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kapitel 7-8

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Kapitel 7<br />

Deformierbare Körper<br />

Schrittweise Erweiterung unseres Modells der Wirklichkeit.<br />

-WarumkommtMaterieinverschiedenenAggregatszuständenvor?<br />

-PhysikalischeEigenschaften,Dichte,Härte,Elastizität.<br />

7.1 Atomares Modell der Aggregatzustände<br />

Zwischen neutralen Atomen treten elektrische<br />

Kräfte auf. Wir bescheinen diese durch ein<br />

Wechselwirkungs-Potential zwischen zwei Atomen<br />

als Funktion des Abstandes R. DieBindungführtzu<br />

einem Gleichgewichtsabstand (Minimum in V (R)).<br />

Im Festkörper ist ein Atom von mehreren Atomen<br />

umgeben und verspürt die Summe aller Einzelkräfte<br />

~F = P<br />

i ~ Fi = rV .<br />

Kristallines Gitter: Atomesindineinemregelmäßigen<br />

Gitter angeordnet, Fernordnung.<br />

amorpher Körper: kristallineZellensindstatistisch<br />

verteilt.<br />

Ein Federmodell des Festkörpers beschreibt die Kräfte<br />

zwischen den Atomen mit einer richtungsabhängigen<br />

Federkonstante. Schwingung um die Ruhelage<br />

jedes Freiheitsgrades mit der Energie 1<br />

2 kT.<br />

Ruhelage = Minimum in der potentiellen Energie.<br />

Federmodell<br />

potentielle Energie V<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

— V<br />

VHRL<br />

60<br />

30<br />

-30<br />

1. 1.5<br />

R<br />

2.<br />

-60<br />

2.5<br />

Bei Temperatur unter dem Schmelzpunkt ist K + V < 0. AtomekönnenihrenGitterplatz<br />

nicht verlassen. Schmelzen und Sieden sind eine Konsequenz erhöhter kinetischen Energie.<br />

Die Stabilität fester Körper ist Ausdruck von Quanteneffekten, welche die Bindung und Ordnung<br />

bestimmen. Ebenso bestimmen Quanteneffekte die Elastizität fester Körper. Nachdem<br />

äußere Kräfte den Körper verformt haben versucht er seinen Gleichgewichtszustand wieder<br />

einzunehmen.<br />

In einer Flüssigkeit sind Atome relativ leicht beweglich. Trotzdem bleiben eine gewisse Nahordnung<br />

und spezielle Bindungseffekte an Grenzflächen.<br />

75<br />

0<br />

Gradient —V


76 KAPITEL 7. DEFORMIERBARE KÖRPER<br />

7.2 Deformierbare feste Körper<br />

Massenkräfte: Gravitation und Trägheit betrifft alle Volumenelemente.<br />

Oberflächenkräfte: führen zur Deformation der Oberflächenschicht, die sich in den Körper<br />

fortpflanzt.<br />

Elastisch: Nach Krafteinwirkung verschwindet die Deformation völlig.<br />

Plastisch: eine Formänderung bleibt zurück.<br />

Spannung und Dehnung:<br />

Eine Oberflächenkraft (Zug) wirkt senkrecht auf die Stirnfläche eines Objektes mit Querschnitt<br />

A. DiesführtzueinerLängenänderung L. Für L ⌧ L gilt das Hooksche Gesetz:<br />

F = E A L<br />

L<br />

wobei E den Elastizitätsmodul angibt.<br />

Zugspannung ist Kraft pro Flächeneinheit<br />

= F L<br />

= E<br />

A L .<br />

Diese lineare Näherung gilt nur für kleine Deformationen.<br />

Ursprung der Linearität: Nahe der Ruhelage hat Epot die<br />

Form einer Parabel, damit ist die Verschiebung linear mit<br />

der Kraft.<br />

Außerhalb des Propotionalitätsbereichs erfolgt Dehnung<br />

(Potential weniger steif, nichtlinear), dann Fließgrenze<br />

(Netzebenen verschieben sich, plastischer Bereich), gefolgt<br />

von Bruch.<br />

Elastische Hysterese: DieerstmaligeÄnderungführtvon<br />

O !A, zurückaufA!B. PermanenteVerformungbleibt.<br />

Experiment zum Hookschen Gesetz, Fließgrenze und Bruch.<br />

Querkontraktion:<br />

Bei Dehnung ändert sich auch die Querdimension:<br />

✓ ◆ ✓ ◆<br />

d L<br />

µ = /<br />

d L<br />

µ =Poissonzahl,Querkontraktionszahl.DaV = d 2 L ist gilt<br />

V<br />

V<br />

=<br />

=<br />

L<br />

L +2<br />

d<br />

d<br />

L<br />

L (1 2µ) = (1<br />

E<br />

2µ)<br />

Σ<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

�0.1<br />

�0.2<br />

�0.4<br />

�0.2<br />

L<br />

O B<br />

�L<br />

A<br />

A<br />

0<br />

�L�L<br />

0.2 0.4<br />

Durch die Zugspannung wird das Volumen größer, also sollte µ


7.2. DEFORMIERBARE FESTE KÖRPER 77<br />

Kompression eines isotropen, homogenen Körpers.<br />

Jede Abmessung wird durch den Druck auf zwei dazu parallel<br />

liegenden Flächen verformt.<br />

V<br />

V<br />

=<br />

=<br />

L<br />

L +2<br />

d<br />

d<br />

p<br />

(1<br />

E<br />

2µ) =<br />

1<br />

K p<br />

K =Kompressionsmodul.(1/K =Kompressibilität)<br />

Scherung<br />

Scherkräfte sind Oberflächenkräfte die tangential angreifen. Mit<br />

der Scherspannung<br />

⌧ = F<br />

d 2<br />

bezeichnet man die pro Flächeneinheit wirkende tangentiale Kraft.<br />

Durch die Scherspannung werden die Kanten des Quaders um den<br />

Winkel ↵ verkippt. Bei kleinem Winkel gilt (G =Schub-,Scher-,<br />

Torsionsmodul)<br />

⌧ = G ↵.<br />

Torsion eines Drahtes mit Radius R. WirstellenunsdenDrahtalsSummevonkonzentrischen<br />

Zylinderhülsen (Radius r) vor.Fürr ⌧ L ist ↵ = ' r/L und die Scherspannung ist<br />

⌧ = G r'<br />

L .<br />

Torsion eines Wasserschlauches.<br />

Die rücktreibende Kraft eines Objektes nach Scherung<br />

äußert sich in einem Drehmoment<br />

Z Z R<br />

M = r⌧dA= 2⇡r 2 ⌧dr<br />

= ⇡ G '<br />

2 L R4<br />

= apple'= DR '<br />

0<br />

.<br />

.<br />

L<br />

d<br />

Α<br />

L L<br />

Das Richtmoment des Objektes apple wird oft auch mit DR bezeichnet.<br />

Die Bedeutung von apple ist Drehmoment pro Winkeleinheit. apple wächst mit R 4 an. Drehpendel<br />

zur Messung sehr kleiner Drehmomente verwendet dünne Torsionsfäden.<br />

Vergleich der Schwingungsperiode für dünne und dicke Drähte mit Hilfe von (6.26).<br />

Balkenbiegung<br />

Zugspannung und Druck, Krümmung der neutralen Faser,<br />

Spannungsdoppelbrechung zur Sichtbarmachung der Balkendeformation.<br />

Experiment zur Balkenbiegung, neutrale Faser.<br />

d<br />

d � d<br />

Α<br />

�<br />

p<br />

Τ


78 KAPITEL 7. DEFORMIERBARE KÖRPER<br />

7.3 Hydrostatik - Ruhende Flüssigkeiten<br />

Grob gesagt besitzen ausgedehnte Flüssigkeiten keine bestimmte Gestalt. Deshalb bedürfen<br />

Gestaltsänderungen von Flüssigkeiten relativ kleiner Kräfte. Bei konstantem Volumen<br />

rühren die für eine Gestaltsänderung notwendigen Kräfte von Reibungs- und Oberflächeneffekten<br />

her.<br />

Ideale Flüssigkeit: keineReibung,keineOberflächeneffekte.AtomeinderFlüssigkeitsind<br />

frei verschiebbar. (Schubmodul G =0). Die horizontale Lage einer ruhenden Flüssigkeitsoberfläche<br />

ist durch die Schwerkraft bestimmt. Bei Bewegung stellt sich die (stationäre)<br />

Oberfläche immer senkrecht zur resultierenden Kraft ein.<br />

- Ober mit Schwung beim Servieren wäre ein Beispiel, oder<br />

z<br />

- Flüssigkeitsoberfläche in einem rotierenden Zylinder:<br />

tan ↵ = !2 r<br />

g<br />

z(r) = !2<br />

Z<br />

g<br />

= dz<br />

dr<br />

rdr= !2 r 2<br />

2g<br />

+ z0 .<br />

z0 ist über die Erhaltung der Masse zu bestimmen.<br />

Parabolische Oberfläche einer rotierenden Flüssigkeit A61.5<br />

z0<br />

a<br />

F = m g<br />

Statischer Druck in einer idealen Flüssigkeit:<br />

Die Tangentialkomponente der Gesamtkraft an der Oberfläche einer idealen Flüssigkeit ist<br />

Null, also wirkt der Druck immer senkrecht zur Oberfläche.<br />

Druck: p = F/A<br />

Ruhende Flüssigkeit: Da die Flüssigkeitsmoleküle frei beweglich angenommen werden,<br />

muss die Gesamtkraft auf ein ruhendes Volumenelement gleich Null sein.<br />

Wird das Eigengewicht der Flüssigkeit vernachlässigt dann<br />

gilt : rp =0, Der Druck im Flüssigkeitsvolumen ist konstant.<br />

Auf jedes Flächenelement der umgebenden Wände herrscht F1<br />

F2<br />

derselbe Druck (isotrope Druckverteilung). Anwendung bei der<br />

A1<br />

A2<br />

hydraulischen Presse,<br />

F1/A1 = F2/A2 .<br />

Experiment: Druckvergleich in zwei Kolben B27.7<br />

Schweredruck :<br />

Wir nehmen an, dass die Dichte ⇢ in der Flüssigkeit unabhängig<br />

vom Druck ist. Jedes Volumenelement hat ein Gewicht<br />

⇢gdV.DamitistderDruckamBodeneinerFlüssigkeitssäule<br />

der Höhe h gleich p(0) = ⇢gh.EineWassersäulevon10m<br />

Höhe erzeugt den Druck<br />

p(0) = ⇢gh⇡ 10 5 Pascal =1bar = 10 5 N/m 2 .<br />

Cartesischer Taucher, Waage+Hand B25.4<br />

h<br />

A<br />

dV<br />

F = ∑ g h A<br />

Die Kraft auf der Oberseite eines Flüssigkeitsquaders der Höhe z und der Fläche A ist um<br />

den Betrag F = ⇢g zA= ⇢g V kleiner als auf der Unterseite. Diese Differenz entsteht<br />

durch das Gewicht des Flüssigkeitsquaders. Die Annahme konstanter Dichte der Flüssigkeit<br />

mw 2 r


7.3. HYDROSTATIK - RUHENDE FLÜSSIGKEITEN 79<br />

ist durch die sehr geringe Kompressibilität von Wasser gerechtfertigt,<br />

1<br />

K =<br />

V<br />

V<br />

1<br />

p ⇡ 5 ⇥ 10 10 m 2<br />

N .<br />

Hydrostatisches Paradoxon: Der Schweredruck am Boden hängt nur von der Höhe, nicht aber<br />

der Gestalt des Behälters ab.<br />

Hydrostatisches Paradoxon Bxx<br />

Auftrieb: (Archimedisches Prinzip) ScheinbarerGewichtsverlustentsprichtdemGewichtderverdrängten<br />

Flüssigkeitsmasse. Wir betrachten einen Quader ( F = Mg= ⇢f gA z ), eingetaucht in<br />

einer Flüssigkeit. Der Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite des Quaders ist<br />

p = ⇢fl g z.<br />

Damit ergibt sich eine Auftriebskraft<br />

FA = A p = A⇢fl g z = Gfl<br />

die gerade der Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit Gfl entspricht.<br />

Ein Körper der Gewichtskraft Gk verliert scheinbar so<br />

viel an Gewicht, wie die von ihm verdrängte Flüssigkeit wiegt.<br />

A<br />

F = M g<br />

Schwimmen ergibt sich wenn Gk = FA = Gfl ist. Dann taucht der Körper vollständig in die<br />

Flüssigkeit ein und ist in jeder Position in der Flüssigkeit im Gleichgewicht.<br />

Wenn Gk < FA = Gfl ist, dann ragt ein Teil des Körpers aus der Flüssigkeit heraus.<br />

Beispiel Eisberg:<br />

Die Dichte von Eis ist ⇢f =0.95 kg/dm 3 ,dieDichtevonWasserbei0 o Cist ⇢fl =1.05 kg/dm 3 .<br />

Der Eisberg hat ein Volumen V = V1 + V2. DasVolumenV1 ist über der Wasseroberfläche, während<br />

V2 unterhalb der Wasseroberfläche liegt. Es gilt ⇢flV2g = ⇢fVg.<br />

Daraus folgt V2/V = ⇢f /⇢fl =0.904. Etwa10%desEisbergesragenausdemWasser.<br />

Beispiel Luftballon:<br />

Ein Luftballon steigt auf Grund des Unterschiedes der Dichte der Luft und des Ballongases. Die Dichte<br />

eines Gases ist proportional zu seiner Molmasse. Die Molmasse gibt das Gewicht von ⇡ 22.7 Liter<br />

eines Gases bei Normalbedingungen T =0 o Cundp =10 5 Pa=1 bar.<br />

Helium 4 g/mol<br />

Stickstoff 28 g/mol<br />

Luft 29 g/mol<br />

SF6 146 g/mol<br />

Wenn wir den leichten Überdruck des Ballongases und das Gewicht<br />

seiner Hülle vernachlässigen, gilt für die Auftriebskraft<br />

FA Fk =(⇢luft ⇢gas)Vg<br />

Die stationäre Aufstiegsgeschwindigkeit erhalten wir aus der Balance von FA Fk und dem Strömungswiderstandskraft<br />

FS aus Gleichung (5.74) aufSeite55.<br />

(⇢luft ⇢gas)Vg= 1<br />

2 ⇢luftcW Av 2 . (7.1)<br />

Mit dem Volumen des kugelförmigen Ballons V =4⇡R 3 /3 und seiner Querschnittsfläche A = R 2 ⇡<br />

ergibt sich<br />

v =<br />

r ⇢luft ⇢gas<br />

⇢luft<br />

wobei R der Ballonradius ist.<br />

8R<br />

, (7.2)<br />

3 cW<br />

Archimedes B25.6, Schiff schwimmt auf Gas B25.7, Aräometer B25.8<br />

FA<br />

Dz


80 KAPITEL 7. DEFORMIERBARE KÖRPER<br />

7.4 Grenzflächen an Flüssigkeiten<br />

Offensichtlich gibt es Kräfte, die Flüssigkeitsteilchen zusammenhalten<br />

(Kohäsion). Im Inneren einer Flüssigkeit wird die Kraft auf ein Molekül<br />

im zeitlichen Mittel gleich Null. An der Oberfläche fehlen Nachbarmoleküle.<br />

Damit bleibt an der Oberfläche eine Resultierende in Richtung<br />

zur Flüssigkeit, die Oberflächenspannung.<br />

Wir betrachten die Energieflächendichte, dienotwendigistumMoleküle<br />

an die Oberfläche zu bringen. Das gelingt bei einer Vergrößerung<br />

der Oberfläche um A. DabeileistenwirdieArbeit W :<br />

✏ = W<br />

A<br />

[✏] = J N<br />

=<br />

m2 m .<br />

Messung der Oberflächenspannung einer Seifenlamelle über die Kraft<br />

auf einen Querbügel den wir um den Weg s verschieben:<br />

W = F s = ✏ 2 L s = ✏ A 2 .<br />

Der Faktor 2 berücksichtigt, dass die Seifenlamelle zwei Oberflächen<br />

hat. Auf die Oberfläche wirkt die tangentiale Zugspannung = Oberflächenspannung.<br />

Die Oberflächenspannung und spezifische Oberflächenenergie<br />

sind einander gleich.<br />

= ✏ = F Energie<br />

= . F<br />

2L Fläche<br />

Für Wasser ist =0.07 N/m bei 20 C, für Hg ist =0.47 N/m und für Methanol =0.02 N/m.<br />

In homogenen Flüssigkeiten steigt die Oberflächenspannung mit der Siedetemperatur an. (Methanol:Wasser:Quecksilber=<br />

338:373:600 K). Seifenlamellen (Seifenblasen) sind komplexere Objekte,<br />

eine Wasserschicht liegt zwischen den hydrophilen Enden zweier Tensidschichten aus Seifenanionen.<br />

Wasseroberfläche und Ring B35.1<br />

Überdruck in einer Seifenblase<br />

Die Seifenblase versucht auf Grund der Oberflächenspannung ihre Oberfläche zu verringern. Damit<br />

erhöht sich der Luftdruck in der Seifenblase. Gleichgewicht herrscht, wenn der Energiegewinn beim<br />

Verringern der Oberfläche 2✏ A, gleichistderArbeit V p, diegegendenÜberdruckgeleistet<br />

wird. Das Volumen einer Kugel ist VK =4⇡R 3 /3, ihreOberflächeAK =4⇡R 2 .<br />

Wenn sich das Volumen um VK =4⇡R 2 R verringert,<br />

dann verringert sich die Oberfläche um AK =8⇡R R.<br />

Die Arbeit gegen den Druck ist<br />

W = V p =4⇡R 2 R p. (7.3)<br />

Sie wird von der Oberflächenspannung aufgebracht<br />

W =2✏ A =16✏⇡R R. (7.4)<br />

Gleichsetzen von (7.3) und(7.4) liefert den Überdruck<br />

p =4✏/R . (7.5)<br />

Experiment zum Überdruck in einer Seifenblase B32.1<br />

2R<br />

R<br />

p ��p<br />

L<br />

�R<br />

�s


7.4. GRENZFLÄCHEN AN FLÜSSIGKEITEN 81<br />

Minimale Oberflächen :<br />

Die Kugelgestalt einer Seifenblase ist das Resultat der Oberflächenspannung, das eingeschlossene<br />

Volumen soll minimiert werden und eine Kugel hat bei gegebener Oberfläche das kleinste Volumen.<br />

Dies gilt für ✏>0, dann ist für A


82 KAPITEL 7. DEFORMIERBARE KÖRPER<br />

.<br />

.<br />

gas<br />

Σ13<br />

�<br />

Σ23<br />

Σ12<br />

R solid<br />

liquid<br />

Wenn 13 > 12 dann ist 'Kohäsion)<br />

Eine Flüssigkeitslinse<br />

(Material 2) liegt auf der Grenzfläche<br />

zwischen der flüssigen Phase<br />

1undderGasphase3.<br />

gas<br />

Σ23<br />

Σ13<br />

�<br />

liquid<br />

Σ12<br />

R solid<br />

Wenn 13 < 12 dann ist '>90 o ,<br />

Beispiel: Hg-Glas-Luft.<br />

(Kohäsion>Adhäsion)<br />

Σ13 Σ23<br />

Für 13 12 > 23 ist Gleichung (7.6) für keinen Winkel erfüllt. Es verbleibt eine Kraftkomponente<br />

parallel zur Grenzfläche 1-3. Die Kontaktlinie bewegt sich, bis die Oberfläche völlig benetzt wird.<br />

Kapillarität<br />

Wir betrachten ein enges Rohr mit benetzender Flüssigkeit 13 > 12. Der Innenradius der Kapillare<br />

sei kleiner als der konkav geformte Bereich der Flüssigkeitsoberfläche.<br />

Für eine einfach gewölbte Flüssigkeitsoberfläche gilt (siehe Gl. 7.5)<br />

p = 2<br />

R .<br />

Zwischen dem Radius der gekrümmten Flüssigkeitsoberfläche R und dem Durchmesser der Kapillare<br />

(2r) bestehtdieBeziehungR cos ' = r.<br />

j<br />

2 r<br />

R<br />

�<br />

r<br />

�<br />

R<br />

Σ12<br />

2<br />

4 2 1<br />

Die Oberflächenspannung hält dem Schweredruck das Gleichgewicht. Dieser Ansatz gilt, weil die integrierte<br />

Kraftwirkung auf die Oberfläche durch die Oberflächenspannung gerade r 2 ⇡ 2<br />

ist und die<br />

R<br />

gesamte Gewichtskraft ⇡ r 2 ⇡⇢ g h. Die Steighöhe in der Kapillare erlaubt die Bestimmung von .<br />

2<br />

R =<br />

2<br />

2 cos '<br />

= ⇢gh ! h = .<br />

r/ cos ' r⇢g<br />

Steighöhe in Kapillaren B31.2<br />

3<br />

1


Kapitel 8<br />

Mechanische Schwingungen<br />

Schwingungen materieller Objekte können zu hörbaren Tönen führen, sie können so subtil<br />

sein wie die Bewegung der Atome in einem Schwingquarz, oder so groß wie ein Erdbeben.<br />

In ausgedehnten Medien pflanzen sich Schwingungen als Wellen aus. Zwei physikalische<br />

Gründe gibt es für das Auftreten mechanischer Schwingungen, die Trägheit und die Stabilität<br />

materieller Objekte. Stört man diese Stabilität dann treten Bindungskräfte auf, die das<br />

Gleichgewicht wieder herstellen, siehe Bild auf Seite 75.<br />

8.1 Freier ungedämpfter Oszillator<br />

Massepunkt an Feder, Hooksches Gesetz für die rücktreibende<br />

Kraft<br />

F = ky<br />

Aus der Bewegungsgleichung mit y = z z0<br />

m ¨y = ky<br />

erhalten wir mit der Abkürzung ! 2 0 = k/m (!0 ist<br />

die Eigenfrequenz) die Schwingungsgleichung<br />

für den harmonischen Oszillator:<br />

¨y + ! 2 0 y =0. (8.1)<br />

Eine allgemeine Lösung ist<br />

y(t) =C1 cos !0t + C2 sin !0t (8.2)<br />

bzw. mit C1 = A cos ' und C2 = A sin '<br />

y(t) =A cos (!0t + ') (8.3)<br />

Das Argument der Kosinusfunktion (!0t + ') bestimmt den momentanen Wert der Auslenkung<br />

y(t). In unserem Beispiel kann man den Zeitnullpunkt so legen, dass die Phase ' gleich<br />

Null wird.<br />

Nach einer Schwingungsdauer, T =2⇡/!0 wird derselbe Wert von y(t) erreicht.<br />

83<br />

k.y<br />

m<br />

z0<br />

z


84 KAPITEL 8. MECHANISCHE SCHWINGUNGEN<br />

8.2 Freier gedämpfter Oszillator<br />

Wenn das Federpendel in einer Flüssigkeit schwingt kommt<br />

zur Federkraft F = ky noch eine Reibungskraft dazu, z.B.<br />

die Stokesche Reibung,<br />

FR = 6⇡⌘rv.<br />

Mit =3⇡⌘r/m ist die Bewegungsgleichung<br />

¨y + ! 2 0 y +2 ˙y =0. (8.4)<br />

Dabei ist !0 die Eigenfrequenz des ungedämpften Federpendels.<br />

Eine allgemeine Lösung für (8.4) ist<br />

y(t) =e<br />

t c e i p ! 2 0<br />

2 t + c ⇤ e i p ! 2 0<br />

2 t<br />

. (8.5)<br />

Die Größe ⌧ = 1 stellt die charakteristische Dämpfungszeit dar. Das zeitliche Schwingungsverhalten<br />

hängt von dem Verhältnis !0/ ab. Für schwache Dämpfung


8.3. ERZWUNGENE SCHWINGUNGEN 85<br />

8.3 Erzwungene Schwingungen<br />

Eine periodische externe Kraft mit der Amplitude F0 und der Frequenz !e treibt die Bewegung<br />

des gedämpften harmonischen Oszillators. In diesem Fall ist die Bewegungsgleichung<br />

inhomogen,<br />

¨y + ! 2 0 y +2 ˙y = F0<br />

m cos !e t. (8.8)<br />

Eine allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung ist<br />

y(t) =A cos (!e t + ') (8.9)<br />

mit einer Amplitude A, dievonderexternenFrequenz<br />

abhängt<br />

A =<br />

q<br />

(! 2 0<br />

F0/m<br />

! 2 e) 2 +4 2 ! 2 e<br />

. (8.10)<br />

und einer Phasenverschiebung ', dieebenfallsvonderexternenFrequenzabhängt:<br />

m<br />

w0<br />

z0<br />

z<br />

we<br />

¨ 2 F0 Æ<br />

' = arctan ⇥ 2 !e/(! 2 0 ! 2 e) ⇤ . (8.11)<br />

Gleichung (8.9) beschreibtdensogenanntenstationären Fall, der Oszillator schwingt mit<br />

der Erregerfrequenz !e verschoben in seiner Phase um '. Dieser Fall gilt für Zeiten, die<br />

1 sehr viel länger sind als die charakteristische Dämpfungszeit, t .DieAmplitudeder<br />

erzwungenen Schwingung (8.10) hängtabvon<br />

• der Amplitude der äußeren Kraftwirkung F0/m, vonderDämpfung und vom Verhältnis<br />

Erregerfrequenz zu Eigenfrequenz, !e/!0.<br />

• Das Amplitudenmaximum liegt bei der Resonanzfrequenz !e = !r = p ! 2 0 2 2 .Das<br />

Maximum verschiebt sich mit steigender Dämpfung zu kleineren Frequenzen.<br />

• Die Phase des bewegten Objektes (8.11) ist verzögert gegenüber der der Erregerschwingung.<br />

Die Phasenverzögerung ist frequenzabhängig. Die Schwingung ist in Phase mit<br />

der Erregerschwingung bei kleinen Erregerfrequenzen. Sie ist gegenphasig für !e !0.<br />

Ohne Dämpfung erfolgt ein sprunghafter Wechsel der Phase um ⇡ bei Resonanz.<br />

A<br />

F0 ê m<br />

3<br />

2<br />

1<br />

w0=1<br />

0<br />

0 1 2<br />

weêw0<br />

g=0.1<br />

g=0.25<br />

g=0.5<br />

g=1<br />

j<br />

3<br />

2<br />

1<br />

w0=1<br />

g=0.1<br />

0<br />

0 1 2<br />

weêw0<br />

g=1<br />

g=0.5<br />

g=0.25<br />

Die Bewegung ist komplizierter während des Einschwingens. Im Einschwingvorgang<br />

sind Bewegungen mit der Eigenfrequenz noch sichtbar, siehe die folgenden Bilder. Die


86 KAPITEL 8. MECHANISCHE SCHWINGUNGEN<br />

Dämpfung wurde immer mit 2 =0.1 angenommen, die Eigenfrequenz mit !0 =1.Die<br />

Erregerschwingung rot gezeichnet, die Bewegung des getriebenen Oszillators in schwarz. Die<br />

Frequenz der Erregerschwingung verändert sich von !e =0.1 (erstes Bild) bis !e =2(letztes<br />

Bild). Die Periode der Eigenschwingung ist durch die Gitterlinien eingezeichnet.<br />

Amplitude<br />

Amplitude<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

y ¢¢ HtL + 0.1 y ¢ HtL + yHtL á cosH0.1 tL<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit<br />

y<br />

4<br />

¢¢ HtL + 0.1 y ¢ HtL + yHtL á cosH0.8 tL<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit<br />

Amplitude<br />

Amplitude<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

y ¢¢ HtL + 0.1 y ¢ HtL + yHtL á cosH0.2 tL<br />

-1.5<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

y ¢¢ HtL + 0.1 y ¢ HtL + yHtL á cosHtL<br />

-10<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit<br />

Amplitude<br />

Amplitude<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

-1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

y ¢¢ HtL + 0.1 y ¢ HtL + yHtL á cosH0.4 tL<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit<br />

y ¢¢ HtL + 0.1 y ¢ HtL + yHtL á cosH2 tL<br />

-1.0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit<br />

Die Erregung beginnt schlagartig (cos !et). Der Einschwingvorgang mit der Eigenfrequenz<br />

ist bei kleinem ⌦ am deutlichsten sichtbar (erstes und zweites Bild). Die Resonanzüberhöhung<br />

ist im vierten und fünften Bild ersichtlich. Die gegenphasige Bewegung zeigt sich bei<br />

hohen Erregerfrequenzen im letzten Bild.<br />

Einschwingvorgang, Resonanz und Phasenschub beim getriebenen Schlitten.<br />

8.4 Parametrischer Oszillator<br />

Wenn sich die Länge eines Fadenpendels periodisch<br />

ändert, (im Bild ! = !e)<br />

`(t) = `0 + r cos (!et + )<br />

= `0 [1 + cos (!et + )] (8.12)<br />

ändern sich auch die Eigenschaften des Oszillators<br />

periodisch.<br />

Für das Fadenpendel mit kleiner Auslenkung<br />

hatten wir (Seite 69), jetzt mit Dämpfung<br />

¨' +2 ˙' + ! 2 0 ' =0, (8.13)<br />

wobei !0 = p g/`0 war. Ändert sich die Fadenlänge periodisch haben wir eine nichtlineare<br />

Differentialgleichung mit `(t) aus (8.12) undderDefinition⌦(t) = p g/`(t),<br />

¨' +2 ˙' +⌦ 2 (t) ' =0. (8.14)<br />

Für kleine Werte von schreiben wir für (8.12) ⌦2 (t) ⇡ ! 2 ⇥<br />

0 1 2 cos (!et + ) ⇤ . In dieser linearen<br />

Näherung ergibt sich eine Matthieusche Differentialgleichung. Die Kontrollparameter<br />

!e, , bestimmen die Bereiche für stabile Trajektorien des Oszillators. Die Energiezufuhr<br />

durch die von äußen erwirkte Längenänderung wird optimal, wenn die treibende Frequenz<br />

r<br />

Ω<br />

�0<br />

�0


8.5. GEKOPPELTE OSZILLATOREN 87<br />

!e das Doppelte der Eigenfrequenz !0 des Pendels ist. Die Bilder zeigen die Pendeltrajektorie<br />

(schwarz) und die Pendelänge (rot) für !e =2!0 und für !e = !0.<br />

jHtL Amplitude<br />

j<br />

2<br />

¢¢ HtL + 0.02 j ¢ HtL + jHtL H1 - 0.2 cosH2 tLL á 0.<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

Länge des Pendels<br />

j<br />

2<br />

¢¢ HtL + 0.02 j ¢ HtL + jHtL H1 - 0.2 cosHtLL á 0.<br />

-2<br />

0 20 40 60 80 100<br />

-2<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit<br />

Zeit<br />

Technische Beispiele dafür sind : Quadrupol-Massenspektrometer, optisch parametrischer<br />

Oszillator.<br />

Parametrisch getriebenes Fadenpendel.<br />

8.5 Gekoppelte Oszillatoren<br />

Am Beispiel zweier Massepunkte und drei Federn. Die Auslenkung jeder Masse hängt auch<br />

von der Stellung der anderen Masse ab. Für die Bewegungsgleichungen erhält man ein gekoppeltes<br />

System zweier Differentialgleichungen. Mit den drei Federkonstanten k1, k2 und<br />

k12 ergibt sich für die beiden Massen<br />

k m k12 m k<br />

m1¨z1 = kz1 + k12(z2 z1) (8.15)<br />

z1<br />

z2<br />

jHtL Amplitude<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

Länge des Pendels<br />

m2¨z2 = kz2 k12(z2 z1) (8.16)<br />

wobei z1 und z2 die Auslenkung der beiden Massen von ihrer jeweiligen Ruhelage angibt.<br />

Es gibt spezielle Bewegungen für welche beide Massen harmonische Schwingungen ausführen:<br />

Normalschwingungen (Eigenschwingungen). Gleichungen für diese Normalschwingungen<br />

erhalten wir durch Addition und Subtraktion von (8.15) und(8.16). Dabei entstehen neue<br />

Koordinaten: (z1+z2)/2 beschreibt die Bewegung des Schwerpunktes beider Massen, (z1 z2)<br />

die Dehung der Feder zwischen beiden Massen.<br />

Demonstrationsbeispiel: zwei Pendel, die mit einer Feder gekoppelt sind: parallele Schwingung<br />

(in Phase) und antiparallel (gegenphasig). Ebenso: Energieaustausch zwischen beiden<br />

Pendeln.<br />

Normalmoden, Schwebung gekoppelter Pendel.<br />

Verallgemeinerung: Ein gekoppeltes und entlang einer Geraden oszillierendes System mit N<br />

Massen hat genau N unabhängige Eigenschwingungen. Die allgemeine Bewegung des gekoppelten<br />

Systems ist eine Superposition dieser Eigenschwingungen. Bei äußerer Anregung mit<br />

einer Frequenz nahe einer Eigenschwingung tritt diese mit großer Amplitude auf.<br />

Bei einem mehratomigen Molekül: Jedes der N Atome hat 3 Freiheitsgrade der Bewegung.<br />

Ein N-atomiges Molekül hat 3N Freiheitsgrade (FHG).


88 KAPITEL 8. MECHANISCHE SCHWINGUNGEN<br />

Drei der Translation des Schwerpunktes<br />

und 3 für Rotation um den<br />

Schwerpunkt. Damit bleiben 3N 6<br />

FHG übrig für Schwingungen. Für<br />

ein lineares Molekül gibt es nur zwei<br />

FG der Rotation und deshalb blei-<br />

Ν2<br />

ben 3N-5 FHG für Schwingungen. Ν3<br />

�<br />

Ν1<br />

Das Bild zeigt für CO2 und H2O die symmetrische Streckschwingung ⌫1, die(fürCO2 zweifach<br />

entartete) Biegeschwingung ⌫2 und die asymmetrische Streckschwingung ⌫3. Normalschwingungen<br />

sind so definiert, dass bei Bewegung entlang einer Normalschwingungskoordinate<br />

der Schwerpunkt des Systems in Ruhe bleibt und keine Rotation des Objektes auftritt.<br />

8.6 Überlagerung von Schwingungen<br />

In der Natur treten reine harmonische Schwingungen nur selten auf. Meist hat man es mit<br />

Überlagerungen zu tun.<br />

Die Überlagerung zweier Schwingungen gleicher Frequenz:<br />

x1(t) = a1 cos (!t+ '1)<br />

x2(t) = a2 cos (!t+ '2)<br />

ergibt mit dem Additionstheorem<br />

cos (!t + 'i) = cos !t cos 'i sin !t sin 'i<br />

eine Schwingung gleicher Frequenz mit einer Phasenverschiebung<br />

Dabei ist<br />

x(t) =x1(t)+x2(t) =C cos (!t+ ') .<br />

tan ' = a1 sin '1 + a2 sin '2<br />

a1 cos '1 + a2 cos '2<br />

und die Amplitude<br />

C =<br />

q<br />

a 2 1 + a2 2 +2a1a2 cos ('1 '2) .<br />

Für '1 =0, '2 = und a1 = a2 =1ergibt sich<br />

x(t) =x1(t)+x2(t) = p 2(1 + cos ) cos<br />

�a1<br />

�a2<br />

�Π 0 Π 2Π<br />

�c<br />

0<br />

�c<br />

0<br />

�a2<br />

0<br />

�1<br />

apple<br />

✓<br />

sin<br />

!t arctan<br />

1 + cos<br />

x1�t�<br />

�a1<br />

�Π 0 Π 2Π<br />

x�t�<br />

�Π 0 Π 2Π<br />

◆<br />

�<br />

.<br />

�2<br />

x2�t�<br />

Ν1<br />

Ν2<br />

Ν3


8.6. ÜBERLAGERUNG VON SCHWINGUNGEN 89<br />

Eine Überlagerung zweier Schwingungen mit unterschiedlicher Frequenz<br />

ergibt Schwebungen:<br />

x1(t) = a cos (!1 t)<br />

x2(t) = a cos (!2 t)<br />

x1(t)+x2(t) ergibt die Schwebung<br />

✓ ◆ ✓ ◆<br />

!1 !2 !1 + !2<br />

x(t) =2a cos t cos t<br />

2<br />

2<br />

Wenn !1 !2 klein ist, kann man die mittlere Frequenz<br />

¯! =(!1 + !2)/2 einführen und diese Gleichung wie folgt<br />

interpretieren: Schwingungen mit der Frequenz ¯! und einer<br />

Amplitude, die langsam mit der Einhüllenden<br />

✓ ◆<br />

!1 !2<br />

E(t) =2a cos t<br />

2<br />

moduliert ist (Schwebung).<br />

Schwebung zweier Stimmgabeln mit Mikrophon.<br />

1<br />

0<br />

�1<br />

1<br />

0<br />

�1<br />

2<br />

0<br />

0 Π 2Π 3Π 4Π<br />

0 Π 2Π 3Π 4Π<br />

E<br />

x1�t� � cos Ω1t<br />

x2�t� � cos Ω2t<br />

�2<br />

x�t�<br />

0 Π 2Π 3Π 4Π<br />

Die zweidimensionale Überlagerung von Schwingungen ergibt Lissajous-Figuren.<br />

Zwei lineare, zueinander senkrechte Schwingungen gleicher Frequenz ergeben Bahnkurven<br />

in Form einer Ellipse, deren Form von der relativen Phase zwischen beiden Schwingungen<br />

abhängt. Für verschiedene Frequenzen ergeben sich ebenfalls geschlossene Kurven, wenn ein<br />

rationales Frequenzverhältnis vorliegt. Für !1 >!2 schließt sich die Bahn nach einer Zeit<br />

t = T2 =2⇡/!2. LiegteinnichtrationalesVerhältnisvonFrequenzenvor,soschließtsichdie<br />

Bahn nicht (Beispiel in der letzten Bildzeile).<br />

Ω1<br />

���������� � 1�1<br />

Ω2<br />

Ω1<br />

���������� � 1�2<br />

Ω2<br />

Ω1<br />

���������� � 1�3<br />

Ω2<br />

Ω1<br />

���������� � 1�4<br />

Ω2<br />

Ω1<br />

���������� � 1.6129<br />

Ω2<br />

��0 ��45 ��90 ��135 ��180<br />

��0 ��45 ��90 ��135 ��180<br />

��0 ��45 ��90 ��135 ��180<br />

��0 ��45 ��90 ��135 ��180<br />

t�2Π t�4Π t�6Π t�8Π t�10Π


90 KAPITEL 8. MECHANISCHE SCHWINGUNGEN<br />

8.7 Fourier-Analyse<br />

Bei einer Überlagerung von Schwingungen mit rationalen Frequenzverhältnissen ergibt<br />

sich eine periodische Schwingung mit einer Periode des größten gemeinsamen Teilers aller<br />

beteiligten Frequenzen. In den folgenden Bilder überlagern wir zu cos !t<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

Teiler = 1ê5<br />

-2<br />

0 2 4 6 8<br />

time<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

Teiler = 1ê7<br />

-2<br />

0 2 4 6 8<br />

time<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

Teiler = 1ê1<br />

-2<br />

0 2 4 6 8<br />

time<br />

im Bild links mit cos 4<br />

5 !t,<br />

in Bildmitte mit cos 2<br />

7 !t,<br />

im Bild rechts mit cos 2!t.<br />

Umgekehrt lässt sich jede periodische Funktion f(t) = f(t + T ) immer in eine Summe<br />

von Sinus- oder Cosinus-Funktionen zerlegen, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache einer<br />

Grundfrequenz sind<br />

1X<br />

f(t) =a0 + an cos (n!1t + 'n) . (8.17)<br />

n=1<br />

Dabei nennt man an cos !1t die Grundschwingung und die Terme mit n>1 Oberschwingungen<br />

(in der Akustik: Grundton und Obertöne).<br />

Das Bild zeigt die Überlagerung der Grundschwingung sin !t mit 7 ungeradzahligen harmonischen<br />

Frequenzen, die jeweils mit der Amplitude 1/(2n 1) gewichtet sind<br />

mX 1<br />

f(t) =<br />

sin [(2n 1)!t] .<br />

sinHt wL + 2n 1<br />

(8.18)<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

sinH3 t wL + sinH5 t wL + sinH7 t wL + sinH9 t wL + sinH11 t wL + sinH13 t wL<br />

3 5 7 9 11 13<br />

f@tD<br />

n=1<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

-2 -1 0<br />

Zeit<br />

1 2<br />

f@wD<br />

2.00<br />

1.00<br />

0.50<br />

0.20<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.02<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

harmonische<br />

Die Überlagerung (8.18) ist einer Rechteckschwingung ähnlich. Je mehr Frequenzen in der<br />

Summe (8.18) berücksichtigtwerdenumsoschärferwerdendieKantendesRechtecks.Das<br />

diskrete Frequenzspektrum f(!) dazu ist rechts gezeigt.<br />

Das nächste Bild zeigt die Überlagerung von 7 geradzahligen harmonischen Frequenzen,<br />

jeweils gewichtet mit der Amplitude 1/(2n) sind<br />

mX 1<br />

f(t) = sin [2n!t] . (8.19)<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

sinH2 t wL + sinH4<br />

2 4 2n t wL + sinH6 t wL + sinH8 t wL + sinH10 t wL + sinH12 t wL + sinH14 t wL<br />

6 8 10 12 14<br />

f@tD<br />

n=1<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

-0.5<br />

-1.0<br />

-2 -1 0<br />

Zeit<br />

1 2<br />

2.00<br />

1.00<br />

0.50<br />

f@wD<br />

0.20<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.02<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

harmonische


8.7. FOURIER-ANALYSE 91<br />

So wie man durch geeignete Überlagerung von Sinus (oder Cosinus) Funktionen beliebige<br />

periodische Funktionen erzeugen kann, gelingt es umgekehrt eine beliebige periodische<br />

Funktion in Sinus (oder Cosinus) Funktionen zu zerlegen. Die Zerlegung einer periodischen<br />

Funktion in ihre harmonischen Anteile heißt Fourier-Zerlegung oder Fourier-Analyse.<br />

Ist die Ausgangsfunktion nicht periodisch sondern ein einmaliges Ereignis, wie z.B. ein<br />

Donnerschlag oder eine rechteckförmige Stufe, dann gelingt die Fourier-Transformation auch,<br />

allerdings genügt dann nicht eine Summe von diskreten Frequenzen wie in Gleichung<br />

8.18. Im Falle eines zeitlich begrenzten Ereignisses braucht man eine kontinuierliche Verteilung<br />

von Frequenzen zur Darstellung.<br />

Beispiel:<br />

Fourier-Zerlegung<br />

eines<br />

Rechteckpulses<br />

f�t�<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

0 10 20<br />

t<br />

f�Ν�<br />

8<br />

4<br />

0<br />

�4<br />

0 20 40 60 80<br />

Ν�1�t<br />

Beispiel: Frequenzanalyse einer gedämpften Schwingung.<br />

Wir untersuchen die gedämpfte Schwingung (siehe Seite 84) derEigenfrequenz!0 =5bei<br />

unterschiedlichen Dämpfungen. Wir sehen, dass die gedämpfte Schwingung nicht mehr harmonisch<br />

ist, die Bandbreite der Frequenzverteilung steigt mit zunehmender Dämpfung an,<br />

das Maximum der Fourier-Transformierten wandert zu kleiner Frequenzen.<br />

y@tD<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

g = 0.1<br />

w0 = 5<br />

v0 = 10<br />

0 1 2 3 4 5<br />

t HsL<br />

3.0<br />

2.5<br />

2.0<br />

fHwL 1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

frequency w<br />

1<br />

y@tD<br />

0<br />

g = 1<br />

w0 = 5<br />

v0 = 10<br />

0 1 2 3 4 5<br />

t HsL<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

fHwL 0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

frequency w<br />

y@tD<br />

fHwL 0.04<br />

g = 5<br />

w0 = 5<br />

v0 = 10<br />

0<br />

0 1 2 3 4 5<br />

t HsL<br />

0.08<br />

0.06<br />

0.02<br />

0.00<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

frequency w<br />

Die Fourier-Transformation schafft eine Verbindung zwischen der Verteilung einer Größe<br />

x und der Verteilung der inversen Größe 1/x. Zum Beispiel die Verbindung zwischen<br />

Frequenz und Zeit:<br />

f(t) und f(!) =f (2⇡⌫) .<br />

Die zeitliche Form der Größe f(t) wird abgebildet in das Spektrum von Frequenzen f(⌫),<br />

die überlagert werden müssen um die Größe f(t) darzustellen.<br />

Analog die Fouriertransformation zwischen Wellenlänge und Wellenzahl<br />

f( ) und f(k) =f (2⇡/ ) .<br />

Fourieranalyse von Stimmgabeln und Pfeifen.

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