Christian + Marina Wolff-Handloser - Rumba-Imensity
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Aurelia und Hubert Jentsch<br />
<strong>Christian</strong> + <strong>Marina</strong> <strong>Wolff</strong>-<strong>Handloser</strong><br />
mit dem<br />
Hapag-Lloyd Kreuzfahrtschiff<br />
der Columbus 2<br />
von Piräus durchs Schwarze Meer und zurück..<br />
Am 30. September 2012<br />
in Constanta - Rumänien<br />
<strong>Christian</strong> und <strong>Marina</strong> vor dem Casino -<br />
dem Wahrzeichen von Constanta..<br />
Hubertus-Diffusions – Baden-Baden
Samos<br />
Eine kleine bebilderte Zusammenfassung<br />
zur Erinnerung<br />
an einen schönen Septembertag<br />
in Gesellschaft von<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> + <strong>Marina</strong> <strong>Wolff</strong>-<strong>Handloser</strong><br />
Kusadasi<br />
Trabzon<br />
Sotschi<br />
Constanța<br />
in Konstanza – am Schwarzen Meer<br />
mit der Vorstellung der anderen Häfen,<br />
die die Columbus 2 anlief..<br />
Texte- sowie Bildquellen aus Vikipedia<br />
Warna<br />
Jalta<br />
Von Piräus nach Piräus..<br />
Sewastopol<br />
Odessa<br />
Istanbul<br />
Mangalia<br />
Noworossijsk<br />
Giresun<br />
Kertsch<br />
Mykolajiw<br />
2<br />
Samsun<br />
Sinop<br />
Ordu<br />
Sochumi<br />
Zonguldak<br />
Batumi<br />
Burgas<br />
Cherson<br />
Sulina<br />
Poti
Inhaltsverzeichnis<br />
4 = Vorwort<br />
5 = Die Columbus 2 und Reiseroute<br />
6 = Einleitung<br />
7 = Schiffsbilder<br />
11 = <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong><br />
13 = MAMAIA<br />
22 = Konstanza: Zentrum, Yachthafen, Eminescu-Denkmal, Kasino<br />
31= Abschied von der Columbus 2<br />
35 = Zusammenfassung unserer Bilder<br />
53 = Reiseroute der Columbus 2<br />
55 = PIRÄUS<br />
59 = SAMOS<br />
67 = KUSADASI<br />
71 = DARDANELLEN<br />
73 = Homer<br />
78 = Troja<br />
87 = Achilleus<br />
103 = ISTANBUL<br />
150 = BOSPORUS<br />
160 = DAS SCHWARZE MEER<br />
170 = SOTSCHI<br />
177 = JALTA<br />
182 = SEWASTOPOL<br />
196 = ODESSA<br />
214 = CONSTANTA<br />
212 = WARNA<br />
3
Vorwort<br />
Meine Frau meinte : Für wen machst du denn eigentlich dieses Buch.. , es wird doch niemand<br />
lesen.. !<br />
Ja, wie recht sie doch hat !<br />
Da kann man dann im gleichen Atemzug hinzufügen : für wen habe ich meine Gedichte<br />
geschrieben .. , das ABC der Humanwissenschaften entwickelt.. und meine jahrelangen Erfahrungen<br />
gratis ins Internet gestellt, sogar dafür viel, viel Geld ausgegeben.. ? War ich demselben<br />
Wahn ausgesetzt wie „Achilleus“, der zu einem Mitmenschen die Bemerkung machte :<br />
„Von dir wir in der Zukunft niemand berichten.. ; ich aber werde Geschichte schreiben.. !“<br />
Da fallen mir die Jesusworte aus einem seiner 9 Briefe ein, die z. Z. im Umlauf sind.. ; er sagt,<br />
das wir im Vergleich zum kosmischen Wissen hier auf Erden alle nur Hypothesen-Aufsteller<br />
sind.. . Und im Vergleich mit dem, was „Er“ damals schon bewerkstelligte, muss ich ihm<br />
leider Recht geben !<br />
Hat es „Achilleus“ wirklich geschafft, mit seinen Heldentaten Ewigkeitswerte zu erstellen.. ?<br />
Hat er kosmische Geschichte geschrieben.. ?<br />
Ich denke da an alle großen Erfinder und Entdecker, die uns wirklich ein großes Erbe hinterlassen<br />
haben.. ? Wer kennt sie noch.. , wer hat - außer einer kleinen Hochschulequippe, die<br />
dies in ihrem Studienprogramm erlernen mussten - noch Kenntnisse von ihnen. Wer von uns<br />
in Europa kennt denn die Namen der großen Chinesischen Dichter, Maler und Erfinder.. ,<br />
oder weiß - um etwas näher zurücken - wer die Präsidenten der Europäischen Länder waren,<br />
wer den Gummi erfand oder wer Borgward etc. war..?!<br />
Und ich sollte glauben, dass die Menschen sich eines Tages an mich, meine Gedichte, daran,<br />
dass ich weltweit - mit dem ABC der Humanwissenschaften als Background - der erste<br />
Problematologe war.. , wo das noch nicht einmal meine Verwandten und Freunde zur<br />
Kenntnis genommen haben ?! dass Menschen morgen dieses Buch lesen werden.. ??? NEIN,<br />
so vermessen bin ich nicht.. ! Ich schreibe und kreiere, weil es von der Natur in meiner<br />
kosmischen Entwicklung so programmiert ist.. , ich mache es also für mich ! ICH BIN ! Und<br />
das was ich mache, bin ICH. Das ist Selbstverwirklichung pur !<br />
Ich erstellte dieses Buch, weil es ein Teil meines Lebens widerspiegelt, genauer gesagt : einen<br />
schönen Tag an dem ich mich - so lange wie ich noch auf der Erde verweile - gerne erinnern<br />
werde und dies mit diesem Buch verbildlichen kann. Und dies, so finde ich, ist der Aufwand<br />
wert. Also, um etwas präziser zu werden : Ich lese mich hin und wieder selbst; stelle fest, wer<br />
ich war und wie ich mich weiterentwickelt habe.. ; und hier spreche ich zu mir selbst ! so<br />
einfach ist das.<br />
Und dafür ist das Internet eine Super-Sache; es ermöglicht mir, rationell meine Gedanken zu<br />
speichern.. ! Dafür möchte ich all jene, die an der Erfindung und Entwicklung des Internets<br />
beteiligt waren, herzlich danken.. ! Und schau mal, Hubert, so wichtig diese Personen<br />
HEUTE für deinen persönlichen Bedarf sind.. , so kennst du dennoch nicht einmal ihre<br />
Namen.. ? Sehr wahrscheinlich bist du einer von den Neunundneunzig Blöden hier auf der<br />
Erde, denen es genauso ergeht, wie dir.. !<br />
Und, wird man nach den nächsten Hundert Jahren wohl noch von „Achilles“, dem „Internet“<br />
etc. sprechen.. ???<br />
4
Die Columbus 2<br />
Hapag-Lloyd Kreuzfahrtschiff<br />
Die Kreuzfahrtroute der Columbus 2 : Abfahrt „Piräus“<br />
5
Also, es war so<br />
Einleitung<br />
Eine Lehrerin aus Konstanza war bei Aurelia - meiner Frau - und mir in der Sprechstunde.. ;<br />
sie fühlte sich von ihrem Mann - er arbeitet auf der „Columbus 2“ und war im Urlaub -<br />
regelrecht verfolgt.. ; er spioniert mir überall nach, sagte sie.<br />
Wir machten seine Personenanalyse und stellten fest, dass er 2 Monde in den „Festen Werten“<br />
hat.. ; die Festwerte bestimmen maßgebend die Menschliche Verhaltensweise. Mond bewirkt<br />
u. A. Sensibilität, Ehrgeiz, Altruismus und Fürsorge; siehe „Die Personenanalyse nach<br />
Hubertus“ : www.rumba-imensity.de – Sterneneigenschaften.<br />
Als wir ihr erklärten, dass es die Fürsorglichkeit ihres Mannes war, die ihr „das von ihm<br />
verfolgt werden“ empfinden ließ, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie akzeptierte<br />
zum ersten mal - nach wiederholten Absagen - die Einladung der Rederei, von Konstanza aus<br />
mit ihrem Mann einzuschiffen, um an der Kreuzfahrt nach Piräus teilzunehmen und dann eine<br />
weitere Woche mit der Columbus 2 die Kreuzfahrt nach Venedig zu genießen.. .<br />
NB: Wir bekamen von „ihr“ einen Anruf aus Piräus : sie war überglücklich.. ! und freute sich<br />
schon auf die Weiterfahrt nach Venedig.. !<br />
Nebenbei gesagt,:<br />
Aurelia und ich sind Problematologen mit den „Hubertus-Systemen“ = Die Idealpartnerformel und die<br />
Personenanalyse nach Hubertus : Dem ABC der Humanwissenschaften.<br />
Ein Problem ist nach „Hubertus“ = eine Frage ohne Antwort.. !<br />
Wir geben Antworten auf alle Probleme der Menschlichen Verhaltensweise, machen Lösungsvorschläge,<br />
Personenanalysen, Partner-Harmonisationen und Schicksalsveränderungen durch<br />
Namensveränderungen.<br />
Zurück zu unserem Konstanza und der Columbus 2 :<br />
Aurelia, meine Frau, hatte verstanden, dass die „Columbus 2“ um 13h den Hafen von<br />
Konstanza verlässt.. und wir wollten natürlich dabei sein um „Alice“ Winke, Winke zu<br />
machen, um dann anschließend am Strand von „Mamaia“ noch einmal ein Sonnenbad zu<br />
nehmen.. .<br />
So kamen wir an die Piere und sahen auf der einen Seite die „Azura“ und auf der anderen die<br />
Columbus 2, die aber noch nicht am Kai festlag.. . Zu unserem Erstaunen stellten wir fest,<br />
dass das Schiff gerade erst anlegte.. .<br />
Folgend einige Bilder..<br />
6
Die „Azura“<br />
Die Columbus 2<br />
7
So standen wir am Kai unmittelbar daneben und beobachteten das Anlegemanöver<br />
und waren unschlüssig, was wir im Weiteren machen wollten.. .<br />
Wir entschieden uns, noch ein wenig zu bleiben und beobachteten das<br />
Anlegemanöver..<br />
8
Es war natürlich beeindruckend, 10 Meter vom Schiff entfernt zu stehen und zu sehen, wie<br />
alles so abläuft.. ; und von diesem Event beeindruckt, sagte mir meine Aurelia, dass sie sehen<br />
möchte, wie die Deutschen Touristen ausschiffen um Konstanza zu besichtigen.. .<br />
Als das Schiff endlich vertäut war und die 6 Männer der Crow mit viel Aufwand die<br />
Gangway installiert hatten, kamen auch schon ein paar Personen von Bord. . Schnell - in der<br />
Erwartung, dass gleich der große Touristenstrom herauskam - machte ich noch ein Foto mit<br />
Aurelia auf dem Roten Teppich.. .<br />
9
Als erster eilte der Kapitän, ein Rumäne von Bord - sicher um bei seiner Familie einen<br />
Kurzbesuch zu machen.. - denn mittlerweile hatten wir vom Bordpersonal erfahren, dass die<br />
Columbus 2 schon am Abend um 11h wieder auslief.. .<br />
Dann kamen die ersten zwei, drei Touristen vom Schiff.. .<br />
Ein gut aussehender Mann ging auf die Schiffsmanagerin zu - die aus Karlsruhe kommt - und<br />
die neben uns stand.. . Aurelia sagte: „Den Mann kenne ich von irgendwo her.. „<br />
So fasste ich den Mut, den Mann - so etwas von der Seite - anzusprechen, in dem ich sagte :<br />
Entschuldigen sie bitte, wenn ich Regisseur wäre, wurde ich sie bitten eine Rolle anzunehmen..<br />
. Der Herr drehte sich etwas amüsiert zu uns um und antwortete : Ja, fein, ich habe<br />
nämlich schon in einigen Filmen mitgemacht.. . Ich drückte ihm einen Sprechstunden-Flyer<br />
von uns in die Hand und dann verabschiedete er sich höflich und ging wieder an Bord zurück.<br />
Den Mann kenne ich.. , den kenne ich von irgendwoher.. , insistierte meine Aurelia, den habe<br />
ich schon im Fernsehen gesehen.. , so dass mir nichts anderes übrig blieb, als der neben uns<br />
stehenden Managerin zu fragen : Entschuldigen Sie bitte, wie heißt denn der Herr, mit dem sie<br />
gerade gesprochen haben.. ?! „<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong>“, antwortete sie lachend.<br />
Ehrlich gesagt, der Name sagte mir nicht viel.. und erst als ich am Abend zu Hause im<br />
Internet bei Google den Namen eingab, merkte ich, mit wem Aurelia und ich den Tag<br />
verbracht hatten.. .<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong>.. , in kurzer Hose, ohne seinen Oberförsterhut.. ; oh man, das war richtig<br />
peinlich, ihn nicht erkannt zu haben.. ; und wir erwarteten ja auch nicht, dass er auf dem<br />
Schiff war und dann auch noch neben uns stand, oder.. ?!<br />
1989 – 2006: Forsthaus Falkenau (TV-Serie)<br />
10
Gentleman „<strong>Christian</strong>“ mit Hubert (etwas verlegen) in Pose..<br />
11
Da die Touristen nur kleckerweise von Bord kamen, wurde ich ungeduldig und drängte<br />
Aurelia nach „Mamaia“ an den Strand zu fahren.. .<br />
Aber sie wollte nicht so richtig.. ; sie wollte noch den Strom der vom Schiff kommenden<br />
Deutschen sehen.. . Doch nach weiteren 10 Minuten konnte ich sie dazu überreden, auf der<br />
anderen Seite des Kai’s den großen Luxusliner „Azura“ zu begutachten.. ; und so entfernten<br />
wir uns langsam von der Columbus 2.<br />
Die „Azura“: Ja, da kommt man sich richtig klein vor, wenn man davor steht..<br />
Gerade mal 20 Meter weg, blieben wir stehen, blickten zur Columbus 2 zurück und sahen,<br />
dass endlich die Touristen aus dem Schiff strömten.. ; und mit ihnen <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> mit<br />
seiner Frau <strong>Marina</strong>.. .<br />
12
<strong>Christian</strong> schaute direkt zu uns rüber und Aurelia sagte: er kommt zu uns, siehst du.. .<br />
So geschah es dann auch. Vorstellung mit einer Entschuldigung meinerseits, dass ich ihn nicht<br />
erkannt hatte etc. (aber ich wusste eigentlich ja immer noch nicht, wer er eigentlich war und<br />
wusste nur von der Managerin, dass er <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> hieß..).<br />
„Wir möchten an den Strand von „Mamaia“ um noch einmal bei diesem schönen Wetter zu<br />
baden..“ , sagte er.. ; und da wir ja den gleichen Wunsch hatten.. , hopp, alle in ein Taxi und<br />
ab, an den Strand nach Mamaia.. .<br />
Mamaia<br />
ist der bedeutendste Badeort an der rumänischen Schwarzmeerküste.<br />
Er gehört administrativ zu Constanța und liegt nordöstlich der Stadt auf einer rund 7 km<br />
langen und nur 300 m breiten Landzunge zwischen dem Schwarzen Meer und dem<br />
Süßwassersee Siutghiol.<br />
Die Strandschneise von Mamaia : auf der einen Seite der Strand zum Schwarzen Meer und<br />
auf der anderen Seite der große Süßwassersee „Siutghiol“..<br />
13
Links, der große Süßwassersee „Siutghiol“..<br />
Blick vom See Richtung Constanta..<br />
14
Mamaia – Wirtschaft<br />
Blick vom Strand in Mamaia Richtung Constanta<br />
Mamaia ist kein Seebad im klassischen Sinn, also keine gewachsene und ständig bevölkerte<br />
Ortschaft mit Strand, Hotels und städtischer Infrastruktur. Mamaia ist ganz<br />
auf Tourismus ausgerichtet und nahezu ausschließlich während der Sommermonate<br />
bewohnt. Kilometerlang reihen sich die ungefähr 80 Hotels aneinander. Aber in der<br />
Hochsaison herrscht hier, wie beispielsweise auch am bulgarischen Gold- oder<br />
Sonnenstrand, Massentourismus. Der Besucherstrom geht in die Hunderttausende.<br />
Strand beim Hotel "Iaki"<br />
Die Schwarzmeerküste von Mamaia hat schmale weiße und sehr feine Sandstrände, die<br />
sehr lang und ausgedehnt sind. Die Strände fallen hier sehr seicht ins Meer ab. Hinter den<br />
Stränden existiert ein reicher Baumbestand.<br />
15
Hotel Rex<br />
Eines der ersten hier errichteten Gebäude war die Residenz der rumänischen königlichen<br />
Familie. Das Gebäude steht bis heute noch und wird als Hotel betrieben. Es ist eines der<br />
luxuriösesten Hotels in Mamaia und hatte einst den Namen „International“. Nach der<br />
Revolution 1989 wurde es privatisiert und heißt seitdem „Rex“, was auf seine geschichtliche<br />
Bedeutung hinweist. Im Februar 2011 gab es dort einen Brand, aufgrund dessen der<br />
Hotelbetrieb eingestellt werden musste. Das Hotel blieb seit dem geschlossen. Derzeit<br />
(Sommer 2012) finden Renovierungsarbeiten statt.<br />
Die Badesaison dauert von Juni bis Ende August; die durchschnittlichen Tagestemperaturen<br />
liegen in dieser Zeit bei 25 bis 30 °C. Die Saison endet abrupt Anfang September, dann wird<br />
Mamaia zu einem Geisterort: eine Nachsaison gibt es eigentlich nicht, obwohl sie von<br />
Reiseveranstaltern angeboten wird. Bereits ab Mitte Mai und noch bis Ende September kann<br />
man Reisen dorthin buchen. Die meisten Restaurants, Bars und Geschäfte haben außerhalb<br />
der Hochsaison geschlossen.<br />
Geschichte<br />
Die Geschichte und die Entwicklung von Mamaia hängt sehr eng mit dem Tourismus in<br />
Rumänien zusammen. Seine Blütezeit erlebte Mamaia in den 1960er, 1970er und 1980er<br />
Jahren. Die rumänische (genau wie die bulgarische) Schwarzmeerküste stellte eine der<br />
wenigen Möglichkeiten für Touristen aus Osteuropa dar, einen Badeurlaub am Meer bei<br />
konstant warmem Wetter und guten Bademöglichkeiten erleben zu können.<br />
Wegen der für westliche Verhältnisse niedrigen Preise wurde Mamaia auch von bundesdeut-<br />
schen Reiserveranstaltern entdeckt und ab etwa Mitte der 1960er Jahre als Pauschal-<br />
Reiseort angeboten.<br />
16
Mamaia in der Hochsaison..<br />
17
In Mamaia angekommen : Durch das „Iaki-Hotel gehend, dass dem ehemaligen Weltklasse-<br />
Fußballer „Hagi“ gehört, kamen wir an den Strand..<br />
18
Ende September sah es genau so aus.. ; Saison vorbei, Strandliegen weggeräumt.<br />
19
… hoppa, da waren wir schon : Aurelia mit <strong>Christian</strong> und <strong>Marina</strong> am Strand..<br />
20
<strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong> wagten sich ins Wasser und badeten genüsslich.. , während Aurelia und<br />
ich lieber in der Sonne lagen, denn mit 21 Grad Wassertemperatur bei Seewind.. , na ja, wir<br />
lieben es halt eher ein bisschen wärmer.. .<br />
Aber auf dem Besichtigungsplan von <strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong> waren ja noch weitere Punkte, die<br />
es zu sehen gab.. und so bummelten wir noch eine halbe Stunde auf der Shoppingmeile von<br />
Mamaia, um dann ins Zentrum von Konstanza zu fahren.. .<br />
<strong>Marina</strong> mit ihrem Neuen Kleid aus der Mamaia-Boutique.. ; und schaut mal den schönen<br />
Blumen-Halsschmuck an, den sie dort ebenfalls kaufen konnte.. ; einfach süß, oder.. ?!<br />
Aber nun, ab in die Stadt.. .<br />
21
Im Zentrum, „Place Ovidiu“ angekommen, gab es erst einmal auf der Terrasse eines schicken<br />
Restaurants – mit Blick auf das Kunsthistorische Museum - eine kleine Kaffee+Kuchenpause.<br />
www.newpizzico.ro<br />
Kaffee+Kuchenpause auf der schönen Terrasse vom „Newpizzico“<br />
Von hier aus war es nur einen Katzensprung - an der Mosche vorbei - hinunter zum<br />
„Neuen Yachthafen“ von Konstanza..<br />
22
Muzeul istoric Constanta mit dem Denkmal des Römischen Dichters „Ovidius“<br />
Blick auf das Museumsgebäude von der Terrasse des „Newpizzico“<br />
Von hier aus ging es dann hinter der Mosche 100 Meter die Treppe hinunter<br />
zum „Neuen Yachthafen“..<br />
23
Im neu gestalteten Yachthafen von Konstanza..<br />
Blick in Richtung „Palace Hotel“ - das früher einmal ein 5-Sterne-Hotel war - ging es dann<br />
weiter zum „Mihai Eminescu-Denkmal“ und dem Casino, dem Wahrzeichen von Konstanza..<br />
24
Rechts das Palace-Hotel und Links ein Neubau - seit 7 Jahre Bau-Stillstand..<br />
25
Gerade um die Ecke hinter dem Neubau,<br />
ging es dann zum Eminescu-Denkmal - Unten - und zum Casino..<br />
Zum Eminescu-Denkmal habe ich natürlich eine besondere Beziehung, weil ich ja auch ein<br />
kleiner Dichter bin –.. . Meine Online-Gedichtbände finden sie in : www.bei-hubertus.de -<br />
Hubertus-Bücher; u. A. auch den Gedichtband Rumänische Impressionen<br />
26
Mihai Eminescu : Der berühmteste Dichter Rumäniens..<br />
Aurelia : Da um die Ecke rum ist das Casino..<br />
27
Von der Casino-Promenade aus hier sahen wir die „Azura“ auslaufen..<br />
Aber da galt es ja noch für <strong>Christian</strong> von der „Peter und Paul-Kirche“ ein Bild zu machen.. die<br />
gerade 100 Meter oberhalb vom Casino lag.. ; und hopp war er schon unterwegs, um auch<br />
noch diesen Schnappschuss zu machen.. !<br />
28
Orthodoxe Cathédrale SF Petru si Pavel<br />
29
Ja, und schon war unsere Zeit rum; es war Halbsieben.. und um Sieben-Uhr hatten <strong>Christian</strong><br />
und <strong>Marina</strong> auf der Columbus ihren Tisch zum Abendessen reserviert.. !<br />
Also, dann ab zum Hafeneingang „Porta 1“, der nur 200 Meter vom Casino entfernt ist.<br />
Ich glaube, <strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong> hatten gerade noch Zeit, um sich umzuziehen, denn in der<br />
feinen Schiffsgesellschaft gehört ein schönes Outfit zum Abendessen zur Selbstverständlichkeit,<br />
oder.. ?!<br />
So konnten wir im Nachhinein nur noch gedanklich „Bon Appetit“ wünschen.<br />
Am Abend fuhren wir dann nochmals mit Aurelias Schwester und einer Freundin zum Schiff,<br />
um endgültig von einem schönen Tag in Gesellschaft von <strong>Christian</strong> und <strong>Marina</strong> Abschied zu<br />
nehmen.<br />
Wir hatten ihnen von unseren Eindrücken erzählt, so dass sie natürlich neugierig waren und<br />
die Columbus 2 ebenfalls noch sehen wollten..<br />
30
Hubert mit Sophi<br />
31
Abschied von der Columbus 2 und einem wunderschönen Tag.. !<br />
Sophi, Geta-Karla und Aurelia<br />
32
Sophi, Geta-Karla (Aurelias Schwester) und Aurelia..<br />
Ein letztes Foto..<br />
33
Danke, liebe <strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong>.. ,<br />
für die Perle,<br />
die unsere Kette der schönen Momente im Leben<br />
wieder um eine weitere bereichert hat !<br />
Aurelia und Hubert<br />
34
Zusammenfassung<br />
der von uns gemachten Bilder..<br />
35
Abschied von der Columbus 2 und einem wunderschönen Tag.. !<br />
48
<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong><br />
<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong><br />
<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> (* 11. März 1938 in Berlin) ist ein deutscher Schauspieler und Synchronsprecher.<br />
Leben<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> absolvierte von 1955 bis 1957 an der Max-Reinhardt-Schule ein Schauspielstudium.<br />
Schon als Jungschauspieler war <strong>Wolff</strong> bekannt. Sein Debüt gab er 1957 in der Hauptrolle<br />
von Veit Harlans umstrittenem Film Anders als du und ich. Die FSK gab diesen Film wegen zu<br />
positiver Darstellung der Homosexualität vorerst nicht frei. Die schließlich in westdeutschen<br />
Kinos gezeigte, veränderte Fassung gilt denn auch als homophob. In Österreich lief der Film<br />
unter dem ursprünglichen Titel Das dritte Geschlecht unverändert.<br />
Es folgten Kriminal- oder Unterhaltungsfilme wie Am Tag als der Regen kam, Alt<br />
Heidelberg, Verbrechen nach Schulschluss und Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut sowie<br />
auch Der blaue Nachtfalter mit Zarah Leander 1959. 1960 erhielt er den Bronzenen Bravo<br />
Ottoder Jugendzeitschrift BRAVO.<br />
Am 29. November 1959 heiratete <strong>Wolff</strong> seine Kollegin Corny Collins, die Ehe wurde jedoch<br />
geschieden. Seit dem 27. Juni 1975 ist er mit <strong>Marina</strong> <strong>Handloser</strong> verheiratet und lebt in Aschau<br />
im Chiemgau.<br />
Vor allem in den 1980er-Jahren war <strong>Wolff</strong> mehr und mehr in Fernsehserien und Gastrollen zu<br />
sehen. 1983 zeigte das ZDF die Verfilmung von Else Urys Nesthäkchen mit <strong>Wolff</strong> in der<br />
Hauptrolle des Vaters und Arztes Dr. Ernst Braun. Die Reihe wurde in sechs Folgen als<br />
Weihnachtsserie ausgestrahlt. In den 1990er-Jahren drehte er Fernsehspielfilme für das ZDF mit<br />
leichter Handlung, Liebesgeschichten in Südafrika und auf Mauritius. In einigen Fernsehfilmen,<br />
wie etwa Zugvögel der Liebe und Das Licht von Afrika, spielte er zusammen mit seinem<br />
Sohn Patrick <strong>Wolff</strong>.<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> gelang der Durchbruch 1989 als Förster Martin Rombach in der<br />
Familienserie Forsthaus Falkenau. Die Serie wurde in den 1990ern Jahren zum Dauerbrenner<br />
und Quotenerfolg für das ZDF. 2005 gab <strong>Wolff</strong> seinen Ausstieg aus der Serie bekannt, die aber<br />
dennoch nicht eingestellt, sondern mit dem neuen Förster Stefan Leitner (Hardy Krüger jr.)<br />
fortgesetzt wird. Über 2.200 Drehtage stand <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> damit für die längste Vorabend-<br />
und Familien-Serie Deutschlands vor der Kamera.<br />
49
Als Grund für den Ausstieg nannte <strong>Wolff</strong> seinen Herzinfarkt 2003, aufgrund dessen er<br />
weniger Folgen abdrehen wollte, was aber gegen die Pläne des ZDF gewesen sei. <strong>Wolff</strong> war<br />
am 29. Dezember 2006 zum letzten Mal als Förster in der Serie zu sehen. In Form eines<br />
Spielfilmes verabschiedete er sich nach Südafrika, wo er eine Farm leitet, die er von einem<br />
Freund geerbt hat.<br />
Neben seiner Arbeit als Schauspieler synchronisiert <strong>Wolff</strong> unter anderem Pierre Brice, Alain<br />
Delon und Anthony Perkins. <strong>Wolff</strong> ist teilweise auch als Sprecher in Fernsehdokumentationen zu<br />
hören. Daneben sprach er zu Beginn jeder neuen Folge der 1984 ausgestrahlten Weihnachts-<br />
Serie Patrik Pacard und der 1987 ausgestrahlten Weihnachtsserie Anna die Zusammenfassung<br />
der bisherigen Geschehnisse aus dem Off.<br />
Filmographie<br />
1957: Anders als du und ich<br />
1957: Immer wenn der Tag beginnt<br />
1957: Die Frühreifen<br />
1958: Der Schinderhannes<br />
1958: Es war die erste Liebe<br />
1958: Don Vesivio und das Haus der<br />
Strolche (Il bacio del sole)<br />
1959: Kabale und Liebe (TV)<br />
1959: Kriegsgericht<br />
1959: Verbrechen nach Schulschluss<br />
1959: Der blaue Nachtfalter<br />
1959: Am Tag, als der Regen kam<br />
1959: Abschied von den Wolken<br />
1959: Alt Heidelberg<br />
1960: Die Fastnachtsbeichte<br />
1960: Festival (Schlussakkord)<br />
1961: Via Mala<br />
1962: Wetter veränderlich (TV)<br />
1963: Meine Frau Susanne (TV-Serie)<br />
1963: … und heute ins Theater: Lady<br />
Frederick (TV)<br />
1963: Feuerwerk (TV)<br />
1963: Die Nacht am See<br />
1964: Alarm im Aquarium (TV)<br />
1964: Das Kaffeehaus (TV)<br />
1964: Lana – Königin der Amazonen<br />
1965: Die Schlüssel (Durbridge-Dreiteiler)<br />
1965: Das Kriminalmuseum (TV-Serie) –<br />
Der Brief<br />
1965: Der Ölprinz<br />
1965: Der Diplomat auf Eis (TV)<br />
1966: Schöne Geschichten mit Mama und<br />
Papa (TV)<br />
50<br />
1972: Sie nannten ihn Krambambuli<br />
1972: Hamburg Transit (TV-Serie)<br />
1972: Die Bilder laufen (TV)<br />
1973: Algebra um acht (TV-Serie)<br />
1974: Engadiner Bilderbogen (TV-Serie)<br />
1974: Der Scheingemahl (aus der Reihe: Die Welt<br />
der Hedwig Courts-Mahler) (TV)<br />
1974: Eine ungeliebte Frau (TV)<br />
1975: Das ohnmächtige Pferd (TV)<br />
1975: Eine ganz gewöhnliche Geschichte (TV-<br />
Serie)<br />
1976–1977: Die Unternehmungen des Herrn<br />
Hans (TV-Serie)<br />
1976: Tatort (TV-Serie)<br />
1977: Derrick – Via Bangkok (TV-Serie)<br />
1978: Lady Audleys Geheimnis (TV)<br />
1979: Kommissariat IX (TV-Serie)<br />
1980: Weekend (TV)<br />
1982: Mein Sohn, der Minister (TV)<br />
1983: Derrick – Geheimnisse einer Nacht (TV-S)<br />
1983: Der Raub der Sabinerinnen (TV)<br />
1983–1984: Nesthäkchen (TV-Serie)<br />
1985: Drei Damen vom Grill (TV-Serie)<br />
1985: Grenzenloses Himmelblau (TV)<br />
1985: Seitenstechen<br />
1986: Zerbrochene Brücke (TV)<br />
1986: Das Geheimnis von Lismore Castle (TV)<br />
1988: Tagebuch für einen Mörder (TV)<br />
1989–2006: Forsthaus Falkenau (TV-Serie)<br />
1991: Die Männer vom K3 (TV-Serie)<br />
1992: <strong>Wolff</strong>s Revier (TV-Serie)<br />
1994: Das Traumschiff – Dubai (TV)
1967: Rheinsberg<br />
1967: Tagebücher (TV)<br />
1967: Ein Schloss in Schweden (TV)<br />
1968: Sherlock Holmes (TV-Serie)<br />
1968: Lebeck (TV)<br />
1968: Die Geschichte von Vasco (TV)<br />
1969: Pater Brown (TV-Serie)<br />
1969: Meine Schwiegersöhne und ich (TV-S)<br />
1970: Polizeifunk ruft (TV-Serie)<br />
1970: Das Mädchen meiner Träume (TV)<br />
1970: Die Auserwählten (TV)<br />
1970: Der Minister und die Ente (TV)<br />
1971: Die fast verkrachte Reise (TV)<br />
1971: Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut<br />
1971: Glückspilze (TV)<br />
1972: Außer Rand und Band am Wolfgangsee<br />
Theater (Auswahl)<br />
� Herren aus Verona<br />
� Der Kaufmann von Venedig<br />
� Des Meeres und der Liebe Wellen<br />
� Ein Schloss in Schweden<br />
� Gigi<br />
� Bleib wo Du bist Liebling<br />
� Lasst uns Lügen erzählen<br />
Weblinks<br />
51<br />
1995: Inseln unter dem Wind (TV-Serie)<br />
1996: Rosamunde Pilcher - Eine besondere Liebe (TV)<br />
1997: Kap der guten Hoffnung (TV)<br />
2000: Stimme des Herzens (TV)<br />
2001: Zugvögel der Liebe (TV)<br />
2001: Anwalt des Herzens (TV)<br />
2002: Entscheidung auf Mauritius (TV)<br />
2003: Das Licht von Afrika (TV)<br />
2004: Geheimnis der Karibik (TV)<br />
2007: Fjorde der Sehnsucht (TV)<br />
2007: Rosamunde Pilcher – Sieg der Liebe (TV)<br />
2008: Das Traumhotel – China (TV)<br />
2008: SOKO 5113 (TV-Serie)<br />
2009: Für immer Venedig (TV)<br />
2010: SOKO 5113 (TV-Serie)<br />
2011: Der Bergdoktor (TV-Serie)<br />
� <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database<br />
� <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> in der Deutschen Synchronkartei
Die Kreuzfahrtroute der Columbus 2 :<br />
Abfahrt „Piräus“<br />
52
Piräus<br />
und<br />
die Stationen die die Columbus 2 anlief..<br />
Dardanellen<br />
Bosporus<br />
Das Schwarze Meer<br />
Samos<br />
Kusadasi<br />
Trabzon<br />
Sotschi<br />
Jalta<br />
Sewastopol<br />
Odessa<br />
Constanta<br />
Warna<br />
Istanbul<br />
53
PIRÄUS<br />
Piräus (neugriechisch Πειραιάς (m. sg.) [pirɛˈas], Pireas, altgriechisch Πειραιεύς, Peiraieus) ist eine<br />
Gemeinde in Attika, ein wichtiges Industriezentrum in Griechenland und drittgrößter Mittelmeerhafen.<br />
Die eigentliche Gemeinde hatte 2011 163.910 Einwohner, zusammen mit den übrigen Gemeinden<br />
des Regionalbezirks Piräus ergab sich eine Zahl von 449.070, der gesamte Ballungsraum Athen-<br />
Piräus hat insgesamt rund 3,5 Millionen Einwohner.<br />
Piräus ist der historische Hafen der griechischen Hauptstadt Athen und südlicher Endpunkt der<br />
wichtigen das Land von Thessaloniki bzw. Patras aus durchquerenden Verkehrsverbindungen.<br />
Piräus hat mit rund 20 Millionen Passagieren jährlich den größten Passagierhafen in Europa und den<br />
drittgrößten der Welt. Mit einem Durchsatz von 1,4 Millionen TEU zählt Piräus zu den ersten zehn<br />
Häfen im Container-Verkehr Europas.<br />
Bekannt wurde Piräus unter anderem durch den Schlager mit der Anfangszeile „Ich bin ein Mädchen<br />
aus Piräus“ von Melina Mercouri (griechisches Original: „Τα παιδιά του Πειραιά“) aus dem Film<br />
„Sonntags nie!“ von Jules Dassin und den Sportverein Olympiakos Piräus.<br />
Der Yachthafen von „Piräus“<br />
55
Hafen von Piräus<br />
Geschichte<br />
Piräus (Peiraieus) ist eigentlich der Name der bergigen Halbinsel, acht Kilometer südwestlich von<br />
Athen, mit dem bis zu 86,5 m hohen Hügel Mounychia (heute Kastella), der seit dem 6. Jahrhundert<br />
v. Chr. eine Burg trug, und drei tief eingeschnittenen runden Hafenbecken (Piräus, Zea und<br />
Mounychia), die Themistokles seit 493 v. Chr. zum Hafen Athens bestimmte und zunächst mit Mauern<br />
umgeben ließ. 461–456 v. Chr. wurden die Langen Mauern zwischen Piräus und Athen errichtet.<br />
In perikleischer Zeit wurde von Hippodamos aus Milet die Stadtanlage mit rechtwinklig sich schneidenden<br />
Straßen angelegt, die Häfen ausgebaut und mit Säulenhallen und Schiffshäusern versehen. Nach<br />
Beendigung des Peloponnesischen Krieges zerstört, blühte Piräus als Handelshafen bald von Neuem<br />
auf.<br />
In den Jahren 347–323 v. Chr. wurde das Arsenal des Philon errichtet, das Sulla 86 v. Chr. mit den<br />
übrigen Hafenanlagen niederbrennte.<br />
Der Jachthafen von Piräus<br />
56
Nach der Verlegung des Hafens gliederte sich das antike Piräus als Hafenstadt von Athen in die<br />
Teilhäfen Kantharos, Zea und Mounychia auf. Dabei stellte Kantharos den Handelshafen von Piräus<br />
dar, während Zea und Mounychia dem Militär vorbehalten waren. Zea war der größere der beiden<br />
Kriegsmarinehäfen.<br />
Im Mittelalter war der Hafen unter dem italienischen Namen Porto Leone bekannt, nach der heute vor<br />
dem Arsenal von Venedig stehenden antiken Löwenskulptur (eine Kopie steht heute wieder in Piräus).<br />
Der entsprechende türkische Name war Aslan Limani. Die kleineren Häfen Zea und Mounychia sind<br />
heutzutage auch als Passalimani (Hafen des Pascha) bzw.Tourkolimano (Türkenhafen) oder Mikrolimano<br />
(kleiner Hafen) bekannt.<br />
Bildungseinrichtungen<br />
� Universität Piräus<br />
� Technisches Ausbildungsinstitut Piräus<br />
Sehenswürdigkeiten<br />
� Haupthafen<br />
� Passalimani (Zea)<br />
Panzerkreuzer Georgios Averoff im Schiffsmuseum Trokadero <strong>Marina</strong><br />
� Mikrolimano (oder Tourkolimano, das antike Mounychia)<br />
� Archäologisches Museum beim antiken Theater<br />
� Schiffsmuseum Trokadero <strong>Marina</strong> mit dem Panzerkreuzer Georgios Averoff (Paleo Faliro)<br />
� Schifffahrtsmuseum Piräus (Nautisches Museum)<br />
� Endbahnhof der Metrolinie 1 ("Ilektrikos") mit Museum zu dieser historischen Bahnstrecke<br />
(1869 als erste griechische Eisenbahn bis Athen eröffnet)<br />
Wissenswertes<br />
Die deutsch-griechische Sängerin Vicky Leandros war von Oktober 2006 bis zum 28. Mai 2008<br />
Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Kultur und internationale Beziehungen in Piräus. Der ehemalige<br />
griechische Ministerpräsident Kostas Simitis vertrat die Stadt von 1985 bis 2009 als Abgeordneter im<br />
Parlament.<br />
57
Infrastruktur<br />
Der Hafen Piräus ist über die Metrolinie 1, die Vorortbahn (Proastiakos), die Straßenbahn Athen sowie<br />
zahlreiche Buslinien und die Fernbahn erschlossen. In der Stadt verkehrt außerdem der 1949<br />
eröffnete Oberleitungsbus Piräus. Seit 1988 ist dieser dabei mit dem größeren Obus-Netz in der<br />
benachbarten Hauptstadt Athen verknüpft. Dieser interkommunale Betrieb ist heute mit 366<br />
Fahrzeugen auf 22 Linien das größte Obus-Netz in der EU. Zu erreichen ist Piräus auch durch<br />
den Proastiakos, einer Art S-Bahn, die den Hafen mit dem Hauptbahnhof und dem Flughafen Athen.<br />
Bis 2017 soll auch die, sich im Ausbau befindliche, Linie 3 der Metro Athen (blaue Linie) Piräus<br />
erreichen. [2] Darüber hinaus wird auch über eine Einschienenbahn innerhalb des Hafens von Piräus<br />
nachgedacht.<br />
Sport<br />
In Piräus hat der Verein Olympiakos Piräus seinen Sitz. Die Fußballmannschaft spielt im Stadion<br />
Karaiskakis, die Basketballmannschaft und Volleyballmannschaft im gegenüberliegenden „Irinis kai<br />
Philias“. Beide werden mit der Metro und der Straßenbahn erreicht (Station Faliro). Im Jahr 1969<br />
fanden im Stadion Karaiskakis die Leichtathletik-Europameisterschaften statt während 1985<br />
die Leichtathletik-Halleneuropameisterschaften im „Irinis kai Philias“ ausgetragen wurden.<br />
Söhne und Töchter der Stadt<br />
� Georgios Seitaridis (* 1981), Fußballspieler<br />
� Jannis Kounellis (* 1936), Künstler<br />
� Konstantinos Simitis (* 1936), früherer Ministerpräsident von Griechenland<br />
� Calliope Tsoupaki (* 1963), Komponistin<br />
� Yannis Tsarouchis (1910–1989), Maler und Bühnenbildner<br />
� Giorgos Dalaras (* 1949), Musiker<br />
Städtepartnerschaften<br />
� Marseille (Frankreich), seit 1984<br />
� Worcester (Vereinigte Staaten)<br />
� Rosario (Argentinien)<br />
� Ostrava (Tschechien)<br />
� St. Petersburg (Russland), seit 1965<br />
� Baltimore (Vereinigte Staaten)<br />
� Galați (Rumänien)<br />
� Varna (Bulgarien)<br />
� Shanghai (China)<br />
58
SAMOS<br />
Die griechische Insel Samos (griechisch Σάµος (f. sg), türk. Sisam) liegt in der östlichen Ägäis und ist<br />
der ionischen Küste Kleinasiens vorgelagert. Sie bildet seit 2011 gleichzeitig die Gemeinde<br />
Samos (∆ήµος Σάµου) und den Regionalbezirk Samos (gr. Periferiaki Enotita Samou Περιφερειακή<br />
Ενότητα Σάµου) in der Region Nördliche Ägäis. Die Insel hat etwa 34.000 Einwohner.<br />
Verwaltungssitz ist die gleichnamige Stadt Samos, früher auch Kato Vathy (Κάτω Βαθύ) oder Limin<br />
Vatheos (Λιµήν Βαθέος) genannt.<br />
Geographie<br />
Die Insel Samos liegt in der Ostägäis und ist der kleinasiatischen Küste vorgelagert. Im Südosten<br />
trennt die etwa 6 Kilometer lange und an der schmalsten Stelle nur 1,7 Kilometer breite Meerenge von<br />
Mykali (Στενό τής Μυκάλης, auch Meerenge von Samos, Στενό Σάµου; türkisch Dar Bogaz; antike<br />
Bezeichnung Epta stadia, Επτά στάδια) die Insel vom türkischen Festland. Gemeinsam mit Ikaria<br />
bildet Samos den nördlichen Abschluss der Südlichen Sporaden. Die kürzeste Verbindung zur<br />
Hauptinsel der Fourni-Inselgruppe beträgt von der Südwestküste weniger als 7 Kilometer. Ikaria liegt<br />
19 Kilometer westlich, Chios 67 Kilometer nordwestlich, die Dodekanes-Inseln Agathonisi 19 Kilometer<br />
südlich und Patmos 35 Kilometer südwestlich.<br />
Mit einer Fläche von 477,942 km² [3] ist Samos die achtgrößte Insel Griechenlands. Vom Kap<br />
Katavasi (Ακρωτήρι Κατάβαση) im Westen bis zum Kap Gatos (Ακρωτήρι Γάτος) im Osten erreicht<br />
Samos seine maximale Länge von über 44,3 Kilometern. Die Breite beträgt in der Inselmitte zwischen<br />
dem Kavos Avlakia (Κάβος Αυλάκια) im Norden und dem Kavos Samiopoulas (Κάβος Σαµιοπούλας)<br />
an der Südküste 19 Kilometer und weniger als 5 Kilometer im Inselosten. Das Relief der Insel ist zu<br />
über 60 % hügelig bis bergig mit Höhen zwischen 150–900 Metern. Der Gebirgsanteil mit Höhen über<br />
900 Meter beträgt mehr als vier Prozent, dabei dominieren die beiden Massive des Kerkis (Κέρκης)<br />
und des Ambelos-Gebirges (Άµπελος). Flachland und Ebenen bis 150 Meter Höhe nehmen mit fast<br />
160 km² nahezu ein Drittel der Inselfläche ein. [4]<br />
Das Kerkis-Massiv erhebt sich im Westen steil aus dem Meer und erreicht mit der Vigla (Βίγλα) eine<br />
Höhe von 1434 Metern. [5][6] Die Ausläufer des zentral gelegenen Ambelos-Gebirges(Άµπελος), mit<br />
dem 1153 Meter hohen Karvounis (Καρβούνης) als höchstem Berg reichen im Norden und Süden bis<br />
zur Küste. [5][6] Im äußersten Osten steigt das Bergmassiv des Thiosauf 453 Meter an.<br />
Im Nordwesten liegt zwischen Kerkis-Massiv und Ambelos-Gebirge die Ebene von Karlovasi. An die<br />
südöstlichen Ausläufer des Ambelos-Gebirges grenzt die weiteste Ebene der Insel, die Ebene von<br />
Chora (Κάµπος Χώρας, Kambos Choras) an, weiter östlich folgt die Ebene von Mesokambos.<br />
Die Vlamari Hochebene (Βλαµάρη) liegt östlich von Vathy.<br />
Obwohl der Küstenverlauf nur schwach gegliedert ist, verfügt die Insel über einige geschützte Häfen.<br />
Auf der Südseite liegen zwei große offene Buchten, der Golf von Marathokambos (Κόλπος του<br />
Μαραθόκαµπου) im Südwesten und im Südosten der Golf von Pythagorio (Κόλπος του Πυθαγορείου)<br />
auch Bucht von Tigani (Όρµος Τηγάνι). Im Nordosten bildet der etwa 5 km tief eingeschnittene und<br />
1 km breite Golf von Vathy (Kolpos Vatheos Κόλπος Βαθέος, auch Golf von Samos) einen der größten<br />
Naturhäfen der Ägäis.<br />
Im Nordosten sind der Küste einige unbewohnte Inseln vorgelagert. Die bewohnte Insel Samiopoula<br />
liegt vor der Südküste.<br />
59
Klima<br />
Das Klima von Samos ist gekennzeichnet von milden, regenreichen Wintern und warmen, trockenen<br />
Sommern. Es wird dem Csa-Klima zugeordnet. Der kontinentale Einfluss des kleinasiatischen<br />
Festlandes zeigt sich an höheren Niederschlagsmengen sowie kalten Winden im Winter. In<br />
Verbindung mit einer Luftfeuchtigkeit von 65 % können dann Frosttage auftreten. Durch die langsame<br />
Erwärmung von Januar bis März sowie höhere sommerliche Durchschnittstemperaturen gegenüber<br />
dem kleinasiatischen Festland ist der ozeanische Charakter der Insel zu erkennen.<br />
Die Jahresdurchschnittstemperatur auf Samos liegt bei 19,3 °C. [8] Die sommerliche Durchschnittstemperatur<br />
beträgt 25,8 °C im Juli, die Durchschnittstemperatur im Januar liegt bei 10,8 °C. Im Juli<br />
und August können die Tageshöchsttemperaturen mehr als 40 °C erreichen. Allerdings verursacht<br />
besonders in den Küstengebieten die Meeresbrise einen signifikanten Abfall der Temperatur. Im<br />
Zeitraum von 1955 bis 1997 lag bei der Wetterstation am Flughafen die absolute Höchsttemperatur<br />
bei 41 °C, die absolute Tiefsttemperatur bei −3,4 °C. [9]<br />
Aufgrund der hohen Berge und der Nähe zum kleinasiatischen Festland ist die Niederschlagsmenge<br />
von Samos und der Nachbarinsel Ikaria im Vergleich zu anderen Ägäisinseln hoch, sie ist mit der<br />
Niederschlagsmenge Westgriechenlands vergleichbar. Die Niederschlagsverteilung ist regional und<br />
saisonal unterschiedlich. Während im Zeitraum von 1955 bis 1997 die Wetterstation beim Flughafen<br />
auf der regenärmeren Südseite 709 mm verzeichnete, erreichten sie von 1987 bis 1992 bei der<br />
Wetterstation Ydroussa auf 210 Meter Höhe im Inselnorden 917 mm. In höheren Lagen sind Werte<br />
über 1000 mm zu erwarten. [10] Die jahreszeitliche Niederschlagsverteilung ist klimatypisch. Die<br />
Niederschläge konzentrieren sich auf die nass-kalte Jahreszeit, mit durchschnittlich 169 mm im<br />
Dezember als Spitzenwert. Während der letzten Jahre ist eine deutliche Abnahme der winterlichen<br />
Niederschlagsmenge zu verzeichnen. [11] Der Sommer ist von einer fünfeinhalb bis sechsmonatigen<br />
Trockenenperiode geprägt, das durchschnittliche Niederschlagsminimum beträgt 0,4 mm im<br />
August. [12] Die seltenen Schneefälle beschränken sich auf maximal zwei Tage pro Jahr.<br />
Auf Samos herrschen nördliche Winde vor. Der Meltemi weht in den Monaten Juli und August<br />
konstant aus nördlichen Richtungen. Die Winde im November und Dezember können durchaus<br />
Sturmcharakter erreichen.<br />
Samos zählt zu den sonnenreichsten Gebieten Griechenlands, die jährliche Sonnenscheindauer<br />
beträgt 2884,8 Stunden. [13]<br />
Geschichte<br />
Anfänge<br />
Wie archäologische Ausgrabungen belegen erfolgte die Besiedelung von Samos mindestens ab<br />
dem Spätneolithikum. Der Fundort von Kastro Tigani bei Pythagorio wird ins 4. Jahrtausend v. Chr.<br />
datiert. Von den ersten Siedlern wurden die fruchtbaren Küstenebenen im Südosten bevorzugt. Die<br />
frühbronzezeitliche Siedlung Heraion befand sich an der Südküste am Golf von Pythagorio. Diese<br />
Siedlung lag auf einem flachen Hügel zwischen zwei Flussarmen am Unterlauf Imvrasos. Mit einer<br />
Gesamtfläche von etwa 3,5 Hektar zählt sie zu den größten bekannten Siedlungen in der Ostägäis. Ab<br />
etwa 2600 v. Chr. können sechs Architekturphasen nachgewiesen werden. Bereits in der ältesten<br />
Siedlungsphase ist eine Befestigungsmauer mit Bastion nachgewiesen. Heraion II wurde durch ein<br />
Erdbeben und Heraion IV durch eine Brandkatastrophe zerstört.<br />
60
Antike<br />
Einzige noch stehende Säule des Heratempels<br />
In der Antike war Samos ein wichtiges Handelszentrum und für die Schifffahrt von großer Bedeutung.<br />
Sie wurde mit Beinamen wie Anthemis, die „Blühende“; Pitioussa, die „Pinieninsel“; Dryoussa, die<br />
„Eicheninsel“, Kyparissia, die „Zypresseninsel“; Phillas, die „Laubreiche“ sowie Parthenia, die<br />
„Jungfräuliche“ und Parthenoaroussa bezeichnet. Die Insel war außerdem für ihre rote,<br />
glänzende Keramik berühmt, die die Römer in ihren so genannten „Samischen Tonwaren“ (Terra<br />
Sigillata) nachahmten. Besonders mächtig war die Insel unter Polykrates (532–522 v. Chr.), der dort<br />
eine bedeutende Seeherrschaft gründete, schließlich aber vom persischen Satrapen Oroites durch<br />
trügerische Versprechungen nach Kleinasien gelockt und hingerichtet wurde. Sein<br />
Bruder Syloson unterjochte später die Insel mit persischer Hilfe und beherrschte sie nach grausamer<br />
Verwüstung als persischer Satrap. Der Baumeister Mandrokles, der – wie Herodot berichtet – für den<br />
persischen Großkönig Dareios I. eine Schiffsbrücke über den Bosporus baute und damit seinem Heer<br />
493 v. Chr. den Weg nach Griechenland öffnete, stammte von Samos.<br />
479 v. Chr. wurde die Insel nach der Schlacht von Mykale von der persischen Herrschaft frei und im<br />
gleichen Jahr Mitglied des 1. Attischen Seebundes als nicht steuerzahlendes Glied. Der Aufstand der<br />
Inselbewohner im Jahr 440 v. Chr. wurde von Perikles niedergeschlagen, Samos wurde wieder zu<br />
einem Vasallen Athens.<br />
Während des Peloponnesischen Krieges (431–404 v. Chr.) stand Samos auf der Seite Athens gegen<br />
Sparta und stellte seinen Hafen der athenischen Flotte zur Verfügung. In den späteren Kriegsjahren<br />
erhielt Samos deshalb seine Privilegien zurück. Samos fiel im Jahr 387 v. Chr. erneut<br />
an Persien, wurde jedoch 366 v. Chr. von Athen zurückerobert.<br />
365 v. Chr. eroberte der attische Feldherr Timotheos nach zehn Monaten Belagerung die Hauptstadt,<br />
vertrieb die gesamte Bevölkerung und besetzte die Insel mit attischen Kleruchen, welche hier, wie<br />
Inschriften zeigen, ein eigenes Gemeinwesen mit besonderen Beamten bildeten.<br />
Erst nach dem Tod Alexanders des Großen wurde die Insel durch Perdikkas den Samiern<br />
zurückgegeben (322 v. Chr.).<br />
Später gehörte sie zeitweilig zu Ägypten, kämpfte mit Antiochos dem Großen und Mithridates gegen<br />
Rom und wurde 84 v. Chr. mit der römischen Provinz Asien vereinigt.<br />
61
Byzantinische Zeit<br />
Samos war dann Teil des Römischen Reiches, später des Oströmischen Reiches. 1304-29 und 1346–<br />
1475 war sie genuesische Kolonie, bis sie an das Osmanische Reich fiel. Unter osmanischer Herrschaft<br />
wurde die Insel türkisch Sisam adası genannt.<br />
Osmanische Herrschaft<br />
Nach dem Fall von Konstantinopel konnte Genua keine Sicherheit mehr bieten.<br />
Ständige Piratenüberfälle und der Druck des Osmanischen Reiches veranlassten Genua, viele<br />
Kolonien und Niederlassungen im Schwarzen Meer und in der Ägäis, darunter Samos, 1475<br />
aufzugeben. Daraufhin verließen fast alle Bewohner die Insel und siedelten sich in der genuesischen<br />
Kolonie Chios, teilweise auch in Kleinasien an. Mit der Abwanderung ging zeitgleich die Ausbreitung<br />
der Pest einher. Die Insel war nahezu unbewohnt und fiel vermutlich 1479 endgültig unter osmanische<br />
Herrschaft. Die wenigen Zurückgebliebenen lebten versteckt in den Bergen und waren wahrscheinlich<br />
gegenüber dem Osmanischen Reich tributpflichtig.<br />
Mitte des 16. Jahrhunderts konnten Stabilität und bessere Lebensumstände gewährt werden.<br />
Nachdem mehrere Versuche einer Wiederbesiedelung erfolglos geblieben waren, steuerte der Sultan<br />
die Besiedlungspolitik in eine neue Richtung. So wurden dem Verwalter der Insel, Admiral Kilic Ali<br />
Pascha lebenslang sämtliche Steuereinnahmen zugesichert. Innerhalb des Osmanischen Reiches<br />
wurde Samos autonom verwaltet, staatsrechtlich war es suzerän. An der Wiederbesiedlung von<br />
Samos waren Nachfahren der nach Chios ausgewanderten Samioten, sogenannte Chiosamii<br />
(Χιοσάµιοι) maßgeblich beteiligt. Den Siedlern wurde im Gegenzug Landbesitz und<br />
Steuerfreiheit für sieben Jahre gewährt und der Insel anschließend eine reduzierte Gesamtsteuer<br />
auferlegt. Dieses System funktionierte mit zwei Unterbrechungen bis zur Revolution von 1821. In<br />
Folge des Russisch-Türkischen Krieges kam die Insel von 1771 bis 1774 zu Russland. 1807 bis 1812<br />
führte ein Wechsel durch fortschrittliche Kräfte (Carmagnoles auch Karmanioles) für kurze Zeit zu<br />
Änderungen in der Verwaltung, der Steuer- und Wirtschaftspolitik.<br />
Aus der Morphologie der Insel und der Lage der verstreut liegenden Siedlungen hat sich die<br />
Aufteilung der Insel in vier Gemeindebezirke bis heute erhalten.<br />
Als Ergebnis des Russisch-Türkischen Krieges konnten im Friedensvertrag von Küçük<br />
Kaynarca vorteilhafte Bedingungen für die Seefahrt und den Handel erreicht werden. Kaufleuten aus<br />
Samos war es möglich, die Hauptprodukte Olivenöl und Wein zuerst in den Häfen von Smyrna und<br />
Konstantinopel, später auch in Russland und Ägypten und zum Ende des 18. Jahrhunderts auch in<br />
Europa, vorwiegend in Frankreich, zu handeln. Durch die Kontakte mit den europäischen Häfen griffen<br />
Kaufleute die fortschrittlichen Ideen der Aufklärung und der Französischen Revolution auf und<br />
verbreiteten sie. Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert orientierten sich die am Meer entstandenen<br />
Siedlungen am Handel und den Möglichkeiten, die die Lage am Meer bot. Eine dieser Siedlungen war<br />
der Hafen von Samos (Limin Vatheos, Λιµήν Βαθέος), wo sich hauptsächlich Kaufleute von den<br />
ionischen Inseln niederließen. Schiffseigner und Kaufleute waren auch am Warenaustausch mit<br />
einheimischen Händlern und Landwirten interessiert, was aber vom bestehenden System unterdrückt<br />
wurde. Durch den Kontakt mit den Kaufleuten formierte sich eine Gruppe, sogenannte Carmagnoles,<br />
die fortschrittliche Ideen unterstützte und das bestehende System bekämpfte. Sie vertraten die Ideale<br />
von freien und gebildeten Menschen, die sich in einer demokratischen Gesellschaft verwirklichen<br />
können. Gegenspieler waren konservative Kräfte, sogenannte Kallikantzari, die am bestehenden<br />
System festhielten und mit der türkischen Administration der Insel zusammenarbeiteten.<br />
62
Der intensive Konflikt zwischen Carmagnoles und Kallikantzari in den sozialen und politischen<br />
Auseinandersetzungen dauerte viele Jahre und endete mit dem Sieg der Carmagnoles, die von 1807<br />
bis 1812 das bestehende System umgestalteten. Eine demokratische Versammlung entschied über<br />
politische Belange. Die politischen Ziele waren Gerechtigkeit, Meinungsfreiheit, Solidarität und<br />
Volksherrschaft, ihr Führer war Georgios Logothetis. Die Carmagnoles wurden 1812 entmachtet,<br />
Logothetis verfolgt. In der Revolution von 1821 übernahm er wieder eine führende Rolle auf der Insel.<br />
Griechische Revolution<br />
Flagge des Fürstentums Samos<br />
Im griechischen Freiheitskampf ab 1821 errangen die Griechen hier unter Kanaris einen bedeutenden<br />
Seesieg über die Türken (1824). Nach dem Londoner Protokoll von 1829 wurde Samos 1830 den<br />
Türken zurückgegeben und am 11. Dezember 1832 zur Hauptstadt eines tributpflichtigen Fürstentums<br />
gemacht. Die Insel gehörte ab 1832 in relativer Unabhängigkeit zum türkischen Vilajet Dschesair. Die<br />
Verwaltung wurde der Insel übertragen. Sie war jedoch an die Zahlung von Zöllen an die Türkei<br />
gebunden.<br />
20. Jahrhundert<br />
Samos wurde am 11. August 1904 von einem schweren Erdbeben mit der Stärke von 6,2 auf der<br />
Richter-Skala erschüttert: das Erdbeben kostete vier Menschenleben und zerstörte 540 Häuser auf<br />
der Insel. [15]<br />
1908 rebellierten die Bewohner Samos. Bei der Bekämpfung der Aufständischen wurde der türkische<br />
Kreuzer Hamidiye eingesetzt. Fürst Andreas Kopasis, der eine anti-griechische Haltung hatte, wurde<br />
am 22. Mai 1912 ermordet. Sein Nachfolger war der pro-griechische Gregory Vegleris. Im Mai 1912<br />
zogen sich die türkischen Truppen von der Insel zurück, als der Krieg gegen Italien ausbrach.<br />
Unter Themistokles Sophoulis rebellierten die Griechen erneut und Vegleris musste fliehen. Am 11.<br />
November 1912 erfolgte die Proklamation des Anschlusses von Samos an das Königreich<br />
Griechenland. Als Ergebnis der Balkankriege wurde Samos 1913 Teil von Griechenland. 1925 wurde<br />
kurz über eine Unabhängigkeit der Insel nachgedacht.<br />
Die Insel wurde im Zweiten Weltkrieg durch italienische Truppen besetzt. Am 30. August 1943 wurden<br />
in Kastania 27 griechische Widerstandskämpfer (Andartes) hingerichtet. Samos wurde im September<br />
1943 durch englische Truppen besetzt. Die Städte Samos / Vathy und Pythagorio wurden im Verlauf<br />
der Schlacht um die Ägäis am 17. November 1943 durch deutsche Fliegerstaffeln bombardiert und am<br />
21. November 1943 wurde die Insel kampflos von deutschen Truppen besetzt. Sie blieben dort bis zur<br />
deutschen Kapitulation im Mai 1945.<br />
63
Wirtschaft<br />
Landwirtschaftliche Erzeugnisse bilden nach wie vor die bedeutendste wirtschaftliche Grundlage. Zu<br />
den exportfähigen Produkten Wein, Rosinen, Olivenöl kamen im 20. Jahrhundert Tabak dazu.<br />
Besonders der verstärkte Anbau und die Weiterverarbeitung von Tabak führten zu einem<br />
Handelswachstum. Die Gerberei und Lederverarbeitung war für Karlovasi im ausgehenden<br />
19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre der wichtigste Wirtschaftsfaktor.<br />
Durch die Gründung der Winzergenossenschaft von Samos (Ένωσης Οινοποιητικών Συνεταιρισµών<br />
Σάµου) im Jahr 1934 konnten zwei Kellereien errichtet werden. Die Jahre nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg und dem anschließenden Bürgerkrieg bis in die Mitte der 1970er Jahre waren von einer<br />
starken Abwanderung in die großen städtischen Zentren sowie in europäische Länder und nach<br />
Übersee geprägt. Die Rückkehr ehemaliger Auswanderer und der aufkommende Tourismus seit<br />
Beginn der 1980er Jahre kehrten die demographische Entwicklung um. Die Einnahmen aus dem<br />
primären Sektor bilden die wichtigste Einkommensquelle der meisten Bewohner gefolgt vom<br />
saisonalen Einkommen aus dem Tourismus oder zusätzlichen Einkommen aus Handwerk und Handel.<br />
Die Brandkatastrophe 2000 führte neben Landflucht zu einer zunehmenden Arbeitslosigkeit und einer<br />
vorübergehende Krise in Industrie, Handel und Tourismus.<br />
Tourismus<br />
Potami-Bucht<br />
Der Fertigstellung der Elektrifizierung in den 1960er Jahren sowie die Inbetriebnahme des Flughafens<br />
1963 leiteten die Entwicklung des Tourismus ein. Die neuen Möglichkeiten führten seit den frühen<br />
1970er Jahren zur unkontrollierten Entwicklung und Veränderung der wirtschaftlichen Ausrichtung der<br />
Inselbewohner. [17] Die Saison dauert fünfeinhalb bis sechs Monate von Ostern bis Mitte Oktober.<br />
Ein stetiger Anstieg der ausländischen Gästezahlen war bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zu<br />
verzeichnen, mit nahezu 160.000 Besuchern im Jahr 1999. Zwischen 2001 und 2005 war eine<br />
signifikante Reduzierung der Gästezahlen zu verzeichnen, sie erholten sich 2006 und liegen seit 2007<br />
bei 130.000 Urlaubern jährlich. Den Großteil der ausländischen Besucher stellen Deutsche und Briten,<br />
gefolgt von Holländern, Schweden und Dänen. Bei allen Besuchern ist der Strandurlaub am<br />
beliebtesten, obwohl die Bademöglichkeiten im Vergleich zu anderen Ägäisinseln nicht zu den besten<br />
zählen. Das Tourismusangebot verteilt sich auf die Küstenregionen, mit zwei Zentren Pythagorio im<br />
Süden sowie Kokkari im Norden. Die Tourismusbetriebe beschränken sich auf klassische Angebote<br />
wie Gastronomie, Autovermietungen und Souvenirläden. Aufgrund der abwechslungsreichen<br />
Landschaft und der Geschichte bieten sich für den Sanften Tourismus diverse Möglichkeiten, dieser<br />
Bereich ist bisher gering entwickelt. Die bestehenden Wachstumschancen sind bekannt und sollen<br />
zunehmend entwickelt werden.<br />
64
Verkehr<br />
Mit dem Flughafen Samos-Aristarchos verfügt Samos über eine Anbindung an den nationalen und<br />
internationalen Flugverkehr. Tägliche innergriechische Linienverbindungen bestehen<br />
nach Athen und Thessaloniki. In den Sommermonaten gibt es zahlreiche Charterflugverbindungen mit<br />
Nord-, West- und Mitteleuropa.<br />
Die tägliche Fährverbindungen von Piräus mit Samos und Karlovasi werden von Hellenic Seaways<br />
oder G. A. Ferries bedient. Weitere Verbindungen von der Stadt Samos gibt es in den Norden<br />
bis Kavala und in den Süden bis Rhodos. Zudem gibt es in den Sommermonaten eine tägliche<br />
Personenschiffverbindung zum benachbarten türkischen Kuşadası. Von Pythagorio bestehen<br />
Verbindungen zu den südlich gelegenen Inseln Dodekanes-Inseln wie Patmos und Kos. Die <strong>Marina</strong><br />
von Phythagorio verfügt über 260 Liegeplätze. [19]<br />
Bereits seit 1920 verkehren öffentliche Busse. Mit der Gründung von KTEL Samou (ΚΤΕΛ Σάµου)<br />
1950 und dem Anschluss an den KTEL-Verbund wurden die Verbindungen besser koordiniert.<br />
Zwischen den Hauptorten existieren heute täglich mehrere Verbindungen, abgelegene Orte<br />
wie Drakei werden nur einmal wöchentlich oder mit dem Schulbus angefahren.<br />
Archäologie<br />
Tordurchlass der antiken Befestigungsanlage von Pythagorio, Samos<br />
Samos ist reich an Ruinen antiker Baukunst.<br />
Der Ort mit den mit Abstand meisten Überresten ist Pythagorio, die antike Stadt Samos mit ihren von<br />
Polykrates angelegten antiken Stadtmauern und Hafenanlagen, die Fundament der modernen Mole<br />
sind, [21] sowie dem zur verdeckten Wasserversorgung gebauten Tunnel des Eupalinos. Dieser Tunnel<br />
wird fälschlicherweise des Öfteren den sieben antiken Weltwundern zugerechnet.<br />
Ausgegraben ist auch das hellenistische Gymnasium der Stadt mit den Resten des dazugehörigen<br />
Stadions und der römischen Thermen.<br />
In der Ebene vor der antiken Stadt liegt das Heraion, ein bedeutendes antikes Heiligtum, der<br />
Göttin Hera geweiht. Der früheste Altar wurde am Beginn des ersten Jahrtausends v. Chr. errichtet. Er<br />
wurde in der Folge immer weiter vergrößert, indem er von neuen Altarbauten ummantelt wurde.<br />
65
Der sog. Rhoikos-Altar, der achte in dieser Folge, ist einer der bedeutendsten griechischen Altäre. In<br />
ähnlicher Weise wurde der Heratempel in immer größeren Abmessungen mehrmals neu errichtet, der<br />
Tempel in der Form eines Dipteros aus der Zeit des Polykrates zählt zu den größten griechischen<br />
Tempeln. Die antiken Fundamente sind weitgehend erhalten und tragen eine noch stehende Säule.<br />
Bedeutende Persönlichkeiten<br />
Neben dem Tyrannen Polykrates findet sich auf Samos auch die Wirkungsstätte des Philosophen<br />
und Mathematikers Pythagoras, der uns das abendländische Tonsystem beschert hat und nach dem<br />
auch der berühmte Satz des Pythagoras benannt ist. Pythagoras ist daher auf vielen mittelalterlichen<br />
Kirchenportalen mit dem Monochord abgebildet (siehe auch Pythagoras in der Schmiede). Die<br />
Stadt Tigani wurde 1955 zu Ehren des berühmten Mathematikers in Pythagoreio umbenannt. 1988<br />
erhielt der Namensgeber der Stadt auf der Hafenmole ein Denkmal.<br />
Ebenso wurde 341 v. u. Z. der Philosoph Epikur auf Samos geboren.<br />
Ein bekannter Sohn der Insel ist außerdem der Sklave Äsop, der für seine Fabeln berühmt wurde.<br />
Der Astronom Aristarchos von Samos, dem die Geschichtsschreibung das erste heliozentri-<br />
sche Modell des Sonnensystems zuschreibt, lebte auch auf Samos.<br />
Ebenso lebten der Historiker Herodot und der große Bildhauer und Erfinder Theodorus von<br />
Samos für eine Weile auf Samos.<br />
Liste der Städte<br />
Name<br />
deutsch<br />
Name<br />
griechisch<br />
Einwohner (2001) [2] Gemeindebezirk Fläche km 2[2]<br />
Samos Σάµος 6.348 Vathy 9,37<br />
Vathy Βαθύ 2.963 Vathy 43,64<br />
Kokkari Κοκκάρι 974 Vathy 11,86<br />
Karlovasi Καρλόβασι 6.030 Karlovasi 21,00<br />
Marathokambos Μαραθοκάµπος 1.993 Marathokambos 48,10<br />
Pythagorio Πυθαγόρειο 1.711 Pythagorio 5,30<br />
Mytilinii Μυτιληνιοί 2.462 Pythagorio 34,93<br />
Pagondas Παγόντας 1.298 Pythagorio 34,16<br />
Chora Χώρα 1.422 Pythagorio 10,95<br />
66
Kuşadası<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Kuşadası (türkisch für Vogelinsel) ist eine Kreisstadt an der türkischen Ägäisküste in der<br />
Provinz Aydın, etwa 100 km südlich von Đzmir. Die Einwohnerzahl beträgt etwa 68.000.<br />
Geschichte<br />
In der Antike befand sich hier die Stadt Neapolis, die von Ephesos beherrscht wurde. In<br />
unmittelbarer Nähe von Neapolis lagen die Orte Marathesion und Phygale, das angeblich von<br />
kranken Soldaten des Agamemnon während des Trojanischen Krieges gegründet wurde.<br />
Die Blütezeit von Kuşadası begann mit dem Niedergang von Ephesos in der Spätantike und<br />
dem frühen Mittelalter durch die zunehmende Verlandung des dortigen Hafens. Bis zum 15.<br />
Jahrhundert war die Stadt unter dem Namen Scala Nova ein Handelszentrum der Republik<br />
Venedig und der Republik Genua. 1413 eroberten die Osmanen unter Sultan Mehmed I. die<br />
Stadt, die fortan zum Osmanischen Reich gehörte.<br />
67
Gegenwart<br />
Kuşadası ist heute ein beliebtes Reiseziel für einheimische und ausländische Touristen. Es<br />
besitzt neben einem großen Yachthafen auch einen Hafen für Kreuzfahrtschiffe.<br />
Das Zentrum, in der Nähe des Hafens gelegen, ist eine autofreie Fußgängerzone. Rund um<br />
und in Kuşadası befinden sich etliche Strände mit feinem Sand.<br />
Am 16. Juli 2005 wurde in Kuşadası ein Bombenanschlag auf einen Kleinbus verübt, bei dem<br />
5 Menschen getötet und 13 weitere verletzt wurden. Die Drahtzieher kamen vermutlich aus<br />
dem Umfeld der PKK.<br />
Strände<br />
Direkt in der Stadt befindet sich kurz vor dem Yachthafen der City Beach, ein kleiner<br />
Badestrand mit Blick auf die Kreuzfahrtschiffe. 2 km vom Zentrum befindet sich der Ladies<br />
Beach. An der Promenade sind zahlreiche Restaurants und Cafés. Der 18 km lange<br />
Sandstrand Long Beach zwischen Kuşadası und Güzelcamli ist flach abfallend und somit<br />
gefahrlos für den Badeurlaub mit Kindern.<br />
68
Städtepartnerschaft<br />
Kuşadası unterhält eine Städtepartnerschaft mit Marl (Nordrhein-Westfalen).<br />
Die Burginsel bei Kuşadası<br />
Kuşadası, Hafen<br />
Siedlungen<br />
Neben der Kreisstadt gibt es im Landkreis die Gemeinden Davutlar und Güzelçamlı sowie die<br />
6 Dörfer Caferli, Çınarköy, Kirazlı, Soğucak, Yaylaköy und Yeniköy.<br />
70
Dardanellen - Im Altertum hieß diese Meerenge Hellespont<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Dardanellen<br />
Landsat-Bild der Dardanellen<br />
Verbindet Gewässer Marmarameer<br />
mit Gewässer Ägäisches Meer<br />
Trennt Landmasse Kleinasien<br />
von Landmasse Halbinsel Gallipoli (Balkan)<br />
Karte der Dardanellen<br />
Die Dardanellen (griechisch ∆αρδανέλλια Dardanellia - türkisch Çanakkale boğazı) sind<br />
eine Meerenge in der Türkei. Im Altertum hieß diese Meerenge Hellespont, benannt nach<br />
Helle, einer Figur aus der griechischen Mythologie.<br />
71
Geografie<br />
Die Dardanellen liegen zwischen der europäischen Halbinsel Gallipoli und dem zu Kleinasien<br />
gehörigen Nordwest-Anatolien, sie sind der südwestlichste Teil der innereurasischen Grenze.<br />
Der Name stammt von Dardanos, einer Siedlung, die in der Nähe von Troja lag.<br />
Diese Meerenge verbindet das Ägäische Meer mit dem Marmarameer und über den<br />
anschließenden Bosporus mit dem Schwarzen Meer. Die Dardanellen sind etwa 65 Kilometer<br />
lang und zwischen 1,3 und 6 Kilometer breit, dabei durchschnittlich 50 Meter tief. An der<br />
Oberfläche fließt eine Strömung aus dem Marmarameer zum Mittelmeer, während eine<br />
Unterströmung in die entgegengesetzte Richtung fließt, bedingt durch den fast doppelt so<br />
hohen Salzgehalt des Mittelmeers gegenüber dem Schwarzen Meer.<br />
An der asiatischen Küste der Dardanellen befindet sich die Hafenstadt Çanakkale.<br />
Eine Hängebrücke über die schmalste Stelle der Meerenge, zwischen Çanakkale und<br />
Kilitbahir, ist in Planung. Die Dardanellen bilden mit vielen anderen Meeren die<br />
verschiedensten Grenzen zwischen Europa und Asien → Eurasien Ural - Uralfluss-<br />
Kaspisches Meer, Mantsch-Niederung – Asowisches Meer, Meer-Straße von Kertsch,<br />
Schwarzes Meer – Bosporus - Marmarameer, DARDANELLEN - Ägäisches Meer und<br />
Mittelmeer<br />
Geschichte<br />
Im 2. Perserkrieg überquerte der persische König Xerxes den Hellespont während seines<br />
Feldzugs gegen Griechenland etwa 480 v. Chr. mit zwei Schiffbrücken, die jeweils aus über<br />
300 Schiffen bestanden und eine zeitweise Öffnung für kleinere Schiffe gehabt haben sollen.<br />
Alexander der Große überschritt den Hellespont im Jahr 334 v. Chr. mit einer Armee aus etwa<br />
35.000 Makedoniern und Griechen zu Beginn seines Persienfeldzuges.<br />
Im Peloponnesischen Krieg gab es mehrere bedeutende Schlachten am Hellespont, u. a. die<br />
Schlacht von Kyzikos im Jahr 410 v. Chr. und die Schlacht bei Aigospotamoi, die<br />
entscheidende Niederlage der Athener im Jahre 405 v. Chr.<br />
1656 gab es die Dardanellenschlacht, eine der zahlreichen Seegefechte und Schlachten,<br />
welche die Flotten der Republik Venedig und des Osmanischen Reiches um die Vorherrschaft<br />
im östlichen Mittelmeer austrugen.<br />
Nach dem Dardanellen-Vertrag von 1841 war es nur türkischen Kriegsschiffen gestattet, diese<br />
Meerenge zu passieren. Während des Ersten Weltkriegs waren die Dardanellen aufgrund ihrer<br />
strategischen Lage Schauplatz der Schlacht von Gallipoli mit hohen Verlusten auf beiden<br />
Seiten. Seit 1936 regelt der Vertrag von Montreux die Durchfahrtsrechte.<br />
Der aus der griechischen Mythologie bekannte Held Achilleus (dt. Achill oder latinisiert<br />
Achilles) wurde in den Fluten des Hellespont bestattet.<br />
72
Homer<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Kopf des Homer („Epimenides-Typus”). Nachbildung einer römischen Kopie des<br />
griechischen Originals aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Münchner Glyptothek<br />
Homer gilt als Autor der Ilias und Odyssee und damit als erster Dichter des Abendlandes.<br />
Weder sein Geburtsort noch das Datum seiner Geburt oder seines Todes sind zweifelsfrei<br />
bekannt. Es ist nicht einmal sicher, dass es Homer überhaupt gegeben hat.<br />
Die Epoche, in der Homer gelebt haben soll, wird ebenfalls kontrovers diskutiert. Herodot<br />
schätzte, dass er 400 Jahre vor seiner Zeit gelebt haben muss, folglich müsste dies etwa 850 v.<br />
Chr. gewesen sein. Andere historische Quellen wiederum legen dies in die Zeit des<br />
Trojanischen Krieges, also etwa 1200 v. Chr. Heutzutage stimmt die Forschung<br />
weitestgehend darin überein, dass Homer, wenn es ihn gab, etwa in der zweiten Hälfte des 8.<br />
Jh. v. Chr. gelebt hat.<br />
In der Antike wurden ihm weitere Werke wie die Homerischen Hymnen zugeschrieben,<br />
während andererseits immer wieder bezweifelt wird, ob Ilias und Odyssee überhaupt von<br />
einer einzigen historischen Person namens Homer verfasst worden sind. Unbestritten ist die<br />
unermessliche, bis heute andauernde Wirkung Homers, der schon in der Antike als der<br />
Dichter schlechthin galt.<br />
73
Name<br />
Der Name „Homer“ (altgriechisch Ὅµηρος, Hómēros; heute: Όµηρος, Ómiros) bedeutet auch<br />
„Geisel“. Allerdings wurde er in der Antike aufgrund seiner angeblichen Blindheit<br />
fälschlicherweise auch von ὁ µὴ ὁρῶν, ho mē horōn, „der nicht Sehende“, abgeleitet.<br />
Leben<br />
Schon in der Antike wurde über Homers Person und Herkunft diskutiert: Smyrna, Athen,<br />
Ithaka, Pylos, Kolophon, Argos und Chios beanspruchten, als sein Geburtsort zu gelten. Eine<br />
der Legenden sagt, er sei am Fluss Meles als uneheliches Kind geboren worden und sein<br />
ursprünglicher Name habe Melesigenes („Der vom Meles Herstammende“) gelautet. Er starb<br />
vermutlich auf der Insel Ios.<br />
Während über Homers Vater Unklarheit herrscht, sind sich mehrere Quellen einig, dass seine<br />
Mutter Kreitheïs hieß. In der Antike wurde er oft als blinder Greis dargestellt. Trotz dieser<br />
schon damals regen Hypothesenbildungen über seine Herkunft, sein Aussehen und seine<br />
Lebensdaten ist bis heute nicht einmal ganz geklärt, ob eine historische Person „Homer“<br />
überhaupt existiert hat.<br />
Die Darstellung Homers als eines blinden und armen Wandersängers geht unter anderem auf<br />
den Dichter des unter Homers Namen verfassten Apollon-Hymnus zurück, der aber<br />
höchstwahrscheinlich nicht von ihm stammt. Gegen diese Darstellung sprechen die für sein<br />
Werk erforderlichen genauen Kenntnisse der oberen aristokratischen Schichten, die ein armer<br />
Wandersänger nicht hätte besitzen können. Aber da die Epen – als ursprünglich mündlicher<br />
Vortrag – in erster Linie vor aristokratischem Publikum Gehör fanden, wobei die Sänger<br />
(oder auch Aoiden) zum Teil längere Zeit in dem Oikos der Adeligen wohnten und zu deren<br />
Unterhaltung beitrugen, ist es denkbar, dass auch Homer mit der Lebensart seiner Gastgeber<br />
vertraut war und zu dieser Bevölkerungsgruppe bzw. Stand gehörte. Einige Forscher<br />
vermuten hier autobiographische Elemente, die Homer in die Epen einfließen ließ.<br />
Werke<br />
Die Epen<br />
Anfang der Ilias<br />
74
Berühmt geworden ist Homer als Dichter zweier der frühesten Epen der Weltliteratur, der<br />
Ilias und der Odyssee. Ilias und Odyssee sind die ersten großen Schriftzeugnisse der<br />
griechischen Geschichte: Mit ihnen beginnt nach klassischer Ansicht die europäische Kultur-<br />
und Geistesgeschichte. Seine Autorschaft ist allerdings umstritten.<br />
Sprachliches<br />
Anfang der Odyssee<br />
Gesichert scheint die Herkunft der Epen aus dem griechischen Kleinasien durch die<br />
sprachliche Analyse der Werke, die beide im ionischen Dialekt des Altgriechischen<br />
geschrieben sind. Die Grundsprache ist das Ionische der früharchaischen Zeit, durchsetzt mit<br />
Beispielen des äolischen Dialektes und mit offenbar aus älterer Tradition stammenden<br />
Überlieferungen. Aufgrund des ursprünglich mündlichen Vortrags aus dem Gedächtnis mit<br />
Improvisationen tauchen viele Redewendungen als „Lückenfüller“ wiederholt auf.<br />
Bis in die hellenistische Zeit existierten verschiedene Textredaktionen, wobei die ersten<br />
Versuche einer Kanonisierung bis in die Zeit des athenischen Tyrannen Peisistratos<br />
zurückreichen. Die heutige Fassung wurde von Aristarchos von Samothrake redigiert,<br />
einschließlich der noch heute verwendeten Einteilung der „Gesänge“.<br />
Datierung der Epen<br />
Während die einen von einer Entstehungszeit von ca. 850–800 v. Chr. ausgehen, nehmen<br />
andere einen etwa hundert Jahre späteren Zeitpunkt (ca. 750–700 v. Chr.) dafür an, und<br />
wieder andere Wissenschaftler, wie beispielsweise Wilhelm Dörpfeld, vermuten den<br />
Entstehungszeitpunkt im 12. Jahrhundert v. Chr. Um die homerischen Epen zeitlich<br />
einzuordnen, bedient man sich mehrerer Vergleiche.<br />
Zum einen wird das Verhältnis zur Hesiodischen Epik herangezogen, die im 7. Jahrhundert v.<br />
Chr. entstand. Weiterhin gibt es Anspielungen auf den Nestorbecher (730–720 v. Chr.), die<br />
auf Partien in der Ilias zu weisen scheinen. Hinzu kommt das historische Umfeld in der<br />
zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts. Dieses war für die Entstehung der Epen sehr wichtig, da<br />
ab dem 7. Jahrhundert die dargestellte unangefochtene Adelskultur nicht mehr bestand. Ein<br />
weiterer Hinweis sind Partien in der Ilias, die auf Ereignisse im 7. Jahrhundert zu verweisen<br />
scheinen. Viele Angaben in den Epen deuten auf eine Zeit vor der dorischen Wanderung<br />
(Angaben über Kleidung, Waffen, Behausung und geopolitische Verhältnisse) hin und<br />
bringen die Datierung ins 12. Jahrhundert v. Chr.<br />
75
All diese Hinweise sind jedoch nicht eindeutig. So setzt der Nestorbecher die Ilias nicht<br />
zwingend voraus, und Hesiod wird bisweilen vor Homer datiert. Des Weiteren lassen sich die<br />
Partien in der Ilias auch anders beurteilen, und Literatur kann auch anachronistisch sein,<br />
weshalb eine Datierung aufgrund historischer Ereignisse sehr schwerfällt. Doch sprechen die<br />
Indizien hauptsächlich für die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr.<br />
Urheberschaft: die „Homerische Frage“<br />
Die literaturwissenschaftliche Frage nach der Urheberschaft Homers wird die Homerische<br />
Frage genannt. Hauptsächlich geht es dabei um die Frage, ob Homer tatsächlich Verfasser nur<br />
der Ilias oder überhaupt der beiden Epen gewesen sei oder ob unter dem Namen „Homer“<br />
verschiedene Dichter zusammengefasst worden seien, die ältere, mündlich überlieferte Sagen<br />
verschriftlicht kompiliert hätten.<br />
Ein weiterer Aspekt der „Homerischen Frage“ ist die Datierung der beiden Epen: Hätte die<br />
deutlich jüngere Odyssee überhaupt noch während der Lebenszeit des Ilias-Autors geschrieben<br />
sein können? Teils wird hier jedoch davon ausgegangen, die Ilias sei ein Jugend- und die<br />
Odyssee ein Alterswerk Homers.<br />
Literaturwissenschaftliche stilistische Analysen neigen heute aufgrund der hohen<br />
kompositorischen Kunst und durchgehenden sprachlichen Qualität beider Epen wiederum<br />
dazu, wie die antiken Autoren auf einen gemeinsamen Verfasser („Homer“) als wahrscheinlich<br />
zu folgern.<br />
Homerische Hymnen<br />
Die größtenteils legendären antiken Viten Homers berichten außerdem von weiteren ihm<br />
zugeschriebenen Werken. Dabei handelte es sich wohl durchweg um Pseudepigraphen, von<br />
denen außer Fragmenten nur die vermutlich nichthomerische Travestie vom Krieg zwischen<br />
den Fröschen und Mäusen komplett erhalten ist.<br />
Umstritten ist die Urheberschaft der ebenfalls Homer zugeschriebenen 33 Gedichte, der<br />
sogenannten Homerischen Hymnen – Preislieder auf griechische Götter. Sie stehen den<br />
beiden Epen stilistisch nahe. Rhapsoden pflegten sie als Einleitung zu ihren Rezitationen<br />
vorzutragen. Berühmt sind der Hymnos an Apollon und der Hymnos an Aphrodite.<br />
Wirkungsgeschichte<br />
Griechische und römische Antike<br />
Bereits im antiken Griechenland dienten seine Epen den politisch stark zersplitterten<br />
griechischen Stämmen und Poleis zur Gewinnung eines gemeingriechischen Selbstverständnisses<br />
(siehe Nationaldichter).<br />
Die Hochschätzung Homers wurde von den Römern übernommen. Vergils Epos Aeneis ist<br />
auch als Versuch zu werten, den Römern eine Herkunftssage zu geben, wie sie die Griechen<br />
an Homers Epen gehabt hatten.<br />
76
Mittelalter<br />
Durch die – außer im frühchristlichen Irland – sehr zurückgegangene Kenntnis des Griechischen<br />
bei den westlichen Gelehrten ging auch die Homerkenntnis sehr zurück, als Epiker<br />
waren Vergil und Lucan viel geläufiger. Auch die als Zwischenglied sonst sehr bedeutsame<br />
arabische Rezeption griechischer Quellen berücksichtigte eher medizinische, naturwissenschaftliche,<br />
mathematische und philosophische als epische Quellen.<br />
Doch bereits Dante Alighieri nennt Homer den Ersten unter den göttlichen Dichtern und<br />
Vorbild des von ihm verehrten Vergils. Sein eigenes Hauptwerk, die Divina Commedia,<br />
wirkte wiederum auf ganze Zeitalter von Schreibern, insbesondere auf die Vertreter der<br />
Moderne des 20. Jahrhunderts.<br />
Neuzeit<br />
Der blinde Homer wird geführt<br />
(William-Adolphe Bouguereau, 1874)<br />
Erst die Flucht der griechischen Gelehrten aus dem 1453 von den Osmanen erstürmten<br />
Konstantinopel brachte die Kenntnis griechischer Quellen und damit auch Homers in den<br />
Westen zurück und beeinflusste stark die Renaissance.<br />
Ausgehend von den Homerübersetzungen von Johann Heinrich Voß spielte in Deutschland<br />
Homer für den „Volks“- und „Natur-Begriff " der deutschen literarischen Klassik und<br />
Romantik die größte Rolle, weil man in Ilias und Odyssee einen Beweis dafür sah, dass das<br />
Volk eine eigene authentische Stimme habe (vgl. Volkslied), dass aus ihm die Natur selbst<br />
spreche. In diesen Zusammenhang gehörte auch das Aufwerfen der „Homerischen Frage“,<br />
denn entschied man sich gegen die Autorschaft Homers, so waren die Epen anonym<br />
entstanden, wie etwa das Nibelungenlied, und somit wurde dann „das Volk“ als Autor<br />
reklamierbar. Dagegen wandte sich bereits Friedrich Schiller: Und die Sonne Homers, siehe,<br />
sie lächelt auch uns. („Elegie“)<br />
77
Troja<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Landkarte des Trojas<br />
Troja (griechisch Τροία Troia oder Τροίη Troiē, auch Ἴλιος Ilios oder Ἴλιον Ilion; lateinisch<br />
Troia, Ilium; türkisch Truva; in den Altertumswissenschaften wird die lateinische<br />
Bezeichnung verwendet) ist eine Stadt des Altertums in der Landschaft Troas im Nordwesten<br />
der Türkei am Hellespont in der Provinz Çanakkale.<br />
Karte des Burghügels (Hisarlık) von Troja<br />
78
Geographie<br />
Troja - Türkei<br />
Troja befand sich auf dem 15 m hohen Siedlungshügel Hisarlık (türkisch: Burghügel) an den<br />
Dardanellen und kontrollierte seit der Bronzezeit den Zugang zum Schwarzen Meer. Die<br />
Schiffe konnten damals noch nicht gegen den Wind kreuzen, also warteten sie im Hafen der<br />
Festung auf günstige Winde. Der Wegzoll sowie die Lotsen- und Schutzgebühren, welche die<br />
Schiffe an Troja entrichten mussten, brachten der Stadt Reichtum.<br />
Berühmtheit erlangte der Ort in der Antike durch die Dichtung Ilias von Homer und den dort<br />
beschriebenen sagenhaften Trojanischen Krieg. Noch in der Spätantike wurden der Ort und<br />
seine sagenhaften Helden im Römischen Reich hoch verehrt (siehe Aeneis), und der Hügel<br />
Ilium war weit bekannt. Mit dem Beginn des christlichen Mittelalters geriet Troja (und damit<br />
auch die Lage der Stadt) in Vergessenheit.<br />
Die Existenz und die Lage Trojas gehören seit zwei Jahrhunderten zu den umstrittensten<br />
Themen der Archäologie. Die auseinandergehenden Meinungen mündeten schließlich in die<br />
Troja-Debatte. Gleichwohl unterstützt heute eine Mehrheit der Altertumswissenschaftler die<br />
These, dass der Ort Hisarlık das beschriebene Troja ist und damit auch den Schauplatz des<br />
von Homer beschriebenen Trojanischen Krieges darstellt. Bei Homer wird der Ort vor allem<br />
Ilion oder Ilios (griech. Ἴλιον, Ἴλιος) genannt.<br />
Entdeckungsgeschichte<br />
Erste Lokalisierungsversuche<br />
Mit Beginn der Neuzeit stieg die Zahl der Reisenden, die mit der Ilias in Händen die Troas<br />
besuchten; beispielsweise die englische Schriftstellerin Mary Wortley Montagu, die 1718<br />
schrieb:<br />
„Es ist ein Vergnügen, das Tal zu sehen, wo, wie ich mir einbilde, der berühmte Zweikampf<br />
zwischen Menelaos und Paris vorging und die große Stadt stand − vom Fall Trojas zu lesen<br />
im Schatten einer trojanischen Ruine.<br />
79
Doch eben an trojanischen Ruinen mangelte es. Es gab weiter südlich die markanten Ruinen<br />
von Alexandria Troas, die man für das alte Troja hielt. Ab dem 16. Jahrhundert wurde die<br />
Annahme aber kritisiert, da die Gebäudereste erstens offensichtlich römisch und zweitens zu<br />
nahe am Meer gelegen waren. [3] In der Skamander-Ebene selbst aber fanden sich keine<br />
erkennbaren Reste.<br />
Illustration aus Popes Ilias 1716<br />
1716 erschien der zweite Band der Ilias-Übersetzung von Alexander Pope, dem eine<br />
Abbildung einer Rekonstruktion der Ansicht des alten Troja beigegeben war, welche für lange<br />
Zeit die Vorstellung der Trojasucher prägen sollte: Aus der Vogelperspektive sieht man vom<br />
Hellespont aus das Schiffslager der Achäer, dahinter das von den Flüssen Skamander und<br />
Simois eingerahmte Schlachtfeld und vor den Bergen des Ida-Gebirges die mächtigen Mauern<br />
Trojas. Zu dieser Bild-Gewordenen Vorstellung suchte man die entsprechende Realität: ab<br />
1750 suchten Robert Wood und die englischen Dilettantin im gesamten Skamandertal nach<br />
Resten einer Burganlage und während seiner Zeit als französischer Gesandter an der Hohen<br />
Pforte (1784–1792) ließ Graf Choiseul-Gouffier erstmals sorgfältig vermessene Karten der<br />
Troas erstellen. In seinem Auftrag übertrug Jean Baptiste Le Chevalier 1791 die<br />
Rekonstruktion Popes auf die reale Landschaft und wählte dementsprechend die erste<br />
auffällige Anhöhe vor dem Ida-Gebirge als Ort des alten Troja. Das war der Ursprung der<br />
noch von Schliemann bekämpften Bunarbaschi- , bzw. Ballı-Dağ-These. Der wesentlich<br />
unscheinbarere Hügel von Hisarlık wurde ebenfalls als Ruinenstätte erkannt und als Ort des<br />
griechisch-römischen Ilion identifiziert.<br />
80
Die ersten Troja-Forscher<br />
Blick vom Hisarlık aus dem Schliemanngraben über die Ebene der Troas zu den Dardanellen<br />
1821 verfasste der schottische Zeitungsverleger und Amateurgeologe Charles MacLaren ein<br />
Essay über Troja, das er 1824 zu einer voluminösen Dissertation erweiterte, in der er den<br />
Hügel Hisarlık (auch Hissarlik geschrieben) als Troja lokalisierte. Ein Teil dieses Hügels war<br />
damals im Besitz der englischen Großgrundbesitzer- und Diplomatenfamilie Calvert. Als<br />
MacLaren 1863 eine noch fundiertere Beschreibung der Ebene von Troja publizierte,<br />
versuchte der jüngste Sohn der Familie, Frank Calvert, den restlichen Hügel zu erwerben.<br />
Dies misslang, doch dafür machte er von 1863 bis 1865 selbst kleinere Probegrabungen.<br />
Diese beeindruckten ihn so sehr, dass auch er von der Existenz Trojas an dieser Stelle<br />
überzeugt war. Calverts Bitte an das British Museum zwecks baldiger Erforschung wurde<br />
abschlägig beschieden. Erst Schliemann untersuchte Calverts Hypothese in systematischer<br />
Weise.<br />
Heinrich Schliemann<br />
Heinrich Schliemann (1892)<br />
Am 9. August 1868 kam der bis dahin noch wenig erfahrene deutsche Archäologe Heinrich<br />
Schliemann in die Ebene der Troas. Auch er war hier auf der Suche nach dem sagenhaften<br />
Troja und vermutete es zuerst, entsprechend der These von LeChevalier, unter dem Hügel<br />
Ballı Dağ. Schliemann und seine fünf Arbeiter wurden nicht fündig, er wollte abreisen,<br />
verpasste sein Schiff und traf dabei zufällig auf Frank Calvert, in dessen Haus er<br />
übernachtete. Calvert konnte nun Schliemann mit seiner Überzeugung begeistern, dass sich<br />
unter dem Hügel von Hisarlık die Ruinen des homerischen Trojas verbergen müssten.<br />
Schliemann verschwieg später nicht, dass er den entscheidenden Hinweis auf die Lage Trojas<br />
von Calvert hatte.<br />
81
1873 teilte Schliemann der Öffentlichkeit mit, Troja in Hisarlik gefunden zu haben; den<br />
Durchbruch zum Ruhm verdankte er aber einem anderen Fund desselben Jahres: Schliemanns<br />
spektakulärster Fund war der von ihm selbst so genannte „Schatz des Priamos“. Er<br />
begründete in mehrfacher Hinsicht Neues: Einerseits Schliemanns Ruhm als Wissenschaftler,<br />
andererseits die Begeisterung der wilhelminischen Kaiserzeit für Troja und für die<br />
Archäologie im Allgemeinen, die nun im öffentlichen Ansehen von einer Disziplin für<br />
Amateure und Reisende zu einer ernsthaften Wissenschaftsdisziplin befördert wurde. Der<br />
Goldschatz wurde lange Zeit im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte gezeigt und<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg als Beutekunst in die UdSSR gebracht, wo er seit 1996 im<br />
Moskauer Puschkin-Museum ausgestellt ist. Allerdings ergaben sich bereits zu Schliemanns<br />
Lebzeiten – durch seinen Mitarbeiter Wilhelm Dörpfeld – erste Hinweise darauf, dass der<br />
Schatz mehr als 1000 Jahre älter war als von Schliemann angenommen.<br />
Burgmauern von Troja<br />
Bereits Schliemann schrieb, dass er dem Autor der Ilias dichterische Freiheit („Übertreibung“)<br />
zugute halten müsse; auch wusste er, dass er nicht die ganze Stadt, sondern die<br />
Pergamos-Burg der Stadt Troja ausgrub.<br />
Wilhelm Dörpfeld und Carl Blegen<br />
Wie weitere Ausgrabungen ergaben, war Troja von der Frühen Bronzezeit (ab ca. 3000 v.<br />
Chr.) bis in die Spätantike besiedelt. Unlängst sind Spuren noch früherer Besiedlung gefunden<br />
worden, die bis in das 5. Jahrtausend v. Chr. zurückreichen. Mit dem Christentum ließ die<br />
Bedeutung der Stadt, in der die trojanischen Sagenhelden verehrt worden waren, deutlich<br />
nach. Während sie den Einfall der Goten im Jahr 276 noch weitgehend unbeschadet<br />
überstanden hatte, endete die Besiedlung nach einer Reihe verheerender Erdbeben gegen<br />
Ende des 5. Jahrhunderts.<br />
Bis heute wurden mehr als zehn Siedlungsschichten entdeckt (Troja I bis Troja X), die<br />
wiederum in über 40 Feinschichten unterteilt werden. Dabei gehören – vereinfacht<br />
ausgedrückt – Troja I (2950–2550 v. Chr.) und II (2550–2200) der Frühen, Troja III bis V<br />
(2200–1700) der Mittleren, Troja VI bis VIIa (1700–1200) der Späten Bronzezeit und Troja<br />
VIIb (1200–1000) der Frühen Eisenzeit an. Troja VIII und IX datieren in die Zeit vom 8.<br />
Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Zeit, Troja X, ein byzantinischer Bischofssitz, reicht<br />
bis ins frühe Mittelalter.<br />
82
Querschnitt durch den Hisarlık<br />
Troja I hatte noch direkt am Meeresstrand gelegen. Die Zitadelle Troja II umfasste eine<br />
Fläche von ca. 9000 m² (vier Brandkatastrophen), von Troja IV an war die Fläche verdoppelt,<br />
Troja VI hatte sich nach Süden und Osten auf etwa 50.000 m² vergrößert (die „Unterstadt“<br />
nicht mitgerechnet). Die vom Autor der Ilias beschriebene Festung könnte mit Troja VI<br />
identisch sein (nach anderer Ansicht mit VIIa), das um die Wende vom 13. zum 12.<br />
Jahrhundert v. Chr. unterging. Dabei ist unsicher, ob eines der häufigen Erdbeben oder eine<br />
Eroberung die Ursache war.<br />
Ob auch der trojanische Krieg einen historischen Kern hat, ist weiterhin höchst umstritten.<br />
Die Lage der Stadt Troja wird in der Dichtung Ilias von Homer klar beschrieben: Es werden<br />
die Dardanellen (im Werk: Hellespont) genannt, der höchste Berg ist der Ida (Kaz Dağı). Es<br />
werden zudem zwei Flüsse beschrieben: der erste namens Skamander (heute Karamanderes),<br />
welcher dem Ida-Gebirge entspringt, und als zweiter Simois. Beide vereinen sich bei Troja<br />
und fließen in den Hellespont. Es wird auch von den Inseln Tenedos (heute Bozcaada) und<br />
Imroz (Gökçeada) berichtet. Die heute archäologisch erschlossenen Flächen umfassen nur die<br />
Festung von Troja, mit Sicherheit befand sich ein großer Teil der Stadt außerhalb der<br />
befestigten Anlagen.<br />
Schliemann hielt das imposante frühbronzezeitliche Troja II für das homerische. Er glaubte<br />
damals irrtümlich, dass es zeitgleich mit Mykene und Tiryns war. Dörpfeld hielt die 6.<br />
Siedlungsschicht (Troja VI) für das Homerische Troja. Schicht VIh ist um 1300 v. Chr.<br />
wahrscheinlich durch ein starkes Erdbeben zerstört worden. Daher hielt Carl Blegen die<br />
darauf folgende Schicht Troja VIIa für das homerische Troja. Diese These fand und findet den<br />
meisten Zuspruch. Nach neueren Keramikuntersuchungen wird das wahrscheinlich<br />
gewaltsame Ende von Troja VIIa auf etwa 1200 v. Chr. datiert. Das passt gut zu den meisten<br />
Datierungen des Trojanischen Krieges durch antike Autoren. Als „Kandidat“ für das Ilion<br />
Homers kommt aber auch noch Troja VIIb1 in Betracht. Neben Festhalten der Traditionen<br />
von Troja VI und VIIa treten hier neue Elemente zutage, zum Beispiel sogenannte Handmade<br />
Ware (grobe, einfach verzierte graue handgemachte Keramik), die auf teilweise geänderte<br />
Bevölkerung schließen lassen. Das passt besser zu den Angaben Homers. Auch die<br />
machtpolitischen Verhältnisse in Kleinasien, wie sie Homer schildert, passen gut in diese Zeit.<br />
Die mykenische Kultur hat im 12. und 11. Jh. weiterbestanden. Auch Handel und Seefahrt<br />
wurden weiterbetrieben. Ein Krieg von Achäern gegen Troja im 12. Jahrhundert wäre also<br />
denkbar. Dagegen hätte ein Zug gegen Troja bereits im 14. oder 13. Jahrhundert wohl die<br />
Hethiter auf den Plan gerufen und sicherlich einen Niederschlag in hethitischen Schriftquellen<br />
gefunden.<br />
83
Hethiter-These von Joachim Latacz<br />
Umzeichnung der Rückseite des 1995 gefundenen bikonvexen Bronzesiegels aus der<br />
2. Hälfte des 12. Jahrhunderts v. Chr.<br />
Dennoch bleibt in diesem Punkt vieles ungeklärt. Die Frage, inwieweit Homer tatsächlich als<br />
Quelle für historische Vorgänge der Späten Bronzezeit dienen kann, und ob es überhaupt<br />
einen trojanischen Krieg gegeben hat, kann hier nicht angemessen behandelt werden.<br />
Jedenfalls haben die Theorien der Gräzistik über den Hexameter und die Entstehung des<br />
Epos, wie sie derzeit von Joachim Latacz vorgetragen werden, in den neuen<br />
Grabungsergebnissen eine Stütze gefunden. In materieller Hinsicht bzw. anhand des<br />
Grabungsbefundes ist ein luwisch beschriftetes bikonvexes Siegel das wichtigste Indiz für<br />
eine Verbindung dieser Siedlung zu den Hethitern.<br />
Latacz zufolge ist Troja mit großer Wahrscheinlichkeit identisch mit der in hethitischen<br />
Quellen genannten Stadt Wilusa (= (W)Ilios), was durch Grabungen des Tübinger<br />
Archäologen Manfred Korfmann bestärkt wurde. So wurde im Ausgrabungsbereich von Troja<br />
eine unterirdische Quellen-Anlage gefunden, deren Gestalt in allen Einzelheiten mit der<br />
Beschreibung einer Quelle in der Stadt Wilusa im sogenannten Alaksandu-Vertrag<br />
übereinstimmt.<br />
Innerhalb der Klassischen Philologie ist Latacz der derzeit bekannteste Fürsprecher, welcher<br />
die Historizität der homerischen Epen und zugleich die Verbindung mit dem Korfmannschen<br />
Troja in Erwägung zieht. Weder in der hethitischen noch in der griechisch-römischen<br />
schriftlichen Überlieferung finden sich eindeutige Belege für die Identität Hisarlıks mit dem<br />
homerischen Troja, dasselbe gilt für die Verbindung mit Wilusa.<br />
Manfred Korfmann und die Entdeckung der Unterstadt 1992 und die<br />
Aktivitäten seines Nachfolgers Ernst Pernicka<br />
Bis zur Wiederaufnahme der Ausgrabungen im Jahr 1988 durch ein international besetztes<br />
Team unter dem Tübinger Prähistoriker Manfred Korfmann beschränkten sich die<br />
Untersuchungen hauptsächlich auf die Burg (Akropolis) von Troja (Oberstadt). Mit Hilfe des<br />
Geophysikers Helmut Becker wurde 1992 durch Geomagnetik-Messungen eine ausgedehnte<br />
Unterstadt unterhalb der Akropolis entdeckt. Seither wurde bei den aktuellen Grabungen von<br />
Manfred Korfmanns Team (seit Korfmanns Tod 2005 jetzt: Ernst Pernicka) auch verstärkt die<br />
Unterstadt erforscht. Die reale Ausdehnung Trojas rückte dadurch in das Zentrum der<br />
laufenden Diskussion. Korfmanns Thesen über die Bedeutung Trojas stießen in der Forschung<br />
seit Sommer 2001 auf Widerstand und führten zu einer breiten, oftmals ins Persönliche<br />
gehenden Diskussion innerhalb der deutschen Altertumswissenschaften.<br />
84
Im Kern kreist diese Troja-Debatte, der „neue Streit um Troja“ um die tatsächliche Größe und<br />
Bedeutung des spätbronzezeitlichen Troja. Während Korfmann in Troja ein überregionales<br />
Handelszentrum sah, beschränken es einige Archäologen und Althistoriker heute auf eine nur<br />
mittelmäßig bedeutende Siedlung. Der Protagonist dieser Gruppe ist Korfmanns damaliger<br />
Tübinger Kollege, der Althistoriker Frank Kolb, der selbst über einige Grabungserfahrung in<br />
der Türkei verfügt. Der Hauptvorwurf an Korfmann und seine akademischen Mitstreiter<br />
besteht in einer Vernachlässigung der wissenschaftlichen Sorgfalt und Vorsicht. Seit dem<br />
Beginn des Troja-Streites musste Korfmann einige der seine Theorie stützenden<br />
Grabungsinterpretationen zurückziehen und kam den Argumenten der Gegenseite ein Stück<br />
weit entgegen. An der Gesamtinterpretation der Grabungen hält das Team um Korfmann und<br />
seinen Nachfolgern allerdings fest. Eine eindeutige Entscheidung konnte die<br />
Auseinandersetzung auch auf einem wissenschaftlichen Symposium in Tübingen im Frühjahr<br />
2002 nicht erbringen.<br />
Die Korfmann-Position prägt heute das Troja-Bild der interessierten Öffentlichkeit. Der<br />
öffentliche Streit hat sich seit 2004 etwas beruhigt, nachdem die Debatte mehr und mehr auf<br />
die fachliche Ebene verlagert wurde.<br />
Nach dem Tod Manfred Korfmanns im August 2005 wurde der Tübinger Archäometallurge<br />
Ernst Pernicka mit der wissenschaftlichen Leitung des Troja-Projekts betraut. Für die<br />
Fortführung der Arbeit in Troja im Sommer 2006 wurde ihm von der türkischen<br />
Antikendirektion die Lizenz erteilt. Die 18-jährige Grabungsserie soll nun zu einem<br />
wissenschaftlichen Abschluss geführt werden. In beschränktem Umfang sollen auch danach<br />
Fragen zur bronzezeitlichen Stadtbefestigung weiter untersucht werden. Außerdem erfordern<br />
die Pflege, Konservierung und Präsentation des 1996 zum Nationalpark und 1998 zum<br />
UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Troja andauernden Aufwand. Schließlich soll noch ein<br />
Museum vor den Toren Trojas erbaut werden. Seit Beginn von Korfmanns Grabungen werden<br />
die Funde im Archäologischen Museum Çanakkale gesammelt. Die Deutsche<br />
Forschungsgemeinschaft stellte ihre finanzielle Unterstützung 2009 ein. Seitdem wurden die<br />
deutschen Ausgrabungen durch Stiftungsgelder ermöglicht.<br />
2013 soll die deutsche Grabungsleitung an die US-Amerikaner unter Leitung von William<br />
Aylward übergehen.<br />
Noch als Xanten 1444 an das Herzogtum Kleve fiel, wurden schon im selben Jahr Münzen<br />
mit der Aufschrift „Joannes Troianorum Rex“ (Johannes, König der Trojaner) geprägt.<br />
Troja-Hypothesen<br />
Hypothese von Raoul Schrott<br />
Der Komparatist und Schriftsteller Raoul Schrott nimmt insbesondere anhand assyrischer<br />
Texte an, dass Homer ein griechischer Schreiber in assyrischen Diensten in der Provinz<br />
Kilikien gewesen sei, wo Schrott Troja dem Hügel Karatepe-Arslantaş zuschreibt.<br />
85
Stadtmauer von Karatepe<br />
Dessen riesige Burgruine verfüge mit ihrem starken Wall und vielen Wehrtürmen auf einem<br />
225 m hohen Hügel nicht nur über die „Krone mit Türmen“ aus Homers Ilias, sondern auch -<br />
im Gegensatz zu Schliemanns Troja - über die zwei aus der Erzählung bekannten gewaltigen<br />
Tore im Süden und Norden sowie die in der Ilias erwähnten schneebedeckten Berge im<br />
Hinterland und einen langen Strom mit wilder Furt und warmen Quellen weiter östlich.<br />
Schrott geht davon aus, dass Homer einen älteren griechischen Stoff vom trojanischen Krieg<br />
für seine Zuhörer nach Kilikien übertragen habe, dies aber nicht der Schauplatz des<br />
tatsächlichen Krieges war.<br />
Hypothese von Eberhard Zangger<br />
Eine der (von der Fachwissenschaft allgemein abgelehnten) Lokalisierungshypothesen zu<br />
Atlantis wurde von dem Geoarchäologen Eberhard Zangger in seinem 1992 erschienenen<br />
Buch „Atlantis • Eine Legende wird entziffert“ entwickelt. Sie besagt, Platons Atlantis weise<br />
archäologisch nachweisbare Merkmale des historischen Troja auf und sei das durch die<br />
Griechen vernichtete Troja gewesen.<br />
86
Achilleus<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Thetis gibt ihrem Sohn Achill seine neuen, von Hephaistos geschmiedeten Waffen. Ausschnitt<br />
einer Schwarzfigurenmalerei auf einer attischen Hydria 575–550 vor Chr, Louvre<br />
Achilleus (dt. Achill oder latinisiert Achilles; mykenisch a-ki-re-u, altgriechisch-gelehrt<br />
Ἀχιλλεύς [Akhilleús] /akʰilleǔ̯ s/, heutiges Griechisch-volkssprachlich Αχιλλέας) ist in der<br />
griechischen Mythologie ein beinahe unverwundbarer Heros der Griechen (Achäer) vor Troja<br />
und der Hauptheld der Ilias des Homer. Er ist der Sohn des Peleus, des Königs von Phthia in<br />
Thessalien, und der Meernymphe Thetis.<br />
Oftmals wird er auch mit den Attributen „Pelide“ oder „Peleiade“ (Sohn des Peleus)<br />
bezeichnet oder „Aiakide“ (Abkömmling des Aiakos), die an seine Vorfahren erinnern.<br />
Achills Mutter tauchte ihn in den Unterweltfluss Styx, der unverwundbar macht. Seine Ferse<br />
aber, an welcher ihn Thetis dabei festhielt, wurde nicht eingetaucht und blieb daher<br />
verwundbar. Er wurde vom Kentauren Cheiron aufgezogen, der ihn in der Kriegskunst, in<br />
Musik und Medizin unterwies. Schon als Jüngling zog er ein kurzes, aber ruhmreiches Leben<br />
einem langen, aber glanzlosen Leben vor. Seine Mutter versteckte ihn am Königshof des<br />
Lykomedes, um ihn vor der Teilnahme am Trojanischen Krieg zu bewahren. Doch Odysseus<br />
entdeckte Achilleus, wonach dieser mit seinem Vetter Patroklos am Kriegszug der Griechen<br />
teilnahm. Im zehnten Kriegsjahr eskalierte ein Streit mit Agamemnon, sodass er der Schlacht<br />
fernblieb: Diese Begebenheit wird als „Zorn des Achill“ in der Ilias besungen. Der Tod des<br />
Patroklos trieb ihn dazu, wieder zu den Waffen zu greifen, um ihn an Hektor, dem größten<br />
Helden der Troer, zu rächen. Kurz nachdem Achilleus Hektor getötet hatte, fand er den Tod,<br />
als er an seinem verwundbaren Knöchel von einem Pfeil des Paris, den der Gott Apoll dorthin<br />
lenkte, getroffen wurde.<br />
Die Achill-Überlieferung besteht nicht aus einem einzelnen Text, sondern aus vielen<br />
verschiedenen Texten, die aus ganz unterschiedlichen Zeiten stammen. Diese verschiedenen<br />
Texte erzählen zum Teil unterschiedliche Begebenheiten, machen teils widersprüchliche<br />
Angaben und bewerten Achills Verhalten auch verschieden.<br />
Achill wurde in der griechischen Welt als gottgleicher Heros verehrt. Als schöner und mutiger<br />
Vertreter eines hochmütigen Ehrenkodex’ verkörpert er „die ideale Moral eines vollendeten<br />
homerischen Edlen.“<br />
87
Elemente des Achilleus-Stoffes<br />
Zeugung<br />
In der Hauptüberlieferung sind die Nereide Thetis und Peleus, König von Phthia, die Eltern<br />
des Achilleus. Über seinen Vater Peleus und damit seinen Großvater Aiakos ist er ein Urenkel<br />
des Zeus.<br />
Es gibt aber auch Quellen, welche Polymela, die Tochter des Aktor, zu seiner Mutter machen.<br />
In anderen Darstellungen ist Polymela die Schwester des Achilleus. Die Quellen, die Thetis<br />
als Mutter Achills benennen, unterscheiden sich zum Teil in der Vorgeschichte seiner<br />
Zeugung: Im Volksmärchen, das älter als der Epische Zyklus ist, unterliegt Thetis dem Peleus<br />
im Ringkampf. Es kommt nur zur einmaligen Verbindung zwischen ihnen, wonach sich<br />
Thetis ins Meer zurückzieht. In den Kyprien, ein Epos im Epischen Zyklus, wie auch in der<br />
späteren Ilias des Homer wird Thetis von Hera, der Gattin des Zeus aufgezogen. Ihr zu<br />
Gefallen weist, sie die Bewerbungen des Zeus zurück. In einer anderen Variante freien<br />
sowohl Zeus als auch Poseidon um Thetis. Die Orakelgöttin Themis weissagt ihnen aber, dass<br />
ihr Sohn mit ihr noch stärker sein wird als sie selbst. Deswegen vermählt Zeus sie mit Peleus.<br />
Aus dieser Verbindung geht Achilleus hervor.<br />
Unverwundbarkeit und Achillesferse<br />
Bad des neu geborenen Achilles, Haus des Theseus, Paphos (Zypern), 5.Jhdt.n.Chr.<br />
Einer der bedeutendsten Aspekte der Erzählungen um Achill, die sprichwörtlich gewordene<br />
Achillesferse, hängt mit dem Wunsch seiner Mutter Thetis zusammen, den Knaben von der<br />
Sterblichkeit seines Vaters zu reinigen und ihm Unverwundbarkeit zu verleihen. Ihre<br />
Versuche, dies herbeizuführen, sind in unterschiedlichen Fassungen überliefert:<br />
Einer Version zufolge setzte Thetis alle ihre Kinder in einen Kessel mit kochendem Wasser<br />
oder direkt in das Feuer, um sie unsterblich zu machen. [7] In einem anderen<br />
Überlieferungsstrang salbte sie ihre Kinder tagsüber mit dem göttlichen Nektar Ambrosia und<br />
setzte sie nachts ins Feuer, damit es den sterblichen Teil der Kinder verzehre. Peleus<br />
unterbrach sie, ehe sie Achill dasselbe Schicksal bereiten konnte, und rettet ihm damit das<br />
Leben. Ähnliche Legenden sind mit Demophon von Eleusis und mit Isis in der ägyptischen<br />
Mythologie verbunden. Das Feuer hat aber bereits den Knöchel Achills zerstört. Sein Vater<br />
heilt ihn, indem er die entsprechenden Knochen dem Skelett des Damysos, dem<br />
schnellfüßigsten Giganten, entnimmt.<br />
88
Das Motiv der Ferse als einzige verwundbare Stelle an Achills Körper begegnet zuerst im<br />
ersten Jahrhundert n. Chr. bei Statius. Ihm zufolge tauchte Thetis Achill in die Wasser des<br />
Styx, den Fluss der Unterwelt, wobei sie ihn an der Ferse festhielt. Auf diese Weise wurde er<br />
unverwundbar, außer an der Ferse, an der seine Mutter ihn hielt. Daher stammt der noch heute<br />
übliche Ausdruck „Achillesferse“, der eine „verwundbare Stelle“, einen „sensiblen Punkt“<br />
bezeichnet. Wenig später erwähnt Hyginus ausdrücklich den Knöchel, den Apollon mit<br />
seinem Pfeil durchbohrt, als einzige verwundbare Stelle. [13] Allerdings stellen bereits vier<br />
Vasen aus der Archaik und vom Beginn der Klassischen Epoche dar, wie Paris einen Pfeil in<br />
Richtung des Unterleibs des Achill abschießt oder zeigen sogar den toten Achill mit einem<br />
Pfeil in seinem Fuß. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Überlieferung der „Achillesferse“<br />
bereits in der griechischen Antike bekannt war. Schließlich sprechen alle Autoren – mit<br />
Ausnahme des Mythographus Vaticanus, der von der planta, der Fußsohle, spricht – vom<br />
Knöchel (lateinisch talus, altgriechisch σφυρόν (sphyrón), aber das Wort talus ändert seine<br />
Bedeutung über das französische talon (Ferse).<br />
Trotz der Variantenvielfalt erwähnt die Ilias bei der Geburt des Achilleus keine davon, und es<br />
existiert im Homer-Epos keinen Hinweis darauf, dass Achill körperlich unempfindlich wäre.<br />
In der Posthomerika des Quintus von Smyrna wird er vom äthiopischen Prinzen Memnon<br />
verwundet. Im Übrigen ist Achill nicht der einzige berühmte (fast) unverwundbare<br />
griechische Held: Die spätere Überlieferung spricht diesen Vorzug auch Ajax dem Großen zu.<br />
Erziehung bei Cheiron<br />
Peleus vertraut Achilles dem Cheiron an, Lekythos mit weißem Grund, etwa 500 v. Chr.,<br />
Archäologisches Nationalmuseum Athen<br />
Die Hauptüberlieferung will, dass Achill, anderen Heroen wie Jason und Aktaion ähnlich, von<br />
seinem Vater dem Kentauren Cheiron anvertraut wird, der auf dem Berg Pelion in Thessalien<br />
lebt. Bei ihm lernt er, die Waffen zu führen, die Kunst, ein Pferd zu besteigen und zu jagen,<br />
und die Musik. Die Literatur berichtet von seinen außergewöhnlichen Leistungen bei der<br />
Jagd, aber von keiner eigenständigen Heldentat des Jünglings.<br />
89
Die Ilias behandelt Cheiron weniger ausführlich. Bei Homer wird Achilleus von seiner Mutter<br />
erzogen, erst bei Kriegsausbruch sendet Peleus ihn zu Phoinix, wo er die Redekunst und den<br />
Umgang mit den Waffen erlernt. Das Vorhandensein der Cheiron-Episode hängt in den<br />
Erzählungen davon ab, wie die Beziehung zwischen Thetis und Peleus verlaufen ist: Die<br />
Kyprien und die Ilias berichten nicht vom Ringkampf zwischen Peleus und Thetis, und Thetis<br />
zieht sich nicht zu den Nereiden zurück. Demnach wird Achill bei seinen Eltern aufgezogen.<br />
Versteck in Skyros<br />
Achilles bei Lykomedes, Flachrelief eines attischen Sarkophags, etwa 240 n. Chr., Louvre<br />
Bevor Achilleus in den Krieg zieht, hält er sich in Skyros auf. Die Skyros-Episode ist in zwei<br />
Versionen überliefert: In der Ilias, den Kyprien und in der Kleinen Ilias erobert Achilleus<br />
Skyros noch vor der Fahrt nach Mysien (siehe unten). Dort zeugt er mit Deidameia, der<br />
Tochter des Königs Lykomedes von Skyros, einen Sohn, dem er den Namen Neoptolemos<br />
oder – unter Mitwirkung des Lykomedes – Pyrrhos gibt.<br />
In einer populäreren, aber viel späteren, wohl frühestens aus dem fünften Jahrhundert vor<br />
Christus stammenden Variante wird Achilleus von seiner Mutter als neunjähriger Knabe in<br />
Skyros versteckt: Thetis weiß, dass Achill am Trojanischen Krieg wird teilnehmen müssen.<br />
Thetis oder Peleus, die um sein Leben fürchten, verkleiden ihn als Mädchen und verstecken<br />
ihn unter den Töchtern des Lykomedes, um ihn dem Drängen der Krieger zu entziehen. Bei<br />
Lykomedes trägt Achill den Namen Pyrrha, „die Rothaarige“. Als Mädchen verkleidet<br />
verliebt sich Achill in den Frauengemächern in Deidameia und zeugt mit ihr heimlich einen<br />
Sohn, der nach Achills Tod ebenfalls in den Trojanischen Krieg zieht.<br />
Ein Orakel des Kalchas hat die Achäer belehrt, dass sie Achill brauchen, um Troja einzunehmen.<br />
Nachdem sie in Phthia von Peleus abgewiesen wurden, erfahren sie von Kalchas,<br />
dass Achilleus in Skyros versteckt ist. Diomedes, Odysseus und der Trompeter Agyrtes<br />
kommen schließlich in Skyros an, und identifizieren Achill, der mit ihnen zum Heer der<br />
Griechen zurückkehrt. Diese Handlung ist Gegenstand einer Tragödie des Euripides, Die<br />
Leute von Skyros. Ovid erzählt, wie Odysseus sich als Kaufmann verkleidet und den Töchtern<br />
des Lykomedes kostbare Gewänder und Waffen anbietet; Achilles verrät sich, als er als<br />
einziger Schild und Schwert ergreift.<br />
90
In der Bibliotheke des Apollodor ist es der Klang einer Trompete, die das Heldentum des<br />
Jünglings erweckt, womit er sich verrät. Statius kombiniert diese beiden Varianten. Bei<br />
Hyginus erscheint Achill etwas weniger naiv: Als er die Trompete hört, glaubt Achill, die<br />
Stadt würde angegriffen, und ergreift die Waffen zur Verteidigung. Nachdem Achill entlarvt<br />
ist, wird auch seine Beziehung zu Deidameia ruchbar und die beiden werden miteinander<br />
vermählt. Die Ilias kennt diese Episode nicht. Dort wird Achill zusammen mit Patroklos und<br />
den Myrmidonen direkt von Peleus entsandt, sobald sich die griechischen Anführer in Aulis<br />
sammeln.<br />
Telephos<br />
Die Kyprien berichten, wie die Flotte anschließend nach einem Sturm fälschlicherweise in<br />
Teuthranien in Mysien landet. Im Irrglauben, Troja erreicht zu haben, gehen die Achäer zum<br />
Angriff über und stoßen mit dem dortigen König, Telephos, dem Sohn des Herakles,<br />
zusammen. Achill trifft auf diesen und verwundet ihn. Die Expedition der Griechen fährt<br />
wieder zurück, aber ein Sturm trägt sie bis zur Insel Skyros, wo Achill die Deidameia heiratet,<br />
die Tochter des Königs Lykomedes. [35] Die Kypria erzählen, wie sich der noch immer<br />
verwundete Telephos nach Argos begibt, um von Achill im Austausch gegen Informationen<br />
über die Route nach Troja geheilt zu werden. Die Ilias erwähnt diese Ereignisse weder, noch<br />
widerspricht sie ihnen.<br />
Im fünften Jahrhundert v. Chr. ist die Geschichte von Telephos und Achill durch die Pindar-<br />
Rezeption bekannt, der in seinen Isthmischen Siegesgesängen darauf anspielt, und auch durch<br />
Aischylos, Sophokles und Euripides: Aischylos und Sophokles weihten ihm jeder eine (heute<br />
verlorene) Tragödie, die wahrscheinlich den Bericht von der Ankunft in Mysien bis zur<br />
Genesung in Argos umfasste. Das ebenfalls verschollene Telephos-Drama des Euripides ist<br />
durch die zahlreichen Andeutungen des Aristophanes bekannt: es konzentriert sich auf<br />
Telephos’ Ankunft und seine Genesung in Argos. Spätere Quellen präzisieren, dass Telephos<br />
flieht, als er Achill begegnet. Von Dionysos durch eine Weinranke zum Stolpern gebracht und<br />
halb auf den Boden gestürzt, wird er von Achills Lanze verwundet. Nur der Rost, oder die<br />
Eisenspäne ebendieser Lanze sind es – gemäß einem häufigen magischen Schema –, die ihn<br />
heilen kann.<br />
Die Fahrt nach Troja<br />
Ereignisse des Trojanischen Kriegs, die denen der Ilias vorangehen, sind zum Teil<br />
widersprüchlich überliefert. Insbesondere ist nicht klar, warum Achill am Trojanischen Krieg<br />
teilnehmen musste. Das griechische Heer rekrutierte sich aus den Freiern der von Paris<br />
geraubten Helena, die einander vor Helenas Wahl geschworen hatten, ihren Ehemann zu<br />
unterstützen, sollte Helena entführt werden. Achill kann aber nicht zu diesen Freiern gezählt<br />
haben: Auf der Hochzeit seiner Eltern Thetis und Peleus entstand der durch die nicht<br />
eingeladene Göttin der Zwietracht Eris ausgelöste Streit der drei Göttinnen Hera, Pallas<br />
Athene und Aphrodite, welche von ihnen die Schönste sei. Zur Entscheidung riefen sie Paris<br />
auf, der sich für Aphrodite entschied und anschließend Helena aus Sparta raubte, wo diese<br />
schon ungefähr zehn Jahre verheiratet war. Wenn Achilleus nach der Hochzeit seiner Eltern<br />
geboren worden wäre, wäre er bei dem Treffen der vielen Fürsten, die in Sparta um Helenas<br />
Hand warben, noch nicht geboren gewesen. Es bestand für ihn also auch keinerlei<br />
Verpflichtung aus dem von Odysseus formulierten und von allen Freiern ratifizierten<br />
Schutzbündnis, nach Troja zu ziehen.<br />
91
Als die griechische Armee aufbrechen will, hält die Göttin Artemis in ihrem Zorn auf<br />
Agamemnon, den Heerführer der Griechen, die Flotte in Aulis auf. Ein Orakel offenbart, dass<br />
Iphigenie, die Tochter Agamemnons, geopfert werden muss. Um sie nach Aulis zu locken,<br />
versprechen ihr die Heerführer die Heirat mit Achill. Nachdem Iphigenie geopfert ist, legt die<br />
Flotte ab und nimmt Kurs auf die Insel Tenedos, wo ein Festgelage abgehalten wird. Achill<br />
gerät in Wut, weil er erst später eingeladen wird. In der Überlieferung findet sich noch eine<br />
Gelegenheit, da Achill anlässlich eines Abendessens wütend wird: In der Odyssee bietet der<br />
Aöde Demodokos am Hof des Alkinoos an, vom Streit zwischen Achill und Odysseus zu<br />
singen: von diesem Streit war vom Orakel von Delphi vorhergesagt worden, dass er das<br />
Vorzeichen für den Fall Trojas sein werde. Eine Andeutung Plutarchs zu einem<br />
verlorengegangenen Stück von Sophokles berichtet ebenfalls, dass Odysseus sich während<br />
eines Banketts über den Zorn des Achill lustig gemacht habe: Odysseus wirft ihm vor, im<br />
Angesicht Trojas und Hektors Angst bekommen zu haben, und einen Vorwand gesucht zu<br />
haben, sich vor der Schlacht zu drücken. Es ist nicht leicht herauszufinden, ob es sich hier um<br />
ein und dieselbe Begebenheit handelt oder um zwei verschiedene Wutausbrüche Achills.<br />
Ein zweiter Vorfall ereignet sich in Tenedos: Die Insel wird von Tenes regiert, einem Sohn<br />
des Apollon. Dieser weist die Achäer ab. Achill tötet ihn, obwohl seine Mutter – aus Sorge,<br />
Achill würde selbst von der Hand des Apollon den Tod finden – ihn gewarnt hatte, Tenes zu<br />
töten. Plutarch seinerseits erzählt, dass Thetis einen Diener zu Achill entsandte, um ihn an<br />
ihre Warnung zu gemahnen; Achill hielt sich daran, bis er der Tochter des Tenes begegnet,<br />
die ihn mit ihrer Schönheit beeindruckte. Tenes tritt zwischen die beiden, um seine Tochter zu<br />
beschützen, woraufhin Achill die Warnung vergisst und ihn tötet.<br />
Erste Kriegsjahre<br />
Achill verbindet Patroklos, von Sosias rotfigurig bemalte etruskische Kylix ca. 500 v. Chr.,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Bevor die griechische Flotte vor Troja anlegt, wird Achill von seiner Mutter davor gewarnt,<br />
als erster das Land zu betreten, weil er sonst auch als erster der Griechen sterben würde.<br />
Achill befolgt ihren Rat und so trifft Protesilaos dieses Schicksal. Achill trifft auf Kyknos,<br />
einen Sohn des Meeresgottes Poseidon und König von Kolonos. Dieser will verhindern, dass<br />
die Griechen landen können. Kyknos ist unverwundbar: Keine Waffe kann ihn verletzen.<br />
Achill schafft es schließlich doch, ihn zu töten, indem er ihn mit dem Kinnriemen seines<br />
Helms erwürgt beziehungsweise indem er ihn, einer anderen Version zufolge, mit einem<br />
Steinwurf tötet.<br />
Die Griechen schlagen ihr Lager am Strand vor Troja auf. Eine Gesandtschaft der Achäer, die<br />
Helena zurückfordert, wird abgewiesen. Achill verspürt Verlangen danach, sie zu sehen. Die<br />
92
Kypria berichten nur davon, dass ein Treffen von Aphrodite und Thetis arrangiert wird, ohne<br />
näher ins Detail zu gehen. Allerdings erzählt eine hellenistische Variante von einer<br />
Wahrsagung Kassandras, nach der Helena fünf Ehemänner haben würde — Theseus,<br />
Menelaos, Paris, Deiphobos und Achill. Es handelt sich dabei offensichtlich nicht um eine<br />
Anspielung auf die Herrschaft Achills nach seinem Tod im Elysium, denn die gleiche Quelle<br />
macht Medea zu seiner Gattin post mortem. Vielmehr lässt sich aus dem Wahrspruch der<br />
Kassandra der Schluss ziehen, dass die Begegnung Achills und Helenas mit der Vereinigung<br />
der beiden geendet hat.<br />
Einmal, als sich die Trojaner hinter ihre Stadtmauern zurückziehen, benutzt Achill die<br />
Gelegenheit, ihnen die Versorgung abzuschneiden. Vom Bug seiner Schiffe aus greift er elf<br />
kleinasiatische Bürger an, die Troja tributpflichtig sind. Dies geschieht in Lyrnessos, der<br />
Stadt, bei deren Eroberung Achill im zehnten Jahr der Belagerung die Briseis als Ehrenanteil<br />
an der Beute erhält, wohingegen Agamemnon die Chryseis zugesprochen wird.<br />
Achilles Zorn<br />
An dieser Stelle setzt der Bericht der Ilias ein. Eine Pest befällt das Lager der Griechen, und<br />
der von Achill ermutigte Kalchas offenbart, die Pest sei eine Strafe Apollons: Der Gott<br />
bestrafe Agamemnon dafür, dass dieser seinem Priester Chryses die Tochter Chryseis nicht<br />
zurückgegeben hat. Zum Nachgeben gezwungen, beansprucht Agamemnon ergrimmt einen<br />
anderen Teil der Beute für sich. Achill protestiert und Agamemnon beschließt, ihm die ihm<br />
zugesprochene Briseis wegzunehmen. Im Zorn beschließt Achill, sich in sein Zelt<br />
zurückzuziehen und schwört bei Zeus, unter Agamemnon nicht mehr in die Schlacht<br />
zurückzukehren. Achill fleht seine Mutter an, bei Zeus für die Trojaner um Gunst zu bitten,<br />
solange er selbst dem Schlachtfeld fern bleibt. Zeus stimmt dem zu. Diese Begebenheit wird<br />
im ersten Vers der Ilias wiedergegeben:<br />
„Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus,<br />
Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte,<br />
Und viel tapfere Seelen der Heldensöhne zum Aïs<br />
Sendete, aber sie selbst zum Raub darstellte den Hunden,<br />
Und dem Gevögel umher. So ward Zeus Wille vollendet“<br />
Ohne Achills Hilfe stecken die Griechen Niederlage um Niederlage ein. Als die Griechen so<br />
sehr bedrängt sind, dass die Trojaner drohen, ihre Schiffe in Brand zu setzen, kommen der<br />
alte Weise Nestor, sowie Phoinix und Odysseus zu Achill und treten als Gesandte für die<br />
Sache der Achäer ein. Achill bleibt stur, aber sein Freund Patroklos, der vom Unheil seiner<br />
Kameraden ergriffen ist, erwirkt die Erlaubnis von Achill, die Griechen zu unterstützen und<br />
dabei die Rüstung Achills zu tragen. Dies zeigt Erfolg, aber Patroklos schlägt die Trojaner<br />
nicht nur zurück, sondern macht sich auch an ihre Verfolgung, obwohl er Achill Gegenteiliges<br />
versprochen hatte. Dabei wird er von Hektor getötet, der Achills Rüstung als Beute nimmt.<br />
Wütend und gedemütigt – von Patroklos getäuscht, der nun tot ist und von Hektor symbolisch<br />
überwunden – entscheidet Achill, sich zu rächen. Dabei missachtet er die Warnungen seiner<br />
Mutter: Würde er Hektor angreifen, so stürbe er wenige Zeit später. Hephaistos schmiedet<br />
ihm neue Waffen, in denen er den Kampf mit Hektor sucht.<br />
93
Achill schleift Hektors Leiche an seinem Streitwagen, in Oria gefundener Kamm, zweite<br />
Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr., Archäologisches Nationalmuseum Tarent<br />
Nachdem er seine göttliche Rüstung erhalten hat, zieht er aufs Neue in die Schlacht und<br />
metzelt in seinem Zorn im Alleingang eine so große Zahl von Trojanern nieder, dass die<br />
Wasser des Skamander von Leichen übersät sind und das Wasser eine blutrote Farbe<br />
angenommen hat. Weil der Flussgott beleidigt ist, will er Achill ertränken, Achill wird aber<br />
durch das Eingreifen des Hephaistos gerettet. Achill trifft schließlich auf Hektor, fordert ihn<br />
heraus und tötet ihn mit Athenes Hilfe. Er schleift den Leichnam mit seinem Streitwagen<br />
dreimal um die Stadt, bevor er ihn in das Lager der Achäer bringt. In sein Zelt zurückgekehrt,<br />
weint der Held um seinen toten Freund Patroklos. Als er dessen Leichnam verbrennt,<br />
schneidet er sein Haar zum Zeichen der Trauer und opfert vier Pferde, neun Hunde und zwölf<br />
trojanische Jünglinge, deren Körper auf den Scheiterhaufen geworfen werden. Am nächsten<br />
Tag schleift er aufs Neue Hektors Körper hinter seinem Streitwagen her, diesmal um das<br />
Grabmal des Patroklos herum.<br />
Dennoch zeigt Achill Menschlichkeit, als er den König Priamos, den Vater Hektors, in sein<br />
Zelt kommen lässt, der ihn um den Körper seines Sohns anfleht, um ihm ein würdevolles<br />
Begräbnis zu bereiten. Er hört dabei auf seine Mutter: Thetis wurde von den Göttern<br />
geschickt, die mit der Misshandlung der Leiche nicht einverstanden sind.<br />
Tötung des Memnon und der Penthesilea<br />
Der Kampf zwischen Achill und Penthesilea, gläserne Trinkschale aus Basilikata, Ende des<br />
fünften Jahrhunderts n. Chr., Archäologisches Nationalmuseum Madrid<br />
94
Thesauros von Sifnos in Delphi um 525 v. Chr. Kolorierte Kopie:<br />
Georg-August-Universität Göttingen<br />
Die Aithiopis, eines der Epen des Trojanischen Zyklus, nimmt den Bericht des Trojanischen<br />
Kriegs an der Stelle auf, an der die Ilias endet. Sie erzählt, wie in Priamos’ Stadt nach dem<br />
Tode Hektors neue Helden ankommen. Das ist zunächst die Amazone Penthesilea, Tochter<br />
des Kriegsgottes Ares. Achill duelliert sich mit ihr, tötet sie und verliebt sich in die Sterbende<br />
oder Tote, was den Spott des Thersites erregt. Achill ist über Thersites’ Spott entrüstet, tötet<br />
ihn und muss sich anschließend auf der Insel Lesbos von dieser Mordtat durch Odysseus<br />
entsühnen lassen.<br />
Wenig später trifft Memnon ein, der Sohn der Morgenröte Eos und des Tithon und Prinz von<br />
Äthiopien. Auch er begegnet Achill im Zweikampf und wird von ihm getötet.<br />
Tod<br />
Die Tage Achills sind von nun an gezählt. Xanthos, ein unsterbliches Pferd Achills, hat es<br />
dem Helden vorhergesagt, wobei es seinen Tod als „mächtige[n] Gott“ bezeichnet hat.<br />
Ebenso hat Thetis ihn mehrmals gewarnt, dass er jung sterben würde: „an der Mauer der Erz-<br />
Umpanzerten Troer / Sei [er] zu sterben bestimmt durch Apollons schnelle Geschosse.“<br />
Schließlich hat auch der sterbende Hektor den Tod seines Gegners durch Paris und Apollon<br />
nahe beim Skäischen Tor geweissagt.<br />
Thetis und die Nereiden beweinen den Tod des Achilles, schwarzfigurige korinthische Hydria<br />
560–550 v. Chr., Louvre<br />
95
Es existieren mehrere Versionen von Achills Tod. Die Aithiopis beschreibt, dass er von der<br />
Hand des Paris und des Apollons stirbt, als er die Trojaner bis in ihre Stadtmauern verfolgt.<br />
Pindar lässt hören, dass der Gott die Gestalt des Priamos-Sohnes annahm und Achill tötete,<br />
um die Eroberung der Stadt Troja hinauszuschieben, wie er es schon in der Ilias mit Patroklos<br />
getan hat, um dessen Sturmangriff aufzuhalten. Die Aeneis ist die erste Quelle, die explizit<br />
davon spricht, dass Paris den tödlichen, von Apollon gelenkten Pfeil abgeschossen habe.<br />
Eine andere Überlieferung bringt Achills Tod mit seiner Liebe zu Polyxena, einer Tochter des<br />
Priamos, in Verbindung: Der Heros wird getötet, als er im Tempel des thymbrischen Apollon<br />
bei Priamos um die Hand seiner Tochter anhält. In einer anderen Version verliebt sich Achill<br />
in Polyxena, als sie ihren Vater zu Achill begleitet, um Hektors Leiche zu fordern. Priamos<br />
verspricht ihm dabei ihre Hand unter der Bedingung, dass er den Krieg beendet – dabei<br />
handelt es sich in Wirklichkeit um einen Hinterhalt: Paris erwartet ihn, hinter einer Säule des<br />
Tempels versteckt, mit dem Bogen in der Hand.<br />
Es existiert eine weitere Variante, die auf Gustav Schwab zurück geht. Es sei hier die<br />
Bearbeitung durch Heinrich Alexander Stoll zitiert: „Als Apollo vom Olymp herab die<br />
unermessliche Menge Erschlagener sah, erneuerte sich sein unerbittlicher Zorn gegen<br />
Achilles. Wie ein reißendes Tier stieg er vom Göttersitz hernieder, den Köcher mit den<br />
tödlichen Pfeilen auf dem Rücken. So trat er dem Achilles entgegen und ließ seine furchtbare<br />
Stimme erschallen: ‚Laß von den Trojanern ab und wüte nicht wie ein Rasender! Hüte Dich,<br />
daß dich nicht einer der Unsterblichen verderbe!‘“<br />
Achilles erkannte die Stimme des Gottes, aber er ließ sich nicht einschüchtern, sondern rief:<br />
„Willst Du mich reizen, mit Göttern zu kämpfen, da du immerfort die Frevler, die Trojaner,<br />
begünstigst? Schon einmal hast du mich in Zorn gebracht, als du mir zum ersten Mal Hektor<br />
entrissest. Nun rate ich dir: Entweiche zu den übrigen Göttern, daß dich mein Speer nicht<br />
treffe, obwohl du unsterblich bist!“<br />
Mit diesen Worten wandte er sich von Apollo ab und den Feinden wieder zu. Zürnend<br />
verhüllte dieser sich in ein schwarzes Gewölk, legte einen Pfeil auf seinen Bogen und schoss<br />
aus dem Nebel dem Helden in die verwundbare Ferse. Ein stechender Schmerz durchfuhr<br />
Achilles bis ins Herz hinan, und wie ein unterhöhlter Turm stürzte er plötzlich zu Boden.<br />
Liegend spähte er um sich und schrie: „Wer hat mir den tückischen Pfeil zugeschickt? Oh,<br />
daß er mir im offenen Kampfe entgegen träte! Wie wollte ich ihm sein Gedärm aus dem Leibe<br />
reißen und all sein Blut vergießen, bis seine verfluchte Seele in den Hades führe! Aus dem<br />
Verborgenen stellen nur Feiglinge dem Tapferen nach! Wisse er dies, auch wenn er ein Gott<br />
wäre. Ich ahne ja, daß es Apollo war.“<br />
So sprach er und zog den Pfeil aus der Wunde. Zornig schleuderte er ihn weg, als er das<br />
dunkle Blut nachquellen sah. Apollo aber hob den Pfeil auf und kehrte zum Olymp zurück,<br />
wo er sich wieder unter die anderen Götter mischte. Die einen von ihnen zürnten ihm, die<br />
anderen dankten ihm im Herzen.<br />
Sein Begräbnis wird im vierzehnten Gesang der Odyssee vom Geist Agamemnons erzählt,<br />
und auch im dritten Buch der Posthomerika des Quintus von Smyrna. Seine Asche wurde mit<br />
der des Patroklos und des Antilochos in einer goldenen Urne vermengt. Achilleus wurde unter<br />
Klagen und Weinen in den Fluten des Hellespont bestattet und konnte den Sieg der Griechen<br />
nicht mehr erleben.<br />
96
Nach seinem Tod<br />
Ajax trägt den Körper des Achilleus, schwarzfiguriger attischer Lekythos ca. 510 v. Chr.,<br />
Staatliche Antikensammlungen zu München<br />
Homer stellt Achill in der Odyssee als enttäuschten König über den Asphodeliengrund im<br />
Hades dar. Dem Odysseus, der ihn zu seiner Herrschaft über die Toten beglückwünscht,<br />
antwortet er:<br />
„Preise mir jetzt nicht tröstend den Tod, ruhmvoller Odysseus.<br />
Lieber möcht’ ich fürwahr dem unbegüterten Meier,<br />
Der nur kümmerlich lebt, als Tagelöhner das Feld baut,<br />
Als die ganze Schar vermoderter Toten beherrschen.“<br />
In der Aithiopis stellt Thetis ihn dar, als lebte er das ideale Leben eines Kriegers auf der Insel<br />
Leuke, in zahllosen Schlachten und ewigen Festen. Er ist mit Medea, Helena, Iphigenie oder<br />
auch mit Polyxena verheiratet. Pindar spricht in den Nemeischen Siegesgesängen [100] von<br />
einer glänzenden Insel, die im Pontos Euxeinos liegt. Euripides übernimmt diese Version in<br />
seiner Andromache.<br />
Interpretation<br />
Trotz seiner Herkunft von Peleus und Thetis ist Achilleus sterblich. Allerdings bezeichnet<br />
Homer den Zorn des Heroen als Ausfluss des Göttlichen. Dieser habe nichts mit der Wut und<br />
dem Groll gewöhnlicher Menschen gemein, sondern ist ein heiliger Zorn, eine göttliche<br />
Passion. Auch die anderen Helden der Ilias sind von der Mania besessen, von kriegerischem<br />
Wahn, der sie blendet – mit Ausnahme von Odysseus.<br />
Als Agamemnon dem Peliden die Briseis entreißt, ist er zutiefst gekränkt. Er fühlt sich, als<br />
hätte er seine Heldenehre verloren, dank derer Zeus ihn zu seinen Lieblingen zählt.<br />
97
Infolgedessen beeindrucken ihn die Sühnegeschenke wenig, die ihm Agamemnon anbietet.<br />
Schlimmer noch, sie vergrößern nur seinen Zorn, und Agamemnon glaubt, Achills heilige<br />
Raserei mit einfachen Geschenken ruhig stellen zu können. Obwohl sie sehr kostbar sind, sind<br />
sie bloß menschlicher Natur und daher wertlos im Angesicht dessen, was Achills Göttlichkeit<br />
ausmacht.<br />
Achill ist eine zwiespältige Persönlichkeit, denn es steht ihm frei, die Riten der Helden und<br />
die Sitten der Menschen zu respektieren. Dies zwingt ihn dazu, keiner Gruppe anzugehören,<br />
was ihm einen abseitigen Platz im Werk Homers verschafft.<br />
Diese Zwiespältigkeit Achills scheint besonders stark zur Identifikation einzuladen. [103][104] Er<br />
ist im Grunde seines Herzens friedliebend und hasst den Krieg, aber wenn er kämpft, dann<br />
unaufhaltsam und brutal; er erscheint manchen Autoren heterosexuell (Deidameia, Briseis,<br />
Polyxena), anderen eher homosexuell (Patroklos); [105] er schwankt zwischen Unterordnung<br />
unter ein gemeinsames Ziel und völliger Eigenwilligkeit; er ist jung, schön und schnell – und<br />
dennoch verletzlich; er ist ein gefürchteter Kämpfer – und flieht in der Not in die Arme seiner<br />
Mutter. Bereits bei Homer sind alle diese Widersprüche in seiner Person vereinigt, und doch<br />
vermittelt er nie den Eindruck eines poetischen Konstrukts. In dieser Fülle der Eigenschaften,<br />
der Widersprüche liegt seine besondere Lebenskraft: Weil sein Stolz gekränkt ist, tritt er in<br />
Kriegsstreik. Aus einem privaten Motiv kehrt er auf den Kriegsschauplatz zurück: er will<br />
seinen Freund rächen. Die eigentlichen Kriegsziele, Troja und Helena, sind ihm anscheinend<br />
völlig gleichgültig. Alle anderen Kriegsteilnehmer stehen im Dienst der Kriegsziele, der<br />
Kämpfer Achilleus aber verwirklicht sich selbst. Für Hegel verkörpert Achilleus das Ideal des<br />
epischen Helden: „Bei Achill kann man sagen: Das ist ein Mensch! – Die Vielseitigkeit der<br />
edlen menschlichen Natur entwickelt ihren ganzen Reichtum an diesem einen Individuum.“<br />
Kultus<br />
Johann Heinrich Füssli, Thetis beweint den Tod des Achill, 1780, Art Institute of Chicago<br />
Achill ist in vielen mediterranen Regionen Gegenstand eines Heroenkults geworden. Es ist<br />
unklar, wie der Kultus seinen Aufschwung genommen hat, denn in der Regel konzentrieren<br />
sich die Heroenkulte auf das Grab des Helden.<br />
98
Im Fall Achills würde man erwarten, seine Überreste unweit von Troja im Hellespont zu<br />
finden: In der Ilias (XXIII) wird Patroklos dort beerdigt, und dessen Geist bittet Achill darum,<br />
dass beider sterblichen Hüllen am gleichen Ort begraben werden sollen.<br />
Die Odyssee beschreibt genauer, dass ein großer Tumulus, ein vom Meer aus sichtbarer<br />
Grabhügel von den Achäern errichtet worden ist. Die Verehrung des Heros im fünften<br />
Jahrhundert vor Christus ist belegt und eine nach ihm benannte Stadt, Achilleion, ist an dieser<br />
Stelle gegründet worden. Die Thessalier führten eine jährliche Pilgerfahrt durch, und einige<br />
Quellen erwähnen, dass auch die persische Armee während der Perserkriege dorthin kam und<br />
Achill ebenso verehrte [111] wie nach ihnen Alexander der Große. und auch Caracalla<br />
Der Achillkult beschränkt sich aber nicht nur auf seine Grabstätte: Er wird ebenso im<br />
kleinasiatischen Eritrea, in Kroton, in Sparta und in Elis verehrt, und selbst auf Astypalea,<br />
einer kykladischen Insel. Der Kult, von dem wir die reichste Fundsituation haben, ist der Kult<br />
aus der Region Olbia am Schwarzen Meer, der vom sechsten Jahrhundert vor Christus bis zur<br />
Zeit des Römischen Reichs belegt ist. Eine Reihe von Grabstelen aus dem zweiten und dritten<br />
Jahrhundert nach Christus beweisen, dass Achill dort unter dem Beinamen „Pontarch“<br />
(altgriechisch für Herrscher der Pontos) verehrt wurde. Er ist auch in römischer Zeit eine der<br />
Hauptgottheiten dieser Region.<br />
Ein Fragment des Alkaios von Lesbos, das die Wortverbindung dieser Grabinschriften wieder<br />
aufnimmt, spricht davon, dass Achill über die Skythen herrscht. Im gleichen Gebiet wird die<br />
Halbinsel Tendra als „Rennbahn des Achilleus“ bezeichnet. Der Name leitet sich möglicherweise<br />
von den athletischen Spielen ab, die dort zu Ehren des Heros veranstaltet wurden, und<br />
für die es Zeugnisse aus dem ersten Jahrhundert gibt. Schließlich ist Leuke (heute die<br />
Schlangeninsel, wörtlich: „Die Weiße“) im Nordwesten des Schwarzen Meers die Kultstätte<br />
des Achill, die in der Antike am bekanntesten war. Sie beherbergt einen Tempel und eine<br />
Statue. Dem Heros wird zugeschrieben, an der Kultstätte zu wohnen: Er erscheint den<br />
Seefahrern, die sich der Insel nähern, als Vision.<br />
Die Achill-Verehrung ist oftmals mit dem Meer verbunden, eine Verbindung, die sich nicht<br />
aus den Elementen seines Mythos erklären lässt, sondern nur aus der Tatsache, dass er der<br />
Sohn einer Nereide, einer Meergottheit, ist. Er wird auch gemeinsam mit Thetis im<br />
kleinasiatischen Eritrea verehrt. Achilleus ist besonders bei Seefahrern beliebt, die ihm die<br />
meisten der Opfergaben geweiht haben, die man im Schwarzen Meer gefunden hat.<br />
Achill als Vorbild<br />
Unabhängig von seiner Verehrung als Gottheit drängt sich Achill den Griechen als<br />
exemplarische Heldenpersönlichkeit auf. Auch Alexander der Große vergleicht sich mit ihm –<br />
er bedauerte angeblich, keinen Homer gefunden zu haben, der seine eigenen Taten besingen<br />
könnte. In Begleitung seines Freundes Hephaestion opferte der Eroberer ihm auf dem<br />
Grabhügel von Achill und Patroklos.<br />
99
Rezeption<br />
Antike<br />
Literatur und Philosophie<br />
In der Antike [123] dominiert die Überlieferung, dass Achill nach seinem Tod fortlebt. Davon<br />
setzt sich die Ilias ab, und kompensiert dies durch sein Weiterleben in der unvergänglichen<br />
Rühmung durch die Dichter. Homer legt den kühnen Achill als Gegenbild zum listigen und<br />
manchmal lügnerischen Odysseus an. Das zentrale Merkmal Achills in der Ilias ist sein Zorn.<br />
Dabei bezeichnet Homer seinen Zorn als Ausfluss des Göttlichen. Er habe nichts mit der Wut<br />
und dem Groll gewöhnlicher Menschen gemein, sondern ist ein heiliger Zorn, eine göttliche<br />
Passion. Auch die anderen Helden der Ilias sind von der Mania besessen, von kriegerischem<br />
Wahn, der sie blendet – mit Ausnahme von Odysseus. Achills Ehrgefühl motiviert dort<br />
sowohl seinen Rückzug aus der Schlacht, als auch seinen Wiedereintritt: Als Agamemnon<br />
ihm die Briseis entreißt, ist er zutiefst gekränkt. Er fühlt sich, als hätte er seine Heldenehre<br />
verloren, dank derer Zeus ihn zu seinen Lieblingen zählt. Infolgedessen beeindrucken ihn die<br />
Sühnegeschenke wenig, die ihm Agamemnon anbietet. Schlimmer noch, es heizt seinen Zorn<br />
nur weiter an, dass Agamemnon glaubt, seine heilige Raserei mit einfachen Geschenken ruhig<br />
stellen zu können. Denn obzwar sie sehr kostbar sind, sind sie doch bloß menschlich und<br />
daher wertlos im Angesicht dessen, was Achills Göttlichkeit ausmacht. Um die Ehre des<br />
Patroklos wiederherzustellen, rächt er ihn an Hektor. Neben diesem dominierenden<br />
Charakterzug steht in der Ilias allerdings auch sein Mitleid mit Priamos bei der Herausgabe<br />
von Hektors Leiche.<br />
Anders als Homer sprechen die griechischen Lyriker von Achills Leben nach dem Tod:<br />
Alkaios bezeichnet ihn als Herrscher über die Skythen, Ibykos und Simonides siedeln ihn mit<br />
Medea als Gattin im Elysium an, bei Stesichoros lebt er nach seinem Tod auf der Insel der<br />
Seligen weiter.<br />
In den Oden des Pindar wird Achill als Beispiel größter Leistung besungen, und dafür, wie<br />
zwar der Tod das menschliche Glück beschränkt, aber durch Unsterblichkeit in der Dichtung<br />
kompensiert werden kann [125]<br />
Achill taucht in verschiedenen Dramen als handelnde Figur auf: das einzige dieser Dramen,<br />
das noch erhalten ist, ist Euripides’ Iphigenie in Aulis. In den verlorenen Euripides-Dramen<br />
Telephos und Die Leute von Skyros tritt Achill auf, und in Hekabe fordert sein Geist die<br />
Opferung der Polyxena. In Aischylos’ Werk taucht Achill in der verlorenen Tragödie Seelenschwäche<br />
auf, in der sein Kampf mit Memnon beschrieben wird, sowie in einer Tragödie, die<br />
den Streit um seine Waffen zum Thema hat, und in einer Achilleis-Trilogie, in der die<br />
Beziehung zu Patroklos als homoerotische Beziehung beschrieben wird.<br />
Sokrates befasst sich damit, Achills moralische Geradlinigkeit in Frage zu stellen. Mithilfe<br />
eines Vergleichs zwischen Odysseus und Achill zeigt Sokrates, dass Achill nicht weniger als<br />
Odysseus ein Betrüger, sondern nur ein Betrüger mit geringerer Begabung gewesen sei: Nur<br />
mangels ausreichender intellektueller Größe sei Achill nicht dazu in der Lage gewesen,<br />
andere hinters Licht zu führen. Platon gibt der Figur des Achills eine ethische Bedeutung,<br />
indem er sein Weiterleben nach dem Tod auf der Insel der Seligen als Belohnung für seinen<br />
Liebestod deutet. Auch Aristoteles [] stellt Achill als ethisches Vorbild dar.<br />
100
Ein Bewegungsparadoxon des Zenon von Elea kontrastiert die sprichwörtliche Schnelligkeit<br />
des Achill damit, dass er eine Schildkröte nicht einholen kann.<br />
In der römischen Antike wird Achill vor allem auf seine Grausamkeit und Mordlust reduziert:<br />
Die fragmentarisch überlieferten Dramen Achilles, Hectoris Lytra des Ennius und<br />
Myrmidones, Achilles und Epinausimachia des Accius stellen vermutlich den Trotz Achills<br />
ins Zentrum, der ihn innerhalb des griechischen Heeres isoliert. In Vergils Aeneis dient Achill<br />
vor allem dazu, den Kontrast für die vorbildliche Tugend des Aeneas abzugeben. Bei<br />
Horaz, [128] in den Metamorphosen des Ovid [129] und bei Seneca [130] erscheint Achill grausam<br />
und blutrünstig. Cicero kritisiert die Leidenschaftlichkeit Achills aus stoischer Perspektive als<br />
krankhaft. Statius bringt in seiner unvollendeten Achilleis Achills kriegerische und sexuelle<br />
Gewalt in eine Analogie. Dies drückt sich auch im Penthesilea-Motiv aus: Achill, der<br />
Penthesilea kriegerisch überwunden hat, wird von ihr überwunden, indem er sich in sie<br />
verliebt. Catull betont die Verbindung von Achills frühem Tod und seinem Ruhm.<br />
Tiepolo, Achills Zorn, 1757, Fresko der Villa Valmarana (Vicenza). Athene hält Achill davon<br />
ab, Agamemnon zu töten<br />
Spätantike und Mittelalter<br />
Literatur<br />
Im Mittelalter tritt die Homer-Rezeption in den Hintergrund. [132] Stattdessen werden im<br />
lateinischen Westen die fiktiven Trojaberichte des Dyctis Cretensis (Ephemeris Belli Troiani)<br />
und des Dares Phrygius (Acta diurna belli Troiani) rezipiert, die sich als Augenzeugen-<br />
Berichte ausgeben. Dyctis Cretensis rückt dabei die schon bei Hyginus erwähnte Liebe<br />
Achills zu Polyxena ins Zentrum seines Schicksals: Achill wird von den Trojanern<br />
unbewaffnet in den Apollon-Tempel gelockt, um vorgeblich mit Polyxena vermählt zu<br />
werden, und dabei hinterrücks ermordet.<br />
101
Dyctis Cretensis schildert Achill als unachtsam. Um 500 n. Chr. deutet Fulgentius die<br />
verwundbare Ferse – als Sitz der Venen, welche die Verbindung zum Sitz der Leidenschaften<br />
herstellen – als Allegorie auf die Verwundbarkeit des vorbildlichen Helden durch seine<br />
Leidenschaft. Der Text des Dyctis Cretensis und die Deutung Fulgentius’ werden die<br />
Grundlage dafür, wie Achilleus in den höfischen Troja-Romanen des 12. und 13 Jahrhunderts<br />
erscheint: Achill wird dort einerseits als Vorbild für höfische Ritterlichkeit, andererseits als<br />
Beispiel Verderbens-Bringender Minne geschildert.<br />
Viele Trojaromane des Mittelalters sind den Trojanern mehr gewogen als den Achäern. Das<br />
führt dazu, dass Achill im Zweikampf mit Hektor als hinterhältig beschrieben wird: Nur mit<br />
Heimtücke überwindet er Hektor, sein Tod wird als die gerechte Strafe dafür angesehen,<br />
zuerst um 1165 im Roman de Troie des Benoît de Saint-Maure und in der Bearbeitung von<br />
Guido delle Colonne Historia destructionis Troiae im späten 13. Jahrhundert. Herbort von<br />
Fritzlar schrieb um 1195 ein Liet von Troye, in dem Achill gleichberechtigt neben Hektor<br />
steht, ebenso wie im Trojanerkrieg von Konrad von Würzburg. In französischer Sprache<br />
entstehen im 14 Jahrhundert zwei Texte, zwischen 1316 und 1328 der anonyme Ovide<br />
moralisé und 1400 die Epistre Othea von Christine de Pizan, die beide die Kritik an Achill<br />
enthalten, indem sie Hektor als vorbildlich beschreiben, wohingegen Achill das Opfer seiner<br />
Liebe wird. Dieser Wertung folgt auch das Troy Book von John Lydgate, das wie zwei andere<br />
mittelenglische Bearbeitungen des Textes von Guido delle Colonne zu Beginn des 15.<br />
Jahrhunderts entsteht.<br />
102
Istanbul<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Istanbul<br />
Basisdaten<br />
Provinz (il): Đstanbul<br />
Koordinaten:<br />
41° 1′ N, 28° 58′<br />
Höhe: 40 m<br />
Fläche: 1.830,92 km²<br />
O41.0128.96027777777840Koordinaten:<br />
41° 0′ 36″ N, 28° 57′ 37″ O (Karte)<br />
Einwohner: 13.120.596 [1] (2010)<br />
Bevölkerungsdichte: 7.166 Einwohner je km²<br />
Telefonvorwahl:<br />
(+90) 212 (europäischer Teil)<br />
(+90) 216 (asiatischer Teil)<br />
Postleitzahl: 34 xxx<br />
Kfz-Kennzeichen: 34<br />
Struktur und Verwaltung (Stand: 2009)<br />
Gliederung: 39 Stadtteile<br />
Bürgermeister: Kadir Topbaş (AKP)<br />
Webpräsenz: www.ibb.gov.tr<br />
103
Istanbul wird durch den Bosporus in einen europäischen und einen asiatischen Teil getrennt;<br />
Aufnahme vom Galataturm aus<br />
Die historische Halbinsel und UNESCO-Weltkulturerbe (Luftbild)<br />
Luftaufnahme des Goldenen Horns – Halic Istanbul [2]<br />
104
Istanbul [ˈˀi.stan.buːl] (türkisch Đstanbul [isˈtɑnbul]) ist die bevölkerungsreichste Stadt der<br />
Türkei und deren Zentrum für Kultur, Handel, Finanzen und Medien. Das Stadtgebiet<br />
erstreckt sich am Nordufer des Marmarameeres auf beiden Seiten des Bosporus, der<br />
Meerenge zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Durch diese Lage sowohl im<br />
europäischen Thrakien als auch im asiatischen Anatolien ist Istanbul die einzige Metropole<br />
der Welt, die sich auf zwei Kontinenten befindet.<br />
Das städtische Siedlungsgebiet beherbergt rund 13,1 Millionen Einwohner und nimmt damit<br />
den vierten Platz unter den bevölkerungsreichsten Städten der Welt ein. Mit zwei zentralen<br />
Kopfbahnhöfen, zahlreichen Fernbusbahnhöfen, zwei großen Flughäfen und einem<br />
ausgeprägten Schiffsverkehr bildet Istanbul den größten Verkehrsknotenpunkt des Landes.<br />
Seine Transitlage zwischen zwei Kontinenten und zwei Meeresgebieten macht es zu einer<br />
wichtigen Station der internationalen Logistik.<br />
Die unter den Namen Kalchedon und Byzantion erbaute Metropole kann seit der Gründung<br />
ihrer ursprünglichen Stadtteile auf eine 2600-jährige Geschichte zurückblicken, in der sie drei<br />
großen Weltreichen als Hauptstadt diente. Die Architektur ist von antiken, mittelalterlichen,<br />
neuzeitlichen und zuletzt modernen Baustilen geprägt, sie vereint Elemente der Griechen,<br />
Römer, Byzantiner, Osmanen und Türken miteinander zu einem Stadtbild. Aufgrund dieser<br />
Einzigartigkeit wurde die historische Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.<br />
Lange Zeit war Istanbul ein bedeutendes Zentrum des orthodoxen Christentums und des<br />
sunnitischen Islams, es ist der Sitz des ökumenischen Patriarchen und hat zahlreiche<br />
Moscheen, Kirchen und Synagogen.<br />
2010 war Istanbul Kulturhauptstadt Europas.<br />
Geographie<br />
Istanbul liegt im Westen der Türkei und umschließt den Bosporus. Das Goldene Horn, eine<br />
nach Westen verlaufende Bosporusbucht, trennt den europäischen Teil in einen südlichen und<br />
nördlichen Bereich. Der südliche Teil ist eine zwischen Marmarameer und Goldenem Horn<br />
liegende Halbinsel mit dem historischen Kern der Stadt. Nördlich davon liegen die an das<br />
historische Galata anschließenden Stadtteile. Sowohl nach Westen als auch nach Norden und<br />
Osten wächst die Metropole weit über die historischen Stadtteile hinaus. Im Südosten liegen<br />
die zu Istanbul gehörenden Prinzeninseln.<br />
Das Stadtgebiet besitzt eine Ausdehnung von etwa 50 Kilometern in Nord-Süd-Richtung und<br />
rund 100 Kilometern in Ost-West-Richtung. Das Verwaltungsgebiet der Metropolregion ist<br />
mit der Provinz Istanbul identisch und hat eine Fläche von 5.343,02 Quadratkilometern.<br />
Davon gehören aber nur 1.830,92 (34,2 Prozent) zur eigentlichen Stadt, der Rest mit 3.512,1<br />
Quadratkilometern (65,8 Prozent) besteht aus Vorstädten und Gebieten mit ländlicher<br />
Siedlungsstruktur.<br />
105
Geologie<br />
Istanbul liegt nördlich der Nordanatolischen Verwerfung, die sich vom nördlichen Anatolien<br />
bis zum Marmarameer erstreckt. Die Anatolische Platte schiebt sich hier westwärts an der<br />
nördlichen Eurasischen Platte vorbei. Entlang der dadurch entstandenen Transformstörung<br />
ereigneten sich allein zwischen 1711 und 1894 66 größere Beben.<br />
Bekannt ist das Beben von 447, bei dem 57 Türme der Landmauer einstürzten, und jenes von<br />
559, bei dem Teile der Kuppel der Hagia Sophia wenige Jahre nach der Fertigstellung in die<br />
Kirche stürzten. Eines der schwersten Beben, verbunden mit einer gigantischen Flutwelle, die<br />
über die Seemauern der Stadt einbrach, ereignete sich 1509. Dabei wurden schätzungsweise<br />
5.000 bis 13.000 Menschen getötet sowie 109 Moscheen und 1.070 Häuser zerstört. [4] Zudem<br />
wurde die osmanische Flotte vernichtet. Das nächste starke Beben folgte 1557. 1690 und 1719<br />
richteten Beben beträchtliche Schäden an den Land- und Seemauern an. Gedenkinschriften,<br />
die an den Stadttoren nach der Wiederherstellung durch Sultan Ahmed III. angebracht<br />
wurden, künden davon. Am 22. Mai 1766 wurde das Bethaus der Fatih-Moschee weitgehend<br />
zerstört. [5] 1894 stürzten bei einem Beben weite Teile des Gedeckten Basars ein, dessen<br />
breiteste Straße erst nach dieser Katastrophe entstanden ist. Diesem Beben fielen auch die<br />
meisten Mosaiken der Hagia Sophia zum Opfer.<br />
Geologen prognostizieren ein weiteres Beben ab Stärke 7,0 bis 2025. Die verheerenden Beben<br />
vom August 1999 bei Kocaeli mit mehr als 17.000 Toten und im Winter 2002 in der Provinz<br />
Afyon sollen Vorboten gewesen sein.<br />
Stadtgliederung<br />
Stadtteile von Istanbul<br />
106
Karaköy Viertel und Galata Turm im Hintergrund<br />
Das Verwaltungsgebiet der Großstadtkommune (Büyükşehir Belediyesi) Istanbul gliedert sich<br />
in 39 Stadtteile. Davon entfallen 25 auf den europäischen Teil und 14 auf den asiatischen.<br />
Das alte, im Süden der europäischen Seite gelegene Stadtzentrum des einstigen<br />
Konstantinopel mit den Stadtteilen Eminönü und Fatih wird durch das Goldene Horn von den<br />
nördlicher gelegenen, jüngeren Stadtteilen getrennt und im Westen von der Theodosianischen<br />
Landmauer begrenzt. Westlich der Mauer liegt der Stadtteil Eyüp und dahinter und entlang<br />
des Marmarameeres liegen neue Wohn- und Gewerbegebiete, die inzwischen sogar bis über<br />
den Flughafen hinaus weit nach Westen reichen.<br />
Alt-Istanbul im Stadtteil Fatih wird vor allem von den Großmoscheen und einer ehemaligen<br />
Kirche geprägt. Um die römische Kontinuität zu betonen, kam im 10. Jahrhundert die<br />
Vorstellung auf, Konstantinopel würde wie Rom auf sieben Hügeln ruhen. Obwohl diese<br />
Vorstellung ein Konstrukt späterer Zeit und topographisch kaum haltbar (Die "Hügel" sind<br />
zwischen 40 und 70 m hoch, zum Vergleich: Das Valens-Aquädukt misst 61 m in der Höhe)<br />
ist, findet sich die Sieben-Hügel-Teilung regelmäßig in moderner Literatur wieder. Auf dem<br />
ersten Stadthügel liegt demzufolge die Hagia Sophia und knapp dahinter die Sultan-Ahmed-<br />
Moschee, auf dem zweiten die Nuruosmaniye-Moschee, auf dem dritten die Süleymaniye-<br />
Moschee, auf dem vierten die Fatih-Moschee Sultan Mehmeds II., auf dem fünften die Sultan-<br />
Selim-Moschee, auf dem sechsten die Mihrimah-Moschee und auf dem siebten, nicht vom<br />
Goldenen Horn einsehbaren Stadthügel, die Haseki-Hürrem-Sultan-Moschee. Zum Stadtbild<br />
von Fatih gehören ebenfalls die in osmanischer Tradition gebauten Holzhäuser.<br />
Nördlich des Goldenen Horns befinden sich die europäisch geprägten Stadtteile Beyoğlu und<br />
Beşiktaş, wo sich der letzte Sultanspalast, der Çırağan-Palast, befindet, gefolgt von einer<br />
Kette ehemaliger Dörfer wie Ortaköy, Bebek und Sarıyer am Ufer des Bosporus. Hier<br />
errichteten wohlhabende Istanbuler bis Anfang des 20. Jahrhunderts luxuriöse Holzvillen,<br />
Yalı genannt, die als Sommerwohnsitze dienten.<br />
Die auf der asiatischen Seite liegenden Stadtteile Kadıköy und Üsküdar waren ursprünglich<br />
selbstständige Städte. Heute sind sie vor allem Wohn- und Geschäftsviertel, in denen etwa ein<br />
Drittel der Istanbuler Bevölkerung wohnt. Hieran anschließend wurden entlang dem Bosporus<br />
und dem Marmarameer sowie ins asiatische Hinterland hinein Dörfer und Stadtteile<br />
großflächig ausgebaut und neu erschlossen. In Beykoz liegen wie am gegenüber liegenden<br />
Bosporusufer viele osmanische Yalıs.<br />
107
Bedingt durch das starke Bevölkerungswachstum machen den größten Teil der Stadtfläche<br />
heute die modernen, im Hinterland entstandenen Stadtteile wie Bağcılar, Bahçelievler,<br />
Küçükçekmece, Sultangazi im europäischen Teil, Maltepe, Pendik und Sultanbeyli im<br />
asiatischen Teil aus. Sie wurden teilweise als Gecekondular errichtet und erst nach Jahren<br />
oder Jahrzehnten an die städtische Infrastruktur angeschlossen. Ein Drittel der neu<br />
zugezogenen Istanbuler lebt in solchen informellen Siedlungen oder Elendsvierteln. Seit den<br />
1980er Jahren sind unter enormer Anteilnahme der Öffentlichkeit einige der Gecekondus von<br />
der Stadt abgerissen worden. Der weitaus größere Teil hat sich dagegen zu infrastrukturell<br />
vollwertigen Stadtvierteln entwickeln können. Istanbul ist die einzige Metropole eines<br />
Schwellenlandes, die keine flächendeckenden Elendsviertel besitzt. Gehobene Büro- und<br />
Wohnviertel entstehen vor allem im Norden auf Höhe der zweiten Bosporusbrücke oberhalb<br />
von Bebek in den Vierteln Levent, Etiler und Maslak.<br />
Klima<br />
Die Stadt hat aufgrund ihrer Lage zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer ein mildes,<br />
feuchtes Seeklima. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 14 °C. Die wärmsten<br />
Monate sind Juli und August mit durchschnittlich über 22 °C, die kältesten Januar und<br />
Februar mit etwas über 5 °C. Die Sommertemperaturen können während der Hitzeperioden,<br />
die oft mehrere Tage andauern und von Juni bis August auftreten, bis über 30 °C im Schatten<br />
erreichen. Der Winter ist kühl bis kalt und wie die anderen Jahreszeiten wechselhaft. Es gibt<br />
frühlingshafte Sonnentage, aber auch Regen und Kälteeinbrüche und häufig Schneefälle. Die<br />
durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 850 Millimeter. Die meisten<br />
Niederschläge fallen in den Monaten November und Dezember mit durchschnittlich 110 und<br />
124 mm, die geringsten Niederschläge werden für die Monate Mai, Juni und Juli mit je 36, 37<br />
und 39 mm im Mittel verzeichnet. Heftige Niederschläge und Überschwemmungen treten in<br />
allen Jahreszeiten auf. Demnach wird in Istanbul am häufigsten der Nordwind Meltem<br />
beobachtet, der besonders im Sommer mit höheren Geschwindigkeiten verbunden ist und<br />
meist maritime, gut durchmischte und saubere Meeresluft bringt. Das zweite Maximum ist der<br />
Südwind Scirocco, der oft kennzeichnend für Hochdruckwetterlagen kontinentaler<br />
Luftmassen ist, was je nach Jahreszeit zu sehr heißen beziehungsweise sehr kalten Tagen<br />
führen kann.<br />
Flora und Fauna<br />
In Istanbul finden sich Pflanzen, die der Flora der Stadt einen vorwiegend mitteleuropäischen<br />
und zugleich mediterranen Charakter verleihen, besonders auf den Prinzeninseln. So finden<br />
sich auf Çamlıca oder Sarıyer im Norden unter anderem Stieleichen, Buchen und Kastanien,<br />
auf den Prinzeninseln im Süden kleine Pinienwäldchen und Kermes-Eichen. Anzutreffen sind<br />
dort und in den südlichen Teilen der Stadt Zedern-Wacholder, Pistazien, Zypressen, Kretische<br />
Zistrose, Schlehdorn und Mäusedornarten. Die großen Wälder, die die Stadt im europäischen<br />
und asiatischen Teil im Norden umgeben, haben einen mitteleuropäischen Charakter. So<br />
kommen im Belgrader Wald (Belgrad Ormanı) verschiedene Eichenarten vor, darunter die<br />
Traubeneiche und die Ungarische Eiche, zudem Hainbuchen, Hänge- und Moor-Birken,<br />
Türkenbundlilien, Wald-Bingelkraut, Großes Hexenkraut und Zweiblättriger Blaustern.<br />
108
Mit ungefähr 2.500 verschiedenen natürlich vorkommenden Pflanzenarten stellen Provinz und<br />
Stadt Istanbul, deren Gesamtfläche nur 5.343,02 km² beträgt, ganze europäische Länder, wie<br />
das Vereinigte Königreich in den Schatten. Istanbul alleine beherbergt etwa ein Viertel von<br />
mehr als zehntausend dokumentierten Pflanzenarten, die in der Türkei vorkommen. Einige<br />
dieser Pflanzen sind endemisch.<br />
Laut dem Generaldirektorat für Forstwirtschaft („Orman Genel Müdürlüğü“) sind 44 % der<br />
Provinz Istanbul von Wäldern bedeckt. Für eine Großstadt existiert hier eine reiche Tierwelt.<br />
Das salzreichere Wasser des Marmarameeres vermischt sich mit dem salzärmeren des<br />
Schwarzen Meeres am Südausgang des Bosporus am stärksten, was einen relativen Fischreichtum<br />
zur Folge hat. Charakteristisch ist hier die Sardelle, aber auch Delfine lassen sich<br />
gelegentlich beobachten, seitdem durch den Bau von Kläranlagen die Wasserqualität von<br />
Bosporus und Marmarameer spürbar gestiegen ist. Die Wälder beherbergen über 71 Vogel-<br />
und 18 Säugetierarten. Es besteht ein Jagdverbot. In den Wäldern sind daher Wildschweine,<br />
Wölfe, Goldschakale, Füchse, Rothirsche, Damhirsche und Rehe verbreitet.<br />
Die Stadt ist Ziel von Vogelfreunden aus aller Welt, die den alljährlichen Vogelzug beobachten<br />
wollen. Etwa 500.000 Weißstörche und damit der Großteil der europäischen Population<br />
überfliegen von Ende Juli bis Mitte September den Bosporus in zwei Wellen. Der Höhepunkt<br />
der Schwarzstorchwanderung erfolgt Ende September. Auch den Greifvogelzug kann man an<br />
günstigen Tagen mit bis zu tausend Vögeln täglich beobachten. Dazu zählen Wespenbussard,<br />
Schreiadler, Schelladler, Sperber und weitere Bussardarten. Seltener lassen sich Schmutzgeier,<br />
Kaiseradler, Zwergadler, Schlangenadler und Weihen beobachten, obwohl von letzteren<br />
alle europäischen Arten durchziehen.<br />
Möwen auf einem Dach; im Hintergrund zwei osmanische Großmoscheen<br />
Wie in vielen anderen Großstädten ist die Vogelwelt vor allem durch die Stadttaube, die wohl<br />
im 19. Jahrhundert aus Algerien oder Tunesien eingeführte Palmtaube [12] und durch Möwen<br />
vertreten. Auf manchen Innenstadtplätzen, etwa vor der Beyazıt-Moschee oder vor der Yeni-<br />
Moschee, leben große Populationen. Seltener trifft man auf andere Taubenarten sowie auf<br />
Haussperling, Graureiher und den Schwarzen Milan. Häufiger hingegen sind Alpensegler,<br />
Girlitz, Samtkopf-Grasmücke, Kormoran und Mittelmeer-Sturmtaucher.<br />
109
Streunende Katzen sind im Stadtbild allgegenwärtig. Sie leben teilweise einzeln, teilweise<br />
auch in großen Gruppen zusammen. Sie ernähren sich von Abfallprodukten, werden aber auch<br />
häufig von Menschen gefüttert. In geringerem Maße sind außerdem halbwilde Hunde<br />
anzutreffen.<br />
Umweltprobleme<br />
Das Wachstum der Stadt, die hohe Industrie- und Verkehrsdichte führen zu erheblichen<br />
Umweltproblemen. Bei der Luftverbesserung wurden durch den Einsatz von Erdgas Erfolge<br />
erzielt, ähnliches gilt für das Müllproblem. Dennoch gehören die Luft- und Wasserverschmutzung<br />
durch die zahlreichen Fabriken, Kraftfahrzeuge und privaten Haushalte sowie der<br />
Lärm durch den Verkehr weiterhin zu den Belastungen. Besondere Emissionsprobleme<br />
ergeben sich aus der oft direkten Nachbarschaft von ärmeren Wohngebieten und Industrieanlagen.<br />
Überschwemmungen schwemmen immer wieder Müll in die Kanalisation und führen dabei zu<br />
deren Verstopfung und erhöhen gleichzeitig die Gefahr von Infektionskrankheiten. Die<br />
Ursache zahlreicher Probleme liegt in der Infrastruktur, die mit dem enormen Bevölkerungswachstum<br />
seit den 1980er Jahren nicht Schritt halten konnte.<br />
Geschichte<br />
Byzantion<br />
Um 660 v. Chr. gründeten dorische Griechen aus Megara, Argos und Korinth Byzantion, eine<br />
Kolonie am europäischen Ufer des Bosporus. Die günstige geographische Lage ermöglichte<br />
der Siedlung bald, ein bedeutendes Handelszentrum zu werden. Ende des 6. Jahrhunderts<br />
geriet sie in die Auseinandersetzungen zwischen dem Perserreich und den griechischen<br />
Poleis, dann in die innergriechischen Konflikte.<br />
513 v. Chr. eroberte der persische König Darius I. die Stadt, 478 wurde sie für zwei Jahre von<br />
Sparta besetzt. Danach wählte Byzantion die Demokratie als Regierungsform und schloss sich<br />
unter dem Druck Athens dem Attisch-Delischen Seebund an (bis 356). 340/339 widerstand<br />
die Stadt der Belagerung durch den makedonischen König Philipp II. Nach dem Zerfall des<br />
Makedonenreichs stellte sich die Stadt zunehmend auf die Seite des expandierenden<br />
Römerreichs und wurde 196 v. Chr. römischer Bundesgenosse. Diesen Sonderstatus büßte<br />
Byzantion erst unter Kaiser Vespasian ein. 196 ließ Septimius Severus die Stadt zur Strafe für<br />
die Unterstützung seines Gegners Pescennius Niger zerstören, doch wurde sie wieder<br />
aufgebaut. 258 wurde sie von Goten geplündert.<br />
324 vereinigte Konstantin I. beide Teile des Römischen Reiches und am 11. Mai 330 taufte er<br />
die neue Hauptstadt auf den Namen Nova Roma (Neu-Rom). Sie wurde jedoch bekannter<br />
unter dem Namen Konstantinopel. [16] Ihre Fläche verfünffachte sich binnen weniger<br />
Jahrzehnte. Westlich der von Konstantin errichteten Stadtmauer ließ Theodosius II. ab 412<br />
eine noch heute erhaltene Mauer errichten, womit die Stadtfläche von sechs auf zwölf<br />
Quadratkilometer anwuchs. Aquädukte versorgten die inzwischen größte Stadt des<br />
Mittelmeerraums mit Wasser, Getreide wurde an große Teile der Bevölkerung ausgegeben.<br />
110
Konstantinopel – Kostantiniyye – Istanbul<br />
Byzanz<br />
Konstantinopel im Mittelalter; italienische Darstellung von 1422<br />
Nochmals unter Kaiser Justinian I. (527–565) wurde Konstantinopel prächtig ausgebaut<br />
(Hagia Sophia). Die Stadt war die mit Abstand reichste und größte Stadt Europas und des<br />
Mittelmeerraums. Unter dem Druck der Seldschuken, die ab Mitte des 11. Jahrhunderts<br />
Kleinasien eroberten, verlor die Stadt zeitweise ihr östliches Hinterland. In dieser Situation<br />
erhielten die italienischen Städte, allen voran Venedig und Genua, Handelsprivilegien und<br />
ausgedehnte Wohnquartiere im Norden der Stadt; die Genuesen später auch in Pera am<br />
Nordufer des Goldenen Horns. Zudem war 1054 die kirchliche Einheit zwischen der<br />
Römisch-Katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche zerbrochen. 1171 ließ Kaiser<br />
Manuel I. die Venezianer verhaften und ihr Eigentum konfiszieren. Venedig nutzte den<br />
Vierten Kreuzzug zur Rache, und 1204 eroberten Kreuzritter Konstantinopel. Die Stadt wurde<br />
geplündert, zahlreiche Einwohner wurden ermordet und Kunstwerke von unschätzbarem Wert<br />
gingen verloren. Auf rund 100.000 Einwohner reduziert, war die Stadt von 1204 bis 1261 die<br />
Hauptstadt des Lateinischen Kaiserreichs. 1261 gelang es Kaiser Michael VIII.,<br />
Konstantinopel zurückzuerobern, doch hatte er sich noch zwei Jahrzehnte abermaligen<br />
Eroberungsplänen zu widersetzen.<br />
111
Die Stadt war seit dieser Zeit aber nicht mehr als das Zentrum einer Regionalmacht, deren<br />
Hinterland ab 1354 sukzessive von den Osmanen erobert wurde. Um 1400 bestand das Reich<br />
nur noch aus Konstantinopel mit seinem direkten Umland und kleinen Restgebieten im<br />
Norden (Thessaloniki) und Süden (Morea) Griechenlands. Noch einmal 1422 hielt die Stadt<br />
einer Belagerung durch Murad II. stand.<br />
Osmanisches Reich<br />
Die Eroberung Konstantinopels aus einer französischen Chronik des 15. Jahrhunderts<br />
Am 5. April 1453 begann die letzte Belagerung durch osmanische Streitkräfte unter Sultan<br />
Mehmed II. Am Morgen des 29. Mai wurde die „seit langem verfallene Stadt“ besetzt.<br />
Konstantinopel – nun offiziell meist Kostantiniyye oder manchmal auch Đstanbul genannt –<br />
wurde nach Bursa und Adrianopel (Edirne) zur neuen osmanischen Hauptstadt. Die teilweise<br />
zerstörte und entvölkerte Stadt wurde planvoll wieder besiedelt und aufgebaut. Die Macht des<br />
Reichs erreichte ihren Höhepunkt unter Sultan Süleyman I. (1520–1566), dessen Architekt<br />
Sinan das Stadtbild mit zahlreichen Moscheen, Brücken, Palästen und Brunnen prägte. Mit<br />
dem fortschreitenden Verfall des osmanischen Einflusses in der Region und der<br />
Verkleinerung des Reiches bis Anfang des 20. Jahrhunderts litt auch die kosmopolitische<br />
Bedeutung Konstantinopels.<br />
Konstantinopel um 1910<br />
112
Die Schwäche des Reiches nach dem Balkankrieg 1912/1913 führte den europäischen<br />
Mächten und Russland die Gefahr eines Machtvakuums in den strategisch bedeutenden<br />
Meerengen vor Augen und warf die orientalische Frage nach Kontrolle über die Meerengen<br />
und Aufteilung des Reiches in Interessensphären auf. Der Sultan und die Jungtürken suchten<br />
die Unterstützung des Deutschen Reiches.<br />
Den Zugriff der Entente auf Konstantinopel konnte das Osmanische Reich im Ersten<br />
Weltkrieg auf Seiten der Mittelmächte 1915 in der Schlacht von Gallipoli verhindern.<br />
Dennoch war der Krieg verloren. Französische und britische Truppen besetzten ab dem 13.<br />
November 1918 die Metropole. Im Friedensvertrag von Sèvres vom 10. August 1920 wurde<br />
das Osmanische Reich unter den alliierten Siegermächten aufgeteilt und musste darüber<br />
hinaus gewaltige Gebietsverluste hinnehmen. Konstantinopel mit den Meerengen Bosporus<br />
und Dardanellen blieb fünf Jahre lang von den Alliierten besetzt. Griechenland forderte in<br />
Erinnerung an das als griechisch beanspruchte Byzanz die „Rückgabe“ Konstantinopels, das<br />
es zu seiner Hauptstadt machen wollte.<br />
Unter Mustafa Kemal, genannt Atatürk, begann 1919 der türkische Befreiungskrieg, an dessen<br />
Ende die letzten Einheiten der alliierten Truppen am 23. September 1923 die Stadt verließen.<br />
Konstantinopel verlor in diesem Jahr seinen Status als Regierungssitz an Ankara, womit sich<br />
die neue Republik von der Tradition der Osmanen abgrenzen wollte.<br />
Türkische Republik<br />
Schon während des Ersten Weltkriegs kam es zur Vertreibung der ersten der beiden großen<br />
christlichen Minderheiten, der Armenier. Sie waren seit dem 17. Jahrhundert verstärkt<br />
zugezogen, so dass um 1850 über 220.000 in Konstantinopel lebten. 1942 wurden die<br />
Nichtmuslime zu einer besonderen Vermögenssteuer herangezogen (Varlık Vergisi), 1955<br />
wurde nahezu die gesamte orthodoxe Bevölkerung durch das Pogrom von Istanbul aus der<br />
Stadt vertrieben. Von den rund 110.000 Griechen blieben rund 2.500 in Istanbul. Heute leben<br />
rund 60.000 Armenier und 2.500 Griechen in der Stadt.<br />
Dennoch schrumpfte die Stadt keineswegs, sondern wuchs im Gegenteil rapide, denn sie zog<br />
durch ihre kulturelle und wirtschaftliche Kraft nach dem Zweiten Weltkrieg, und verstärkt seit<br />
den 70er und 80er Jahren, zahlreiche Menschen aus Anatolien an. Seit den 90er Jahren<br />
kommen zahlreiche Osteuropäer in die Metropole.<br />
Als Reaktion auf den enormen Zuzug entstanden groß angelegte Bauprojekte, die jedoch mit<br />
dem rapiden Bevölkerungswachstum kaum Schritt halten konnten. Zudem nahmen sie auf<br />
vorhandene Strukturen wenig Rücksicht. Istanbul dehnte sich weit in das Umland aus, und<br />
zahlreiche Dörfer und Städte zählen inzwischen zur Metropole.<br />
1994 wurde der jetzige Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan als Kandidat der weit rechts<br />
stehenden Refah Partisi (RP) (Wohlfahrtspartei) Bürgermeister. Der jetzige Bürgermeister<br />
Kadir Topbaş ist, wie der Ministerpräsident, Mitglied der Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP).<br />
Im November 2003 wurde die Stadt von einer Serie schwerer Anschläge erschüttert. Der<br />
Anschlag in einem Internet-Café am 9. Februar 2006 kostete einen Menschen das Leben,<br />
sechs Menschen wurden vier Tage später durch einen Anschlag in einem Supermarkt verletzt.<br />
113
Entwicklung des Namens<br />
Istanbuls unterschiedliche Namen auf osmanischen Poststempeln von 1880 bis 1925<br />
Der ursprünglich altgriechische Name der Stadt, Byzantion (lateinisch Byzantium), geht auf<br />
den legendären Gründer der Stadt, Byzas, zurück, der aus Megara in Attika stammte. Er war<br />
einem Orakelspruch der Pythia gefolgt. Zu Ehren des römischen Kaisers Constantinus, der<br />
Byzantion zur Hauptstadt ausbauen ließ, wurde die Stadt im Jahr 324 [22] in Constantinopolis<br />
(latinisiert; altgr. Κωνσταντινούπολις Konstantinoupolis ‚Stadt des Constantin‘) umbenannt.<br />
Auf Constantinopolis gehen die deutsche Form Konstantinopel und zahlreiche weitere<br />
Namensformen zurück. Auf Arabisch wurde Konstantinopel al-Qustantīniyya / ةينيطنطسقلا<br />
genannt, im Armenischen Gostantnubolis und im Hebräischen Kuschta ( אטשוק ). In vielen<br />
slawischen Sprachen hieß die Stadt Cari(n)grad (‚Stadt des Kaisers‘).<br />
114
Bis 1930 gab es keine fortdauernde und eindeutige offizielle Namensform. In osmanischen<br />
Urkunden, Inschriften, etc. wurde die Stadt in der Regel mit ihrer vom Arabischen<br />
abgeleiteten Namensform Kostantiniyye / هينيطنطسق bezeichnet. Man findet aber auch şehir-i<br />
azima (‚die großartige Stadt‘), die französisierten Formen Constantinople und Stamboul sowie<br />
ab dem 19. Jahrhundert vermehrt die Bezeichnung Dersaâdet / تداعس رد / Der-i Saʿādet<br />
/‚Pforte der Glückseligkeit‘. Weitere Bezeichnungen waren etwa darü's-saltanat-ı aliyye,<br />
asitane-i aliyye und darü'l-hilafetü 'l aliye und Ehrenvoller Thron / تختياپ im Sinne von<br />
Residenz.<br />
Der Name Islambol / لوبملاسإ auf einer Münze von 1203 H. (1788/89 im gregorianischen<br />
Kalender)<br />
Im türkischen Dialekt der Stadt hatte sich die Namensform Istanbul, Astanbul / لوبناتسا (auch<br />
Istambul, Stambul) herausgebildet, die schon in seldschukischer Zeit Verwendung fand und<br />
später durch osmanische und westeuropäische Aufzeichnungen für das 16. Jahrhundert belegt<br />
ist. An „Istanbul“ angelehnt erschien Islambol / لوبملاسإ /‚Vom Islam erfüllt [22] ‘, das im 18.<br />
Jahrhundert als Name der Münzstätte am Tavşan taşı auf Münzen geprägt wurde. Während<br />
mit Konstantinopel meist die gesamte Stadt samt einigen Stadtteilen nördlich des Goldenen<br />
Horns und jenseits des Bosporus gemeint war, kennzeichnete der Name Istanbul eher die alte<br />
Stadt auf der Halbinsel zwischen Marmarameer, Bosporus und Goldenem Horn, die nach<br />
Westen durch die Landmauer abgeschlossen wurde. 1876 wurde der Name der Hauptstadt als<br />
Istanbul in die neue Verfassung aufgenommen, wo es in Art.<br />
Bei Istanbul handelt es sich möglicherweise um die türkische Abwandlung des<br />
altgriechischen εἰς τὴν πόλιν, eher aber εἰς τὰν πόλιν („in die Stadt“), nach altgriechischer<br />
Aussprache seit byzantinischer Zeit etwa istimbólin. Diese Deutung erscheint sinnfällig, da<br />
man in der Spätantike und im frühen Mittelalter im Oströmischen Reich von Konstantinopel<br />
sprach, wenn man umgangssprachlich „die Stadt“ sagte, da sie mit ihren fünfhunderttausend<br />
Einwohnern und ihren mächtigen Mauern mit keiner anderen Stadt im weiten Umkreis<br />
verglichen werden konnte. Wie das antike Rom war sie ein Musterbeispiel einer Stadt, sie war<br />
das wirtschaftliche, kulturelle und politische Zentrum. Konstantinopel galt wie vormals Rom<br />
als Zentrum der Welt. Reich wie Hauptstadt brauchten daher eigentlich keinen Namen, da sie<br />
einzig waren (der Kaiser sah sich nicht als Kaiser von Byzanz oder Konstantinopel, sondern<br />
als Kaiser „urbis et orbis“).<br />
115
Am 28. März 1930, in der Frühzeit der Republik, wurde Đstanbul zum offiziellen Namen der<br />
gesamten Stadt. Da die Stadt in osmanischen Schriften und im türkischen Volksmund schon<br />
seit langem im engeren Sinn so genannt wurde, war dies eigentlich keine Neubenennung. In<br />
den meisten europäischen Ländern (außer zum Beispiel Griechenland und Armenien)<br />
verdrängte die Bezeichnung Istanbul allmählich die Bezeichnung Konstantinopel<br />
beziehungsweise deren Varianten aus dem Sprachgebrauch. Meist in Bezug auf das<br />
historische, vorosmanische Konstantinopel beziehungsweise Byzanz wird die altgriechischrömische<br />
Namensgebung in der Fachliteratur jedoch auch weiterhin verwendet.<br />
Brände<br />
Folgen eines Brandes in der Istanbuler Altstadt<br />
Die häufig auftretenden Großbrände lösten soziale und ökonomische Krisen aus und hatten<br />
großen Einfluss auf die Bebauung der Stadt. Auslöser waren beispielsweise die regelmäßig<br />
auftretenden Erdbeben, der Handel mit Explosivstoffen, die Unachtsamkeit in Haushalten und<br />
Werkstätten sowie Brandstiftung. So ereigneten sich zwischen 1883 und 1906 229 Brände mit<br />
der Zerstörung von 36.000 Häusern. Das Feuer 1690 im Großen Basar zerstörte Güter im<br />
geschätzten Wert von 3 Millionen Kuruş (etwa 2 Millionen Goldstücke). Die größten Brände<br />
in der Stadtgeschichte ereigneten sich 1569, 1633, 1660, 1693, 1718, 1782, 1826, 1833, 1865<br />
und zuletzt 1918 mit 7.500 zerstörten Häusern. Der Reisende Salomon Schweigger schreibt<br />
um 1580:<br />
„Es haben sich etliche Brunsten in der Stadt begeben. In einer hätt das Feur ein Gefängnus<br />
ergriffen, an der Stadtmaur bei dem Kanal oder Meerhafen. Die Gefangenen im obern Teil<br />
des Turns richteten sich mit Gewalt an die Tür, öffneten dieselbe und kamen davon; die<br />
andern mussten drin verderben, deren bei siebenzig waren. Ein großer Platz, wie ein großes<br />
Dorf, war hinweggebrunnen, aber man merket’s der Stadt nicht an. Wann ein Feur auskompt,<br />
so lauft niemand zu, der begehrte zu leschen, ausgenommen die Janitscharen, die darzu<br />
verordnet sein, zwar nicht zu leschen, sondern mit Fürbrechen und Einreißen der nächsten<br />
Häuser die Flamm zufürkommen“ – SALOMON SCHWEIGGER: ZUM HOFE DES TÜRKISCHEN<br />
SULTANS. LEIPZIG 1986 (NACHDRUCK), S. 94<br />
116
Einige Gründe für die verheerende Wirkung der Brände lagen in der dichten, bis weit ins 20.<br />
Jahrhundert hinein vorwiegend aus Holzhäusern bestehenden Bebauung der Stadt, den häufig<br />
wehenden Winden und der Siedlungsstruktur, die oft aus weitgehend in sich abgeschlossenen<br />
Vierteln (Mahalle) mit Sackgassen bestand und eine schnelle Brandbekämpfung erschwerte.<br />
Nach Großbränden wurden Dekrete erlassen, dass Häuser in der Nähe von sozialen,<br />
wirtschaftlichen und öffentlichen Gebäuden ebenfalls aus Stein oder Ziegeln sein sollten.<br />
Diesen Anordnungen wurde jedoch nicht immer Folge geleistet. In osmanischer Zeit waren<br />
unter anderem die Wasserträger-Gilde und die Janitscharen für die Brandbekämpfung<br />
zuständig, ab 1718 wurden Feuerwehrwagen mit Wasserpumpen sowie neu gegründete<br />
Feuerbrigaden eingesetzt.<br />
Bevölkerung<br />
Einwohnerentwicklung<br />
Einwohnerentwicklung in den letzten 100 Jahren<br />
Die Einwohnerzahl stieg von 680.000 im Jahre 1927 auf 1,3 Millionen 1955, 2,5 Millionen<br />
1975, 9,8 Millionen 2005 und auf über 13 Millionen 2010. Von den 13.120.596 Einwohnern<br />
im Jahr 2010 lebten etwa 65 Prozent im europäischen Teil von Istanbul und rund 35 Prozent<br />
auf der asiatischen Seite.<br />
Etwa 84 Prozent der Bevölkerung sind durch Landflucht aus der gesamten Türkei,<br />
überwiegend aus Ost-, Südost- und Zentralanatolien sowie aus der Schwarzmeerregion<br />
zugezogen. Der Anteil der autochthonen Istanbuler, die seit Jahrhunderten in der Bosporus-<br />
Metropole einheimisch sind, beträgt etwa 16 Prozent. Die zehn größten Gruppen der<br />
Zugezogenen stammen mit 709.517 Personen aus der Provinz Sivas, 534.409 Personen aus<br />
der Provinz Kastamonu, 480.614 Personen aus der Provinz Ordu, 474.313 Personen aus der<br />
Provinz Giresun, 426.246 Personen aus der Provinz Tokat, 393.285 Personen aus der Provinz<br />
Samsun, 369.011 Personen aus der Provinz Malatya, 368.027 Personen aus der Provinz<br />
Trabzon, 355.795 Personen aus der Provinz Sinop und 347.488 Personen aus der Provinz<br />
Erzurum. Jedes Jahr entstehen dadurch am Stadtrand neue Gecekondus, die mit der Zeit<br />
ausgebaut werden und sich zu neuen Stadtteilen entwickeln.<br />
117
Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Bis<br />
1914 handelt es sich meist um Schätzungen, mit großen Unsicherheiten. Der auffällige<br />
Rückgang der Bevölkerungszahl um 1900 bis 1927 ist Ausdruck der Vertreibung der<br />
griechischen Bevölkerung. Die Zahlen von 1927 bis 2000 sind Ergebnisse von<br />
Volkszählungen. Die Zahlen von 2005 und 2006 beruhen auf Hochrechnungen, die ab 2007<br />
sind Ergebnisse von Volkszählungen. Die Verdoppelung der Bevölkerung zwischen 1980 und<br />
1985 ist auf Zuzug, natürliche Bevölkerungszunahme und auch auf Erweiterungen der<br />
Stadtgrenze zurückzuführen. Die Einwohnerzahlen in der folgenden Tabelle beziehen sich auf<br />
die Stadt in ihren politischen Grenzen, ohne selbstständige Vororte.<br />
Eine Schätzung der aktuellen Einwohnerzahlen gestaltet sich vor allem aufgrund der schwer<br />
erfassbaren Gecekondu-Siedlungen schwierig. Istanbuler Nahverkehrsexperten gehen von 14<br />
bis 16 Millionen Einwohnern aus.<br />
Jahr Einwohner<br />
330 15.000<br />
400 200.000<br />
530 500.000<br />
545 350.000<br />
715 300.000<br />
950 500.000<br />
1200 150.000<br />
1453 36.000<br />
1477 75.000<br />
1566 600.000<br />
1817 500.000<br />
1860 715.000<br />
1885 873.570<br />
Ethnische Minderheiten<br />
Kurden feiern den Nouruz in Istanbul<br />
Jahr Einwohner<br />
1890 874.000<br />
1897 1.059.000<br />
1901 942.900<br />
1914 909.978<br />
28. Oktober 1927 680.857<br />
20. Oktober 1935 741.148<br />
20. Oktober 1940 793.949<br />
21. Oktober 1945 860.558<br />
22. Oktober 1950 983.041<br />
23. Oktober 1955 1.268.771<br />
23. Oktober 1960 1.466.535<br />
24. Oktober 1965 1.742.978<br />
25. Oktober 1970 2.132.407<br />
118<br />
Jahr Einwohner<br />
26. Oktober 1975 2.547.364<br />
12. Oktober 1980 2.772.708<br />
20. Oktober 1985 5.475.982<br />
21. Oktober 1990 6.620.241<br />
30. November<br />
1997<br />
8.260.438<br />
22. Oktober 2000 8.803.468<br />
1. Januar 2005 9.797.536<br />
1. Januar 2006 10.034.830<br />
31. Dezember<br />
2007<br />
11.174.257<br />
31. Dezember<br />
2008<br />
12.569.143<br />
31. Dezember<br />
2009<br />
12.782.960<br />
31. Dezember<br />
2010<br />
13.120.596<br />
Kurden und Zaza bilden zusammen die größte Gruppe ethnischer Minderheiten in Istanbul.<br />
Die größte unter den traditionell noch dort lebenden christlichen Bevölkerungsgruppen sind<br />
Armenier, deren Zahl von der Regierung mit 45.000 angegeben wird, was etwa 0,36 Prozent<br />
der Bevölkerung Istanbuls entspricht. Etwa 17.000 Aramäer bilden danach die zweit-größte<br />
christliche Ethnie. Die 22.000 Juden bilden die zweitgrößte religiöse Minderheit.
Einige der etwa 10.000 Bosporus-Deutschen stammen aus Familien, die oft schon seit der<br />
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dauerhaft in Konstantinopel beziehungsweise Istanbul<br />
lebten. Die rund 1.650 Griechen gehören teilweise zu den seit vielen Generationen<br />
ursprünglich Ansässigen. [32][33] Die Zahl der Russen wird, folgt man der Neuen Zürcher<br />
Zeitung, auf etwa 100.000 geschätzt, die der Chinesen soll noch höher liegen. Istanbul war<br />
auch ein Zufluchtsort für Russen wegen der kommunistischen Oktoberrevolution.<br />
Weitere Bevölkerungsgruppen sind Lasen, Araber, Tscherkessen und Roma. Eine kleine<br />
polnische Gemeinde existiert in Polonezköy (deutsch „Polendorf“, polnisch Adampol), das<br />
etwas über 400 Einwohner hat.<br />
Religionen<br />
Mevlevi-Derwische in Istanbul<br />
Der weitaus größte Teil der Bevölkerung bekennt sich zum Islam. Noch um die Wende vom<br />
19. zum 20. Jahrhundert war die Mehrheit der Einwohner Nichtmuslime, zu denen die<br />
griechisch-orthodoxen Christen, die syrisch-orthodoxen Aramäer, die armenischen Christen<br />
und die sephardischen Juden gehörten. Sie bilden heute nur noch eine kleine Minderheit.<br />
Neben islamischen Sakralbauten gibt es auch christliche Kirchen unterschiedlicher<br />
Bekenntnisse und Synagogen in prominenter Lage, wie zum Beispiel Sankt Stefan<br />
(ehemaliger Sitz der bulgarisch-orthodoxen Kirche) am Goldenen Horn oder die Agia Triada<br />
am Taksim-Platz. In einigen Stadtteilen, wie zum Beispiel im Viertel Kuzguncuk, sind die<br />
Einrichtungen verschiedener Religionen dicht benachbart.<br />
Die Stadt ist Sitz des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, dem unter anderem die<br />
meisten orthodoxen Kirchen in der heutigen Türkei unterstehen und der darüber hinaus den<br />
Ehrenvorrang über alle orthodoxen Kirchen genießt. Weiterhin residieren hier ein armenischer<br />
Erzbischof und der türkische Oberrabbiner.<br />
119
Muslime<br />
Muslime unterschiedlicher Glaubensrichtungen bilden die größte Religionsgruppe. Die<br />
meisten sind Sunniten, 15 bis 30 Prozent zählen sich zu den Aleviten. Insgesamt gibt es 2.562<br />
Moscheen, 215 Kleinmoscheen (türk. Mescit) [38] und 119 Türben.<br />
Am 2. September 1925 wurden unter Kemal Atatürk die damals zahlreichen und<br />
mitgliederstarken Derwisch-Orden (Tariqas) verboten. Die meisten Anhänger des Sufismus,<br />
der islamischen Mystik, agierten daraufhin im Geheimen oder gingen ins Ausland (z. B. nach<br />
Albanien). Manche von ihnen haben heute eine große Anhängerschaft. Um dem Verbot zu<br />
entgehen, treten diese aber meist als „Kulturvereine“ auf. Landesweit bekannt ist die Đsmail<br />
Ağa Cemaati, eine islamische Gemeinschaft in Fatih, die als Tariqa gilt.<br />
Christen<br />
Die Stadt ist der Sitz des ökumenischen Patriarchen, der als primus inter pares als oberster<br />
Repräsentant der orthodoxen Kirchen fungiert. Der griechisch-orthodoxe Ökumenische<br />
Patriarch von Konstantinopel mit Sitz in Fener ist seit 1991 Bartholomäus I.. Er ist der 270.<br />
Nachfolger des Apostels Andreas und somit faktisches (Ehren-)Oberhaupt von etwa 300<br />
Millionen orthodoxen Christen. Auch die Sitze des armenischen Patriarchen, des Erzbischofs<br />
der syrisch-orthodoxen (aramäischen) Gemeinde und eines apostolischen Vikars der römischkatholischen<br />
Kirche befinden sich in Istanbul.<br />
In Istanbul sind mit knapp 85.000 Christen [40] rund 85 Prozent der gesamten Christen in der<br />
Türkei beheimatet, deren Zahl landesweit etwa 100.000 beträgt. Die Zahl der Armenier<br />
beläuft sich auf etwa 45.000 [28] (35 Kirchen [41] ), die der Aramäer auf 12.000, der Bosporus-<br />
Deutschen auf 10.000 und der Griechen auf 1.650 (5 Kirchen [42] ). Einige orthodoxe Kirchen<br />
unterstehen anderen Patriarchaten wie etwa die bulgarisch-orthodoxe Kirche St. Stefan.<br />
Neben den Levantinern und anderen nicht-orthodoxen Gemeinden gibt es auch je eine<br />
deutsche evangelische und katholische Kirchengemeinde sowie um das St. Georgs-Kolleg<br />
eine österreichische katholische Gemeinde.<br />
Juden<br />
Die sephardischen türkischen Juden leben in der Stadt seit über 500 Jahren. Sie flohen 1492<br />
von der iberischen Halbinsel, um der Zwangstaufe infolge des Alhambra-Edikts zu entgehen.<br />
Sultan Beyazit II. (1481–1512) schickte eine Flotte nach Spanien, um die sephardischen<br />
Juden zu retten. Mehr als 200.000 von ihnen flohen zunächst nach Tanger, Algier, Genua und<br />
Marseille, später nach Saloniki und Istanbul. Der Sultan gewährte über 50.000 dieser<br />
spanischen Juden Zuflucht.<br />
In Istanbul leben heute nur noch etwa 22.000; [30][31][43] sie stellen etwa 0,2 Prozent der<br />
Bevölkerung. Insgesamt sind 16 Synagogen [44] in der Stadt zu finden, die bedeutendste von<br />
ihnen ist die 1951 eingeweihte Neve-Shalom-Synagoge im Stadtteil Beyoğlu, auf die drei<br />
terroristische Anschläge verübt wurden (am 6. September 1986, 1. März 1992 und 15.<br />
November 2003). Istanbul ist Sitz des Hahambaşı, des türkischen Oberrabbiners. Das einzige<br />
jüdische Museum in der Türkei, die 500. Yıl Vakfı Türk Musevileri Müzesi, befindet sich in<br />
Beyoğlu. Das Museum wurde am 25. November 2001 fertig gestellt und der derzeitige<br />
Kurator ist Naim Güleryüz.<br />
120
Entwicklung der Wohnsituation<br />
Wohngebäude in Maltepe<br />
Die Stadtteile Bakırköy und Beylikdüzü im europäischen Teil, die zusammen rund 400.000<br />
Einwohner haben, und Maltepe im asiatischen Teil, das eine ähnliche Einwohnerzahl<br />
aufweist, sind seit den 1980er Jahren zügig angewachsen und bestehen überwiegend aus<br />
Hochhäusern. Insbesondere Etiler im Stadtteil Beşiktaş hat sich seit den 1990er Jahren zu<br />
einem der wohlhabendsten Viertel entwickelt.<br />
Nachdem die meisten Baulücken im innerstädtischen und innenstadtnahen Bereich geschlossen<br />
wurden, bestehen dort kaum noch Möglichkeiten zur Erholung, sieht man vom häufig<br />
frequentierten Gülhane und vom Yıldız-Park ab.<br />
Das Gecekondu-Viertel Seyrantepe<br />
Die immense Zuwanderung führte dazu, dass an der Peripherie illegale Siedlungen (Gecekondus)<br />
entstanden, von denen Istanbul die meisten in der Türkei aufweist. Knapp ein Viertel der<br />
Istanbuler lebt in den etwa 750.000 Wohngebäuden solcher Siedlungen. Über 50 Prozent ihrer<br />
Bewohner sind arbeitslos oder unversichert beschäftigt. Die Kriminalität ist höher als in<br />
anderen Quartieren, sozial an den Rand gedrängte Bevölkerungsgruppen und eine geringe<br />
Präsenz staatlicher Organisation kennzeichnen darüber hinaus diese Quartiere.<br />
121
Blick auf Seyrantepe, 2007<br />
Die größten Gecekondu-Viertel liegen auf der europäischen Seite. Dabei kommt es in Fatih,<br />
wie etwa in Balat, dem einst von Juden bewohnten Viertel, dem bis 2007 ein<br />
Restaurierungsprogramm galt, und Sulukule, wo vor allem Roma wohnen, die sich gegen die<br />
Umsiedlung von 3.500 Einwohnern wehren, [47][48] zu starken Spannungen. Gazi Mahallesi und<br />
Habipler im Stadtteil Sultangazi, das rund 450.000 Menschen beherbergt, sowie Seyrantepe<br />
im Stadtteil Şişli und Tarlabaşı im Stadtteil Beyoğlu (245.000) kommen hinzu. Auf der<br />
asiatischen Seite sind dies Gülsuyu im Stadtteil Maltepe (420.000). Einzelne Gecekondus sind<br />
überwiegend in den Stadtteilen Bağcılar, Bahçelievler, das 1950 noch rund 800, 2007 jedoch<br />
fast 600.000 Einwohner hatte, Küçükçekmece (670.000), Pendik (540.000) und Sultanbeyli<br />
(280.000) anzutreffen.<br />
Michael Thumann berichtet über die Gentrifizierung in Tarlabaşı, wo Alteigentümer mit<br />
Billigung der AKP-Regierung enteignet werden, um Neubauten zu errichten.<br />
Kriminalität<br />
Die Kriminalitätsrate sank in Istanbul von 76.285 registrierten Straftaten im Jahre 2006 um 25<br />
Prozent auf 57.123 registrierte Straftaten im Jahre 2007. Die Istanbuler Großstadtverwaltung<br />
hat beschlossen, 800 bis 900 Sicherheitskameras zu installieren.<br />
Politik<br />
Stadtregierung<br />
Bürgermeister von Istanbul ist der Architekt Kadir Topbaş von der islamisch-konservativen<br />
AKP. Er übernahm das Amt von seinem Vorgänger Ali Müfit Gürtuna (RP), der ab<br />
November 1998 Bürgermeister war. Islamische Politiker regieren Istanbul somit seit 1994, als<br />
Recep Tayyip Erdoğan (damals ebenfalls RP, heute Vorsitzender der AKP und<br />
Ministerpräsident der Türkei) die Kommunalwahlen gewann.<br />
122
Städtepartnerschaften<br />
Istanbul unterhält folgende Städtepartnerschaften:<br />
Almaty, Kasachstan<br />
(1998)<br />
Amman, Jordanien<br />
(1997)<br />
Bangkok, Thailand<br />
(2009)<br />
Barcelona, Spanien<br />
(1997)<br />
Beirut, Libanon (2010)<br />
Berlin, Deutschland<br />
(1989)<br />
Busan, Südkorea (2008)<br />
Constanța, Rumänien<br />
(2001)<br />
Damaskus, Syrien<br />
(2006)<br />
Dschidda, Saudi-<br />
Arabien (1984)<br />
Durrës, Albanien (1998)<br />
Houston, Vereinigte Staaten<br />
(1988)<br />
Jakarta, Indonesien (2007)<br />
Johor Bahru, Malaysia<br />
(1983)<br />
Kairo, Ägypten (1988)<br />
Kasan, Tatarstan (2002)<br />
Khartum, Sudan (2001)<br />
Köln, Deutschland (1997)<br />
Lahore, Pakistan (1975)<br />
Mary, Turkmenistan (1994)<br />
Mexiko-Stadt, Mexiko<br />
(2010)<br />
Odessa, Ukraine (1997)<br />
Dubai, Vereinigte<br />
Arabische Emirate (1997)<br />
Osch, Kirgisistan (1998)<br />
Kultur und Sehenswürdigkeiten<br />
Europäische Kulturhauptstadt 2010<br />
123<br />
Plowdiw, Bulgarien (2001)<br />
Rabat, Marokko (1991)<br />
Rio de Janeiro, Brasilien<br />
(1965)<br />
Rotterdam, Niederlande<br />
(2005)<br />
Sankt Petersburg, Russland<br />
(1990)<br />
Sarajevo, Bosnien und<br />
Herzegowina (1997)<br />
Shanghai, VR China (1997)<br />
Shimonoseki, Japan (1972)<br />
Skopje, Mazedonien (2003)<br />
Täbris, Iran (2010)<br />
Tunis, Tunesien (2010)<br />
Venedig, Italien (2007)<br />
Guangzhou, VR China<br />
(2012)<br />
Am 11. April 2006 wurde die Stadt durch eine EU-Jury neben Essen und Pécs zur<br />
europäischen Kulturhauptstadt 2010 gewählt. Istanbul ist ebenso eines der islamischen<br />
Kulturzentren.
Musik und Theater<br />
Istanbul besitzt zahlreiche Theater, Opernhäuser und Konzerthäuser. Zu den bekanntesten<br />
gehört das Show Center Türker Đnanoğlu Maslak in Maslak, das im November 2005 eröffnet<br />
wurde und von der MEGA Company betrieben wird. Hier finden Großveranstaltungen statt,<br />
die in der ganzen Türkei Beachtung finden. Das Center ist täglich geöffnet. Jährlich kommen<br />
etwa 450.000 Besucher allein zu den eigenen Veranstaltungen des Hauses. Der große<br />
Theatersaal bietet 1810 Sitzplätze, der kleine 380.<br />
In Kadıköy befinden sich das 1924–1927 erbaute und 2005–2007 renovierte Süreyya-<br />
Opernhaus und ein nach dem Schriftsteller Haldun Taner benanntes Theater.<br />
Zu den bekanntesten Orchestern gehört das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra (BIFO),<br />
das 1993 gegründet wurde. Sein erstes Konzert fand am 13. Mai 1999 im Yıldız-Palast statt.<br />
Seit 2008 steht das BIFO unter der Leitung des Österreichers Sascha Goetzel. Er wurde nach<br />
einem einjährigen Auswahlverfahren in der Saison 2007/2008, an dem Gastdirigenten aus vier<br />
Nationen teilnahmen, Musikdirektor des Sinfonieorchesters. Die Staatsoper (Devlet Operası)<br />
mit ihrem bekannten Ballett und das staatliche Sinfonieorchester, die Đstanbul Devlet Senfoni<br />
Orkestrası, spielen im Haus am Taksim-Platz.<br />
Museen<br />
Die bekanntesten Museen sind der Topkapı-Palast, die Hagia Sophia, die Chora-Kirche, das<br />
Archäologische Museum, das Museum für türkische und islamische Kunst, das Museum<br />
Istanbul Modern und der Dolmabahçe-Palast, ebenfalls ein früherer Sultanspalast, der im 19.<br />
Jahrhundert im neubarocken Stil erbaut wurde.<br />
Viele Nebengebäude der Moscheen wurden inzwischen in Museen verwandelt, die Einblicke<br />
in die Zeit der Osmanen gewähren. Es gibt auch noch weitere Kunstmuseen. Die wertvollsten<br />
Gemälde und Miniaturen der Türkei sind in den Museen von Istanbul zu finden.<br />
Bauwerke<br />
Byzantinisches und christliches Konstantinopel<br />
Cisterna Basilica<br />
124
Im Stadtbild der Altstadt sind immer noch die antiken Ursprünge zu entdecken. Aufgrund der<br />
zahlreichen Erdbeben, Stadtbrände und der ökonomischen Situation am Ende des<br />
Byzantinischen Reiches war schon im 15. Jahrhundert ein Großteil der Gebäude verfallen.<br />
Einige Plätze und Bauwerke sind in der Anlage oder als Ruinen bis heute erhalten. Hierzu<br />
gehören die mächtige Theodosianische Landmauer und die Seemauern, das Studios-Kloster<br />
(Đmrahor Camii), das Hippodrom mit einem Fassungsvermögen von bis zu 100.000<br />
Zuschauern, das Konstantinsforum mit der Konstantinssäule, die Kaiserpaläste und der<br />
Porphyrogennetos-Palast (Tekfur Sarayı). Die meisten Gebäude sind umgenutzt und stark<br />
verändert worden. Kaum verändert wurde der Valens-Aquädukt, der auch nach 1453 die<br />
Wasserversorgung sicherstellte, die spätantike Zisterne Cisterna Basilica aus dem 6.<br />
Jahrhundert oder verschiedene Ehrensäulen, zum Beispiel der 20 m hohe Obelisk Thutmosis<br />
III. aus Rosengranit, der aus dem ägyptischen Dorf Karnak nach Konstantinopel gebracht und<br />
390 n. Chr. auf der Spina des Hippodroms aufgestellt worden ist.<br />
Leanderturm<br />
Zu den militärischen Bauten gehört Yedikule („Burg der sieben Türme“) am Südende der<br />
Theodosianischen Landmauer, die im 5. Jahrhundert von Theodosius II. errichtet wurde. Der<br />
Leanderturm, der auf einer Bosporusinsel vor Üsküdar steht, wurde im 5. Jahrhundert v. Chr.<br />
von Alkibiades erbaut. Am Leanderturm soll das eine Ende der großen Kette befestigt worden<br />
sein, die bei Angriffen auf Byzanz über den Bosporus gespannt wurde. Fast unversehrt haben<br />
einige Kirchen zunächst als Moscheen, dann als Museen überlebt, wie die Hagia Sophia<br />
(Ayasofya Camii, Kirche der Heiligen Weisheit), die 537 geweiht wurde, die Pammakaristos-<br />
Kirche (Fethiye Camii), die wohl im 11. Jahrhundert gegründet wurde, die spätbyzantinische<br />
Chora-Kirche (Kariye Camii), die in ihrer jetzigen Erscheinungsform im 14. Jahrhundert<br />
entstand und wertvolle Fresken zeigt sowie die Hagia Eirene, die als Arsenal umgenutzt<br />
wurde. Ebenfalls bedeutsame Zeugnisse byzantinischer Kunst sind die heutigen Moscheen<br />
Küçük-Aya-Sofya-Moschee (Sergios- und Bacchos-Kirche), die als Modell für die Hagia<br />
Sophia gedient haben kann, die Zeyrek-Moschee (Pantokrator-Klosterkirche) mit ihrem Opus-<br />
Sectile-Boden und die Kalenderhane-Moschee (Maria-Kyriotissa-Kloster). Letztere stammt in<br />
ihrer jetzigen Form aus dem 12. Jahrhundert. In ihr wurden die ältesten vorikonoklastischen<br />
Mosaiken Istanbuls gefunden. Die dort ab 1227 erstellten Fresken des Franz von Assisi<br />
werden heute im Archäologischen Museum ausgestellt. Der Galataturm, der das Nordende<br />
und die Hauptbastion der genuesischen Siedlung Galata war, gehört heute zu den<br />
bedeutendsten Bauwerken Istanbuls.<br />
125
Schon in vorosmanischer Zeit lebten Muslime innerhalb der Stadt. Die erste Moschee<br />
Konstantinopels und somit die erste Moschee in Südosteuropa soll schon im Jahr 718 entstanden<br />
sein.<br />
Osmanisches Konstantinopel<br />
Rumeli Hisarı<br />
Die osmanische Architektur zeigt sich vor allem in den Palästen und Residenzen, den<br />
Moscheen und den zugehörigen Stiftungsgebäuden (Külliyen), den großen, mehrstöckigen<br />
Handelshäusern, Herbergen und Magazinen, den Basaren sowie den Schmuck- und Zweckbauten<br />
wie beispielsweise den großen am Bosporus gelegenen Fortifikationen Rumeli Hisarı<br />
und Anadolu Hisarı. Bürgerliche Wohnbauten galten hingegen lange Zeit als weniger schutzwürdig.<br />
Innenraum der Süleymaniye-Moschee<br />
Die osmanischen Sultane und ihre höchsten Würdenträger strebten sofort nach der Eroberung<br />
Konstantinopels danach, den Erfordernissen ihres Glaubensritus Genüge zu tun, sowie ihre<br />
Macht, ihren Anspruch und ihre Kultiviertheit zu demonstrieren. Dazu wurden Kirchen und<br />
Klöster in Moscheen umgewandelt und neue Moscheen errichtet. Beteiligt wurden, wie schon<br />
vor der Eroberung Konstantinopels, zahlreiche byzantinische Handwerker und Baumeister.<br />
126
So arbeiteten zum Beispiel beim Bau der Süleymaniye-Moschee im 16. Jahrhundert etwa 50<br />
Prozent christliche Handwerker mit. Das Schema des Kuppelbaus der Hagia Sophia,<br />
bestehend aus zwei Halbkuppeln und zwei Schildwänden, die die Hauptkuppel stützen, wurde<br />
von zwei Sultansmoscheen übernommen: der Beyazıt-Moschee und der Süleymaniye-<br />
Moschee. Dies blieb allerdings die einzige größere Anleihe aus der Hagia Sophia, denn der<br />
osmanische Gebetsraum sollte auf die Betenden eine ganz andere Wirkung erzielen, als es der<br />
byzantinische Raum sollte. Statt einer mystischen Atmosphäre, deren Strukturen hinter<br />
goldenen Mosaiken verkleidet wurden und die eine Längsbetonung zur Apsis hat, wurden in<br />
den Moscheen die Strukturen hervorgehoben, die dem Betrachter die Statik und<br />
Grundelemente des Raumes vor Augen führten. Der querrechteckige Gebetsraum wird<br />
entsprechend dem Gebetsritus häufig betont und eine Kongruenz zwischen Außen- und<br />
Innenwirkung unter anderem durch die gänzlich unterschiedliche Lichtführung angestrebt.<br />
Bis Mitte des 16. Jahrhunderts bildete sich aus Einflüssen der frühosmanischen Architektur,<br />
der byzantinischen, der seldschukischen, der iranischen und gelegentlich der italienischen<br />
Renaissance-Architektur der klassische osmanische Baustil mit den so typisch im Stadtbild<br />
erscheinenden Kuppelkaskaden heraus. Diese Phase reichte bis ins 17. Jahrhundert.<br />
Maßgeblich daran beteiligt war der größte Architekt der Osmanen: Mimar Sinan. Er wirkte<br />
nicht nur architektonisch, sondern mit seinen sozialen Baukomplexen (Külliye) auch<br />
stadtplanerisch. Da schon vor der Eroberung weite Gebiete der einstmals prächtigen<br />
Metropole brach lagen, teilweise schon seit Jahrhunderten eher Gärten und Ansammlungen<br />
von Dörfern glichen, konnten die typischen islamischen durch Sackgassen geschlossenen<br />
Wohnquartiere entstehen. Dabei fungierte eine solche Külliye oft als Nukleus einer<br />
Besiedlung. In anderen Stadtteilen hingegen richteten sich die Bauten weiterhin an dem<br />
rechtwinkligen (hippodamischen) Straßennetz aus, wobei Moscheen aus diesem Schema<br />
ausbrachen, da sie Richtung Mekka weisen mussten. Dadurch ergeben sich zuweilen reizvolle<br />
architektonische Lösungen für die sie umgebenden Bauten. Während beim Bau von Külliyen<br />
Stein verwendet wurde, bestanden die Wohnhäuser und auch zahlreiche Paläste und<br />
Sommervillen zumeist aus Holz.<br />
Im 17. Jahrhundert endete die Zeit der osmanischen Großmoscheen, obwohl hier die Yeni-<br />
Moschee nach einer Bauunterbrechung vollendet wurde. Die Verzögerung hatte ihren Grund<br />
in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, aber auch Palastintrigen und Unruhen, wie die Celali-<br />
Aufstände spielten eine Rolle.<br />
Der Beyazıtturm (links) und die Süleymaniye-Moschee (rechts)<br />
127
Ab dem 18. Jahrhundert geriet die Architektur immer mehr unter den Einfluss<br />
westeuropäischer Stile wie der Barock der Nuruosmaniye-Moschee, der Beyazıt-Turm oder<br />
die barockisierende Laleli-Moschee zeigen. Allerdings gaben sich die Baumeister auf der<br />
Suche nach adäquaten Ausdrucksformen den modernen Kunststilen nicht völlig hin. Es<br />
wurden weiterhin Moscheen und Universitäten (Medrese) nach klassischem Vorbild gebaut,<br />
bereichert um westliche Architekturelemente. [53]<br />
Es folgten unter Sultan Mahmud II. Bauten in einer Art Empire-Stil, zum Beispiel seine<br />
Türbe. Gleichzeitig wurden weiterhin barockisierende Gebäude errichtet, wie die Nusretiye-<br />
Moschee, deren Bauschmuck in einem verspäteten Louis-XV-Stil gehalten sind. Bald<br />
begannen Architekten neogotische Elemente zu verwenden, oft in einer eklektizistischen,<br />
historistischen Stilmischung, die noch die Erste Nationale Architekturbewegung<br />
charakterisierte. Im 19. Jahrhundert wurde die osmanische Baukunst fast ausschließlich von<br />
der armenischen Architekten-Familie Balyan betrieben. In der gleichzeitigen Anleihe bei<br />
verschiedensten westlichen Baustilen ist der Wunsch erkennbar, eine Synthese zu erschaffen,<br />
die den Reichsgedanken verkörpern sollte.<br />
Eine Besonderheit Istanbuls sind Straßenzüge mit meist mehrstöckigen osmanischen<br />
Holzhäusern. Man findet sie vor allem noch in Fatih und in Üsküdar. Charakteristisch sind<br />
auch Sommervillen aus Holz (Yalı) an beiden Ufern des Bosporus, die in jüngerer Zeit<br />
teilweise renoviert wurden. Die 1699 als Residenz eines Großwesirs erbaute Amcazade-<br />
Hüseyin-Pascha-Yalısı im Stadtteil Beykoz ist die älteste Yalı Istanbuls. Im 19. Jahrhundert<br />
entstanden nach europäischen Vorbildern Mietshäuser mit Geschäften und Handwerksbetrieben<br />
im Untergeschoss.<br />
Residenzen<br />
Beylerbeyi-Palast<br />
Der Topkapı-Palast war bis 1856 Wohnung der Sultansfamilie (Harem) und Herrschersitz.<br />
Dieser immer wieder erweiterte und umgestaltete, vielgliedrige Sultanspalast liegt exponiert<br />
an der Spitze der zwischen Goldenem Horn, Bosporus und Marmarameer gelegenen<br />
Halbinsel. Er ist nicht nur wegen seiner Bauten von hoher Bedeutung, sondern auch aufgrund<br />
seiner umfangreichen Sammlungen eines der großen Schatzhäuser der Welt.<br />
128
Der Ibrahim-Pascha-Palast liegt am alten Hippodrom gegenüber der Sultan-Ahmet-Moschee.<br />
Er wurde in der Zeit des Sultans Bayezid II. (1481–1512) errichtet. Nach Reparaturen<br />
zwischen 1966 und 1983 ist nun dort das Museum für türkische und islamische Kunst<br />
untergebracht.<br />
Der Aynalıkavak-Palast wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts von Sultan Ahmed I. als<br />
Sommerresidenz errichtet. Der Dolmabahçe-Palast von 1856 auf der europäischen Seite des<br />
Bosporus zeigt, dass die Sultane im 19. Jahrhundert auch äußerlich danach strebten, sich dem<br />
europäischen Westen anzugleichen. Der Beylerbeyi-Palast wurde zwischen 1861 und 1865<br />
von Sultan Abdülaziz erbaut. 1935 fand hier die erste, von Mustafa Kemal Atatürk veranstaltete<br />
Weltfrauenkonferenz statt. Weitere Paläste sind der letzte Sultanspalast, der Çırağan-<br />
Palast sowie der Küçüksu-Palast und der Yıldız-Palast.<br />
Moscheen<br />
Sultan-Ahmed-Moschee<br />
Die Großmoscheen wurden meist von den Sultanen, deren Familienangehörigen, den Wesiren<br />
und anderen Würdenträgern gestiftet. Die meisten Moscheen schließen sich der Bauidee der<br />
Hagia Sophia an. Zum überkuppelten Gebetsraum gehören zudem ein umgrenzter Vorhof<br />
(avlu) und meist eine Külliye mit Medresen, zum Beispiel genutzt als Grundschule (mektep),<br />
theologische Schule oder Ärzteschule, mit Wohnzellen der Studenten (hücre), Hospital (darüş-şifa),<br />
Hospiz (tabhane), Armenküche (imaret), Bibliothek (kütüphane), Karawanserei<br />
(kervansaray), Bad (hamam) und Grabbauten (türbe), manchmal auch mit einem<br />
Observatorium für Zeit- und Kalenderberechnungen (muvakkithane). Sie spielen für das<br />
religiöse Jahr, das auf dem Mondjahr basiert, eine große Rolle.<br />
Moscheen aus der osmanischen Frühzeit sind die Mahmut-Paşa-Moschee, die älteste erhaltene<br />
Großmoschee von 1462, und die Beyazıt-Moschee, die älteste erhaltene Sultans-Moschee.<br />
Beispiele der mindestens 22 erhalten gebliebenen von ehemals 49 Istanbuler<br />
Freitagsmoscheen des Architekten Mimar Sinan [54] sind die Đskele-Moschee in Üsküdar, die<br />
erste von Sinan geschaffene Moschee, die Prinzenmoschee, die Süleymaniye-Moschee, die<br />
Rüstem-Paşa-Moschee und die Piyale-Paşa-Moschee.<br />
129
Weitere bekannte Moscheen sind die Neue Moschee, die am Goldenen Horn liegt, die Sultan-<br />
Ahmed-Moschee, auch „Blaue Moschee“ genannt, die Fatih-Moschee (Eroberermoschee), die<br />
nach einem Erdbeben 1766 neu errichtet wurde, und die Eyüp-Sultan-Moschee, die nach<br />
Mohammeds Bannerträger Abu Ayyub al-Ansari benannt wurde und ein bedeutendes<br />
spirituelles Heiligtum des Islam darstellt. Moscheen, die im osmanischen Barock entstanden,<br />
sind die Nuruosmaniye-Moschee, deren Kuppelbau aus ursprünglich weißem Marmor bestand<br />
und die einen halbrunden Vorhof hat, die Tulpenmoschee, die 1763 fertig gestellt und nach<br />
dem Erdbeben von 1783 erneuert wurde, die Nusretiye-Moschee, die Dolmabahçe-Moschee,<br />
die unmittelbar am Ufer des Bosporus liegt, und die Ortaköy-Moschee.<br />
Modernes Istanbul im 20. und 21. Jahrhundert<br />
Bis zum Ende der 20er Jahre stand die Architektur der Republik noch ganz im Bann einer<br />
bereits nach dem Ersten Weltkrieg begonnenen Phase, die man „Erste Nationale<br />
Architekturströmung“ nannte. In dieser Phase führten Architekten wie Kemalettin Bey den<br />
Historismus fort, der sich im späten 19. Jahrhundert vor allem mit der ornamentalen<br />
Außengestaltung von Gebäuden an seldschukischen und osmanischen Vorbildern orientiert<br />
hatte. Dazu gehören die Beşiktaş Đskelesi (Schiffsanlegestelle), die im Jahre 1913 errichtet<br />
wurde, die Haydarpaşa Đskelesi (1915), die Vakıf Hanı in Eminönü (1912–1926) und das<br />
Hotel Merit Antique in Lâleli (1912–1922)<br />
Verstärkt ab etwa 1930 verpflichtete man ausländische Architekten für die Planung<br />
öffentlicher Bauten. Sie entfernten von den Fassaden weitgehend die „türkischen“ Ornamente<br />
und pflegten einen internationalen, funktionalen Stil. Als Lehrer gaben sie ihre Auffassungen<br />
an türkische Architekten weiter.<br />
Als Entwickler der „Zweiten Nationalen Architekturbewegung“ gilt Bruno Taut (1880–1938).<br />
Er forderte als Leiter der Architekturabteilung an der Akademie der Schönen Künste in<br />
Istanbul und Chef der Bauabteilung im Unterrichtsministerium in Ankara eine genaue<br />
Analyse des Baustils der osmanischen Zeit und der älteren Epochen. Auf dieser Grundlage<br />
sollte der Modernismus überwunden und ein eigener türkischer Baustil gefunden werden.<br />
Fernsehturm Endem<br />
Die Istanbuler Baukunst der letzten Jahrzehnte ist von einem heterogenen Stilgemisch<br />
geprägt, das von der Sinan nachgebildeten Moschee bis zu Hochhäusern mit internationalem<br />
Aussehen, von historisierenden Hotels bis zu gesichtslosen Wohnvierteln vielfältigste<br />
Aspekte bietet.<br />
130
Die Bauwerke des Architekten Sedad Hakkı Eldem, die im „türkischen“ Stil errichtet wurden,<br />
sind etwa Sosyal Sigortalar Külliyesi (1970), Atatürk Kütüphanesi (1976), Koç Holding A.S.<br />
Nakkaştepe Tesisleri (1986), das Hotel InterContinental in Beyoğlu (1968), Barbaros Plaza<br />
(1987), Yapı ve Kredi Bankası (1995), ĐşBank Tower 1 (2000), Sapphire of Istanbul (2009)<br />
sowie Diamond of Istanbul (2010), die allesamt in Levent stehen und mit Höhen von über 100<br />
m die höchsten Gebäude in Istanbul bilden.<br />
Zu den Fernsehtürmen Istanbuls, die nach den 1960er Jahren gebaut wurden, gehören der 166<br />
Meter hohe Fernsehturm Çamlıca im gleichnamigen Viertel Çamlıetwa im Stadtteil Üsküdar<br />
und der 236 Meter hohe Fernsehturm Endem im Stadtteil Büyükçekmece.<br />
Brücken<br />
Die europäischen Stadtteile werden über das Goldene Horn durch die Galatabrücke (Neubau<br />
von 1992), die Atatürk-Brücke und die Haliç-Brücke (Fatih-Brücke), über die eine<br />
Umgehungsautobahn verläuft, miteinander verbunden. Im Stadtteil Büyükçekmece wird eine<br />
1567 fertig gestellte Bogenbrücke, die Kanuni-Sultan-Süleyman-Brücke, nur noch von<br />
Fußgängern genutzt.<br />
Für den Kraftfahrtverkehr existieren zwei Hängebrücken über den Bosporus, die 1973<br />
eröffnete Bosporus-Brücke mit 1.074 m Länge und die Fatih-Sultan-Mehmet-Brücke mit<br />
1.090 m Länge, die 1988 dem Verkehr übergeben wurde.<br />
Straßen und Plätze<br />
Taksim-Platz<br />
Der Taksim-Platz in Beyoğlu ist der verkehrsreichste Platz Istanbuls. Von hier aus führen<br />
Straßen in alle Richtungen, darunter die Tarlabaşı Bulvarı nach Fatih, die Cumhuriyet<br />
Caddesi zum nördlichen Stadtteil Şişli, die Đnönü Caddesi in Richtung Beşiktaş und die<br />
Đstiklal Caddesi hinab zum Tünel-Platz. Der Taksim-Platz ist regelmäßig Schauplatz für<br />
Demonstrationen. Das wohl blutigste Ereignis der jüngeren Geschichte ereignete sich am 1.<br />
Mai 1977, als Teilnehmer einer Gewerkschaftskundgebung von Unbekannten von<br />
umliegenden Häusern aus beschossen wurden. Dabei starben mindestens 34 Menschen und<br />
Hunderte wurden verletzt, sowie 453 festgenommen.<br />
131
Am Taksim-Platz liegt das Denkmal der Republik, das an die Gründung der Republik im<br />
Jahre 1923 erinnert. Die Đstiklal Caddesi ist die bekannteste Straße. Sie führt vom Tünel-Platz<br />
über den Galatasaray-Platz zum Taksim-Platz. Am Galatasaray-Platz liegt eine ehemalige<br />
kaiserliche Schule, das Galatasaray-Gymnasium. Die Bankalar Caddesi befindet sich ebenso<br />
in Beyoğlu. An dieser „Bankenstraße“ hatten im Osmanischen Reich viele Finanzinstitute und<br />
Geschäfte ihren Sitz, so auch die Ottomanische Bank.<br />
Parks<br />
Haupteingang des Yıldız-Parks<br />
Der Yıldız-Park, zu Deutsch „Stern-Park“, erstreckt sich hinter dem Çırağan-Palast an den<br />
Hängen des europäischen Bosporusufers. Im Park befinden sich Sultansvillen, darunter den<br />
Yıldız-Palast. Hinzu kommen ein Opernhaus, eine Moschee und eine Manufaktur. Damit<br />
wurde Ende des 19. Jahrhunderts die osmanische Tradition fortgesetzt, locker gruppierte<br />
kleinere Gebäude in einer Parklandschaft als Wohnstätten und Zweckbauten zu nutzen. Dieser<br />
etwa 160 Hektar große Park wurde ursprünglich von dem französischen<br />
Landschaftsarchitekten G. Le Roy gestaltet. Er ließ seltene und exotische Bäume, Büsche und<br />
Blumen pflanzen.<br />
Der Park wurde mit der neuen Technik des elektrischen Lichtes erleuchtet und durch<br />
Drainagen trocken gehalten. Sorgfältig angelegte Wege boten Zugang zu Aussichtspunkten.<br />
Der Park wurde in den 1980er Jahren vom Türkischen Touring- und Automobilclub (TTOK)<br />
renoviert.<br />
Der Miniatürk in Beyoğlu gehört mit einer Fläche von 6 Hektar zu den größten Miniaturparks<br />
der Welt. Auf einem Pfad befinden sich mehr als 105 Miniaturmodelle, die die Bauepochen<br />
des Osmanischen Reiches repräsentieren, darunter allein 45 Miniaturmodelle zu Istanbul. Zu<br />
ihnen gehören die Hagia Sophia und der Topkapı-Palast, aber auch die zwei Weltwunder der<br />
Antike, das Mausoleum von Halikarnassos und der Tempel der Artemis in Ephesos. Auch<br />
Miniaturmodelle einiger Sehenswürdigkeiten außerhalb der Türkei wie die Al-Aqsa-Moschee<br />
und der Felsendom in Jerusalem, wurden erstellt.<br />
132
Gülhane-Park<br />
Der Gülhane-Park, zu deutsch Rosenhaus-Park, befindet sich innerhalb der äußeren,<br />
zinnenbewehrten Mauern des Topkapı-Palastes und nimmt den westlichen Teil der<br />
Serailspitze ein. Der Gülhane-Park war einst Teil des äußeren Gartens des Topkapı-Palastes.<br />
Ein Teil des äußeren Gartens wurde 1912 von der Gemeinde der Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht. War er früher ein Ort für ritterliche Spiele und Bogenschießwettbewerbe, so ist er<br />
heute ein bewaldeter Volkspark mit Konzerten, Teegärten und weiteren Angeboten.<br />
Geologisch liegt der Gülhane-Park auf dem Hang von Eminönü. Der Gülhane-Park wurde in<br />
den letzten Jahren restauriert, die Wanderrouten neu geordnet und der große Pool in einem<br />
modernen Stil renoviert. Mit konkreten Strukturen wurde die natürliche Landschaft der<br />
1950er Jahre mit den Bäumen aus dem Jahre 1800 ersetzt.<br />
Den mit 267 Metern höchsten Punkt Istanbuls markiert der Büyük Çamlıca-Park. Drei<br />
Kaffeehäuser [55] im Stil des 18. Jahrhunderts bekrönen den von Pinien, Eichen und Zypressen<br />
bestandenen Park. In der Nähe steht der Fernsehturm Çamlıca. Einst war dieser Ort einer der<br />
Lieblingsplätze des Sultans Mahmuds II.. Bis Ende der 1970er Jahre verfielen die Anlagen<br />
des Çamlıca-Hügels jedoch zusehends. Er wurde durch illegale Gebäude verstellt und als<br />
Parkplatz für Autos umfunktioniert, bis in den 1980er Jahren die Stadtverwaltung den Hügel<br />
touristisch erschloss.<br />
Sport<br />
Das Şükrü-Saraçoğlu-Stadion, Austragungsort des UEFA-Pokal-Finales 2008/09<br />
133
Wie im Rest der Türkei ist Fußball die beliebteste Sportart in Istanbul. Die Stadt ist die<br />
Heimat zahlreicher Fußballvereine, darunter 2011 fünf Teams der Süper Lig, der höchsten<br />
Spielklasse der Türkei. Zu ihnen zählen die drei erfolgreichsten Mannschaften in der<br />
Geschichte des türkischen Ligafußballs, der 18-fache Meister Fenerbahçe Istanbul, der 17fache<br />
Meister, UEFA-Pokal- und Supercup-Sieger Galatasaray Istanbul, der 13-fache Meister<br />
Beşiktaş Istanbul, sowie Istanbul Büyükşehir Belediyespor und Kasımpaşaspor.<br />
Fenerbahçe Istanbul trägt seine Heimspiele im Fenerbahçe-Şükrü-Saracoğlu-Stadion in<br />
Kadıköy aus. Galatasaray Istanbul spielt in der Türk Telekom Arena in Seyrantepe mit einer<br />
Kapazität von 52.650 Plätzen. Das Atatürk-Olympiastadion ist die Heimstätte des Erstligisten<br />
Istanbul Büyükşehir Belediyespor. Es wurde 2004 als Fünfsternestadion ausgezeichnet.<br />
Beşiktaş Istanbul ist der älteste Sportverein in Istanbul (Fußballabteilung ab 1911) und trägt<br />
seine Heimspiele im Inönü-Stadion im Stadtteil Beşiktaş aus. Es hat ein Fassungsvermögen<br />
von 36.000 Plätzen.<br />
Auch Basketball und Volleyball sind sehr populär. Es bestehen mehrere professionelle Klubs,<br />
unter anderen im Basketball (Efes Pilsen Istanbul und Fenerbahçe Ülker) sowie im Volleyball<br />
(Eczacıbaşı Istanbul und Vakıfbank Istanbul), die in ihren eigenen Schulen Spieler ausbilden.<br />
Golf, Sportschießen, Reiten und Tennis gewinnen immer mehr an Bedeutung, werden aber<br />
überwiegend von Ausländern und wohlhabenden Einheimischen betrieben. Für Aerobic,<br />
Bodybuilding und Gerätegymnastik stehen zahlreiche Fitnessstudios zur Verfügung. Paintball<br />
ist in zwei großen Klubs in der Nähe von Istanbul vertreten. Fernöstliche Sportarten wie<br />
Aikido und auch Yoga sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Es gibt mehrere<br />
Zentren in der Stadt, wo sie ausgeübt werden können.<br />
Jedes Jahr findet in Istanbul die Rennsportveranstaltung Großer Preis der Türkei statt. Dieser<br />
Grand Prix wurde erstmals in der Formel-1-Saison 2005 ausgetragen. Veranstaltungsort ist<br />
der Istanbul Park Circuit im asiatischen Teil im Viertel Kurtköy, der zum Stadtteil Tuzla<br />
gehört. Die Haupttribüne der Rennstrecke bietet 26.250 überdachte Sitzplätze. Zusätzlich zur<br />
Haupttribüne an der Start- und Zielgeraden sind neun weitere Tribünen und fünf freie Flächen<br />
auf Anhöhen für insgesamt 125.000 Zuschauer vorhanden.<br />
Freizeit und Erholung<br />
Holzhaus und Pferdekutsche: typische Attribute von Büyükada, der größten Prinzeninsel, dem<br />
Erholungsort für viele Istanbuler<br />
134
Wegen der Verschmutzung des Meeres verschwanden in der Stadt gelegene traditionelle<br />
Badeorte allmählich, seit einigen Jahren jedoch eröffnen manche alte Plätze aufgrund der<br />
inzwischen verbesserten Badewasserqualität neu. Zu den am häufigsten aufgesuchten Orten<br />
innerhalb der Stadt gehören Bakırköy, Küçükçekmece, Sarıyer und der Bosporus, außerhalb<br />
der Stadt sind es am Marmarameer die Prinzeninseln, Silivri und Tuzla sowie am Schwarzen<br />
Meer Kilyos, Riva und Şile.<br />
Die Prinzeninseln sind eine Inselgruppe im Marmarameer vor den Stadtteilen Maltepe und<br />
Kartal. Mit ihren Kiefern- und Pinienwäldern, hölzernen, vom Jugendstil geprägten<br />
Sommervillen aus der Wende zum 20. Jahrhundert, Pferdekutschen (Motorfahrzeuge sind<br />
nicht erlaubt) und Fischrestaurants sind sie ein bedeutendes Ausflugsziel. Von den neun<br />
Inseln sind vier bewohnt.<br />
Eingang des Galatasaray Hamamı<br />
Şile ist ein bekannter türkischer Badeort am Schwarzen Meer, 50 Kilometer von Istanbul<br />
entfernt. Seit den 1980er Jahren wurden Feriensiedlungen und Hotels ausgebaut. Außerhalb<br />
von Şile sind weiße Sandstrände zu finden.<br />
Kilyos und Riva sind kleine, ruhige Badeorte unweit des Eingangs des Bosporus zum<br />
Schwarzen Meer. Ebenso sind die Dampfbäder in der Istanbuler Altstadt für Erholungen sehr<br />
beliebt. Die bekanntesten und meist besuchten Dampfbäder sind der Beyazıt Hamamı, der<br />
Çardaklı Hamamı, der Çemberlitaş Hamamı (von Sinan 1584 errichtet) [56] und der keramische<br />
Hamam in Fatih, weitere Dampfbäder sind der Galatasaray Hamamı in Beyoğlu und der Alter<br />
Hamamı in Üsküdar.<br />
Der Hıdiv-Wald liegt direkt am Bosporus im Stadtteil Beykoz auf der asiatischen Seite. Dort<br />
befindet sich die Residenz des ägyptischen Gouverneurs Abbas Hilmi Pascha. Es finden sich<br />
auch einige Brunnen und Wasserbecken, diverse Cafés, Restaurants sowie private<br />
Freizeitareale.<br />
135
Ein weiteres Naherholungsgebiet ist der Belgrader Wald (Belgrad Ormanı) im Norden des<br />
Stadtteils Eyüp, etwa 20 Kilometer von der Altstadt entfernt. Der rund 5,5 Hektar große Wald<br />
bietet Freizeitanlagen, Picknick-Plätze, Reit- und Wanderwege. Er wurde im 18. Jahrhundert<br />
unter Sultan Abdülhamid I. angelegt.<br />
In Eyüp befindet sich ein Delfinarium.<br />
Regelmäßige Veranstaltungen<br />
Marathonläufer überqueren beim 30. Istanbul-Marathon 2008 die Bosporus-Brücke<br />
Am 21. März findet das Newroz-Fest (türk. Nevruz Bayramı) statt. Zum Beispiel in<br />
Cankurtaran (Sultanahmet) kommt es dabei jedes Jahr zu einer großen Open-Air-<br />
Veranstaltung.<br />
Ende April wird das International Istanbul Film Festival in Beyoğlu in mehreren Kinos<br />
veranstaltet. Dieses älteste und bedeutendste internationale Filmfestival der Türkei fand 1982<br />
zum ersten Mal statt.<br />
Am 23. April begeht man den Feiertag der Nationalen Souveränität und des Kindes zum<br />
Beispiel mit einer morgendlichen Parade auf der Đstiklal Caddesi in Beyoğlu, wo Kinder<br />
Folklore zeigen und musizieren.<br />
Beim einwöchigen Internationalen Ülker Puppen Festival Istanbul Anfang Mai werden<br />
Karagöz-Aufführungen in verschiedenen Kulturzentren der Stadt und auch internationale<br />
Darbietungen geboten. Ebenfalls im Mai präsentieren Kompanien und Ensembles aus aller<br />
Welt ihre Stücke beim Internationalen Istanbul Theater Festival. Dieses Festival findet im<br />
jährlichen Wechsel mit der Internationalen Istanbul Biennale statt.<br />
Das orthodoxe Osterfest fällt oft in den Monat Mai und wird von den griechisch-orthodoxen<br />
Gemeinden als ihr höchstes kirchliches Jahresfest gefeiert.<br />
136
Das Internationale Istanbuler Musik Festival widmet sich im Juni vornehmlich Ballett- und<br />
Opernaufführungen sowie der Orchester- und Kammermusik, meist in der ehemaligen Kirche<br />
Hagia Irene und im Atatürk-Kulturzentrum am Taksim-Platz. An den längsten Tagen des<br />
Jahres bietet seit 2001 das Efes Pilsen One Love Festival ein breites Spektrum von Pop und<br />
Hiphop bis Latin und Punk. Bis zu 15.000 Zuschauer kommen bei diesem zweitägigen<br />
Festival im Kunst- und Kulturzentrum SantralĐstanbul zusammen.<br />
Parade am Feiertag der Befreiung (Zafer Bayramı) in Istanbul<br />
Alljährlich im Juli organisiert das Nationale Olympische Komitee der Türkei (türk. Türkiye<br />
Milli Olimpiyat Komitesi) den Eurasischen Schwimmwettkampf im Bosporus, bei dem die<br />
Meerenge vom europäischen zum asiatischen Teil Istanbuls durchquert wird. Das<br />
zweiwöchige Internationale Istanbul Jazz Festival bietet internationale und lokale Musik aus<br />
so unterschiedlichen Bereichen wie konventionellem Jazz, Electronica, Drum ’n’ Bass, World<br />
Music und Rock unter anderem im Cemil Topuzlu Open-Air Theater, Istanbul Modern, in der<br />
Cemal Reşit Rey Konzert Halle, dem Istanbuler Jazz Center und dem Nardis Jazz Club. Eine<br />
weitere Veranstaltung ist das größte Open-Air-Konzert in der Türkei: Das Rockfestival<br />
Rock’n Coke, das seit 2003 mit bis zu 50.000 Besuchern Mitte des Sommers stattfindet und<br />
seit 2009 im Istanbul Park Circuit veranstaltet wird. Dort findet seit 2005 auch der Große<br />
Preis der Türkei, ein Formel-1-Rennen statt.<br />
An drei Tagen im August wechseln sich beim Electronica Istanbul Festival auf acht Open-<br />
Air-Bühnen internationale DJs und Electronica-Acts ab. Deren Spektrum reicht von House<br />
über Trance bis Mashup. Am 30. August findet der Feiertag der Befreiung (Zafer Bayramı)<br />
statt, der an den Sieg des Başkomutanlık Meydan Savaşı im türkischen Befreiungskrieg<br />
erinnert.<br />
Immer am 29. Oktober findet der Feiertag der Republik (Cumhuriyet Bayramı) statt, der an<br />
die Ausrufung der Republik durch Atatürk im Jahr 1923 erinnert. Im Herbst wird seit 1979<br />
der Istanbul-Marathon veranstaltet. Der Start ist in Üsküdar auf der asiatischen Seite Istanbuls<br />
und das Ziel im Inönü-Stadion beziehungsweise vor dem Dolmabahçe-Palast, wenn der<br />
Fußballclub Beşiktaş Istanbul ein Heimspiel hat. Beim Marathon werden die Bosporus-<br />
Brücke und die Galatabrücke überquert. Auch im Herbst findet seit 1987 die Istanbul<br />
Biennale statt, die von der Đstanbul Foundation for Culture and Arts organisiert wird.<br />
137
Kulinarische Spezialitäten<br />
Osmanische Küche wird vor allem in Üsküdar, Kadıköy und Beyoğlu in Restaurants<br />
angeboten. Koschere Küche findet man in Beyoğlu und im alten Stambul. Das Istanbuler<br />
Lebensmittel, das eine besondere Ausprägung oder Geltung hat, ist Lokum, ein süßer Konfekt<br />
aus Zucker (ursprünglich Honig), Stärkemehl (ursprünglich Weizenmehl), Pistazien,<br />
Mandeln, Nüssen und anderen Zutaten. Traditionelle Firmen produzieren bis zu 18<br />
Lokumsorten, zum Beispiel angereichert mit Extra-Pistazien (zweimal geröstete Pistazien),<br />
mit Rosenaroma, mit Mastix, mit Kaffee, mit Zimt oder mit Ingwer. Eine weitere Istanbuler<br />
Spezialität ist Boza, ein leicht alkoholisches Getreidegetränk aus Weizen oder Hirse. Boza<br />
wird vor allem im Winter getrunken. Kokoreç sind gegrillte oder gebratene Schafseingeweide,<br />
die in der ganzen Türkei große Beliebtheit genießen. Man unterscheidet zwischen zwei<br />
Kokoreç-Varianten, zwischen der Istanbul-Variante und der Đzmir-Variante. Die Istanbul-<br />
Variante wird mit gehackten Tomaten, Zwiebeln und Gewürzen (hauptsächlich Kreuzkümmel<br />
und Chilipulver) gemischt und auf dem Blech oder auf einem Spieß aufgerollt gegrillt.<br />
Einzelhandel<br />
Kapalı Çarşı<br />
Der Große Basar (Kapalı Çarşı) ist an Werktagen geöffnet. Er ist vollständig überdacht und<br />
beherbergt viele Hans, Hallen, Straßen und Gassen, in deren Geschäften verschiedene Waren<br />
wie Antiquitäten, Teppiche, Schmuck oder Keramik verkauft werden. Ein weiterer großer<br />
Markt ist der Ägyptische Basar (Mısır Çarşısı). Er wurde 1660 auf Anweisung der Mutter des<br />
Sultans Mehmed IV. (1642–1693) errichtet. Dort wird mit Gewürzen, Obst, Gemüse und<br />
Tieren gehandelt. Im Dreieck zwischen Großem Basar, Ägyptischem Basar und der<br />
Süleymaniye-Moschee findet man eine große Zahl von Geschäftsstraßen und -gassen mit<br />
Verkaufsständen, offenen Läden, Manufakturen, Hans und Pasaj genannten<br />
Kleinkaufhäusern. Diese Straßen tragen wie in den älteren Städten Europas noch die Namen<br />
der ehemals hier produzierenden und handelnden Berufsstände. Der Balık Pazarı in Beyoğlu<br />
ist ein großer Fischmarkt, aber auch Obst und Gemüse sowie Meze und Rakı werden hier<br />
angeboten. Straßenhändler sind überall unterwegs; so die Verkäufer von Getränken oder von<br />
Sesamkringeln (Simit).<br />
138
Wie in allen größeren Städten der Türkei, sind auch in Istanbul in den vergangenen Jahren<br />
zahlreiche große Geschäftskomplexe, genannt AVM (türk. Alışveriş Merkezleri für<br />
Einkaufszentren), nach amerikanischem Vorbild entstanden. Zu den wichtigsten<br />
Einkaufszentren Istanbuls gehört das Forum AVM in Bayrampaşa, welches mit 495.000<br />
Quadratmetern wahrscheinlich das größte Einkaufszentrum Europas ist. Es beinhaltet neben<br />
verschiedenen Einzelhändlern auch die erste türkische Niederlassung des schwedischen<br />
Möbelhauses Ikea, sowie einen Unterwasser-Zoo und eine Eisskulpturen-Galerie. Auch das<br />
zweitgrößte Einkaufszentrum Europas, das Şişli Kültür ve Ticaret Merkezi befindet sich in<br />
Istanbul, genauer im Stadtteil Şişli. Weitere Einkaufszentren sind im europäischen Teil das<br />
Capacity und Carousel in Bakırköy mit mehreren Kaufhäusern, Boutiquen und Restaurants,<br />
das Akmerkez in Beşiktaş im Viertel Etiler mit Filialen aller bekannten Marken, Boutiquen,<br />
einem Vergnügungszentrum mit Spielhallen, Kinos, Restaurants und Fastfood-Ketten, die<br />
Einkaufszentren Metro City und Kanyon in Levent und im asiatischen Teil das Capitol in<br />
Kadıköy mit vielen Läden, gastronomischen Einrichtungen und Kinos.<br />
Wirtschaft und Infrastruktur<br />
Wirtschaft<br />
Das Geschäftsviertel Levent<br />
In der Marmararegion konzentrieren sich 40 bis 50 Prozent der türkischen Wirtschaftsleistung.<br />
In deren Zentrum Istanbul werden 28 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet.<br />
Die hohe Diversifizierung der Wirtschaft führt dazu, dass 2005 fast die Hälfte aller<br />
türkischen Exporte aus Istanbul stammte. Darüber hinaus ist die Stadt Hauptsitz des<br />
türkischen Presse- und Verlagswesens.<br />
Istanbuls Wirtschaft verzeichnete seit der Liberalisierung der Märkte in den 1980er Jahren,<br />
mit Einbrüchen, einen allgemeinen Aufwärtstrend. Dieser Trend wird durch Studien bestätigt,<br />
die Istanbul zu den 50 am schnellsten sich entwickelnden Städten der Welt zählen. Die Viertel<br />
Levent im Stadtteil Beşiktaş und Maslak im Stadtteil Şişli sind die zwei wichtigsten Finanz-<br />
und Wirtschaftszentren. Das Bruttoinlandsprodukt stieg seit 1980 um durchschnittlich fünf<br />
Prozent pro Jahr. Die Asienkrise zwischen Juli 1997 und Anfang 1998 und die Krise in<br />
Russland zwischen August 1998 und Mitte 1999 waren in allen Bereichen, besonders beim<br />
Export, zu spüren und zeigten negative Auswirkungen auf die Wirtschaft.<br />
139
Als trotz dieser Belastung etwa Mitte 1999 eine langsame Erholung der Wirtschaft Istanbuls<br />
zu beobachten war, verursachte nach der Krise in Russland das Erdbeben vom 17. August<br />
1999 mit Epizentrum bei Kocaeli östlich der Stadt den zweiten ökonomischen Schock. Neben<br />
den durch die Katastrophe verursachten Kapitalausfällen und den menschlichen Verlusten war<br />
ein Rückgang des BIP von etwa ein bis zwei Prozent zu verzeichnen. Das von<br />
Dienstleistungen beherrschte Wirtschaftsleben dominieren Börse, Großhandel, Verkehrs-,<br />
Bank-, Presse- und Verlagswesen.<br />
Es gibt mehrere Basare sowie Geschäftsstraßen im westlichen Stil. Die handwerklichen und<br />
industriellen Betriebe produzieren vor allem Textilien und Nahrungsmittel. Daneben sind<br />
Leder- und Kunstlederwaren sowie keramische Erzeugnisse von Bedeutung. Auch der Bau<br />
von Bussen und Traktoren sowie Dieselmotoren ist ein bedeutender Wirtschaftszweig. An<br />
Bosporus und Marmarameer sind neue Anlagen für die Industrie entstanden.<br />
Ein bedeutender Wirtschaftszweig ist der Tourismus. Das Angebot an Hotels ist der großen<br />
Zahl von Besuchern entsprechend. Im Jahr 2000 kamen insgesamt 1.747.606 Touristen nach<br />
Istanbul, darunter 208.226 Touristen aus Deutschland, 198.270 aus den Vereinigten Staaten,<br />
114.185 aus dem Vereinigten Königreich, 104.589 aus Frankreich und 83.499 aus Italien.<br />
Verkehr<br />
Fernverkehr<br />
Die Stadt ist mit zwei Flughäfen, zwei Busbahnhöfen, zwei Bahnhöfen, dem Hafen und ihrem<br />
Autobahnnetz ein bedeutender Knotenpunkt im nationalen und internationalen Personen- und<br />
Güterfernverkehr.<br />
Straßenverkehr<br />
Der Busbahnhof Esenler<br />
Von Istanbul aus fahren Busse in alle wichtigen Städte und Regionen des Landes sowie zu<br />
einigen Zielen in Europa und dem Nahen Osten. Der Busbahnhof Esenler mit täglich 15.000<br />
Busbewegungen im europäischen Teil der Stadt ist einer der größten Busbahnhöfe Europas<br />
und einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte des Landes und Südosteuropas. Das 242.000<br />
Quadratmeter große Areal, das der Busbahnhof in Anspruch nimmt, liegt im europäischen<br />
Teil im Stadtteil Bayrampaşa nahe dem namensgebenden Stadtteil Esenler.<br />
140
Das Autobahnnetz um Istanbul ist trotz umfangreichen Ausbaus dem sprunghaft<br />
angestiegenen Verkehrsaufkommen oftmals nicht gewachsen. Neben den zwei<br />
Ringautobahnen O-1, mit einer Gesamtlänge von 87 Kilometern, und O-2, mit einer<br />
Gesamtlänge 38 Kilometern, führen Autobahnen nach Edirne (O-3) und Ankara (O-4).<br />
Schienenverkehr<br />
Empfangsgebäude des Bahnhofs Haydarpaşa<br />
Der Eisenbahn-Fernverkehr ist für eine Stadt dieser Größe äußerst bescheiden. Es gibt zwei<br />
Fernbahnhöfe, von denen jeweils nur wenige Züge pro Tag verkehren. Ein Grund hierfür ist<br />
die dominierende Rolle des Busverkehrs in der Türkei.<br />
Der Bahnhof Sirkeci, der historische Endpunkt des Orient-Express, ist Endhaltestelle für alle<br />
Eisenbahnlinien auf der europäischen Seite. Im Fernverkehr verkehren 2012 Züge der<br />
staatlichen türkischen Eisenbahngesellschaft TCDD nach Bukarest, nach Sofia und nach<br />
Belgrad sowie zum Grenzbahnhof Uzunköprü.<br />
Vom Bahnhof Haydarpaşa am asiatischen Ufer des Bosporus, dem Startpunkt der historischen<br />
Bagdadbahn, fahren mehrmals täglich Züge der TCDD nach Ankara, seltener zu anderen<br />
Zielen in Anatolien, [61] und einmal wöchentlich nach Teheran und nach Aleppo.<br />
Die beiden Bahnhöfe sind per Personenfähre Eminönü–Haydarpaşa verbunden. Über den<br />
Bosporus führt keine Eisenbahnstrecke, ein Tunnel ist jedoch im Rahmen des Marmaray-<br />
Projekts im Bau. Für den Güterverkehr verkehren bis zur Fertigstellung Eisenbahnfähren.<br />
141
Seeverkehr<br />
Ein Schiff passiert die Meerenge<br />
Der Ambarlı Limanı ist der Hafen Istanbuls im Stadtteil Avcılar. Er ist der größte Hafen des<br />
Landes, nach der umgeschlagenen Tonnage von Schüttgut nahm er 2006 den ersten Platz ein.<br />
Im Hafen werden etwa 38 Prozent des Im- und Exports der Türkei sowie 63 Prozent der<br />
Marmararegion abgewickelt. Er wird von der ALTAŞ Ambarlı Liman Tesisleri Tic. A.Ş.<br />
betrieben, die am 9. September 1992 gegründet wurde. Der Haydarpaşa Limanı in Kadıköy ist<br />
ebenfalls ein wichtiger Hafen, der mit einer Fläche von 55.000 Quadratmetern der Haupthafen<br />
im asiatischen Teil Istanbuls ist. Vom Hafen gibt es eine Zugverbindung zum<br />
nächstgelegenen Kopfbahnhof Haydarpaşa.<br />
Der alte Hafen am Goldenen Horn dient vornehmlich der Personenschifffahrt. Linienverkehr<br />
besteht nach Haifa in Israel und Odessa in der Ukraine. Von Bostancı aus gibt es Fähren nach<br />
Bursa und Yalova.<br />
Luftverkehr<br />
Istanbul verfügt über zwei internationale Flughäfen: Der größere der beiden ist der Atatürk-<br />
Flughafen am Rande des europäischen Teils der Stadt im Stadtteil Bakırköy, 24 Kilometer<br />
westlich der Stadtmitte. Der neuere, aber kleinere ist der Sabiha-Gökçen-Flughafen, 45<br />
Kilometer östlich des Stadtzentrums im Stadtteil Tuzla gelegen.<br />
Stadt- und Nahverkehr<br />
Der enorme innerstädtische Verkehr passt nicht zum osmanischen Aufbau der Stadt und ihrer<br />
in sich geschlossenen Quartiere. Die Gebäude eines solchen Stadtteils (Mahalle) gruppieren<br />
sich fast konzentrisch meist um eine Freitagsmoschee. Wenige öffentliche Zufahrten (Tarîk-i<br />
âmm) und enge Privatstraßen (Tarîk-i hâss), oft Sackgassen, bestimmen das labyrinthische<br />
Bild. Durchgangsstraßen fehlen. Diese Quartiere sind nur lose miteinander verbunden.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mit internationaler Beratung im alten Istanbul breite<br />
Straßen und weite Plätze für den Auto- und Busverkehr geschaffen. Eine Hauptachse bildete<br />
dabei eine heute noch wichtige Durchgangsstraße von Sultan Ahmet bis jenseits der<br />
Landmauer, die sich am konstantinschen Straßensystem orientierte. Ähnliche Verhältnisse<br />
herrschten in den asiatischen Stadtteilen. Offenere Straßenzüge bestimmten dagegen von jeher<br />
das genuesisch geprägte Pera oder Galata im heutigen Beyoğlu.<br />
142
Inzwischen wurden im gesamten Stadtgebiet Binnen- und Durchgangsstraßen sowie<br />
Verbindungsstraßen zu den Stadtteilen an der Peripherie gebaut, wobei alte Bausubstanz in<br />
großem Umfang zerstört wurde.<br />
Straßenbahn und U-Bahn wurden nach und nach ausgebaut, jedoch hat Istanbul kein<br />
geschlossenes und übersichtliches Nahverkehrsnetz. Die Linien ergänzen einander nur selten.<br />
Sie sind meist darauf ausgelegt, Pendler von den Vororten ins Zentrum zu bringen.<br />
Verbindungen zwischen verschiedenen zentrumsnahen Stadtteilen fehlen. Für ein<br />
geschlossenes Nahverkehrssystem müssten die U-Bahn-Strecken auf 505 km ausgebaut<br />
werden.<br />
Straßenverkehr<br />
Metrobussystem in Istanbul<br />
Busse, Sammeltaxis (Dolmuş), Taxis und private PKW spielen eine wichtige Rolle. Die<br />
gelben Taxis stellen einen erheblichen Anteil am Gesamtverkehr.<br />
Da nur wenige Schienenstrecken existieren, tragen die Stadtbusse die Hauptlast des<br />
öffentlichen Nahverkehrs. An wichtigen Knotenpunkten, etwa in Taksim, Eminönü oder<br />
Beyazıt, bestehen Busbahnhöfe. Taksim ist außerdem der wichtigste innerstädtische Endpunkt<br />
für Dolmuş-Linien.<br />
Seit dem 17. September 2007 werden von der Stadtverwaltung auch Metrobusse (Metrobüs)<br />
eingesetzt. Die Metrobusse und Busse werden von der ĐETT betrieben. Zurzeit gibt es drei<br />
Linien: 34 Avcılar-Zincirlikuyu, 34A Edirnekapı-Söğütlüçeşme (transkontinental über die<br />
Brücke fahrend) und 34T Avcılar-Topkapı. Die 34 ist keine zufällige Linienbezeichnung,<br />
sondern eine besondere Zahl für Istanbul, da sie die Kreiszahl der Stadt ist (die man bei<br />
Autokennzeichen und auch Postleitzahlen nutzt).<br />
Den Warentransport übernehmen Lastkraftwagen. Ab und zu sieht man noch einen<br />
Lastenträger (Hamal), besonders auf den Treppen der Einkaufsstraßen zwischen dem Großem<br />
Basar und der Galatabrücke.<br />
143
Schienenverkehr<br />
Linien des<br />
öffentlichen<br />
Schienenpersonen-<br />
Nahverkehrs in<br />
Istanbul<br />
Metro: M1A | M1B |<br />
M2 | M3 | M4 | M5 |<br />
M6<br />
Tram: T1 | T3 | T4<br />
(Haff Metro) | T5<br />
(Nostaljik Tramvay)<br />
S-Bahn: Marmaray |<br />
B1 | B2<br />
unterirdische<br />
Standseilbahnen: F1 |<br />
Tünelbahn<br />
Çağdaş Tramvay<br />
Station Levent der Istanbuler Metro<br />
144
Der "Tünel" am Talbahnhof Karaköy<br />
Zwei Linien Banliyö Trenleri (Vorortzüge) der türkischen Staatsbahn (TCDD) führen auf<br />
beiden Seiten des Bosporus am Marmarameer entlang und verbinden die dort gelegenen<br />
Küstenorte mit den Innenstadtbahnhöfen Sirkeci auf der europäischen (Streckenlänge 30 km)<br />
und Haydarpaşa auf der asiatischen Seite (Streckenlänge 44 km). Am 4. Januar 1871 wurde<br />
auf europäischer Seite die Strecke von Küçükçekmece nach Yedikule eröffnet. Sie wurde<br />
1872 von Küçükçekmece nach Halkalı und von Yedikule zum Endbahnhof Sirkeci verlängert.<br />
Die asiatische Strecke ging am 22. September 1872 auf dem Abschnitt Pendik – Feneryolu in<br />
Betrieb. 1873 wurde sie stadtauswärts nach Gebze und stadteinwärts bis zum Endbahnhof<br />
Haydarpaşa verlängert. Derzeit ist geplant, die beiden Teilsysteme mit einem Bosporus-<br />
Tunnel zu verbinden (das sogenannte Marmaray Projesi). Dabei wären dann allerdings die<br />
beiden Bahnhöfe Sirkeci und Haydarpaşa nicht miteinander verbunden. Haydarpaşa soll<br />
stillgelegt werden. Doch könnten sich die Pläne erneut ändern, da in<br />
Ayrılıkçeşme/Đbrahimağa, wo ein großer Umsteigebahnhof entstehen soll, bei Grabungen<br />
historische Artefakte gefunden wurde, die Lage war somit 2009 weiterhin unklar. [64] Die<br />
Metro, Hafif Metro, die Straßenbahnlinien T1 und T3, sowie die Standseilbahn Füniküler<br />
Kabataş–Taksim (F1) werden von der Đstanbul Ulaşım betrieben. Betreiber der Nostaljik<br />
Tramvay und des Tünel ist jedoch die ĐETT.<br />
Metro<br />
Hafif Metro<br />
Standseilbahnen<br />
Füniküler Kabataş–Taksim<br />
145
Die Tünel-Bahn zwischen Karaköy und dem Tünel-Platz im auf dem Hügel gelegenen<br />
Stadtteil Beyoğlu ist eine 574 Meter lange unterirdische Standseilbahn ohne<br />
Linienbezeichnung, die am 12. Januar 1875 eröffnet wurde. Sie ist die drittälteste U-Bahn der<br />
Welt.<br />
Die Standseilbahnlinie F1 führt vom am Bosporus gelegenen Kabataş zum Taksim-Platz<br />
hinauf. Diese unterirdisch verlaufende Standseilbahn wurde am 30. Juni 2006 eröffnet und<br />
verbindet die etwa einen halben Kilometer voneinander entfernten Endpunkte in 110<br />
Sekunden.<br />
146
Straßenbahnen<br />
Es existieren drei Straßenbahnlinien im Großraum Istanbul. Davon werden zwei von der<br />
Đstanbul Ulaşım betrieben.<br />
Die Straßenbahnlinie T1 führt quer durch das historische Istanbul (Streckenlänge knapp 20<br />
Kilometer). Die Eröffnung fand am 13. Juni 1992 auf dem Abschnitt Beyazıt – Yusufpaşa<br />
statt. In mehreren Abschnitten wurde die Strecke bis in den Stadtteil Zeytinburnu verlängert<br />
(31. Januar 1994). Die Verlängerung vom Bahnhof Sirkeci nach Eminönü (20. April 1996)<br />
und dann weiter nach Kabataş brachte auch den Anschluss über die neue Galatabrücke an die<br />
Stadtteile nördlich des Goldenen Horns. Seit dem 4. Februar 2011 fährt die Linie T1 von<br />
Zeytinburnu weiter nach Bağcılar; dadurch wurde die ehemalige Linie T2 von Zeytinburnu<br />
nach Bağcılar aufgelöst.<br />
Triebwagen 202 ist ein T57, ex Tw 102 aus Jena<br />
Die Straßenbahnlinie T3 ist eine Museumsstraßenbahn zwischen Kadıköy und Moda im<br />
asiatischen Teil der Stadt. Sie wurde am 1. November 2003 eröffnet. Es handelt sich um eine<br />
nur in einer Richtung betriebene, 2,6 Kilometer lange Ringstrecke, die einen eindrucksvollen<br />
Parcours durch den hügeligen und mit engen Straßen durchzogenen Stadtteil verfolgt. Die<br />
Strecke wird mit verschiedenen Gotha- (T57, T59) und Rekowagen (TZ 70) bedient, die fast<br />
durchweg von der Straßenbahn Jena stammen. Auf den Fahrzeugen ist die Linienbezeichnung<br />
20 zu lesen (dies ist jedoch keine gültige Linienbezeichnung).<br />
Die Nostaljik Tramvay ist eine 1,6 Kilometer lange, historische Straßenbahn ohne konkrete<br />
Linienbezeichnung, die in der ehemaligen Pera-Straße und heutigen Đstiklal Caddesi im<br />
Stadtteil Beyoğlu zwischen dem Tünel-Platz und dem Taksim-Platz verkehrt. Die mit<br />
historischen Fahrzeugen durchgeführte Linie wurde am 12. April 1990 eröffnet und wird<br />
seitdem von der ĐETT betrieben.<br />
Schiffsverkehr<br />
Ein reger Schiffsverkehr herrscht zwischen den europäischen und den asiatischen Stadtteilen.<br />
Autofähren und Passagierschiffe queren den Bosporus in dichtem Taktverkehr. Die<br />
wichtigsten Fähranleger sind in Bakırköy, Eminönü, Karaköy und Besiktaş auf europäischer<br />
sowie in Beykoz, Kadıköy, Kartal, Maltepe und Üsküdar auf asiatischer Seite. Täglich<br />
verkehren Fähren zwischen den drei Prinzeninseln Büyükada, Heybeliada und Kınalıada und<br />
dem Viertel Bostancı im Stadtteil Kadıköy. Die Fähren werden von der Gesellschaft Đstanbul<br />
Deniz Otobüsleri A.Ş. betrieben.<br />
147
Medien<br />
Die Zentrale der überregionalen Tageszeitung Hürriyet in Güneşli im Stadtteil Bağcılar<br />
In Istanbul erscheinen alle 34 landesweit ausgerichteten Tageszeitungen der national<br />
zentrierten Presse: [65] Darüber hinaus sind 14 Stadtteilzeitungen staatlich registriert.<br />
Istanbul ist Sitz globaler Fernseh- und Radionetzwerke wie der Nachrichtensender NTV, die<br />
Fernsehsender Samanyolu TV und ATV sowie das Radio TRT-Istanbul.<br />
Über tausend Film- und Serienproduktionen, darunter die Serie Kurtlar Vadisi und die<br />
Fortsetzung der Serie Kurtlar Vadisi Pusu, wurden bisher in der Bosporus-Metropole gedreht.<br />
Viele Unterhaltungssendungen und Talkshows werden in der Stadt aufgezeichnet.<br />
Öffentliche Einrichtungen [Bearbeiten]<br />
Von den 190 Krankenhäusern in Istanbul gehören 52 zur vierten Versorgungsstufe. Das 1852<br />
gegründete Deutsche Krankenhaus (türk. Alman Hastanesi) in Hasanpaşa im Stadtteil<br />
Kadıköy gehört zu den ältesten Krankenhäusern Istanbuls. [67]<br />
Das Polizeipräsidium (Đstanbul Emniyet Müdürlüğü, kurz ĐEM) besteht seit 1932. Es ist<br />
zuständig für die gesamte Provinz Istanbul. Der Hauptsitz der Polizei befindet sich im<br />
Stadtteil Fatih. Das Polizeipräsidium Istanbul beschäftigte 2009 rund 26.800 Beamte.<br />
Polizeipräsident ist Hüseyin Çapkın.<br />
Bildung und Forschung<br />
Technische Universität Istanbul<br />
148
2009 beherbergte Istanbul 4.350 Schulen, in die 2.991.320 Schüler gingen. [69] Die<br />
bedeutendsten Universitäten sind die im Jahre 1933 gegründete Universität Istanbul, deren<br />
Wurzeln bis ins Jahr 1453 reichen, die 1944 begründete Technische Universität Istanbul, die<br />
aus einer 1773 gegründeten Ingenieurschule hervorging, [70] die englischsprachige Bosporus-<br />
Universität, die Marmara-Universität, die 1911 eröffnete Technische Universität Yıldız und<br />
die 1996 neu eröffnete Fatih-Universität.<br />
Weitere Hochschulen sind die Bahçeşehir-Universität, die Beykent-Universität, die<br />
Marinekriegsschule (Deniz Harp Okulu), die Doğuş-Universität, die Galatasaray-Universität,<br />
die Haliç-Universität, die Luftwaffenschule (Hava Harp Okulu), die Işık-Universität, die<br />
Istanbul-Bilgi-Universität, die Istanbul-Kültür-Universität, die Istanbul-Ticaret-Universität,<br />
die Kadir-Has-Universität, die Koç-Universität, die Maltepe-Universität, die Mimar-Sinan-<br />
Universität für bildende Künste, die Okan-Universität, die Sabancı-Universität und die<br />
Yeditepe-Universität.<br />
Im Stadtteil Beykoz entsteht derzeit die Deutsch-Türkische Universität.<br />
Allgemeinbildende weiterführende Schulen sind die staatliche und private türkischsprachige<br />
Schule, das Galatasaray-Gymnasium in Beyoğlu, das fremdsprachige staatliche Gymnasium,<br />
die Istanbul Lisesi in Fatih, weitere fremdsprachige private Gymnasien wie das<br />
österreichische St. Georgs-Kolleg und die Deutsche Schule Istanbul in Beyoğlu, die Anadolu<br />
Lisesiler (Anatoliengymnasien), die ursprünglich für die aus dem Ausland heimgekehrten<br />
türkischen Kinder eingerichtet wurde, wie zum Beispiel die Üsküdar Anadolu Lisesi mit<br />
Deutsch als erster Fremdsprache und Fachunterricht auf Deutsch.<br />
Wichtige Istanbuler Forschungsinstitute sind das Marmara-Forschungszentrum (TÜBĐTAK<br />
Marmara Araştırma Merkezi – TÜBĐTAK MAM) in Gebze, die mit rund 650 Forscherinnen<br />
und Forschern die größte außeruniversitäre Forschungsstätte in der Türkei ist. Es umfasst die<br />
Institute für Informationstechnologien, Energie-, Nahrungsmittel-, Chemie- und Umwelt- und<br />
Materialforschung, sowie Erd- und Meereswissenschaften. An das Forschungszentrum ist<br />
außerdem ein Technologiepark angeschlossen.<br />
Söhne und Töchter der Stadt<br />
Istanbul war Geburtsort zahlreicher prominenter Persönlichkeiten. Die bekanntesten sind<br />
unter anderem der Politiker und Ministerpräsident der Türkei Recep Tayyip Erdoğan, der<br />
Politiker Bülent Ecevit, der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG Dieter Zetsche, der<br />
Journalist und Chefredakteur Abdi Đpekçi, die Fußballspieler Emre Belözoğlu und Nihat<br />
Kahveci, der Schriftsteller Orhan Pamuk, die Sänger Serdar Ortaç und Mustafa Sandal, die<br />
Schauspieler Mehmet Ali Erbil und Cem Yılmaz und der Gründer von Galatasaray Istanbul,<br />
Ali Sami Yen.<br />
149
Bosporus<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Bosporus<br />
Der Bosporus, im unteren Teil des Bildes Đstanbul, das<br />
sowohl in Europa (links) als auch in Kleinasien (rechts) liegt<br />
Verbindet Gewässer Marmarameer<br />
mit Gewässer Schwarzes Meer<br />
Trennt Landmasse Kleinasien<br />
von Landmasse Europa<br />
Länge 30 km<br />
Geringste Breite 700 m<br />
Küstenorte Istanbul<br />
Brücken<br />
Bosporus-Brücke, Fatih-Sultan-<br />
Mehmet-Brücke<br />
Tunnel Marmaray (in Bau)<br />
150
Der Bosporus (griechisch Βόσπορος „Rinderfurt“, von βοῦς boũs „Rind, Ochse“ und πόρος<br />
póros „Weg, Furt“; türkisch Boğaz „Schlund“, bzw. Karadeniz Boğazı für „Schlund des<br />
Schwarzen Meeres“; veraltet „Straße von Konstantinopel“) ist eine Meerenge zwischen<br />
Europa und Kleinasien, die das Schwarze Meer (in der Antike: Pontos Euxeinos) mit dem<br />
Marmarameer (in der Antike: Propontis) verbindet; daher stellt er einen Abschnitt der<br />
südlichen Innereurasischen Grenze dar. Auf seinen beiden Seiten befindet sich die Stadt<br />
Istanbul, deren Geografie vor allem von ihm geprägt ist. Der Bosporus hat eine Länge von ca.<br />
30 km und eine Breite von minimal 700 m und maximal bis zu 2,5 Kilometer. In der Mitte<br />
variiert die Tiefe zwischen 36 und 124 m (bei Bebek). Zwei gegenläufige Strömungen fließen<br />
durch den Bosporus: an der Oberfläche vom Schwarzen Meer zum Marmarameer (große<br />
Flüsse münden in das Schwarze Meer und führen zu einem Wasserüberschuss) und in etwa 40<br />
m Tiefe als Gegenströmung in umgekehrte Richtung (unterschiedliche Salinität; Mittelmeer:<br />
3,6–3,9 Gewichtsprozent, Schwarzes Meer: 1,7–1,8; salziges Wasser hat eine höhere Dichte).<br />
Die Oberströmung ist nachmittags stärker als vormittags; nur bei Südwestwind kehrt sich die<br />
Oberströmung um und fließt dann nach Norden.<br />
Die Durchfahrtsrechte für die internationale Schifffahrt wurden 1936 im Vertrag von<br />
Montreux geregelt.<br />
Entstehung<br />
1997 sorgten die amerikanischen Meeresbiologen William Ryan und Walter Pitman mit ihrer<br />
Sintflut-Hypothese für Aufsehen. Sie besagt, dass der Bosporus nur etwa 7.500 Jahre alt ist.<br />
Davor sei das Schwarze Meer ein Binnengewässer etwa 120 m unter dem heutigen<br />
Meeresspiegel gewesen. Im Laufe der holozänen Meerestransgression durch Abschmelzen<br />
eiszeitlicher Gletscher sei etwa im sechsten Jahrtausend v. Chr. das Mittelmeer über das<br />
Marmarameer und Bosporus in das Schwarze Meer eingebrochen. Der sehr ebene Grund der<br />
tief in den Fels eingeschnittenen, relativ breiten Wasserstraße wird als Indiz für die sehr große<br />
Strömungsgeschwindigkeit des Wassers bei seiner Entstehung interpretiert.<br />
Sowohl Zeitpunkt als auch Ablauf dieses Ereignisses werden sehr kontrovers diskutiert.<br />
Umweltforscher aus den USA und Kanada (Teofilo Abrajano, Rensselaer Polytechnic<br />
Institute, Ali Aksu, University of Newfoundland) führten Analysen der Sedimente im<br />
Marmarameer durch, die die Sintflut-Hypothese ihrer Ansicht nach widerlegen. Demnach<br />
strömt das Wasser schon seit dem Ende der letzten Eiszeit kontinuierlich aus dem Schwarzen<br />
Meer ins Mittelmeer.<br />
Wasserströmung<br />
Aus dem Schwarzen Meer fließt ein kräftiger Oberstrom, und in umgekehrter Richtung, in<br />
etwa 40 m Tiefe ein schwächerer Unterstrom in entgegengesetzter Richtung, dieser durch den<br />
fast doppelt so hohen Salzgehalt des Mittelmeeres gegenüber dem Schwarzen Meer bedingt.<br />
Wegen der wasserreichen Zuflüsse in das Schwarze Meer (besonders die Donau, aber u.a.<br />
auch Dnepr, Dnister, Don, Südlicher Bug) beträgt der Wasserüberschuss des Schwarzen<br />
Meeres etwa 300 km³ pro Jahr. Das Wasser aus dem Schwarzen Meer fließt über das<br />
Marmarameer und die Dardanellen in die Ägäis und das Mittelmeer - mit einer<br />
durchschnittlichen Geschwindigkeit von 3 Knoten (stellenweise bis 8 Knoten).<br />
151
Während der griechischen Antike konnten die Griechen mit ihren Schiffen während der<br />
Segelperiode (später Frühling bis Sommer) nicht durch den Bosporus segeln. Während der<br />
Segelperiode bliesen Nordostwinde, die Strömungsgeschwindigkeit im Bosporus erhöhte sich<br />
dann auf durchschnittlich 4 Knoten, dagegen konnten die griechischen Schiffe nicht kreuzen.<br />
Auch ihre Rudergeschwindigkeit reichte nicht aus, um gegen die Strömung anzukommen.<br />
Erst mit dem Aufkommen stärkerer Ruderboote (Pentekontere) konnten die Griechen mit<br />
ihren Schiffen durch den Bosporus ins Schwarze Meer gelangen.<br />
Es herrscht Wind aus Nord bis Nordost vor. Die Gezeiten sind sehr schwach. Bei seltenen<br />
Südwinden dreht sich die Wasserströmung an der Oberfläche gelegentlich auf Nordrichtung.<br />
Auch an der Straße von Gibraltar fließt das Wasser an der Oberfläche in Richtung Mittelmeer<br />
und in der Tiefe in entgegengesetzte Richtung. In der Antike konnten nur durch diese<br />
Gegenströmung, die mit einem Treibanker als Antrieb nutzbar gemacht wurde, Schiffe vom<br />
Mittelmeer in den Atlantik segeln. Das Mittelmeer ist ein arides (trockenes) Meer - die<br />
Verdunstung übersteigt den Wasserzufluss aus den einspeisenden Flüssen. Dagegen ist der<br />
Wasserzufluss in das Schwarze Meer aus seinen einspeisenden Flüssen größer als die<br />
Verdunstung.<br />
Bedeutung<br />
Mündung ins Schwarze Meer<br />
Der Bosporus (türkisch: Đstanbul Boğazı) gilt als eine der weltweit wichtigsten Wasserstraßen,<br />
er ermöglicht bedeutenden Küstenstreifen der Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres –<br />
darunter Russland, die Türkei, die Ukraine, Rumänien, Bulgarien und Georgien – den<br />
maritimen Zugang zum Mittelmeer und damit Zugang zum internationalen Seehandel. Neben<br />
Agrargütern und Industrieprodukten hat nicht zuletzt das Erdöl einen entscheidenden Anteil<br />
am großen Transportvolumen auf diesem Weg. Insbesondere die Anrainerstaaten am östlichen<br />
Schwarzen Meer sowie deren durch Pipelines angebundenes Hinterland gelten als Erdöl-<br />
Lieferanten des 21. Jahrhunderts, zugleich aber politisch auch als Unruhe-Regionen. Nach<br />
einer Greenpeace-Aktion, die auf das Unfallrisiko für den Schiffsverkehr aufmerksam<br />
machte, wurden Ende 2002 die Auflagen zur Durchfahrt für Öltanker verschärft. Im Jahr<br />
durchfahren etwa 50.000 Schiffe diese Meerenge. Im Jahr der Unterzeichnung des Vertrages<br />
von Montreux (1936) waren es lediglich 4.500 pro Jahr. Innerhalb des Bosporus liegt auf der<br />
westlichen Seite das Goldene Horn, eine langgezogene Bucht und ein seit langem genutzter<br />
natürlicher Hafen.<br />
152
Geschichte<br />
Bereits in den antiken Sagen wurde der Bosporus erwähnt. Jason musste auf seiner Fahrt nach<br />
Kolchis die lebensgefährlichen Symplegaden passieren - zwei mythologische Felseninseln,<br />
die an der Einmündung des Bosporus in das Schwarze Meer liegen.<br />
Der Name Bosporus (Kuh- oder Ochsenfurt) stammt daher, dass hier nach der Sage die in<br />
eine Kuh verwandelte Io auf ihrer Flucht hinüberschwamm.<br />
Als die Bezeichnung Bosporus im Altertum auch für andere Meerengen verwendet wurde,<br />
nannte man die Straße von Konstantinopel Thrakischen Bosporus (Thraci scheu Bosporus) -<br />
zur Unterscheidung vom Cimerischen Bosporus oder Kimmerischen Bosporus (Straße von<br />
Kertsch).<br />
Bosporus-Karte um 1888<br />
Der persische König Dareios I. ließ im 6. Jahrhundert v. Chr. die Schiffbrücke über den<br />
Bosporus bauen, der so sein angeblich 700.000 Mann starkes Heer für seinen Feldzug gegen<br />
die Skythen übersetzte.<br />
Die Großmächte, die im Laufe der Geschichte den Bosporus kontrollierten (Oströmisches<br />
Reich, Osmanisches Reich), strebten damit auch eine Kontrolle über das Schwarze Meer an.<br />
So ließ Sultan Bayezid I. 1390 die Gelibolu-Schiffswerft errichten, um den Bosporus und<br />
damit die Schifffahrtsroute zwischen Konstantinopel (heute Istanbul) und dem Schwarzen<br />
Meer zu kontrollieren. Konstantinopel war zu dieser Zeit noch nicht osmanisch.<br />
153
Für diesen Zweck führte er auch Schiffsinspektionen für alle Schiffe ein, die den Bosporus<br />
durchfahren wollten, und verweigerte gegebenenfalls auch die Durchfahrt. Zum Zwecke der<br />
Kontrolle des Bosporus wurde auch die Festung Anadolu Hisarı (auf der asiatischen Seite)<br />
errichtet. Später ließ Mehmed II. als Vorbereitung auf die Belagerung und Eroberung<br />
Konstantinopels die Festung Rumeli Hisarı (auf der europäischen Seite) errichten - genau<br />
gegenüber der Festung Anadolu Hisarı. Danach hatte das osmanische Reich die volle<br />
Kontrolle über den Zugang zum Schwarzen Meer und kämpfte um dessen volle Kontrolle. Für<br />
eine gewisse Zeit wurde Schiffen, die unter der Flagge der Republik Venedig bzw. der<br />
Republik Genua fuhren, die freie und ungehinderte Durchfahrt zu ihren Kolonien im<br />
Schwarzen Meer gewährt; später mussten sie eine Reisegenehmigung (izn-i sefine) erwerben<br />
und eine Steuer entrichten. Nach 1484 (nach der Eroberung von Kili und Akkirman unter<br />
Bayezid II.) wurde dann aber allen Schiffen unter ausländischer Flagge die Durchfahrt durch<br />
den Bosporus verwehrt. Wegen der vollständigen Isolierung des Schwarzmeerraumes vom<br />
internationalen Handel wurde diese Region im 16. Jahrhundert zum internen Meer des<br />
Osmanischen Reiches. Anfangs war die gesamte Schwarzmeerküste osmanisch beherrscht.<br />
Eine privilegierte Flotte von 120 Schiffen (Unkapani kapan-i dakik; je 175 t Ladung)<br />
transportierte im Auftrag des Reiches Getreide aus dem Donaudelta und von der anatolischen<br />
Schwarzmeerküste. Zusätzlich waren Handelsschiffe auf eigene Rechnung unterwegs, die für<br />
jede Reise einen Antrag stellen mussten.<br />
Später eroberte Russland Teile der nördliche Schwarzmeerküste (1739 Festung Asow, 1769<br />
Taygan, 1778 Gründung der Hafenstädte Kerson und 1794 Odessa, 1783 russische Eroberung<br />
der Krim), und es gab einen Freihandel mit diesen Gebieten, der besonders von den Griechen<br />
aus der Ägäis (damals unter osmanischer Herrschaft) betrieben wurde. Die Kapitäne der<br />
auslaufenden Schiffe mussten dafür bürgen, dass die gesamte Besatzung wieder zurückkehrte,<br />
da in der russischen Flotte ein großer Bedarf an qualifizierten (griechischen) Seeleuten<br />
bestand und sie sich bereits zu einem großen Teil aus griechischen Seeleuten aus dem<br />
osmanischen Herrschaftsbereich rekrutiert hatte. Der Kapitän musste in späteren Jahren sogar<br />
eine Bürgschaftsurkunde (Geldbürgschaft) seiner Heimatgemeinde vorlegen bzw. einen<br />
vermögenden Bürgen in Istanbul vorweisen. Die Fälle von (angeblich) unterwegs<br />
verstorbenen – und deshalb nicht mehr zurückkehrenden – Seeleuten wurden streng<br />
untersucht.<br />
Dieser Status blieb bis 1774 erhalten, als der Friede von Küçük Kaynarca geschlossen wurde.<br />
Bis zum Anfang des 18. Jahrhundert hatte das Osmanische Reich allen Schiffen unter fremder<br />
Flagge, einschließlich der Handelsschiffe, auch dem kleinsten Boot, die Zufahrt zum<br />
Schwarzen Meer versagt. So blieb die Region unter totaler osmanischer Kontrolle. Nach 1774<br />
durften russische Schiffe den Bosporus passieren und um 1800 auch die Schiffe anderer<br />
europäischer Staaten (1783 Österreich, 1802 Frankreich und Großbritannien).<br />
Den russischen Schiffen war jedoch der Transport bestimmter Güter durch den Bosporus<br />
untersagt. Insbesondere wollten die Osmanen verhindern, dass Getreide weitertransportiert<br />
wurde, da sie selber einen großen Bedarf dafür hatten.<br />
Russischen Kriegsschiffen wurde jedoch die Durchfahrt durch den Bosporus streng verwehrt,<br />
auch als man versuchte, die Durchfahrt für russische Kriegsschiffe ohne Bewaffnung zu<br />
erbitten. Diese sollte als getrennte Ladung auf Handelsschiffen durch den Bosporus<br />
transportiert werden.<br />
154
Das Verbot der Durchfahrt von russischen Kriegsschiffen wurde erstmals gelockert, als<br />
Russland dem Osmanischen Reich seine militärische Hilfe anlässlich Napoleons<br />
Ägyptenfeldzug (1798 bis 1801) anbot. Das Osmanische Reich gestattete russischen<br />
Kriegsschiffen für die Dauer des Krieges die Durchfahrt. Als der 7. russisch-türkische Krieg<br />
(1806 bis 1812) ausbrach, schlossen die Osmanen einen Beistandspakt mit Großbritannien<br />
(1809 in Kala-i Sultaniye) - für den Fall eines französischen Angriffs. Dabei wurde den<br />
britischen Kriegsschiffen das Recht gewährt, bis zum südlichen Eingang des Bosporus zu<br />
fahren.<br />
Im Vertrag von Hünkâr Đskelesi (1833) wurde russischen Schiffen ein Durchfahrtsrecht<br />
gewährt, und die osmanische Regierung verpflichtete sich, im Falle eines Krieges den<br />
Bosporus für Schiffe aller Länder zu schließen. Wegen des lautstarken Protestes von<br />
Großbritannien und Frankreich hielt dieser Vertrag aber nicht lange. Entsprechend dem<br />
Londoner Vertrag von 1841 musste der Bosporus in Friedenszeiten für alle Kriegsschiffe<br />
geschlossen bleiben - lediglich kleineren Kriegsschiffen verbündeter Nationen durfte die<br />
Durchfahrt gewährt werden - nach der Genehmigung durch einen speziellen Beauftragten.<br />
Somit wurde die Frage der Bosporusdurchfahrt eine Angelegenheit der Großmächte.<br />
In den folgenden Krimkrieg (1853 bis 1856) traten Frankreich und Großbritannien auf der<br />
Seite des Osmanischen Reiches ein und schickten ihre Kriegsflotten in das Schwarze Meer.<br />
Nach dem Krimkrieg (Dritter Pariser Frieden - 1856) hatte der Bosporus den Status einer<br />
internationalen Wasserstraße, blieb aber für Kriegsschiffe geschlossen. Dem Osmanischen<br />
Reich und Russland war das Unterhalten einer Kriegsflotte im Schwarzen Meer untersagt. Mit<br />
dem Londoner Vertrag von 1871 wurde Russland jedoch eine Kriegsflotte im Schwarzen<br />
Meer gestattet, und verbündeten Ländern wurde die Bosporusdurchfahrt von Kriegsschiffen<br />
während Friedenszeiten erlaubt. Dieser Status blieb bis zum Ersten Weltkrieg erhalten.<br />
Im Vertrag von Edirne, der nach den griechischen Unruhen (1921), angestachelt von<br />
Großbritannien, Frankreich und Russland, geschlossen wurde, wurde den Handelsschiffen<br />
aller Länder die freie Durchfahrt durch den Bosporus gewährt.<br />
Im Meerengenabkommen, das am 20. Juli 1936 in Montreux unterzeichnet wurde, wurden der<br />
Türkei die Hoheitsrechte für den Bosporus zuerkannt, die internationalen Durchfahrtsrechte<br />
geregelt und das Recht zur Sperrung der Meerenge durch die Türkei im Kriegsfall.<br />
Unterzeichnerstaaten waren die Türkei, Großbritannien, Frankreich, Japan, UdSSR,<br />
Bulgarien, Rumänien, Griechenland und Jugoslawien. Italien trat erst 1938 dem Abkommen<br />
bei.<br />
Verteidigungsanlagen (nach Meyers Lexikon 1888)<br />
"Die Küstenwerke des Bosporus, die diesen gegen einen aus dem Schwarzen Meere<br />
kommenden Feind verteidigen sollen, bestehen aus vier Gruppen.<br />
155
Die nördlichste Gruppe reicht bis zur Vöjükbucht auf der europäischen und bis Fil-Burun auf<br />
der kleinasiatischen Seite und enthält auf der 3,5 km langen und 3 bis 1 km breiten Strecke<br />
auf rumelischer Seite 5 Küstenwerke und zwar das Fort Rumeli-Feneri-Kalesst nebst einer<br />
Batterie, die Batterie Tapas-Vurun, das Fort Gharibdsche, das hochliegende Fort Vöjük-<br />
Liman mit insgesamt 97 Geschützen, und auf anatolischen Seite drei, nämlich das moderne<br />
Fort Anadoli-Feneri-Kalessi, die Poirasbatterie und das moderne Fort Fil-Burun mit insgesamt<br />
64 Geschützen.<br />
Die zweite Befestigungsgruppe, mit den wichtigsten Werken, reicht bis zur Böjükderebai und<br />
deckt den nur 570–740 m breiten Fahrwasserabschnitt; hier stehen außer den alten<br />
halbverfallenen Genueserschlössern Numeli-Kawak und Anadoli-Kawak acht Werke mit<br />
mindestens 198, wahrscheinlich aber mehr Geschützen; unter diesen Werken sind besonders<br />
zu nennen auf europäischer Seite die neue Batterie von Numeli-Kawak mit 6 schweren<br />
gezogenen Geschützen, das Fort von Tali-Tabia mit 30 glatten Geschützen in sehr guter<br />
Aufstellung unmittelbar über dem Meeresspiegel, die Batterie von Dikili und das Fort Mezar-<br />
Vurun; auf asiatischer Seite das alte Fort Anadoli-Kawak mit 11 Kruppschen Geschützen von<br />
15 bis 28 cm Kaliber, das neue Fort Iuscha, die alte Riesenburg, mit 8 Kruppschen<br />
Geschützen und das ganz moderne Fort Madschiar-Kalessi, das wichtigste Küstenwerk des<br />
ganzen B., mit 30 Kruppschen Kanonen von 15 bis 28 cm Kaliber, die in 8 m Höhe über dem<br />
Meeresspiegel stehen.<br />
Im dritten Abschnitt zwischen Bo'zükdere und Therapia liegen das Fort Alti-Agatsch und die<br />
modernen Batterien von Therapia- und Kiridj-Burun, die mit weittragenden Geschützen den 4<br />
km entfernten Pass Kawak enfilieren. Dieser Pass zwischen Rumeli- und Anadoli-Kawak ist<br />
die wichtigste Stelle der Verteidigung; er soll mit drei Minensperren im Kriege gesperrt<br />
werden.<br />
Rumeli Hisarı<br />
Die innerste Verteidigungslinie, die vierte Gruppe der Küstenwerke, liegt in dem schmalen<br />
(nur 670 in breiten) Pass zwischen den aus dem 14. Jahrh. stammenden, der Neuzeit<br />
angepassten festen Schlössern Rumeli-Hissar und Anadoli-Hissar, deren jedes etwa 20<br />
Geschütze führt, aber Platz für ungefähr die doppelte Zahl hat. Auch zwischen diesen Werken<br />
soll eine Minensperre gelegt werden, indessen ist hier der Strom ziemlich stark, 5 - 6<br />
Seemeilen in der Stunde, wodurch die Minen, wenn sie trieben, leicht für Konstantinopel<br />
gefährlich werden konnten. Vom Fort Rumeli-Hissar führt ein unterseeisches Telegraphien-<br />
Kabel über den B. nach Kandillü.<br />
156
Im Ganzen sollen in diesen Küstenbefestigungen des Bosporus nicht weniger als 534<br />
Geschütze, und zwar 304 auf europäischer und 230 auf kleinasiatischer Seite, aufgestellt sein,<br />
darunter 40 schwere Kanonen von Krupp und 50 schwere Mörser. So gut wie unvorbereitet ist<br />
die Verteidigung des Bosporus nach dem Marmarameere hin; allerdings sind bei<br />
Konstantinopel drei Küstenbatterien, die mit 150 Geschützen bewaffnet werden könnten; es<br />
sind dies die Batterie vor dem Arsenal in Tophane mit 18 Kanonen und 6 Mörsern (hat Platz<br />
für 96 Geschütze), ferner die Batterie auf der nördlichen Höhe des Serailhügels, die für etwa<br />
40 Geschütze bestimmt ist, und endlich auf asiatischer Seite in Ekutari eine Batterie in der<br />
Nähe des alten Leanderturms, für 9-14 Geschütze. Davon ist aber nur die Salutbatterie in<br />
Tophane -mit 6 Bronzekanonen- in gebrauchsfähigem Zustand."<br />
Schiffsunfälle<br />
Blick von Bebek<br />
Der Bosporus ist Tag und Nacht für den internationalen Schiffsverkehr geöffnet. Er ist einer<br />
der weltweit meist-befahrenen Seewege, da er die einzige Verbindung zwischen dem<br />
Schwarzen Meer und dem Mittelmeer ist. In den letzten 30 Jahren hat die Größe und Anzahl<br />
der durchfahrenden Schiffe durch diese schwere, überfüllte und potentiell gefährliche<br />
Wasserstraße kontinuierlich zugenommen. Pro Jahr passieren 5.500 Tanker den Bosporus und<br />
transportieren dabei 2 Mio. Barrel Öl pro Tag.<br />
Die Meeresströmung und Dunkelheit stellen die Hauptursache für Schiffsunfälle in dem<br />
engen S-förmigen Kanal dar, der eher einem Fluss als einer internationalen Wasserstraße<br />
ähnelt. Unfallschwerpunkte sind die beiden Stellen, an denen die Schiffe eine scharfe Kurve<br />
fahren müssen (80° bei Yeniköy, 70° bei Umuryeri) – in der 2 km langen, engsten Stelle des<br />
Bosporus. Insgesamt müssen die Schiffe bei der Passage des Bosporus zwölf Mahl den Kurs<br />
ändern. Am engsten Punkt (Kandillü, 700 m eng), muss der Kurs um 45° geändert werden;<br />
die Strömung kann hier 7 bis 8 Knoten betragen. Wegen der starken Kursänderungen in dem<br />
engen Gewässer ist der Blick auf die Fahrrinne versperrt und somit der entgegenkommende<br />
Schiffsverkehr nicht einzusehen. So ist bei dem kilometerlangen Bremsweg der heutigen<br />
großen Tanker ein vorausschauendes Fahren auf Sicht unmöglich.<br />
Hinzu kommt ein reger Fährverkehr zwischen europäischer und asiatischer Seite der<br />
Millionenstadt Istanbul, der die Fahrrinne kreuzt.<br />
157
Bei den meisten Unfällen haben die Schiffe ihre Manövrierfähigkeit verloren, während sie mit<br />
der Strömung fuhren und durch scharfe Kurven manövrieren mussten. Bei den Unfällen, die<br />
sich während der Nacht ereigneten, gab es im Durchschnitt doppelt so viele Opfer wie bei<br />
Unfällen am Tag. Von 1953 bis 2002 gab es 461 Schiffsunfälle im Bosporus, wobei es sich<br />
meistens um Kollisionen handelte. Seit der Einführung des Traffic Separation Scheme (TSS,<br />
dt: Betriebsverfahren zur Verkehrstrennung) 1994, das auch von der Internationale<br />
Seeschifffahrts-Organisation gebilligt wurde, sank die Anzahl der Schiffskollisionen sehr<br />
stark. Es gab danach nur noch 82 Zwischenfälle - meistens Strandung oder auf Grund laufen.<br />
Jedoch erfüllen nicht alle Schiffe die Kriterien zur TSS - wegen des Schiffstyps, ihrer Größe<br />
oder ihrer Manövrierfähigkeit. Das Traffic Separation Scheme definiert eine durch<br />
Koordinaten genau festgelegte Trennlinie (traffic separation line) zwischen dem nordwärts<br />
bzw. südwärts gerichteten Verkehr.<br />
Die größte Ölpest ereignete sich 1994, als der griechisch-zypriotische Tanker Nassia auf dem<br />
Weg von Russland nach Italien mit 56.000 t Rohöl an Bord mit dem unbeladenen Frachter<br />
Shipbroker kollidierte - an der nördlichen Einfahrt in den Bosporus. Dabei kamen 30<br />
Personen um; 20.000 t Rohöl liefen in den Bosporus, wo es fünf Tage lang brannte und<br />
entsprechende Umweltschäden hinterließ. Der Bosporus musste gesperrt werden. Es stauten<br />
sich über 200 Schiffe.<br />
Als Konsequenz aus den Unfällen und um die Passage zu entlasten, brachte die türkische<br />
Regierung 2011 die Idee ins Spiel, bis 2023 bei Silivri unter dem Namen Istanbul-Kanal eine<br />
künstliche Wasserstraße von 150 Metern Breite und etwa 50 Kilometern Länge zu errichten.<br />
Schiffspassage<br />
Satellitenaufnahme von Istanbul mit eingetragenen Stadtteilen<br />
158
Die Verfahren für die Schiffspassage des Bosporus sind getrennt für die Durchfahrten nach<br />
Süden bzw. nach Norden in dem Vorschriftenwerk Bosphorus Passage Procedure geregelt<br />
(auf welchen Frequenzen und an welchen Positionen die Stationen Turkeli Control Station,<br />
Kavak Pilot, Bosphorus Pilot und Istanbul Control Station gerufen werden müssen und an<br />
welchen Stellen Positionsmeldungen abgesetzt werden müssen).<br />
Der Erstkontakt muss vom Schiff aus jeweils 30 NM vor der Einfahrt in den Bosporus<br />
aufgenommen werden – bei Annäherung aus Norden 30 NM vor dem Turkeli-Leuchtturm, bei<br />
Annäherung aus Süden 30 NM vor Haydarpasa Break Water. Die Genehmigung zur<br />
Durchfahrt muss über Funk vom Traffic Control Center (dt. Verkehrskontrollzentrum)<br />
eingeholt werden.<br />
Segelschiffe mit einer Wasserverdrängung von über 500 t müssen spätestens 24 Stunden vor<br />
der Passage einen Segelplan abgeben.<br />
Türkische Schiffe mit einer Länge von über 150 m sind angehalten, für die Durchfahrt des<br />
Bosporus einen Lotsen an Bord zu nehmen. Für den übrigen Transit-Schiffsverkehr besteht<br />
keine Lotsenpflicht, wird aber von den türkischen Behörden stark empfohlen. Schiffe mit<br />
Lotsen an Bord haben Vorrang bei der Einfahrt in den Bosporus.<br />
Zwischen 17:30 Uhr und 7:30 (Nacht) Uhr wird nur einem Schiff mit einer Gesamtlänge über<br />
250 m die Bosporusdurchfahrt genehmigt (in der Reihenfolge der Ankunft an der<br />
Bosporuseinfahrt). Tankern wird in dieser Zeit die Durchfahrt nur gestattet, wenn sie in<br />
Begleitung eines Schleppers fahren. Ansonsten müssen sie bis zum Anbruch des nächsten<br />
Tageslichtes warten.<br />
Schiffen mit einer Gesamtlänge über 200 m bzw. einem Tiefgang über 15 m wird die<br />
Durchfahrt während des Tages empfohlen.<br />
Für Schiffe mit gefährlichen Gütern ist die Durchfahrt an einigen Stellen gesperrt, solange<br />
sich gleichzeitig ein Schiff mit ähnlichen gefährlichen Gütern im Gegenverkehr befindet.<br />
Bei Sichten unter 2 NM muss das Schiffsradar eingeschaltet sein. Bei Sichtweiten unter 1 NM<br />
dürfen Schiffe mit gefährlichen Gütern und große Schiffe nicht in den Bosporus einfahren.<br />
Bei Sichten unter 0,5 NM wird der Verkehr in beide Richtungen eingestellt.<br />
Schiffe dürfen nicht am Schlepptau eines anderen Schiffes den Bosporus passieren, außer sie<br />
werden von einem Schlepper gezogen.<br />
Die normale Geschwindigkeit darf 10 Knoten nicht übersteigen, außer wenn es zum Zwecke<br />
einer ausreichenden Steuerung erforderlich ist – nach vorheriger Genehmigung. Der Abstand<br />
zum vorausfahrenden Schiff darf 1600 yards nicht unterschreiten. Vor einer Verringerung der<br />
eigenen Geschwindigkeit sind die nachfolgenden Schiffe zu informieren.<br />
Über den Bosporus führen zwei Hängebrücken, die Bosporus-Brücke (1973) und die Fatih-<br />
Sultan-Mehmet-Brücke (1988). Die Hängebrücken verbinden Europa mit Asien.<br />
159
Schwarzes Meer<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Schwarzes Meer<br />
Das Schwarze Meer aus dem Weltall<br />
Geographische Rumänien, Bulgarien, Türkei, Ukraine,<br />
Lage Russland, Georgien<br />
Zuflüsse Donau, Dnjepr, Dnister<br />
Abfluss Bosporus<br />
Städte am Sotschi, Jalta, Burgas, Warna, Sewastopol,<br />
Ufer Constanța, Odessa<br />
Daten<br />
Koordinaten 43° 17′ 49″ N, 34° 1′ 46″<br />
Fläche 424.000 km²<br />
Länge 1,175 km<br />
Volumen 547.000 km³<br />
Maximale<br />
Tiefe<br />
2.212 m<br />
O43.29694444444434.029444444444Koordinaten:<br />
43° 17′ 49″ N, 34° 1′ 46″ O (Karte)<br />
Das Schwarze Meer ist ein zwischen Südosteuropa, Osteuropa und Vorderasien gelegenes<br />
Binnenmeer des östlichen europäischen Mittelmeeres, mit dem es über den Bosporus und die<br />
Dardanellen verbunden ist. Es ist bis 2.212 m tief und hat eine Fläche von etwa 461.000<br />
km². [2] Der Rauminhalt des Schwarzen Meeres beträgt 547.000 km³.<br />
160
Karte der Schwarzmeer-Region<br />
Etymologie<br />
Es gibt zwei Deutungen zur Herleitung des Namens Schwarzes Meer, die sich vielleicht<br />
ergänzen: Die primäre Deutung bezieht sich konkret auf die Beobachtung einer schwarzen<br />
Färbung des Wassers, die vor allem im Sediment sichtbar ist. Dies geht auf sulfatreduzierende<br />
(sulfidogene) Bakterien zurück, die durch ihre chemische Aktivität Schwefelwasserstoff aus<br />
Sulfat bilden. Zusammen mit Eisen-Ionen bilden sich dadurch Eisensulfide. Analog lässt sich<br />
der Name des Roten Meeres aus den dort vorkommenden Rotalgen ableiten. Dies war<br />
vermutlich auch der Ursprung des biblischen Namens „Blutmeer“.<br />
Eine historische Deutung ordnet die Farbe einem in der Antike üblichen System zu, das die<br />
Himmelsrichtungen symbolisch durch Farbwörter bezeichnet, wobei „schwarz“ für das<br />
„nördliche" Meer gilt, wie die Bezeichnung des Ostens als „gelb“ (Gelbes Meer). So zuletzt<br />
Rüdiger Schmitt in seinem Beitrag Considerations on the Name of the Black Sea. Sprecher,<br />
die dieses System verwandt haben, haben also südlich dieses Meeres wohnen müssen. Dies<br />
trifft allerdings nicht auf die Skythen zu, denen der Ausdruck zugeschrieben werde. Da die<br />
Bezeichnung (*Axšaina… = Schwarzes…), ebenso wie der entsprechende Name des Roten<br />
Meeres, zuerst während der Zeit der Achaimeniden benutzt wurde, sei es naheliegend, die<br />
Perser als Namensgeber dieser Meere auszumachen.<br />
Im Altgriechischen wurde *Axšaina zu Πόντος Ἄξε(ι)νος (Póntos Áxe(i)nos), „ungastliches<br />
Meer“, übertragen. Später erfolgte eine euphemistische Umwandlung von „ungastlich“ zu<br />
Πόντος Εὔξεινος (Pontos Euxeinos), „gastliches Meer“. Die Bezeichnung „Schwarzes Meer“<br />
(Πόντος Mέλας) war den Griechen jedoch ebenfalls bekannt. Wahrscheinlich erhielt die<br />
Bezeichnung durch Übersetzungen des griechischen Begriffes Einzug nach Europa. Auch die<br />
Türken übernahmen diese Namensgebung (Kara = Schwarz, Deniz = Meer). Im Mittelalter<br />
waren zudem auch die Bezeichnungen Chasarisches Meer, Russisches Meer und Skythisches<br />
Meer üblich.<br />
Vom griechischen Begriff leitet sich auch das Adjektiv pontisch ab, das in der Bedeutung von<br />
„Zum Schwarzen Meer gehörig“ verwendet wird.<br />
161
In den Sprachen früherer und jetziger Anrainer trägt es folgende Bezeichnungen: adygeisch:<br />
Хы ШIуцI, altgriechisch Πόντος Εὔξεινος/ Pontos Euxeinos, bulgarisch Черно<br />
море/Tscherno more, georgisch შავი ზღვა/Schawi sghwa, lasisch/megrelisch Uça zuğa/უჩა<br />
ზუღა/Utscha sugha, rumänisch Marea Neagră, russisch Чёрное море/Tschornoje morje,<br />
türkisch Karadeniz, ukrainisch Чорне море/Tschorne more<br />
Geographie<br />
Lage des Schwarzen Meeres<br />
Der Strand von Sudak<br />
Das Schwarze Meer liegt auf der östlichen innereurasischen Grenze zwischen Kleinasien/dem<br />
Kaukasus und Südosteuropa/Osteuropa. Die Anrainerstaaten sind im Uhrzeigersinn die<br />
Ukraine, Russland, Georgien, Türkei, Bulgarien und Rumänien.<br />
162
Wasserstraßen und Flüsse<br />
Über den Bosporus zum Marmarameer besteht eine Verbindung vom Schwarzen Meer zum<br />
Mittelmeer und über die Straße von Kertsch eine weitere zum Asowschen Meer.<br />
Wasserstraßen verbinden das Schwarze Meer über den Don zur Wolga, zum Kaspischen<br />
Meer, zur Ostsee und zum Weißen Meer sowie über die Donau und den Main-Donau-Kanal<br />
zur Nordsee.<br />
In das Schwarze Meer münden unter anderen folgende Flüsse:<br />
• Çoruh<br />
• Dnepr<br />
• Dnister<br />
• Don (Asowsches<br />
Meer)<br />
Küste<br />
• Donau<br />
• Enguri /<br />
(Inguri)<br />
• Kamtschija<br />
163<br />
• Kızılırmak<br />
• Yeşilırmak<br />
• Rioni<br />
• Ropotamo<br />
• Sakarya<br />
• Südlicher Bug<br />
Die Küste des Schwarzen Meeres ist vor allem im östlichen und südlichen Bereich nur<br />
schwach gegliedert. Typisch für den nordwestlichen Teil ist die Herausbildung von Limanen<br />
im Mündungsbereich von Bug, Dnister und Dnjepr.<br />
Inseln und Halbinseln<br />
Das Schwarze Meer ist arm an Inseln und Inselgruppen. Einzelne kleine Inseln und Eilande<br />
sind u. a. der türkischen und bulgarischen Küste vorgelagert, andere befinden sich im<br />
Mündungsgebiet der größeren Zuflüsse (Donau, Dnjepr). Die zahlenmäßig größte Inselgruppe<br />
befindet sich in der Bucht von Burgas.<br />
Die Halbinsel Krim und die ihr gegenüber liegende Taman-Halbinsel trennen das Schwarze<br />
Meer vom Asowschen Meer.<br />
Folgende Inseln finden sich unter anderem im Schwarzen Meer:<br />
• Alibej<br />
• Beresan (russ.)<br />
• Dowhyj ostriw (Dolgi<br />
ostrow)<br />
• Dscharylhatsch<br />
(ukrainisch, russ.<br />
Dscharilgatsch)<br />
• Eşek (türkisch)<br />
• Giresun Adası<br />
(türkisch)<br />
• Incir (türkisch)<br />
• Kefken (türkisch)<br />
• Kocaeli (türkisch)<br />
• Krim (ukrain.<br />
Halbinsel)<br />
• Perwomaiski (ukrain.)<br />
• Sagany<br />
• Sasyk (Kunduk)<br />
• Schlangeninsel<br />
(ukrainisch)<br />
• St. Anastasia (bulgar.)<br />
• St. Iwan (bulgar.)<br />
• St. Kirik i Julita<br />
(bulgar.)<br />
• St. Petar (bulgar.)<br />
• St. Toma (bulgar.)<br />
• Taman-Halbinsel<br />
(russ.)<br />
• Tendra-Landzunge<br />
(Tendriwska kossa)<br />
(ukrain.)<br />
• Tusla (ukrain., von<br />
Russland beansprucht)
Tiefste Stelle<br />
Die Meerestiefe beträgt an der tiefsten Stelle 2212 Meter.<br />
Größte Bucht<br />
Die größte Bucht ist die Bucht von Burgas (Bulgarien). Sie erstreckt sich an der Westküste<br />
von Kap Emine (bulgarisch Емине) im Norden bis Kap Maslen Nos (bulgarisch Маслен нос)<br />
im Süden. Der westlichste Punkt des Meeres befindet sich ebenfalls in der Bucht von Burgas<br />
und ist die Stadt selbst.<br />
Entstehung<br />
Das Schwarze Meer bildete sich als ein Relikt des erdgeschichtlichen Randmeeres der<br />
Paratethys vor 35 Mio. Jahren, aus dem auch das Kaspische Meer und der Aralsee<br />
hervorgingen. Eine bewegte Zeit mit weiteren tiefgreifenden erdgeschichtlichen Veränderungen<br />
folgte, bei denen unter anderem etwa vor 11,5 Mio. Jahren auf dem Gebiet des<br />
Schwarzen Meeres der brackische Pannon-See entstand, oder etwa vor 7 Mio. Jahren der fast<br />
süßwasserhaltige Pontische See.<br />
Zur letzten Eiszeit etwa vor 50.000 Jahren, zu der schon Menschen lebten, war das Klima kalt<br />
und trocken, viel Süßwasser war in Gletschern gebunden und das Gebiet des Schwarzen<br />
Meeres dürfte weitgehend ausgetrocknet gewesen sein.<br />
Ab 17000 v. Chr. stiegen die Temperaturen wieder. Durch ein Zusammenspiel von<br />
abschmelzenden Gletschern und sich durch Eis aufstauenden Flüssen wurde das Becken<br />
unkontinuierlich bis abrupt geflutet. Das kann direkt mit dem Süßwasser der Flusssysteme<br />
Donau, Dnepr und Don geschehen sein. Anschließend, im Verlauf der holozänen<br />
Transgressionen, würde dann das Salzwasser des Mittelmeeres durch den Bosporus in das<br />
Schwarze Meer geströmt sein. Nach einer Untersuchung durch Mitarbeiter der Woods Hole<br />
Oceanographic Institution sei der Überlauf ab etwa 7500 v. Chr. zu datieren.<br />
Der Meeresspiegel stieg ab dieser Zeit lokal um fünf Meter an. [5] William Ryan und Walter C.<br />
Pitman nahmen in einer 1997 publizierten Untersuchung an, dass dieser Einbruch 5500 v.<br />
Chr. in kataklystischer Weise stattfand und mit einer Wasserspiegelanhebung von mehr als<br />
hundert Metern in kurzer Zeit einherging. [6] Einige archäologische Funde deuten auf ein<br />
schnelles Verlassen von Siedlungen am zuvor dicht besiedelten Ufergebiet hin. [7][8]<br />
William Ryan konnte inzwischen Gräben und Auswaschungen am Boden des Schwarzen<br />
Meers nachweisen, die zu einer von dem Schweizer Wissenschaftler Mark Siddall erstellten<br />
Computer-Simulation einer gewaltigen Überflutung passen. [9][10]<br />
Der Bosporus stellt seitdem die Verbindung zum Marmarameer dar. Er hat eine Breite von<br />
760 bis 3600 Meter und ist an seiner flachsten Stelle lediglich 32 bis 35 Meter tief.<br />
164
Eigenschaften des Meeres<br />
Salzgehalt<br />
Das Wasser hat in der oberen Schicht einen (relativ niedrigen) Salzgehalt von etwa 17<br />
Promille. In den tieferen Schichten des Meeres, unter etwa 150 Metern, ist der Salzgehalt<br />
wesentlich höher. Der salinare Zufluss aus dem Mittelmeer (38–39 ‰) beträgt etwa 300 km³<br />
je Jahr und der Oberflächenabfluss von weniger salinarem Wasser aus dem Schwarzen Meer<br />
etwa 600 km³ je Jahr.<br />
Sauerstoffgehalt<br />
Das salzarme Oberflächenwasser des Schwarzen Meeres liegt wie ein Deckel auf dem<br />
dichteren, salzhaltigeren Tiefenwasser. Es herrscht somit eine stabile Schichtung mit nur<br />
unbedeutendem vertikalem Austausch. Da somit kein Sauerstoff in die Tiefe gelangt, sind<br />
weite Bereiche des Tiefwassers des Schwarzen Meeres anoxisch, d.h. frei von ungebundenem<br />
Sauerstoff. Das Schwarze Meer ist sogar das größte anoxische Meeresbecken der Erde. Das<br />
hat zur Folge, dass in den tieferen Bereichen des Meeres keine Organismen existieren können,<br />
die einen auf Sauerstoffatmung basierenden Stoffwechsel betreiben. Stattdessen werden<br />
andere Stoffe wie Sulfat als finales Oxidationsmittel verwendet. Dadurch entstehen<br />
Schwefelwasserstoff und zusammen mit zweiwertigen Eisenionen bereits erwähnte<br />
Eisensulfide (im Wesentlichen FeS und FeS2 als Pyrit oder Markasit). Konsequenz aus der<br />
Sauerstoffarmut ist, dass organische Abfälle (abgestorbene Pflanzen, Tiere usw.) nicht – wie<br />
an der Luft oder im sauerstoffreichen Wasser – vollständig zu Kohlenstoffdioxid und Wasser<br />
oxidiert werden. Es erfolgt vielmehr ein unvollständiger Abbau und am Boden sammeln sich<br />
die Überreste. Manche Geologen und Meereschemiker nehmen an, dass die Vorgänge im<br />
Schwarzen Meer denjenigen gleichen, die in vergangenen Erdzeitaltern bei der Entstehung<br />
von Erdöl bzw. Ölschiefer abliefen. Sie sprechen von euxinischen Verhältnissen. Mit anderen<br />
Worten: Aus den Fäulnisüberresten am Boden des Schwarzen Meeres könnte einmal Erdöl<br />
bzw. Ölschiefer entstehen.<br />
Methan und Methanhydrate<br />
Im anoxischen Bereich des Schwarzen Meeres entstehen zudem große Mengen Methan durch<br />
den anaeroben Abbau organischen Materials. Zusätzlich emittieren auch unterseeische<br />
Schlammvulkane Methan. Das Schwarze Meer ist zugleich das Gewässer mit der höchsten<br />
Konzentration von Methanhydraten. In bestimmten Küstenabschnitten im Osten des<br />
Schwarzen Meeres dringt soviel Methan nach oben, dass die Luft zeitweise zu brennen<br />
beginnt.<br />
Klima<br />
Das Klima entlang der Küsten des Schwarzen Meeres ist zweigeteilt: die Küste Rumäniens im<br />
Nordwesten, die Küste der Ukraine im Norden sowie die Küste Russlands im Nordosten des<br />
Meeres haben ein kontinentales Klima mit warmen Sommern und kühlen bis kalten Wintern.<br />
Die Niederschlagsmengen sind hier relativ gering aber recht gleichmäßig über das Jahr<br />
verteilt, mit einer erhöhten Niederschlagsneigung in den Sommermonaten.<br />
165
Die am südlichen Teil des Schwarzen Meeres gelegenen Küsten Georgiens, der Türkei und<br />
Bulgariens haben ein gemäßigtes Klima und weisen ein Übergangsklima mit deutlichen<br />
subtropischen Elementen auf. Dennoch wird auch hier der subtropische Einfluss des<br />
Mittelmeerraums, der eher gering ist, meist überschätzt. Die Niederschlagsmengen sind hier<br />
viel höher und auch gleichmäßig über das Jahr verteilt, mit einer hohen Niederschlagsmenge<br />
im ganzen Jahr. Zwar sind hier die Sommer genauso warm (nicht heiß), und die kühlen und<br />
gelegentlich kalten Winter sind durch höhere Durchschnittswerte gekennzeichnet, jedoch sind<br />
in der Zeit zwischen November und März kontinentale Kaltlufteinbrüche vom zentralen<br />
Balkan oder der nordöstlich befindlichen Landmassen Russlands möglich und mit<br />
Schneefällen und Temperatureinbrüchen bis deutlich unter den Gefrierpunkt verbunden.<br />
Die Kultivierung mediterraner Pflanzen, wie dies häufig in touristisch erschlossenen Gebieten<br />
Bulgariens, aber auch Georgiens und dem Südteil der Halbinsel Krim der Fall ist, ist somit<br />
nur in günstigen Lagen und mit Winterschutzmaßnahmen möglich. Kein Küstenabschnitt des<br />
Schwarzen Meeres tangiert die sogenannte Ölbaumgrenze und auch die Palmengrenze,<br />
welche gemeinhin als Indikatoren für den Bruch zwischen gemäßigtem und subtropischmediterranem<br />
Klima betrachtet werden.<br />
Wirtschaftsraum Schwarzes Meer<br />
Antike Handelsbeziehungen<br />
Griechische Kolonien in Schwarzem Meer<br />
Im Zuge der Griechische Kolonisation entstanden an der Küste des Schwarzen Meeres<br />
mehrere Kolonien, sogenannten Poleis die unter sich und mit den, anderen Völker in<br />
Küstennähe sowie mit der übrigen antiken Welt im Mittelmeer Handel betrieben. Für die<br />
Handelsbeziehungen zwischen Griechen und einheimischen Thrakern, aber auch<br />
möglicherweise innerhalb der Poleis selbst existierten seit dem späten 6. Jahrhundert vor Chr.<br />
als Form des allgemeinen Äquivalents im Handelsaustausch gegossene bronzene Pfeilspitzen,<br />
die Laut Manfred Oppermann und Iwan Karajotow in ihrem Charakter nach als Kleinbarren<br />
zu interpretieren sind.<br />
166
Dieses Pfeilgeld war keineswegs nur auf den Westpontos beschränkt, sondern auch im<br />
Bereich von Olbia und Sinope weiter östlich im Gebrauch gewesen. Wie Funde beweisen, war<br />
Histria ein wichtiges Herstellungszentrum dieser Barren, doch ist es nicht ausgeschlossen,<br />
dass damals selbst Orgame eine eigene Produktion besaß, da sich ebenfalls in der Umgebung<br />
eine beachtliche Konzentration abzeichnet, was auf Handelsaustausch mit der dortigen<br />
getischen Bevölkerung hindeutet. Im Süden hatte Apollonia derartige prämonetäre Pfeile<br />
erzeugt. Möglicherweise war sogar Antheia ein solcher Herstellungsort sowie im Bereich des<br />
Westpontos auch Odessos und Tomis.<br />
Genueser und Venezianischer Handel<br />
Kolonien und Stützpunkte Genuas<br />
Handelswege Venedigs und Genuas<br />
→ Hauptartikel: Genueser Kolonien und Venezianische Kolonien<br />
Im Gebiet des Schwarzen Meeres kann von regelrechten Kolonien, die weitgehend von<br />
Venedig dominiert wurden, erst im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts die Rede sein. Beim<br />
Zugang dorthin spielte Getreide, vor allem Weizen, mit dem Venedig und Genua zeitweise<br />
ganz Oberitalien versorgten, eine zentrale Rolle. Nach der Aufteilung des Byzantinischen<br />
Reiches im Vierten Kreuzzug 1204 waren wichtige Hafenstädte zunächst an den Rivalen<br />
Venedig gefallen, mittels eines Bündnisses mit dem um Restauration bemühten Kaiserreich<br />
Nikaia setzte sich dann jedoch wieder Genua durch.<br />
167
Nach dem Abkommen von Nymphaion 1261 setzten sich die Genuesen vor allem auf der<br />
Halbinsel Krim und am Asowschen Meer, fest. Doch gründeten sie auf der Grundlage des<br />
Abkommens Niederlassungen rund um das Schwarze Meer, so unter anderem in Trapezunt,<br />
Amastri, Simisso, Vicina im Donaudelta, Kilia, Caffa, Cetatea Albă, Tana an der<br />
Donmündung. [14]<br />
Die bedeutendste und erste genuesische Kolonie im Schwarzmeerraum, Pera bei Konstantinopel,<br />
nahm eine Sonderstellung ein und blieb bis zum Fall Konstantinopels 1453 ein<br />
wichtiger und konstanter Stützpunkt des genuesischen Handels. Für den übrigen Schwarzmeerraum<br />
wurde Caffa auf der Krim zur Hauptkolonie. Von dort kam wohl im Zuge der<br />
Kämpfe mit den Mongolen der Goldenen Horde 1348 der Schwarze Tod, die Pest, nach<br />
Europa.<br />
Heutige Beziehungen<br />
Ausschließliche Wirtschaftszonen der Schwarzmeeranrainerstaaten<br />
Die sechs Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres - (vom Süden an im Uhrzeigersinn:) Türkei,<br />
Bulgarien, Rumänien, die Ukraine, Russland und Georgien - haben sich 1992 mit Albanien,<br />
Armenien, Aserbaidschan, Griechenland, Serbien und Moldawien zu einer Schwarzmeer-<br />
Wirtschaftskooperation zusammengeschlossen. Sie soll die wirtschaftliche Entwicklung der<br />
Region fördern. So soll ein neuer Autobahnring und ein Stromverbund alle Schwarzmeeranrainer<br />
verbinden. Das Jahrhundertprojekt wurde 2007 auf der Jubiläums-Konferenz der<br />
Schwarzmeer-Kooperation von zwölf Mitgliedsländern beschlossen. [15] Für Russland wurde<br />
die Absichtserklärung zum Bau der Ring-Autobahn im Dezember 2010 vom russischen<br />
Präsident Medwedew unterzeichnet.<br />
Schifffahrt<br />
Anfang der 1840er-Jahre trafen die beiden österreichischen Reedereien Erste Donau-<br />
Dampfschiffahrts-Gesellschaft (DDSG) und Österreichischer Lloyd ein Abkommen. Dieses<br />
sah eine wöchentliche Verbindung von den Donauhäfen an das Schwarze Meer vor. Von dort<br />
aus betrieb der Österreichische Lloyd Linien in den Mittelmeerraum, und von dort aus ab<br />
Eröffnung des Sueskanals auch bis in den Nahen Osten und nach Asien. Wöchentliche<br />
Verbindungen von Istanbul nach Braila, Odessa, Nikolajew sowie Batumi wurden angeboten.<br />
Während für Handelsschiffe eine freie Passage über das Mittelmeer möglich ist, ist für<br />
Kriegsschiffe die Zufahrt in das Schwarze Meer über den Vertrag von Montreux<br />
reglementiert.<br />
168
Pipelines<br />
Die Erdgas-Pipeline Blauer Strom verläuft im östlichen Teil des Schwarzen Meeres von der<br />
russischen Küste am Meeresboden bis zur türkischen Küste. Mit der South Stream, die<br />
Russland mit Bulgarien unter dem Meeresboden verbinden soll ist zudem eine weitere in<br />
Planung.<br />
Umweltverschmutzung und Meeresschutz<br />
Der größte Anteil an Umweltverschmutzung verursachenden Substanzen gelangt über die<br />
Donau und ihr Einzugsgebiet in das Schwarze Meer.<br />
Für den Meeresschutz und die Befischung des Schwarzen Meeres wurde 1996 das<br />
ACCOBAMS („Agreement on the Conservation of Cetaceans of the Black Sea, Mediterranean<br />
Sea and Contiguous Atlantic Area“) unterzeichnet. Es regelt den Schutz der Delphine und<br />
Wale (Cetacea). Besonders bedroht sind hier die Großen Tümmler.<br />
1992 wurde in Bukarest das Übereinkommen über den Schutz des Schwarzen Meeres vor<br />
Verschmutzung verabschiedet.<br />
Städte<br />
Wichtige Hafenstädte<br />
Batumi<br />
Burgas<br />
Cherson<br />
Constanța<br />
Giresun<br />
Kertsch<br />
Mangalia<br />
Mykolajiw<br />
Noworossijsk<br />
Odessa<br />
Ordu<br />
Poti<br />
Bekannte Bade- und Kurorte<br />
• 2 Mai<br />
• Achtopol<br />
• Albena<br />
• Amasra<br />
• Burgas<br />
• Costinești<br />
• Djuni<br />
• Eforie<br />
Nord<br />
• Eforie Sud<br />
• Goldstrand<br />
• Jalta<br />
• Jupiter<br />
• Kazantip<br />
• Mamaia<br />
• Mangalia<br />
• Năvodari<br />
• Neptun<br />
• Nessebar<br />
169<br />
Samsun<br />
Sinop<br />
Sewastopol<br />
Sochumi<br />
Sotschi<br />
Sulina<br />
Trabzon<br />
• Obsor<br />
• Odessa<br />
• Olimp<br />
• Pomorie<br />
• Primorsko<br />
• Saturn<br />
Warna<br />
Zonguldak<br />
• Şile<br />
• Sinemorez<br />
• Sinop<br />
• Sonnenstrand<br />
• Sotschi<br />
• Sosopol<br />
• Trabzon
Sotschi<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Stadt<br />
Sotschi<br />
Сочи<br />
Flagge Wappen<br />
Föderationskreis Südrussland<br />
Region Krasnodar<br />
Stadtkreis Sotschi<br />
Bürgermeister<br />
Anatoli Nikolajewitsch Pachomow<br />
(geschäftsführend)<br />
Gegründet 1838<br />
Stadt seit 1917<br />
Fläche 250 km²<br />
Bevölkerung<br />
343.334 Einwohner<br />
(Stand: 14. Okt. 2010) [1]<br />
Bevölkerungsdichte 1.373 Einwohner/km²<br />
Höhe des Zentrums 30 m<br />
Zeitzone UTC+4<br />
Telefonvorwahl (+7) 8622<br />
Postleitzahl 354000–354396<br />
Kfz-Kennzeichen 23, 93<br />
OKATO 03 426<br />
Website www.sochiadm.ru<br />
Geographische Lage<br />
Koordinaten<br />
43° 35′ N, 39° 44′<br />
O43.58333333333339.73333333333330Koordinaten:<br />
43° 35′ 0″ N, 39° 44′ 0″ O (Karte)<br />
Liste der Städte in Russland<br />
Sotschi (russisch Сочи ( Aussprache ?/i ), englisch Sochi) ist eine Stadt am Schwarzen Meer<br />
in Russland. Sie liegt in der Region Krasnodar nahe der Grenze zu Georgien und hat 343.334<br />
Einwohner (Stand 14. Oktober 2010). [1] Sotschi ist einer der beliebtesten Bade- und Kurorte<br />
Russlands. Die Stadt ist Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 und Spielstätte<br />
bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018, zudem soll der Große Preis von Russland der Formel<br />
1 in Sotschi stattfinden.<br />
170
Geographie<br />
Überblickspanorama von Sotschi, im Hintergrund ist der Kaukasus zu erkennen<br />
Sotschi erstreckt sich über 145 Kilometer entlang der nordöstlichen Küste des Schwarzen<br />
Meeres. Nordwestliche Grenze ist der Fluss Schepsi wenige Kilometer südlich von Tuapse,<br />
südöstliche der Fluss Psou, welcher auch die Grenze Russlands zur von Georgien abtrünnigen<br />
Republik Abchasien bildet. Das Stadtzentrum ist von der Grenze etwa 30 Kilometer entfernt.<br />
Bereits die erste Bergkette des Kaukasus in Küstennähe mit den Kämmen Alek, Bytcha,<br />
Mamaiski, Soloniki und Tjupjutschch erreicht Höhen um 1000 m und ist für das im Winter<br />
milde Klima verantwortlich. Die Berge des Kaukasus-Hauptkammes, 25 bis 40 Kilometer von<br />
der Küste, sind hier über 3.000 Meter hoch (Zachwoa, 3345 m).<br />
Auf dem Territorium der Stadt Sotschi erreichen mehrere Bergflüsse, welche die erste<br />
Bergkette durchschneiden, das Schwarze Meer. Von Norden nach Süden sind dies Psesuapse,<br />
Schache, Sotschi und Msymta.<br />
Stadtgliederung und -verwaltung, Bevölkerungsentwicklung<br />
Bevölkerungsentwicklung<br />
Jahr Einwohner<br />
1897 1.352<br />
1926 13.000<br />
1939 71.000<br />
1959 95.234<br />
1970 224.031<br />
1979 287.353<br />
1989 336.514<br />
2002 328.809<br />
2010 343.334<br />
171
Am 10. Februar 1961 wurden zwei benachbarte Rajons, Lasarewskoje und Adler, eingemeindet,<br />
womit das heute existierende und manchmal Groß-Sotschi (Bolschoi Sotschi) genannte<br />
administrative Gebilde entstand. 1959 hatten die eingemeindeten Rajons Adler und<br />
Lasarewskoje 55.273 und 37.389 Einwohner, davon die Siedlungen städtischen Typs Adler<br />
19.658, Lasarewskoje 8.966, Dagomys 7.192 und Krasnaja Poljana 4.443 Einwohner.<br />
Heute ist die Stadt in vier Stadtrajons gegliedert: Lasarewski, Zentralny, Chostinski, Adlerski<br />
(Reihenfolge von Nordwesten nach Südosten). Zum Stadtkreis gehören auch die Siedlung<br />
städtischen Typs Krasnaja Poljana (russ. für Rote oder Schöne Lichtung) mit 3972<br />
Einwohnern und 78 Dörfer mit zusammen 69.068 Einwohnern, sodass die<br />
Gesamtbevölkerungszahl des Stadtkreises Sotschi 410.987 beträgt (Berechnung 2009). Da<br />
zum Stadtkreis auch weiträumige, praktisch unbewohnte Berggebiete gehören, ist die<br />
Bevölkerungsdichte des Stadtkreises mit knapp 120 Einwohnern pro km² im Ganzen relativ<br />
gering.<br />
Stadtrajons:<br />
• Adlerski (russ. Адлерский), 70.339 Einwohner, Ortsteile: Adler, Krasnaja Poljana<br />
• Chostinski (russ. Хостинский), 62.440 Einwohner, Ortsteile: Chosta, Kudepsta,<br />
Mazesta<br />
• Lasarewski (russ. Лазаревский), 64.068 Einwohner, Ortsteile: Asche, Dagomys,<br />
Jakornaja Schtschel, Loo, Magri, Makopse, Lasarewskoje, Soloniki, Wardane<br />
• Zentralny (russ. Центральный), 132.734 Einwohner, Ortsteil: Sotschi (Zentrum)<br />
Sotschi liegt auf dem gleichen Breitengrad wie Nizza. Das Klima der Küstenzone Sotschis ist<br />
subtropisch mit langen, heißen Sommern, warmem Herbst und kurzen, milden Wintern.<br />
Ursache ist die geschützte Lage durch die nahe an das Meer herantretenden Kämme des<br />
Kaukasus, welche allerdings auch relativen Niederschlagsreichtum bedingen.<br />
Die Jahresmitteltemperatur beträgt etwa 14 °C. Kälteste Monate sind Januar und Februar mit<br />
etwa 6 °C, wärmste Monate Juli und August mit etwa 23 °C. Die geringste je gemessene<br />
Temperatur betrug −13,4 °C (25. Januar 1892), die höchste 39,4 °C (30. Juli 2000). Im Januar<br />
wurden aber auch schon 21,2 °C gemessen (22. Januar 1948), während die Temperaturen im<br />
Juli/August noch nie unter 10 °C gefallen sind.<br />
Die durchschnittliche Wassertemperatur des Schwarzen Meeres beträgt im August 24,1 °C.<br />
Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt über 1.600 mm (zum Vergleich<br />
Berlin: 581 mm). Ein Großteil davon fällt in den Wintermonaten mit einem Maximum von<br />
etwa 190 mm im Dezember und Januar. Das sommerliche Minimum im Mai bis Juni von<br />
immerhin noch 90 bis 100 mm geht gewöhnlich in Starkregen an nur wenigen Tagen nieder.<br />
In den Gebirgslagen der Stadt sind insbesondere die Wintertemperaturen niedriger, so im<br />
knapp 600 Meter hoch gelegenen Krasnaja Poljana, wo die olympischen Skiwettbewerbe<br />
2014 ausgetragen werden, um durchschnittlich 5 bis 6 °C. Damit beträgt sie um 0 °C, in den<br />
Hochlagen entsprechend weniger. Eine geschlossene Schneedecke stellt sich im unteren Teil<br />
der Pisten gewöhnlich Mitte Januar ein und erreicht im März Höhen von 2 Metern und mehr.<br />
Im höher gelegenen Bereich erstreckt sich die Skisaison von November bis Anfang Juni.<br />
172
Verkehr<br />
Die Bahnlinie entlang der Küste westlich des Zentrums<br />
Im Stadtteil Adler, nahe der Mündung der Msymta in das Schwarze Meer, liegt der<br />
internationale Flughafen Sotschi (IATA-Code AER), den 2006 1,35 Millionen Passagiere<br />
nutzten. Bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 soll er auf eine Kapazität von vier<br />
Millionen Passagieren pro Jahr ausgebaut werden. Mit dem Umbau des benachbarten<br />
Flughafen Poti in Georgien zu einem "Drehkreuz" für den Luftverkehr in der Kaukasusregion<br />
wurde dank eines Kredits einer arabischen Investmentbank ebenfalls bereits begonnen.<br />
Entlang der Schwarzmeerküste führt durch Sotschi eine zweigleisige, elektrifizierte<br />
Eisenbahnstrecke mit Schnellzugstationen in allen großen Ortsteilen bis Adler. Es besteht eine<br />
Direktverbindung nach Moskau, Sankt Petersburg und in viele russische Städte bis nach<br />
Sibirien. Zudem ist Sotschi im Sommer immer samstags aus Berlin ohne Umsteigen zu<br />
erreichen.<br />
Der Abschnitt Tuapse–Adler wurde 1929 eröffnet, die Weiterführung nach Sochumi in<br />
Abchasien, wo Anschluss an das Transkaukasische Netz geschaffen wurde, 1944/45. Über<br />
diese Strecke kann auch heute Abchasien erreicht werden, allerdings ist die Weiterführung<br />
von Sochumi nach Georgien seit dem abchasischen Bürgerkrieg Anfang der 1990er Jahre<br />
zerstört und außer Betrieb. Die Elektrifizierung erfolgte von 1956 bis 1958. Verlief die<br />
Verbindung nach Zentralrussland anfangs über Tuapse–Armawir, so wurde sie 1978 mit<br />
Eröffnung einer neuen Direktverbindung (mit einem drei Kilometer langen Tunnel) unter dem<br />
Kaukasushauptkamm zwischen Krasnodar und Tuapse erheblich verkürzt.<br />
Der innerstädtische Verkehr wird mit Omnibussen und Vorortzügen (Elektritschkas)<br />
bewältigt. Außerdem gibt es eine Standseilbahn und mehrere Sesselbahnen (z. B. beim<br />
Botanischen Garten). Bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 ist ein umfassender<br />
Ausbau des innerstädtischen ÖPNV-Angebots geplant, unter anderem ist der Bau einer<br />
Stadtbahn mit Haltestellen am Flughafen sowie am neuen Olympiapark im Bau.<br />
173
Geschichte<br />
Blick auf Sotschi vom Schwarzen Meer aus<br />
Vom 6. bis 15. Jahrhundert gehörte das Gebiet den Königen von Georgien, die dort ein<br />
Dutzend Kirchen erbauten. Im Ortsteil Loo steht die Ruine einer byzantinischen Basilika aus<br />
dem 11. Jahrhundert. Ab dem 15. Jahrhundert wurde die Küste vom Osmanischen Reich<br />
kontrolliert. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1828–1829 wurde es 1829 mit dem<br />
Frieden von Adrianopel vertraglich an Russland abgetreten.<br />
Inmitten des Kaukasuskriegs wurde Sotschi 1838 als Fort und Siedlung Alexandrija<br />
(Александрия) gegründet. In dieser Zeit entstanden auch weitere Befestigungsanlagen, die<br />
später die Kerne heutiger Stadtteile bildeten, so das Fort des Heiligen Geistes (Fort Swjatowo<br />
Ducha, 1837, heute Adler), Lasarewski und Golowinski (1839, heute Lasarewskoje und<br />
Golowinka).<br />
1839 erfolgte die Umbenennung des Forts Alexandrija in Nawaginskoje, nach dem Namen<br />
des dort stationierten Regimentes. Die Bedingungen waren aufgrund der Kampfhandlungen<br />
und der grassierenden Malaria sehr schwer.<br />
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Forts nicht mehr gebraucht und abgerissen. Es<br />
war keine russische Bevölkerung mehr vorhanden, die Gebiete waren verödet.<br />
Die massenhafte Umsiedlungsbewegung aus verschiedenen Regionen Russlands an die<br />
kaukasische Schwarzmeerküste setzte nach dem Ende des Kaukasuskrieges 1864 ein. Nach<br />
der Bauernbefreiung 1861 siedelten sich hier gemäß einem Regierungsprogramm, aber auch<br />
spontan Bauern ohne Hof und Boden an.<br />
174
Der Seehafen von Sotschi<br />
Sotschis Dendrarium ist ein städtischer Park der eine einzigartige Sammlung von<br />
subtropischen Flora und Fauna bietet.<br />
Unter dem Namen Dachowski-Posten (Post Dachowski, wieder nach dem dort stationierten<br />
Regiment) wurde der Posten wieder errichtet. Später verlor der Posten seine militärische<br />
Bedeutung und 1874 erfolgte die erneute Umbenennung in Dachowski Possad. 1896 erhielt<br />
die Siedlung ihren heutigen, von der ubychischen Bezeichnung des durch den Ort fließenden<br />
Flüsschens, Soatschsche, abgeleiteten Namen (bzw. von der adygeischen Version Schatscha).<br />
Die auf dem Territorium der heutigen Stadt Sotschi siedelnden kaukasischen Völker (Sadsen<br />
um das heutige Adler, Ubychen um Sotschi-Zentrum und Golowinka, Schapsugen um<br />
Lasarewskoje) wurden im Verlaufe des 19. Jahrhundert von den zuwandernden Russen<br />
größtenteils verdrängt.<br />
175
Anfang des 20. Jahrhunderts begann Sotschis Entwicklung zu einem Bade- und Kurort der<br />
russischen Oberschicht. 1902 begann die Nutzung der Sulfid-Chlorid-Natrium-Heilquellen<br />
von Mazesta, einem Stadtteil im Rajon Chostinski. Es wurden Sommerhäuser im Jugendstil<br />
von Moskauer und Petersburger Architekten erbaut. Es tauchten auch die ersten Hotels auf.<br />
1909 eröffnete der Kurort Kaukasische Riviera mit zunächst zwei Hotels. 1917 erhielt Sotschi<br />
das Stadtrecht.<br />
Nach der russischen Oktoberrevolution, am 29. Juni 1918, besetzten die georgische Armee<br />
und abchassische Freiwillige die Stadt Adler, am 6. Juli stand Sotschi unter georgischer<br />
Kontrolle. Im Jahre 1919 am 26.Januar griffen die Freiwilligen und Soldaten der Armee von<br />
Denikin Sotschi an. Großbritannien, das die Souveränität Georgiens garantierte, griff nicht<br />
ein. Nach mehreren Kämpfen verließ die georgische Armee Sotschi, die georgische<br />
Bevölkerung der Stadt war schutzlos und wurde von den Russen vertrieben.<br />
Die Stadt entwickelte sich in der Sowjetunion zu einem der populärsten Badeorte. Josef Stalin<br />
ließ im nördlichen Ortsteil Dagomys eine seiner Datschen, Botscharow Rutschei, errichten.<br />
Sie dient bis heute als eine der Residenzen des russischen Präsidenten, in der das<br />
Staatsoberhaupt auch ranghohe Gäste empfängt. Seit 1937 gehört Sotschi zur Region<br />
Krasnodar. Im Zweiten Weltkrieg dienten die Sanatorien und Erholungsheime der Stadt als<br />
Lazarette. Hier wurden über 500.000 verwundete Soldaten der Roten Armee behandelt.<br />
Hunderte von Palastsanatorien, Kurhotels und Ferienressorts entstanden in dieser Zeit in<br />
Sotschi. Die meisten Sanatorien wurden zur Behandlung für Bronchial-, Lungen-, und<br />
Nervenerkrankungen errichtet. In dieser Zeit waren jährlich bis zu sechs Millionen Urlauber<br />
in Sotschi. Mit dem Ende der Sowjetunion endete zunächst auch das Konzept des Urlaubs für<br />
die Massen, aufgrund eines starken Preisanstieges für Unterkünfte, Verpflegung und<br />
Attraktionen. Derzeit besuchen etwa vier Millionen Urlauber pro Jahr den beliebtesten Kurort<br />
in Russland. Sochi hat sich auf die gewandelten Ansprüche eingestellt und die Bereiche<br />
Service und Attraktionen ausgebaut. Das Ergebnis ist eine Art russisches Venice Beach.<br />
2007 entschied das internationale Olympische Komitee, das Sochi Austragungsort der<br />
olympischen Winterspiele 2014 sein wird. Für Sochi bedeutet das große Veränderungen. Der<br />
Urlaubsort ist in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit geraten - und wird rasant ausgebaut.<br />
Kunst, Kultur und Tourismus<br />
Logo der Olympischen Spiele 2014<br />
Sotschi liegt in einer eindrucksvollen Landschaft am Fuß des Kaukasus. Vom Strand aus sind<br />
die schneebedeckten Gipfel zu sehen. Neben Sand- und Kiesstränden lockt die Stadt mit einer<br />
subtropischen Vegetation, Heilquellen, zahlreichen Parks, Denkmälern und einer<br />
extravaganten stalinistischen Architektur. Sehenswert sind unter anderem die Kathedrale des<br />
Erzengels Michael (1891) sowie das Sommertheater (1937).<br />
176
Jalta<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Jalta<br />
(Ялта)<br />
Jalta<br />
Basisdaten<br />
Oblast: Autonome Republik Krim<br />
Rajon: Kreisfreie Stadt<br />
Höhe: 40 m<br />
Fläche: 283 km²<br />
Einwohner: 80.552 (2004)<br />
Bevölkerungsdichte: 285 Einwohner je km²<br />
Postleitzahlen: 98600-98649<br />
Vorwahl: +380 654<br />
Geographische Lage:<br />
44° 30′ N, 34° 10′<br />
KOATUU: 111900000<br />
Verwaltungsgliederung:<br />
O44.497534.17305555555640Koordinaten:<br />
44° 29′ 51″ N, 34° 10′ 23″ O (Karte)<br />
2 Städte, 21 Siedlungen städtischen<br />
Typs, 1 Dorf, 8 Siedlungen<br />
Website: http://www.yalta.com.ua/<br />
177
Liwadija-Palast, Ort der Jaltakonferenz von 1945<br />
Jalta, Blick auf den Hafen<br />
Meerpromenade von Jalta<br />
Jalta (ukrainisch und russisch Ялта; krimtatarisch Yalta; armenisch Յալտա) ist ein Kur-<br />
und Urlaubsort an der Südküste der Halbinsel Krim im Schwarzen Meer in der Ukraine.<br />
178
Überblick<br />
Der Kurort hat rund 80.000 Einwohner, von denen etwa zwei Drittel Russen und etwa 25<br />
Prozent Ukrainer sind, der Rest sind Krimtataren und Mongolen und Angehörige anderer<br />
Völker. Die lingua franca ist Russisch. Eine kleine Gruppe von Deutschen ist in zwei<br />
Kulturvereinen organisiert und hat auch eine protestantische Kirche. In der Agglomeration<br />
Jalta leben etwa 125.000 Menschen.<br />
Aufgrund der Lage jenseits des Krimgebirges ist Jalta nicht an das Eisenbahnnetz<br />
angebunden. Dafür ist die Stadt Endpunkt der längsten Trolleybus-Linie der Welt. Diese wird<br />
von der Gesellschaft Krymskyj-Trolejbus betrieben und verbindet Jalta mit Aluschta und dem<br />
Bahnhof von Simferopol.<br />
Der Lage südlich des Krimgebirges und in einem Talkessel verdankt Jalta sein sehr mildes<br />
Klima: Die mittlere Temperatur beträgt im Februar 4 °C. Es schneit in Jalta selten, und die<br />
dünne Schneeschicht taut schnell wieder auf. Die Durchschnittstemperatur im Juli liegt bei ca.<br />
24 °C. Die Sonne scheint hier 2.250 Stunden im Jahr. Da immer stetig eine leichte<br />
Meeresbrise vom Schwarzen Meer weht, wird es in Jalta nie drückend heiß. Es herrscht ein<br />
subtropisches Klima. Aufgrund der günstigen geographischen Lage hat sich Jalta zu einem<br />
beliebten Ziel für Touristen schon während der Zeit der Sowjetunion entwickelt.<br />
Viele berühmte Künstler wie Tschechow, Tolstoi und Tschaikowski haben hier gelebt.<br />
Verwaltungstechnisch gliedert sich die Stadt in eine weitere Stadt (Alupka/Алупка), in 21<br />
Siedlungen städtischen Typs (Berehowe (Берегове), Wynohradne (Виноградне), Widradne<br />
(Відрадне), Woschod (Восход), Haspra (Гаспра), Holuba Satoka (Голуба Затока), Hursuf<br />
(Гурзуф), Kaziweli (Кацівелі), Korejis (Кореїз), Krasnokamjanka (Краснокам'янка),<br />
Kurpaty (Курпати), Liwadija (Лівадія), Massandra (Масандра), Nikita (Нікіта), Oreanda<br />
(Ореанда), Parkowe (Паркове), Ponysiwka (Понизівка), Sanatorne (Санаторне), Simejis<br />
(Сімеїз), Sowjetske (Совєтське), Foros (Форос)), ein Dorf (Opolsnewe (Оползневе)) und<br />
acht Siedlungen (Wyssokohirne (Високогірне), Hirne (Гірне), Danyliwka (Данилівка),<br />
Kujbyschewe (Куйбишеве), Linijne (Лінійне), Olywa (Олива), Ochotnytsche (Охотниче),<br />
Partysanske (Партизанське)).<br />
Geschichte<br />
Gegründet wurde die Stadt vermutlich von den Tauriern im 6. Jahrhundert v. Chr., was<br />
Gräber in den Abhängen des Polikurowski-Hügels nordöstlich der Stadt belegen. Im 5.<br />
Jahrhundert v. Chr. wurde das damalige Jalita dann Kolonie des antiken Griechenland. Der<br />
Name Jalita stammt vermutlich aus dem Griechischen und bedeutet einfach nur Ufer.<br />
Im 6. Jahrhundert wurde die Stadt Teil des Byzantinisches Reiches. Die erste schriftliche<br />
Erwähnung fand im 12. Jahrhundert durch den arabischen Geographen Al-Idrisi statt – die<br />
Siedlung hieß damals Dschalita (ة�����طيلاج Ǧaliṭah). Im 14. Jahrhundert wurde die Siedlung eine<br />
Genuesische Kolonie unter dem Namen Kaulita resp. Etalita. Im 15. Jahrhundert zerstörte ein<br />
Erdbeben Jalta. Es wurde dann Teil des Osmanischen Reichs. 1837 wurde die Stadt zu einer<br />
russischen Kreisstadt und 1848 die Straße nach Sewastopol gebaut. 1887 wurde das erste<br />
Sanatorium eröffnet.<br />
179
International bekannt wurde Jalta durch die Konferenz von Jalta, auf der vom 4. bis 11.<br />
Februar 1945 über das Schicksal des bald besiegten Deutschlands entschieden wurde. Daran<br />
beteiligt waren die alliierten Regierungschefs Winston Churchill, Josef Stalin und Franklin D.<br />
Roosevelt, die dort die Welt neu aufteilten.<br />
Seit 2004 findet jährlich im September das Yalta-Treffen statt, veranstaltet wird es von Victor<br />
Pinchuk Foundation und der Yalta European Strategy (YES) in der südukrainischen Stadt<br />
Liwadija.<br />
Städtepartnerschaften<br />
• Baden-Baden, Deutschland<br />
• Nizza, Frankreich<br />
Sehenswürdigkeiten<br />
• Armenische Kirche<br />
• Botanischer Garten Nikitsky (am Hang bis zum Meer, mit über 50.000 Pflanzen aus<br />
aller Welt)<br />
• Alexander-Newski-Kathedrale<br />
• Tschechow-Haus (hier wohnte der Schriftsteller Anton Tschechow von 1899 bis 1904)<br />
• Liwadija-Palast, Ort der Jaltakonferenz von 1945<br />
• Orgelsaal in Liwadija<br />
• Schloss Massandra (ehemals Staatsdatscha des Generalsekretärs der KPdSU, seit Josef<br />
Stalin)<br />
• Berg Aj-Petri (1233 m, Seilbahn von der Küste zum Gipfel)<br />
• Schwalbennest, Privat-Schloss auf der Felsküste<br />
Galerie<br />
•<br />
Das Schloss Schwalbennest<br />
180
•<br />
•<br />
•<br />
Russisch-orthodoxe Kirche in Jalta<br />
Botanischer Garten in Jalta<br />
Fleischmarkt in der Markthalle, Jalta<br />
181
Sewastopol<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Stadt Sewastopol<br />
город Севастополь<br />
Basisdaten<br />
Oblastzentrum: Sewastopol<br />
Einwohner: 378.978 (1. Dezember 2005)<br />
Bevölkerungsdichte:<br />
in Städten: 94,2 %<br />
438,63 Einwohner je<br />
km²<br />
Fläche: 864 km²<br />
KOATUU: 8500000000<br />
Postleitzahlen : 99000 - 99699<br />
Verwaltungsgliederung<br />
Rajone: -<br />
Städte: 2<br />
durch Oblast verwaltet: 0<br />
durch Rajon verwaltet: 2<br />
Stadtrajone: 4<br />
182
Sewastopol (ukrainisch und russisch Севастополь, von griech. Sebastopolis) ist die größte<br />
Stadt auf der ukrainischen Halbinsel Krim. Sie wurde unter russischer Besetzung 1783<br />
gegründet und liegt am südwestlichen Rand der Krim auf den Ausläufern des Krimgebirges<br />
direkt am Schwarzen Meer. Sie ist Heimathafen und Hauptstützpunkt der russischen<br />
Schwarzmeerflotte. Die Einwohnerzahl der Agglomeration beträgt rund 379.000 (Dezember<br />
2005).<br />
Herkunft des Namens<br />
Ursprünglich war die Stadt unter dem Namen Achtiar (Ахтиар) bekannt, einer alten<br />
tatarischen Siedlung. Im Türkischen heißt sie deshalb heute noch Akyar. Der krimtatarische<br />
Name ist Aqyar.<br />
Sewastopol kommt aus dem griechischen Wort „Sebastópolis“ (Σεβαστούπολις), einer<br />
Zusammensetzung aus „Sebastos“ (griechisch σεβαστóς) und Polis (πóλις). Aus der römischen<br />
Antike sind drei Orte dieses Namens bekannt - einer in Kleinasien, das heutige Sivas, einer in<br />
Thrakien und einer an der Ostküste des Schwarzen Meers, das heutige Sochumi. Sebastós ist<br />
nach der Verleihung des Titels „Augustus“ (27. v. Chr.) an Octavian als ersten Herrscher der<br />
römischen Kaiserzeit die offizielle griechische Übersetzung dieses Beinamens in seinen<br />
Bedeutungen „Heiliger“, „Unverletzlicher“ und sinngemäß „Majestät“.<br />
Sewastopol/Sebastopolis besagt folglich „Majestätsstadt“ oder auch „Kaiserstadt“. Diesen<br />
Namen erhielt die Stadt 1784 vom russischen Fürst Grigori Potjomkin.<br />
Geographie<br />
Karte der Ukraine<br />
Sewastopol liegt im äußersten Südwesten der Krim-Halbinsel und verteilt sich auf eine<br />
Fläche von ca. 864 km² rund um 38 Buchten, und unter Einbeziehung der Buchten sogar auf<br />
1000 km². Deren größte, die Bucht von Sewastopol (Sewastopolskaja buchta), teilt die Stadt<br />
in eine Nord- und eine Südhälfte. Auf Letzterer erstreckt sich das Zentrum der Stadt über<br />
mehrere Hügel. Das riesige Territorium von Sewastopol – in Länge und Breite bis zu 50<br />
Kilometer groß – entspricht der Fläche von Moskau, New York oder Shanghai. Zum<br />
Vergleich: Zürich oder Paris sind mit 91,9 respektive 105,4 km² rund zehnmal kleiner als<br />
Sewastopol.<br />
183
Klima<br />
Das Klima von Sewastopol ist nahezu subtropisch. Die Südküste wird durch das Krimgebirge<br />
vor dem Eindringen kalter Luftmassen aus dem Norden geschützt, die Luft ist trocken. Die<br />
jährliche Regenmenge beträgt 500 bis 700 Millimeter.<br />
Im Sommer steigen die Temperaturen bis 40 Grad, die aber von einer leichten Brise gemildert<br />
werden – tagsüber vom Meer Richtung Land, in der Nacht in umgekehrter Richtung. Im<br />
Winter bewegen sich die Temperaturen zwischen -2 und +7 Grad Celsius. In den<br />
Wintermonaten kommt es an der Schwarzmeerküste zu Eisbildung; Sewastopol ist aber im<br />
Gegensatz zu anderen Häfen der Ukraine ganzjährig eisfrei.<br />
Geschichte<br />
Karte zur Belagerung von Sewastopol (1854–1855)<br />
184
Kapitulation von Sewastopol<br />
Historische Karte der Halbinsel Krim (um 1888)<br />
Von der Antike bis zur Sowjetunion<br />
Die küstennahen Regionen der Krim wurden ab dem 7. Jh. v. Chr. von griechischen<br />
Kolonisten besiedelt. In der Nähe des heutigen Stadtzentrums errichteten Griechen aus Milet<br />
zunächst ein Emporion, und ab dem späten 5. Jh. v. Chr. bauten Siedler aus Herakleia Pontike<br />
die Siedlung mit dem Namen Kalamita zur bedeutendsten Polis der Taurischen Chersonesos<br />
aus. Unter der Herrschaft von Rom und Byzanz bewahrte die Stadt ihren griechischen<br />
Charakter bis zur Zerstörung im 14. Jh. und der nachfolgenden Besiedlung durch Tataren.<br />
Nach der russischen Eroberung der Krim wurde die Stadt im Jahre 1783 neu begründet.<br />
185
Auf Grund ihrer militärischen Bedeutung war die blühende Handelsstadt Sewastopol im<br />
Krimkrieg schwer umkämpft. Nach der elfmonatigen Belagerung von Sewastopol war sie am<br />
8. September 1855 nur noch ein Trümmerhaufen und gelangte daraufhin nie mehr zum<br />
früheren Wohlstand. 1898 wurde die erste Linie der Straßenbahn Sewastopol eröffnet, diese<br />
wurde jedoch während der Kampfhandlungen im 2. Weltkrieg im Jahre 1942 beschädigt und<br />
stillgelegt und nach dem Krieg nicht wieder in Betrieb genommen.<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurde die als stärkste Festung der Welt geltende Stadt von deutschen<br />
Truppen belagert und nach schweren Kämpfen in der Schlacht um Sewastopol 1941–1942<br />
erobert. Nach der Schlacht waren im Juni 1942 nur noch neun Gebäude unbeschädigt. Nach<br />
der Eroberung am 1. Juli 1942 durch die deutsche Wehrmacht plante das<br />
nationalsozialistische Reichskommissariat Ukraine die Umbenennung des Ortes in<br />
Theoderichshafen. Das wurde jedoch nicht mehr durchgeführt. Nach der Schlacht um die<br />
Krim vom 8. April bis zum 12. Mai 1944 war das Gebiet wieder in sowjetischer Hand.<br />
In Sewastopol bestand das Kriegsgefangenenlager 241 für deutsche Kriegsgefangene des<br />
Zweiten Weltkriegs. [2] Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 3318 versorgt.<br />
1954 übereignete Nikita Chruschtschow die Halbinsel Krim und die Hafenstadt Sewastopol<br />
aus dem Besitz der russischen an die ukrainische Sowjetrepublik.<br />
Postsowjetische Zeit<br />
Als Heimathafen der sowjetischen Schwarzmeerflotte war Sewastopol bis 1991 eine<br />
geschlossene Stadt, in die auch die Krimbewohner nur mit einem Passierschein einreisen<br />
konnten. Noch heute markiert das kleine weiße Gebäude der Polizeistation an der Stadtgrenze<br />
die ehemals geschlossene Stadt. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 verlor die<br />
Russische Föderation den Anspruch auf den Heimathafen für die traditionsreiche<br />
Schwarzmeerflotte.<br />
Erst der Vertrag von 1997 regelte die Aufteilung der Flotte und den Verbleib der russischen<br />
Marine auf der Krim bis 2017 und entspannte damit die Situation. Er wurde 2010 gegen<br />
verbilligte Gaslieferungen bis 2042 verlängert.<br />
Heute liegen die Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte neben jenen der ukrainischen<br />
Flotte. Sie lassen sich einfach voneinander unterscheiden: Bei den ukrainischen Schiffen<br />
beginnt die Schiffsnummer mit einem großen lateinischen „U“, zudem tragen sie die blaugelbe<br />
Flagge der Ukraine. Besonders gut können die ehemaligen Militäranlagen im Süden von<br />
Sewastopol in Balaklawa besichtigt werden. Dort befindet sich auch eine in den Berg<br />
getriebene unterirdische U-Boot-Werft.<br />
Nach einem Ukas des ersten und letzten Krimpräsidenten, dem Russen Juri Meschkow,<br />
öffnete sich die Stadt 1994 zuerst für die Krimbewohner, später auch für die restlichen<br />
Ukrainer sowie auch für ausländische Touristen. Sewastopol untersteht direkt der<br />
ukrainischen Zentralregierung in Kiew und nicht der Regierung der Autonomen Republik<br />
Krim. In der Ukraine hat nur noch die Hauptstadt Kiew diesen Sonderstatus. Seit Jahren wird<br />
darüber diskutiert, ob und wie Sewastopol zu einer Freihandelszone erklärt werden kann.<br />
186
Aktuelle politische Situation<br />
Trotz der Zugehörigkeit von Sewastopol zur Ukraine dominieren das russische<br />
Flottenkommando, pro-russische Behörden und Organisationen das wirtschaftliche, soziale<br />
und kulturelle Leben in der Hafenstadt. So förderte zum Beispiel die Moskauer Stadtregierung<br />
unter dem früheren Bürgermeister Juri Michailowitsch Luschkow pro-russische Aktivitäten in<br />
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen. Mit diesen Aktivitäten unterstützt<br />
Moskau Bestrebungen für eine Unabhängigkeit der Krim von der Ukraine.<br />
Der pro-russische Stadtrat von Sewastopol seinerseits vermeidet jede Konfrontation mit dem<br />
russischen Flottenkommando und russischen Behörden respektive Organisationen. Er lehnte<br />
sogar ein Darlehen der EBRD (European Bank for Reconstruction and Development –<br />
Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklungshilfe) zur dringend notwendigen<br />
Sanierung des Abwassersystems ab, weil es die Bindung Sewastopols an die Ukraine und<br />
Westeuropa verstärkt hätte.<br />
Die wichtigsten Daten im Überblick<br />
Jahr Ereignis<br />
300.000 v.<br />
Chr.<br />
Erste Besiedlung durch frühe Vertreter der Hominiden (Neandertaler)<br />
422 v. Chr.<br />
Griechische Kolonisten aus Herakleia Pontike besiedeln Kalamita und<br />
Chersones (Stadt)<br />
1783 Stadtgründung durch einen Erlass von Katharina der Großen<br />
1854 bis<br />
1855<br />
Krimkrieg<br />
1920 Evakuierung der weißen Armee<br />
1942<br />
Belagerung und anschließende Eroberung von Sewastopol durch die deutsche<br />
Wehrmacht<br />
1944<br />
Befreiung der Stadt durch die sowjetische Armee im Laufe der Schlacht um die<br />
Krim<br />
1945 Sewastopol wird zur Heldenstadt erklärt<br />
1954<br />
Nikita Chruschtschow übereignet die Krim mit Sewastopol der Ukrainische<br />
SSR<br />
1991 Zusammenbruch der Sowjetunion<br />
1994 Öffnung der geschlossenen Stadt Sewastopol für Krimbewohner<br />
1996 Öffnung der geschlossenen Stadt Sewastopol für alle Ukrainer und Ausländer<br />
1997<br />
Vertrag zwischen der Ukraine und Russland über den Verbleib der russischen<br />
Schwarzmeerflotte in Sewastopol<br />
2010<br />
Vertrag zwischen der Ukraine und Russland über den Verbleib der russischen<br />
Schwarzmeerflotte in Sewastopol bis 2048 verlängert.<br />
187
Bevölkerung<br />
Offiziell leben in Sewastopol rund 378.000 Personen (Stand 2004). Rund 74 Prozent der<br />
Bevölkerung sind Russen, 21 Prozent Ukrainer und 5 Prozent gehören ethnischen<br />
Minderheiten an (Belarussen, Krimtataren, Juden, Armenier, Griechen, Deutsche, Bulgaren,<br />
Moldauer, Polen, Esten, Letten, Koreaner etc.).<br />
Sprache<br />
Die Amtssprache ist Ukrainisch, als Umgangssprache dient aber aufgrund der<br />
Bevölkerungszusammensetzung Russisch. Sprachen der Minderheiten sind unter anderen<br />
Krimtatarisch und – als Überbleibsel der süddeutschen und schweizerischen Auswanderer<br />
nach Zürichtal vor rund 200 Jahren – Deutsch.<br />
Religion<br />
Die autochthonen, traditionell vorherrschenden Religionen sind die russisch-orthodoxe<br />
Kirche, die dem Moskauer Patriarchat verpflichtet ist, und der Islam. Aber erst seit 1989 gibt<br />
es in Sewastopol wieder eine offizielle islamische Gemeinde, der hauptsächlich die aus den<br />
Deportationsgebieten zurückkehrenden Krimtataren angehören. Als ethnisch vielfältig<br />
zusammengesetzte Stadt verfügt Sewastopol über weitere religiöse Gruppierungen, von denen<br />
längst nicht alle offiziell registriert sind.<br />
Politik<br />
Sewastopol besitzt innerhalb der Ukraine und auch innerhalb der autonomen Halbinsel Krim<br />
einen Sonderstatus: Sewastopol ist als einzige Stadt direkt der ukrainischen Regierung in<br />
Kiew unterstellt, während der Rest der Halbinsel der Regierung der Autonomen Republik<br />
Krim in Simferopol unterstellt ist.<br />
Der Stadtrat ist mehrheitlich pro-russisch mit dem Bürgermeister Walerij Wolodimorowytsch<br />
Saratow.<br />
Verwaltungsgliederung<br />
Die Stadt besteht heute aus den vier Stadtrajonen Rajon Lenin, Rajon Nachimow, Rajon<br />
Haharin, und Rajon Balaklawa, wobei die früheren Städte Inkerman und Balaklawa und 46<br />
mittlerweile eingemeindete Dörfer inbegriffen sind. Der Stadtrand von Sewastopol ist – vom<br />
Zentrum her kommend in dieser Reihenfolge – von Trabantensiedlungen, Weinfeldern und<br />
Datschensiedlungen geprägt.<br />
Nachbargemeinden<br />
Sewastopol grenzt an folgende Städte und Gemeinden (im Uhrzeigersinn, beginnend im<br />
Norden): Berehowe, Bachtschyssaraj, Sokolyne und Foros.<br />
188
Wirtschaft<br />
Russische Marine<br />
Die russische Marine mit ihrer Schwarzmeerflotte ist bis heute der wichtigste Arbeitgeber in<br />
der Region und finanziert 25 Prozent des Stadtbudgets. Alleine für die Pacht des Militärhafens<br />
für die Schwarzmeerflotte zahlt Russland 100 Millionen US-Dollar jährlich an die<br />
Ukraine.<br />
Industrie<br />
Traditionell sind die Werften der stärkste Industriezweig von Sewastopol.<br />
Forstwirtschaft und Fischerei<br />
Sewastopol ist der wichtigste ukrainische Hafen für die Fischerei. Das Schwarze Meer ist aber<br />
durch den Eintrag von Chemikalien aus Landwirtschaft und Industrie zum Teil stark belastet.<br />
Tourismus<br />
Sewastopol wird heute jährlich von über 500.000 Touristen besucht. Viele Ukrainer und<br />
Russen bereisen die ehemals verbotene Stadt, Westeuropäer sind im Stadtbild noch eher<br />
selten zu sehen.<br />
Kulinarische Spezialitäten<br />
• Malakow heißt eine besondere Torte, die aus Löffelbiskuits, Vanillecreme und<br />
Schlagsahne besteht. Nach dem Sieg im Krimkrieg und der Eroberung von Fort<br />
Malakow (Малахов курган) (am 8. September 1855) auf einem Hügel in Sewastopol<br />
wurde der französische Marschall Aimable Jean Jacques Pélissier, zum Herzog von<br />
Malakow ernannt. Zu seiner Ehre wurde die Torte kreiert, die bis heute in ganz<br />
Mitteleuropa als Malakow-Torte bekannt ist – in Sewastopol jedoch ist sie völlig<br />
unbekannt.<br />
• Malakoff heißen im schweizerischen Waadtland auch Käsebällchen. Sie sind ebenso<br />
wie die Torte nach dem Fort Malakow in Sewastopol benannt. Dieser Hügel wurde im<br />
Krimkrieg von den Truppen Napoleons III. eingenommen, in denen auch Waadtländer<br />
Soldaten mitkämpften.<br />
Infrastruktur<br />
Verkehr<br />
Innerhalb der Stadt ermöglicht ein Oberleitungsbus den öffentlichen Verkehr. Daneben<br />
verkehren auch Dieselbusse und sogenannte Marschrutnyje taxi oder Marschrutki, privat<br />
betriebene Sammeltaxis. Diese Kleinbusse sind teurer als die öffentlichen Verkehrsmittel,<br />
aber besonders auf längeren Distanzen erheblich schneller.<br />
189
Die Nord- und die Südhälfte der Bucht von Sewastopol (Sewastopolskaja buchta) sind durch<br />
eine regelmäßig verkehrende Fähre miteinander verbunden. Sewastopol besitzt keinen<br />
eigenen Flughafen. Der internationale Flughafen Zentralnyj in Simferopol wird von Ukraine<br />
International Airlines (nur von Mai bis Oktober) direkt von Frankfurt/Main angeflogen, die<br />
restlichen Monate über Kiew. Ganzjährig wird Zentralnyj zudem von Turkish Airlines über<br />
Istanbul angeflogen.<br />
Der Militärflugplatz Utschkujewka in Belbek (UKS), 11 km nördlich der Stadt, wird als<br />
Sevastopol International Airport bezeichnet [1] und von Dniproavia angeflogen.<br />
Von Simferopol gelangt man mit Bus oder Taxi in einer Stunde nach Sewastopol. Günstiger<br />
ist die Elektritschka (электричка), ein meist überfüllter, elektrisch betriebener<br />
Nahverkehrszug mit sehr altem Rollmaterial aus der Waggonfabrik in Riga. Eine andere<br />
Anreise besteht über Istanbul, von wo aus eine Fähre direkt nach Sewastopol verkehrt. Die<br />
Fahrt dauert rund 24 Stunden.<br />
Hochschulen<br />
Meeresinstitut(links) und Jugendpalast(rechts) im Hafen<br />
Sewastopol ist das Bildungszentrum der Krim. Eine ganze Reihe wissenschaftlicher Institute<br />
und Organisationen haben ihren Sitz in der Hafenstadt, z. B. zwei Institute der Ukrainischen<br />
Akademie der Wissenschaften, die Staatliche Polytechnische Universität Sewastopol (10.000<br />
Studenten), das Atomenergieinstitut Sewastopol und das Meeresinstitut Sewastopol.<br />
• Ukrainische Akademie der Wissenschaften<br />
• Staatliche Polytechnische Universität Sewastopol<br />
• Atomenergieinstitut Sewastopol<br />
• Meeresinstitut Sewastopol<br />
• Kowalewski-Institut für Biologie der südlichen Meere<br />
• Zweigstelle (Filiale) der Moskauer Staatlichen Universität (MGU); genannt: Filiale<br />
der Schwarzmeerflotte<br />
190
Kultur und Sehenswürdigkeiten<br />
Denkmäler<br />
Denkmal der versenkten Schiffe (Adlersäule)<br />
Admiral P. Nachimow<br />
Panorama<br />
In der „Heldenstadt“ Sewastopol stehen rund 2.000 Denkmäler, aber auch viele repräsentative<br />
Bauten aus der Nachkriegszeit. Darunter befindet sich etwa die Adler-Säule, die im Jahre<br />
1904 auf einem Fels im Hafenbecken errichtet wurde. Sie soll an die 1854 im Krimkrieg<br />
absichtlich in der Hafeneinfahrt versenkten Russischen Schiffe erinnern. Dadurch sollten die<br />
Schiffe der Angreifer an der Einfahrt gehindert werden. Ein weiteres, bekanntes Denkmal ist<br />
die 1959 errichtete Statue des Russischen Admirales Pawel S. Nachimow, dem<br />
Oberbefehlshaber der verteidigenden Militärverbände bei der Belagerung Sewastopols im<br />
191
Zuge des Krimkrieges.<br />
Sehenswürdigkeiten<br />
Gebäude<br />
• Diorama „Der Sturmangriff auf den Sapun-Berg am 7. Mai 1944“<br />
• Verteidigungs-Turm auf dem Malakow-Hügel<br />
• Haus der Untergrundkämpfer von Sewastopol 1942–1944<br />
Museen Das Panorama-Museum von Sewastopol ist ein Rundbau auf einem der Hügel, die<br />
einst als „Festungshügel“ der Verteidigung der Stadt dienten. Vom zentralen Uschakow-Platz<br />
(russisch Ушакова пл.) aus liegt es bergauf am Ende des Istoritscheski bulwar (russisch<br />
Исторический бульвар). Hier wird nur ein einziges Gemälde ausgestellt, das aber die<br />
gesamte Fläche der Innenwand des imposanten Rundbaus ausfüllt: ein Panoramabild von<br />
Franz Alexejewitsch Roubaud (1856–1928), einem russischen Schlachtenmaler mit deutschfranzösischen<br />
Wurzeln.<br />
• Museum der Schwarzmeerflotte<br />
• Ein kleines Kunstmuseum ist am Nachimowa pr. 9 zu finden. Bilder russischer und<br />
westeuropäischer Maler vom 17. bis in das frühe 19. Jahrhundert sind ausgestellt. Im<br />
Erdgeschoss werden Wechselausstellungen gezeigt.<br />
Ausgrabungen<br />
Auf dem Kap von Sewastopol liegen die Ruinen der im Jahre 421 u.Z. gegründeten<br />
griechischen Siedlung Chersones.<br />
Kirchen<br />
Sewastopol: Eingangsbereich der St.Wladimir-Kathedrale mit Gerüst für<br />
Restaurationsarbeiten<br />
192
Sewastopol: Portalfassade der St. Wladimir-Kathedrale<br />
• Wladimirkathedrale (Ruhestätte berühmter Admiräle)<br />
• Wladimir-Kathedrale zu Chersones, im 18. Jahrhundert auf dem Areal von Chersones<br />
auf Befehl der russischen Zarin errichtet.<br />
• Peter-und-Paul-Kirche<br />
• Pokrowski-Kathedrale<br />
Die drei bekanntesten und schönsten Kirchen Sewastopols stehen mitten im Zentrum der<br />
Stadt. Über der ganzen Stadt leuchtet das goldene Kreuz der Wladimir-Kathedrale zu<br />
Chersones, das auf allen internationalen Seekarten eingezeichnet ist.<br />
Aus diesem Grund hat es sogar die Bolschewiki und den staatlich verordneten Atheismus der<br />
Sowjetunion überstanden. Der Grundstein zur Wladimir-Kathedrale wurde schon im<br />
Krimkrieg gelegt, der Bau im byzantinischen Stil aber erst im Jahre 1888 abgeschlossen.<br />
Traditionell finden hier die Admirale der Schwarzmeerflotte ihre letzte Ruhe, weshalb das<br />
Gotteshaus auch Admirals-Kathedrale genannt wird. Die Kathedrale ist im Innern seit Jahren<br />
eine Baustelle, was aber die Gläubigen zwischen den Holzgerüsten nicht stört.<br />
Parks<br />
Der zentralste Park ist der historische Boulevard, mit Aussicht auf die Stadt und die<br />
Buchten. Ein 24 Meter langes Rundbild der Schlacht um Sewastopol während des<br />
Krimkrieges, befindet sich in einem angrenzenden Gebäude.<br />
Theater<br />
• Lunatscharski-Theater<br />
• Theater der Schwarzmeerflotte<br />
Sewastopol ist das wichtigste Zentrum des Kulturschaffens auf der Krim, was sich auch an<br />
den vier Theatern zeigt, darunter mit dem Lunatscharski-Theater (russisch Театр<br />
Луначарского) eines der ältesten russischen Theater überhaupt.<br />
193
Bibliotheken<br />
Die wichtigste Bibliothek Sewastopols ist die Morskaja Biblioteka, die Bibliothek der<br />
Schwarzmeerflotte.<br />
Kino<br />
In der Stadt Sewastopol findet man vier Kinos mit mehreren Kinosälen, die je zur Hälfte der<br />
Stadt und Privatleuten gehören, sowie drei kleinere private Kinos mit je vierzig bis sechzig<br />
Plätzen. In den Kinos von Sewastopol werden vor allem russische Filme gezeigt.<br />
Persönlichkeiten<br />
• Lew Tolstoi, russischer Schriftsteller, war selbst im Krimkrieg bei der Verteidigung<br />
Sewastopols beteiligt.<br />
• Giuseppe Bernardazzi plante im Krimkrieg die Befestigungs- und Sicherungsarbeiten<br />
von Sewastopol.<br />
• James Robertson, Fotograf (Seine Fotos aus dem im Krimkrieg zerstörten Sewastopol<br />
zählen zu den ersten fotografischen Kriegsreportagen der Geschichte.)<br />
Söhne und Töchter der Stadt<br />
• Alexander Onischuk (* 1975), Schachspieler<br />
• Anastassija Eduardowna Baburowa (1983–2009), Journalistin und Opfer politischer<br />
Gewalt<br />
• Igor Woloschin, russischer Regisseur<br />
Andere Verwendung des Namens<br />
• Sebastopol sind Städte in Kalifornien und in Mississippi<br />
• Sebastopol ist der Name einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Meinerzhagen in<br />
Nordrhein-Westfalen.<br />
• Ein Ort auf Mauritius trägt auch den Namen Sewastopol.<br />
• Als „Sewastopol“ bezeichnet sich auch eine bundesweit bekannte Orientierungsfahrt<br />
in Oberfranken/Bayern. Sie leitet ihren Namen von einem fahrenden Handwerker und<br />
dem nach ihm im Volksmund benannten Ortsteil der Stadt Helmbrechts her [4] .<br />
• Ein Lied Sevastopol der Band Heaven Shall Burn des 2010 erschienenen Albums<br />
"Invictus"<br />
194
Bildergalerie<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Hafen von Sewastopol<br />
Blick auf das Meer<br />
Stadtbild<br />
195
Odessa<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Odessa<br />
Odessa<br />
Basisdaten<br />
Oblast: Oblast Odessa<br />
Rajon: Kreisfreie Stadt<br />
Höhe: 40 m<br />
Fläche: 163,0 km²<br />
Einwohner: 1.006.242 (1. Jul. 2011 [1] )<br />
Bevölkerungsdichte: 6.173 Einwohner je km²<br />
Postleitzahlen: 65000 - 65480<br />
Vorwahl: +380 48<br />
Geographische Lage:<br />
46° 29′ N, 30° 44′<br />
KOATUU: 5110100000<br />
Verwaltungsgliederung: 8 Stadtrajone<br />
Bürgermeister: Oleksij Kostussew<br />
Adresse:<br />
O46.48333333333330.73333333333340Koordinaten:<br />
46° 29′ 0″ N, 30° 44′ 0″ O (Karte)<br />
Думська Площа 1<br />
65004 м. Одеса<br />
Website: http://www.odessa.ua/<br />
196
Odessa<br />
Odessa (ukrainisch Одеса [ɔˈdɛsɑ]; russisch Одесса [ɐˈdʲesə]) ist eine Stadt im gleichnamigen<br />
Verwaltungsgebiet (Oblast Odessa) in der Ukraine. Sie ist mit rund 1.000.000 Einwohnern<br />
die wichtigste Hafenstadt des Landes am Schwarzen Meer.<br />
Name<br />
Der Ursprung des Namens Odessa ist nicht eindeutig geklärt. Eine populäre Legende besagt,<br />
er sei von der antiken griechischen Stadt Odessos (heute Warna) abgeleitet – möglicherweise<br />
aufgrund einer Verwechslung, da Warna zwar ebenfalls am Schwarzen Meer, allerdings in<br />
Bulgarien liegt. Einer anderen Erklärung zufolge stammt der Name von der türkischen<br />
Bezeichnung Jedisan für die Region ab, die „sieben Flaggen“ oder „sieben Titel“ bedeutet und<br />
auf die Jedisan-Sippe der Nogaier-Horde zurückgeht, die wiederum aus sieben Untergruppen<br />
bestand.<br />
Geschichte<br />
Vor Gründung Odessas<br />
In der Antike lebten hier verschiedene Steppenvölker wie die Skythen und Sarmaten, sowie<br />
der thrakische Stamm der Tyrageten. Im ersten Jahrhundert vor Christus gelangte es unter<br />
dakische Herrschaft. Im Frühmittelalter war das Gebiet von ostslawischen Stämmen<br />
(Tiwerzen und Duleben) bewohnt, die mit der Zeit von türkischen Nomadenvölkern wie den<br />
Petschenegen und Kumanen verdrängt wurden.<br />
197
Im 14. Jahrhundert lag das Gebiet am Schwarzen Meer zwischen den Flüssen Dnister und<br />
Dnepr im Einflussbereich des Großfürstentums Litauen. Um 1764 wurde nahe einer<br />
tatarischen Siedlung mit dem Namen „Hacıbey“ (bzw. „Hadschi Bai“ oder „Khadzhibei“)<br />
vom Osmanischen Reich eine Festung „Yeni Dünya“ (bzw. „Jeni-Dunia“, zu deutsch „Neue<br />
Welt“), errichtet. Sie wurde von russischen Truppen unter dem Befehl des neapolitanischen<br />
Generalmajors Joseph de Ribas am 14. September 1789 im Russisch-Türkischen Krieg von<br />
1787 bis 1792 eingenommen.<br />
Gouvernement Neurussland<br />
Denkmal für Katharina II in Odessa, mit dem Erlass zur Gründung von Hafen<br />
und Stadt in der Hand<br />
Hafen von Odessa um 1850, links Potemkinsche Treppe<br />
Mit dem Frieden von Jassy ging 1792 das Gebiet östlich des Dnister vom Osmanischen Reich<br />
an Russland über. Die Stadt Odessa wurde im Jahre 1794 auf Anweisung von Katharina der<br />
Großen bei der 1789 eingenommenen Festung angelegt, um einen leistungsfähigen<br />
Militärhafen für den Schwarzmeer- und Mittelmeerraum zu haben.<br />
198
Die neue Stadt wurde ein großer Erfolg. De Ribas war bis 1797 der erste Statthalter, dem der<br />
Herzog von Richelieu von 1803 bis 1814 folgte. Vor allem ihm verdankt die Stadt ihr frühes<br />
Wachstum. An ihn erinnert seit 1828 eine Bronzestatue, geschaffen von Ivan Martos. Er war<br />
vor der Französischen Revolution geflohen und diente in der Armee Katharina der Großen<br />
gegen die Türken. Ihm verdankt die Stadt die Anlagen und die Infrastruktur. Auf ihn gehen<br />
die langen unterirdischen Gänge, die Katakomben, zurück. Die tragenden Wände vieler<br />
Häuser bestehen aus Kalkstein, der in den Steinbrüchen unterhalb der Stadt heraus gebrochen<br />
wurde. Das Wohnhaus des Gouverneurs wurde mit einem kilometerlangen unterirdischen<br />
Gang verbunden; einerseits mit seinem Arbeitssitz, andererseits als Fluchtweg mit dem Meer.<br />
Im Zweiten Weltkrieg fanden Partisanen Unterschlupf in den Katakomben, heute sind sie ein<br />
Touristenziel. Auch seinem Nachfolger, Graf Alexandre Andrault de Langeron verdankt<br />
Odessa viel, so gründete er 1817 das Lyceum Richelieu (später dann Neurussische Universität)<br />
und erklärte Odessa zu einem Freihafen.<br />
Denkmal für Herzog von Richelieu<br />
199<br />
Odessa 1892<br />
Zwischen 1803 und 1818 bestand das Neurussische Fürsorgekontor als Kanzlei für die<br />
Neurussland-Siedler im Gebiet von Odessa. Sie war 1818 für etwa 15.500 nichtrussische<br />
Siedler zuständig. Dazu gehörten die nordwestlich gelegenen Siedlungen der<br />
Schwarzmeerdeutschen mit den vier Distrikten: Liebenthal, Beresan, Kutschurgan und<br />
Glücksthal und verschiedene einzelne deutsche Dörfer, sowie die bulgarischen und<br />
griechischen Distrikte: Ternowka, Bujalik und Parkani. Zusätzlich wurden vier schwedische,<br />
neun jüdische und das serbische Dorf Zetin verwaltet. Nach 1818 wurde die Kanzlei zu einer<br />
regionalen Niederlassung des Fürsorgekomitees für ausländische Siedler in Cherson. Sie<br />
wurde 1833 geschlossen.
Viele Juden verließen Polen nach den Teilungen von 1793 und 1795 in Richtung Odessa, so<br />
dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bevölkerung zu etwa 30 % aus Juden bestand. 1821<br />
kam es in Odessa bei der Beerdigung des Patriarchen von Konstantinopel Gregor V. zum<br />
ersten Judenpogrom, bei dem 14 Juden getötet wurden. Dem folgten weitere Pogrome 1859,<br />
1871, 1881 und 1905. [2]<br />
Ihren Aufschwung als moderne Hafenstadt nahm Odessa nach 1823 unter dem<br />
Generalgouverneur von Neurussland und Bessarabien, Graf Michail Semjonowitsch<br />
Woronzow. Er machte die Stadt zu seinem Verwaltungssitz, engagierte westeuropäische<br />
Ingenieure und Ärzte und organisierte viele städtebauliche Projekte. Er gründete ein Theater,<br />
eine öffentliche Bibliothek, ein Lyzeum, ein Institut für orientalische Sprachen, verschiedene<br />
wissenschaftliche Gesellschaften und protegierte englische und französische Lokalzeitungen.<br />
Zwischen 1823 und 1849 verdoppelte sich die Bevölkerung Odessas. Der russische Dichter<br />
Alexander Puschkin lobte in der Erzählung Eugen Onegin die Freiheit und Ungezwungenheit<br />
in der Stadt.<br />
Von 1878 bis 1895 stand Grigori Grigorjewitsch Marasli an der Spitze der Stadt. Er war der<br />
Sohn eines in Odessa zu Wohlstand gekommenen griechischen Getreidehändlers und<br />
Förderers des in Odessa 1814 gegründeten griechischen Geheimbundes Filiki Eteria. Marasli<br />
finanzierte mit Teilen seines ererbten Vermögens eine Vielzahl von öffentlichen Bauten in<br />
Odessa.<br />
Auf dem russischen Linienschiff Fürst Potjomkin von Tauris (rus. Knjas Potjomkin<br />
Tawritscheski) der Schwarzmeerflotte kam es am 27. Juni 1905 zur Meuterei. Das von den<br />
Meuterern übernommene Schiff lief in den Hafen von Odessa ein, aber die Matrosen unterstützten<br />
nicht einen zu dieser Zeit stattfindenden Generalstreik in der Stadt, der Teil der<br />
Russischen Revolution von 1905 war. Das Ereignis war Grundlage für den Film<br />
Panzerkreuzer Potemkin.<br />
Ukrainische Volksrepublik<br />
Das von den Rumtscherod (blaues Gebiet) beanspruchte Gebiet im Januar 1918. In<br />
Bessarabien marschierten schon nach wenigen Tagen rumänische Truppen ein.<br />
200
Die Ukrainische Volksrepublik wurde im Verlauf des Russischen Bürgerkriegs gegründet,<br />
doch war sie dem Angriff der Roten Armee nicht gewachsen. So wurde Odessa von Januar bis<br />
März 1918 von der sowjetischen Rumtscherod regiert. Durch den Friedensvertrag von Brest-<br />
Litowsk wurde die Volksrepublik, einschließlich der Stadt Odessa, offiziell unabhängig, doch<br />
tatsächlich war sie abhängig vom Deutschen Kaiserreich und seinen Verbündeten.<br />
Von März bis Dezember 1918 hielten sich Truppen der Mittelmächte in der Ukrainischen<br />
Volksrepublik auf. Der südliche Teil des Landes und damit auch Odessa wurde von<br />
Österreichern bis zum Ende von Österreich-Ungarn kontrolliert. Die Verantwortlichen waren<br />
nacheinander Eduard von Böhm-Ermolli und Alfred Krauß.<br />
Nach deren Rückzug eroberte die Entente Odessa. Das Ziel war unter anderem die<br />
Unterstützung von Anton Iwanowitsch Denikin, General der Weißen Armee. Französische,<br />
griechische und einige wenige polnische, rumänische und freiwillige russische Truppen<br />
landeten in Odessa an und blieben dort vom 18. Dezember 1918 bis zum 8. April 1919.<br />
General Borius war Militärgouverneur von Odessa. Nach einer schweren Niederlage der<br />
Alliierten in Cherson zogen sich die Franzosen zurück. [4] Grund war ein drohender<br />
Hungeraufstand in der Stadt. Außerdem war es auf den französischen Kriegsschiffen France<br />
und Jean Bart im Schwarzen Meer unter der Führung von André Marty zur Meuterei<br />
gekommen. Danach übernahm Denikin die Stadt und die griechische Bevölkerung Odessas<br />
wurde mit Schiffen evakuiert. General Lucjan Żeligowski führte seine polnische Division, die<br />
im Gebiet um den Fluss Kuban operierte, ebenfalls aus Russland via Odessa heraus.<br />
Ukrainische SSR<br />
Umgebung von Odessa<br />
201
Ab 1920 war Odessa Teil der Ukrainischen SSR und ab 1922 der Sowjetunion.<br />
Der Hungersnot von 1932/34, dem Holodomor, fielen auch in Odessa viele Menschen zum<br />
Opfer. So sollen im ersten Halbjahr 1933 in der Oblast Odessa täglich nur 830 kcal pro Person<br />
zur Verfügung gestanden haben, was etwa die Hälfte des heute als notwendig betrachteten<br />
Grundumsatzes ist.<br />
Odessa lag 1941 bei Beginn des Deutsch-sowjetischen Krieges im Angriffsbereich der<br />
rumänischen 4. Armee, die gegen die verteidigende sowjetische 9. Armee rasch Erfolge<br />
erzielte. Als die Rumänen am 5. August 1941 die Stadt erreichten, begann die Schlacht um<br />
Odessa. Die sowjetische Führung erklärte Odessa zur Verteidigungszone, in der sich Reste<br />
der zurückflutenden Truppen mit den etwa 35.000 Verteidigern (Marine und Freiwillige)<br />
einigelten. Die „Unterstadt“ (höhlenartige Steinbrüche) wurde zur Deckung genutzt. Weiter<br />
über See verstärkt, konnte die Garnison alle rumänischen Angriffe bis zum Oktober<br />
abwehren. Die Lage wurde jedoch wegen des deutschen Vormarschs Richtung Krim<br />
schließlich aussichtslos, so dass Odessa ab dem 1. Oktober geräumt wurde. Die sowjetische<br />
Schwarzmeerflotte brachte bis zum 16. Oktober 1941 70.000 Soldaten und 15.000 Zivilisten<br />
nach Sewastopol.<br />
Odessa war von 1941 bis 1944 von rumänischen und deutschen Truppen besetzt. Die Stadt<br />
war ab Dezember 1941 Sitz des rumänischen Hauptquartiers von Transnistrien. Während der<br />
Besatzungszeit wurden etwa 60.000 Einwohner ermordet oder deportiert, die meisten waren<br />
Juden. Besonders die Massaker vom 23. bis zum 25. Oktober 1941 bleiben in Erinnerung. Bei<br />
einer Explosion im rumänischen Hauptquartier in Odessa starben insgesamt 61 Personen,<br />
einschließlich des rumänischen Generals Glogojeanu. Ministerpräsident Ion Antonescu gab<br />
daraufhin den Befehl als Vergeltung für jeden getöteten Offizier 200 und für jeden Soldaten<br />
100 Juden oder Kommunisten zu töten. Daraus entwickelte sich ein Massaker, bei dem etwa<br />
30.000 Juden getötet wurden.<br />
Wegen der Schlappe von Odessa war der Oberbefehlshaber der rumänischen Belagerer,<br />
Korpsgeneral Ciuperca, am 9. September abgelöst und durch den bisherigen Kriegsminister<br />
General Jacobici ersetzt worden. Im März 1944 erhielt die 3. Ukrainische Front (Malinowski),<br />
die bereits am südlichen Bug hielt, den Auftrag, zum Dnjestr vorzustoßen und Odessa zu<br />
nehmen.<br />
Ende März 1944 gingen aus mehreren Brückenköpfen am rechten Bug-Ufer drei sowjetische<br />
Armeen gegen die deutsche 6. Armee (de Angelis) vor. Diese konnte sich nur hinhaltend<br />
verteidigen, zumal sie im Rücken von starker Partisanentätigkeit bedroht war. Am 10. April<br />
1944 musste sie Odessa räumen und hinter den Dnister zurückgehen. Mit dem Verlust dieses<br />
Hafens zeichnete sich das Ende der deutschen Kriegführung im Schwarzen Meer ab.<br />
Kriegsgefangenenlager 159<br />
Aufgrund des Befehls der NKWD vom 3.Juli 1944 Nr. 00756 wurden in Odessa im Verlauf<br />
des Sommers und Herbstes 1944 unter der Lagerverwaltung 159 acht Lagerabteilungen für<br />
insgesamt bis zu 12.000 Kriegsgefangene eingerichtet. Die Zahl der Lagerabteilungen änderte<br />
sich in der Folgezeit nach Möglichkeiten und Bedürfnissen - vor allem denen des<br />
Arbeitseinsatzes.<br />
202
Bis Ende des Jahres 1946 waren 14 Lagerabteilungen mit einer Belegung von 10.800 Mann<br />
vorgesehen. Tatsächlich befanden sich im Januar 1947 12.102 Gefangene im Lager 159, auf<br />
16 Abteilungen verteilt und hauptsächlich im Wiederaufbau des Kriegshafens Odessa, der<br />
Werften, des Landmaschinenbaus und anderer Industrien eingesetzt.<br />
Ende 1948 wurde das bis dahin selbständige Kriegsgefangenenlager 126 Nikolajew – als<br />
Lagerabteilung 7 verwaltungsmäßig dem Lager 159 Odessa angegliedert. Über die<br />
Sterblichkeit im Lager liegen nur bruchstückhafte Angaben vor. So sind im Berichtsabschnitt<br />
des medizinischen Dienstes für das (vermutlich letzte) Quartal des Jahres 1944 654 Tote<br />
verzeichnet, die auf den physischen wie psychischen Erschöpfungszustand, auf ungeheizte<br />
Unterkünfte und Mangel an warmen wie ausreichendem Essen zurückgeführt werden. Das<br />
ergäbe bei der andernorts erwähnten Belegung mit 11.687 Mann eine Todesrate von 5,6 %<br />
bzw. aufs Jahr hochgerechnet 22 %. Für das Jahr 1946 werden 66 Tote - an anderer Stelle 81<br />
Tote - aufgeführt, was 0,08 % der Lagerbelegung entsprechen soll.<br />
Insgesamt haben 68.256 Kriegsgefangene das Lager 159 durchlaufen, darunter 26.331<br />
deutsche und 2584 österreichische sowie 13.496 rumänische und 12.563 ungarische. Diese im<br />
Vergleich zum Bestand sehr viel höhere Zahl ist u.a. darauf zurückzuführen, dass in Odessa<br />
die Repatriierung konzentriert war.<br />
Republik Ukraine<br />
Im Juli 1994 wurde Eduard Hurwiz zum Bürgermeister gewählt. Im März 1998 erfolgte seine<br />
Wiederwahl, doch wurde stattdessen sein Konkurrent Rouslan Bodelan mit Hilfe der Justiz<br />
Bürgermeister und Hurwiz floh nach Israel. Bei der Wahl 2002 traten wieder beide an und<br />
Bodelan gewann. 2005 erklärte ein Gericht die Wahl für ungültig und ernannte stattdessen<br />
Hurwiz zum Bürgermeister. Bodelan ging nach Russland. Bei der folgenden Wahl 2006<br />
wurde Hurwiz zum Bürgermeister gewählt. Bei den Bürgermeisterwahlen 2010 trat Hurwiz<br />
für die "Front Smin" von Arsenij Jazenjuk an, doch verlor er gegen den Kandidaten der Partei<br />
der Regionen, Oleksij Kostussew, der bis dato dem Antimonopolkomitee vorstand. Seit dem<br />
6. November 2010 ist Oleksij Kostussew Bürgermeister der Stadt.<br />
Bevölkerung<br />
Die Geschichte der Stadt ist traditionell von vielen Völkern und Konfessionen geprägt.<br />
Die Ukrainer bilden mit 57 Prozent die Mehrheit der Einwohner. Außerdem leben in der Stadt<br />
34 Prozent Russen, sowie Juden, Rumänen (Moldauer), Griechen, Deutsche, Franzosen,<br />
Araber, Türken, Armenier, Georgier und weitere Bevölkerungsgruppen. Insgesamt sollen es<br />
mehr als 130 Nationalitäten sein. [7] Odessa gehört zu den ukrainischen Gebieten, in denen<br />
Russisch die dominierende Sprache ist. Insgesamt geben 63 Prozent der Einwohner die<br />
russische Sprache als Sprache des Alltags an. 2012 wurde Russisch als regionale Amtssprache<br />
in der Oblast Odessa wieder eingeführt [8] und erhielt damit 20 Jahre nach dem Ende der<br />
Sowjetunion wieder einen offiziellen Status.<br />
Als gemeinsame Bezeichnung nennen sich die Einwohner Odessas Odessiten. Im Selbstbild<br />
findet sich als stärkstes Element die Weltoffenheit, eine Eigenschaft, die sich aus der Lage an<br />
der Nahtstelle zwischen Orient und Okzident ergibt.<br />
203
175<br />
0<br />
2.00<br />
0<br />
180<br />
0<br />
6.00<br />
0<br />
Bevölkerungsentwicklung<br />
1849 1897 1910 1912 1920 1936 1956 1970 1974 1989<br />
86.72<br />
9<br />
403.8<br />
00<br />
506.6<br />
00<br />
Bevölkerungsentwicklung<br />
2001 2005 2009<br />
1.029.049 1.007.131 1.008.604<br />
Gesundheit<br />
500.0<br />
00<br />
317.0<br />
00<br />
204<br />
534.0<br />
00<br />
607.0<br />
00<br />
892.0<br />
00<br />
1.000.0<br />
00<br />
1.115.3<br />
71<br />
Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besitzt Odessa mit ca. 160.000<br />
HIV-infizierten Einwohnern (16 % der Gesamtbevölkerung) europaweit die höchste HIV-<br />
Infektionsrate. Seit kurzem hält die Ukraine den traurigen Europarekord an Neuinfektionen<br />
und gehört auch weltweit zu den Staaten, in denen sich Aids am schnellsten ausbreitet.<br />
Religion<br />
Die Mehrheit der Bevölkerung ist christlich-orthodox. Odessa ist Bischofssitz der Deutschen<br />
Evangelisch-Lutherischen Kirche der Ukraine.<br />
Geographie<br />
Topographie<br />
Die Stadt liegt auf Hügeln, von denen man wie von Terrassen auf den kleinen Hafen im<br />
Schwarzen Meer sehen kann. Sie liegt ca. 30 km nördlich der Mündung des Flusses Dnister<br />
und ca. 440 km südlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew.<br />
Klima<br />
In Odessa herrscht Seeklima (nach Köppens Klimaeinteilung Cfb) [10] nahe der Grenze zum<br />
Kontinental- (Dfb) und halbtrockenen (semiariden) Klima (BSk). Die Wassertemperatur liegt<br />
im Jahresdurchschnitt zwischen 13 und 14°C, zwischen Januar und März bei 6°C und im<br />
August bei 23°C.
Wirtschaft, Messen, Verkehr und Bildung<br />
Passagierhafen von Odessa<br />
Bahnhof von Odessa<br />
Flughafen Odessa am Abend<br />
Schiffsbau, Ölraffinerien, Chemie, Metallverarbeitende Betriebe, Nahrungsgüterproduktion,<br />
Fischfang und Tourismus sind die Grundlagen der Odessaer Wirtschaft.<br />
Bekannt ist der Markt "Promrynke 7 km", häufig nur als "7. km" bezeichnet. Er wird auf<br />
derzeit 70 ha Fläche vor allem aus zahlreichen aneinander gereihten Containern gebildet, und<br />
beherbergt so mehr als 15.000 verschiedene Händler und Geschäfte. Seinen Namen hat er<br />
daher, dass er sich bei Straßenkilometer 7 an der Straße Odessa - Ovidopol befindet.<br />
205
Verkehr<br />
Neben dem nahegelegenen Illitschiwsk, sowie Mykolajiw, Cherson und Sewastopol ist<br />
Odessa einer der wichtigsten Häfen der Ukraine.<br />
Von hier aus bestehen auch Straßen- und Eisenbahnverbindungen ins Hinterland, vor allem<br />
nach Galizien, Podolien und Moldawien, aber auch in die Hauptstadt Kiew. Dreimal<br />
wöchentlich fährt ein durchgehender Schlafwagen nach Berlin. Die Geschichte der Odessaer<br />
Eisenbahnen ist mit Sergei Juljewitsch Witte verbunden.<br />
Der Flughafen der Stadt liegt im Südwesten und verfügt über nationale und internationale<br />
Flugverbindungen.<br />
Der öffentliche Nahverkehr begann 1880 mit der als Pferdebahn eröffneten Straßenbahn<br />
Odessa. Heute wird der gesamte Verkehr mittels Trolleybussen, Autobussen, Tramways und<br />
Marschroutni-Taxi abgewickelt. Erwähnenswert ist darüber hinaus eine Standseilbahn, die<br />
den Höhenunterschied zwischen dem Hafen und dem Stadtzentrum neben der Potemkinschen<br />
Treppe überwindet, ihre Benutzung ist kostenlos. Alle genannten Verkehrsmittel gehören der<br />
Odesgorelektrotrans, der innerstädtischen Verkehrsgesellschaft.<br />
Hochschulen<br />
Die Kadetten-Schule (um 1910)<br />
Die Neurussische Universität wurde am 13. Mai 1865 eröffnet, 1945 wurde sie nach dem<br />
russisch-ukrainischen Träger des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin Ilja Metschnikow<br />
schließlich in Staatliche I.I. Metschnikow Universität Odessa umbenannt. Heute heißt sie<br />
offiziell Nationale I. I. Metschnikow Universität Odessa. Unter anderem betreibt sie das<br />
Astronomische Observatorium Odessa.<br />
Weitere Universitäten in Odessa sind die am 18. September 1918 gegründete Staatliche<br />
Polytechnische Universität Odessa, die Staatliche Marineuniversität Odessa, die um 1900<br />
gegründete Staatliche Medizinische Universität Odessa, die Südukrainische Staatliche<br />
Pädagogische K.-D.-Uschinski-Universität Odessa (nach dem russischen Pädagogen<br />
Konstantin Dmitrijewitsch Uschinski (* 1824, † 1871)) und die Staatliche<br />
Wirtschaftsuniversität Odessa. Darüber hinaus gibt es noch einige Akademien in Odessa.<br />
206
Messen und Ausstellungen<br />
• Wine & Winemaking - Internationale Fachmesse für Wein, Weinherstellung und<br />
Weinbau<br />
• High Degree - Internationale Fachmesse für Spirituosen<br />
• InterAgroBusiness - Internationale Fachmesse für Landwirtschaft, Landtechnik,<br />
Viehzucht, Öko-Landbau und Bioenergie<br />
Politik<br />
Stadtgliederung<br />
Odessa gliedert sich in folgende acht Stadtrajone: Rajon Schowtnewe, Rajon Illitsch, Rajon<br />
Kiew, Rajon Lenin, Rajon Malynowskyj, Rajon Prymorske, Rajon Suworow, Rajon Zentral.<br />
Jedes Rajon hat seine eigene Verwaltung, die dem Odessaer Stadtrat untersteht.<br />
Sehenswürdigkeiten<br />
Potemkinsche Treppe<br />
Opernhaus<br />
207
Panteleimon-Kloster<br />
Bauwerke<br />
• Wahrzeichen Odessas ist die Potemkinsche Treppe von der Altstadt zum Hafen. Dort<br />
steht auch die Kanone des englischen Schiffs Tigris, das während des Krimkriegs<br />
sank.<br />
• Im Opernhaus Odessa (Teatr operi ta baletu) finden Opern- und Ballettaufführungen<br />
statt. Es wurde 1884–1887 vom damals im mitteleuropäischen Theaterbau führenden<br />
Wiener Büro Fellner & Helmer erbaut, inzwischen jedoch wegen Bodensenkungen<br />
mehrfach verändert.<br />
• Palais Kinsky, hier übernachteten Winston Churchill und seine Gefolgsleute vor dem<br />
Treffen von Jalta.<br />
• Haus der Wissenschaftler (früher Tolstoi-Palais)<br />
• Woronzowpalast<br />
• Theater<br />
• Rathaus<br />
Denkmale (Auswahl)<br />
• Iwan Franko<br />
• Katharina II.<br />
• Adam Mickiewicz<br />
• Alexander Puschkin (auf dem Hochufer über der Hafenbucht, vor der Duma ; ein<br />
weiteres vor dem Puschkinmuseum)<br />
• Richelieu (am oberen Ende der Potemkinschen Treppe)<br />
• Taras Schewtschenko<br />
• Michail Woronzow (Generalgouverneur von Neurussland und Bessarabien, auf dem<br />
Kathedralenplatz)<br />
• Goldenes Kind von Ernst Neiswestny<br />
• Matrosendenkmal im Schewtschenkopark<br />
208
Kirchen und Klöster<br />
• Verklärungskathedrale auf dem Kathedralen-Platz (Soborka)<br />
• Uspenski-Kathedrale<br />
• Armenische Kirche auf dem Gagarinplateau<br />
• Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche St. Paul<br />
• Griechisch-Orthodoxe Kirche<br />
• Kirche des heiligen Elias<br />
• Kirche des heiligen Panthelemon<br />
• Kirche der heiligen Muttergottes<br />
• Polnische Kirche/ Kirche des heiligen Petrus<br />
• Frauenkloster Erzengel Michael<br />
• Uspenski-Mönchskloster<br />
• mehrere Synagogen<br />
Museen und Kunstgalerien<br />
• Archäologisches Museum<br />
• Heimatkundemuseum (Nowikowpalast)<br />
• Gemäldegalerie in der Sofiejewska vul.<br />
• Literaturmuseum (Gagarinpalast)<br />
• Museum für westeuropäische und orientalische Kunst<br />
• Puschkinmuseum.<br />
Parks und Gärten<br />
• Stadtpark (Городской сад)<br />
• Botanischer Garten (Ботанический сад)<br />
• Schewtschenko-Park (Парк Шевченко)<br />
• Park des Sieges (Парк Победы)<br />
• Zoologischer Garten (ОДЕССКИЙ ЗООПАРК)<br />
Prospekte und Katakomben<br />
• Die Flaniermeile Deribasowskaja, benannt nach dem Gründer der Stadt, Admiral José<br />
de Ribas.<br />
Strand von Odessa<br />
209
• Die „Katakomben von Odessa" bestehen aus einem Netz unterirdischer Gänge und<br />
Labyrinthe und sind heute für Besucher geöffnet. Hier versteckten sich Partisanen<br />
während des Zweiten Weltkrieges. [21]<br />
Sport<br />
Der bekannteste Fußballverein der Stadt ist Tschornomorez Odessa. Der Klub spielt<br />
momentan in der Wyscha Liha, der ersten ukrainischen Liga. Das Stadion "Zentralstadion<br />
Tschornomorez" (auch als Schwarzmeerstadion bezeichnet) dient als Ausweichstadion für die<br />
Fußball-Europameisterschaft 2012.<br />
Städtepartnerschaften<br />
Odessa unterhält mit rund 40 Städten aus zahlreichen Ländern der Erde Beziehungen, die<br />
nach eigener Darstellung in Bruderstädte und Partnerstädte unterschieden werden. Im<br />
Folgenden sind die Städte beider Kategorien alphabetisch aufgelistet.<br />
Richtungsanzeiger für die Bruder- oder Partnerstädte am Rathaus; Stand 2010<br />
210
Bruderstädte<br />
• Alexandria<br />
(Ägypten)<br />
• Baltimore<br />
(Vereinigte<br />
Staaten)<br />
• Constanța<br />
(Rumänien)<br />
• Genua<br />
(Italien)<br />
• Haifa (Israel)<br />
• Istanbul<br />
(Türkei)<br />
• Jerewan<br />
(Armenien)<br />
• Chișinău<br />
(Moldawien)<br />
Partnerstädte<br />
• Brest<br />
(Weißrussland)<br />
• Danzig (Polen,<br />
seit 1996)<br />
• Kalkutta (Indien)<br />
• Klaipeda<br />
(Litauen)<br />
• Larnaka (Zypern)<br />
• Ljubljana<br />
(Slowenien)<br />
• Minsk<br />
(Weißrussland)<br />
• Liverpool (Vereinigtes<br />
Königreich)<br />
• Łódź (Polen, seit 1993)<br />
• Marseille (Frankreich,<br />
seit 1972)<br />
• Nikosia (Zypern)<br />
• Oulu (Finnland)<br />
• Piraeus (Griechenland)<br />
• Qingdao<br />
(Volksrepublik China)<br />
• Regensburg<br />
(Deutschland, seit 1990)<br />
• Moskau (Russland)<br />
• Ningbo (Volksrepublik<br />
China)<br />
• Rostow am Don<br />
(Russland)<br />
• St. Petersburg (Russland)<br />
• Taganrog (Russland)<br />
• Tiflis (Georgien)<br />
Persönlichkeiten Söhne und Töchter: In Odessa geboren:<br />
Wissenschaftler<br />
211<br />
• Szeged (Ungarn)<br />
• Split (Kroatien)<br />
• Tallinn (Estland)<br />
• Tripoli (Libanon)<br />
• Valencia (Spanien)<br />
• Vancouver (Kanada,<br />
seit 1944)<br />
• Yokohama (Japan).<br />
• Wladimir Igorewitsch Arnold, Mathematiker<br />
• Sergei Natanowitsch Bernstein, russischer Mathematiker<br />
• George Gamow, russisch-US-amerikanischer Physiker<br />
• Adolf Pawlowitsch Juschkewitsch, Mathematikhistoriker<br />
• Henry Primakoff, Theoretischer Physiker<br />
• Alexander von Schelting, deutscher Soziologe<br />
• Heinrich Walter, deutsch-russischer Geobotaniker und Öko-Physiologe<br />
• Valparaíso<br />
(Chile)<br />
• Van (Türkei)<br />
• Vídeň<br />
(Tschechien)<br />
• Warna<br />
(Bulgarien)<br />
• Wien<br />
(Österreich)<br />
• Wolgograd<br />
(Russland).
Sportler<br />
• Hennadij Awdjejenko, ehemaliger sowjetischer Hochspringer und Olympiasieger<br />
• Mykola Awilow, Zehnkämpfer und Olympiasieger<br />
• Igor Iwanowitsch Belanow, sowjetischer Fußballspieler<br />
• Efim Geller, sowjetischer Schachspieler<br />
• Charles Goldenberg, American-Football-Spieler<br />
• Oksana Wladimirowna Grischtschuk, russische Eiskunstläuferin, Olympiasiegerin<br />
• Irina Krush, US-amerikanische Schachspielerin<br />
• Kostjantyn Lerner, ukrainischer Schachmeister<br />
• Wiktor Moskalenko, ukrainischer Schachspieler<br />
• Wiktor Petrenko, ukrainischer Eiskunstläufer, Olympiasieger<br />
• Jewgeni Platow, russischer Eiskunstläufer, Olympiasieger<br />
• Maksym Shtein, deutscher Basketballspieler<br />
• Sergei Issajewitsch Utotschkin, russischer Sportler und Flugpionier<br />
• Andrij Woronin, ukrainischer Fußballnationalspieler<br />
Künstler, Musiker und Schriftsteller<br />
• Isaak Emmanuilowitsch Babel, russischer Journalist und Autor jüdischer Herkunft<br />
• Simon Barere, Pianist<br />
• Olexander Bejderman, Schriftsteller, schreibt Jiddisch, Russisch, Ukrainisch<br />
• Nikolaus Brodszky, russisch-jüdischer Komponist und Musiker<br />
• Shura Cherkassky, russisch-amerikanischer Pianist<br />
• Joseph Dorfman, israelischer Komponist und Musikpädagoge<br />
• Vladimir Dyck, Komponist und Musikpädagoge<br />
• Jacobo Ficher, Komponist<br />
• Marjana Gaponenko, Schriftstellerin<br />
• Alexander Wassiljewitsch Gauk, ukrainischer Dirigent und Komponist<br />
• Emil Gilels, russischer Pianist<br />
• Wera Michailowna Inber, russisch-sowjetische Schriftstellerin<br />
• Ida Kamińska, polnisch-jüdische Schauspielerin<br />
• Joseph Kaminski, israelischer Komponist und Violinist<br />
• Walentin Petrowitsch Katajew, sowjetischer Dramatiker und Romancier<br />
• Télémaque Lambrino, Pianist und Musikpädagoge<br />
• Jakov Landa, sowjetischer Schriftsteller<br />
• Alina Levshin, deutsche Schauspielerin<br />
• Juri Nikolajewitsch Libedinski, sowjetischer Schriftsteller<br />
• Nathan Milstein, amerikanischer Violinist ukrainischer Herkunft<br />
• David Fjodorowitsch Oistrach, russischer Geiger<br />
• Michail Rafailowitsch Rauchwerger, Komponist<br />
• Wassili Lwowitsch Sapelnikow, russischer Komponist und Pianist<br />
• Boris Semjonowitsch Schechter, Komponist<br />
• Antonio Emmanuilowitsch Spadawekkia, Komponist<br />
• Wladimir Strelnikow, ukrainischer Künstler<br />
• Leonid Ossipowitsch Utjossow, Sänger und Bandleader<br />
• Michael Vaiman, Violinist und Hochschullehrer<br />
• Peter Weibel, österreichischer Künstler und Theoretiker<br />
• Wilhelm Wolfsohn, deutscher Schriftsteller<br />
• Natasha Yarovenko, Schauspielerin<br />
• Kira Kaft, Sängerin, Komponistin, Odessa-Chansons<br />
212
Personen mit Beziehung zur Stadt<br />
• Alexander II., Zar von Russland, besuchte im November 1855 Odessa.<br />
• Alexander Brückner, Historiker, lehrte von 1867 bis 1872 in Odessa.<br />
• Iwan Wassiljewitsch Boldin, sowjetischer General, war von 1939 bis 1941 Kommandeur des<br />
Militärbezirks Odessa.<br />
• Oskar Becker, Attentäter auf König Wilhelm von Preußen<br />
• Theodor Beutling, deutscher Politiker (KPD), Reichstagsabgeordneter<br />
• Georgi Timofejewitsch Dobrowolski, sowjetischer Kosmonaut<br />
• Georgi Wassiljewitsch Florowski, orthodoxer Theologe des 20. Jahrhunderts<br />
• Wilhelm Flicke, Spezialist für Kryptografie bei der Reichswehr und Wehrmacht, Schriftsteller<br />
• Franz Josef Grenzebach, Handelsunternehmer und Geheimdiplomat des russischen Zaren im<br />
19. Jahrhundert. Deutschstämmig, geboren in Simferopol, Mutter entstammte der russischen<br />
Adelsfamilie Romanov. In Odessa Lebensmittelpunkt und Sitz der Handelsgesellschaften.<br />
• Nikolai Fjodorowitsch Gikalo, sowjetischer Politiker<br />
• Waldemar Haffkine, Bakteriologe, studierte in Odessa Medizin.<br />
• Johann Karl Ehrenfried Kegel, Kamtschatka-Erforscher, verstarb in Odessa.<br />
• Dmitri Klimow, Pianist und Musikpädagoge, Lehrer am Konservatorium<br />
• Johann Kremenezky, Industrieller und Zionist<br />
• Sara Alexandrowna Lewina, Komponistin, studierte in Odessa Klavier.<br />
• Rodion Jakowlewitsch Malinowski, Marschall und Verteidigungsminister der Sowjetunion<br />
• Alexander Iwanowitsch Marinesko, U-Boot-Kommandant der S-13 im 2. Weltkrieg<br />
• Dmitri Iwanowitsch Mendelejew, Chemiker, lehrte um 1855 an einem Gymnasium in Odessa.<br />
• Ilja Iljitsch Metschnikow, Zoologe, Anatom, Bakteriologe und Nobelpreisträger, gründete<br />
1886 in Odessa das erste bakteriologische Zentrum Russlands.<br />
• Armand Emmanuel du Plessis, duc de Richelieu, französischer Staatsmann, war von 1803 bis<br />
1814 Statthalter von Odessa.<br />
• Leo Pinsker, Wegbereiter des Zionismus, verstarb in Odessa.<br />
• Nikolai Iwanowitsch Pirogow, Chirurg und Hochschullehrer<br />
• Alexander Sergejewitsch Puschkin, russischer Schriftsteller, lebte vor 1824 kurzzeitig in<br />
Odessa.<br />
• Swjatoslaw Teofilowitsch Richter, Pianist, lebte zwischen 1916 und 1937 in Odessa und<br />
arbeitete dort an der Oper als Korrepetitor.<br />
• Alexander Wassiljewitsch Suworow, russischer General, gründete Odessa.<br />
• Georgi Konstantinowitsch Schukow, sowjetischer General, war von 1946 bis 1948<br />
Kommandeur des Wehrbezirks Odessa.<br />
• Jacob Schapiro, Börsenspekulant und Autohändler im Berlin der 1920er-Jahre<br />
• Mendele Moicher Sforim, jiddischer Schriftsteller, verstarb in Odessa.<br />
• Walentyn Symonenko, Politiker<br />
• Leo Trotzki, Revolutionär, absolvierte die deutsch-lutherische Schule in Odessa. 1898 saß er<br />
zeitweise hier im Gefängnis.<br />
• Andrei Januarjewitsch Wyschinski, Generalstaatsanwalt der Sowjetunion und Außenminister<br />
• Michail Semjonowitsch Woronzow, russischer Offizier und Politiker, trug wesentlich zur<br />
Entwicklung Odessas bei, gründete unter anderem Theater und Bibliothek.<br />
• Sergei Juljewitsch Witte, deutsch-baltischer Unternehmer und russischer Staatsmann, studierte<br />
in Odessa und reformierte das russische Eisenbahnwesen.<br />
• Wilhelm Karlowitsch Withöft, russischer Admiral<br />
213
Basisdaten<br />
Constanța – Vikipedia<br />
Staat: Rumänien<br />
Historische Region: Dobrudscha<br />
Kreis: Constanța<br />
Koordinaten: 44° 11′ N, 28° 39′ OKoordinaten: 44° 11′ 0″ N, 28° 39′ 0″ O (Karte)<br />
Zeitzone: OEZ (UTC+2)<br />
Höhe: 28 m<br />
Fläche: 121,66 km²<br />
Einwohner: 302.171 (1. Januar 2009)<br />
Bevölkerungsdichte: 2.484 Einwohner je km²<br />
Postleitzahl: RO–900xxx<br />
Telefonvorwahl: (+40) 02 41<br />
Kfz-Kennzeichen: CT<br />
Gemeindeart: Munizipium<br />
Struktur und Verwaltung (Stand: 2012)<br />
Oberbürgermeister: Radu Ștefan Mazăre (USL)<br />
Postanschrift:<br />
Bulevardul Tomis, nr. 51<br />
loc. Constanța, jud. Constanța, RO–900725<br />
Webpräsenz: www.primaria-constanta.ro<br />
Constanța [konˈstant͜sa] (deutsch Konstanza oder Konstanz,<br />
auch Constantza, türkisch Kustendji, Kustendja, Köstence, Köstendsche, im<br />
Altertum Tomis und in der SpätantikeConstantiana) ist eine Hafenstadt<br />
in Rumänien am Schwarzen Meer. Mit 302.171 Einwohnern [1] ist sie die fünftgrößte Stadt des<br />
Landes und Sitz des gleichnamigen Kreises.<br />
214
Geschichte<br />
Freigelegte Grundmauern der antiken griechischen Stadt Tomis<br />
Constanța wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. von Griechen aus der ionischen Mutterstadt -<br />
Milet (in Kleinasien) als Tomoi (Τόµοι) gegründet, eine später römische Stadt (Tomi), in der<br />
auch der aus Rom verbannte Dichter Ovid lebte und starb. Zeitweise stand sie unter da-<br />
kischer, skythischer und keltischer Herrschaft. Unter dem römischen Kaiser Konstantin I.<br />
wurde die Stadt zu Ehren seiner Schwester in Constantiana umbenannt und war eine<br />
wichtige Metropole. Später teilte die Stadt das Schicksal der römischen Balkanprovinzen.<br />
Im Winter 597/598 diente die Stadt dem oströmischen Feldherrn Priskos als Winterlager, als<br />
ihn die Awaren überraschend angriffen und belagerten (siehe hierzu Balkanfeldzüge des<br />
Maurikios). Ab der zweiten Hälfte der 670-er bis 1385 war Constanța bulgarisch, jedoch<br />
zwischen 971 und 1186 byzantinisch. Ab 1385 bis 1420 gehörte die Region zur<br />
Walachei und schließlich zum Osmanischen Reich, bis es 1878 im Rahmen des Berliner<br />
Kongresses mit der Norddobrudscha (deren Zentrum Constanța ist) Rumänien zugeschlagen<br />
wurde.<br />
Bevölkerung<br />
Constanța ist neben Medgidia und Babadag das Zentrum der türkischen und tatarischen<br />
Minderheit Rumäniens sowie des Islam in Rumänien, der von der turko-tatarischen<br />
Minderheit geprägt wird. 6 % der Stadtbevölkerung ist muslimisch. Daneben gibt es auch<br />
eine kürzlich eingewanderte arabische Minderheit, die in Constanța eine Schule mit<br />
arabischer und englischer Unterrichtssprache betreibt. Die türkische weiterführende Schule<br />
ist in Medgidia.<br />
215
1853 lebten erst 5.204 Menschen in der Stadt; darunter stellten die Tataren (36 %)<br />
und Griechen (30 %) die Mehrheit. Nur 5 % waren Rumänen. In der Folge nahm die Einwoh-<br />
nerzahl stetig zu, gleichzeitig stieg der Anteil der Rumänen. 1930 lebten ca. 59.000<br />
Menschen in der Stadt, darunter ca. 1.450 Deutsche. In den späten 1950er Jahren wurde die<br />
Zahl von 100.000 Bewohnern erreicht. 1992 registrierte man mit 350.581 die maximale<br />
Einwohnerzahl, die seitdem wieder deutlich rückläufig ist. Bei der Volkszählung 2002 lebten<br />
in Constanța noch 310.471 Menschen, darunter etwa 286.000 Rumänen, je 9.000 Türken<br />
und Tartaren, 3.000 Roma, 900 Russen bzw. Lipowaner, 500 Griechen, je 400 Un-<br />
garn und Armenier und 200 Deutsche.<br />
Wirtschaft und Verkehr<br />
Hafen<br />
Der Donau-Schwarzmeer-Kanal in der Nähe von Constanța<br />
Unmittelbar südlich von Constanța befindet sich der neue Großhafen Agigea am Ausgang<br />
des Donau-Schwarzmeer-Kanales. Somit hat Constanța eine direkte Verbindung<br />
zur Donau und den mitteleuropäischen Hafenstädten. Der Main-Donau-Kanal ermöglicht<br />
zudem, dass die Schifffahrtsroute Constanța-Rotterdam einen ununterbrochenen<br />
Wasserweg zwischen dem Schwarzen Meer und der Nordsee darstellt. Zudem ist Rotterdam<br />
eine wichtige Partnerstadt von Constanța. Constanța ist bereits der größte Hafen am<br />
Schwarzen Meer und der Warenumschlag wächst um 8 Prozent pro Jahr. Die Bedeutung der<br />
Stadt wird vor allem nach der geplanten Inbetriebnahme der Pan-European Oil-Pipeline<br />
(PEOP) 2012 weiter steigen. Die Ölpipeline soll von Constanța nach Triest führen. Ziel des<br />
Projekts ist, den Bosporus zu entlasten.<br />
216
Verkehr<br />
Mit Bukarest besteht eine Autobahn- und Eisenbahnverbindung, zu Letzterer gehören neben<br />
dem Personenbahnhof Constanța als größte Bahnhöfe der Rangierbahnhof Palas und ein<br />
weiterer Rangierbahnhof für den Hafen. Ferner befinden sich dort die Badeorte Techi-<br />
rghiol, Mamaia, Eforie Nord, Eforie Sud und der internationale Flughafen Aero-portul Inter-<br />
național Mihail Kogălniceanu.<br />
Innerhalb der Stadt hatte bis 2008 bzw. 2010 ein aus Straßenbahn, Bus und O-<br />
Bus bestehendes Nahverkehrsnetz existiert, das von der RATC (Regia Autonomă de<br />
Transport Constanța) betrieben wird. Das Straßenbahn- und O-Bus-Netz wurde in den<br />
letzten Jahren jedoch zugunsten des Autobusnetzes reduziert und inzwischen eingestellt. So<br />
wurde fast das gesamte O-Bus-Netz (ausgenommen die Linien 48 und 48 b (Stand Juli<br />
2006)) und die Straßenbahnlinie 100 (Gară - Sat de Vacanța; in der Nähe des Ortseingangs<br />
von Mamaia) durch Busse ersetzt. Die nicht mehr benutzten Fahrleitungen O-Bus und<br />
Straßenbahn wurden weitestgehend demontiert.<br />
Die (erst 1984 in Betrieb genommene) Straßenbahn wurde im November 2008 vollkommen<br />
stillgelegt, im Dezember 2010 wurden die Oberleitungsbuslinien durch Autobusverkehr<br />
ersetzt. Nach 51 Jahren besitzt die Stadt damit keine elektrischen Nahverkehrsmittel mehr,<br />
sondern nur noch Autobusse, die als Markenzeichen überwiegend grell pink lackiert sind.<br />
Des Weiteren werden Überlandverbindungen in angrenzende Städte wie Năvodari durch<br />
Kleinbusse (ca. 20 Sitzplätze, sog. Minibus) der Grup Media Sud, die ohne festen Fahrplan<br />
verkehren, angeboten.<br />
217
Stadt-Strand von Constanta<br />
Constanta hat seinen eigenen Badestrand, der sich in 5 kleine Buchten aufteilt.<br />
Blick auf die Stadtstrandbuchten -<br />
in der unmittelbaren Nähe des Yachthafens von Constanta -<br />
Richtung „Mamaia“<br />
Hier baden die Einheimischen, wenn sie sich nicht ins Bademekka<br />
von Mamaia begeben wollen.. .<br />
Die Jugend bevorzugt selbstverständlich<br />
den Touristenstrudel von Mamaia.<br />
218
Kultur und Sehenswürdigkeiten<br />
Ovid-Denkmal<br />
� Griechische und römische Ruinen (Handelshaus mit römischem Fußbodenmosaik, Basiliken,<br />
kaiserliche Nekropolen)<br />
� Ovid-Denkmal vor dem Geschichts- und Archäologie-Museum<br />
� Leuchtturm aus dem 13. Jahrhundert<br />
� Aquarium und Delphinarium<br />
� Philharmonie<br />
� Oper<br />
� Nationaltheater<br />
� Byzantinische Basilika<br />
� Carol-I.-Moschee<br />
� Das Casino<br />
219
Sport<br />
Der FC Viitorul Constanța spielt seit 2012 in der höchsten rumänischen Fußballliga. Führend im rumäni-<br />
schen Sport sind auch HCM Constanța im Handball und CVM Tomis Constanța im Volleyball.<br />
Geboren in Constanța<br />
� Nicholas Georgescu-Roegen (1906–1994), Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler<br />
� Vintilă Cossini (1913–2000), Fußballspieler<br />
� Dumitru Antonescu (* 1945), Fußballspieler<br />
� Harry Tavitian (* 1952), Jazzmusiker<br />
� Ovidiu Bădilă (1962–2001), Kontrabassist<br />
� Sebastian Stan (* 1983), US-amerikanischer Schauspieler<br />
� Ianis Zicu (* 1983), Fußballspieler<br />
� Alexandru Mățel (* 1989), Fußballspieler<br />
� Alexandra Stan (* 1989), House-Sängerin<br />
� Simona Halep (* 1991), Tennisspielerin<br />
Die Stadteingänge von Konstanza<br />
Der aktuelle Bürgermeister von Konstanza „Radu Mazere“<br />
ließ an allen Stadteingängen diese ehemaligen Marinebote aufstellen.<br />
220
Partnerstädte<br />
Alexandria Ägypten<br />
Boulogne-sur-Mer Frankreich<br />
Brest Frankreich<br />
Dobritsch Bulgarien<br />
Havanna Kuba<br />
Iraklio Griechenland<br />
Istanbul Türkei<br />
Izmir Türkei<br />
Latakia Syrien<br />
Mobile Vereinigte Staaten<br />
Noworossijsk Russland<br />
Odessa Ukraine<br />
Perugia Italien<br />
Rotterdam Niederlande<br />
Sidon (Saida) Libanon<br />
Santos Brasilien<br />
Shanghai China<br />
Sulmona Italien<br />
Thessaloniki Griechenland<br />
Trapani Italien<br />
Turku Finnland<br />
Yokohama Japan<br />
221
Warna<br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
Warna (Варна)<br />
Basisdaten<br />
Staat: Bulgarien<br />
Oblast: Warna<br />
Einwohner: 334.870 (1. Februar 2011 [1] )<br />
Fläche: 154.236 km²<br />
43° 13′ N, 27° 55′<br />
Koordinaten: O43.21027777777827.90972222222280Koordinaten:<br />
43° 12′ 37″ N, 27° 54′ 35″ O (Karte)<br />
Höhe: 80 m<br />
Postleitzahl: 9000-9030<br />
Telefonvorwahl: (+359) 052<br />
Kfz-<br />
Kennzeichen: B<br />
Verwaltung<br />
Bürgermeister: Kiril Jordanow<br />
Webpräsenz: www.varna.bg<br />
Warna - Bulgarien - Nachbarorte: Dewnja, Baltschik, Dobritsch, Kardam, Kaspitschan,<br />
Schumen, Preslaw, Karnobat, Ajtos, Burgas<br />
222
Warna [ˈvarnɐ] (gebräuchliche Transliteration Varna, bulgarisch Варна) ist eine<br />
Hafenstadt am Schwarzen Meer in Bulgarien und nach Sofia und Plowdiw die drittgrößte<br />
Stadt des Landes. Sie ist Zentrum der gleichnamigen Gemeinde und der Provinz Warna sowie<br />
Sitz der Admiralität der bulgarischen Flotte und der Diözese von Warna und Weliki Preslaw.<br />
Die Stadt Warna ist administrativ in fünf Bezirke (Rajon) gegliedert.<br />
Warna ist der wichtiger Verkehrsknoten für den Nordosten des Landes. Der internationale<br />
Flughafen ist nach Sofia und Burgas der drittwichtigste des Landes. Warna besitzt nach dem<br />
Hafen Burgas den zweitgrößten Hafen Bulgariens und ist gut an das bulgarische Schienen-,<br />
und Straßennetz angebunden. Die Stadt war Endstation der ersten bulgarische Eisenbahnlinie<br />
sowie die erste Endstation des Orient-Express.<br />
Die Stadtnähe zu mehrere Sommerkurorte verwandeln Warna in den Sommermonaten in ein<br />
belebtes Tourismuszentrum. Die Hafenstadt ist das kulturelle Zentrum Nordostbulgariens und<br />
für seine Festivals auch international bekannt. Im Archäologischen Museum der Stadt wird<br />
zudem der älteste Goldschatz der Welt aufbewahrt.<br />
Geografie<br />
Warna liegt im Nordosten Bulgariens am Schwarzen Meer, an der Nordwestseite der Warnaer<br />
Bucht und am Fuße des Frangensko-Plateau. Westlich der Stadt erstreckt sich der<br />
langgezogene Warna-See, der vom Prowadijska-Fluss und vom Beloslaw-See gespeist wird.<br />
Das Stadtgebiet erstreckt nördlich des Abflusses des Warna-Sees (der ebenfalls Warna heißt),<br />
entlang des Abhangs des Plateaus. Im Norden grenzt die Stadt durch mehreren Villenviertel<br />
und Kleingartenkolonien an den Kurort Goldstrand. Im Westen grenzt Warna unmittelbar an<br />
die Stadt Aksakowo.<br />
Südlich des Abflusses, durch die Asparuchowo-Brücke mit dem Stadtzentrum verbunden,<br />
befinden sich die Stadtviertel Asparuchowo und Galata. Der Eingang zum See wird heute<br />
durch eine künstliche Insel versperrt, welche durch Vertiefungsarbeiten entstand.<br />
Die nächste Großstadt ist das ca. 120 km südlich entfernte Burgas, das man durch eine<br />
Großteil zweispurige Passstraße durch das Balkangebirge erreicht und die Fahrt bis zu drei<br />
Stunden mit dem Auto dauern kann.<br />
Klima<br />
Warna<br />
Klimadiagramm<br />
J F M A M J J A S O N D<br />
38 6<br />
-1<br />
41 6<br />
0<br />
34 9<br />
3<br />
44<br />
15<br />
7<br />
40 20<br />
12<br />
46<br />
25<br />
16<br />
37<br />
27<br />
18<br />
32<br />
27<br />
18<br />
31<br />
24<br />
14<br />
Temperatur in °C, Niederschlag in mm<br />
Quelle: wetterkontor.de<br />
36<br />
18<br />
10<br />
50<br />
13<br />
5<br />
223<br />
42 8<br />
2
Geschichte<br />
Name<br />
Die Stadt trug in ihrer Geschichte mehrere Namen. In der Antike hieß sie Odessus, von 1949<br />
bis 1956 Stalin.<br />
Stadtgeschichte<br />
Seit 1972 das Gräberfeld von Warna im Westen der Stadt entdeckt worden ist, ist die<br />
Besiedlung dieser Gegend in der Kupfersteinzeit im 5. Jahrtausend v. Chr. bekannt. Dort<br />
wurden zahlreiche Goldfunde aus der Karanowo-IV-Epoche aus dem 4. Jahrtausend v. Chr.<br />
gemacht, die jetzt im Archäologischen Museum zu besichtigen sind. Die Besonderheit des<br />
Gräberfeldes sind so genannte „symbolische Gräber“, in denen nur Beigaben, nicht aber<br />
menschliche Überreste gefunden wurden. Man geht heute davon aus, dass die „symbolischen<br />
Gräber“ für fern der Heimat verstorbene Anführer angelegt wurden. Diese Gräber- und<br />
Goldfunde, die bis 1991 ausgegraben wurden, waren eine wissenschaftliche Sensation und<br />
führten damals zur partiellen Neuschreibung der europäischen Frühgeschichte.<br />
Die Besiedlung durch diese Warna-Kultur endete nach neueren Forschungserkenntnissen<br />
abrupt unter Umständen, die zurzeit noch diskutiert werden.<br />
Die Stadt, deren frühester Ursprung schon in thrakischer Zeit lag, wurde im 7. Jahrhundert v.<br />
Chr. von griechischen Siedlern aus Milet gegründet. Sie gaben der Stadt den Namen Odessos,<br />
unter welchem sie in der Antike und Mittelalter bekannt war. Auf der Grundlage des Handels<br />
mit den Thrakern gewann die griechische Polis rasch an Bedeutung. Im 3. Jahrhundert v. Chr.<br />
war die Stadt von Makedonien und im 1. Jahrhundert v. Chr. vom Römischen Reich<br />
abhängig; Handwerk (Töpferei, Metallverarbeitung) und Handel entwickelten sich dennoch<br />
günstig. Erhalten haben sich aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Fragmente der römischen<br />
Thermen.<br />
Warna 1897<br />
224
593–594 diente die Stadt als römisches Winterlager während der Balkanfeldzüge des<br />
Maurikios. Auch kam es in der Umgebung zu Kämpfen zwischen Römern und Slawen. Eine<br />
Ansiedlung von Slawen fand vermutlich ab 615 statt. 681 eroberte der bulgarische Khan<br />
Asparuch die Stadt. Aus jener Epoche stammt auch ihr jetziger Name Warna. Während des<br />
Ersten Bulgarischen Reiches im 9. und 10. Jahrhundert war Warna ein wichtiger Mittelpunkt<br />
des Christentums, im Zweiten Bulgarischen Reich im 13. Jahrhundert wurde es zu einer Stadt<br />
des Handwerks mit einem bedeutenden Handelshafen. Es bestanden Verbindungen zwischen<br />
Nordbulgarien und Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, später auch mit der Republik<br />
Ragusa sowie den italienischen Städten Venedig und Genua.<br />
1391 eroberten Streitkräfte des Osmanischen Reiches die Stadt und machten sie wegen ihrer<br />
militärisch-strategisch günstigen Lage zu einer Küstenbastion. 1402 bzw. 1413 gaben die<br />
Osmanen die Stadt und die gesamte Küste bis hinunter nach Konstantinopel zurück an das<br />
Byzantinische Reich, um sie noch vor 1444 erneut und endgültig zu erobern. Dann fiel am 10.<br />
November 1444 in der Umgebung der Stadt der polnische und ungarische König Władysław<br />
(1424–1444), der den Beinamen Warneńczyk (von Warna) erhielt, in der Schlacht bei Warna<br />
mit den osmanischen Truppen unter der Führung von Sultan Murad II. (1404–1451). Im Jahre<br />
1828 eroberte die russische Flotte die Stadt, konnte sie aber nur zwei Jahre halten. Während<br />
des Krimkrieges zwischen 1853 und 1856 spielte Warna eine große Rolle. Die Stadt war 1854<br />
vorübergehend von britischen und französischen Truppen besetzt.<br />
Wappen der Stadt vor 1972<br />
Obwohl im 18. und 19. Jahrhundert Russland und das Osmanische Reich mehrmals Kämpfe<br />
um Warna ausfochten, erlebte die Stadt in den 1830er und 1840er Jahren einen wirtschaftlichen<br />
Aufschwung, vor allem des Handels, und wurde Sitz mehrerer Konsulate europäischer<br />
Staaten. Die erste Eisenbahnlinie im Osmanischen Reich im Jahre 1866 verband Warna und<br />
Russe an der Donau und damit mit Westeuropa. Sie stimulierte die Entwicklung der<br />
Schifffahrt und der Leichtindustrie. Auch nach dem Ende der osmanischen Herrschaft am 28.<br />
Juli 1878 bewahrte sich Warna seine Bedeutung als Hafen- und Handelsstadt.<br />
1893 wurde in der Stadt die Sozialdemokratische Partei gegründet und 1901 kam es zum<br />
ersten Streik der Warnaer Hafenarbeiter. Im Zweiten Weltkrieg kam es in der Stadt zu<br />
Kämpfen zwischen bulgarischen Partisanen und der deutschen Wehrmacht; Warna war<br />
Zentrum der 10. Operationsarmee. Am 8. August 1944 eroberten sowjetische Streitkräfte und<br />
bulgarische Partisanen die Stadt. Nach dem Sturz der kommunistischen Regierung in Sofia<br />
am 10. November 1989 begannen sich auch in Warna demokratische Verhältnisse<br />
durchzusetzen.<br />
225
Bevölkerung<br />
Bevölkerungsstruktur<br />
Im Frühjahr 2011 erfolgte die bisher letzte Volkszählung, welche gleichzeitig die erste nach<br />
der Aufnahme Bulgariens in die Europäische Union war. Da sie EU-Vorgaben unterlag, gab<br />
es die Möglichkeit Fragen nach ethnischer und religiöser Zugehörigkeit sowie nach der<br />
Muttersprache nicht zu beantworten. Nur 303.594 Bürger von Warna beantworteten die Frage<br />
nach der ethnischen Zugehörigkeit, von ihnen bezeichneten sich 284.738 als Bulgaren, 10.028<br />
als Türken, 3162 als Roma und 3378 gaben eine weitere ethnische Zugehörigkeit an.<br />
Einwohnerentwicklung<br />
Die wechselnden Einwohnerzahlen resultieren teilweise auch aus dem jeweiligen<br />
Gebietsstand.<br />
Jahr Einwohner<br />
1934 ¹ 73.305<br />
1946 ¹ 80.349<br />
1956 ¹ 123.798<br />
1965 ¹ 184.659<br />
1975 ¹ 252.525<br />
Die Zahlen [1] stammen von:<br />
Jahr Einwohner<br />
1985 ¹ 302.841<br />
1992 ¹ 308.432<br />
1996 ³ 300.413<br />
1999 ³ 296.204<br />
2001 ¹ 312.889<br />
Jahr Einwohner<br />
2004 ³ 312.026<br />
2007 ³ 313.983<br />
2009 ³ 320.837<br />
2011 ¹ 334.870<br />
2012 ³ 345.713 [3]<br />
• Volkszählungen (¹),<br />
• Schätzungen (²) oder<br />
• amtlichen Fortschreibungen der Statistischen Ämter (³).<br />
Wirtschaft und Infrastruktur<br />
Ansässige Unternehmen<br />
Das Hafen- und Werftgelände erstreckt sich mittlerweile entlang des – nördlichen – „Kleinen<br />
Kanals“ bis zum Prowadijska-See, der Schiffsverkehr in den See erfolgt fast ausschließlich<br />
durch den – südlichen – „Großen Kanal“. Mit Hafenarealen in Dewnja, Baltschik, LeSport<br />
und Kawarna, war der Hafen Warna in der Vergangenheit der größte Seehafen des Landes,<br />
wo etwa die Hälfte des seeseitigen Güterumschlages Bulgariens abgewickelt wurde. Getreide,<br />
Molkereierzeugnisse und Vieh gehören noch heute zu den wichtigsten Exporterzeugnissen.<br />
Zum Unternehmen Hafen Warna gehören heute jedoch neben den Hafen Warna-Ost (in<br />
Warna Stadt) nur noch das Areal in Dewnja (Hafen Warna-West) und liegt somit hinter dem<br />
Hafen von Burgas an zweiter Stelle. Heute werden im Hafen vor allem Transitwaren für den<br />
rumänischen Mark umgeschlagen.<br />
226
Um den Hafen in Warna konzentrieren sich die Werften, die in den letzten Jahren die anderen<br />
europäischen Konkurrenten an Kapazität eingebüßt haben. Die Werft von Warna (Bulyard)<br />
befindet sich nach mehreren Umstrukturierungen und Privatisierungen heute im Besitzt des<br />
bulgarischen Unternehmen Industry Holding Bulgaria.<br />
In der Stadt wurden bis Anfang der 1990-er Dieselmotoren, elektrische Geräte, Metallwaren,<br />
Nahrungsmittel und Textilien hergestellt.<br />
Der Tourismus trägt einen großen Anteil zum Bruttosozialprodukt in Warna bei. Die<br />
Bauwirtschaft nimmt hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung den 2. Platz ein.<br />
Verkehr<br />
Bahnhof von Warna, erbaut nach den Plänen des Bahnhofs von Burgas<br />
Der Flughafen Warna ist nach den Flughäfen von Sofia und Burgas der drittwichtigste des<br />
Landes, der besonders in der Sommersaison eine große Bedeutung im Charterverkehr hat.<br />
Durch Eisenbahn- und Straßenverbindungen ist Warna mit vielen Teilen des Landes und<br />
durch Buslinien in die nähere und weitere Umgebung verbunden.<br />
Der innerstädtische Verkehr nimmt trotz der massiven – und auch sehr stark genutzten –<br />
Entlastung durch ein gut ausgeprägtes Netz von Stadtbuslinien ständig zu, wobei vor allem<br />
der chronische Parkplatzmangel mitunter zu chaotischen Zuständen führt.<br />
Bildungswesen<br />
Warna besitzt mehrere Bildungseinrichtungen. Dazu gehören die Freie Universität Warna, die<br />
Medizinische Universität Warna, die Wirtschaftsuniversität Warna, die Technische Universität<br />
Warna die zivile Marineakademie und mehrere Forschungseinrichtungen unter anderem<br />
für Ozeanografie, Fischwirtschaft und Hydrodynamik. Außerdem kann man in der Stadt viele<br />
Gymnasien besuchen, darunter mehrere Fremdsprachengymnasien, in denen man Deutsch,<br />
Englisch, Französisch und Spanisch lernen kann. Das erste Fremdsprachen-gymasium Warna<br />
ist international aktiv. Mit einigen Gymnasien, wie zum Beispiel dem BG/BRG Klosterneuburg,<br />
werden jedes Jahr Schüleraustausche durchgeführt.<br />
227
Kultur und Freizeit<br />
Sehenswürdigkeiten<br />
Muttergottes-Kathedrale in Warna<br />
Muttergottes-Kathedrale in Warna von innen<br />
Städtischer Mittelpunkt ist die Entschlafung der Gottesmutter-Kathedrale (oft auch Muttergottes-Kathedrale<br />
genannt) aus dem Jahre 1896. Unweit von ihr befindet sich der Sitz der<br />
Diözese von Warna und Weliki Preslaw der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche. Die Kathedrale<br />
ist ein monumentaler Bau mit interessanten Wandmalereien und beachtlichen Holzarbeiten im<br />
Inneren. In der Nähe der Kathedrale befindet sich ein Basar und das Museum des<br />
Marinemalers Georgi Welschew (1891–1955) mit einer Kollektion von 250 Bildern. Südlich<br />
liegt eine Parkanlage, in deren Südostecke sich um eine Freifläche unter anderem das Theater<br />
Stojan Batschwarow und die Staatliche Warnaer Oper gruppieren; nahebei ein schönes<br />
Wasserspiel, dessen abends angestrahlte Fontänen dann in vielen Farben sprühen.<br />
228
Ein Stück weiter gegen Süden steht das Volkskundemuseum von 1860 mit seiner Schau<br />
altbulgarischer Arbeitsgeräte, Volkstrachten und Hauseinrichtungen. Südöstlich davon, in der<br />
St.-Atanas-Kirche aus dem Jahre 1838 ist eine wertvolle Ikonensammlung aus dem 18. und<br />
19. Jahrhundert zu besichtigen. Dahinter schließen sich die freigelegten römischen Thermen<br />
aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. an, mit 7.000 Quadratmetern die größten der Balkanhalbinsel.<br />
Das ehemals 18 Meter hohe Mineralbad enthielt mehrere von Kuppeln überdachte Säle, die<br />
mit Marmor und Mosaikplatten ausgestattet waren.<br />
In der Nähe liegen die Byzantinischen Thermen aus dem 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr., die<br />
offenbar ohne eigene Heizung nur aus Thermalquellen gespeist wurden.<br />
Das Aquarium in Warna<br />
In dem sich östlich anschließenden Parkgelände befinden sich das „Neue Römische Bad“ aus<br />
dem 3. und 4. Jahrhundert n. Chr., das Marinemuseum (Entwicklung der bulgarischen<br />
Schifffahrt) und das Aquarium, in dem die Fauna des Schwarzen Meeres vorgestellt wird.<br />
Sehr sehenswert ist weiter östlich das Archäologische Museum (ein ehemaliges Mädchen-<br />
Gymnasium) mit zahlreichen Schaustücken aus der ältesten Vergangenheit der Stadt, einem<br />
Münzkabinett und hervorragenden kunsthandwerklichen Arbeiten.<br />
Etwas weiter steht die 1860/1861 erbaute erste bulgarische Schule von Warna mit dem<br />
Museum der Nationalen Wiedergeburt. Im Erdgeschoss sind die Baulichkeiten der Erzengel-<br />
Michael-Kirche und im Obergeschoss Exponate aus dem 17. bis 20. Jahrhundert zu<br />
besichtigen. Interessant ist auch die St.-Nikolaus-Kirche von 1866 mit einer Sammlung von<br />
Ikonen und Holzschnitzereien aus neuerer Zeit.<br />
Sehr interessant sind auch die Museen der Geschichte von Warna, der Geschichte der<br />
Medizin, der Naturkunde, der Puppen, das Parkmuseum. Etwas außerhalb der Stadt liegen –<br />
18 km an der alten Straße nach Sofia – die alte Felsensiedlung Pobiti Kameni und – im<br />
Naturpark Goldstrand – das Aladschakloster.<br />
Weitere Sehenswürdigkeiten in Warna sind der Uhrturm, das Planetarium, das Pantheon, das<br />
Portaldenkmal und all die reich mit Fresken und Ikonen ausgestatteten Kirchen. Zwischen<br />
dem Zentrum und der Küste liegt ein Gebiet, in dem noch heute viele alte Jugendstilfassaden<br />
zu sehen sind, teils stark vom Zahn der Zeit zerfressen, teils auch gut gepflegt und/oder<br />
renoviert.<br />
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Das „Festa Dolphinarium“ ist eine in Bulgarien beliebte Zirkusschau mit Delfinen. Es besteht<br />
seit 1984.<br />
Vor dem Strand zog sich der so genannte „Meeresgarten“ (bulg. Morska Gradina), der seit<br />
Anfang der 1990er Jahre zunehmend bebaut ist und befahren wird. Mehrere Proteste zum<br />
trotz will die Stadtregierung seine Fläche durch ein groß angelegtes Projekt weiter<br />
verkleinern.<br />
In Warna finden verschiedene Festivals des Theaters, Films, der klassischen Musik, des<br />
Balletts, Jazz usw. statt. Eine Internationale Biennale der Graphik existiert ebenfalls in der<br />
Stadt (seit 1981).<br />
Sport<br />
In Warna fanden mehrere Europa- und Weltmeisterschaften statt, so die Turn-Weltmeisterschaften<br />
1974, die Ringer-Weltmeisterschaften der Männer 1991 und die Ringer-Europameisterschaften<br />
2005. Die Stadt war auch Austragungsort der Schacholympiade 1962. Im<br />
April 2010 fanden hier die Europameisterschaften im Trampolinturnen statt.<br />
Im Titscha-Stadion ist der Fußballverein Tscherno More Warna beheimatet, der in der Saison<br />
2009/2010 in der höchsten bulgarischen Liga spielt. Ein weiterer Verein, Spartak Warna, stieg<br />
2009 in die Zweite Liga ab.<br />
Politik<br />
Gemeindegliederung<br />
Der Stadtrat fungiert gleichzeitig als Gemeinderat und ist für die Kontrolle aller Bürgermeister<br />
der Gemeindeortschaften zuständig. Zur Gemeinde Warna (bulg. Община Варна/-<br />
Obschtina Warna) gehören außerdem noch folgende Dörfer:<br />
• Swezdiza<br />
• Kazaschko<br />
Städtepartnerschaften<br />
• Kamenar<br />
• Konstantinowo<br />
Warna unterhält mit folgenden Städten Partnerschaften:<br />
• Aalborg (Dänemark)<br />
• Akaba (Jordanien)<br />
• Bradford<br />
(Großbritannien)<br />
• Charkiw (Ukraine)<br />
• Dordrecht (Niederlande)<br />
• Malmö (Schweden)<br />
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• Topoli<br />
• Miami (USA)<br />
• Noworossijsk (Russland)<br />
• Odessa (Ukraine)<br />
• Piräus (Griechenland)<br />
• Rostock (Deutschland)<br />
• Turku (Finnland)<br />
Eine Stadtteilpartnerschaft besteht seit 2003 mit dem Hamburger Bezirk Eimsbüttel.
Persönlichkeiten<br />
Söhne und Töchter der Stadt<br />
• Petar Danow (Béinsa Duno) (1864–1944), Begründer der Weißen Bruderschaft, einer<br />
Sekte mit Anhängern im In- und Ausland<br />
• Trajan Djankow (* 1976), bulgarischer Fußballspieler<br />
• Zweta Georgiewa (* 1963), Abgeordnete im 41. bulgarischen Parlament<br />
• Julian Gorus (* 1978), bulgarischer Pianist<br />
• Aleksandar Jordanow (* 1952), bulgarischer Politiker<br />
• Dragomir Josifow (* 1966), bulgarischer Komponist, Dirigent und Pianist<br />
• Atanas Kareew (* 1945), bulgarischer Pianist<br />
• Iwajlo Marinow (* 1960), bulgarischer Amateurboxer<br />
• Georgi Penew Nikolow, bulgarischer Handballspieler<br />
• Metropolit Simeon (* 1926), bulgarischer orthodoxer Geistlicher, Metropolit und<br />
Gründer der bulgarisch-orthodoxen Diözese von West- und Mitteleuropa<br />
• Wanja Stambolowa (* 1983), bulgarische Leichtathletin<br />
• Milena Trendafilowa (* 1970), bulgarische Gewichtheberin<br />
• Fritz Zwicky (1898–1974), Schweizer Physiker und Astronom<br />
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Schlusswort:<br />
Ja, das war es.. ; durch die Erstellung dieses Buches habe ich wiedereinmal eine Nachhilfestunde<br />
in Geschichte und Geographie bekommen.. ; super, man lernt eben nie aus, oder ?!<br />
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Aurelia und Hubert Jentsch<br />
www.aurelia-soare.de / www.rumba-imensity.de<br />
Lichtentaler Str. 33<br />
D – 76530 Baden-Baden<br />
Hubertus-Diffusions – Baden-Baden<br />
Oktober 2012<br />
Blick aus unserem Büro auf den Augustaplatz,<br />
rüber zum Restaurant „Medici“ und dem Kongresshaus..<br />
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