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Zum Tode von RA Hans Ringwald - saar-inso.de

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Nachruf zum <strong>To<strong>de</strong></strong> <strong>von</strong> <strong>RA</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong><br />

- „Ich habe alles eingesteuert!“ -<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> ist am 3. März 2008 im Alter <strong>von</strong> 69 Jahren in Stuttgart nach schwerer Krankheit<br />

verstorben. Er gehörte zu <strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utendsten Konkurs-, Vergleichs- und Insolvenzverwaltern<br />

Deutschlands und war bis zu seinem Tod u.a. Mitglied <strong>de</strong>s Gravenbrucher Kreises.<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> ließ sich 1966 in Stuttgart als Rechtsanwalt nie<strong>de</strong>r und war über drei Jahrzehnte<br />

Sozius <strong>de</strong>r Kanzlei Dr. Hils und <strong>Ringwald</strong> (1971-2003). Im Hauptberuf war <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> mit<br />

Lei<strong>de</strong>nschaft Verwalter und Sanierer. Für das Verwalteramt war er prädistiniert: er war ein sehr guter<br />

Jurist und ein cleverer Kaufmann. Schwierigste und hochkomplexe Sachverhalte konnte er mit<br />

einfachen Worten auch einem Laien erklären. <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> war auch Planer und Architekt, wenn es<br />

darum ging, ein großes Konzernunternehmen mit Dutzen<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Tochter- und Enkelgesellschaften zu<br />

sanieren. Schon zu Beginn <strong>de</strong>r 70er Jahre hatte <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> gemeinsam mit nur ganz wenigen<br />

Kollegen in Deutschland das bis dahin praktizierte Konkursverfahren nachhaltig verän<strong>de</strong>rt. Statt <strong>de</strong>r<br />

Zerschlagung eines <strong>inso</strong>lventen Unternehmens stand jetzt die Sanierung im Vor<strong>de</strong>rgrund. Die Krise<br />

eines Unternehmens hat er immer auch gleichzeitig als Chance gesehen, das Unternehmen - nach<br />

erfolgter Reorganisation - am Markt neu zu positionieren. Sein ausgesprochen unternehmerisches<br />

Gespür für die Möglichkeiten <strong>de</strong>r <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Insolvenz betroffenen Unternehmen, sein unternehmerischer<br />

Weitblick, sein I<strong>de</strong>enreichtum auch im Hinblick auf juristische Gestaltungen, sein beson<strong>de</strong>res<br />

Geschick, komplexe Situationen zu nutzen, sein Taktieren und seine Durchsetzungskraft waren<br />

Programm. Nach <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> musste es schon mit <strong>de</strong>m sprichwörtlichen Teufel zugehen, wenn es<br />

nicht gelänge, ein Unternehmen mit einem guten Produkt zu sanieren. Der Werbeslogan „geht nicht -<br />

gibt’s nicht!“ - könnte <strong>von</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> stammen. Manchmal konnte er auch mit <strong>de</strong>m Kopf durch die<br />

Wand gehen, wenn er merkte, dass z.B. Banken o<strong>de</strong>r Betriebsräte nicht <strong>de</strong>n <strong>von</strong> ihm gefor<strong>de</strong>rten<br />

Beitrag zur Sanierung <strong>de</strong>s Unternehmens leisten wollten o<strong>de</strong>r „Reichsbe<strong>de</strong>nkenträger“ eine Sanierung<br />

verzögerten. Geduld war in diesen Fällen nicht seine Stärke. Nicht ohne Grund war <strong>de</strong>r Stier sein<br />

Markenzeichen, <strong>de</strong>r mit gesenktem Kopf und zum Angriff bereiten Hörnern überlebensgroß hinter<br />

seinem Schreibtisch in <strong>de</strong>r Werastraße hing. Seine unternehmerischen Entscheidungen waren aber<br />

immer auch <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Sorge um die Arbeitsplätze und die dahinter stehen<strong>de</strong>n Schicksale geprägt. In<br />

seinem langen Verwalterleben trug er die Verantwortung für unzählige Arbeitnehmer; Tausen<strong>de</strong> <strong>von</strong><br />

Arbeitsplätze konnten <strong>von</strong> ihm gerettet wer<strong>de</strong>n. Auf die häufig gestellte Frage <strong>von</strong> Journalisten, was<br />

<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Zusatz „i.K.“ nach <strong>de</strong>m Firmennamen eines in Konkurs gegangenen Unternehmens be<strong>de</strong>ute,<br />

antwortete er stets mit einem schelmigen und augenzwinkern<strong>de</strong>n Lächeln: „im Kommen“. Die<br />

Zerschlagung war für <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> immer nur die zweitbeste Lösung. <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> hat Hun<strong>de</strong>rte<br />

<strong>von</strong> Konkurs-, Vergleichs- und Insolvenzverfahren als Verwalter o<strong>de</strong>r Berater <strong>de</strong>s Schuldners<br />

begleitet. <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> hat schon als junger Verwalter das praktiziert und vorgelebt, was rund 30<br />

Jahre später mit <strong>de</strong>m Inkrafttreten <strong>de</strong>r Insolvenzordnung (InsO) im Jahre 1999 kodifiziert wor<strong>de</strong>n ist,<br />

nämlich die Sanierung <strong>von</strong> Unternehmen durch Insolvenzplan (ehe<strong>de</strong>m Vergleich) o<strong>de</strong>r übertragen<strong>de</strong><br />

Sanierung. Nach seiner Auffassung hätte es allerdings <strong>de</strong>r InsO nicht bedurft. Denn mit <strong>de</strong>r<br />

konsequenten Anwendung <strong>de</strong>r Vergleichsordnung (<strong>de</strong>r Zwangsvergleich hatte es <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong><br />

beson<strong>de</strong>rs angetan) und all <strong>de</strong>r Freiheiten, die die Konkursordnung (KO) bot, konnte man schon<br />

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immer sanierungswürdige Unternehmen retten. <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> hat es vorgemacht, <strong>de</strong>nn seine noch<br />

zu Zeiten <strong>de</strong>r KO und VglO durchgeführten Sanierungen (z.B. Badischen Stahlwerke, Gustav Epple<br />

Bauunternehmen, Saarstahl) sind ein beredtes Zeugnis hierfür. Hervorzuheben aus <strong>de</strong>r Vielzahl<br />

erfolgreicher Sanierungen ist die Sanierung <strong>de</strong>r Saarstahl AG mit Sitz in Völklingen/Saar und <strong>de</strong>n<br />

weiteren Standorten Burbach und Neunkirchen. Das Stahlwerk musste im Mai 1993 Konkurs<br />

anmel<strong>de</strong>n. Mehr als 7200 Arbeitsplätze waren unmittelbar betroffen. Eine ganze Region war in<br />

Aufruhr. Es fan<strong>de</strong>n Ge<strong>de</strong>nkgottesdienste und Schweigemärsche mit Kerzen statt. <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong><br />

hatte <strong>von</strong> Anfang an <strong>de</strong>n Mitarbeitern <strong>de</strong>s Unternehmens die Sicherheit gegeben, dass es<br />

weitergehen wird. Zur besten Sen<strong>de</strong>zeit legte er in einer Live Sendung im Saarländischen Fernsehen<br />

(SR) seine Pläne dar, wie er sich die Sanierung <strong>de</strong>r Saarstahl inmitten <strong>de</strong>r europäischen Stahlkrise<br />

vorstellt. Er ließ keinen Zweifel daran, dass auch im Arbeitnehmerbereich „tief geschnitten“ wer<strong>de</strong>n<br />

muss - zur Gesundung <strong>de</strong>s „Patienten“. Seine schonungslos offene und ehrliche Art, die Probleme<br />

beim Namen zu nennen und auch zu lösen, hat dazu geführt, dass Arbeitnehmer, Lieferanten und<br />

Kun<strong>de</strong>n ihm stets vertraut und damit die erfolgreiche Betriebsfortführung bis zur Aufhebung <strong>de</strong>s<br />

Konkursverfahrens im Jahre 2001 ermöglicht haben. <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> ist es gemeinsam mit seinem<br />

Verwalterkollegen Jean Lang gelungen, die Stahlindustrie im Saarland nachhaltig zu sanieren und<br />

Saarstahl (wie<strong>de</strong>r) zu einem profitablen Unternehmen zu machen. Die 2600 Arbeitnehmer, die nicht<br />

weiter beschäftigt wer<strong>de</strong>n konnten, wur<strong>de</strong>n über eine Stahlstiftung in einem geordneten Verfahren bis<br />

zum Renteneintritt versorgt. Saarstahl wird heute <strong>von</strong> einer durch <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> mit initiierten<br />

Stiftung, <strong>de</strong>r Montan-Stiftung Saar, geführt. Aufgabe <strong>de</strong>r Stiftung ist die Sicherung und Stärkung <strong>de</strong>r<br />

<strong>saar</strong>ländischen Stahlindustrie. Die Saarbrücker Zeitung vom 6.3.2008 titulierte <strong>de</strong>n Nachruf auf <strong>Hans</strong><br />

<strong>Ringwald</strong> mit <strong>de</strong>r Überschrift „Der Schwabe <strong>de</strong>r Saarstahl rettete“ und dies ist ein Beleg dafür, dass<br />

eine ganze Region ihr Schicksal <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> verdankt. Auch in vielen an<strong>de</strong>ren Regionen<br />

Deutschlands hat <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> seine Spuren hinterlassen, <strong>de</strong>nn die meisten <strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihm sanierten<br />

Unternehmen existieren heute noch. 1995 wur<strong>de</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> die „Wirtschaftsmedaille“ für<br />

herausragen<strong>de</strong> Verdienste um die Wirtschaft Ba<strong>de</strong>n-Württembergs verliehen.<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> hat es mit seiner ruhigen und herzlichen Art gepaart mit schwäbischem Charme und<br />

Cleverness verstan<strong>de</strong>n, die gegensätzlichen Interessen <strong>de</strong>r am Insolvenzverfahren Beteiligten<br />

auszuloten. Er war Mediator, aber nicht um je<strong>de</strong>n Preis. In Sitzungen mit ihm konnte man eine<br />

Steckna<strong>de</strong>l fallen hören; er sprach ruhig und leise, aber er konnte auch im nächsten Moment, wenn<br />

ihm jemand ein X für ein U vormachen wollte, explodieren und mit stechen<strong>de</strong>n Augen wortgewaltig<br />

seine Stimme erheben. Er beherrschte das gesamte Repertoire <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Bauernbühne bis zum<br />

Staatstheater: es wur<strong>de</strong> in langen Sitzungen und Verhandlungen diskutiert, gelacht, gedroht (er<br />

nannte dies immer „Verhandlungsgeschick“), gepoltert, rasiert, Nebelkerzen geworfen, aber es wur<strong>de</strong><br />

auch geworben und charmiert und dabei immer <strong>de</strong>r Blick auf das Ganze gerichtet: nämlich die<br />

Sanierung <strong>de</strong>s Unternehmens und damit die Rettung wertvoller Arbeitsplätze. Um dieses Ziel zu<br />

erreichen war oft auch Taktik und Strategie gefragt. „Ich habe alles eingesteuert“ war sein beliebtester<br />

Spruch - stets mit einem Lächeln versehen. Auch sprach <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> gerne <strong>von</strong> „Truppen stellen“,<br />

wenn es darum ging, wichtige Entscheidungen mehrheitsfähig vorzubereiten o<strong>de</strong>r<br />

Gläubigerausschüsse bereits im Eröffnungsverfahren strategisch zu besetzen; nichts sollte <strong>de</strong>m Zufall<br />

überlassen bleiben. Wenn ein Problem unlösbar schien, sagte er gerne in seinem schwäbischen<br />

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Dialekt „da muscht blank ziehen“, um <strong>de</strong>n gordischen Knoten durchzuschlagen. Nach schweren<br />

Verhandlungen und langen Gläubigerausschusssitzungen begann immer <strong>de</strong>r gesellige Teil, meist mit<br />

einem frisch gezapften Bier.<br />

Trotz seines großen beruflichen Erfolges ist <strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> immer auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n geblieben. Er war<br />

ein Kollege, <strong>de</strong>r sein Wissen gerne an jüngere Kollegen weitergab. Wer das Glück hatte, ihm bei <strong>de</strong>r<br />

Arbeit zuschauen zu dürfen, konnte <strong>von</strong> ihm unendlich viel lernen. Auf sein Wort war Verlass! <strong>Hans</strong><br />

<strong>Ringwald</strong> war ein Schaffer, zum Nie<strong>de</strong>rschreiben seines großen Erfahrungsschatzes hatte er (lei<strong>de</strong>r!)<br />

keine Zeit; das Theoretisieren <strong>von</strong> Problemen wäre sein Fall ohnehin nicht gewesen – er war<br />

Pragmatiker durch und durch.<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Ringwald</strong> war ein außergewöhnlicher Mensch und eine prägen<strong>de</strong> Persönlichkeit. Wir, seine<br />

ehemaligen Mitstreiter, haben <strong>de</strong>n schlauen und durchsetzungsstarken Konkursverwalter erlebt, wir<br />

haben aber auch, und in <strong>de</strong>n letzten Jahren immer häufiger, <strong>de</strong>n nach<strong>de</strong>nklichen und einfühlsamen<br />

Freund erlebt, <strong>de</strong>n wir sehr vermissen. Die Insolvenzlandschaft ist durch seinen Tod ärmer gewor<strong>de</strong>n.<br />

<strong>RA</strong> FAInsR Michael J. W. Blank, Völklingen<br />

<strong>RA</strong> Dr. Michael Müller, Saarbrücken<br />

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