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Geld oder Leben - Bauhaus-Universität Weimar

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<strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong><br />

Reader zur Ausstellung


Reader zur Ausstellung<br />

<strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong>?<br />

19.3. — 24.4.2011<br />

Dada Post, Berlin<br />

mit je einem Vorwort von<br />

Howard McCalebb und<br />

Norbert W. Hinterberger<br />

Elektronische Version erhältlich unter: www.geld<strong>oder</strong>leben.tk/reader<br />

Reader zur Ausstellung<br />

„<strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong>?“<br />

aus der Reihe „Youth Culture“<br />

im Ausstellungsraum<br />

Dada Post, Berlin-Reineckendorf<br />

Herausgeber:<br />

Professur Freie Kunst<br />

Prof. Norbert W. Hinterberger<br />

und Naomi Tereza Salmon<br />

Fakultät Gestaltung<br />

Gestaltung und Satz:<br />

Max F. Albrecht,<br />

KunstTechnikEinheit.com<br />

Abbildungen:<br />

Alle Fotos von den jeweiligen Künstlern<br />

Permalink:<br />

http://geld<strong>oder</strong>leben.blog.bau-ha.us/reader


Aus dem Posteingang:<br />

„mei, ich weiß heute nich mehr, was ich<br />

letzte woche getan hab und da fragt ihr<br />

mich nach einem ganzen semester resümee<br />

lol ich kann das nicht mal annähernd<br />

schätzen und wo fang ich denn überhaupt<br />

an geld und zeit zu rechnen?“<br />

„ich hab ewigkeiten (…) gebraucht. keine<br />

ahnung... ist arbeitszeit auch, wenn ich<br />

während meiner sowieso schon bezahlten<br />

arbeitszeit als tutor (…) was fürs projekt<br />

baue? <strong>oder</strong> komm ich da in gewissenskonfl<br />

i k t e? “<br />

„Über die Zeit: seit Dezember gibt es keinen<br />

Tag die ich nicht an den Projekt denken<br />

muss <strong>oder</strong> will & Konzeptanderungen und<br />

neue Korrekturen und was gefällt und was<br />

nicht Grob…“<br />

„die Arbeitszeit bei mir ist schwer zu fassen.<br />

Über vieles habe ich Stunden nachgedacht.<br />

Und ich habe meine Idee gewechselt,<br />

nachdem ich schon für eine andere<br />

Idee Zeit aufgewendet habe. Sieht komisch<br />

aus, wenn ich bei der Statistik dann kaum<br />

Balken habe, <strong>oder</strong>? Wozu ist sie denn gedacht?<br />

Ist das nicht ein wenig doof für die,<br />

die eine Idee hatten, die schnell umsetzbar<br />

war und/<strong>oder</strong> wenig kostet? Oder hab ich<br />

da was falsch verstanden?“<br />

„(…) habe ich heute morgen abgeholt....<br />

bei den Kosten kommen bei mir noch 250<br />

Euro dazu.“<br />

„Beim Thema der Zeit, das waren die<br />

stunden außerhalb des Plenum, die würden<br />

da noch dazukommen, (…). sieht dann nur<br />

komisch aus im Verhältnis z.B. zu Martin<br />

seinem Aufwand? Ach lass es am besten<br />

weg, ich habe mal eben nur laut gedacht ….“<br />

Absagen via Facebook:<br />

„leider nich da...“<br />

M. G., 05. März um 22:41<br />

„kein geld_das kotzt mich an“<br />

C. B., 06. März um 13:12<br />

„Da hab ich leider keine Zeit. Schade!“<br />

M. H., 06. März um 14:06<br />

„schaff ich leider nich...“ B. B., 07. März um 08:46<br />

„Schade, da bin ich gerade in Bayern.....“<br />

I. D., 08. März um 18:13<br />

„Schade, da bin ich gerade in Bayern.....<br />

und dann in Japan. Hurrahaha“<br />

F. H., 09. März um 06:46<br />

„Danke für die Einladung, kann aber<br />

leider nicht kommen, jedenfalls nicht zu<br />

Vernissage...“<br />

S. K., 09. März um 18:33<br />

Im März 2009 installierte der Kunstraum<br />

„Dada Post“ mit seiner Eröffnungsausstellung<br />

seine Serie namens Youth<br />

Cult (Jugendkult). Wir freuen uns, 2011<br />

die dritte Ausgabe der jährlich stattfi ndenden<br />

Youth Cult-Ausstellungen von<br />

Dada Post zeigen zu können.<br />

1995 stellten Professor Norbert W. Hinterberger<br />

(<strong>Bauhaus</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Weimar</strong>,<br />

Freie Kunst) und Marcel Hager von<br />

der Galerie Unwahr in Berlin-Mitte<br />

Positionen junger Künstler aus <strong>Weimar</strong><br />

zum Thema „Sein und Zeit – Ironische<br />

Untersuchungen zur Gegenwart“ aus.<br />

Für Youth Cult 2011 präsentieren wir<br />

nun eine hochinteressante Gruppe junger<br />

Künstler zum Thema „<strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong>?“,<br />

initiiert von Prof. Norbert W. Hinterberger<br />

und Assistentin Naomi Tereza Salmon<br />

an der <strong>Bauhaus</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Weimar</strong>.<br />

Als eine der wenigen in unserer Gesellschaft<br />

verbliebenen generationsübergreifenden<br />

Institutionen hat die Kunstwelt die<br />

einzigartige Möglichkeit, die Errungenschaften<br />

des Alten und Bewährten mit<br />

der Frische der Jugend zu verbinden. Für<br />

ältere Generationen gilt die Gegenwart<br />

der Jugend als ein Zeichen für Optimismus<br />

– andererseits können die manchmal<br />

überbordenden Visionen der Jugend<br />

auch die Hartgesottensten unter den<br />

Alten aufschrecken.<br />

Künstler als die zeitgenössischen Händler<br />

des Metaphorischen repräsentieren<br />

die Stimmung ihrer Zeit. Gegenwärtig<br />

weht uns der frostige Wind der globalen<br />

ökonomischen Rezession entgegen. Solche<br />

harten Zeiten treffen tendenziell<br />

gerade junge Leute in der Phase des<br />

Übergangs. Die ökonomischen Aussichten<br />

für junge Leute sind derzeit nicht gut.<br />

Die volle Wucht dieser sich bedrohlich<br />

abzeichnenden Misere reduziert die soziale<br />

Beweglichkeit mit langfristigen Konsequenzen.<br />

Zynismus macht sich breit unter jungen<br />

Erwachsenen, da die in der Kindheit<br />

vermittelte ideale Welt einer harschen<br />

Realität weichen musste. Das individuelle<br />

Selbstbewusstsein des Künstlers unterliegt<br />

stets historischen Bedingungen und<br />

man kann sein Werk nicht einschätzen,<br />

ohne diesen, seinen persönlichen Kampf<br />

mit der Welt unter die Lupe zu nehmen.<br />

Mithilfe einer neu formulierten Vision zeigen<br />

uns diese jungen Künstler ihre Kritik<br />

an unseren schwierigen und fordernden<br />

Zeiten – durch ihre Kunst.<br />

Die Verpfl ichtung zur Erneuerung und<br />

zur Fortsetzung visueller Kunstpraxis<br />

fällt notwendigerweise an die Jungen.<br />

Aber Ideen und Traditionen ändern<br />

sich – so wie junge Künstler stets Wege<br />

der Erneuerung fi nden. Die Welt bewegt<br />

sich in Richtung einer wissensbasierten<br />

Ökonomie und falls die weltumspannende<br />

Wirtschaft gesundet, wird sie sich<br />

in einem veränderten Licht zeigen. Bei<br />

einem solchen Aufschwung werden aber<br />

nicht die Fähigkeiten älterer Menschen<br />

gefragt sein. Die Kunstwelt benötigt als<br />

primären Fokus mit Sicherheit keinesfalls


die Fortsetzung der Visionen altgedienter<br />

Künstler. In der Kunstwelt ist nur mit altgedienten<br />

Visionen sicher keine kreative<br />

Kontinuität möglich. Die Jugend hat das<br />

frische Instrumentarium ihrer Sinne: Das<br />

zu schmecken, zu berühren und zu fühlen<br />

was die Welt bewegt.<br />

Diese authentisch zeitgenössischen<br />

Praktiken bieten Gelegenheit, die wandelbaren<br />

Formen der Kunst zu erfahren.<br />

Der <strong>Leben</strong>sstrom, der ins Dasein sprudelt,<br />

eine Allegorie des Selbst, wird vielleicht<br />

zu einem charakteristischen Genre der<br />

zeitgenössischen Kunst.<br />

Wir präsentieren hocherfreut<br />

Youth Cult 2011: <strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong>?<br />

Howard McCalebb,<br />

Direktor des Kunstraumes<br />

„Dada Post“ in Berlin<br />

Wie schon im Statement von Howard<br />

McCaleb treffend formuliert, weht ein<br />

zunehmend frischerer Wind, der liebgewordene<br />

<strong>Leben</strong>sumstände und Gewohnheiten<br />

ins Wanken bringt.<br />

So versucht auch die Fragestellung<br />

unseres Projektes „<strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong>?“ auf<br />

den Punkt zu bringen, welche Prioritäten<br />

jeder Einzelne in seinem <strong>Leben</strong> setzt. Sieht<br />

man seine Existenz als beispielhaft und<br />

unverwechselbar, als Experiment auf dem<br />

einzigen bewohnbaren Planeten? Oder<br />

als träge dahintrottenden Zellhaufen,<br />

der bloß ernährt und ein wenig gegen die<br />

Langeweile unterhalten werden möchte?<br />

Ist man bereit und offen für möglicherweise<br />

riskante Erfahrungen <strong>oder</strong> will man<br />

Sicherheit, unaufgeregt dahin gleiten mit<br />

ökonomisch entspannter Basis – aber<br />

Defi ziten auf der Erfahrungsseite?<br />

Natürlich lassen sich diese Fragen<br />

nicht im binären Verfahren – 1 <strong>oder</strong> 0, ja/<br />

nein, schwarz <strong>oder</strong> weiß – beantworten,<br />

sondern müssen meistens abgewogen<br />

und prozentual eingeschätzt werden.<br />

Schwierig genug ist die perfekte Mischung<br />

zwischen Engagement und<br />

Kontemplation, welche für die gesamte<br />

<strong>Leben</strong>sspanne gefunden werden muss.<br />

Inzwischen gelten vormalige Sicherheiten,<br />

wie eine komfortable Abstammung<br />

und exzellente Ausbildung, keinesfalls als<br />

Garantie für ein selbst bestimmtes <strong>Leben</strong><br />

ohne bedrohliche Existenzängste. Ständige<br />

Berufs- und Standortwechsel sind normal<br />

geworden und gehören zum üblichen<br />

JOHANNA WARM<br />

eins zu hundertneununddreißigmillionenachthundertachtunddreißigtausendeinhundertsechzig<br />

Über sechs Monate lang habe ich zwei Mal<br />

die Woche Lotto gespielt und die Lottoscheine<br />

nicht eingereicht, jedoch genau wie alle Lottospieler<br />

gespannt die Ziehungen verfolgt.<br />

Ursprünglich fand ich es faszinierend, wie<br />

nah man seinen Träumen und Wünschen sein<br />

kann, wenn man an viel <strong>Geld</strong> denkt, wie leicht<br />

einem das <strong>Leben</strong> erscheint.<br />

Millionen Menschen auf der Welt spielen<br />

Lotto, und das nur wegen einer winzigen<br />

Chance auf ein neues <strong>Leben</strong>. Manche spielen<br />

über mehrere Jahre immer dieselben Zahlen …<br />

Materialkosten: 60 €<br />

Lottoscheine<br />

was hält diese Hoffnung am <strong>Leben</strong>?<br />

Gegen jegliche Vernunft investiert man in<br />

ein fast unmögliches Projekt und stellt sich zudem<br />

auch noch seiner eigenen Unzulänglichkeit.<br />

Braucht man das <strong>Geld</strong> wirklich, um sich<br />

die Träume zu erfüllen, warum kämpft man<br />

nicht für seine Überzeugungen?<br />

Der Illusion, dass mit <strong>Geld</strong> alles möglich ist<br />

und es Freiheit bedeutet, gibt man sich gerne<br />

hin. Es ist schwer, diese Hoffnung aufzugeben,<br />

vor Allem, wenn man meint, es durch die eigene<br />

Zahlenwahl selbst in der Hand zu haben.<br />

Arbeitszeit: 10 h


Materialkosten: ca. 210 €<br />

PHILIPP VALENTA<br />

Speisen die bestechen<br />

In der heutigen Zeit, in der immer elegantere<br />

Methoden der Korruption angewendet werden,<br />

d. h. Methoden, die oft weit mehr beinhalten als<br />

das bloße <strong>Geld</strong>, vollzieht sich ein Wandel zur Salonfähigkeit<br />

der Bestechung, da die Mittel bereits<br />

lange in den Salon eingezogen sind. Gefällig- und<br />

Verantwortlichkeiten innerhalb von Netzwerken<br />

und, besser gesprochen, Seilschaften, lassen zwar<br />

Manchen die Nase rümpfen, doch gehören diese<br />

zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Alltag,<br />

ohne den einige Karrieren undenkbar wären.<br />

Bestechung gehört einfach dazu.<br />

Wer kennt das alles nicht? Eine Schachtel Pralinen<br />

als Entschuldigung für den verpassten Ge-<br />

Künstlerkochbuch<br />

burtstag, einen Kuchen als Wiedergutmachung<br />

für das zu späte Erscheinen, eine gute Flasche<br />

Wein dafür, dass man sich so lange nicht gesehen<br />

hat – Kleinigkeiten, doch bestechen diese<br />

den Beschenkten, um ihm dem Schenker wohlgesonnener<br />

gegenüber zu stellen. Warum nicht<br />

weiter denken? „Speisen die bestechen“ widmet<br />

sich diesem Thema und vollzieht einen Bogen<br />

durch die Küchen und Speisezimmer der Welt,<br />

um Ihnen kleine, aber feine Gerichte wie auch<br />

Tischdekorationen zu präsentieren, mit denen Sie<br />

persönlich und mit viel Liebe bestechen können.<br />

Liebe geht doch durch den Magen – warum<br />

Bestechung nicht auch?<br />

Arbeitszeit: 92 h<br />

Repertoire von Anforderungsprofi len. Sie<br />

zwingen die Betroffenen, den verordneten<br />

Veränderungen etwas Positives abzugewinnen,<br />

um den Begriff vom „freien<br />

Willen“ noch künstlich zu beatmen.<br />

Der Künstler – in der Vergangenheit und<br />

Gegenwart auch stets als Hungerleider<br />

apostrophiert – weiß von vornherein, was<br />

er zu erwarten hat und wird bestenfalls<br />

von Erfolg und Wohlstand überrascht.<br />

Seine Währung ist die Freiheit, begibt er<br />

sich doch freiwillig auf einen unsicheren<br />

Pfad, in der Hoffnung, wenigstens über<br />

sein Werk einen intensiveren und subtileren<br />

Blick auf die Welt zu erhaschen.<br />

Die Resultate der ästhetischen Untersuchungen<br />

zu diesem allgemeingültigen<br />

Thema sind nun in der Ausstellung im<br />

Dada Post-Kunstraum von 19. März bis<br />

24. April 2011 zu sehen.<br />

Der Individualismus der angehenden<br />

Künstler zeigt sich sowohl in den sehr<br />

persönlichen Statements über ihre<br />

<strong>Leben</strong>sauffassungen als auch in der<br />

Bandbreite an Exponaten, die ihre Inhalte<br />

mittels Fotografi e, Malerei, Objektkunst,<br />

Installation und Video transportieren.<br />

Der Alltag spiegelt sich einerseits in der<br />

Form von Werkzeugen zur Überlebenssicherung,<br />

Überlegungen für den weiteren<br />

<strong>Leben</strong>sweg, Untersuchungen zum <strong>Leben</strong>sstandard<br />

mit Hartz IV, andererseits an<br />

Beispielen kreativen Bettelns und Auswüchsen<br />

des Sparens.<br />

Der Hang zum Luxus manifestiert sich<br />

als Parfum mit dem Duft des <strong>Geld</strong>es, wo<br />

eine Kokain-Schneekugel in Nachbarschaft<br />

mit edlen Dukaten-Fliesen nicht<br />

fehlen darf und gipfelt in der Gründung<br />

eines zukunftsorientierten Kunstkartells<br />

mit der Option zur Gewinnmaximierung.<br />

Die Lust an Spiel und Gewinn unterliegt<br />

denselben kapitalistischen Interessen wie<br />

die Strategien von Bestechung und Korruption.<br />

Wer angesichts der aufgezeigten<br />

Facetten dennoch keinen Ausweg sieht,<br />

dem wird mit einer Kampagne für einen<br />

standesgemäßen Freitod geholfen.<br />

Norbert W. Hinterberger,<br />

Professor für Freie Kunst,<br />

<strong>Bauhaus</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Weimar</strong>


„Nicht der Staat bedroht Freiheit und<br />

Sicherheit, sondern die Rechtsbrecher.<br />

Wer was anderes sagt, ist verrückt.“<br />

Dr. Wolfgang Schäuble, 2008<br />

„1999 hatte Dr. Schäuble im Bundestag erklärt, Karlheinz<br />

Schreiber im Rahmen eines Gesprächsabends<br />

1994 in Bonn kennen gelernt zu haben. Dort habe er<br />

sich ihm als Unternehmer vorgestellt. Den Erhalt einer<br />

Barspende Schreibers hatte Dr. Schäuble allerdings unerwähnt<br />

gelassen: „Auf der damaligen Veranstaltung bin<br />

ich Herrn Schreiber begegnet. Das war es.“<br />

Auf die Nachfrage, ob dies mit <strong>oder</strong> ohne Koffer geschehen<br />

sei – wobei der Begriff „Koffer“ als Synonym<br />

Materialkosten: 55,10 €<br />

MAX F. ALBRECHT<br />

Schwarzer Koffer<br />

Replik<br />

für die Übergabe von Bargeld zu verstehen ist – hatte Dr.<br />

Schäuble geantwortet:<br />

„Ohne Koffer, das heißt: Ich habe vielleicht einen Aktenkoffer<br />

dabei gehabt. Ich weiß es nicht mehr genau.“<br />

Im Dezember 1999 wurde Dr. Schäuble zu einer etwaigen<br />

Barspende Schreibers befragt. Dort erklärte er erstmals,<br />

im September 1994 von Schreiber eine Spende in<br />

Höhe von 100.000 DM erhalten zu haben.“<br />

14. Dt. Bundestag, Drucks. 14/9300: Bericht d. Untersuchungsausschusses<br />

„Parteispenden und Waffenhandel“, S.165 (gekürzt)<br />

Materialien: Koffer, Umschlag mit<br />

100.000 DM, div. Kleinteile<br />

Aufl age: 10 Stk. Preis: 100 €<br />

Arbeitszeit: 42 h<br />

Tulpen galten schon bei den Türken<br />

(von wo sie aus dem Orient nach Europa<br />

kamen) als „Symbol des <strong>Leben</strong>s“.<br />

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts<br />

wurde Holland zu einem Zentrum der<br />

Zwiebelpfl anzen- und besonders der<br />

Tulpen-Zucht. Es entstand eine Vielzahl<br />

von Sorten, darunter auch solche<br />

mit gefüllten Blüten <strong>oder</strong> mit farbig<br />

gefl ammten Blüten, was durch eine<br />

Viruserkrankung bedingt war. Diese<br />

seltenen Tulpen wurden zu einem Spekulationsobjekt.<br />

Es kam zur so genannten<br />

Tulpenmanie, bis sich nach einem<br />

Materialkosten: 80 €<br />

SUSANNE STÄUDEL<br />

Gartenhuren<br />

Fotografi en<br />

Börsenkrach 1637 der Handelswert von<br />

Tulpen wieder normalisierte.<br />

In den Jahrzehnten danach entwickelte<br />

sich die Tulpe von einer Blume des<br />

Adels und <strong>Geld</strong>bürgertums zu einer<br />

weit verbreiteten Zierpfl anze. Heutzutage<br />

sind sie beliebte Frühlingsboten,<br />

die in jedem Discounter zu haben sind.<br />

Ein alter Geheimtipp, um Blumen länger<br />

frisch zu halten, sind Kupfermünzen<br />

(alte Pfennig Münzen <strong>oder</strong> Cent Münzen)<br />

im Vasenwasser. Sie sollen die<br />

Pfl anzenfäulnis weiter hinaus zögern….<br />

Format: 2 × 20 × 30 cm<br />

Arbeitszeit: 90 h


In vielen Landstrichen dieser Erde<br />

leben Menschen, die besser bewaffnet<br />

sind als genährt.<br />

Trotz schwieriger klimatischer und politischer<br />

Umstände versuchen die Menschen<br />

in den besagten Gegenden ihre<br />

Existenz mittels Ackerbau zu sichern<br />

und mittels Waffen zu verteidigen.<br />

Genau für diese Situation wurde die<br />

Agrar-47 entwickelt. Ein Gerät, mit<br />

dem es möglich ist, sowohl das eigene<br />

Feld zu bestellen als auch das Land zu<br />

verteidigen, von dem die eigene Existenz<br />

abhängt.<br />

Materialkosten: 300 €<br />

MARTIN SCHADE<br />

Agrar-47<br />

Werkzeug<br />

Das Gerät verweist keineswegs auf<br />

eine Trennung in zwei Teile (<strong>Leben</strong><br />

und Tod), sondern auf eine Verschmelzung<br />

des Teiles, der das <strong>Leben</strong><br />

sät, und des Teiles, der das <strong>Leben</strong> beschützt.<br />

Arbeitszeit: 24 h<br />

<strong>Geld</strong> ist ein Zwischentauschmittel,<br />

welches aufgrund allgemeiner Akzeptanz<br />

zu weiterem Tausch gegen<br />

ein Gut eingesetzt werden kann. Das<br />

Machtpotenzial wirkt auf das Verhalten<br />

und Denken sozialer Gruppen<br />

<strong>oder</strong> Personen im eigenen Sinn und<br />

Interesse ein. Dabei kommt die Fähigkeit<br />

zum Tragen, Ziele zu erreichen<br />

<strong>oder</strong> sich äußeren Ansprüchen nicht<br />

unterwerfen zu müssen.<br />

150 Stück 50 Cent Münzen werden<br />

aus dem ökonomischen Kreislauf herausgenommen<br />

und in 50 Messing Ge-<br />

Materialkosten: 416,39 €<br />

FRANZISKA BECHER<br />

Kaliber 50 Cent<br />

Objekte<br />

schosse für Handfeuerwaffen gedreht.<br />

Es entsteht eine limitierte Aufl age von<br />

50 Patronen. Jedes der Geschosse hat<br />

ca. 8,3 g – dies entspricht jeweils 1,33<br />

Euro.<br />

Materialien: 150 × 50 ¢-Münzen,<br />

Patronenhülsen, Patronenbox<br />

Patronen mit frei wählbarer Gravur<br />

auf Bestellung erhältlich. Preis: 50€<br />

Arbeitszeit: 110 h


PATRICIA DE PAULA<br />

Don’t Go Chasing Waterfalls<br />

Unterhaltungssendungen im Fernsehen<br />

sind die Jahrmärkte von heute.<br />

Sie faszinieren die Menschen auf eine<br />

ähnliche Weise und in Brasilien macht<br />

das keiner besser als Silvio Santos, der<br />

König des Entertainments. Sein Publikum<br />

liebt ihn und sieht ihn als Beispiel<br />

für Erfolg. Sie wollen Unterhaltung.<br />

Sie wollen vergessen, was in ihrem Alltag<br />

geschieht. Sie wollen lachen. Vor<br />

Allem aber wollen sie <strong>Geld</strong>. Alle Wünsche<br />

werden von Silvio Santos erfüllt.<br />

Durch ihn fl iegt <strong>Geld</strong> in unsere Hände.<br />

Video und Objekte<br />

Silvio Santos kommt aus einfachsten<br />

Verhältnissen und hat durch seine<br />

rhetorische Begabung und seinen<br />

Unternehmergeist eine große Anzahl<br />

von Unternehmen geschaffen. Seine<br />

Shows, bei denen es fast immer um<br />

<strong>Geld</strong> geht, erfreuen sich größter Beliebtheit.<br />

Im ersten Fernsehnetz Brasiliens<br />

gestaltete Silvio Santos in den<br />

1960er Jahren ein eigenes Programm.<br />

Durch politische Beziehungen und mit<br />

Hilfe von Freunden erwarb er 1976 die<br />

Lizenz für eine eigene TV-Station.<br />

Materialkosten: 165,02 € Arbeitszeit: 93 h<br />

<strong>Geld</strong> ist weitaus mehr als nur ein<br />

Zwischentauschmittel für Waren<br />

und Leistungen, es wurde zu einem<br />

Äquivalent für Macht. Diese Macht<br />

verspricht die Kontrolle der eigenen,<br />

vermeintlich unabhängigen <strong>Leben</strong>sgestaltung.<br />

<strong>Geld</strong> zu sammeln, nicht zu verlieren<br />

und am liebsten noch mehr davon zu<br />

wollen ist eine logische Konsequenz,<br />

wenn man dem Versprechen Glauben<br />

schenkt.<br />

Wie weit würde man gehen, um dies<br />

zu erreichen? Werden nicht Mittel<br />

Materialkosten: 2 €<br />

SIRA SANDBERG<br />

Sparschwein<br />

Video-Loop<br />

und Zweck vertauscht? Aus einem<br />

Streben ein Zwang und aus einer Suche<br />

nach Unabhängigkeit eine völlige<br />

Abhängigkeit? Ist man tatsächlich im<br />

Besitz von Macht <strong>oder</strong> besitzt einen<br />

die Macht, so dass man sich in Wirklichkeit<br />

dem <strong>Geld</strong> opfert?<br />

Arbeitszeit: Stundenlang


Wie viel Prozent <strong>Leben</strong> kann Hartz IV bieten?<br />

Das Hartz-IV-Starterkit „Prozente auf alles!“<br />

zeigt gemessen am Tagessatz, was ein Citizen<br />

Hartz sich leisten könnte.<br />

Was ist ein Tagessatz? Rein rechnerisch in<br />

etwa ein 30-tel vom Monatssatz (359 €).<br />

Nach § 20 SGB werden die ca. 11,80 € pro<br />

Tag aufgeteilt auf verschiedene Bereiche des<br />

<strong>Leben</strong>s, klingt kompliziert und ist es auch. So<br />

bleibt leider oft nicht viel Funktionierendes<br />

übrig.<br />

Teilen Sie mit uns die Welt des Citizen Hartz.<br />

* Thorronn sind: Thoralf Müller und Ronny Korn<br />

THORRONN*<br />

Prozente auf Alles!<br />

Objekte<br />

Vergessen Sie nie, das Kleingedruckte zu lesen:<br />

§ 20 Regelleistung zur Sicherung des <strong>Leben</strong>sunterhalts<br />

(1) Die Regelleistung zur Sicherung des <strong>Leben</strong>sunterhalts umfasst insbesondere Ernährung,<br />

Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden<br />

Anteile, Bedarfe des täglichen <strong>Leben</strong>s sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen<br />

zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen <strong>Leben</strong>.<br />

(2) Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend <strong>oder</strong> allein<br />

erziehend sind <strong>oder</strong> deren Partner minderjährig ist, 345 Euro[1]. Die Regelleistung für<br />

sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft beträgt 80 vom Hundert der<br />

Regelleistung nach Satz 1.<br />

(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 erhalten Personen, die das 25. <strong>Leben</strong>sjahr noch nicht<br />

vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs.<br />

2a umziehen, bis zur Vollendung des 25. <strong>Leben</strong>sjahres 80 vom Hundert der Regelleistung.<br />

(3) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. <strong>Leben</strong>sjahr vollendet, beträgt die<br />

Regelleistung jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz 2.<br />

(4) Die Regelleistung nach Absatz 2 Satz 1 wird jeweils zum 1. Juli eines Jahres um den<br />

Vomhundertsatz angepasst, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

verändert. Für die Neubemessung der Regelleistung findet § 28 Abs. 3 Satz 5 des<br />

Zwölften Buches entsprechende Anwendung. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

gibt jeweils spätestens zum 30. Juni eines Kalenderjahres die Höhe der Regelleistung nach<br />

Absatz 2, die für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt.<br />

Bei der Anpassung nach Satz 1 sind Beträge, die nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro<br />

abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden.<br />

Material: Alltagsprodukte, prozentual bearbeitet<br />

Materialkosten: 310 € Arbeitszeit: 196 h<br />

Die Arbeit „Life-Slot-Machine” zeigt<br />

Symbole, die mit dem menschlichen<br />

Handeln und Verhalten zu tun haben.<br />

Die Life-Slot-Maschine steckt voller<br />

Möglichkeiten, wie man verschiedene<br />

Situationen des <strong>Leben</strong>s bewältigen<br />

kann. Per Zufall entscheidet sich, aus<br />

welchen drei Symbolen sich die persönliche<br />

Kombination zusammensetzt.<br />

Sämtliche <strong>Leben</strong>sentwurfsmöglichkeiten<br />

wurden von der Life-Slot-Machine<br />

bereits kombiniert.<br />

DIOBERMA DÌAZ<br />

Life-Slot-Machine<br />

Manipuliertes Elektronisches Spielzeug<br />

Wer mitspielen will, kann ein Los kaufen,<br />

welches das persönliche Schicksal<br />

offenbart.<br />

Erfolg <strong>oder</strong> Nichterfolg spielt keine<br />

Rolle in dieser Arbeit, es gibt keinen<br />

Gewinner, keinen Verlierer, es gibt nur<br />

Spieler.<br />

Materialkosten: 188,23 € Arbeitszeit: 1000 h


COSIMA GÖPFERT UND PHILIPP VALENTA<br />

Das Kunstkartell<br />

Das Kunstkartell bedient sich der Attribute<br />

der m<strong>oder</strong>nen, globalisierten Wirtschaft und<br />

schafft eine direkte, wechselseitige Verbindung<br />

zwischen Künstler und Käufer.<br />

Durch die schwierige marktwirtschaftliche<br />

Position von Künstlern in der heutigen Zeit<br />

müssen strategische Entscheidungen getroffen<br />

werden, um neue Wege in der Schaffung und<br />

Finanzierung künstlerischer Werke beschreiten<br />

zu können.<br />

Auf der eigens eingerichteten Internetseite<br />

mit VIP-Bereich, Live-Webcam und für das<br />

Kartell relevanten Informationen können<br />

Interessenten live am Kunstgeschehen und am<br />

Materialkosten: 700 €<br />

Verschiedene Materialien und Medien<br />

Kunstschaffen der Inhaber des Kartells gegen<br />

Bezahlung teilhaben. Der Interessent erhält<br />

eine Quittung und Zugang zu den Private<br />

Sessions per E-Mail, in der ein Mitspracherecht<br />

beim Entstehen des Kunstwerks eingeräumt<br />

wird. Im Anschluss daran wird postalisch ein<br />

signiertes Dokument, eine Aktie, versendet.<br />

Der Käufer wird zum Aktionär des Kartells.<br />

Neben den Private Sessions und dem<br />

damit verbunden Verkauf von Anteilen werden<br />

gemeinsame Kunstaktionen in Form von<br />

öffentlichen Performances und PR-Aktionen<br />

wie auch Objekte unter dem Banner des Kunstkartells<br />

entstehen.<br />

Arbeitszeit: 240 h<br />

Materialkosten: 120 €<br />

NATALIA PIEDRA<br />

Till Debt Do Us Part<br />

Mark Twain once said, “Clothes<br />

make the man. Naked people have<br />

little or no infl uence on society.”<br />

If clothes make the man, then they<br />

certainly must make the woman as<br />

well. That said, what is when man and<br />

woman come together in marriage?<br />

Among the top reasons for divorce,<br />

debt and money problems reign high.<br />

In a time where love seldom conquers<br />

much, and money can buy you pretty<br />

much anything, this old adage of<br />

Twain’s seems to hold ever true.<br />

Perhaps it is time to put our love to<br />

Objekte<br />

the test and to broadcast the truth of<br />

our fi nancial fi ascos before we walk<br />

down the aisle. How many people let<br />

their t-shirts or pins speak for them?<br />

Why should our nuptial gowns be exempt?<br />

Let’s wear our motley monetary<br />

misadventures as we march our wedding<br />

march to the altar proper. Will<br />

the vows remain the same or will the<br />

new vows read, “Till debt do us part.”.<br />

Arbeitszeit: 50-60 h


Zu Zeiten der Wirtschaftskrise<br />

erfreut sich das Jahrtausende alte<br />

Zahlungsmittel Gold wieder großer<br />

Beliebtheit. Viele Menschen sind<br />

bereits aus den Papierwährungen<br />

gefl ohen und haben sich mit Goldbarren<br />

und Münzen eingedeckt. Mit<br />

diesen goldenen Rettungsbooten<br />

glauben manche Leute, sich eine<br />

persönliche Arche geschaffen zu haben,<br />

um vor dem drohenden Finanz-<br />

Tsunami zu fl iehen.<br />

Da aber nicht jeder über dementsprechende<br />

Finanzmittel verfügt,<br />

Materialkosten: 130 €<br />

PETER KRUG<br />

Fliese „Renaissance“<br />

Produkt<br />

gibt es jetzt für alle Fans von Edelmetallen<br />

diese wunderschöne goldene<br />

Fliese mit Renaissance-Münzen (auf<br />

Wunsch auch in anderen Farben).<br />

6 Stück Fliesen, 30 cm × 30 cm<br />

in diversen Farben, je 40 €<br />

Arbeitszeit: 70 h<br />

<strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong>? Sicherheit <strong>oder</strong><br />

Freiheit? Gewissheit <strong>oder</strong> Risiko?<br />

Welchen Weg will ich gehen? Welche<br />

Auswirkungen hat meine Wahl auf<br />

mein <strong>Leben</strong>? Was gebe ich auf? Was<br />

werde ich vermissen?<br />

Bin ich zu vernünftig? Bin ich feige?<br />

Werde ich glücklich? Reicht mir das?<br />

Bin ich genug Künstler, um Künstler<br />

zu sein? Werde ich ein guter Lehrer?<br />

Kann ich beides sein? Stehe ich mir<br />

selbst im Weg? Wer will ich sein? Was<br />

will ich für mich?<br />

SIBYLLE GRUNDEIS<br />

Konfrontation<br />

Zwei großformatige Fotografi en<br />

Materialkosten: 50-70 € Arbeitszeit: Stundenlang


Materialkosten: 119,58 €<br />

MARLET HECKHOFF<br />

Seneca – Help Yourself<br />

Jährlich nehmen sich in der Bundesrepublik<br />

Deutschland etwa 11.000<br />

Menschen das <strong>Leben</strong>. Weltweit geht<br />

man von 877.000 erfolgreichen Selbsttötungen<br />

pro Jahr aus, was etwa einem<br />

Toten alle 40 Sekunden entspricht.<br />

Sie sehen: Sie sind nicht allein mit<br />

Ihrem Wunsch nach einem endgültigen<br />

Abschluss des <strong>Leben</strong>s.<br />

Sie werden von Freunden und Verwandten<br />

verunsichert? Ihre Begründung<br />

für Ihre Entscheidung scheint für<br />

andere nicht plausibel? Sie werden gar<br />

für unzurechnungsfähig erklärt?<br />

Kampagne<br />

Der Grund, aus dem Sie sich entschlossen<br />

haben, Ihrem Dasein ein<br />

Ende zu bereiten, ist ein sehr persönlicher,<br />

und in den meisten Fällen von<br />

Außenstehenden, auch wenn diese<br />

Ihnen sehr nah stehen, nicht nachvollziehbar.<br />

Lassen Sie sich nicht beeinfl ussen.<br />

Lassen Sie nicht zu, dass andere Sie<br />

von der Durchführung Ihres innigsten<br />

Wunsches abhalten.<br />

Arbeitszeit: 49 h<br />

Die klassische Kapitalistenfalle ist<br />

eine kleine, mechanisch arbeitende<br />

Apparatur. Normalerweise ist sie aus<br />

Holz gefertigt und mit einer Konstruktion<br />

bestückt, mit der über ein<br />

Lockmittel Kapitalisten zum Betreten<br />

der Falle gebracht werden sollen.<br />

Als Köder dienen Gold, Silber,<br />

Münzen <strong>oder</strong> <strong>Geld</strong>scheine jeder Herkunft,<br />

sprichwörtlich auch Kohle <strong>oder</strong><br />

Schotter.<br />

Dieser Köder wird an einem Metallstift<br />

befestigt. Im Kontakt mit<br />

dem Köder drückt das Gewicht des<br />

Materialkosten: 130 €<br />

PETER KRUG<br />

<strong>Geld</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leben</strong><br />

Skulptur<br />

Kapitalisten ein kleines Holzbrettchen<br />

herab, was wiederum eine vorher<br />

gespannte, starke Feder auslöst.<br />

Diese schlägt einen Metallbügel in<br />

die Nähe des Köders, um einem dort<br />

befi ndlichem Kapitalisten das Rückgrat<br />

zu brechen. Sofern der Kapitalist<br />

vollständig getroffen wird, führt dies<br />

in den meisten Fällen zum sofortigen<br />

Tod.<br />

Materialien: Überdimensionale<br />

Mausefalle, 1 Stück Feingold<br />

Arbeitszeit: 70 h


DANIEL KOCH<br />

Handel mit der dunklen Seite<br />

Das Gemälde bezieht sich auf die global operierenden<br />

spekulativen Investmentsysteme,<br />

die seit wenigen Jahrzehnten mit ihrem kurzfristig<br />

auf Profi t orientierten Handeln die<br />

Märkte in absehbarer Zeit in eine fi nanzielle<br />

Kernschmelze treiben werden.<br />

Die dunkle Seite in uns, <strong>oder</strong> sagen wir die<br />

eigene Gier, führt uns immer wieder in unserer<br />

Geschichte an einen Punkt der gesellschaftlichen<br />

Entgleisung.<br />

Im beginnenden 21. Jahrhundert haben wir<br />

ein grundlegendes Problem: die Zeit läuft<br />

uns davon – ein immer mehr beschleunigtes<br />

globales System, dessen Taktfrequenz bereits<br />

Malerei<br />

Echtzeit erreicht hat, verzeiht keine Fehler<br />

mehr. Unser im vorigen Jahrtausend zurückgebliebenes<br />

Weltbild von Moral und Ethik<br />

bewahrt uns nicht vor erneut fehlgeleitetem<br />

Tatendrang.<br />

Das Bild kann nur versuchen, einen subjektiven<br />

Moment in der Betrachtung derartiger<br />

Probleme wiederzugeben und scheitert<br />

grandios – ähnlich der dargestellten Person<br />

angesichts seines Herausforderers, der dunklen<br />

Seite des Selbst.<br />

Acryl-Abtönfarbe auf Leinwand, 250 × 150 cm<br />

Materialkosten: 101 € Arbeitszeit: 12 h<br />

JULIA HERFURTH<br />

The Old Melbourne Cemetery<br />

Verwinkelte Gänge. Kalt und Steril.<br />

Fleischfarbenes Neonlicht dringt aus<br />

Rollläden. Desinfektionsmittel und<br />

Seifengeruch penetrieren die Schleimhäute.<br />

Schmatzende Geräusche eines<br />

Lappens. Füße rutschen über Wasser.<br />

Schimmernder Boden. Fleisch und<br />

verwesende Körper. Auf den darunter<br />

liegenden Friedhof verweist nichts.<br />

Fotografi e<br />

Format: 74 × 110 cm<br />

Materialkosten: 120 € Arbeitszeit: Wochen und Monate


Das „Weiße Gold“ steht nicht nur<br />

für eine erfolgsorientierte Ego-Gesellschaft<br />

ohne soziales Bewusstsein,<br />

sondern gilt auch als das vermeintliche<br />

Zauberpulver vieler kreativer und<br />

intellektueller Köpfe.<br />

Materialkosten: 2,95 €<br />

GEORG HILBURGER<br />

Schneekugel<br />

Objekt<br />

Materialien:<br />

Polymethylmethacrylat, Polyethylen,<br />

Polystyrol, Wasser, Benzoesäure,<br />

Inkjetprint 8,4 × 8,4 × 7,2 cm<br />

Arbeitszeit: 20 min<br />

Fünf Sinne bestimmen unser <strong>Leben</strong>. Einer<br />

dieser Sinne, der Geruchssinn, wird auch hinsichtlich<br />

des <strong>Geld</strong>es mit der Redewendung<br />

„vor <strong>Geld</strong> stinken“ in Verbindung gebracht.<br />

Das lateinische Sprichwort „pecunia non olet“<br />

(<strong>Geld</strong> stinkt nicht) verweist auf den <strong>Geld</strong>erwerb<br />

Vespasians aus „unsauberen Quellen“.<br />

Die Beziehung zwischen Industrienationen<br />

und Entwicklungsländern der Dritten Welt<br />

beschert der westlichen Kultur einen unbeschwerten<br />

<strong>Leben</strong>sstandard, der zum Großteil<br />

auf Kosten der armen Staaten möglich ist.<br />

In der 1. Welt kommen nur die „reinen“ Dinge<br />

an – Destillate wie reines Gold, Diamanten<br />

Materialkosten: 260 €<br />

MARA-LEA HOHN<br />

Der Duft des <strong>Geld</strong>es<br />

Parfüm<br />

und bearbeitete Rohstoffe. Welche Nebenwirkungen<br />

bei dieser Wertschöpfungskette<br />

im Land selbst entstehen, wird oft verdrängt,<br />

aber geleugnet werden können sie nicht.<br />

Das <strong>Geld</strong>, das die Erste Welt aus der Dritten<br />

extrahiert, stinkt an sich nicht. Erst die Reaktion<br />

von Körpersekreten (Schweiß) mit <strong>Geld</strong><br />

(Papier <strong>oder</strong> Metall) lässt den charakteristischen<br />

und auch landestypischen Geruch des<br />

<strong>Geld</strong>es entstehen.<br />

Wie schön es doch wäre den schweißigen<br />

Duft eines hart arbeitenden Entwicklungsländlers<br />

an sich zu tragen….<br />

Arbeitszeit: 400 h

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