen empirischen Bedingungen verbessert werden kann<br />

bzw. was eine bessere Zusammenarbeit verhindert.<br />

Das zentrale Konzept zur<br />

Analyse der Hindernisse<br />

gelingender gesellschaftlicher<br />

Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil ist das der<br />

Dilemmastrukturen.<br />

BL: Suchanek 2007, S. 52-70.<br />

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Dilemmastruktur:<br />

Interaktionssituation, in der Infor-<br />

mations- und Anreizprobleme eine<br />

gesellschaftliche Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil verhindern<br />

(können).<br />

22


Interaktionsbedingungen<br />

Spieler A<br />

�<br />

Kooperation<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

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I<br />

III<br />

Kooperation<br />

3 , 3<br />

4 , 1<br />

Spieler B<br />

II<br />

IV<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

1 , 4<br />

2 , 2<br />

Fehlende Anreize für Kooperation bzw. Nicht-<br />

Kooperation als dominante Strategie<br />

23


Interaktionsbedingungen<br />

Spieler A<br />

�<br />

Kooperation<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

I<br />

III<br />

Kooperation<br />

3 , 3<br />

4 , 1<br />

Spieler B<br />

II<br />

IV<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

1 , 4<br />

2 , 2<br />

Kollektive Selbstschädigung (beachte: Kooperation kann<br />

nicht per normativen Appellen eingefordert werden)<br />

24


Beispiele im Alltag?<br />

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25


Institutionelle Koordination<br />

Spieler A<br />

�<br />

Kooperation<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

I<br />

III<br />

Kooperation<br />

3 , 3<br />

4-2 , 1<br />

Spieler B<br />

II<br />

IV<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

1 , 4-2<br />

2-2 , 2-2<br />

Institution sanktioniert niedrige Standards mit – 2.<br />

Folge: Kooperation wird anreizkompatibel<br />

26


Institutionen<br />

� Definition:<br />

anreizbewehrte, dauerhafte,<br />

gestaltbare Regeln zur<br />

Koordination individueller<br />

Handlungen.<br />

� Funktion:<br />

Ermöglichung einer<br />

hinreichenden Berechenbarkeit<br />

wechselseitiger Verhaltens-<br />

erwartungen<br />

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Beispiele:<br />

� Verfassung<br />

� BGB, StGB, HGB usw.<br />

� Eigentumsordnung<br />

� Straßenverkehrsordnung<br />

� DIN- bzw. ISO-Normen<br />

� Soziale bzw. kulturelle<br />

Normen<br />

� …<br />

Institutionen haben moralische Qualität, sofern sie<br />

Investitionen in die Bedingungen der gesellschaftlichen<br />

Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil fördern.<br />

Verträge<br />

(Wechselseitige<br />

Selbstbeschränkungen)<br />

27


Zur Relevanz von Institutionen<br />

�<br />

Kein Akteur hat vollständige Kontrolle über (von ihm) erwünschte<br />

soziale Ergebnisse/Zustände.<br />

Jede Interaktion ist durch gemeinsame und konfligierende<br />

Interessen geprägt.<br />

Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil ist nur gemeinsam<br />

realisierbar � Idee der bedingten Zusammenarbeit („Ich bin bereit,<br />

vorausgesetzt, dass auch die anderen bereit sind.“)<br />

Institution forcieren gesellschaftlich erwünschte<br />

Handlungen und fördern moralisches Verhalten<br />

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28


Bedingungen für funktionsfähige Institutionen<br />

� Die Geltung der Institutionen muss gewährleistet sein:<br />

� Die Institutionen müssen für alle gelten („Herrschaft des Gesetzes“)<br />

� (Interne oder externe) Sanktionen müssen hoch genug sein, um Nicht-<br />

Kooperation unattraktiv zu machen.<br />

� Aufdeckung von Nicht-Kooperation und Durchführung der<br />

Sanktionierung muss hinreichend glaubwürdig sein.<br />

� Die Institutionen müssen über die Zeit stabil sein bzw. Änderungen<br />

sollten berechenbar erfolgen.<br />

� Die Kosten der Etablierung und Durchsetzung dürfen nicht zu hoch<br />

sein.<br />

� Verschiedene Institutionen müssen miteinander hinreichend<br />

verträglich/konsistent sein.<br />

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29


Fallstudie Fischerei<br />

� In Kanada ist die jahrzehntelang florierende Dorschfischerei mit 30.000<br />

Arbeitsplätzen durch Überfischung der Bestände 1990 vollständig<br />

zusammengebrochen.<br />

� Im Nordost-Atlantik sind 40 von 60 Beständen von Speisefischen wie<br />

Kabeljau, Seehecht oder Seezunge stark überfischt. Die EU-Fischereiflotte ist<br />

um über 40 % zu groß. Gleichzeitig subventioniert (noch) die EU die<br />

Fischereiflotte jährlich mit 1,4 Milliarden Euro, wovon ein großer Teil in die<br />

Vergrößerung der Flotten statt in deren Abbau investiert wird.<br />

� Nach einer Studie des WWF stehen einige Fischpopulationen des Mittelmeers<br />

vor dem Aussterben. Für eine tragfähige Fischerei müsste die Flotte auf ein<br />

Drittel reduziert werden.<br />

� Lokale Fischer Senegals und anderer Länder leiden zunehmend unter<br />

Fischereiflotten europäischer Länder, die in die betreffenden Gewässer<br />

ausweichen.<br />

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30


Fallstudie Fischerei<br />

Annahmen:<br />

1. Drei Fischer fischen gleichzeitig.<br />

2. Die Gesamtkosten einer Ausfahrt betragen 3 Einheiten; Gewinn<br />

entsteht daher mit einem Fangergebnis über 3 Einheiten.<br />

3. Ein Schiff kann bei einer Ausfahrt höchstens 5 Einheiten fischen.<br />

4. Die Fische vermehren sich jährlich um 10 Prozent bis zu einem<br />

Höchstwert von 100 Einheiten.<br />

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31


Fallstudie Fischerei<br />

Jahr Ende+10% Meer F1 F2 F3 Ende<br />

1 100<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

…<br />

Nachhaltiger Pfad:<br />

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32


Fallstudie Fischerei: Einsichten<br />

� Das Gewinnstreben des Einzelnen kann gesellschaftlich<br />

unerwünschte Folgen haben.<br />

� Dieses Gewinnstreben wird durch den Wettbewerb verstärkt<br />

(beachte: Wettbewerb lässt sich – geeignete Institutionen vorausgesetzt - in<br />

den Dienst gesellschaftlicher Interessen stellen).<br />

� Die „Tragik der Allmende“ ist durch Appelle an den einzelnen nicht<br />

lösbar („Conscience is self-eliminating“; G. Hardin), denn dessen<br />

Zurückhaltung erhöht den Anreiz für andere, maximale Quoten zu<br />

fischen.<br />

� Nötig sind vielmehr anreizkompatible Spielregeln (Institutionen),<br />

z.B. Privateigentum.<br />

BL: Harding 1968<br />

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33


Institutionelle Koordination<br />

Institutionen sind die Voraussetzung für gesellschaftlich<br />

erwünschte Handlungen, bedingen diese aber noch nicht!<br />

Unvollständigkeit/Offenheit von Regeln<br />

� Komplexität<br />

� Kontingenz der Zukunft<br />

� Freiheitseröffnung<br />

Kontrollierte Schließung von<br />

kollektiv problematischen<br />

Handlungsspielräumen<br />

Systematische Eröffnung von<br />

gesellschaftlicher Freiheit<br />

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Beispiel: Straßenverkehrsordnung<br />

34


Institutionelle Freiheit<br />

Der primäre Sinn von Institutionen ist nicht die Beschränkung,<br />

sondern die Eröffnung von Freiheit bzw. nicht die Realisierung<br />

sozialer Zustände, sondern die erfolgreiche Koordination<br />

individueller Handlungen freier Subjekte<br />

Beispiel Privateigentum<br />

� Eigentümer ist – innerhalb der gesetzlichen Schranken – frei im<br />

Umgang mit diesem<br />

� Eigentumsrechte umfassen die Entscheidungsgewalt über den<br />

Umgang mit Dingen im Hinblick auf<br />

� Nutzung<br />

� Ver- und Abänderung<br />

� Übertragung<br />

� Ausschluss von Dritten vom Umgang<br />

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35


Zusammenhänge<br />

�<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Normativität liegt auf verschiedenen Ebenen<br />

Spielverständnis<br />

Spielregeln<br />

Spielzüge<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

OP<br />

36


Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Juniorprofessur für Corporate Social Responsibility<br />

Unternehmensethik<br />

HWS 2009/10


Moral und Eigeninteresse<br />

�<br />

Eigeninteresse<br />

(Gewinn, Wettbewerbsvorteile,<br />

Kundengewinnung etc.)<br />

�<br />

�<br />

Moral und Eigeninteresse sind miteinander in Einklang zu<br />

bringen bzw. füreinander fruchtbar zu machen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Die gesellschaftliche<br />

Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil<br />

Moral<br />

(Nachhaltigkeit, Solidarität etc.)<br />

2


Rekapitulation<br />

� Moral und Eigeninteresse sind simultan zur Geltung zu bringen<br />

� Nicht die Gesinnung der Akteure ist das Problem, sondern die Logik<br />

der Situation (Spiel „Gemeinschaftsprojekt“)<br />

� Bedeutung institutioneller Koordination (gute Spielregeln sind<br />

Voraussetzung, um Ethik zur Geltung bringen zu können)<br />

� Moral hat anreizkompatibel zu sein (Problem der Ausbeutbarkeit<br />

moralischer Vorleistungen)<br />

� Normative Ideale sind mit empirischen Bedingungen in Einklang zu<br />

bringen (Frage nach den relevanten Alternativen)<br />

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3


Wette auf den Tod<br />

� Ende der 1980er Jahre entwickelten Finanzmakler folgendes<br />

Geschäft: Sie boten Aids-Kranken an, ihre Lebensversicherungspolicen<br />

abzukaufen.<br />

� Die Rendite dieses Geschäfts ist umso höher, je rascher der Kranke<br />

stirbt. Man sprach deshalb auch von „Wetten auf den Tod“.<br />

� Der Markt mit Aids-Policen brach 1996 weitgehend zusammen,<br />

nachdem lebensverlängernde Therapien auf den Markt kamen (zu<br />

Beginn empfanden manche Investoren den Kauf von Medikamenten<br />

seitens der Kranken als eine Art Vertragsbruch).<br />

� Mittlerweile existiert ein allgemeiner „Second-hand-Markt“ („viatical<br />

settlements“) mit ähnlichen Produkten.<br />

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4


Wette auf den Tod<br />

� Verletzen solche Geschäfte („mit dem Tod“) gesellschaftliche<br />

Wertvorstellungen bzw. sind sie „moralisch verwerflich“?<br />

� Nutzen die Investoren die Not der Kranken in unangemessener<br />

Weise aus?<br />

� Untergraben derartige Kommerzialisierungsprozesse die Achtung<br />

vor der Würde des Menschen?<br />

� Ermöglichen solche Tauschchancen den Aids-Kranken ein<br />

„gelingenderes Leben“ und liegt darin eine Begründung für die<br />

ethische Aufwertung derartiger Geschäfte?<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

5


Wette auf den Tod<br />

� Tausch ist Ausdruck individueller Freiheit (Abwesenheit von Zwang).<br />

� Tausch ist eine Form der (gesellschaftlichen) Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil – und hat damit grundsätzlich sittliche Qualität.<br />

� Dies gilt solange, wie die Würde eines Tauschpartners oder die<br />

berechtigten Interessen Dritter nicht verletzt werden.<br />

� Manche moralisch sensiblen Tauschprozesse bedürfen der<br />

begleitenden ethischen Reflexion; anderenfalls droht ein<br />

Entfremdungsproblem.<br />

Ist es ethisch vertretbar, soziale Beziehungen auf ökonomische Größen<br />

zu reduzieren?<br />

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6


Reduktion vs. Reduktionismus<br />

� Jedes (!) Modell ist eine Reduzierung der Wirklichkeit<br />

� Die Reduzierung dient<br />

� der Handhabung von Komplexität<br />

� der Verfolgung von spezifischen Fragestellungen<br />

� der Erkenntnis von hochselektiven Einsichten<br />

Die Frage- bzw. Problemstellung definiert die Adäquanz eines Modells<br />

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7


Reduktion vs. Reduktionismus<br />

� Physiker: Masse der Astronauten<br />

� Chirurg: Erfolgreiche Operation<br />

� Hersteller von Impfstoffen: Anzahl der Impfdosen<br />

� Dirigent: Klang seines Orchesters<br />

� Professor: Argumente in der Klausur<br />

� Kaufmann: Zahlungsfähigkeit der Konsumenten Noten:<br />

� Noten: Definierte Lernanforderungen<br />

� Preise: Zahlungsbereitschaft<br />

Problemspezifische Reduktion<br />

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8


Reduktionismus<br />

Reduktionismus<br />

� Grenzen der Modelle werden nicht gesehen (� Ideologien)<br />

� Unzweckmäßige Anwendung<br />

� Unzweckmäßige Interpretation<br />

� Wissen über Modellierungen (d.h. auch über Reduktionen)<br />

� Reflektionsfähigkeit<br />

� (Moralische) Urteilskraft bei Interpretationen<br />

� Grenzen des Modells<br />

�<br />

Herausforderungen des „Wiedereintritts“<br />

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9


Unternehmensethik<br />

Unternehmensethik beschäftigt sich mit der Frage, welche<br />

Verantwortung Unternehmen haben und wie sie dieser nachkommen<br />

können.<br />

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Wirtschaftsethik<br />

(Frage nach der moralischen<br />

Qualität der Marktwirtschaft)<br />

Unternehmensethik<br />

Eine belastbare Antwort setzt hinrei-<br />

chende Kenntnisse über wirtschaftliche<br />

Zusammenhänge voraus<br />

10


Wirtschaft & Ethik<br />

Rendite<br />

Kundenpräferenzen<br />

Wettbewerbsvorteile<br />

Vorteile<br />

Preise<br />

Bilanzen<br />

Controlling<br />

Gewinn<br />

Eigenkapital<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Fairness<br />

Solidarität<br />

Gerechtigkeit<br />

Nächstenliebe<br />

Hilfsbereitschaft<br />

Zahlung/Nichtzahlung (Reduktion!) gut/böse (Reduktion!)<br />

Tugenden<br />

Würde<br />

Moral<br />

Mäßigung<br />

11


Wirtschaftsethische Implikationen?<br />

Moralisches Sollen<br />

� Entfesselte Wirtschaft in ihre Schranken weisen?<br />

� Hierarchisierung von Moral und Eigeninteresse?<br />

� Moralische Appelle?<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

12


Perspektive einer normativen Dominanz<br />

Primat der Moral*<br />

� Notwendigkeit der prinzipiellen Bereitschaft, auf Gewinne zu<br />

verzichten<br />

� Selbstbeschränkung liegt in einem Selbstzweck<br />

� Fokus auf das „vernünftige Wollen“<br />

Sachzwangcharakter des Marktes wird in Frage gestellt<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

* Zu finden etwa bei Peter Ulrich 2008: Integrative<br />

Wirtschaftsethik, 4. Aufl., Bern.<br />

13


Anmaßung des Sollens<br />

Trivialisierung empirischer Bedingungen<br />

� Unternehmen agieren unter Wettbewerbsbedingungen<br />

� Gewinnorientierung hat eine gesellschaftliche Funktion<br />

� Akteure sind nicht immer bereit, ihre Interessen zurückzustellen<br />

�<br />

�<br />

Empirische Bedingungen lassen sich nicht normativ<br />

transzendieren<br />

Bedingungen der modernen Gesellschaft werden<br />

unzureichend berücksichtigt<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

14


(Vor-)Moderne Gesellschaft<br />

Vormoderne Gesellschaft (Charakteristika)<br />

� Kleine Gruppe (Dorf-/Stammesgesellschaft)<br />

� Gemeinsamer Wertekanon<br />

� Lebenslange Gruppenzugehörigkeit<br />

� Höhere Instanz erzeugt Verbindlichkeit von Werten<br />

� Persönliche Beziehungen<br />

� Möglichkeit der sozialen Kontrolle<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Moderne Gesellschaft<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Veränderte Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens<br />

erfordern neue Formen von Abstimmungsprozessen<br />

X<br />

X<br />

X<br />

15


Moderne und vormoderne Gesellschaft<br />

Dimensionen /<br />

Gesellschaftsform<br />

Größe der Gruppe<br />

bzw. Reichweite<br />

der Kooperation<br />

Möglichkeiten /<br />

Freiheiten des<br />

Einzelnen<br />

Verständnis der<br />

„Spielregeln“ des<br />

Zusammenlebens<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

vormoderne Gesellschaft moderne Gesellschaft<br />

weitestgehend beschränkt auf<br />

kleine, überschaubare Gruppen<br />

(Sippe, Stamm, Polis, Zunft, Stand)<br />

stark eingeschränkt, i.d.R. fest<br />

eingebunden in vorgegebene soziale<br />

Beziehungen<br />

als gegeben angesehen, relativ<br />

einfach und (i.d.R. auf Grundlage<br />

religiöser Überzeugungen) für jeden<br />

unmittelbar einsichtig<br />

große, unüberschaubare bzw.<br />

anonyme Einheiten (Nation,<br />

Konföderationen wie EU,<br />

„Weltgesellschaft“)<br />

enorm erweitert, weitgehend freie<br />

(Aus-)Wahl von Beziehungen /<br />

individuellen Lebensplänen<br />

als „selbst gemacht“ und damit<br />

kontingent angesehen,<br />

hochkomplex und im Ganzen weder<br />

überschaubar noch unmittelbar<br />

einsichtig<br />

16


Individualisierung<br />

Definition:<br />

Individualisierung ist die<br />

„Herauslösung“ des Individuums<br />

aus festen, gewissermaßen qua<br />

Geburt definierten<br />

Sozialstrukturen (Familie, Sippe,<br />

Stände, Religion etc.)<br />

Wichtig: Individualisierung ≠<br />

Entsozialisierung<br />

�<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

� Zunahme individueller<br />

Möglichkeiten für eigene<br />

Lebenspläne / Lebensgestaltung<br />

� Verlust einer gemeinsamen<br />

„Konzeption des Guten“ (J. Rawls)<br />

� Kontingenz bzw. Wahlmöglichkeit<br />

in Bezug auf soziale Bindungen<br />

� aber auch: Zunahme der Zahl bzw.<br />

des Umfangs wechselseitiger<br />

Abhängigkeiten<br />

� „Freisetzung“ des Eigeninteresses<br />

Wechsel von der Fremd- zur Selbstbestimmung<br />

17


Funktionale Institutionalisierung<br />

Definition:<br />

Funktionale Institutionali-<br />

sierung ist die gezielte<br />

Gestaltung gesellschaftlicher<br />

Spielregeln (Institutionen) im<br />

Hinblick auf funktionale bzw.<br />

zweckrationale Aspekte<br />

�<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

� Versachlichung sozialer<br />

Interaktionen<br />

� Regeln werden bewusst als<br />

Menschenwerk anerkannt<br />

� Verlust an unmittelbarer<br />

Einsichtigkeit und Verbindlichkeit<br />

� „Entzauberung der Welt“ (Weber)<br />

� Problem der Entfremdung<br />

Von der wert- zur regelintegrierten Gesellschaft<br />

18


Werte in der modernen Gesellschaft<br />

� Menschen haben sich selbst die Spielregeln des Zusammenlebens<br />

zu geben<br />

� Begründung für Spielregeln ist im Wollen der Individuen zu suchen<br />

(und zu finden)<br />

� In der modernen wertepluralistischen Gesellschaft ist das Wollen<br />

systematisch aus den (Eigen-)Interessen der Gesellschaftsmitglieder<br />

abzuleiten<br />

� Die Begründung von Normativität ist im wohlverstandenen Eigeninteresse<br />

des Einzelnen zu suchen<br />

� Menschen müssen den (moralischen) Wert von Spielregeln<br />

erkennen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

19


Konfliktpotenzial<br />

Traditionelle Werte kommen<br />

bisweilen mit funktionalen<br />

Spielregeln in Konflikt<br />

Systematischer Vorrang von<br />

formalem Recht<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

20


Normativität in der modernen Gesellschaft<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Die Herleitung ethischer Urteile und<br />

Forderungen setzt die Integration von<br />

(1) moralischen Idealen und (2)<br />

empirischen Bedingungen voraus!<br />

21


Beispiel: Gute Arbeit<br />

Gute Arbeit ist ein<br />

gemeinsames Interesse aller<br />

Akteure (AN & AG)<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Worin liegt das Problem?<br />

1. Subjektive Erwartungen<br />

2. Restriktionen der<br />

Globalisierung<br />

.<br />

3. Gute Arbeit<br />

Gute Arbeit ist unter den Bedingungen der Globalisierung zur Geltung<br />

zu bringen. Entsprechend sind die Restriktionen der Globalisierung<br />

ernst zu nehmen!<br />

22


Globalisierung<br />

Allgemein<br />

� Weltweite Verflechtung von Interaktionen<br />

� Zunahme von Arbeitsteilung (� Anstieg an Abhängigkeiten)<br />

� Globale Wertschöpfung<br />

� Intensivierung von Wettbewerb<br />

� …<br />

Implikationen für die Arbeitswelt<br />

� Lebenslanges Lernen<br />

� Mobilitätsanforderungen<br />

� Flexibilität<br />

� …<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

23


Entfremdungsproblem<br />

„Gute Arbeit“ ist eine Frage<br />

� empirischer Bedingungen &<br />

� subjektiver Einstellungen, die von den subjektiven Werten, Wünschen<br />

und Interpretationen der empirischen Bedingungen abhängen.<br />

Empirische Bedingungen Subjektive Einstellungen<br />

Globalisierung<br />

� Zunahme des Wettbewerbs<br />

� Internationale Wertschöpfung<br />

� Digitalisierung<br />

� …<br />

Ökonomische<br />

Notwendigkeit<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Entfremdung<br />

Employability<br />

� Lebenslanges Lernen<br />

� Mobilität<br />

� Flexibilität<br />

� …<br />

Individuelle<br />

Zumutungen<br />

24


Der Mensch im Mittelpunkt<br />

HUMANKAPITAL<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Unwort des Jahres 2004<br />

„Humankapital degradiert nicht nur<br />

Arbeitskräfte in Betrieben, sondern<br />

Menschen überhaupt zu nur noch<br />

ökonomisch interessanten Größen.“<br />

Jeder Mensch ist ein moralisches Subjekt, zur Freiheit und mit Würde<br />

begabt, und zugleich ein empirisches Wesen, das biologischen,<br />

psychologischen u.a. Bedingungen unterworfen ist.<br />

Mensch als<br />

moralisches<br />

Subjekt<br />

Mensch als<br />

empirisches<br />

Wesen<br />

25


Eine Frage der Perspektive<br />

Arbeitnehmer Arbeitgeber<br />

� Einkommen<br />

� Sicherheit<br />

� Emotionales Gleichgewicht<br />

� Wertschätzung der Arbeit<br />

� Sinngehalt<br />

� …<br />

Gute Arbeit<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

� Verhältnis Kosten-Erträge<br />

� Produktivität<br />

� Innovationsbereitschaft<br />

� Fehlzeiten<br />

� Fluktuation<br />

� …<br />

� Beide Sichtweisen sind angemessen, aber eben nicht das Gleiche<br />

� Gute Arbeit wird unterschiedlich interpretiert<br />

26


Eine gemeinsame Basis<br />

� Der Wunsch nach guter Arbeit konstituiert ein ausgeprägtes<br />

gemeinsames Interesse<br />

� Aber: Gemeinsame Interessen gehen stets mit gegensätzlichen<br />

Interessen einher<br />

� Gerade deshalb sind die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und<br />

zu stärken<br />

Orientierungspunkt:<br />

Die Goldene Regel<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Investiere in die Bedingungen der<br />

gelingenden Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil!<br />

27


Investitionen<br />

Arbeitnehmer:<br />

Bereitstellung ihrer Arbeitskraft<br />

für den Prozess der<br />

Wertschöpfung<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Gute Arbeit<br />

(Voraussetzungen, Prozess,<br />

Ergebnisse)<br />

Vertrauen Verantwortung<br />

Respekt Fairness<br />

Arbeitgeber:<br />

Steuerung des<br />

Wertschöpfungsprozesses &<br />

angemessene Entlohnung<br />

28


Bedeutung des Dialogs<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

1. Subjektive Erwartungen<br />

2. Restriktionen der<br />

Globalisierung<br />

.<br />

3. Gute Arbeit<br />

Dialog ist die Voraussetzung, um Investitionen in die<br />

Bedingungen guter Arbeit zu ermöglichen<br />

� Investitionen in die Anpassung subjektiver Erwartungen an die<br />

Bedingungen der globalisierten Welt<br />

� Investitionen in „objektive“ Arbeitsbedingungen<br />

29


Der Fall Bochum<br />

Die geplante Schließung des Standorts Bochum wird voraussichtlich etwa<br />

2.300 Nokia Beschäftigte betreffen.<br />

Die Entscheidung von Nokia, die Produktion in Bochum stillzulegen, ist auf die<br />

fehlende Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zurückzuführen. Eine<br />

Erneuerung des Standorts würde zusätzliche Investitionen erfordern, doch<br />

selbst diese würden nicht dazu führen, die Produktion in Bochum weltweit<br />

wettbewerbsfähig zu machen. […]“<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

„Nokia plant, die Produktion mobiler<br />

Endgeräte in Deutschland einzustellen<br />

und den Standort Bochum bis Mitte<br />

2008 zu schließen. Das Unternehmen<br />

plant, die Produktion in andere,<br />

wettbewerbsfähigere Nokia Werke in<br />

Europa zu verlagern. […]<br />

15.01.2008<br />

Nokia: Pressemitteilung<br />

30


Hintergründe<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Arbeitgeber Nokia<br />

� Ca. 2.300 Festangestellte<br />

� Ca. 900 Leiharbeiter<br />

� (+ Arbeitsplätze bei Zulieferern)<br />

Subventionen<br />

� Subventionen i.H.v. 88 Mio. €<br />

� Bindungsfrist der Subventionen lief im<br />

September 2006 aus<br />

� „Die Subventionskarawane zieht weiter“<br />

(IG Metall)<br />

� „Subventionsheuschrecke“ (Jürgen<br />

Rüttgers)<br />

31


Kommentare<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

„Die geplante Schließung des Werkes<br />

Bochum ist notwendig, um die Wettbe-<br />

werbsfähigkeit von Nokia langfristig zu<br />

sichern“<br />

(Veli Sundbäck, Executive Vice President von Nokia<br />

und Vorsitzender des Aufsichtsrates der deutschen<br />

Nokia GmbH)<br />

„Es ist geradezu unanständig, nach Auslaufen von Staatshilfen in Größen-<br />

ordnungen von annähernd 90 Millionen Euro dem Standort Bochum und der<br />

Re-gion den Rücken zu kehren und den Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmern so-wie deren Familien Arbeitslosigkeit, Angst und<br />

Perspektivlosigkeit zuzumuten.“<br />

(DGB 2008)<br />

Eine „inakzeptable Entscheidung“ (Kurt Beck)<br />

OP<br />

Man kann immer alles anders sehen und andere tun dies auch!<br />

32


Rekordgewinn<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Nokia Pressemitteilung vom 24.01.2008<br />

� 7,2 Mrd. € Rekordgewinn (+ 67 %)<br />

� 40 % Marktanteil<br />

� „Wo schwarze Zahlen geschrieben werden, darf man keine Arbeitsplätze<br />

abschreiben. Erst recht nicht in einer Zeit, wenn Nokia Rekordgewinne<br />

einfährt und seinen Marktanteil weltweit auf 40 Prozent hochschraubt.“<br />

(Frank-Walter Steinmeier)<br />

� „7,2 Milliarden Reinerlös - damit könnten die über 100 Jahre unsere<br />

Lohnkosten zahlen.“ (Gisela Achenbach, Nokia Betriebsrats-Vorsitzende)<br />

33


Reaktionen der Öffentlichkeit<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

34


Nokias Reaktion I<br />

� Festhalten an der Entscheidung<br />

zur Werksschließung<br />

� Wettbewerbsdruck als zentrales<br />

Element<br />

� Subventionsbetrug wird<br />

vehement zurückgewiesen<br />

Verhandlungen über<br />

Interessenausgleich<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Ergebnis der Verhandlungen:<br />

Zustimmung zu einem Sozialplan i.H.v. 200<br />

Mio. €<br />

� ~ das Dreifache des ursprünglichen<br />

gebotenen Betrags<br />

� entspricht umgerechnet ~ 87.000 € pro<br />

Mitarbeiter (das Geld fließt in direkte<br />

Lohnfortzahlungen und eine<br />

Transfergesellschaft)<br />

� eine der „besten, bisher getroffenen Vereinbarungen<br />

in Deutschland.“<br />

(Achenbach, Betriebsrätin)<br />

35


Nokias Reaktion II<br />

Einigung mit dem Land Nordrhein-<br />

Westfalen in der „Subventionsfrage“*<br />

� Unterstützung des Programms<br />

„Wachstum für Bochum“<br />

� Bereitstellung von 20 Mio. €<br />

� Bereitstellung der Nettoerlöse aus<br />

dem Verkauf des Werksgeländes (~<br />

13 Mio. €)<br />

*Aufgrund mehrerer Anzeigen ermittelte die Staatsanwaltschaft Bochum gegen<br />

Nokia wegen Subventionsbetrugs, stellte die Ermittlungen allerdings im April<br />

2008 wieder ein, da keine Anhaltspunkte für einen Betrug zu finden waren.<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

36


Nachwirkungen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

37


Implikationen für diese Veranstaltung<br />

OP<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Corporate Social Responsibility<br />

� hat etwas mit dem Verhältnis<br />

von Gewinn und Moral zu tun,<br />

� ist für Manager faktisch<br />

relevant (social claims),<br />

� stellt Manager vor neue<br />

Herausforderungen.<br />

Fehlende Kompetenzen<br />

können enorm teuer werden!<br />

�<br />

CSR ist das Management der Bedingungen des langfristigen<br />

unternehmerischen Erfolgs!<br />

38


Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Juniorprofessur für Corporate Social Responsibility<br />

Unternehmensethik<br />

HWS 2009/10


Organisatorisches<br />

Tutorin für Austauschstudierende: Larisa Topalo<br />

� Kontakt per Mail: lta6@sfu.ca<br />

� Tutorien (englisch): 14.30-16.00 Uhr, O 048-050<br />

� 27.10.<br />

� 03.11.<br />

� 10.11.<br />

� 17.11.<br />

Die Online-Prüfungsanmeldung ist vom 20.10. bis 03.11.2009<br />

(http://pruefung.uni-mannheim.de) möglich.<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

2


Der Fall Bochum<br />

Die geplante Schließung des Standorts Bochum wird voraussichtlich etwa<br />

2.300 Nokia Beschäftigte betreffen.<br />

Die Entscheidung von Nokia, die Produktion in Bochum stillzulegen, ist auf die<br />

fehlende Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zurückzuführen. Eine<br />

Erneuerung des Standorts würde zusätzliche Investitionen erfordern, doch<br />

selbst diese würden nicht dazu führen, die Produktion in Bochum weltweit<br />

wettbewerbsfähig zu machen. […]“<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

„Nokia plant, die Produktion mobiler<br />

Endgeräte in Deutschland einzustellen<br />

und den Standort Bochum bis Mitte<br />

2008 zu schließen. Das Unternehmen<br />

plant, die Produktion in andere,<br />

wettbewerbsfähigere Nokia Werke in<br />

Europa zu verlagern. […]<br />

15.01.2008<br />

Nokia: Pressemitteilung<br />

3


Fragen<br />

� Wie viele andere Mobiltelefonhersteller produzieren noch in Deutschland?<br />

� Wie sieht die Zulieferersituation für diese Industrie in Deutschland aus?<br />

� Wie sinnvoll war es von der Politik, 88 Mio. € Subventionen für eine nichtzukunftsfähige<br />

Technik zu zahlen?<br />

� Was ist das Wesen von Verträgen?<br />

� Was sagen Gewinngrößen der Vergangenheit über die Zukunft aus?<br />

� Sind 2.300 Arbeitsplätze in Deutschland mehr wert als 2.300 in Rumänien?<br />

� Welche Anreize haben Unternehmen, Produkte stetig besser und<br />

kostengünstiger zu machen?<br />

� Hätte Nokia sich damals für den Standort Deutschland entschieden, hätten<br />

sie gewusst, wie es sein wird?<br />

� Welche Auswirkungen hat der Fall Bochum auf die Attraktivität des Standorts<br />

Deutschland?<br />

� …<br />

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4


Globale Wertschöpfung<br />

Arbeitsteilung Spezialisierung<br />

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5


Maschinisierung & Automatisierung<br />

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6


„Schöpferische Zerstörung“<br />

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7


Die moderne Gesellschaft – und hier insbesondere das<br />

marktwirtschaftliche System – stellen an den Einzelnen erhebliche<br />

Zumutungen<br />

� Arbeitslosigkeit<br />

� Konkurse<br />

� Finanzkrise<br />

� …<br />

�<br />

Gefahr der Entfremdung<br />

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8


Entfremdung<br />

� Verlust der Sinnhaftigkeit von Institutionen in der modernen<br />

Gesellschaft<br />

� Wirkungsmechanismen (nicht-intendierte Effekte)<br />

� „Kosten“ (individuelle Zumutungen)<br />

� Institutionen werden als Moral unterminierend wahrgenommen<br />

(Sachzwangcharakter des Marktes)<br />

� Gefühl der Fremdbestimmung<br />

Explizite und implizite Forderungen, entfremdungsstiftende<br />

Institutionen (z.B. Privateigentum, Arbeitsteilung, Wettbewerb)<br />

abzuschaffen<br />

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9


Entfremdungseffekte<br />

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10


Entfremdungseffekte<br />

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11


Bürgerentscheid Leipzig 2008<br />

"Sind Sie dafür, dass die kommunalen Unternehmen und Betriebe<br />

der Stadt Leipzig, die der Daseinsvorsorge dienen, weiterhin zu<br />

100 % in kommunalem Eigentum verbleiben?“<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

� Wahlbeteiligung: 41,0 %<br />

� OB-Wahl 2006: 34,9 %<br />

12


Entfremdungseffekte<br />

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Quelle: Super Illu (repräsentative Umfrage)<br />

13


Entfremdungseffekte<br />

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14


Entfremdungseffekte<br />

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15


Fallstudie: Ford Pinto<br />

„Safety doesn‘t sell.“ (Lee Iacocca, Ford, 1971)<br />

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16


Ford Pinto: Hintergründe<br />

� Ende der 1960er verlieren<br />

amerikanische Automobilfirmen<br />

erhebliche Marktanteile, v.a. an<br />

japanische Importe<br />

� Als Folge verlangt Lee Iacocca<br />

(Ford), ein neues Modell, das<br />

kostengünstig (< 2.000 $) und leicht<br />

(< 1 t) ist, binnen kürzester Zeit auf<br />

den Markt zu bringen, den Ford<br />

Pinto. Tatsächlich erfolgt dies<br />

innerhalb von 25 (statt üblicher 48)<br />

Monaten<br />

� Betriebswirtschaftliche Überlegungen, u.a. auf der Basis von Kosten-<br />

Nutzen-Analysen, führen zu verringerten Sicherheitsvorkehrungen mit<br />

überdurchschnittlichem Brandrisiko bei Auffahrunfällen<br />

� 1978 wird Ford aufgrund eines Auffahrunfalls mit Todesfolge wegen<br />

fahrlässiger Tötung angeklagt, jedoch freigesprochen, da gesetzliche<br />

Vorgaben nicht verletzt wurden<br />

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17


Fords Kosten-Nutzen-Analyse<br />

Benefits Costs<br />

180 burn deaths à $ 200.000 11 mio. cars à $ 11<br />

180 burn injuries à $ 67.000 1.5 mio. light<br />

2.100 burned<br />

trucks à<br />

$ 11<br />

vehicles à<br />

$ 700<br />

Total $ 49.5 mio. Total $ 137,5<br />

mio.<br />

Quelle: Hoffman, W.M.: The Ford Pinto, in: Hoffman/Frederick (eds.): Business Ethics, 3rd<br />

ed., New York et al. 1995, pp. 552 ff.<br />

Dürfen (derartige) Kosten-Nutzen-Analysen, die Menschenleben<br />

monetär bewerten, angestellt werden?<br />

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18


Fragen<br />

� Wo sind die Grenzen von ökonomischen Berechnungen?<br />

� Welche langfristigen Auswirkungen sollten in<br />

Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden?<br />

� Wem kann Verantwortung prinzipiell zugerechnet werden?<br />

� Welche Rolle spielt die Selbstbestimmung des Einzelnen?<br />

� Hätte Ford Kunden anbieten sollen, gegen Aufpreis zusätzliche<br />

Sicherheitsvorkehrungen einzubauen?<br />

� Wie kalkuliert man Kosten und Nutzen von Sicherheit?<br />

� Hätte sich Ford für höhere gesetzlich vorgeschriebene<br />

Sicherheitsstandards einsetzen sollen?<br />

� …<br />

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19


Eigeninteresse<br />

(Gewinn, Wettbewerbsvorteile,<br />

Kundengewinnung etc.)<br />

�<br />

�<br />

�<br />

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Investiere in die Bedingungen der<br />

gesellschaftlichen Zusammenarbeit<br />

zum gegenseitigen Vorteil!<br />

Moral<br />

(Nachhaltigkeit, Solidarität etc.)<br />

Im Trade-off gibt es keine überzeugenden Lösungen!<br />

20


Fallstudie: Nike<br />

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21


Schuhe & Wertschöpfung<br />

� € 49,50 Einzelhandel (inkl. MwSt.)<br />

� € 32,00 Markenfirma<br />

� € 8,50 Material<br />

� € 5,00 Transportkosten, Steuern<br />

� € 3,00 Gewinn des Produzenten<br />

� € 0,50 Lohn für die Näherin<br />

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€ 98,50<br />

Quelle: Clean Clothes Campaign<br />

22


Personen<br />

Philip H. Knight (Gründer & Chairman)<br />

Geschätztes Vermögen: ~ 10.5 Mrd. US-$<br />

Mark Parker (CEO):<br />

Gehalt 2008: 7,6 Mio. US-$<br />

Tiger Woods<br />

Werbevertrag:<br />

~ 20 Mio. US-$ p.a.<br />

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Das ist etwa doppelt so viel, wie<br />

die 12.000 asiatischen Nähe-<br />

rinnen von Nike zusammen ver-<br />

dienen.<br />

23


Globale Probleme<br />

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� Armut: Mehr als 2,8 Mrd. Menschen haben<br />

weniger als 2 US-$ pro Tag zum Leben<br />

(etwa jeder 2. Mensch)<br />

� Unterernährung: 40.000 Menschen<br />

verhungern täglich.<br />

� Kindersterblichkeit:1.104 Kinder unter 5<br />

Jahren sterben pro Stunde.<br />

� …<br />

„Wir streben nach dem Besten, was wir<br />

innerhalb der Grenzen der Wirklichkeit<br />

erreichen können.“ (Rawls)<br />

24


Wichtig: Bedeutung empirischer Bedingungen<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

Die Herleitung ethischer<br />

Urteile und Forderungen<br />

setzt die Integration von<br />

(1) moralischen Idealen<br />

und (2) empirischen<br />

Bedingungen voraus!<br />

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Das größere Bild<br />

� Bedeutung wechselseitiger Verhaltenserwartungen<br />

für Investitionen<br />

� Das Verhalten der Anderen<br />

� Berücksichtigung von Folgewirkungen<br />

(„was kommt dann?“)<br />

� Berücksichtigung von Anreizimplikationen<br />

(� nicht intendierte Effekte)<br />

Wir leben im Hier und Jetzt! Jede ethische<br />

Forderung hat – auch und insbesondere im<br />

Interesse der Betroffenen – den Status quo der<br />

Realität ernst zu nehmen.<br />

25


Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

26


Fallstudie Brent Spar<br />

� Brent Spar: Gemeinschaftsprojekt von Shell U.K. (50<br />

%) und Esso (50 %)<br />

� 1976 – 1991: Betrieb der Öllager- und<br />

Verladeplattform<br />

� 1991: Shell U.K. beschäftigt sich mit der Frage,<br />

wie die stillgelegte Brent Spar entsorgt werden soll<br />

� Beauftragung von 30 (!) Studien und Gutachten<br />

� Verhandlungen mit der britischen Regierung<br />

� Diskussionen mit britischen NGOs<br />

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Tiefseeversenkung als beste Möglichkeit<br />

� 30 Studien<br />

� Ausnahmegenehmigung der brit. Regierung<br />

� OK der Anrainerstaaten<br />

27


Proteste von Greenpeace<br />

� 30. April 1995: Greenpeace besetzt die Brent Spar, um eine<br />

Versenkung in der Nordsee zu verhindern, Ziele:<br />

� Umweltfreundliche Entsorgung der „schwimmenden Sondermülldeponie“<br />

� Verhinderung weiterer Tiefseeversenkungen<br />

� Shell versucht, die Plattform räumen zu lassen<br />

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28


Eskalation<br />

� Shell hält weiter an der Sondergenehmigung der britischen<br />

Regierung fest (Rückzug in die juristische Dimension)<br />

� Deklaration der Tiefseeversenkung als beste Option<br />

� Besonders in Dänemark, Deutschland und in den Niederlanden<br />

kommt es zu einer starken Berichterstattung in den öffentlichen<br />

Medien<br />

� Juni 1995: Nordseeschutzkonferenz konstatiert desolaten Zustand<br />

der Nordsee (Verknüpfung der Ereignisse!)<br />

� Shell versucht mit sachlichen Argumenten<br />

die Situation zu beruhigen<br />

� In Deutschland kommt es zu<br />

massiven Protesten<br />

� Öffentlicher Aufruf zum Boykott<br />

von Shell<br />

� Starke Kritik aus der Politik<br />

� Bombendrohungen, Anschläge<br />

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29


Eskalation – Konsequenzen<br />

� Umsatzeinbrüche an<br />

Tankstellen (D) bis zu 50 %<br />

� Massiver Verlust der<br />

Unternehmensreputation<br />

� Mai 1995: 59 % der befragten<br />

Deutschen attestierten Shell<br />

einen guten Ruf<br />

� Juni 1995: einen Monat später<br />

taten dies nur noch 12 %<br />

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30


Shell: Zum Kurswechsel gezwungen<br />

� 20. Juni 1995: Shell gibt bekannt, dass die Brent Spar an Land<br />

entsorgt wird<br />

� Deutsche Shell AG schaltet in über 100 Tageszeitungen ganzseitige<br />

Anzeigen: „Wir werden uns ändern!“<br />

…<br />

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Autonome Ländergesellschaften<br />

„Kleine Fürstentümer“ (Schlote 1995:33)<br />

Betreiber der Brent Spar<br />

Zur Verantwortung gezogen<br />

� Differenzierung spielte in der Öffentlichkeit faktisch keine Rolle<br />

31


Modifikation der Strategie<br />

� Weltweite Befragungen von Mitarbeitern, Experten, Öffentlichkeit im<br />

Hinblick auf die Erwartungen an das Unternehmen (Stakeholderdialog)<br />

� Modifikation der Unternehmensgrundsätze: u.a. Aufnahme der<br />

Aspekte Menschenrechte, Nachhaltigkeit<br />

� Veränderung der Evaluation von Großprojekten: überarbeitete<br />

Kriterien, verstärkter Dialog mit Stakeholdern (z.B. lokale und<br />

internationale NGOs)<br />

� Mittlerweile gehört Shell zu den Vorreitern in Sachen CSR &<br />

Nachhaltigkeit<br />

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32


Im Nachgang…<br />

� Juli 2005: Ein in ‚Nature‘ veröffentlichter Aufsatz zweier Professoren<br />

gibt die durch eine Tiefseeversenkung verursachte Umweltbelastung<br />

als minimal an und spricht von einem Geschenk für das Ökosystem<br />

� 04. September 1995: Greenpeace muss öffentlich bekannt geben,<br />

dass die teilweise kolportierten 5.500 Tonnen an giftigen<br />

Ölrückständen an Bord der Brent Spar zu hoch angesetzt waren<br />

� 18. Oktober 1995: Laut Prüfungsbericht der norwegischen<br />

Schiffsklassifizierungsgesellschaft DNV befanden sich lediglich ca.<br />

75-100 Tonnen an Ölrückständen an Bord der Brent Spar<br />

� Laut DNV waren die Shell-Angaben im Großen und Ganzen richtig<br />

Nahezu alles weist darauf hin, dass die Versenkung der Brent Spar<br />

– wie von Shell stets betont – die vorteilhafteste<br />

Entsorgungsvariante (auch ökologisch!) gewesen wäre<br />

�<br />

Aber: Die Öffentlichkeit glaubte Greenpeace, nicht Shell!<br />

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33


Erklärungsansätze<br />

Zurechnungsschemata:<br />

� Shell = gewinnorientiert = bad guy<br />

� Greenpeace = ökologieorientiert = good guy<br />

Sympathieverteilung gemäß David vs. Goliath<br />

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34


Zurechnungsprozesse<br />

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35


Semantik<br />

Gewinn<br />

Moral<br />

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� Mentales trade-off-Schema:<br />

Günstigste Entsorgungsvariante<br />

kann per se ökologisch nicht<br />

vorteilhaft sein<br />

� Unternehmen haben das Vorurteil<br />

gegen sich, Gewinne auch auf Kosten<br />

der Moral (Umwelt, Mitarbeiter etc.) zu<br />

machen<br />

� Shell wird unterstellt, durch<br />

Umweltverschmutzung Profite<br />

steigern zu wollen<br />

� Shell war nicht in der Lage, die Legitimität ihrer Entscheidung glaubhaft<br />

kommunizieren zu können<br />

� Shell fehlten Vermögenswerte wie Integrität oder Glaubwürdigkeit<br />

� Shell fehlte Argumentationskompetenz (respondere, lat. = antworten;<br />

CSR umfasst die Rechtfertigung von Handlungen)<br />

36


Einsichten<br />

� Der Rückzug in die juristische Dimension bei Konflikten ist wenig<br />

zweckmäßig (das Bestehen auf formales Recht kann mitunter massive<br />

Folgen haben)<br />

� Gesellschaftliche Zurechnungsprozesse sind oftmals unterkomplex<br />

(verkürzte Wiedergabe von Zusammenhängen)<br />

� Die Rekonstruktion von Zurechnungsprozessen sowie deren<br />

Adaption ist für die Handhabung von Konflikten notwendig<br />

� Grenzen komplexer Argumentationen<br />

� Shell hat auf die Gefahren der Landentsorgung hingewiesen (insb.<br />

Auseinanderbrechen der Brent Spar in küstennahen Gewässern,<br />

Gesundheitsrisiko für Arbeitskräfte, Schlepprisiken)<br />

� Im Namen von Moral, Verantwortung, Umweltschutz etc. werden<br />

bisweilen Aktivitäten gefordert, welche gesellschaftlichen Interessen<br />

faktisch zuwider laufen<br />

� Auch Problem eines „single issue minded“<br />

� Reputation, Image, Integrität etc. sind zentrale Vermögenswerte für<br />

Unternehmen<br />

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37


Implikationen<br />

Richtige Handlungen müssen von der Gesellschaft nicht immer<br />

auch als solche wahrgenommen werden<br />

� Bedeutsamkeit von Integrität und Glaubwürdigkeit<br />

� Vermögenswerten setzen Investitionen voraus<br />

Argumentations-<br />

kompetenz<br />

CSR-Framework<br />

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Gestaltungs-<br />

kompetenz<br />

38


Fallstudie: Jahrhunderthochwasser<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

39


Fallstudie: Jahrhunderthochwasser<br />

� Im August 2002 erlebten einige an<br />

Flüssen gelegene Regionen<br />

Ostdeutschlands eine verheerende<br />

Flutkatastrophe.<br />

� In dieser Zeit stieg der Preis von<br />

Sandsäcken von 35 Cent auf 70<br />

Cent; teilweise verlangten<br />

Lieferanten von Privatpersonen bis<br />

zu 7 €.<br />

� Dieses Verhalten wurde in den<br />

Medien als empörende ‚Abzocke‘ zu<br />

Lasten ohnehin schon Geschädigter<br />

angesehen.<br />

�<br />

Wie ist die Preisgestaltung zu bewerten?<br />

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40


Die Allokationsfunktion von Preisen<br />

Preis<br />

Preis nach Flut<br />

Preis vor Flut<br />

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Nachfrage nach Flut<br />

Nachfrage vor Flut<br />

Sandsäcke<br />

41


Das Diskriminierungsproblem<br />

Durch die gestiegene Nachfrage nach Sandsäcken kommt es zu<br />

einem (verschärften) Diskriminierungsproblem: Wer soll nach<br />

welchen (Diskriminierungs-) Kriterien Sandsäcke erhalten?<br />

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42


Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Juniorprofessur für Corporate Social Responsibility<br />

Unternehmensethik<br />

HWS 2009/10


Effekte der Marktwirtschaft<br />

„Sandsack-<br />

Preisgestaltung“<br />

Entlassungen<br />

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Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise<br />

Reduzierung von<br />

Menschen auf<br />

Arbeitsressourcen<br />

(„Humankapital“)<br />

2


Das Problem des guten Wirtschaftens<br />

Wie können freie und gleiche Subjekte in der modernen<br />

Gesellschaft ein selbstbestimmtes Leben führen?<br />

Genauer: Wie können<br />

� in der „großen“, anonymen (Welt-)Gesellschaft<br />

� die wirtschaftlichen Aktivitäten<br />

� freier und gleicher Subjekte<br />

so koordiniert werden, dass<br />

� jeder Anreize zu einem investiven Umgang mit<br />

prinzipiell knappen Ressourcen hat bzw.<br />

� die gesellschaftliche Zusammenarbeit zum gegenseitigen<br />

Vorteil („Solidarität“) gefördert wird bzw.<br />

� die (ökologischen) Grundlagen dieser Zusammenarbeit<br />

erhalten bleiben („Nachhaltigkeit“)?<br />

BL: Suchanek 2007, S. 90-115.<br />

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Zentralverwaltungs-<br />

wirtschaft<br />

Marktwirtschaft<br />

3


Zur Erinnerung<br />

�<br />

Alternative Zentralverwaltungswirtschaft?<br />

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4


Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Beachte: Zentralverwaltungswirtschaft ≠ Sozialismus<br />

5


„Ich bin überzeugt, um diesen schweren Missständen [den Folgen des<br />

Krieges] abzuhelfen, gibt es nur ein Mittel, nämlich die Errichtung einer<br />

sozialistischen Wirtschaft mit einem Erziehungssystem, das auf soziale Ziele<br />

abstellt ist. In einer solchen Wirtschaft gehören dann die Produktionsmittel der<br />

Gemeinschaft, die sie nach einem bestimmten Plan benutzt. Man würde in<br />

einer solche Planwirtschaft die Produktion den Bedürfnissen der Gesellschaft<br />

anpassen, die zu leistende Arbeit unter die Arbeitsfähigen verteilen und jedem,<br />

Mann, Frau und Kind, den Lebensunterhalt garantieren. In der Erziehung<br />

würde man Sorge tragen, in jedem Einzelnen, neben seinen eigenen Gaben,<br />

auch das Verantwortungsgefühl gegenüber seinen Mitmenschen zu pflegen<br />

und nicht, wie in unserer heutigen [kapitalistischen] Gesellschaft, Macht und<br />

Erfolg zu verherrlichen.“<br />

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(A. Einstein, 1949)<br />

6


Zentralverwaltungswirtschaft<br />

Grundidee:<br />

Zentrale Koordination der wirtschaftlichen Aktivitäten durch einheitliche<br />

Planungs-, Steuerungsund Kontrollinstanz<br />

Hintergrundvorstellung<br />

„Identitätsthese“:<br />

Alle sind zugleich<br />

� Produzenten<br />

� Produktionsmitteleigentümer<br />

und<br />

� Konsumenten<br />

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(1)<br />

(2)<br />

(3)<br />

Gemeinsames Ziel bzw.<br />

gemeinsame Interessen aller<br />

hinsichtlich eines gerechten und<br />

effizienten Wirtschaftens<br />

Grundsätzliche Bereitschaft zur<br />

Mitwirkung aller<br />

Problemlose Steuerung und<br />

Kontrolle der "Produktivkräfte"<br />

als Mittel zur Realisierung des<br />

gemeinsamen Ziels<br />

7


(1) Gemeinsames Interesse<br />

Planung setzt<br />

Planbarkeit voraus<br />

„Die zentrale Planung verlangt in gesellschaftspolitischer<br />

Hinsicht den Kollektivismus<br />

und in staatspolitischer Hinsicht<br />

den Totalitarismus des Einparteiensystems.<br />

[…] Die HandlungsundBewegungsfreiheit der Individuen bildet in der<br />

zentral verwalteten Wirtschaft einen latenten<br />

Störfaktor, den der Staat zurückzudrängen<br />

sucht.“ (Pätzold)<br />

Beispiel 5 Jahresplanung<br />

� Basis für die Planung<br />

wirtschaftlicher Aktivitäten<br />

� Definition von Ressourcen<br />

� Definition von zu erbringenden<br />

Gütern und Dienstleistungen<br />

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Kollektivismus: Die Interessen<br />

des Einzelnen<br />

werden dem Interesse des<br />

Kollektivs untergeordnet<br />

(� direkte Solidarität).<br />

(Zur Erinnerung:<br />

Individualisierung als Merkmal<br />

der modernen Gesellschaft)<br />

Produktion erfolgt nach Mengen-<br />

vorgaben und nicht nach Nachfrage<br />

� Langfristige Stabilität des gemeinsamen<br />

Ziels (inkl. Güter)<br />

� Verbindliche Vorgaben (kaum Anpassungsmöglichkeiten)<br />

� Keine „Nischenprodukte“<br />

8


(2) Bereitschaft zur Mitwirkung aller<br />

�<br />

Spieler A<br />

Unterstellte Anreizkompatibilität<br />

Kooperation<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

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I<br />

III<br />

Spieler B<br />

Nicht-<br />

Kooperation Kooperation<br />

3 , 3<br />

4 , 1<br />

II<br />

IV<br />

1 , 4<br />

2 , 2<br />

Nicht-Kooperation als dominante Strategie<br />

9


(2) Bereitschaft zur Mitwirkung aller<br />

T<br />

E<br />

A<br />

M<br />

= oll<br />

= in<br />

= nderer<br />

= acht‘s<br />

Realität & fehlende Anreizkompatibilität<br />

(� Bedeutung institutioneller Koordination)<br />

� Küche im Studentenwohnheim<br />

� Kyoto-Protokoll<br />

� Schwarzfahren<br />

� Musik Downloads<br />

� …<br />

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10


(3) Steuerungsparadigma<br />

� Toll Collect & Probleme beim Aufbau des Mautsystems<br />

� Bluescreens<br />

� Verspätungen bei der Bahn<br />

� Lautstärke im Hörsaal<br />

� …<br />

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11


ZVW: Informations- und Anreizprobleme<br />

� Informationsprobleme:<br />

� Vernachlässigung der Bedeutung lokalen und oft impliziten<br />

Wissens, v.a. hinsichtlich relevanter empirischer Bedingungen<br />

� fehlende Kenntnisse hinsichtlich der Abstimmung verschiedener<br />

Pläne (Komplexität), v.a. bei Anpassungsnotwendigkeiten<br />

� Anreizprobleme:<br />

� Vernachlässigung von Interessenkonflikten bzw.<br />

Dilemmastrukturen (z.B. Weitergabe von Informationen, Bücher verstecken)<br />

� fehlende (Anreiz-)Rückkopplungen (Preismechanismus)<br />

� „rent-seeking“<br />

�<br />

Entmutigung von Investitionen in die Zusammenarbeit zum gegenseitigen<br />

Vorteil aufgrund Missmanagement von Dilemmastrukturen<br />

Ausdruck eines normativistischen Fehlschlusses<br />

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12


Umweltschutz in der DDR<br />

� Verfassung von 1968: Schutz der Umwelt<br />

und der Natur wird zur Pflicht des Staates<br />

und der Gesellschaft erklärt<br />

� Landeskulturgesetz 1970: Regelungen<br />

bzgl. der Aufgaben und Ziele der<br />

Umweltpolitik<br />

� 1972: Ministerium für Umweltschutz und<br />

Wasserwirtschaft<br />

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13


„Umweltschutz“ in der DDR<br />

� Europaweit höchste Schwefeldioxid-Belastungen<br />

� Enorm hohe Luftverschmutzung<br />

� Braunes „Trinkwasser“<br />

� Einige Stadtgebiete (u.a. Bitterfeld und Espenhain) wiesen derart<br />

massive Umweltbelastungen auf, dass sie nach UNO Grenzwerten<br />

als nicht bewohnbar eingestuft hätten werden müssen<br />

� „Die DDR wurde eine der Regionen der Erde mit den höchsten<br />

Umweltschäden“ (Küster 1996)<br />

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14


Die sechs Wunder des Sozialismus‘<br />

1. Es gibt keine Arbeitslosigkeit, aber<br />

niemand arbeitet.<br />

2. Keiner arbeitet, aber alle erhalten Lohn.<br />

3. Alle erhalten Lohn, aber damit kann man nichts kaufen.<br />

4. Nichts kann man kaufen, aber jeder besitzt alles.<br />

5. Jeder besitzt alles, aber alle sind unzufrieden.<br />

6. Alle sind unzufrieden, aber alle stimmen bei Wahlen für<br />

das System.<br />

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15


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16


Marktwirtschaft<br />

p<br />

Rahmenordnung<br />

(Spielregeln)<br />

Angebot<br />

Nachfrage<br />

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x<br />

Dezentralisierung von Entscheidungen,<br />

WER WAS WIE WANN WO für WEN produziert.<br />

17


Dezentrale Koordination<br />

Preise<br />

� Kundenpräferenzen<br />

� Effiziente Allokation<br />

� Management von Knappheit<br />

� …<br />

� Träger von Informationen<br />

Anreize<br />

� Kundenorientierung<br />

� Anpassungen<br />

� Investitionen<br />

� …<br />

� Management von gesellschaftlichen<br />

Kooperationen<br />

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Funktionale Koordination des<br />

gesellschaftlichen Zusammenlebens<br />

18


Funktionslogik gesellschaftlicher Wert-<br />

schöpfung in der modernen Gesellschaft<br />

Eigeninteresse<br />

(Gewinne, Wettbewerbsvorteile,<br />

Marktanteile, Reputation,…)<br />

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„Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers<br />

und Bäckers erwarten wir das, was wir zum<br />

Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre<br />

eigenen Interessen wahrnehmen.“<br />

(Adam Smith)<br />

Nichtintendierte Effekte<br />

� Gesellschaftlich erwünschte Resultate<br />

als Ergebnis individueller eigeninteressierter<br />

Handlungen<br />

� Bedeutung von guten Spielregeln<br />

19


Implikationen für Normativität<br />

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≠<br />

Solidarität Teilen<br />

Konkurrenz<br />

=<br />

Wettbewerb<br />

�� Gegenteil von<br />

Kooperation<br />

�� Konflikt<br />

�� Produziert „Verlierer“<br />

Wettbewerb hat nicht nur effizient, sondern ebenso auch<br />

moralisch wertvoll zu sein!<br />

20


Leistungswettbewerb<br />

Wettbewerb hat einen ambivalenten Charakter<br />

Ein gesellschaftlicher erwünschter Wettbewerb bedarf immer (!)<br />

guter Spielregeln<br />

Entdeckungs-<br />

funktion<br />

Disziplinierungs-<br />

funktion<br />

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Entmachtungs-<br />

funktion<br />

Ökologische<br />

Funktion<br />

Leistungswettbewerb motiviert Akteure, in die gesellschaftliche<br />

Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil zu investieren!<br />

21


MW als Management von Dilemmastrukturen<br />

Etablierung / Aufrechterhaltung der Marktwirtschaft<br />

als zu überwindende Dilemmastruktur<br />

Anbieter<br />

�<br />

Wettbewerb als<br />

zu etablierende<br />

Dilemmastruktur<br />

�<br />

Anbieter<br />

Tausch als zu<br />

überwindende<br />

Dilemmastruktur<br />

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Nachfrager<br />

�<br />

Wettbewerb als<br />

zu etablierende<br />

Dilemmastruktur<br />

�<br />

Nachfrager<br />

22


Zur prinzipiellen moralischen Qualität der<br />

Marktwirtschaft<br />

Nicht-Nullsummenspiel<br />

Relevante Alternativen<br />

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A B<br />

Wie können<br />

�� in der „großen“, anonymen (Welt-)Gesellschaft<br />

�� die (wirtschaftlichen) Handlungen freier und<br />

gleicher Subjekte<br />

so koordiniert werden, dass<br />

�� jeder die nötigen Informationen und Anreize<br />

�� zu einem investiven Umgang mit jenen<br />

Vermögenswerten hat,<br />

�� welche die nachhaltige gesellschaftliche Zusammenarbeit<br />

zum gegenseitigen Vorteil fördern?<br />

Marktwirtschaft ist das bisher beste bekannte System zur<br />

Realisierung der Solidarität aller Menschen!<br />

23


Vermögenswert Marktwirtschaft<br />

Marktwirtschaft ist ein gesellschaftlicher Vermögenswert!<br />

Notwendigkeit von Investitionen<br />

� Wissen über Zusammenhänge<br />

� Vertrautheit mit der MW<br />

� Vertrauen in die MW<br />

Akzeptanz institutionalisierter<br />

Zumutungen<br />

� Arbeitsplatzverlust<br />

� Konkurse<br />

� …<br />

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Semantische Herausforderungen<br />

� Funktionale Versachlichung<br />

� Forcierung von Konflikten<br />

(Wettbewerb)<br />

� Überholte Auffassungen über Moral<br />

(Solidarität, soziale Gerechtigkeit,<br />

Verantwortung)<br />

� Vorteile fallen breit gestreut an,<br />

Nachteile selektiv und ausgeprägt<br />

24


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25


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26


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27


Zur Erinnerung<br />

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28


Fallstudie: Jahrhunderthochwasser<br />

� Im August 2002 erlebten einige an<br />

Flüssen gelegene Regionen<br />

Ostdeutschlands eine verheerende<br />

Flutkatastrophe.<br />

� In dieser Zeit stieg der Preis von<br />

Sandsäcken von 35 Cent auf 70<br />

Cent; teilweise verlangten<br />

Lieferanten von Privatpersonen bis<br />

zu 7 €.<br />

� Dieses Verhalten wurde in den<br />

Medien als empörende ‚Abzocke‘ zu<br />

Lasten ohnehin schon Geschädigter<br />

angesehen.<br />

�<br />

Wie ist die Preisgestaltung zu bewerten?<br />

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29


Die Allokationsfunktion von Preisen<br />

Preis<br />

Preis nach Flut<br />

Preis vor Flut<br />

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Nachfrage nach Flut<br />

Nachfrage vor Flut<br />

Sandsäcke<br />

30


Das Diskriminierungsproblem<br />

Durch die gestiegene Nachfrage nach Sandsäcken kommt es zu<br />

einem (verschärften) Diskriminierungsproblem: Wer soll nach<br />

welchen (Diskriminierungs-) Kriterien Sandsäcke erhalten?<br />

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31


Die Allokationsfunktion von Preisen<br />

� Zunehmende relative Knappheit führt zu steigenden Preisen<br />

� Händler verkaufen Produkte an Akteure mit der höchsten<br />

Zahlungsbereitschaft<br />

� Die Zahlungsbereitschaft ist dort am größten, wo das Gut den höchsten<br />

Nutzen bietet<br />

Preise geben darüber Auskunft, wo Güter am effizientesten<br />

eingesetzt werden können und führen damit zu einer<br />

effizienten Güterallokation<br />

� Steigende Preise führen (c.p.) zu höheren Gewinnmargen<br />

� Höhere Gewinne ziehen neue Anbieter an, macht die Erschließung neuer<br />

und/oder alternativer Produktionskapazitäten und/oder Substitute<br />

interessant<br />

Preise informieren darüber, wo es sinnvoll ist, Produktionskapazitäten<br />

zu erweitern bzw. neue Märkte zu erschließen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

32


Eine differenzierte Betrachtung<br />

Individuelle Zahlungsbereitschaft ist grundsätzlich das<br />

sinnvollste – und auch gerechteste! – Kriterium zur<br />

Allokation knapper Güter<br />

Aber:<br />

� Besonderheit der Situation (Ausnahmecharakter)<br />

� Marktmechanismen führen – insbesondere aufgrund der Fristigkeit –<br />

nicht zu einer Verbesserung der Situation<br />

� Anbieter sollten damit rechnen, dass ihnen die Diskriminierung<br />

negativ zugerechnet wird<br />

Voraussetzungen für staatliche Eingriffe sind hier erfüllt<br />

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33


Probleme permanenter Markteingriffe<br />

40 Cent/l = Mindestpreis?<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Milchpreis<br />

� Milchquoten (> Nachfrage)<br />

� Milchsubventionen (Milchkuhprämien,<br />

Butteraufkauf, Steuervergünstigungen etc.)<br />

� „Faire“ Milchprodukte<br />

� …<br />

Wettbewerbsmechanismen<br />

werden außer Kraft gesetzt<br />

Effekte<br />

� Effizienzverluste<br />

� Informations- und Koordinationsfunktion von Preisen werden nicht voll<br />

genutzt<br />

� Begrenzte Marktanpassungen<br />

� Lokale Milchmärkte in Entwicklungsländern leiden unter Billigexporten<br />

(Subventionen!) aus der EU<br />

34


Sozialpolitik gegen den Markt<br />

Paradigma: Effizienz und soziale Gerechtigkeit stehen diametral<br />

zueinander<br />

Effizienz<br />

Soziale<br />

Gerechtigkeit<br />

� Gerechtigkeit wird als Nullsummenspiel<br />

verstanden („Leistung ohne<br />

Gegenleistung“)<br />

� Gemeinsame Interessen zwischen<br />

Geber und Nehmer sind ausgeblendet<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

� Das Soziale wird über die Höhe von<br />

Sozialleistungen definiert<br />

Unfruchtbare Wertediskussion<br />

Negative Anreizwirkungen<br />

für Geber und Nehmer<br />

35


Sozialpolitik für den Markt<br />

Paradigma: Wie können Anreize zur gesellschaftlichen<br />

Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil geschaffen werden?<br />

� Von der statischen zur intertemporalen Perspektive (� Investitionen<br />

werden möglich)<br />

� Ermöglichung individueller Investitionen (etwa Bildung,<br />

Arbeitsmarktpolitik)<br />

� Förderung von (riskanten) Investitionen durch Versicherungssystem<br />

� Versicherung vor unverschuldeten Umständen (Krankheit,<br />

Arbeitslosigkeit, Armut etc.)<br />

Sozialsysteme als Investition in die<br />

Zustimmung zur Marktwirtschaft<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

36


Moral Hazard<br />

„Too Big to Fail“<br />

Versicherung &<br />

(Risiko-)Verhalten<br />

Institutionen (Spielregeln) zur Reduzierung<br />

der Problematik<br />

� Fixierung von Sorgfaltspflichten<br />

� Selbstbehalte/Zuzahlungen<br />

� Prämien-/Bonussysteme<br />

� Sanktionen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Moral hazard<br />

� Ex post (nach Vertragsschluss)<br />

Opportunismus<br />

� Grund: Auseinanderfallen<br />

von kollektiven und individuellen<br />

Interessen<br />

Anreize für<br />

Investitionen in die<br />

gesellschaftliche<br />

Zusammenarbeit<br />

zum gegenseitigen<br />

Vorteil!<br />

37


Institutionalisierte Solidarität<br />

Solidarität<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

� Ursprünglich: eine spezifische Form der<br />

Haftung („Einer für alle, alle für einen“)<br />

� Allgemeiner: Ausdruck gesellschaftlicher<br />

Kooperation mit direkt reziprokem Charakter<br />

� Interpretation: Selbstlosigkeit, Altruismus<br />

Problem: Adaption auf gesellschaftliche Probleme bzw. Problemlösungen<br />

Institutionalisierte<br />

Solidarität<br />

�<br />

� Abkopplung von individueller Disposition<br />

� Keine unmittelbar reziproke Wirkung<br />

� Instrumentalisierung der Marktlogik: Unter<br />

geeigneten Spielregeln ist der Markt eine<br />

Form institutionalisierter Solidarität<br />

Herausforderung für normative Erwartungen<br />

38


Corporate Social Responsibility<br />

Corporate Social Responsibility<br />

Marktwirtschaft<br />

� CSR ist unter und durch Wettbewerbsstrukturen<br />

zur Geltung zu bringen<br />

� Ohne Anreize werden Unternehmen keine<br />

Verantwortung übernehmen (können)<br />

� Unternehmen können – im gesellschaftlichen<br />

Interesse (sic!) – nicht altruistisch agieren<br />

� Es ist Teil der Verantwortung von<br />

Unternehmen, Gewinne zu erzielen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

39


Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Juniorprofessur für Corporate Social Responsibility<br />

Unternehmensethik<br />

HWS 2009/10


Die Allokationsfunktion von Preisen<br />

� Zunehmende relative Knappheit führt zu steigenden Preisen<br />

� Händler verkaufen Produkte an Akteure mit der höchsten<br />

Zahlungsbereitschaft<br />

� Die Zahlungsbereitschaft ist dort am größten, wo das Gut den höchsten<br />

Nutzen bietet<br />

Preise geben darüber Auskunft, wo Güter am effizientesten<br />

eingesetzt werden können und führen damit zu einer<br />

effizienten Güterallokation<br />

� Steigende Preise führen (c.p.) zu höheren Gewinnmargen<br />

� Höhere Gewinne ziehen neue Anbieter an, macht die Erschließung neuer<br />

und/oder alternativer Produktionskapazitäten und/oder Substitute<br />

interessant<br />

Preise informieren darüber, wo es sinnvoll ist, Produktionskapazitäten<br />

zu erweitern bzw. neue Märkte zu erschließen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

2


Eine differenzierte Betrachtung<br />

Individuelle Zahlungsbereitschaft ist grundsätzlich das<br />

sinnvollste – und auch gerechteste! – Kriterium zur<br />

Allokation knapper Güter<br />

Aber:<br />

� Besonderheit der Situation (Ausnahmecharakter)<br />

� Marktmechanismen führen hier – insbesondere aufgrund der<br />

Fristigkeit – nicht zu einer Verbesserung der Situation<br />

� Anbieter sollten damit rechnen, dass ihnen die Diskriminierung<br />

negativ zugerechnet wird<br />

Voraussetzungen für staatliche Eingriffe sind hier erfüllt<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

3


Probleme permanenter Markteingriffe<br />

40 Cent/l = Mindestpreis?<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Milchpreis<br />

� Milchquoten (> Nachfrage)<br />

� Milchsubventionen (Milchkuhprämien,<br />

Butteraufkauf, Steuervergünstigungen etc.)<br />

� „Faire“ Milchprodukte<br />

� …<br />

Wettbewerbsmechanismen<br />

werden außer Kraft gesetzt<br />

Effekte<br />

� Effizienzverluste<br />

� Informations- und Koordinationsfunktion von Preisen werden nicht voll<br />

genutzt<br />

� Begrenzte Marktanpassungen<br />

� Lokale Milchmärkte in Entwicklungsländern leiden unter Billigexporten<br />

(Subventionen!) aus der EU<br />

4


Sozialpolitik gegen den Markt<br />

Paradigma: Effizienz und soziale Gerechtigkeit stehen diametral<br />

zueinander<br />

Effizienz<br />

Soziale<br />

Gerechtigkeit<br />

� Gerechtigkeit wird als Nullsummenspiel<br />

verstanden („Leistung ohne<br />

Gegenleistung“)<br />

� Gemeinsame Interessen zwischen<br />

Geber und Nehmer sind ausgeblendet<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

� Das Soziale wird über die Höhe von<br />

Sozialleistungen definiert<br />

Unfruchtbare Wertediskussion<br />

Negative Anreizwirkungen<br />

für Geber und Nehmer<br />

5


Sozialpolitik für den Markt<br />

Paradigma: Wie können Anreize zur gesellschaftlichen<br />

Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil geschaffen werden?<br />

� Von der statischen zur intertemporalen Perspektive (� Investitionen<br />

werden möglich)<br />

� Ermöglichung individueller Investitionen (etwa Bildung,<br />

Arbeitsmarktpolitik)<br />

� Förderung von (riskanten) Investitionen durch Versicherungssystem<br />

� Versicherung vor unverschuldeten Umständen (Krankheit,<br />

Arbeitslosigkeit, Armut etc.)<br />

Sozialsysteme als Investition in die<br />

Zustimmung zur Marktwirtschaft<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

6


Moral Hazard<br />

„Too Big to Fail“<br />

Versicherung &<br />

(Risiko-)Verhalten<br />

Institutionen (Spielregeln) zur Reduzierung<br />

der Problematik<br />

� Fixierung von Sorgfaltspflichten<br />

� Selbstbehalte/Zuzahlungen<br />

� Prämien-/Bonussysteme<br />

� Sanktionen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Moral hazard<br />

� Ex post (nach Vertragsschluss)<br />

Opportunismus<br />

� Grund: Auseinanderfallen<br />

von kollektiven und individuellen<br />

Interessen<br />

Anreize für<br />

Investitionen in die<br />

gesellschaftliche<br />

Zusammenarbeit<br />

zum gegenseitigen<br />

Vorteil!<br />

7


Institutionalisierte Solidarität<br />

Solidarität<br />

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� Ursprünglich: eine spezifische Form der<br />

Haftung („Einer für alle, alle für einen“)<br />

� Allgemeiner: Ausdruck gesellschaftlicher<br />

Kooperation mit direkt reziprokem Charakter<br />

� Interpretation: Selbstlosigkeit, Altruismus<br />

Problem: Adaption auf gesellschaftliche Probleme bzw. Problemlösungen<br />

Institutionalisierte<br />

Solidarität<br />

�<br />

� Abkopplung von individueller Disposition<br />

� Keine unmittelbar reziproke Wirkung<br />

� Instrumentalisierung der Marktlogik: Unter<br />

geeigneten Spielregeln ist der Markt eine<br />

Form institutionalisierter Solidarität<br />

Herausforderung für normative Erwartungen<br />

8


Corporate Social Responsibility<br />

Corporate Social Responsibility<br />

Marktwirtschaft<br />

� CSR ist unter und durch Wettbewerbsstrukturen<br />

zur Geltung zu bringen<br />

� Ohne Anreize werden Unternehmen keine<br />

Verantwortung übernehmen (können)<br />

� Unternehmen können – im gesellschaftlichen<br />

Interesse (sic!) – nicht altruistisch agieren<br />

� Es ist Teil der Verantwortung von<br />

Unternehmen, Gewinne zu erzielen<br />

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9


Diffusität<br />

Babylonisches Sprachgewirr<br />

� Corporate (Social) Responsibility<br />

� Unternehmensverantwortung<br />

� Corporate Citizenship<br />

� Nachhaltigkeit<br />

� Stakeholder Management<br />

� Corporate Governance<br />

� Unternehmensführung<br />

� …<br />

�<br />

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Inhaltliche Diffusität<br />

� Greenpeace: Emissionen<br />

� Anwohner: Spielplätze<br />

� ver.di: Arbeitsplätze<br />

� Kunden: Qualität<br />

� Attac: Preissetzung durch<br />

demokratischen Prozess<br />

� Mitarbeiter: Fort- und<br />

Weiterbildungen<br />

� …<br />

CSR: Ein prominenter Begriff von schillernder Vieldeutigkeit<br />

10


CSR: Ein grenzenloser Begriff?<br />

"Corporate social responsibility is the<br />

continuing commitment by business<br />

to behave ethically and contribute to<br />

economic development while im-<br />

proving the quality of life of the work-<br />

force and their families as well as of<br />

the local community and society at<br />

large."<br />

(World Business Council for Sustainable<br />

Development, 1999)<br />

�<br />

Notwendigkeit von Orientierungspunkten<br />

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11


Triebkräfte I<br />

Globalisierung<br />

� Internationale Wertschöpfung<br />

� Steigender Wettbewerbsdruck<br />

� Zunahme (regelungsbedürftiger) Kooperations- und Konfliktmöglichkeiten<br />

Informations- und Kommunikationsbedingungen<br />

� Enorme Leistungssteigerung bei gleichzeitig sinkenden Kosten<br />

� Potenzielle permanente Transparenz<br />

� Risiken von Aufdeckung und Sanktionierung steigen<br />

Kritischere Öffentlichkeit<br />

� Unternehmensskandale (Enron, Lidl, Siemens etc.)<br />

� Sensibilisierung & Aktivierung der Verbraucher (s.a. LOHAS)<br />

� Formierung von schlagkräftigen Anspruchsgruppen/NGOs<br />

Kapitalmärkte (ambivalent!)<br />

� Nachhaltigkeitsanalysen<br />

� Nachhaltige Kapitalanlagen/Indizes (etwa DJSI, FTSE4Good)<br />

� Renditedruck<br />

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12


Triebkräfte II<br />

Gesellschaftliche Problemlagen<br />

� Mangel an wirkmächtigen Akteuren<br />

� Faktische Verantwortungszuschreibung zur Lösung von Problemen (veränderte<br />

Zurechnungsprozesse)<br />

Kapitalismuskritik<br />

� Sinnverlust (Entfremdung)<br />

� Fehlender Konterpart<br />

� Finanzkrise<br />

Triebkräfte wirken dahingehend, dass Unternehmen ihre<br />

gesellschaftliche Erwünschtheit (permanent) nachweisen müssen;<br />

anderenfalls droht ihnen der Verlust ihrer Licence to operate.<br />

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13


CSR: Jenseits des Kerngeschäfts?<br />

BL: Suchanek/Lin-Hi 2008<br />

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14


Wohltaten als Unternehmensverantwortung?<br />

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15


Wohltaten als Unternehmensverantwortung?<br />

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16


Wohltaten als Unternehmensverantwortung?<br />

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17


Beispiele für Wohltätigkeiten<br />

� Cause-Related Marketing<br />

� Geld- oder Sachspenden<br />

� Sponsoring sozialer oder kultureller Veranstaltungen<br />

� Pro-Bono-Projekte<br />

� Informationsveranstaltungen an Schulen<br />

� Kostenlose Abgabe eigener Produkte an Non-Profit-<br />

Organisationen<br />

� Corporate Volunteering<br />

� Programme für arbeitslose Jugendliche<br />

� …<br />

Wohltätigkeiten („corporate philanthropy“) werden in der Gesellschaft<br />

stark mit CSR assoziiert. Gerade hier ist eine hohe gesellschaftliche<br />

Nachfrage zu verzeichnen.<br />

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18


Gründe für die Beliebtheit<br />

Unternehmen<br />

� Sichtbarkeit (CSR-Leuchttürme)<br />

� Gute Kommunizierbarkeit<br />

� Hohe Werbewirksamkeit<br />

� Interne Motivationswirkung<br />

� Einfache Handhabbarkeit<br />

� Bequeme Art, das Thema<br />

CSR abzuhaken<br />

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Gesellschaft<br />

� Unternehmen sind nicht nur<br />

gewinnorientiert<br />

� Man gibt etwas der<br />

Gesellschaft zurück<br />

� Gute Taten<br />

19


Kritik<br />

� Alter Wein in neuen Schläuchen<br />

� Fokus auf die Mittelverwendung, die Art und Weise der<br />

Mittelerzielung bleibt außen vor<br />

� „Crowding out“ einer verantwortungsvollen Wertschöpfung<br />

� Implizite Positionierung als Korrekturfunktion zur Gewinnerzielung<br />

� Umverteilungsparadigma<br />

� Unsystematischer Ansatz<br />

� Fehlender Problembezug (Konfliktfelder bleiben außen vor)<br />

� Keine normative Fundierung (� Grenzen der Verantwortung bleiben<br />

unklar)<br />

� Ablasshandel?<br />

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20


Lidl & Wohltätigkeiten<br />

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21


Semantische Botschaft<br />

Wohltätigkeiten erodieren die unternehmerische<br />

Legitimität in der Gesellschaft, da sie der Separation von<br />

Gewinn und Moral Vorschub leisten!*<br />

� Die Verantwortung von Unternehmen wird jenseits ihrer<br />

Geschäftstätigkeit verortet<br />

� Umkehrschluss: Die Geschäftstätigkeit selbst ist nicht verantwortlich<br />

� Wenn die Geschäftstätigkeit nicht verantwortlich ist, so ist fraglich,<br />

was Unternehmen in der Gesellschaft überhaupt legitimiert<br />

*Solche Aktivitäten sind sinnvoller Bestandteil im Marketing- und Kommunikationsmix von<br />

Unternehmen; sie werden aber problematisch, wenn sie als Verantwortung deklariert werden.<br />

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22


CSR = Gewinn?<br />

„The Social Responsibility of Business Is to<br />

Increase Its Profits“ (Milton Friedman 1970)<br />

„Social welfare is maximized when all firms in an economy<br />

maximize total firm value.“ (Jensen 2002)<br />

BL: Friedman 1970<br />

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23


Friedmans Anliegen<br />

CSR gefährdet die freiheitliche Gesellschaft<br />

� Manager erhalten von Unternehmenseigentümern Ressourcen für<br />

eine relativ klar definierte Aufgabe (= Gewinnmaximierung*)<br />

� CSR: Ressourceneinsatz für „irgendwelche“ sozialen und<br />

ökologischen Dinge<br />

CSR ist problematisch, da Manager<br />

� dafür keinen Auftrag haben,<br />

� nicht über notwendige Informationen<br />

und Kompetenzen verfügen<br />

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� Ineffiziente Verwendung<br />

von Ressourcen<br />

� Eröffnung von Missbrauchsmöglichkeiten<br />

*beachte: pragmatische Reduktion<br />

24


CSR als Gefahr für die Freiheit<br />

„Few trends could so thoroughly undermine the very foundations of our free<br />

society as the acceptance by corporate officials of a social respon-sibility other<br />

than to make as much money for their stockholders as possible. This is a<br />

fundamentally subversive doctrine.” (Friedman 1962)<br />

� Unterminierung von Eigentumsrechten<br />

� „Zwangssteuer“ (Überwälzung von CSR-Kosten auf Kunden und<br />

Mitarbeiter)<br />

� Nichtdemokratische Entscheidungen<br />

� Staat ist der Ansprechpartner für gesellschaftliche Probleme<br />

Ein falsches Verständnis von CSR gefährdet die Funktionsfähigkeit<br />

von Märkten<br />

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25


Friedmans Argumente<br />

Manager sind Agenten<br />

der Eigentümer<br />

Diffuses Verständnis<br />

von Verantwortung<br />

Semantik<br />

Ansprechpartner Staat<br />

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� Bereitstellung von Kapital,<br />

� Kapitalmehrung<br />

� Kontrollmöglichkeit & Anreize<br />

� Machtmissbrauch<br />

� Ineffizienzen<br />

� Problem eines sozialistisches Verständnis<br />

� Gewinnerzielung hat moralische Qualität<br />

� Lösung von Problemen<br />

� Gestaltung der Rahmenordnung<br />

Auflösung des Grundkonflikts zugunsten des Gewinnprinzips:<br />

„The social responsibility of business is to increase its profits“<br />

26


Einseitigkeit der Position von Friedman<br />

Die Position von Friedman ist NICHT falsch, aber sie ist aufgrund<br />

ihrer Einseitigkeit problematisch!<br />

� Vernachlässigung der Einbindung von Unternehmen in<br />

gesellschaftliche Beziehungen (� „Triebkräfte“)<br />

� Forcierung ideologischer Orientierungspunkte<br />

� Überschätzung staatlicher Steuerungs- und Kontrollkompetenz<br />

� Trivialisierung ethischer Herausforderungen im unternehmerischen<br />

Alltag<br />

� Der Grundkonflikt zwischen Moral und Gewinn wird – v.a. per Annahme<br />

über Funktionsfähigkeit von Märkten – „wegdefiniert“<br />

� Fehlende Heuristik zur Lösung des Grundkonflikts<br />

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27


Problematische Formen der Gewinnerzielung<br />

Es gibt problematische Formen der Gewinnerzielung<br />

Nicht nur ein verfehltes Verständnis von Verantwortung<br />

gefährdet die gesellschaftliche Freiheit, sondern ebenso<br />

ein verfehltes Verständnis von Gewinnerzielung!<br />

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28


CSR: Management von Konfliktfelder<br />

OP<br />

Konfliktfelder entstehen durch das stets latent vorhandene<br />

Spannungsverhältnis zwischen Gewinn und Moral<br />

Gewinn<br />

Moral<br />

Beispiele:<br />

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� Menschenrechtsverletzungen<br />

� Kinderarbeit<br />

� Umweltverschmutzung<br />

� Korruption<br />

� Bilanzverschleierung<br />

� Vernachlässigung von Sicherheitsstandards<br />

� Rüstungsexporte in Spannungsgebiete<br />

� Hohe Preise für lebensnotwendige<br />

Medikamente<br />

� ...<br />

CSR beinhaltet das Management von Konflikten zwischen<br />

Gewinn und Moral<br />

29


Licence to operate<br />

Licence to operate (= Gesellschaftliche Akzeptanz von<br />

Unternehmen)<br />

� ist die Bedingung der unternehmerischen Wertschöpfung<br />

� wird implizit und explizit von den Mitgliedern der Gesellschaft<br />

gegeben bzw. entzogen<br />

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30


Licence to operate<br />

Licence to operate<br />

� basiert auf subjektiven Wahrnehmungen der<br />

Gesellschaftsmitglieder,<br />

� welche mit subjektiven Erwartungen verknüpft sind, und<br />

� durch normative Vorstellungen beeinflusst werden.<br />

Es gilt:<br />

� die Licence to operate lässt sich nicht formal erwerben,<br />

� die Anforderungen zur Erlangung verändern sich im Zeitablauf,<br />

� es gibt keinen Lösungsalgorithmus.<br />

�<br />

Die Licence to operate wird durch Konfliktfelder gefährdet<br />

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31


Antizipation von Konfliktfeldern<br />

� Eine grundlegende Herausforderung besteht darin, Konflikte<br />

zwischen Gewinn und Moral im unternehmerischen Alltag<br />

erkennen zu können;<br />

� dies setzt voraus, gesellschaftliche Zurechnungsprozesse zu<br />

verstehen.<br />

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32


Das Amazon Partnerprogramm<br />

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33


Amazon und der Verfassungsschutz<br />

„Mit jedem Einkauf bei amazon.de, auch<br />

anderer Produkte als den von uns hier<br />

empfohlenen Gütern, und/oder dem Zu-<br />

gang zu amazon.de über unsere Em-<br />

pfehlungsliste, unterstützen Sie das<br />

Projekt 'Nationales Netztagebuch'.<br />

Vielen Dank dafür.“<br />

(NPD-Partei-Internetseite “Nationales-Netztagebuch“,<br />

Kreisverband Barnim-Uckermark )<br />

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Aufgedeckt vom brandenbur-<br />

gischen Verfassungsschutz<br />

„[…] Amazon nennt das ‚Werbe-<br />

kostenerstattung‘. Andere könnten das<br />

eine wirtschaftliche Partnerschaft mit<br />

verfassungsfeindlichen Extremisten<br />

nennen. […]“ (vom 04. Juni 2009)<br />

Vorangegangener „Dialog“<br />

� Brandenburgische Verfassungsschutz kontaktiert Amazon<br />

� Amazon: Wenn „ein offizielles Verbot“ zu den im „Nationalen Netztagebuch“<br />

beworbenen Artikeln „oder zu der Seite selbst geschehen, werden wir diese<br />

selbstverständlich umgehend aus dem Angebot beziehungsweise aus dem<br />

Partnerprogramm entfernen.“<br />

� Entspricht einem (nicht untypischen) Rückzug in die juristische<br />

Dimension<br />

34


Amazon und Reaktionen<br />

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Mediale Berichterstattung<br />

� Massive Kritik an der „Partnerschaft“<br />

zwischen Amazon und NPD<br />

� Boykottdrohungen durch diverse Politiker<br />

� Berichterstattung und Kommentierung in<br />

diversen Blogs<br />

Kommentierung auf der NPD-Seite<br />

� Aufruf zur „Solidarität mit Amazon“<br />

� „erfolgreiche[r] amerikanischer Konzern“<br />

35


Amazons Statements (nach der Berichterstattung)<br />

Auf eine Anfrage des Tagesspiegel:<br />

„Wir prüfen derzeit die Einhaltung der Teilnahmebedingungen unseres<br />

Partnerprogramms durch die Website und werden nach Abschluss der Prüfung<br />

adäquate Maßnahmen treffen.“<br />

Auf die Frage, warum rechtsextremistische Schriften angeboten werden:<br />

Amazon übernehme „stets die Einschätzung“ von Gerichten, Staatsanwaltschaften<br />

und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Ansonsten nehme man<br />

„bei der Beantwortung der Frage, ob ein Produkt vertrieben werden sollte, keine<br />

eigene Wertung vor.“<br />

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„Amazon vertreibt weder indizierte noch ver-<br />

botene Titel. Unser Ziel ist es, unseren Kunden<br />

die größtmögliche Auswahl an verschiedenen<br />

Titeln bereitzustellen. Aus diesem Grund bieten<br />

wir Artikel an, die auf dem deutschen Markt frei<br />

erhältlich sind.“ (Antwort auf Kundenanfragen)<br />

„Es gibt eine Nachfrage dafür, die wollen wir<br />

befriedigen.“ (Angebliche Aussage am Telefon – welche<br />

es allerdings bis ins Handelsblatt geschafft hat)<br />

36


Schlussendlich<br />

� Amazon reagiert infolge von zahlreichen kritischen Berichten,<br />

Kundenbeschwerden und Account-Löschungen<br />

� (Temporärer) Verlust der Licence to operate<br />

"Wir haben die Überprüfung der Netztagebuch-Website abgeschlossen<br />

und entschieden, dass die Website nicht den Teilnahmebedingungen<br />

unseres Partnerprogramms entspricht. Wir schließen die Website von<br />

der weiteren Teilnahme am Amazon.de-Partnerprogramm aus und<br />

haben den Websitebetreiber über unsere Entscheidung informiert."<br />

(Amazon, 08.06.2009)<br />

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37


Einsichten<br />

� Fragilität der Licence to operate<br />

� Demokratisierung von Informationen<br />

� Grenzen der juristischen Argumentation<br />

� Zurechnungsprozesse laufen vielfach stark vereinfacht ab<br />

OP<br />

Man kann immer alles anders sehen und andere tun dies auch!<br />

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38


Implikationen für CSR<br />

Was war das Problem?<br />

� Trivialisierung der moralischen Dimension<br />

� Substitution durch die juristische Dimension<br />

� Unterschätzung möglicher Auswirkungen<br />

� Warnhinweise konnten nicht verarbeitet werden<br />

� Inhaltlich (Nichtverständnis)<br />

� Organisatorisch (Nichteskalation)<br />

� Strategisch (Nichtadaption)<br />

Herausforderungen für das Management von CSR<br />

� Antizipation von Konfliktfeldern (moralisches Urteilsvermögen)<br />

� Gestaltung entsprechender Governance-Strukturen<br />

(Gestaltungskompetenz!)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

39


CSR & Erfolgsbedingungen<br />

�<br />

Gewinn<br />

�<br />

�<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Investiere in die Bedingungen<br />

der gesellschaftlichen<br />

Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil (= CSR)<br />

Verantwortung<br />

CSR ist das Management der Bedingungen des<br />

langfristigen Unternehmenserfolgs<br />

40


Die goldene Regel<br />

„Investiere in die Bedingungen der<br />

gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil!“<br />

Bedingungen sind:<br />

� Humankapital (Fähigkeiten, ‚Tugenden‘, Mitarbeitermotivation)<br />

� Sozialkapital (Beziehung, Netzwerke)<br />

� Organisationskapital (‚brand name‘, Reputation, Integrität)<br />

� Institutionelles Kapital (formale Governancestrukturen)<br />

� Natur- und Sachkapital (Ressourcen, Technologien)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

41


CSR als Investition<br />

CSR ist das Management von Konflikten zwischen Gewinn und<br />

Moral<br />

� Es geht nicht um Verzicht, sondern um Investitionen<br />

� Unternehmen sind auf Vermögenswerte wie Integrität, Glaubwürdigkeit etc.<br />

angewiesen<br />

� Es ist im wohlverstandenen Eigeninteresse, auf bestimmte Formen der<br />

kurzfristigen Gewinnerzielung zu verzichten (Keine Gewinnerzielung<br />

zulasten Dritter!)<br />

Der Verzicht auf kurzfristige Gewinnerzielung ist als Investition in<br />

zukünftige Handlungsbedingungen zur Geltung zu bringen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

42


Investive Selbstbindung<br />

�<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Investive Selbstbindung!<br />

Beachte: Ethik zahlt sich nicht immer aus!<br />

43


Unverantwortlich<br />

Negativformulierung von<br />

Verantwortung:<br />

Unverantwortlich ist eine<br />

Handlung, die die Bedingungen<br />

ihres eigenen Erfolgs in Anspruch<br />

nimmt und dabei zugleich zu der<br />

Erosion dieser Bedingungen<br />

beiträgt.<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Beispiele:<br />

� Unabhängiger<br />

Versicherungsvertreter &<br />

Provisionen<br />

� „Cash Management“<br />

� CSR-Beratung &<br />

Trivialisierung von Problemen<br />

� Teenager & Diskobesuche<br />

� …<br />

44


Herausforderung<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

45


CSR im Alltag<br />

CSR ist das Management der Bedingungen des langfristigen<br />

unternehmerischen Erfolgs<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

1. Verantwortung, Nachhaltigkeit etc.<br />

2. Restriktionen des gesellschaft-<br />

lichen & wirtschaftlichen Alltags<br />

.<br />

3. Corporate Social<br />

Responsibility<br />

46


Bedingungen<br />

gegebene<br />

Handlungs-<br />

bedingungen<br />

t 1<br />

OP<br />

� Handlungen � Handlungs-<br />

folgen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

�<br />

Jede Handlung beeinflusst zukünftige<br />

Handlungsbedingungen!<br />

zukünftige<br />

Handlungs-<br />

bedingungen<br />

t 2<br />

47


Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Juniorprofessur für Corporate Social Responsibility<br />

Unternehmensethik<br />

HWS 2009/10


Corporate Social Responsibility<br />

Corporate Social Responsibility<br />

Marktwirtschaft<br />

� CSR ist unter und durch Wettbewerbsstrukturen<br />

zur Geltung zu bringen<br />

� Ohne Anreize werden Unternehmen keine<br />

Verantwortung übernehmen (können)<br />

� Unternehmen können – im gesellschaftlichen<br />

Interesse (sic!) – nicht altruistisch agieren<br />

� Es ist Teil der Verantwortung von<br />

Unternehmen, Gewinne zu erzielen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 2


Problematische Formen der Gewinnerzielung<br />

Es gibt problematische Formen der Gewinnerzielung<br />

Nicht nur ein verfehltes Verständnis von Verantwortung<br />

gefährdet die gesellschaftliche Freiheit, sondern ebenso<br />

ein verfehltes Verständnis von Gewinnerzielung!<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 3


CSR: Management von Konfliktfeldern<br />

OP<br />

Konfliktfelder entstehen durch das stets latent vorhandene<br />

Spannungsverhältnis zwischen Gewinn und Moral<br />

Gewinn<br />

Moral<br />

Beispiele:<br />

� Menschenrechtsverletzungen<br />

� Kinderarbeit<br />

� Umweltverschmutzung<br />

� Korruption<br />

� Bilanzverschleierung<br />

� Vernachlässigung von Sicherheitsstandards<br />

� Rüstungsexporte in Spannungsgebiete<br />

� Hohe Preise für lebensnotwendige<br />

Medikamente<br />

� ...<br />

CSR beinhaltet das Management von Konflikten zwischen<br />

Gewinn und Moral<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 4


Licence to operate<br />

Licence to operate (= Gesellschaftliche Akzeptanz von<br />

Unternehmen)<br />

� ist die Bedingung der unternehmerischen Wertschöpfung<br />

� wird implizit und explizit von den Mitgliedern der Gesellschaft<br />

gegeben bzw. entzogen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 5


Licence to operate<br />

Licence to operate<br />

� basiert auf subjektiven Wahrnehmungen der<br />

Gesellschaftsmitglieder,<br />

� welche mit subjektiven Erwartungen verknüpft sind und<br />

� durch normative Vorstellungen beeinflusst werden.<br />

Es gilt:<br />

� die Licence to operate lässt sich nicht formal erwerben<br />

� die Anforderungen zur Erlangung verändern sich im Zeitablauf<br />

� es gibt keinen Lösungsalgorithmus<br />

�<br />

Die Licence to operate wird durch Konfliktfelder gefährdet<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 6


Antizipation von Konfliktfeldern<br />

� Eine grundlegende Herausforderung besteht darin, Konflikte<br />

zwischen Gewinn und Moral im unternehmerischen Alltag<br />

erkennen zu können;<br />

� dies setzt voraus, gesellschaftliche Zurechnungsprozesse zu<br />

verstehen.<br />

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Das Amazon Partnerprogramm<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 8


Amazon und der Verfassungsschutz<br />

„Mit jedem Einkauf bei amazon.de, auch<br />

anderer Produkte als den von uns hier<br />

empfohlenen Gütern, und/oder dem Zugang<br />

zu amazon.de über unsere Empfehlungsliste,<br />

unterstützen Sie das<br />

Projekt 'Nationales Netztagebuch'.<br />

Vielen Dank dafür.“<br />

(NPD-Partei-Internetseite “Nationales-Netztagebuch“,<br />

Kreisverband Barnim-Uckermark )<br />

Vorangegangener „Dialog“<br />

� Brandenburgischer Verfassungsschutz kontaktiert Amazon<br />

Aufgedeckt vom brandenburgischen<br />

Verfassungsschutz<br />

„[…] Amazon nennt das ‚Werbekostenerstattung‘.<br />

Andere könnten das<br />

eine wirtschaftliche Partnerschaft mit<br />

verfassungsfeindlichen Extremisten<br />

nennen. […]“ (vom 04. Juni 2009)<br />

� Amazon: Wenn „ein offizielles Verbot“ zu den im „Nationalen Netztagebuch“<br />

beworbenen Artikeln „oder zu der Seite selbst geschehen, werden wir diese<br />

selbstverständlich umgehend aus dem Angebot beziehungsweise aus dem<br />

Partnerprogramm entfernen.“<br />

� Entspricht einem (nicht untypischen) Rückzug in die juristische<br />

Dimension<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 9


Amazon und Reaktionen<br />

Mediale Berichterstattung<br />

� Massive Kritik an der „Partnerschaft“<br />

zwischen Amazon und NPD<br />

� Boykottdrohungen durch diverse Politiker<br />

� Berichterstattung und Kommentierung in<br />

diversen Blogs<br />

Kommentierung auf der NPD-Seite<br />

� Aufruf zur „Solidarität mit Amazon“<br />

� „erfolgreiche[r] amerikanischer Konzern“<br />

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Amazons Statements (nach der Berichterstattung)<br />

Auf eine Anfrage des Tagesspiegel:<br />

„Wir prüfen derzeit die Einhaltung der Teilnahmebedingungen unseres<br />

Partnerprogramms durch die Website und werden nach Abschluss der Prüfung<br />

adäquate Maßnahmen treffen.“<br />

Auf die Frage, warum rechtsextremistische Schriften angeboten werden:<br />

Amazon übernehme „stets die Einschätzung“ von Gerichten,<br />

Staatsanwaltschaften und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.<br />

Ansonsten nehme man „bei der Beantwortung der Frage, ob ein Produkt<br />

vertrieben werden sollte, keine eigene Wertung vor.“<br />

„Amazon vertreibt weder indizierte noch verbotene Titel. Unser Ziel ist es,<br />

unseren Kunden die größtmögliche Auswahl an verschiedenen Titeln<br />

bereitzustellen. Aus diesem Grund bieten wir Artikel an, die auf dem deutschen<br />

Markt frei erhältlich sind.“ (Antwort auf Kundenanfragen)<br />

„Es gibt eine Nachfrage dafür, die wollen wir befriedigen.“ (Angebliche Aussage am<br />

Telefon – welche es allerdings bis ins Handelsblatt geschafft hat)<br />

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Schlussendlich<br />

� Amazon reagiert infolge von zahlreichen kritischen Berichten,<br />

Kundenbeschwerden und Account-Löschungen<br />

� (Temporärer) Verlust der Licence to operate<br />

"Wir haben die Überprüfung der Netztagebuch-Website abgeschlossen<br />

und entschieden, dass die Website nicht den Teilnahmebedingungen<br />

unseres Partnerprogramms entspricht. Wir schließen die Website von<br />

der weiteren Teilnahme am Amazon.de-Partnerprogramm aus und<br />

haben den Websitebetreiber über unsere Entscheidung informiert."<br />

(Amazon, 08.06.2009)<br />

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Einsichten<br />

� Fragilität der Licence to operate<br />

� Demokratisierung von Informationen<br />

� Grenzen der juristischen Argumentation<br />

� Zurechnungsprozesse laufen vielfach stark vereinfacht ab<br />

OP<br />

Man kann immer alles anders sehen und andere tun dies auch!<br />

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Implikationen für CSR<br />

Was war das Problem?<br />

� Trivialisierung der moralischen Dimension<br />

� Substitution durch die juristische Dimension<br />

� Unterschätzung möglicher Auswirkungen<br />

� Warnhinweise konnten nicht verarbeitet werden<br />

� Inhaltlich (Nichtverständnis)<br />

� Organisatorisch (Nichteskalation)<br />

� Strategisch (Nichtadaption)<br />

Herausforderungen für das Management von CSR<br />

� Antizipation von Konfliktfeldern (moralisches Urteilsvermögen)<br />

� Gestaltung entsprechender Governance-Strukturen<br />

(Gestaltungskompetenz!)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 14


CSR & Erfolgsbedingungen<br />

�<br />

Gewinn<br />

�<br />

�<br />

Investiere in die Bedingungen<br />

der gesellschaftlichen<br />

Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil (= CSR)<br />

Verantwortung<br />

CSR ist das Management der Bedingungen des<br />

langfristigen Unternehmenserfolgs<br />

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Die goldene Regel<br />

„Investiere in die Bedingungen der<br />

gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil!“<br />

Bedingungen sind:<br />

� Humankapital (Fähigkeiten, ‚Tugenden‘, Mitarbeitermotivation)<br />

� Sozialkapital (Beziehung, Netzwerke)<br />

� Organisationskapital (‚brand name‘, Reputation, Integrität)<br />

� Institutionelles Kapital (formale Governancestrukturen)<br />

� Natur- und Sachkapital (Ressourcen, Technologien)<br />

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CSR als Investition<br />

CSR ist das Management von Konflikten zwischen Gewinn und<br />

Moral<br />

� Es geht nicht um Verzicht, sondern um Investitionen<br />

� Unternehmen sind auf Vermögenswerte wie Integrität, Glaubwürdigkeit etc.<br />

angewiesen<br />

� Es ist im wohlverstandenen Eigeninteresse, auf bestimmte Formen der<br />

kurzfristigen Gewinnerzielung zu verzichten (Keine Gewinnerzielung<br />

zulasten Dritter!)<br />

Der Verzicht auf kurzfristige Gewinnerzielung ist als Investition in<br />

zukünftige Handlungsbedingungen zur Geltung zu bringen<br />

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Investive Selbstbindung<br />

�<br />

Beachte: Ethik zahlt sich nicht immer aus!<br />

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Unverantwortlich<br />

Negativformulierung von<br />

Verantwortung:<br />

Unverantwortlich ist eine<br />

Handlung, die die Bedingungen<br />

ihres eigenen Erfolgs in Anspruch<br />

nimmt und dabei zugleich zu der<br />

Erosion dieser Bedingungen<br />

beiträgt.<br />

Beispiele:<br />

� Unabhängiger<br />

Versicherungsvertreter &<br />

Provisionen<br />

� „Cash Management“<br />

� CSR-Beratung &<br />

Trivialisierung von Problemen<br />

� Teenager & Diskobesuche<br />

� …<br />

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Herausforderung<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

20


CSR im Alltag<br />

CSR ist das Management der Bedingungen des langfristigen<br />

unternehmerischen Erfolgs<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

1. Verantwortung, Nachhaltigkeit etc.<br />

2. Restriktionen des gesellschaftlichen<br />

& wirtschaftlichen Alltags<br />

.<br />

3. Corporate Social<br />

Responsibility<br />

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Bedingungen<br />

gegebene<br />

Handlungsbedingungen<br />

t 1<br />

OP<br />

� Handlungen � Handlungsfolgen<br />

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�<br />

Jede Handlung beeinflusst zukünftige<br />

Handlungsbedingungen!<br />

zukünftige<br />

Handlungsbedingungen<br />

t 2


Der Zusammenbruch des siebtgrößten<br />

Unternehmens der USA<br />

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Personen<br />

Jeff Skilling: 24 Jahre, 4 Monate Haft; 45 Mio. $<br />

Andrew Fastow: 6 Jahre Haft und 2 Jahre Bewährung<br />

Cliff Baxter: Selbstmord<br />

Richard Causey: 5 Jahre, 6 Monate Haft<br />

Kenneth Lay: verstorben<br />

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Enron-Kapitalismus<br />

� Kapitalismus: Sie haben zwei Kühe. Sie verkaufen eine Kuh und kaufen sich<br />

einen Bullen. Ihre Herde vergrößert sich und die Wirtschaft wächst. Sie<br />

verkaufen die Herde und leben von den Zinsen.<br />

� Sozialismus: Sie haben zwei Kühe. Der Staat nimmt eine davon und gibt sie<br />

dem Nachbarn. Sie werden gezwungen, eine Genossenschaft zu gründen und<br />

dem Nachbarn bei der Tierhaltung zu helfen.<br />

� Anarchie: Sie haben zwei Kühe. Entweder Sie verkaufen die Milch zu einem<br />

fairen Preis oder Ihr Nachbar tötet Sie und Ihre Kühe.<br />

� Faschismus: Sie haben zwei Kühe. Der Staat enteignet Sie. Sie werden<br />

gezwungen, sich um diese zu kümmern und man verkauft Ihnen Ihre Milch.<br />

� Enron Venture Capitalism: Sie haben 2 Kühe. 3 davon verkaufen Sie an Ihre<br />

Aktiengesellschaft, die diese mit einem von Ihrem Schwager verbürgten Kredit<br />

bezahlt. Anschließend wandeln Sie den Kredit in Eigenkapital um, indem Sie<br />

diesen gegen Aktien tauschen und verbinden das Ganze mit einem öffentlichen<br />

Übernahmeangebot. So bekommen Sie Ihre 4 Kühe zurück, inklusive einer<br />

Steuerbefreiung für eine 5. Kuh. Die Melkrechte an den 6 Kühen werden über<br />

einen Mittelsmann an eine Firma auf den Cayman Islands verkauft, deren<br />

Inhaber die Rechte an den 7 Kühen an Sie zurückverkauft. Laut Jahresbericht<br />

besitzt Ihr Unternehmen nun 8 Kühe sowie eine Option auf eine 9. Kuh.<br />

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Historie<br />

1985 Enron geht als Erdgasanbieter aus einem Merger zwischen Houston Natural<br />

Gas und InterNorth hervor.<br />

1989 Enron startet seine „Gas Bank“, die Käufern von Erdgas langfristige<br />

Lieferverträge und deren Finanzierung anbietet.<br />

1993 Die Commodity Futures Trading Commission unter Vorsitz von Wendy Gramm<br />

gewährt dem Handel mit Energie-Derivativen eine Befreiung von staatlicher<br />

Aufsicht<br />

1994 Enron beginnt mit dem Handel von Elektrizität; dieser Bereich erweist sich in<br />

den nächsten Jahren als bedeutendstes Profitcenter der Firma.<br />

1996 Die Federal Energy Regulatory Commission startet mit der Deregulierung der<br />

Energiemärkte. Kalifornien wird der erste Bundesstaat mit dereguliertem<br />

Markt.<br />

1999 EnronOnline, „the first global commodity trading web site“, nimmt den Dienst<br />

auf.<br />

2000 Enrons Aktienkurs erreicht im August mit 90.56 $ sein Maximum.<br />

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Enrons Business<br />

� Traditioneller Gasanbieter<br />

� Betreiber von Gaspipelines<br />

� Energiegroßhändler<br />

� Aufbau elektronischer Marktplätze (> 1500 Güter)<br />

� Terminhändler (Energie, Gummi, Plastik, Wintermäntel,<br />

Datenübertragskapazitäten etc.)<br />

� Derivate (Wetter, Kredite etc.)<br />

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Eine Erfolgsbilanz<br />

Enron:<br />

The world‘s<br />

leading energy<br />

company<br />

� Hochprofitabel (in 2000 siebtgrößtes Unternehmen<br />

der USA, 22.000 Mitarbeiter, Umsatz: 101 Mrd $,<br />

Gewinn 1 Mrd $, Marktkapitalisierung 60 Mrd $)<br />

� Kreditwürdig (investment-grade rating)<br />

� Hochinnovativ (1996-2001 Platz 1 der Fortune-<br />

Liste der „America‘s most innovative companies“)<br />

� Exzellent geführt (2000 Platz 1 der Fortune-Liste<br />

„reputation of quality of management“)<br />

� Einer der beliebtesten Arbeitgeber (v.a. für „smart<br />

guys“)<br />

� Ein an Werten wie „respect“, „integrity“, „excellence“<br />

usw. orientiertes Unternehmen, das auch durch<br />

großzügige Unterstützung („charity“) seine „good<br />

corporate citizenship“ unter Beweis stellte.<br />

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Enron & CSR<br />

� 64 seitiger Code of Ethics<br />

� Ethik Hotline<br />

� Berichtswesen für moralisches<br />

Fehlverhalten<br />

� Compliance Officer auf<br />

Vorstandsebene<br />

� Großzügige Spenden<br />

(Krankenhäuser, Krebsforschung,<br />

Ballett etc.)<br />

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�<br />

„Our Values:<br />

RESPECT: We treat others as we<br />

would like to be treated ourselves.<br />

We do not tolerate abusive or<br />

disrespectful treatment.<br />

Ruthlessness, callousness, and<br />

arrogance don’t belong here.<br />

INTEGRITY: We work with<br />

customers and prospects openly,<br />

honestly, and sincerely. When we<br />

say we will do something, we will do<br />

it; when we say we cannot or will not<br />

do something, then we won’t do it.“<br />

(Quelle: Enrons Code of Ethics)<br />

Vorbildlichen Unternehmen werden gerne Freiheiten gewährt<br />

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Kaliforniens Energiekrise<br />

� Scheinexporte<br />

� Termingeschäfte mit Tochterfirmen außerhalb Kaliforniens, Rückkauf der<br />

Energie<br />

� Faktisch produzierten die kalifornischen Kraftwerke die gleiche Energie<br />

wie zuvor und lieferten diese direkt an die kalifornischen Haushalte –<br />

allerdings zu enormen Preisen<br />

� Kauf von Energieübertragungskapazitäten (ohne Absicht, diese zu nutzen) �<br />

künstliche Netzüberlastungen � Netzbetreiber wurden gezwungen, Enron für<br />

die Unterlassung von Energielieferungen zu bezahlen<br />

� Oktober 2000: Angst vor Untersuchungen: dubiose Praktiken wurden<br />

eingestellt (man wollte die weitere Deregulierung nicht gefährden)<br />

"At least when the Titanic went down, the lights were on."<br />

(Jeff Skilling)<br />

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Der Abstieg<br />

� 16. Oktober: Bekanntgabe eines Verlusts i.H.v. 618 Mio. $ in Q3<br />

� Am 2. Dezember 2001 meldet Enron Konkurs an<br />

� 4.000 Mitarbeiter verlieren unmittelbar ihren Arbeitsplatz und weitgehend ihre<br />

betrieblich gewährleisteten Renten, die sie in Form von Aktien besaßen<br />

� Staatliche Pensionsfonds müssen 1.3 Mrd $ abschreiben<br />

� Insgesamt verlieren<br />

Aktionäre 60 Mrd.<br />

$, darunter zahlreicheKleinaktionäre.<br />

� Die angesehene<br />

Firma Arthur<br />

Andersen geht<br />

aufgrund ihrer<br />

Verstrickungen in<br />

den Fall Enron<br />

zugrunde.<br />

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Run on the bank<br />

„It is my belief that Enron‘s failure was due to a classic ‚run on the<br />

bank‘: a liquidity crisis spurred by a lack of confidence in the company.<br />

At the time of Enron‘s collapse, the company was solvent and highly<br />

profitable – but, apparently, not liquid enough.“<br />

(Jeff Skilling am 07.02.2002 anlässlich der Anhörung vor<br />

dem Kongressausschuss)<br />

Was führte zum ‚Run on the bank?‘<br />

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Kreditwürdigkeit<br />

Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch Rating-Agenturen,<br />

Wall-Street-Analysten und generell den Markt<br />

� 2.1.2001: Enrons Kurs: 79.88 $<br />

� 5.3.: „Is Enron Overpriced?“ (Fortune)<br />

� 17.4.: „You‘re the only financial institution that can‘t come up with a<br />

balance sheet or cash flow statement after earnings.“ (Der Short-seller<br />

R. Grubman bei einem conference call)<br />

� 14.8.: J. Skilling tritt als CEO „aus persönlichen Gründen“ zurück<br />

� 16.10.: Enron verkündet 638 Mio.$ Verlust für 3. Quartal und korrigiert<br />

den Unternehmenswert um 1.2 Mrd. $ nach unten.<br />

� 28.11.: Enrons Kreditwürdigkeit wird von „investment grade“ auf „junk“<br />

heruntergestuft (was zum sofortigen Zusammenbruch führt),<br />

� 31.12.2001: Enrons Kurs: 0.60 $<br />

Was führte zur Herabstufung der Kreditwürdigkeit?<br />

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Glaubwürdigkeit<br />

Differenz zwischen behaupteten und tatsächlichen Unternehmensgewinnen<br />

und -werten (Glaubwürdigkeitsproblem)<br />

� Mark-to-Market Accounting (� Überbewertung von Assets)<br />

� Prepaids (� Verschleierung von faktischen Kreditaufnahmen)<br />

� Special Purpose Entities (SPE) (� Erzeugung von Intransparenz)<br />

ENRON<br />

97 % 3 % Unabhängiger<br />

SPE<br />

Investor<br />

Was waren die Triebkräfte?<br />

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Interne Anreizbedingungen<br />

� Steigender Börsenkurs als grundlegender Orientierungspunkt<br />

� Nahezu alle Zahlungsarrangements waren an den Aktienkurs<br />

gekoppelt<br />

� Enorme Prämien (50 Mio $ Prämie für indisches Kraftwerksprojekt,<br />

was ein finanzielles Desaster darstellte)<br />

� Rank & Yank: Die besten 5 % bekamen enorme Prämien, die<br />

schlechtesten 10 % mussten ins „office of shame“<br />

� Offene Aufforderung an Mitarbeiter, die „Grenzen zu testen“<br />

� Top-Management als Vorbild für korruptes und habgieriges Verhalten<br />

Motto: Break the rules! You can cheat, you can lie,<br />

but as long as you make money, it‘s all right.<br />

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Externe Anreizbedingungen<br />

Warum hat niemand etwas bemerkt?<br />

� Ungenügende Kontrollmechanismen (z.T. durch Enron direkt<br />

und indirekt forciert)<br />

�<br />

� Board: erhält verschiedene Vergünstigungen<br />

� Auditoren (Andersen): zugleich als Berater tätig<br />

� Banken: verdienen an Geschäften<br />

� Analysten: Anreize für Hausse-Prognosen<br />

� Rating-Agenturen: lassen sich vom Enron-Hype erfassen<br />

� SEC: gewährte Enron Spielräume für Derivate-Handel, wird später<br />

durch Andersen u.a. ausgebremst<br />

� Politik: wird von Enron finanziell unterstützt<br />

� Journalisten: lassen sich vom Enron-Hype erfassen<br />

� Gesellschaft: Enron, Stolz einer Nation<br />

Wechselseitige Stabilisierung von Einschätzungen<br />

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Einsichten: Einfluss der Unternehmenskultur<br />

� Die Organisationskultur wird von den „shared mental models“<br />

(„Perspektiven“) der Beteiligten, insbesondere der Führung<br />

geprägt.<br />

� Enrons Unternehmenskultur führte zu<br />

� selektiver Fokussierung auf kurzfristorientiertes Profitdenken,<br />

das die Mittel zur Aufrechterhaltung der (Buch-) Gewinne<br />

immer mehr anreichert mit Hinausschieben oder Brechen von<br />

Grenzen / Regeln,<br />

� einer selektiven Wahrnehmung der Wirklichkeit (inkl.<br />

Aktienfokussierung) mit Verdrängung künftiger Probleme,<br />

� einer kontinuierlichen Erosion der Integritätsstandards.<br />

� Für Enron als Händler langfristiger Lieferverträge war<br />

Vertrauen (Glaubwürdigkeit, Integrität) ein Vermögenswert<br />

von fundamentaler Bedeutung.<br />

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Einsichten: Managementkompetenz<br />

� Unternehmensverantwortung erfordert (bisweilen erhebliche)<br />

Investitionen (nicht nur monetärer Art!)<br />

� Formale Strukturen (Code of Conduct, Compliance-Systeme etc.)<br />

bedürfen der Anschlussfähigkeit an informale (gelebte!) Strukturen<br />

(Unternehmenskultur)<br />

� Gestaltungskompetenz (Widerspruchsmanagement,<br />

Sinnvermittlung etc.)<br />

� Die Bedeutsamkeit von Orientierungspunkten zeigt sich mitunter<br />

erst im Nachhinein<br />

� Gefahr der Trivialisierung<br />

� Problem der Nichtsichtbarkeit/Langfristigkeit<br />

�<br />

Das Management von Verantwortung ist eine Investition in<br />

zukünftige Handlungsbedingungen und damit in zukünftige<br />

Gewinnpotenziale<br />

Die Organisation von Verantwortung bedarf Kompetenzen!<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 39


Bedingungen<br />

gegebene<br />

Handlungsbedingungen<br />

t 1<br />

� Handlungen � Handlungsfolgen<br />

CSR ist das Management der Bedingungen des<br />

langfristigen unternehmerischen Erfolgs!<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 40<br />

�<br />

zukünftige<br />

Handlungsbedingungen<br />

t 2


Prof. Dr. Nick Lin-Hi<br />

Juniorprofessur für Corporate Social Responsibility<br />

Unternehmensethik<br />

HWS 2009/10


Organisatorisches<br />

Klausur: 15.12.2009, 8.30-10.00 Uhr<br />

Klausurtraining (englisch) für Austauschstudierende:<br />

� 01.12.2009: 15.15-16.30 Uhr, O 048-050<br />

� Larisa Topalo: lta6@sfu.ca<br />

Sprechstunde am 08.12.2009<br />

� 13.30 – 15.00 Uhr (nicht 11.00-13.00 Uhr!!)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 2


Klausuraufbau<br />

Differenzierte Stellungnahme zu einem Sachverhalt<br />

(4 Fragen)<br />

� Nachweis, dass grundlegende Zusammenhänge verstanden wurden<br />

� Strukturierungsleistung<br />

� Chancen, Herausforderungen & Probleme erkennen<br />

� Güte der Argumentation ist entscheidend<br />

� Keine Abfrage von Detailwissen<br />

� Klausurstellung in deutsch und englisch<br />

� 90 Minuten Bearbeitungszeit<br />

Nutzen Sie das offerierte Instrumentarium für Ihre Argumentation<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 3


Instrumentarium<br />

1. Moralische Ideale<br />

2. Empirische<br />

Bedingungen<br />

.<br />

3. Ethische Urteile<br />

und Forderungen<br />

1. Verantwortung, Gerechtigkeit etc.<br />

2. Restriktionen der wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Alltags<br />

.<br />

3. Corporate Social Responsibility<br />

(3) ist immer aus (1) und (2) herzuleiten!<br />

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Instrumentarium<br />

Eigeninteresse<br />

gegebene<br />

Handlungsbedingungen<br />

t 1<br />

�<br />

�<br />

Die gesellschaftliche Zusammenarbeit<br />

zum gegenseitigen Vorteil<br />

(Zeitperspektive beachten!)<br />

Moral<br />

� Handlungen � Handlungsfolgen<br />

� zukünftige<br />

Handlungsbedingungen<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 5<br />

t 2


Instrumentarium<br />

„Investiere in die Bedingungen der<br />

gesellschaftlichen Zusammenarbeit zum<br />

gegenseitigen Vorteil!“<br />

Bedingungen sind:<br />

� Humankapital (Fähigkeiten, ‚Tugenden‘, Mitarbeitermotivation)<br />

� Sozialkapital (Beziehung, Netzwerke)<br />

� Organisationskapital (‚brand name‘, Reputation, Integrität)<br />

� Institutionelles Kapital (Gesetze, Normen, Regeln)<br />

� Natur- und Sachkapital (Ressourcen, Technologien)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 6


Instrumentarium<br />

Spieler A<br />

Kooperation<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

I<br />

III<br />

Kooperation<br />

3 , 3<br />

4-2 , 1<br />

Spieler B<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 7<br />

II<br />

IV<br />

Nicht-<br />

Kooperation<br />

1 , 4-2<br />

2-2 , 2-2<br />

� Logik von Dilemmastrukturen (Problem ausbeutbarer Vorleistungen)<br />

� Bedeutung von Institutionen<br />

� Management von Dilemmastrukturen (Marktwirtschaft als erwünschte<br />

Dilemmastruktur)


Instrumentarium<br />

�<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Normativität liegt auf verschiedenen Ebenen<br />

Spielverständnis<br />

Spielregeln<br />

Spielzüge<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 8


Hilfestellung: Themenübersicht<br />

� Marktwirtschaft<br />

� Grundlegender Funktionsmechanismus (Gewinne als Anreize, damit<br />

Akteure in die gesellschaftliche Zusammenarbeit zum gegenseitigen<br />

Vorteil investieren)<br />

� Leistungswettbewerb (Spielregeln!)<br />

� Rolle des Staates (Spielregeln setzen; Staatseingriffe…)<br />

� Gründe für die Skepsis gegenüber Wettbewerb und<br />

Gewinnorientierung<br />

� Corporate Social Responsibility<br />

� Was ist hierunter (nicht) zu verstehen<br />

� Licence to operate<br />

� Verhältnis von Verantwortung und Gewinnerzielung<br />

� Die Bedeutung von Anreizkompatibilität<br />

� Unternehmerische Vermögenswerte (investive Selbstbindung)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 9


Klausur 2008*<br />

Sie sind Vorstandsassistent eines internationalen Automobilherstellers. Wie die gesamte<br />

Automobilbranche ist auch Ihr Unternehmen von der aktuell schwierigen Marktsituation<br />

betroffen und leidet unter einem massiven Absatzeinbruch. Aufgrund der damit<br />

verbundenen angespannten Finanzlage hat ihr Vorstand die Maxime ausgegeben,<br />

konsequent Kosteneinsparmöglichkeiten voranzutreiben. Ihr Vorstand beauftragt Sie, den<br />

Bereich Unternehmensverantwortung einer intensiven Prüfung zu unterziehen und bittet<br />

Sie, die folgenden Punkte für ihn auszuarbeiten:<br />

1. Kann sich ein Unternehmen in Krisenzeiten so etwas wie Unternehmensverantwortung<br />

überhaupt leisten? Gehen Sie hierbei auch darauf ein, was unter<br />

Unternehmensverantwortung sinnvollerweise zu verstehen ist. (35 %)<br />

2. Erläutern Sie, unabhängig von Ihrer vorherigen Antwort, welche konkreten Investitionen<br />

im Bereich Unternehmensverantwortung für einen Automobilhersteller interessant sein<br />

könnten. Illustrieren Sie Ihre Ausführungen mit Beispielen. (35 %)<br />

*Beachte: Die Klausur 2009 wird sich an den Inhalten der Vorlesung (und<br />

der Diskussionen!) 2009 orientieren!<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 10


Herangehensweise<br />

� Fragestellung lesen!<br />

Hinweis: Es gibt keine Punkte für irgendwelche Ausführungen,<br />

sondern nur für solche, die im Zusammenhang mit der Fragestelllung<br />

stehen!<br />

� Argumentation strukturieren: Qualität und nicht Quantität der<br />

Ausführungen ist entscheidend! (Zeit für eine Skizze der<br />

Argumentation nehmen)<br />

� Gewichtung beachten<br />

Es gibt verschiedene Argumentationsmöglichkeiten!<br />

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Herangehensweise<br />

1. Kann sich ein Unternehmen in Krisenzeiten so etwas wie Unternehmensverantwortung<br />

überhaupt leisten? Gehen Sie hierbei auch darauf ein, was unter<br />

Unternehmensverantwortung sinnvollerweise zu verstehen ist. (35 %)<br />

Fragestellung lesen<br />

� Es geht um Unternehmensverantwortung (=CSR) in Krisenzeiten<br />

� Es ist nicht danach gefragt, was nicht unter CSR zu verstehen ist<br />

Problem verstehen (empirische Bedingungen ernst nehmen)<br />

Differenziert argumentieren<br />

� Verantwortung hat anreizkompatibel zu sein<br />

� Generell stehen alle Aktivitäten auf dem Prüfstand<br />

� Das Unternehmen muss das Überleben sichern (kurzfristige Einsparungen realisieren)<br />

� CSR ist eine Investition in zukünftige Handlungsbedingungen<br />

� Gefahr, dass aufgrund der Krise rentable Investitionen unterlassen werden<br />

� „sich leisten“ ist eine unzweckmäßige Perspektive<br />

� Reputation, Integrität etc. sind auf kontinuierliche Investitionen angewiesen<br />

� CSR im Kerngeschäft stärken, Aktivitäten fokussieren<br />

� …<br />

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Herangehensweise<br />

Differenziert argumentieren (andere Argumentationsrichtung)<br />

� Generelles Problem aufzeigen<br />

� Automobilindustrie ist massiv von der Krise betroffen<br />

� Unternehmen droht die Pleite<br />

� …<br />

� Fragestellungen aufwerfen und Zusammenhänge herstellen<br />

� CSR ist eine langfristige Investition<br />

� In der Krise geht es um kurzfristige Herausforderungen<br />

� Es ist fraglich, ob CSR geeignet ist, der Krise entgegenwirken zu können<br />

� Generell besteht hier durchaus ein Spannungsverhältnis<br />

� Aber: Investitionen<br />

� Kurzfristige Aktivitäten können negative Auswirkungen auf zukünftige<br />

Handlungsbedingungen haben (z.B. „Cash-Management“)<br />

� Bei CSR geht es um das Management des zukünftigen Erfolgs<br />

� Bedeutung von Vermögenswerten für das Geschäft (� Kooperationsfähigkeit)<br />

� Unternehmensspezifika beachten<br />

� Antwort hängt von der Ausgangslage des Unternehmens ab<br />

� CSR-Aktivitäten sind differenziert zu bewerten<br />

� …<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 13


Herangehensweise<br />

2. Erläutern Sie, unabhängig von Ihrer vorherigen Antwort, welche konkreten Investitionen<br />

im Bereich Unternehmensverantwortung für einen Automobilhersteller interessant sein<br />

könnten. Illustrieren Sie Ihre Ausführungen mit Beispielen. (35 %)<br />

Fragestellung lesen<br />

� Es geht um konkrete Investitionen<br />

� Beispiele werden gefordert<br />

Argumentieren & illustrieren<br />

� Immaterielle Vermögenswerte (z.B. Reputation, Integrität)<br />

� Positionierung als guter Arbeitgeber (Fachkräfte binden)<br />

� Image im Bereich Servicequalität (Kundenbindung)<br />

� …<br />

� Natur- und Sachkapital (z.B. Know How)<br />

� Investition in umweltfreundliche Technologien<br />

� …<br />

� Humankapital (z.B. Mitarbeitermotivation, Kompetenzen)<br />

� Work-Life-Balance<br />

� (Ethik-)Trainings<br />

� …<br />

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LIDL<br />

(Leben im Dauerlauf)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 15


Zahlen & Fakten zu LIDL<br />

� Gehört zur Schwarz-Gruppe (Kaufland, KaufMarkt, Handelshof)<br />

� Komplexes Geflecht aus mehreren hundert Firmen<br />

� 280.000 Mitarbeiter insgesamt (2008)<br />

� Ca. 54 Mrd. € Umsatz (2008)<br />

� Gehört nach diversen Rankings zu den 10 größten Einzelhändler weltweit<br />

� 99,9 % hält die Dieter-Schwarz-Stiftung<br />

� Ca. 13 Mrd. € Umsatz in Deutschland, 28 Mrd. € im Ausland (2008)<br />

� Ca. 8.000 Filialen in über 20 europäischen Ländern (ca. 3.000 in<br />

Deutschland)<br />

� Ca. 150.000 Beschäftigte (2007), davon ca. 50.000 in Deutschland<br />

� 24 % Marktanteil im deutschen Discountgeschäft (2006)<br />

� 12,1 % Umsatzwachstum 2006<br />

� Zweistellige Wachstumsraten in den letzten Jahren<br />

� Lidl hat seit 2001 geschätzte 30.000 Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen<br />

�<br />

LIDL – ein Vorzeigeunternehmen?<br />

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Aber: LIDL wird öffentlich angeklagt<br />

29.10.2004: Gewinn des Big Brother Awards in der Kategorie Arbeitswelt<br />

für: „den nahezu sklavenhalterischen Umgang<br />

mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“<br />

10.12.2004: Ver.di veröffentlicht Schwarzbuch über LIDL<br />

� Aussagen von (ehemaligen) Mitarbeitern, die massive Vorwürfe gegen LIDL<br />

erheben<br />

� Vorwürfe: Verstoß gegen die Menschenrechte, verheerende Arbeitsbedingungen,<br />

Klima der Angst<br />

� u.a. heißt es dort auch, dass der Erfolg von LIDL mit den schlechten<br />

Arbeitsbedingungen Hand in Hand geht<br />

� Kritik an fehlender Mitbestimmung<br />

(weniger als 10 Lidl-Filialen haben einen Betriebsrat)<br />

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Aussagen einer Mitarbeiterin<br />

Eine Mitarbeiterin von Lidl erzählt in einem Interview mit dem ZDF<br />

Politikmagazin „Frontal 21“ (Dezember 2004):<br />

"Bei LIDL ist der Druck brutal. Wir müssen alles machen: Bestellung,<br />

Regale auffüllen, Kühlung abspachteln, Lagerarbeiten, putzen, kassieren.<br />

Oft war niemand da, der mich an der Kasse ablöst. Ich hatte nicht mal Zeit,<br />

auf die Toilette zu gehen. Wenn ich die Kasse verlassen hätte,<br />

hätte es eine Abmahnung gegeben. Manchmal kam ich nach Hause und hatte<br />

einen nassen Schlüpfer."<br />

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50 % der neu eingestellten Hochschulabsolventen verlassen Lidl<br />

innerhalb der ersten 6 Monate.<br />

(lt. internen Quellen)<br />

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LIDL reagiert<br />

� Ende November 2004: LIDL geht an die Öffentlichkeit (über Frontal<br />

21)<br />

� bisher geheime Unternehmenszahlen (Umsatz, Mitarbeiter etc.) werden<br />

erstmals preisgegeben<br />

� neue, offenere Kommunikationsstrategie wird angekündigt<br />

� es wird betont, dass das anstehende Schwarzbuch nicht der Auslöser ist<br />

� Pressemittelung in Bezug auf das Schwarzbuch:<br />

"Wir empfinden dies als ausgesprochene<br />

Diskriminierung und als Diffamierungskampagne"<br />

� Vorwürfe werden zurückgewiesen und als Einzelfälle deklariert<br />

� LIDL wirft Ver.di vor, dass dessen Vorgehen ein Ausdruck der Tatsache<br />

ist, dass die Gewerkschaft bei dem wachstumsstarken Unternehmen<br />

LIDL keinen Zuspruch findet.<br />

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Ausweitung des Konflikts<br />

� März 2005: 1. Ausgabe Schwarz-Markt erscheint<br />

� Attac startet im August 2005 eine Kampagne gegen die<br />

Arbeitsbedingungen, die Politik und die Produkte von Lidl<br />

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� Sommer 2005: Lidl plant, die Filiale in Calw<br />

(13 Mitarbeiter) zu schließen<br />

� Begründung: Filiale passt nicht mehr zum<br />

Unternehmenskonzept<br />

� Filiale gehörte zu den umsatzstärksten in<br />

Baden-Württemberg<br />

� Zusatzinformation: Calw war eine von acht<br />

Filialen (von damals 2.600 Filialen in<br />

Deutschland), die einen Betriebsrat hatten<br />

� September 2005: Die Badische Neueste<br />

Nachrichten (BNN) kündigen einer<br />

Journalistin, die kritisch über Lidl berichtet<br />

hatte<br />

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Aktionen gegen LIDL<br />

in Mannheim<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 24<br />

Foto: Attac


Die Vorwürfe (nicht abschließend)<br />

� Schlechte Arbeitsbedingungen<br />

� Betriebsräte werden systematisch verhindert<br />

� Kündigung der Initiatoren und Einschüchterungen<br />

� Verflechtung des Konzerns<br />

� Preisdumping bei<br />

� Bananen (Hungerlöhne in Entwicklungsländern)<br />

� Milch (Bauern müssen unter Produktionskosten verkaufen)<br />

� Wasser (Überanspruchung der Quellen)<br />

� Ebenso Preisdumping bei Löhnen (Lidl fördert working-poor)<br />

� LIDL zerstört Arbeitsplätze (für einen Arbeitsplatz bei LIDL fallen drei<br />

beim anderen Einzelhandel weg)<br />

� LIDL greift soziale Rechte weltweit an<br />

� LIDL einziges Kriterium beim Einkauf ist der Preis<br />

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Begründungen (Vorwurf Preisdumping)<br />

„Lidl presst seine Lieferanten aus. Seine Marktmacht erlaubt es ihm,<br />

Preise zu diktieren, die oft nicht einmal die Herstellungskosten<br />

decken“ (Attac)<br />

„Die Einkaufsmacht der Discounter ist mittlerweile so groß, dass sie –<br />

und da wieder vorneweg Lidl – den Preisdruck permanent verstärken<br />

können, indem sie laufend die Produzenten gegeneinander<br />

ausspielen – die Zeche zahlt der Kleinbauer oder Plantagenarbeiter,<br />

der seine Kinder nicht mehr ernähren kann. Die Discounter heizen<br />

damit eine Armutsspirale an, in der die Arbeitsbedingungen und die<br />

Kaufkraft weltweit immer weiter sinken.“ (oha, Zeitung)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 26


Forderungen (nicht abschließend)<br />

� Betriebsräte bei LIDL<br />

� Besondere Berücksichtigung der Rechte von Frauen<br />

� LIDL soll mit den Bauern und Molkerein faire Milchpreise aushandeln<br />

� LIDL soll das Preisdumping bei Bananen stoppen sowie für faire<br />

Arbeitsbedingungen auf den Plantagen sorgen<br />

� LIDL muss transparent werden; sowohl bei der Konzernstruktur als<br />

auch bei Produkten (wer ist der Hersteller, woher kommen diese)<br />

� Einführung von Labels und Siegels<br />

� LIDL muss sein generelles Einkaufs- und Handelsverhalten umstellen<br />

� faire Preise für alle Produkte und weltweite Achtung von sozialen<br />

Rechten<br />

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LIDL handelt<br />

� Einstellung eines offiziellen Pressesprechers Anfang 2006<br />

� Durchführung einer großen Imagekampagne im Frühjahr 2006<br />

� Einführung von fair-trade Produkten sowie Bio-Produkten (Frühjahr<br />

2006)<br />

� Ankündigung März 2007: fair-trade Produkte europaweit<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 28


Die Reaktion der Kritiker<br />

„Sie [gemeint ist Transfair] legitimieren mit der Zustimmung zu dem<br />

Lidl-Transfair-Abkommen die unsoziale, gewerkschaftsfeindliche und<br />

unökologische Politik von Lidl. Lidl ist mit diesem Abkommen dank<br />

schwacher Verhandlungspartner ein geradezu genialer Coup<br />

gelungen.“<br />

Wolfgang Johann von der „Aktion 3. Welt Saar“ in einem offenen Brief an Transfair e.V.<br />

Die Ankündigung von LIDL in Kooperation mit TransFair, eine faire Eigenmarke<br />

in das Sortiment aufzunehmen, betrachtet der Dachverband<br />

Entwicklungspolitk Baden-Württemberg (DEAB) hingegen kritisch. Es<br />

besteht die Gefahr, dass durch die Kooperation mit Lidl die Glaubwürdigkeit<br />

und Qualität des Fairtrade-Siegels beschädigt wird. „So wie Lidl<br />

sich erhofft vom Glanz des Fairtrade-Siegels zu profitieren und sein<br />

Image aufzubessern, so besteht die Gefahr, dass das „Billig-Image“ und<br />

die Profitmaximierung um jeden Preis seinen Schatten auf das Fairtrade-Siegel<br />

wirft.<br />

Auszug aus einer Pressemitteilung des Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V.<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 29


Argumente der Kritiker<br />

Argumente der Kritiker gegen fair-trade<br />

Produkte bei LIDL<br />

� LIDL erzeugt durch sein Engagement jetzt<br />

auch in diesem Segment Preisdruck.<br />

� LIDL verwässert die Kennzeichnung.<br />

� Das negative Image von LIDL färbe auf fairtrade<br />

Produkte ab.<br />

� LIDL ist nicht der Sache verpflichtet, sondern<br />

ist nur an Gewinnmaximierung interessiert,<br />

so dass solche Strategien nicht glaubwürdig<br />

sind.<br />

� LIDL stiehlt sich mit „Nebelbomben aus der<br />

Verantwortung“.<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 30


Ein anderer Schauplatz<br />

November 2005: LIDL „gewinnt“ deinen Preis-Pokal für „Maximale<br />

Pestizidbelastung 2005“* bei Obst und Gemüse<br />

� 658 Proben wurden untersucht<br />

� Bei 21 % der getesteten Produkte liegen die chemischen Belastungen über<br />

dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert<br />

„Bei Lidl … bekommen die Verbraucher beim Obst- und Gemüsekauf am<br />

meisten Gift fürs Geld“ (Greenpeace 2005)<br />

*auch andere Handelshäuser<br />

bekamen einen Pokal, Lidl war<br />

jedoch eindeutiger Sieger<br />

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… und eine andere „Strategie“<br />

� Interner Standard bei LIDL: Maximal 70 % der gesetzlichen<br />

Höchstmenge<br />

� greenpeace magazin (4,90 €): seit Sommer 2006 bei LIDL (neben Bild)<br />

� 150.000 Exemplare (Abnahme > 50% der Auflage)<br />

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Glaubwürdigkeit?<br />

Februar 2007: LIDL rückt beim zweiten Pestizidtest von<br />

Greenpeace vom letzten auf den ersten Platz vor*<br />

„Greenpeace Deutschland hat die Wirkung des Verkaufs des Greenpeace-<br />

Magazins beim Discounter Lidl falsch eingeschätzt. Wir haben das Obst- und<br />

Gemüseangebot von Lidl wie das vieler anderer Handelsketten kritisch unter die<br />

Lupe genommen und dort zeitgleich das Greenpeace-Magazin zum Kauf<br />

angeboten. Wir hätten nie gedacht, dass diese Kombination unsere<br />

Glaubwürdigkeit in Frage stellen könnte. Das war ein Fehler. Wir bedauern,<br />

dass wir Zweifel an unserer Unabhängigkeit möglich gemacht haben.“<br />

Quelle: www.greenpeace.de<br />

*Ergebnis wurde später durch einen durch Stern TV veranlassten Test bestätigt<br />

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Europaweite Kritik an LIDL<br />

� Ausweitung der Anti-LIDL Kampagnen auf Europa: am 8. März 2006<br />

fanden erstmals gleichzeitige Aktionen in verschiedenen Ländern<br />

statt (Deutschland, Frankreich, Österreich, Polen und Tschechien)<br />

� Ende Juni 2006 erschien das Schwarzbuch LIDL Europa<br />

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Kreditprobleme<br />

� Schwarz-Gruppe beantragt Kredit über 100 Mio. Euro bei der Bank<br />

für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) (Rumänien-Expansion)<br />

� Europäische Gewerkschaften protestieren dagegen<br />

� Januar 2007: EBRD bewilligt den Antrag nicht<br />

� Februar 2007: EBRD sagt die Kreditvergabe zu<br />

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Übernahmeprobleme<br />

Sommer 2007<br />

� LIDL beteiligt sich mit 23 % am Bio-Supermarkt basic<br />

� Ziel: Mehrheitsbeteiligung<br />

� „Ich mache mir wenig Sorge, dass uns das Image von LIDL schadet.“ (Josef<br />

Spanrunft, basic Vorstand)<br />

Massiver Widerstand<br />

� Diverse Kampagnen, u.a. „Kein LIDL im Bioladen“ (Attac)<br />

� Lieferanten kündigen Verträge mit basic (inkl. dennree und Tagwerk)<br />

Auswirkungen<br />

� Massiver Imageverlust<br />

� Umsatzeinbußen<br />

September 2007: Übernahme<br />

durch LIDL wird ausgesetzt<br />

09.11.2009: LIDL verkündet, sich von den basic Anteilen zu trennen<br />

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Datenskandal 2008<br />

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Krankenaktenskandal 2009<br />

� Interne Unterlagen von LIDL werden in einer Mülltonne in einer<br />

Autowaschanlage gefunden<br />

� Akten stammen aus dem Zeitraum Mai-Dezember 2008 (und damit aus<br />

einer Zeit nach dem Datenskandal)<br />

� Aufzeichnungen von LIDL über die Krankheiten und Leiden der Mitarbeiter<br />

� Von Grippe über Krankenhausaufenthalten oder psychologische<br />

Behandlungen bis hin zum Kinderwunsch<br />

� Hinweise auf die Existenz von standardisierten Formularen (Datei<br />

„Krankenstand_2.xls“)<br />

� LIDL bestätigt, dass Krankenakten bei LIDL geführt wurden<br />

Deutschland Chef Frank-Michael Mros wird freigestellt<br />

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„Personalmanagement“<br />

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Klausurvorbereitung<br />

� Nicht nur lesen, sondern aktiv formulieren<br />

� Unterlagen diskutieren, am besten in der Gruppe<br />

� In der Veranstaltung geführte Diskussionen vergegenwärtigen<br />

� Strukturelle Zusammenhänge nachvollziehen<br />

� Andere Perspektiven wahrnehmen und verstehen<br />

� Auseinandersetzung mit Herausforderungen & Problemen<br />

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In der Klausur<br />

� Fragen Sie nach dem Problem (Frage genau lesen!)<br />

� Nicht alles aufschreiben, was einem „irgendwie“ einfällt<br />

� Zeit gut einteilen (an Gewichtung orientieren!)<br />

� Zeit nehmen für strukturierten Argumentationsaufbau (dafür gibt es Punkte!)<br />

� Es gibt keine endgültigen Antworten<br />

� Auch (begründete!) Hinweise auf Probleme geben Punkte<br />

� Differenziert argumentieren<br />

� Nicht in Einzelheiten verlieren (sinkende Grenzerträge einzelner<br />

Erläuterungen!)<br />

� Geprüft wird das Verständnis des Vorlesungsstoffs; das bedeutet nicht,<br />

dass man die Meinung des Professors teilen/übernehmen muss.<br />

� Mehrere Argumentationen sind möglich, doch wird in jedem Fall eine<br />

Auseinandersetzung mit dem Vorlesungsstoff erwartet.<br />

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Wiederholungsklausur 2008<br />

1.<br />

Nicht selten postulieren Manager, Ethik zahle sich immer aus. Nehmen<br />

Sie zu dieser Aussage Stellung. Gehen Sie dabei auf das Konzept<br />

„Dilemmastruktur“ sowie auf einige relevante Folgerungen Ihrer<br />

Überlegungen ein (35 %)<br />

2.<br />

Erläutern Sie, warum die Übernahme von Verantwortung einem<br />

Unternehmen grundsätzlich nicht zum Nachteil reichen darf. Gehen Sie<br />

hierbei auch auf die Rolle des Wettbewerbs aus wirtschaftsethischer<br />

Sicht ein. (35%)<br />

Unternehmensethik | HWS 2009/10 | Prof. Dr. Nick Lin-Hi 43

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