Fensterbankblues: Zurück in den vier Wänden - Austrian Orchid ...
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Spiranthes spiralis<br />
Die Herbst-Drehwurz<br />
<strong>Orchid</strong>een <strong>in</strong> Wald und Wiese: WALTER BAUER stellt <strong>in</strong> dieser Serie die schönsten<br />
heimischen Arten vor.<br />
Wenn der Sommer merkbar zu Ende geht, die Tage<br />
deutlich kürzer wer<strong>den</strong> und die ersten kühleren<br />
Nächte kommen, zahlt es sich noch e<strong>in</strong>mal aus,<br />
beim Spazieren auf<br />
Trockenrasen genauer h<strong>in</strong>zuschauen.<br />
Mit etwas<br />
Glück und gutem Blick<br />
kann man dann die am<br />
spätesten blühende unserer<br />
heimischen <strong>Orchid</strong>een entdecken:<br />
die Herbst-<br />
Drehwurz.<br />
Nicht gerade auffällig<br />
s<strong>in</strong>d die spannenlangen<br />
Stiele mit <strong>den</strong> schraubig<br />
angeordneten grünlichweißen<br />
Blütchen. Sie wer<strong>den</strong><br />
zwischen 6 und etwa 40<br />
cm hoch, s<strong>in</strong>d drahtig aufrecht<br />
oder auch gebogen,<br />
graugrün und kräftig<br />
behaart. Sie wer<strong>den</strong> von<br />
mehreren Hochblättern<br />
begleitet. Im Blütenstand<br />
wer<strong>den</strong> sie von <strong>den</strong> Trag-<br />
blättern abgelöst. Diese<br />
s<strong>in</strong>d länglich spitz, am<br />
Rande weißlich drüsig<br />
behaart und länger als die Fruchtknoten.<br />
Der Blütenstand selbst ist schmal, meist spiralig<br />
gewun<strong>den</strong>, seltener e<strong>in</strong>seitswendig und trägt von<br />
fünf bis über dreißig Blüten. Trotz der ger<strong>in</strong>gen<br />
Größe erkennt man bei näherem H<strong>in</strong>sehen an der<br />
Form der Spiranthes-Blüten deutlich die Zugehörigkeit<br />
zu <strong>den</strong> <strong>Orchid</strong>een. Die drei Sepalen haben e<strong>in</strong>e<br />
Länge von etwa <strong>vier</strong> bis sieben Millimeter, die zwei<br />
seitlichen s<strong>in</strong>d leicht weggespreizt. Die mittleren<br />
jedoch bil<strong>den</strong> mit <strong>den</strong> ähnlich geformten Petalen<br />
und der schmalen Lippe e<strong>in</strong>e Röhre. Die Lippe ist<br />
<strong>in</strong> ihrem vorderen Teil nach unten geschlagen, sie<br />
hat e<strong>in</strong>en weißen welligen Rand und e<strong>in</strong>en grünlichen<br />
oder gelbgrünen Schlund.<br />
Interessant ist es, wenn man sich bei dieser Art<br />
die Blätter näher ansieht. Folgt man dem Blütenstiel<br />
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nach unten, wird man bemerken, dass die Blattrosette<br />
der Pflanze neben diesem dem Bo<strong>den</strong> aufliegt.Das<br />
mag zwar im ersten Moment seltsam<br />
anmuten, bei genauerer<br />
Überlegung kann man<br />
aber erkennen, dass diese<br />
<strong>Orchid</strong>ee demselben<br />
Wachstumsrhythmus folgt<br />
wie andere <strong>Orchid</strong>een, die<br />
auf <strong>den</strong>selben Standorten<br />
e<strong>in</strong> paar Monate früher<br />
blühen. Wie bei e<strong>in</strong>er<br />
Orchis morio oder e<strong>in</strong>er<br />
Ragwurz handelt es sich<br />
nämlich bereits um die<br />
Blattrosette für das nächste<br />
Jahr. Die zur Blütezeit<br />
gerade frisch gebildeten,<br />
zwei bis <strong>vier</strong> Zentimeter<br />
langen, spitzovalen, dunkel<br />
graugrünen und glänzen<strong>den</strong><br />
Blätter überw<strong>in</strong>tern<br />
nämlich und bil<strong>den</strong><br />
<strong>den</strong> nächstjährigen Blütenstand.<br />
Ähnlich anderen Orchi-<br />
S. spiralis auf e<strong>in</strong>er Weide im Wienerwald<br />
deen dieser Standorte sterben<br />
auch bei Spiranthes<br />
spiralis die Blätter im Sommer ab, nur die Knospe<br />
des Blütentriebes überdauert die heiße Jahreszeit am<br />
Bo<strong>den</strong>. Erst mit <strong>den</strong> ersten Herbstregen bei kühleren<br />
Temperaturen beg<strong>in</strong>nt sie sich rasch zu strecken<br />
und ihre Blüten zu entfalten, zur gleichen Zeit treiben<br />
die neuen Blätter seitlich aus.<br />
Hier handelt es sich um e<strong>in</strong>e Taktik, die langen<br />
heißen und trockenen Sommer im Mittelmeerraum,<br />
ihrer ursprünglichen Heimat, zu überdauern und<br />
doch zu e<strong>in</strong>er ungewöhnlichen Zeit zu blühen. Das<br />
kann im Mittelmeerraum bis weit <strong>in</strong> <strong>den</strong> Oktober<br />
oder gar <strong>in</strong> <strong>den</strong> November h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> dauern, bei uns<br />
ist die Herbst-Drehwurz ab etwa Ende August bis<br />
Mitte September <strong>in</strong> Blüte zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>. In Jahren mit<br />
heißen, trockenen Sommern oder aus anderen<br />
Grün<strong>den</strong> kann sich die Blütezeit selbst bei uns um