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Stiftung Gertrudenheim Pflegeheim des Oldenburgischen ...

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4<br />

Historie<br />

Zur Geschichte <strong>des</strong><br />

<strong>Gertrudenheim</strong>s<br />

Folge 3<br />

Dunkle Schatten<br />

Mit dem Bild <strong>des</strong> arischen Menschen,<br />

das die Nationalsozialisten erfunden<br />

hatten und in das viele ihrer Führer<br />

übrigens gar nicht hineinpassten,<br />

standen Menschen mit geistiger<br />

Behinderung oder seelischer Erkrankung<br />

nicht in Einklang. Sie wurden<br />

aus dem gesellschaftlichen Bereich<br />

verdrängt. Kennzeichnend ist eine<br />

Notiz aus dem Jahr 1937, als das 50.<br />

Jubiläum der <strong>Stiftung</strong> war:<br />

„...eine offizielle Feier dürfte aus verschiedenen<br />

Gründen kaum in Betracht<br />

kommen ...“<br />

Eine dankbare Erinnerung muss all<br />

denen gelten, die ihre Arbeit für<br />

behinderte Menschen trotz dieser<br />

gesellschaftlichen „Arbeitsstellung“<br />

fortsetzten.<br />

Verlegung nach Blankenburg<br />

Die bereits 1632 von Graf Anton<br />

Günther gegründete <strong>Stiftung</strong> Kloster<br />

Blankenburg wurde ebenfalls von<br />

der Kommission für die Verwaltung<br />

der Fonds und milden <strong>Stiftung</strong>en<br />

vertreten und liegt heute beim Bezirksverband<br />

Oldenburg. Die Liegenschaft<br />

Blankenburg am Ostrand<br />

der Stadt Oldenburg war als psychiatrische<br />

Einrichtung genutzt worden.<br />

1935 wurden die Patienten nach<br />

Wehnen verlegt. Kurzzeitig war<br />

Blankenburg ein SA-Hilfslager.<br />

Im Februar 1937 mussten die Bewohner<br />

und Bewohnerinnen <strong>des</strong><br />

<strong>Gertrudenheim</strong>s nach Blankenburg<br />

umziehen.<br />

Das Grundstück in Oldenburg<br />

wurde wohl noch im gleichen Jahr<br />

vom Reichsnährstand übernommen.<br />

Die freien Flächen, heute<br />

der Kleingartenverein Oldenburg,<br />

wurden als Grabeland genutzt.<br />

Der Reichsnährstand war eine allzuständige<br />

Institution von der Er-<br />

zeugung der Lebensmittel bis hin<br />

zu ihrer Verteilung. Nach Kriegsende<br />

1945 war es das Lan<strong>des</strong>ernährungsamt.<br />

Euthanasie<br />

Das nach Kriegsbeginn angelaufene<br />

„Euthanasie-Programm“ war staatlich<br />

organisierter Mord, dem bis<br />

Herbst 1941 etwa 70.000 Menschen<br />

zum Opfer fielen. In der Regel fand<br />

eine Verlegung in Anstalten statt,<br />

die den Angehörigen nicht genannt<br />

wurden, oder es waren weit entfernt<br />

liegende Orte, wohin Angehörige<br />

wegen der Kriegsbedingungen, der<br />

Entfernung und der Kosten kaum<br />

reisen konnten bzw. es trafen schon<br />

bald die Benachrichtigungen über<br />

das Ableben ein, häufig mit Angabe<br />

einer To<strong>des</strong>ursache wie Lungenentzündung,<br />

Kreislaufversagen o. ä..<br />

Die Getöteten wurden wohl sofort<br />

verbrannt.<br />

Für die Transporte war zuständig die<br />

„Gemeinnützige Krankentransport<br />

GmbH“. Welch hinterlistig und irreführende<br />

Bezeichnung!<br />

Offener Widerstand kam besonders<br />

vom Bischof von Münster, Clemens<br />

August Graf von Galen. In seiner<br />

Predigt vom 3. August 1941 brandmarkte<br />

er die Euthanasie unter Berufung<br />

auf das Strafgesetzbuch<br />

als Mord. In Berlin wurde „als wirksames<br />

Mittel“ das Aufhängen <strong>des</strong><br />

Bischofs überlegt. Hitler soll es für<br />

taktisch richtiger gehalten haben,<br />

vorerst nichts gegen den Bischof zu<br />

Dokument vom 11. September 1941 über die<br />

Ankündigung eines „Krankentransportes“.<br />

Bischof von Münster Graf von Galen<br />

unternehmen und die Euthanasie in<br />

aller Stille einzustellen (24.8.1941).<br />

Aber noch am 11. September 1941<br />

wurde der Transport von 290 Kranken<br />

nach Regensburg angekündigt.<br />

Eine Zeitzeugin, die einen Transport<br />

begleitet hatte, berichtete, dass „abtransportierte<br />

Kinder vor der brutalen<br />

Vernichtung bewahrt wurden“.<br />

Genaues ist nicht bekannt bzw.<br />

wurde oder konnte nicht erforscht<br />

werden.<br />

Es bestehen aber keine Zweifel,<br />

dass insbesondere die mutige Predigt<br />

<strong>des</strong> Bischofs von Münster viele<br />

Menschen vor der Ermordung bewahrte.<br />

Auch die Aufgabenübertragung<br />

für die <strong>Stiftung</strong> auf den Lan<strong>des</strong>fürsorgeverband<br />

Oldenburg im Jahre<br />

1937 hatte keinen Einfluss, denn alle<br />

öffentlich-rechtlichen Einrichtungen<br />

waren bis hinunter zur kommunalen<br />

Ebene durch die Gleichstellungsgesetze<br />

vom 31. März und 7. April<br />

1933 auf die Nationalsozialistische<br />

Deutsche Arbeiterpartei<br />

ausgerichtet und jegliche rechtsstaatliche<br />

Kraft beseitigt.<br />

Der Neuanfang 1950 war zunächst<br />

holprig.<br />

Fortsetzung folgt<br />

Karl-Heinz Meyer

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