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Christian + Marina Wolff-Handloser - Rumba-Imensity

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Aurelia und Hubert Jentsch<br />

<strong>Christian</strong> + <strong>Marina</strong> <strong>Wolff</strong>-<strong>Handloser</strong><br />

mit dem<br />

Hapag-Lloyd Kreuzfahrtschiff<br />

der Columbus 2<br />

von Piräus durchs Schwarze Meer und zurück..<br />

Am 30. September 2012<br />

in Constanta - Rumänien<br />

<strong>Christian</strong> und <strong>Marina</strong> vor dem Casino -<br />

dem Wahrzeichen von Constanta..<br />

Hubertus-Diffusions – Baden-Baden


Samos<br />

Eine kleine bebilderte Zusammenfassung<br />

zur Erinnerung<br />

an einen schönen Septembertag<br />

in Gesellschaft von<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> + <strong>Marina</strong> <strong>Wolff</strong>-<strong>Handloser</strong><br />

Kusadasi<br />

Trabzon<br />

Sotschi<br />

Constanța<br />

in Konstanza – am Schwarzen Meer<br />

mit der Vorstellung der anderen Häfen,<br />

die die Columbus 2 anlief..<br />

Texte- sowie Bildquellen aus Vikipedia<br />

Warna<br />

Jalta<br />

Von Piräus nach Piräus..<br />

Sewastopol<br />

Odessa<br />

Istanbul<br />

Mangalia<br />

Noworossijsk<br />

Giresun<br />

Kertsch<br />

Mykolajiw<br />

2<br />

Samsun<br />

Sinop<br />

Ordu<br />

Sochumi<br />

Zonguldak<br />

Batumi<br />

Burgas<br />

Cherson<br />

Sulina<br />

Poti


Inhaltsverzeichnis<br />

4 = Vorwort<br />

5 = Die Columbus 2 und Reiseroute<br />

6 = Einleitung<br />

7 = Schiffsbilder<br />

11 = <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong><br />

13 = MAMAIA<br />

22 = Konstanza: Zentrum, Yachthafen, Eminescu-Denkmal, Kasino<br />

31= Abschied von der Columbus 2<br />

35 = Zusammenfassung unserer Bilder<br />

53 = Reiseroute der Columbus 2<br />

55 = PIRÄUS<br />

59 = SAMOS<br />

67 = KUSADASI<br />

71 = DARDANELLEN<br />

73 = Homer<br />

78 = Troja<br />

87 = Achilleus<br />

103 = ISTANBUL<br />

150 = BOSPORUS<br />

160 = DAS SCHWARZE MEER<br />

170 = SOTSCHI<br />

177 = JALTA<br />

182 = SEWASTOPOL<br />

196 = ODESSA<br />

214 = CONSTANTA<br />

212 = WARNA<br />

3


Vorwort<br />

Meine Frau meinte : Für wen machst du denn eigentlich dieses Buch.. , es wird doch niemand<br />

lesen.. !<br />

Ja, wie recht sie doch hat !<br />

Da kann man dann im gleichen Atemzug hinzufügen : für wen habe ich meine Gedichte<br />

geschrieben .. , das ABC der Humanwissenschaften entwickelt.. und meine jahrelangen Erfahrungen<br />

gratis ins Internet gestellt, sogar dafür viel, viel Geld ausgegeben.. ? War ich demselben<br />

Wahn ausgesetzt wie „Achilleus“, der zu einem Mitmenschen die Bemerkung machte :<br />

„Von dir wir in der Zukunft niemand berichten.. ; ich aber werde Geschichte schreiben.. !“<br />

Da fallen mir die Jesusworte aus einem seiner 9 Briefe ein, die z. Z. im Umlauf sind.. ; er sagt,<br />

das wir im Vergleich zum kosmischen Wissen hier auf Erden alle nur Hypothesen-Aufsteller<br />

sind.. . Und im Vergleich mit dem, was „Er“ damals schon bewerkstelligte, muss ich ihm<br />

leider Recht geben !<br />

Hat es „Achilleus“ wirklich geschafft, mit seinen Heldentaten Ewigkeitswerte zu erstellen.. ?<br />

Hat er kosmische Geschichte geschrieben.. ?<br />

Ich denke da an alle großen Erfinder und Entdecker, die uns wirklich ein großes Erbe hinterlassen<br />

haben.. ? Wer kennt sie noch.. , wer hat - außer einer kleinen Hochschulequippe, die<br />

dies in ihrem Studienprogramm erlernen mussten - noch Kenntnisse von ihnen. Wer von uns<br />

in Europa kennt denn die Namen der großen Chinesischen Dichter, Maler und Erfinder.. ,<br />

oder weiß - um etwas näher zurücken - wer die Präsidenten der Europäischen Länder waren,<br />

wer den Gummi erfand oder wer Borgward etc. war..?!<br />

Und ich sollte glauben, dass die Menschen sich eines Tages an mich, meine Gedichte, daran,<br />

dass ich weltweit - mit dem ABC der Humanwissenschaften als Background - der erste<br />

Problematologe war.. , wo das noch nicht einmal meine Verwandten und Freunde zur<br />

Kenntnis genommen haben ?! dass Menschen morgen dieses Buch lesen werden.. ??? NEIN,<br />

so vermessen bin ich nicht.. ! Ich schreibe und kreiere, weil es von der Natur in meiner<br />

kosmischen Entwicklung so programmiert ist.. , ich mache es also für mich ! ICH BIN ! Und<br />

das was ich mache, bin ICH. Das ist Selbstverwirklichung pur !<br />

Ich erstellte dieses Buch, weil es ein Teil meines Lebens widerspiegelt, genauer gesagt : einen<br />

schönen Tag an dem ich mich - so lange wie ich noch auf der Erde verweile - gerne erinnern<br />

werde und dies mit diesem Buch verbildlichen kann. Und dies, so finde ich, ist der Aufwand<br />

wert. Also, um etwas präziser zu werden : Ich lese mich hin und wieder selbst; stelle fest, wer<br />

ich war und wie ich mich weiterentwickelt habe.. ; und hier spreche ich zu mir selbst ! so<br />

einfach ist das.<br />

Und dafür ist das Internet eine Super-Sache; es ermöglicht mir, rationell meine Gedanken zu<br />

speichern.. ! Dafür möchte ich all jene, die an der Erfindung und Entwicklung des Internets<br />

beteiligt waren, herzlich danken.. ! Und schau mal, Hubert, so wichtig diese Personen<br />

HEUTE für deinen persönlichen Bedarf sind.. , so kennst du dennoch nicht einmal ihre<br />

Namen.. ? Sehr wahrscheinlich bist du einer von den Neunundneunzig Blöden hier auf der<br />

Erde, denen es genauso ergeht, wie dir.. !<br />

Und, wird man nach den nächsten Hundert Jahren wohl noch von „Achilles“, dem „Internet“<br />

etc. sprechen.. ???<br />

4


Die Columbus 2<br />

Hapag-Lloyd Kreuzfahrtschiff<br />

Die Kreuzfahrtroute der Columbus 2 : Abfahrt „Piräus“<br />

5


Also, es war so<br />

Einleitung<br />

Eine Lehrerin aus Konstanza war bei Aurelia - meiner Frau - und mir in der Sprechstunde.. ;<br />

sie fühlte sich von ihrem Mann - er arbeitet auf der „Columbus 2“ und war im Urlaub -<br />

regelrecht verfolgt.. ; er spioniert mir überall nach, sagte sie.<br />

Wir machten seine Personenanalyse und stellten fest, dass er 2 Monde in den „Festen Werten“<br />

hat.. ; die Festwerte bestimmen maßgebend die Menschliche Verhaltensweise. Mond bewirkt<br />

u. A. Sensibilität, Ehrgeiz, Altruismus und Fürsorge; siehe „Die Personenanalyse nach<br />

Hubertus“ : www.rumba-imensity.de – Sterneneigenschaften.<br />

Als wir ihr erklärten, dass es die Fürsorglichkeit ihres Mannes war, die ihr „das von ihm<br />

verfolgt werden“ empfinden ließ, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie akzeptierte<br />

zum ersten mal - nach wiederholten Absagen - die Einladung der Rederei, von Konstanza aus<br />

mit ihrem Mann einzuschiffen, um an der Kreuzfahrt nach Piräus teilzunehmen und dann eine<br />

weitere Woche mit der Columbus 2 die Kreuzfahrt nach Venedig zu genießen.. .<br />

NB: Wir bekamen von „ihr“ einen Anruf aus Piräus : sie war überglücklich.. ! und freute sich<br />

schon auf die Weiterfahrt nach Venedig.. !<br />

Nebenbei gesagt,:<br />

Aurelia und ich sind Problematologen mit den „Hubertus-Systemen“ = Die Idealpartnerformel und die<br />

Personenanalyse nach Hubertus : Dem ABC der Humanwissenschaften.<br />

Ein Problem ist nach „Hubertus“ = eine Frage ohne Antwort.. !<br />

Wir geben Antworten auf alle Probleme der Menschlichen Verhaltensweise, machen Lösungsvorschläge,<br />

Personenanalysen, Partner-Harmonisationen und Schicksalsveränderungen durch<br />

Namensveränderungen.<br />

Zurück zu unserem Konstanza und der Columbus 2 :<br />

Aurelia, meine Frau, hatte verstanden, dass die „Columbus 2“ um 13h den Hafen von<br />

Konstanza verlässt.. und wir wollten natürlich dabei sein um „Alice“ Winke, Winke zu<br />

machen, um dann anschließend am Strand von „Mamaia“ noch einmal ein Sonnenbad zu<br />

nehmen.. .<br />

So kamen wir an die Piere und sahen auf der einen Seite die „Azura“ und auf der anderen die<br />

Columbus 2, die aber noch nicht am Kai festlag.. . Zu unserem Erstaunen stellten wir fest,<br />

dass das Schiff gerade erst anlegte.. .<br />

Folgend einige Bilder..<br />

6


Die „Azura“<br />

Die Columbus 2<br />

7


So standen wir am Kai unmittelbar daneben und beobachteten das Anlegemanöver<br />

und waren unschlüssig, was wir im Weiteren machen wollten.. .<br />

Wir entschieden uns, noch ein wenig zu bleiben und beobachteten das<br />

Anlegemanöver..<br />

8


Es war natürlich beeindruckend, 10 Meter vom Schiff entfernt zu stehen und zu sehen, wie<br />

alles so abläuft.. ; und von diesem Event beeindruckt, sagte mir meine Aurelia, dass sie sehen<br />

möchte, wie die Deutschen Touristen ausschiffen um Konstanza zu besichtigen.. .<br />

Als das Schiff endlich vertäut war und die 6 Männer der Crow mit viel Aufwand die<br />

Gangway installiert hatten, kamen auch schon ein paar Personen von Bord. . Schnell - in der<br />

Erwartung, dass gleich der große Touristenstrom herauskam - machte ich noch ein Foto mit<br />

Aurelia auf dem Roten Teppich.. .<br />

9


Als erster eilte der Kapitän, ein Rumäne von Bord - sicher um bei seiner Familie einen<br />

Kurzbesuch zu machen.. - denn mittlerweile hatten wir vom Bordpersonal erfahren, dass die<br />

Columbus 2 schon am Abend um 11h wieder auslief.. .<br />

Dann kamen die ersten zwei, drei Touristen vom Schiff.. .<br />

Ein gut aussehender Mann ging auf die Schiffsmanagerin zu - die aus Karlsruhe kommt - und<br />

die neben uns stand.. . Aurelia sagte: „Den Mann kenne ich von irgendwo her.. „<br />

So fasste ich den Mut, den Mann - so etwas von der Seite - anzusprechen, in dem ich sagte :<br />

Entschuldigen sie bitte, wenn ich Regisseur wäre, wurde ich sie bitten eine Rolle anzunehmen..<br />

. Der Herr drehte sich etwas amüsiert zu uns um und antwortete : Ja, fein, ich habe<br />

nämlich schon in einigen Filmen mitgemacht.. . Ich drückte ihm einen Sprechstunden-Flyer<br />

von uns in die Hand und dann verabschiedete er sich höflich und ging wieder an Bord zurück.<br />

Den Mann kenne ich.. , den kenne ich von irgendwoher.. , insistierte meine Aurelia, den habe<br />

ich schon im Fernsehen gesehen.. , so dass mir nichts anderes übrig blieb, als der neben uns<br />

stehenden Managerin zu fragen : Entschuldigen Sie bitte, wie heißt denn der Herr, mit dem sie<br />

gerade gesprochen haben.. ?! „<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong>“, antwortete sie lachend.<br />

Ehrlich gesagt, der Name sagte mir nicht viel.. und erst als ich am Abend zu Hause im<br />

Internet bei Google den Namen eingab, merkte ich, mit wem Aurelia und ich den Tag<br />

verbracht hatten.. .<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong>.. , in kurzer Hose, ohne seinen Oberförsterhut.. ; oh man, das war richtig<br />

peinlich, ihn nicht erkannt zu haben.. ; und wir erwarteten ja auch nicht, dass er auf dem<br />

Schiff war und dann auch noch neben uns stand, oder.. ?!<br />

1989 – 2006: Forsthaus Falkenau (TV-Serie)<br />

10


Gentleman „<strong>Christian</strong>“ mit Hubert (etwas verlegen) in Pose..<br />

11


Da die Touristen nur kleckerweise von Bord kamen, wurde ich ungeduldig und drängte<br />

Aurelia nach „Mamaia“ an den Strand zu fahren.. .<br />

Aber sie wollte nicht so richtig.. ; sie wollte noch den Strom der vom Schiff kommenden<br />

Deutschen sehen.. . Doch nach weiteren 10 Minuten konnte ich sie dazu überreden, auf der<br />

anderen Seite des Kai’s den großen Luxusliner „Azura“ zu begutachten.. ; und so entfernten<br />

wir uns langsam von der Columbus 2.<br />

Die „Azura“: Ja, da kommt man sich richtig klein vor, wenn man davor steht..<br />

Gerade mal 20 Meter weg, blieben wir stehen, blickten zur Columbus 2 zurück und sahen,<br />

dass endlich die Touristen aus dem Schiff strömten.. ; und mit ihnen <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> mit<br />

seiner Frau <strong>Marina</strong>.. .<br />

12


<strong>Christian</strong> schaute direkt zu uns rüber und Aurelia sagte: er kommt zu uns, siehst du.. .<br />

So geschah es dann auch. Vorstellung mit einer Entschuldigung meinerseits, dass ich ihn nicht<br />

erkannt hatte etc. (aber ich wusste eigentlich ja immer noch nicht, wer er eigentlich war und<br />

wusste nur von der Managerin, dass er <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> hieß..).<br />

„Wir möchten an den Strand von „Mamaia“ um noch einmal bei diesem schönen Wetter zu<br />

baden..“ , sagte er.. ; und da wir ja den gleichen Wunsch hatten.. , hopp, alle in ein Taxi und<br />

ab, an den Strand nach Mamaia.. .<br />

Mamaia<br />

ist der bedeutendste Badeort an der rumänischen Schwarzmeerküste.<br />

Er gehört administrativ zu Constanța und liegt nordöstlich der Stadt auf einer rund 7 km<br />

langen und nur 300 m breiten Landzunge zwischen dem Schwarzen Meer und dem<br />

Süßwassersee Siutghiol.<br />

Die Strandschneise von Mamaia : auf der einen Seite der Strand zum Schwarzen Meer und<br />

auf der anderen Seite der große Süßwassersee „Siutghiol“..<br />

13


Links, der große Süßwassersee „Siutghiol“..<br />

Blick vom See Richtung Constanta..<br />

14


Mamaia – Wirtschaft<br />

Blick vom Strand in Mamaia Richtung Constanta<br />

Mamaia ist kein Seebad im klassischen Sinn, also keine gewachsene und ständig bevölkerte<br />

Ortschaft mit Strand, Hotels und städtischer Infrastruktur. Mamaia ist ganz<br />

auf Tourismus ausgerichtet und nahezu ausschließlich während der Sommermonate<br />

bewohnt. Kilometerlang reihen sich die ungefähr 80 Hotels aneinander. Aber in der<br />

Hochsaison herrscht hier, wie beispielsweise auch am bulgarischen Gold- oder<br />

Sonnenstrand, Massentourismus. Der Besucherstrom geht in die Hunderttausende.<br />

Strand beim Hotel "Iaki"<br />

Die Schwarzmeerküste von Mamaia hat schmale weiße und sehr feine Sandstrände, die<br />

sehr lang und ausgedehnt sind. Die Strände fallen hier sehr seicht ins Meer ab. Hinter den<br />

Stränden existiert ein reicher Baumbestand.<br />

15


Hotel Rex<br />

Eines der ersten hier errichteten Gebäude war die Residenz der rumänischen königlichen<br />

Familie. Das Gebäude steht bis heute noch und wird als Hotel betrieben. Es ist eines der<br />

luxuriösesten Hotels in Mamaia und hatte einst den Namen „International“. Nach der<br />

Revolution 1989 wurde es privatisiert und heißt seitdem „Rex“, was auf seine geschichtliche<br />

Bedeutung hinweist. Im Februar 2011 gab es dort einen Brand, aufgrund dessen der<br />

Hotelbetrieb eingestellt werden musste. Das Hotel blieb seit dem geschlossen. Derzeit<br />

(Sommer 2012) finden Renovierungsarbeiten statt.<br />

Die Badesaison dauert von Juni bis Ende August; die durchschnittlichen Tagestemperaturen<br />

liegen in dieser Zeit bei 25 bis 30 °C. Die Saison endet abrupt Anfang September, dann wird<br />

Mamaia zu einem Geisterort: eine Nachsaison gibt es eigentlich nicht, obwohl sie von<br />

Reiseveranstaltern angeboten wird. Bereits ab Mitte Mai und noch bis Ende September kann<br />

man Reisen dorthin buchen. Die meisten Restaurants, Bars und Geschäfte haben außerhalb<br />

der Hochsaison geschlossen.<br />

Geschichte<br />

Die Geschichte und die Entwicklung von Mamaia hängt sehr eng mit dem Tourismus in<br />

Rumänien zusammen. Seine Blütezeit erlebte Mamaia in den 1960er, 1970er und 1980er<br />

Jahren. Die rumänische (genau wie die bulgarische) Schwarzmeerküste stellte eine der<br />

wenigen Möglichkeiten für Touristen aus Osteuropa dar, einen Badeurlaub am Meer bei<br />

konstant warmem Wetter und guten Bademöglichkeiten erleben zu können.<br />

Wegen der für westliche Verhältnisse niedrigen Preise wurde Mamaia auch von bundesdeut-<br />

schen Reiserveranstaltern entdeckt und ab etwa Mitte der 1960er Jahre als Pauschal-<br />

Reiseort angeboten.<br />

16


Mamaia in der Hochsaison..<br />

17


In Mamaia angekommen : Durch das „Iaki-Hotel gehend, dass dem ehemaligen Weltklasse-<br />

Fußballer „Hagi“ gehört, kamen wir an den Strand..<br />

18


Ende September sah es genau so aus.. ; Saison vorbei, Strandliegen weggeräumt.<br />

19


… hoppa, da waren wir schon : Aurelia mit <strong>Christian</strong> und <strong>Marina</strong> am Strand..<br />

20


<strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong> wagten sich ins Wasser und badeten genüsslich.. , während Aurelia und<br />

ich lieber in der Sonne lagen, denn mit 21 Grad Wassertemperatur bei Seewind.. , na ja, wir<br />

lieben es halt eher ein bisschen wärmer.. .<br />

Aber auf dem Besichtigungsplan von <strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong> waren ja noch weitere Punkte, die<br />

es zu sehen gab.. und so bummelten wir noch eine halbe Stunde auf der Shoppingmeile von<br />

Mamaia, um dann ins Zentrum von Konstanza zu fahren.. .<br />

<strong>Marina</strong> mit ihrem Neuen Kleid aus der Mamaia-Boutique.. ; und schaut mal den schönen<br />

Blumen-Halsschmuck an, den sie dort ebenfalls kaufen konnte.. ; einfach süß, oder.. ?!<br />

Aber nun, ab in die Stadt.. .<br />

21


Im Zentrum, „Place Ovidiu“ angekommen, gab es erst einmal auf der Terrasse eines schicken<br />

Restaurants – mit Blick auf das Kunsthistorische Museum - eine kleine Kaffee+Kuchenpause.<br />

www.newpizzico.ro<br />

Kaffee+Kuchenpause auf der schönen Terrasse vom „Newpizzico“<br />

Von hier aus war es nur einen Katzensprung - an der Mosche vorbei - hinunter zum<br />

„Neuen Yachthafen“ von Konstanza..<br />

22


Muzeul istoric Constanta mit dem Denkmal des Römischen Dichters „Ovidius“<br />

Blick auf das Museumsgebäude von der Terrasse des „Newpizzico“<br />

Von hier aus ging es dann hinter der Mosche 100 Meter die Treppe hinunter<br />

zum „Neuen Yachthafen“..<br />

23


Im neu gestalteten Yachthafen von Konstanza..<br />

Blick in Richtung „Palace Hotel“ - das früher einmal ein 5-Sterne-Hotel war - ging es dann<br />

weiter zum „Mihai Eminescu-Denkmal“ und dem Casino, dem Wahrzeichen von Konstanza..<br />

24


Rechts das Palace-Hotel und Links ein Neubau - seit 7 Jahre Bau-Stillstand..<br />

25


Gerade um die Ecke hinter dem Neubau,<br />

ging es dann zum Eminescu-Denkmal - Unten - und zum Casino..<br />

Zum Eminescu-Denkmal habe ich natürlich eine besondere Beziehung, weil ich ja auch ein<br />

kleiner Dichter bin –.. . Meine Online-Gedichtbände finden sie in : www.bei-hubertus.de -<br />

Hubertus-Bücher; u. A. auch den Gedichtband Rumänische Impressionen<br />

26


Mihai Eminescu : Der berühmteste Dichter Rumäniens..<br />

Aurelia : Da um die Ecke rum ist das Casino..<br />

27


Von der Casino-Promenade aus hier sahen wir die „Azura“ auslaufen..<br />

Aber da galt es ja noch für <strong>Christian</strong> von der „Peter und Paul-Kirche“ ein Bild zu machen.. die<br />

gerade 100 Meter oberhalb vom Casino lag.. ; und hopp war er schon unterwegs, um auch<br />

noch diesen Schnappschuss zu machen.. !<br />

28


Orthodoxe Cathédrale SF Petru si Pavel<br />

29


Ja, und schon war unsere Zeit rum; es war Halbsieben.. und um Sieben-Uhr hatten <strong>Christian</strong><br />

und <strong>Marina</strong> auf der Columbus ihren Tisch zum Abendessen reserviert.. !<br />

Also, dann ab zum Hafeneingang „Porta 1“, der nur 200 Meter vom Casino entfernt ist.<br />

Ich glaube, <strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong> hatten gerade noch Zeit, um sich umzuziehen, denn in der<br />

feinen Schiffsgesellschaft gehört ein schönes Outfit zum Abendessen zur Selbstverständlichkeit,<br />

oder.. ?!<br />

So konnten wir im Nachhinein nur noch gedanklich „Bon Appetit“ wünschen.<br />

Am Abend fuhren wir dann nochmals mit Aurelias Schwester und einer Freundin zum Schiff,<br />

um endgültig von einem schönen Tag in Gesellschaft von <strong>Christian</strong> und <strong>Marina</strong> Abschied zu<br />

nehmen.<br />

Wir hatten ihnen von unseren Eindrücken erzählt, so dass sie natürlich neugierig waren und<br />

die Columbus 2 ebenfalls noch sehen wollten..<br />

30


Hubert mit Sophi<br />

31


Abschied von der Columbus 2 und einem wunderschönen Tag.. !<br />

Sophi, Geta-Karla und Aurelia<br />

32


Sophi, Geta-Karla (Aurelias Schwester) und Aurelia..<br />

Ein letztes Foto..<br />

33


Danke, liebe <strong>Marina</strong> und <strong>Christian</strong>.. ,<br />

für die Perle,<br />

die unsere Kette der schönen Momente im Leben<br />

wieder um eine weitere bereichert hat !<br />

Aurelia und Hubert<br />

34


Zusammenfassung<br />

der von uns gemachten Bilder..<br />

35


Abschied von der Columbus 2 und einem wunderschönen Tag.. !<br />

48


<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong><br />

<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong><br />

<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> (* 11. März 1938 in Berlin) ist ein deutscher Schauspieler und Synchronsprecher.<br />

Leben<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> absolvierte von 1955 bis 1957 an der Max-Reinhardt-Schule ein Schauspielstudium.<br />

Schon als Jungschauspieler war <strong>Wolff</strong> bekannt. Sein Debüt gab er 1957 in der Hauptrolle<br />

von Veit Harlans umstrittenem Film Anders als du und ich. Die FSK gab diesen Film wegen zu<br />

positiver Darstellung der Homosexualität vorerst nicht frei. Die schließlich in westdeutschen<br />

Kinos gezeigte, veränderte Fassung gilt denn auch als homophob. In Österreich lief der Film<br />

unter dem ursprünglichen Titel Das dritte Geschlecht unverändert.<br />

Es folgten Kriminal- oder Unterhaltungsfilme wie Am Tag als der Regen kam, Alt<br />

Heidelberg, Verbrechen nach Schulschluss und Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut sowie<br />

auch Der blaue Nachtfalter mit Zarah Leander 1959. 1960 erhielt er den Bronzenen Bravo<br />

Ottoder Jugendzeitschrift BRAVO.<br />

Am 29. November 1959 heiratete <strong>Wolff</strong> seine Kollegin Corny Collins, die Ehe wurde jedoch<br />

geschieden. Seit dem 27. Juni 1975 ist er mit <strong>Marina</strong> <strong>Handloser</strong> verheiratet und lebt in Aschau<br />

im Chiemgau.<br />

Vor allem in den 1980er-Jahren war <strong>Wolff</strong> mehr und mehr in Fernsehserien und Gastrollen zu<br />

sehen. 1983 zeigte das ZDF die Verfilmung von Else Urys Nesthäkchen mit <strong>Wolff</strong> in der<br />

Hauptrolle des Vaters und Arztes Dr. Ernst Braun. Die Reihe wurde in sechs Folgen als<br />

Weihnachtsserie ausgestrahlt. In den 1990er-Jahren drehte er Fernsehspielfilme für das ZDF mit<br />

leichter Handlung, Liebesgeschichten in Südafrika und auf Mauritius. In einigen Fernsehfilmen,<br />

wie etwa Zugvögel der Liebe und Das Licht von Afrika, spielte er zusammen mit seinem<br />

Sohn Patrick <strong>Wolff</strong>.<br />

<strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> gelang der Durchbruch 1989 als Förster Martin Rombach in der<br />

Familienserie Forsthaus Falkenau. Die Serie wurde in den 1990ern Jahren zum Dauerbrenner<br />

und Quotenerfolg für das ZDF. 2005 gab <strong>Wolff</strong> seinen Ausstieg aus der Serie bekannt, die aber<br />

dennoch nicht eingestellt, sondern mit dem neuen Förster Stefan Leitner (Hardy Krüger jr.)<br />

fortgesetzt wird. Über 2.200 Drehtage stand <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> damit für die längste Vorabend-<br />

und Familien-Serie Deutschlands vor der Kamera.<br />

49


Als Grund für den Ausstieg nannte <strong>Wolff</strong> seinen Herzinfarkt 2003, aufgrund dessen er<br />

weniger Folgen abdrehen wollte, was aber gegen die Pläne des ZDF gewesen sei. <strong>Wolff</strong> war<br />

am 29. Dezember 2006 zum letzten Mal als Förster in der Serie zu sehen. In Form eines<br />

Spielfilmes verabschiedete er sich nach Südafrika, wo er eine Farm leitet, die er von einem<br />

Freund geerbt hat.<br />

Neben seiner Arbeit als Schauspieler synchronisiert <strong>Wolff</strong> unter anderem Pierre Brice, Alain<br />

Delon und Anthony Perkins. <strong>Wolff</strong> ist teilweise auch als Sprecher in Fernsehdokumentationen zu<br />

hören. Daneben sprach er zu Beginn jeder neuen Folge der 1984 ausgestrahlten Weihnachts-<br />

Serie Patrik Pacard und der 1987 ausgestrahlten Weihnachtsserie Anna die Zusammenfassung<br />

der bisherigen Geschehnisse aus dem Off.<br />

Filmographie<br />

1957: Anders als du und ich<br />

1957: Immer wenn der Tag beginnt<br />

1957: Die Frühreifen<br />

1958: Der Schinderhannes<br />

1958: Es war die erste Liebe<br />

1958: Don Vesivio und das Haus der<br />

Strolche (Il bacio del sole)<br />

1959: Kabale und Liebe (TV)<br />

1959: Kriegsgericht<br />

1959: Verbrechen nach Schulschluss<br />

1959: Der blaue Nachtfalter<br />

1959: Am Tag, als der Regen kam<br />

1959: Abschied von den Wolken<br />

1959: Alt Heidelberg<br />

1960: Die Fastnachtsbeichte<br />

1960: Festival (Schlussakkord)<br />

1961: Via Mala<br />

1962: Wetter veränderlich (TV)<br />

1963: Meine Frau Susanne (TV-Serie)<br />

1963: … und heute ins Theater: Lady<br />

Frederick (TV)<br />

1963: Feuerwerk (TV)<br />

1963: Die Nacht am See<br />

1964: Alarm im Aquarium (TV)<br />

1964: Das Kaffeehaus (TV)<br />

1964: Lana – Königin der Amazonen<br />

1965: Die Schlüssel (Durbridge-Dreiteiler)<br />

1965: Das Kriminalmuseum (TV-Serie) –<br />

Der Brief<br />

1965: Der Ölprinz<br />

1965: Der Diplomat auf Eis (TV)<br />

1966: Schöne Geschichten mit Mama und<br />

Papa (TV)<br />

50<br />

1972: Sie nannten ihn Krambambuli<br />

1972: Hamburg Transit (TV-Serie)<br />

1972: Die Bilder laufen (TV)<br />

1973: Algebra um acht (TV-Serie)<br />

1974: Engadiner Bilderbogen (TV-Serie)<br />

1974: Der Scheingemahl (aus der Reihe: Die Welt<br />

der Hedwig Courts-Mahler) (TV)<br />

1974: Eine ungeliebte Frau (TV)<br />

1975: Das ohnmächtige Pferd (TV)<br />

1975: Eine ganz gewöhnliche Geschichte (TV-<br />

Serie)<br />

1976–1977: Die Unternehmungen des Herrn<br />

Hans (TV-Serie)<br />

1976: Tatort (TV-Serie)<br />

1977: Derrick – Via Bangkok (TV-Serie)<br />

1978: Lady Audleys Geheimnis (TV)<br />

1979: Kommissariat IX (TV-Serie)<br />

1980: Weekend (TV)<br />

1982: Mein Sohn, der Minister (TV)<br />

1983: Derrick – Geheimnisse einer Nacht (TV-S)<br />

1983: Der Raub der Sabinerinnen (TV)<br />

1983–1984: Nesthäkchen (TV-Serie)<br />

1985: Drei Damen vom Grill (TV-Serie)<br />

1985: Grenzenloses Himmelblau (TV)<br />

1985: Seitenstechen<br />

1986: Zerbrochene Brücke (TV)<br />

1986: Das Geheimnis von Lismore Castle (TV)<br />

1988: Tagebuch für einen Mörder (TV)<br />

1989–2006: Forsthaus Falkenau (TV-Serie)<br />

1991: Die Männer vom K3 (TV-Serie)<br />

1992: <strong>Wolff</strong>s Revier (TV-Serie)<br />

1994: Das Traumschiff – Dubai (TV)


1967: Rheinsberg<br />

1967: Tagebücher (TV)<br />

1967: Ein Schloss in Schweden (TV)<br />

1968: Sherlock Holmes (TV-Serie)<br />

1968: Lebeck (TV)<br />

1968: Die Geschichte von Vasco (TV)<br />

1969: Pater Brown (TV-Serie)<br />

1969: Meine Schwiegersöhne und ich (TV-S)<br />

1970: Polizeifunk ruft (TV-Serie)<br />

1970: Das Mädchen meiner Träume (TV)<br />

1970: Die Auserwählten (TV)<br />

1970: Der Minister und die Ente (TV)<br />

1971: Die fast verkrachte Reise (TV)<br />

1971: Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut<br />

1971: Glückspilze (TV)<br />

1972: Außer Rand und Band am Wolfgangsee<br />

Theater (Auswahl)<br />

� Herren aus Verona<br />

� Der Kaufmann von Venedig<br />

� Des Meeres und der Liebe Wellen<br />

� Ein Schloss in Schweden<br />

� Gigi<br />

� Bleib wo Du bist Liebling<br />

� Lasst uns Lügen erzählen<br />

Weblinks<br />

51<br />

1995: Inseln unter dem Wind (TV-Serie)<br />

1996: Rosamunde Pilcher - Eine besondere Liebe (TV)<br />

1997: Kap der guten Hoffnung (TV)<br />

2000: Stimme des Herzens (TV)<br />

2001: Zugvögel der Liebe (TV)<br />

2001: Anwalt des Herzens (TV)<br />

2002: Entscheidung auf Mauritius (TV)<br />

2003: Das Licht von Afrika (TV)<br />

2004: Geheimnis der Karibik (TV)<br />

2007: Fjorde der Sehnsucht (TV)<br />

2007: Rosamunde Pilcher – Sieg der Liebe (TV)<br />

2008: Das Traumhotel – China (TV)<br />

2008: SOKO 5113 (TV-Serie)<br />

2009: Für immer Venedig (TV)<br />

2010: SOKO 5113 (TV-Serie)<br />

2011: Der Bergdoktor (TV-Serie)<br />

� <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database<br />

� <strong>Christian</strong> <strong>Wolff</strong> in der Deutschen Synchronkartei


Die Kreuzfahrtroute der Columbus 2 :<br />

Abfahrt „Piräus“<br />

52


Piräus<br />

und<br />

die Stationen die die Columbus 2 anlief..<br />

Dardanellen<br />

Bosporus<br />

Das Schwarze Meer<br />

Samos<br />

Kusadasi<br />

Trabzon<br />

Sotschi<br />

Jalta<br />

Sewastopol<br />

Odessa<br />

Constanta<br />

Warna<br />

Istanbul<br />

53


PIRÄUS<br />

Piräus (neugriechisch Πειραιάς (m. sg.) [pirɛˈas], Pireas, altgriechisch Πειραιεύς, Peiraieus) ist eine<br />

Gemeinde in Attika, ein wichtiges Industriezentrum in Griechenland und drittgrößter Mittelmeerhafen.<br />

Die eigentliche Gemeinde hatte 2011 163.910 Einwohner, zusammen mit den übrigen Gemeinden<br />

des Regionalbezirks Piräus ergab sich eine Zahl von 449.070, der gesamte Ballungsraum Athen-<br />

Piräus hat insgesamt rund 3,5 Millionen Einwohner.<br />

Piräus ist der historische Hafen der griechischen Hauptstadt Athen und südlicher Endpunkt der<br />

wichtigen das Land von Thessaloniki bzw. Patras aus durchquerenden Verkehrsverbindungen.<br />

Piräus hat mit rund 20 Millionen Passagieren jährlich den größten Passagierhafen in Europa und den<br />

drittgrößten der Welt. Mit einem Durchsatz von 1,4 Millionen TEU zählt Piräus zu den ersten zehn<br />

Häfen im Container-Verkehr Europas.<br />

Bekannt wurde Piräus unter anderem durch den Schlager mit der Anfangszeile „Ich bin ein Mädchen<br />

aus Piräus“ von Melina Mercouri (griechisches Original: „Τα παιδιά του Πειραιά“) aus dem Film<br />

„Sonntags nie!“ von Jules Dassin und den Sportverein Olympiakos Piräus.<br />

Der Yachthafen von „Piräus“<br />

55


Hafen von Piräus<br />

Geschichte<br />

Piräus (Peiraieus) ist eigentlich der Name der bergigen Halbinsel, acht Kilometer südwestlich von<br />

Athen, mit dem bis zu 86,5 m hohen Hügel Mounychia (heute Kastella), der seit dem 6. Jahrhundert<br />

v. Chr. eine Burg trug, und drei tief eingeschnittenen runden Hafenbecken (Piräus, Zea und<br />

Mounychia), die Themistokles seit 493 v. Chr. zum Hafen Athens bestimmte und zunächst mit Mauern<br />

umgeben ließ. 461–456 v. Chr. wurden die Langen Mauern zwischen Piräus und Athen errichtet.<br />

In perikleischer Zeit wurde von Hippodamos aus Milet die Stadtanlage mit rechtwinklig sich schneidenden<br />

Straßen angelegt, die Häfen ausgebaut und mit Säulenhallen und Schiffshäusern versehen. Nach<br />

Beendigung des Peloponnesischen Krieges zerstört, blühte Piräus als Handelshafen bald von Neuem<br />

auf.<br />

In den Jahren 347–323 v. Chr. wurde das Arsenal des Philon errichtet, das Sulla 86 v. Chr. mit den<br />

übrigen Hafenanlagen niederbrennte.<br />

Der Jachthafen von Piräus<br />

56


Nach der Verlegung des Hafens gliederte sich das antike Piräus als Hafenstadt von Athen in die<br />

Teilhäfen Kantharos, Zea und Mounychia auf. Dabei stellte Kantharos den Handelshafen von Piräus<br />

dar, während Zea und Mounychia dem Militär vorbehalten waren. Zea war der größere der beiden<br />

Kriegsmarinehäfen.<br />

Im Mittelalter war der Hafen unter dem italienischen Namen Porto Leone bekannt, nach der heute vor<br />

dem Arsenal von Venedig stehenden antiken Löwenskulptur (eine Kopie steht heute wieder in Piräus).<br />

Der entsprechende türkische Name war Aslan Limani. Die kleineren Häfen Zea und Mounychia sind<br />

heutzutage auch als Passalimani (Hafen des Pascha) bzw.Tourkolimano (Türkenhafen) oder Mikrolimano<br />

(kleiner Hafen) bekannt.<br />

Bildungseinrichtungen<br />

� Universität Piräus<br />

� Technisches Ausbildungsinstitut Piräus<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

� Haupthafen<br />

� Passalimani (Zea)<br />

Panzerkreuzer Georgios Averoff im Schiffsmuseum Trokadero <strong>Marina</strong><br />

� Mikrolimano (oder Tourkolimano, das antike Mounychia)<br />

� Archäologisches Museum beim antiken Theater<br />

� Schiffsmuseum Trokadero <strong>Marina</strong> mit dem Panzerkreuzer Georgios Averoff (Paleo Faliro)<br />

� Schifffahrtsmuseum Piräus (Nautisches Museum)<br />

� Endbahnhof der Metrolinie 1 ("Ilektrikos") mit Museum zu dieser historischen Bahnstrecke<br />

(1869 als erste griechische Eisenbahn bis Athen eröffnet)<br />

Wissenswertes<br />

Die deutsch-griechische Sängerin Vicky Leandros war von Oktober 2006 bis zum 28. Mai 2008<br />

Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Kultur und internationale Beziehungen in Piräus. Der ehemalige<br />

griechische Ministerpräsident Kostas Simitis vertrat die Stadt von 1985 bis 2009 als Abgeordneter im<br />

Parlament.<br />

57


Infrastruktur<br />

Der Hafen Piräus ist über die Metrolinie 1, die Vorortbahn (Proastiakos), die Straßenbahn Athen sowie<br />

zahlreiche Buslinien und die Fernbahn erschlossen. In der Stadt verkehrt außerdem der 1949<br />

eröffnete Oberleitungsbus Piräus. Seit 1988 ist dieser dabei mit dem größeren Obus-Netz in der<br />

benachbarten Hauptstadt Athen verknüpft. Dieser interkommunale Betrieb ist heute mit 366<br />

Fahrzeugen auf 22 Linien das größte Obus-Netz in der EU. Zu erreichen ist Piräus auch durch<br />

den Proastiakos, einer Art S-Bahn, die den Hafen mit dem Hauptbahnhof und dem Flughafen Athen.<br />

Bis 2017 soll auch die, sich im Ausbau befindliche, Linie 3 der Metro Athen (blaue Linie) Piräus<br />

erreichen. [2] Darüber hinaus wird auch über eine Einschienenbahn innerhalb des Hafens von Piräus<br />

nachgedacht.<br />

Sport<br />

In Piräus hat der Verein Olympiakos Piräus seinen Sitz. Die Fußballmannschaft spielt im Stadion<br />

Karaiskakis, die Basketballmannschaft und Volleyballmannschaft im gegenüberliegenden „Irinis kai<br />

Philias“. Beide werden mit der Metro und der Straßenbahn erreicht (Station Faliro). Im Jahr 1969<br />

fanden im Stadion Karaiskakis die Leichtathletik-Europameisterschaften statt während 1985<br />

die Leichtathletik-Halleneuropameisterschaften im „Irinis kai Philias“ ausgetragen wurden.<br />

Söhne und Töchter der Stadt<br />

� Georgios Seitaridis (* 1981), Fußballspieler<br />

� Jannis Kounellis (* 1936), Künstler<br />

� Konstantinos Simitis (* 1936), früherer Ministerpräsident von Griechenland<br />

� Calliope Tsoupaki (* 1963), Komponistin<br />

� Yannis Tsarouchis (1910–1989), Maler und Bühnenbildner<br />

� Giorgos Dalaras (* 1949), Musiker<br />

Städtepartnerschaften<br />

� Marseille (Frankreich), seit 1984<br />

� Worcester (Vereinigte Staaten)<br />

� Rosario (Argentinien)<br />

� Ostrava (Tschechien)<br />

� St. Petersburg (Russland), seit 1965<br />

� Baltimore (Vereinigte Staaten)<br />

� Galați (Rumänien)<br />

� Varna (Bulgarien)<br />

� Shanghai (China)<br />

58


SAMOS<br />

Die griechische Insel Samos (griechisch Σάµος (f. sg), türk. Sisam) liegt in der östlichen Ägäis und ist<br />

der ionischen Küste Kleinasiens vorgelagert. Sie bildet seit 2011 gleichzeitig die Gemeinde<br />

Samos (∆ήµος Σάµου) und den Regionalbezirk Samos (gr. Periferiaki Enotita Samou Περιφερειακή<br />

Ενότητα Σάµου) in der Region Nördliche Ägäis. Die Insel hat etwa 34.000 Einwohner.<br />

Verwaltungssitz ist die gleichnamige Stadt Samos, früher auch Kato Vathy (Κάτω Βαθύ) oder Limin<br />

Vatheos (Λιµήν Βαθέος) genannt.<br />

Geographie<br />

Die Insel Samos liegt in der Ostägäis und ist der kleinasiatischen Küste vorgelagert. Im Südosten<br />

trennt die etwa 6 Kilometer lange und an der schmalsten Stelle nur 1,7 Kilometer breite Meerenge von<br />

Mykali (Στενό τής Μυκάλης, auch Meerenge von Samos, Στενό Σάµου; türkisch Dar Bogaz; antike<br />

Bezeichnung Epta stadia, Επτά στάδια) die Insel vom türkischen Festland. Gemeinsam mit Ikaria<br />

bildet Samos den nördlichen Abschluss der Südlichen Sporaden. Die kürzeste Verbindung zur<br />

Hauptinsel der Fourni-Inselgruppe beträgt von der Südwestküste weniger als 7 Kilometer. Ikaria liegt<br />

19 Kilometer westlich, Chios 67 Kilometer nordwestlich, die Dodekanes-Inseln Agathonisi 19 Kilometer<br />

südlich und Patmos 35 Kilometer südwestlich.<br />

Mit einer Fläche von 477,942 km² [3] ist Samos die achtgrößte Insel Griechenlands. Vom Kap<br />

Katavasi (Ακρωτήρι Κατάβαση) im Westen bis zum Kap Gatos (Ακρωτήρι Γάτος) im Osten erreicht<br />

Samos seine maximale Länge von über 44,3 Kilometern. Die Breite beträgt in der Inselmitte zwischen<br />

dem Kavos Avlakia (Κάβος Αυλάκια) im Norden und dem Kavos Samiopoulas (Κάβος Σαµιοπούλας)<br />

an der Südküste 19 Kilometer und weniger als 5 Kilometer im Inselosten. Das Relief der Insel ist zu<br />

über 60 % hügelig bis bergig mit Höhen zwischen 150–900 Metern. Der Gebirgsanteil mit Höhen über<br />

900 Meter beträgt mehr als vier Prozent, dabei dominieren die beiden Massive des Kerkis (Κέρκης)<br />

und des Ambelos-Gebirges (Άµπελος). Flachland und Ebenen bis 150 Meter Höhe nehmen mit fast<br />

160 km² nahezu ein Drittel der Inselfläche ein. [4]<br />

Das Kerkis-Massiv erhebt sich im Westen steil aus dem Meer und erreicht mit der Vigla (Βίγλα) eine<br />

Höhe von 1434 Metern. [5][6] Die Ausläufer des zentral gelegenen Ambelos-Gebirges(Άµπελος), mit<br />

dem 1153 Meter hohen Karvounis (Καρβούνης) als höchstem Berg reichen im Norden und Süden bis<br />

zur Küste. [5][6] Im äußersten Osten steigt das Bergmassiv des Thiosauf 453 Meter an.<br />

Im Nordwesten liegt zwischen Kerkis-Massiv und Ambelos-Gebirge die Ebene von Karlovasi. An die<br />

südöstlichen Ausläufer des Ambelos-Gebirges grenzt die weiteste Ebene der Insel, die Ebene von<br />

Chora (Κάµπος Χώρας, Kambos Choras) an, weiter östlich folgt die Ebene von Mesokambos.<br />

Die Vlamari Hochebene (Βλαµάρη) liegt östlich von Vathy.<br />

Obwohl der Küstenverlauf nur schwach gegliedert ist, verfügt die Insel über einige geschützte Häfen.<br />

Auf der Südseite liegen zwei große offene Buchten, der Golf von Marathokambos (Κόλπος του<br />

Μαραθόκαµπου) im Südwesten und im Südosten der Golf von Pythagorio (Κόλπος του Πυθαγορείου)<br />

auch Bucht von Tigani (Όρµος Τηγάνι). Im Nordosten bildet der etwa 5 km tief eingeschnittene und<br />

1 km breite Golf von Vathy (Kolpos Vatheos Κόλπος Βαθέος, auch Golf von Samos) einen der größten<br />

Naturhäfen der Ägäis.<br />

Im Nordosten sind der Küste einige unbewohnte Inseln vorgelagert. Die bewohnte Insel Samiopoula<br />

liegt vor der Südküste.<br />

59


Klima<br />

Das Klima von Samos ist gekennzeichnet von milden, regenreichen Wintern und warmen, trockenen<br />

Sommern. Es wird dem Csa-Klima zugeordnet. Der kontinentale Einfluss des kleinasiatischen<br />

Festlandes zeigt sich an höheren Niederschlagsmengen sowie kalten Winden im Winter. In<br />

Verbindung mit einer Luftfeuchtigkeit von 65 % können dann Frosttage auftreten. Durch die langsame<br />

Erwärmung von Januar bis März sowie höhere sommerliche Durchschnittstemperaturen gegenüber<br />

dem kleinasiatischen Festland ist der ozeanische Charakter der Insel zu erkennen.<br />

Die Jahresdurchschnittstemperatur auf Samos liegt bei 19,3 °C. [8] Die sommerliche Durchschnittstemperatur<br />

beträgt 25,8 °C im Juli, die Durchschnittstemperatur im Januar liegt bei 10,8 °C. Im Juli<br />

und August können die Tageshöchsttemperaturen mehr als 40 °C erreichen. Allerdings verursacht<br />

besonders in den Küstengebieten die Meeresbrise einen signifikanten Abfall der Temperatur. Im<br />

Zeitraum von 1955 bis 1997 lag bei der Wetterstation am Flughafen die absolute Höchsttemperatur<br />

bei 41 °C, die absolute Tiefsttemperatur bei −3,4 °C. [9]<br />

Aufgrund der hohen Berge und der Nähe zum kleinasiatischen Festland ist die Niederschlagsmenge<br />

von Samos und der Nachbarinsel Ikaria im Vergleich zu anderen Ägäisinseln hoch, sie ist mit der<br />

Niederschlagsmenge Westgriechenlands vergleichbar. Die Niederschlagsverteilung ist regional und<br />

saisonal unterschiedlich. Während im Zeitraum von 1955 bis 1997 die Wetterstation beim Flughafen<br />

auf der regenärmeren Südseite 709 mm verzeichnete, erreichten sie von 1987 bis 1992 bei der<br />

Wetterstation Ydroussa auf 210 Meter Höhe im Inselnorden 917 mm. In höheren Lagen sind Werte<br />

über 1000 mm zu erwarten. [10] Die jahreszeitliche Niederschlagsverteilung ist klimatypisch. Die<br />

Niederschläge konzentrieren sich auf die nass-kalte Jahreszeit, mit durchschnittlich 169 mm im<br />

Dezember als Spitzenwert. Während der letzten Jahre ist eine deutliche Abnahme der winterlichen<br />

Niederschlagsmenge zu verzeichnen. [11] Der Sommer ist von einer fünfeinhalb bis sechsmonatigen<br />

Trockenenperiode geprägt, das durchschnittliche Niederschlagsminimum beträgt 0,4 mm im<br />

August. [12] Die seltenen Schneefälle beschränken sich auf maximal zwei Tage pro Jahr.<br />

Auf Samos herrschen nördliche Winde vor. Der Meltemi weht in den Monaten Juli und August<br />

konstant aus nördlichen Richtungen. Die Winde im November und Dezember können durchaus<br />

Sturmcharakter erreichen.<br />

Samos zählt zu den sonnenreichsten Gebieten Griechenlands, die jährliche Sonnenscheindauer<br />

beträgt 2884,8 Stunden. [13]<br />

Geschichte<br />

Anfänge<br />

Wie archäologische Ausgrabungen belegen erfolgte die Besiedelung von Samos mindestens ab<br />

dem Spätneolithikum. Der Fundort von Kastro Tigani bei Pythagorio wird ins 4. Jahrtausend v. Chr.<br />

datiert. Von den ersten Siedlern wurden die fruchtbaren Küstenebenen im Südosten bevorzugt. Die<br />

frühbronzezeitliche Siedlung Heraion befand sich an der Südküste am Golf von Pythagorio. Diese<br />

Siedlung lag auf einem flachen Hügel zwischen zwei Flussarmen am Unterlauf Imvrasos. Mit einer<br />

Gesamtfläche von etwa 3,5 Hektar zählt sie zu den größten bekannten Siedlungen in der Ostägäis. Ab<br />

etwa 2600 v. Chr. können sechs Architekturphasen nachgewiesen werden. Bereits in der ältesten<br />

Siedlungsphase ist eine Befestigungsmauer mit Bastion nachgewiesen. Heraion II wurde durch ein<br />

Erdbeben und Heraion IV durch eine Brandkatastrophe zerstört.<br />

60


Antike<br />

Einzige noch stehende Säule des Heratempels<br />

In der Antike war Samos ein wichtiges Handelszentrum und für die Schifffahrt von großer Bedeutung.<br />

Sie wurde mit Beinamen wie Anthemis, die „Blühende“; Pitioussa, die „Pinieninsel“; Dryoussa, die<br />

„Eicheninsel“, Kyparissia, die „Zypresseninsel“; Phillas, die „Laubreiche“ sowie Parthenia, die<br />

„Jungfräuliche“ und Parthenoaroussa bezeichnet. Die Insel war außerdem für ihre rote,<br />

glänzende Keramik berühmt, die die Römer in ihren so genannten „Samischen Tonwaren“ (Terra<br />

Sigillata) nachahmten. Besonders mächtig war die Insel unter Polykrates (532–522 v. Chr.), der dort<br />

eine bedeutende Seeherrschaft gründete, schließlich aber vom persischen Satrapen Oroites durch<br />

trügerische Versprechungen nach Kleinasien gelockt und hingerichtet wurde. Sein<br />

Bruder Syloson unterjochte später die Insel mit persischer Hilfe und beherrschte sie nach grausamer<br />

Verwüstung als persischer Satrap. Der Baumeister Mandrokles, der – wie Herodot berichtet – für den<br />

persischen Großkönig Dareios I. eine Schiffsbrücke über den Bosporus baute und damit seinem Heer<br />

493 v. Chr. den Weg nach Griechenland öffnete, stammte von Samos.<br />

479 v. Chr. wurde die Insel nach der Schlacht von Mykale von der persischen Herrschaft frei und im<br />

gleichen Jahr Mitglied des 1. Attischen Seebundes als nicht steuerzahlendes Glied. Der Aufstand der<br />

Inselbewohner im Jahr 440 v. Chr. wurde von Perikles niedergeschlagen, Samos wurde wieder zu<br />

einem Vasallen Athens.<br />

Während des Peloponnesischen Krieges (431–404 v. Chr.) stand Samos auf der Seite Athens gegen<br />

Sparta und stellte seinen Hafen der athenischen Flotte zur Verfügung. In den späteren Kriegsjahren<br />

erhielt Samos deshalb seine Privilegien zurück. Samos fiel im Jahr 387 v. Chr. erneut<br />

an Persien, wurde jedoch 366 v. Chr. von Athen zurückerobert.<br />

365 v. Chr. eroberte der attische Feldherr Timotheos nach zehn Monaten Belagerung die Hauptstadt,<br />

vertrieb die gesamte Bevölkerung und besetzte die Insel mit attischen Kleruchen, welche hier, wie<br />

Inschriften zeigen, ein eigenes Gemeinwesen mit besonderen Beamten bildeten.<br />

Erst nach dem Tod Alexanders des Großen wurde die Insel durch Perdikkas den Samiern<br />

zurückgegeben (322 v. Chr.).<br />

Später gehörte sie zeitweilig zu Ägypten, kämpfte mit Antiochos dem Großen und Mithridates gegen<br />

Rom und wurde 84 v. Chr. mit der römischen Provinz Asien vereinigt.<br />

61


Byzantinische Zeit<br />

Samos war dann Teil des Römischen Reiches, später des Oströmischen Reiches. 1304-29 und 1346–<br />

1475 war sie genuesische Kolonie, bis sie an das Osmanische Reich fiel. Unter osmanischer Herrschaft<br />

wurde die Insel türkisch Sisam adası genannt.<br />

Osmanische Herrschaft<br />

Nach dem Fall von Konstantinopel konnte Genua keine Sicherheit mehr bieten.<br />

Ständige Piratenüberfälle und der Druck des Osmanischen Reiches veranlassten Genua, viele<br />

Kolonien und Niederlassungen im Schwarzen Meer und in der Ägäis, darunter Samos, 1475<br />

aufzugeben. Daraufhin verließen fast alle Bewohner die Insel und siedelten sich in der genuesischen<br />

Kolonie Chios, teilweise auch in Kleinasien an. Mit der Abwanderung ging zeitgleich die Ausbreitung<br />

der Pest einher. Die Insel war nahezu unbewohnt und fiel vermutlich 1479 endgültig unter osmanische<br />

Herrschaft. Die wenigen Zurückgebliebenen lebten versteckt in den Bergen und waren wahrscheinlich<br />

gegenüber dem Osmanischen Reich tributpflichtig.<br />

Mitte des 16. Jahrhunderts konnten Stabilität und bessere Lebensumstände gewährt werden.<br />

Nachdem mehrere Versuche einer Wiederbesiedelung erfolglos geblieben waren, steuerte der Sultan<br />

die Besiedlungspolitik in eine neue Richtung. So wurden dem Verwalter der Insel, Admiral Kilic Ali<br />

Pascha lebenslang sämtliche Steuereinnahmen zugesichert. Innerhalb des Osmanischen Reiches<br />

wurde Samos autonom verwaltet, staatsrechtlich war es suzerän. An der Wiederbesiedlung von<br />

Samos waren Nachfahren der nach Chios ausgewanderten Samioten, sogenannte Chiosamii<br />

(Χιοσάµιοι) maßgeblich beteiligt. Den Siedlern wurde im Gegenzug Landbesitz und<br />

Steuerfreiheit für sieben Jahre gewährt und der Insel anschließend eine reduzierte Gesamtsteuer<br />

auferlegt. Dieses System funktionierte mit zwei Unterbrechungen bis zur Revolution von 1821. In<br />

Folge des Russisch-Türkischen Krieges kam die Insel von 1771 bis 1774 zu Russland. 1807 bis 1812<br />

führte ein Wechsel durch fortschrittliche Kräfte (Carmagnoles auch Karmanioles) für kurze Zeit zu<br />

Änderungen in der Verwaltung, der Steuer- und Wirtschaftspolitik.<br />

Aus der Morphologie der Insel und der Lage der verstreut liegenden Siedlungen hat sich die<br />

Aufteilung der Insel in vier Gemeindebezirke bis heute erhalten.<br />

Als Ergebnis des Russisch-Türkischen Krieges konnten im Friedensvertrag von Küçük<br />

Kaynarca vorteilhafte Bedingungen für die Seefahrt und den Handel erreicht werden. Kaufleuten aus<br />

Samos war es möglich, die Hauptprodukte Olivenöl und Wein zuerst in den Häfen von Smyrna und<br />

Konstantinopel, später auch in Russland und Ägypten und zum Ende des 18. Jahrhunderts auch in<br />

Europa, vorwiegend in Frankreich, zu handeln. Durch die Kontakte mit den europäischen Häfen griffen<br />

Kaufleute die fortschrittlichen Ideen der Aufklärung und der Französischen Revolution auf und<br />

verbreiteten sie. Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert orientierten sich die am Meer entstandenen<br />

Siedlungen am Handel und den Möglichkeiten, die die Lage am Meer bot. Eine dieser Siedlungen war<br />

der Hafen von Samos (Limin Vatheos, Λιµήν Βαθέος), wo sich hauptsächlich Kaufleute von den<br />

ionischen Inseln niederließen. Schiffseigner und Kaufleute waren auch am Warenaustausch mit<br />

einheimischen Händlern und Landwirten interessiert, was aber vom bestehenden System unterdrückt<br />

wurde. Durch den Kontakt mit den Kaufleuten formierte sich eine Gruppe, sogenannte Carmagnoles,<br />

die fortschrittliche Ideen unterstützte und das bestehende System bekämpfte. Sie vertraten die Ideale<br />

von freien und gebildeten Menschen, die sich in einer demokratischen Gesellschaft verwirklichen<br />

können. Gegenspieler waren konservative Kräfte, sogenannte Kallikantzari, die am bestehenden<br />

System festhielten und mit der türkischen Administration der Insel zusammenarbeiteten.<br />

62


Der intensive Konflikt zwischen Carmagnoles und Kallikantzari in den sozialen und politischen<br />

Auseinandersetzungen dauerte viele Jahre und endete mit dem Sieg der Carmagnoles, die von 1807<br />

bis 1812 das bestehende System umgestalteten. Eine demokratische Versammlung entschied über<br />

politische Belange. Die politischen Ziele waren Gerechtigkeit, Meinungsfreiheit, Solidarität und<br />

Volksherrschaft, ihr Führer war Georgios Logothetis. Die Carmagnoles wurden 1812 entmachtet,<br />

Logothetis verfolgt. In der Revolution von 1821 übernahm er wieder eine führende Rolle auf der Insel.<br />

Griechische Revolution<br />

Flagge des Fürstentums Samos<br />

Im griechischen Freiheitskampf ab 1821 errangen die Griechen hier unter Kanaris einen bedeutenden<br />

Seesieg über die Türken (1824). Nach dem Londoner Protokoll von 1829 wurde Samos 1830 den<br />

Türken zurückgegeben und am 11. Dezember 1832 zur Hauptstadt eines tributpflichtigen Fürstentums<br />

gemacht. Die Insel gehörte ab 1832 in relativer Unabhängigkeit zum türkischen Vilajet Dschesair. Die<br />

Verwaltung wurde der Insel übertragen. Sie war jedoch an die Zahlung von Zöllen an die Türkei<br />

gebunden.<br />

20. Jahrhundert<br />

Samos wurde am 11. August 1904 von einem schweren Erdbeben mit der Stärke von 6,2 auf der<br />

Richter-Skala erschüttert: das Erdbeben kostete vier Menschenleben und zerstörte 540 Häuser auf<br />

der Insel. [15]<br />

1908 rebellierten die Bewohner Samos. Bei der Bekämpfung der Aufständischen wurde der türkische<br />

Kreuzer Hamidiye eingesetzt. Fürst Andreas Kopasis, der eine anti-griechische Haltung hatte, wurde<br />

am 22. Mai 1912 ermordet. Sein Nachfolger war der pro-griechische Gregory Vegleris. Im Mai 1912<br />

zogen sich die türkischen Truppen von der Insel zurück, als der Krieg gegen Italien ausbrach.<br />

Unter Themistokles Sophoulis rebellierten die Griechen erneut und Vegleris musste fliehen. Am 11.<br />

November 1912 erfolgte die Proklamation des Anschlusses von Samos an das Königreich<br />

Griechenland. Als Ergebnis der Balkankriege wurde Samos 1913 Teil von Griechenland. 1925 wurde<br />

kurz über eine Unabhängigkeit der Insel nachgedacht.<br />

Die Insel wurde im Zweiten Weltkrieg durch italienische Truppen besetzt. Am 30. August 1943 wurden<br />

in Kastania 27 griechische Widerstandskämpfer (Andartes) hingerichtet. Samos wurde im September<br />

1943 durch englische Truppen besetzt. Die Städte Samos / Vathy und Pythagorio wurden im Verlauf<br />

der Schlacht um die Ägäis am 17. November 1943 durch deutsche Fliegerstaffeln bombardiert und am<br />

21. November 1943 wurde die Insel kampflos von deutschen Truppen besetzt. Sie blieben dort bis zur<br />

deutschen Kapitulation im Mai 1945.<br />

63


Wirtschaft<br />

Landwirtschaftliche Erzeugnisse bilden nach wie vor die bedeutendste wirtschaftliche Grundlage. Zu<br />

den exportfähigen Produkten Wein, Rosinen, Olivenöl kamen im 20. Jahrhundert Tabak dazu.<br />

Besonders der verstärkte Anbau und die Weiterverarbeitung von Tabak führten zu einem<br />

Handelswachstum. Die Gerberei und Lederverarbeitung war für Karlovasi im ausgehenden<br />

19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre der wichtigste Wirtschaftsfaktor.<br />

Durch die Gründung der Winzergenossenschaft von Samos (Ένωσης Οινοποιητικών Συνεταιρισµών<br />

Σάµου) im Jahr 1934 konnten zwei Kellereien errichtet werden. Die Jahre nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg und dem anschließenden Bürgerkrieg bis in die Mitte der 1970er Jahre waren von einer<br />

starken Abwanderung in die großen städtischen Zentren sowie in europäische Länder und nach<br />

Übersee geprägt. Die Rückkehr ehemaliger Auswanderer und der aufkommende Tourismus seit<br />

Beginn der 1980er Jahre kehrten die demographische Entwicklung um. Die Einnahmen aus dem<br />

primären Sektor bilden die wichtigste Einkommensquelle der meisten Bewohner gefolgt vom<br />

saisonalen Einkommen aus dem Tourismus oder zusätzlichen Einkommen aus Handwerk und Handel.<br />

Die Brandkatastrophe 2000 führte neben Landflucht zu einer zunehmenden Arbeitslosigkeit und einer<br />

vorübergehende Krise in Industrie, Handel und Tourismus.<br />

Tourismus<br />

Potami-Bucht<br />

Der Fertigstellung der Elektrifizierung in den 1960er Jahren sowie die Inbetriebnahme des Flughafens<br />

1963 leiteten die Entwicklung des Tourismus ein. Die neuen Möglichkeiten führten seit den frühen<br />

1970er Jahren zur unkontrollierten Entwicklung und Veränderung der wirtschaftlichen Ausrichtung der<br />

Inselbewohner. [17] Die Saison dauert fünfeinhalb bis sechs Monate von Ostern bis Mitte Oktober.<br />

Ein stetiger Anstieg der ausländischen Gästezahlen war bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zu<br />

verzeichnen, mit nahezu 160.000 Besuchern im Jahr 1999. Zwischen 2001 und 2005 war eine<br />

signifikante Reduzierung der Gästezahlen zu verzeichnen, sie erholten sich 2006 und liegen seit 2007<br />

bei 130.000 Urlaubern jährlich. Den Großteil der ausländischen Besucher stellen Deutsche und Briten,<br />

gefolgt von Holländern, Schweden und Dänen. Bei allen Besuchern ist der Strandurlaub am<br />

beliebtesten, obwohl die Bademöglichkeiten im Vergleich zu anderen Ägäisinseln nicht zu den besten<br />

zählen. Das Tourismusangebot verteilt sich auf die Küstenregionen, mit zwei Zentren Pythagorio im<br />

Süden sowie Kokkari im Norden. Die Tourismusbetriebe beschränken sich auf klassische Angebote<br />

wie Gastronomie, Autovermietungen und Souvenirläden. Aufgrund der abwechslungsreichen<br />

Landschaft und der Geschichte bieten sich für den Sanften Tourismus diverse Möglichkeiten, dieser<br />

Bereich ist bisher gering entwickelt. Die bestehenden Wachstumschancen sind bekannt und sollen<br />

zunehmend entwickelt werden.<br />

64


Verkehr<br />

Mit dem Flughafen Samos-Aristarchos verfügt Samos über eine Anbindung an den nationalen und<br />

internationalen Flugverkehr. Tägliche innergriechische Linienverbindungen bestehen<br />

nach Athen und Thessaloniki. In den Sommermonaten gibt es zahlreiche Charterflugverbindungen mit<br />

Nord-, West- und Mitteleuropa.<br />

Die tägliche Fährverbindungen von Piräus mit Samos und Karlovasi werden von Hellenic Seaways<br />

oder G. A. Ferries bedient. Weitere Verbindungen von der Stadt Samos gibt es in den Norden<br />

bis Kavala und in den Süden bis Rhodos. Zudem gibt es in den Sommermonaten eine tägliche<br />

Personenschiffverbindung zum benachbarten türkischen Kuşadası. Von Pythagorio bestehen<br />

Verbindungen zu den südlich gelegenen Inseln Dodekanes-Inseln wie Patmos und Kos. Die <strong>Marina</strong><br />

von Phythagorio verfügt über 260 Liegeplätze. [19]<br />

Bereits seit 1920 verkehren öffentliche Busse. Mit der Gründung von KTEL Samou (ΚΤΕΛ Σάµου)<br />

1950 und dem Anschluss an den KTEL-Verbund wurden die Verbindungen besser koordiniert.<br />

Zwischen den Hauptorten existieren heute täglich mehrere Verbindungen, abgelegene Orte<br />

wie Drakei werden nur einmal wöchentlich oder mit dem Schulbus angefahren.<br />

Archäologie<br />

Tordurchlass der antiken Befestigungsanlage von Pythagorio, Samos<br />

Samos ist reich an Ruinen antiker Baukunst.<br />

Der Ort mit den mit Abstand meisten Überresten ist Pythagorio, die antike Stadt Samos mit ihren von<br />

Polykrates angelegten antiken Stadtmauern und Hafenanlagen, die Fundament der modernen Mole<br />

sind, [21] sowie dem zur verdeckten Wasserversorgung gebauten Tunnel des Eupalinos. Dieser Tunnel<br />

wird fälschlicherweise des Öfteren den sieben antiken Weltwundern zugerechnet.<br />

Ausgegraben ist auch das hellenistische Gymnasium der Stadt mit den Resten des dazugehörigen<br />

Stadions und der römischen Thermen.<br />

In der Ebene vor der antiken Stadt liegt das Heraion, ein bedeutendes antikes Heiligtum, der<br />

Göttin Hera geweiht. Der früheste Altar wurde am Beginn des ersten Jahrtausends v. Chr. errichtet. Er<br />

wurde in der Folge immer weiter vergrößert, indem er von neuen Altarbauten ummantelt wurde.<br />

65


Der sog. Rhoikos-Altar, der achte in dieser Folge, ist einer der bedeutendsten griechischen Altäre. In<br />

ähnlicher Weise wurde der Heratempel in immer größeren Abmessungen mehrmals neu errichtet, der<br />

Tempel in der Form eines Dipteros aus der Zeit des Polykrates zählt zu den größten griechischen<br />

Tempeln. Die antiken Fundamente sind weitgehend erhalten und tragen eine noch stehende Säule.<br />

Bedeutende Persönlichkeiten<br />

Neben dem Tyrannen Polykrates findet sich auf Samos auch die Wirkungsstätte des Philosophen<br />

und Mathematikers Pythagoras, der uns das abendländische Tonsystem beschert hat und nach dem<br />

auch der berühmte Satz des Pythagoras benannt ist. Pythagoras ist daher auf vielen mittelalterlichen<br />

Kirchenportalen mit dem Monochord abgebildet (siehe auch Pythagoras in der Schmiede). Die<br />

Stadt Tigani wurde 1955 zu Ehren des berühmten Mathematikers in Pythagoreio umbenannt. 1988<br />

erhielt der Namensgeber der Stadt auf der Hafenmole ein Denkmal.<br />

Ebenso wurde 341 v. u. Z. der Philosoph Epikur auf Samos geboren.<br />

Ein bekannter Sohn der Insel ist außerdem der Sklave Äsop, der für seine Fabeln berühmt wurde.<br />

Der Astronom Aristarchos von Samos, dem die Geschichtsschreibung das erste heliozentri-<br />

sche Modell des Sonnensystems zuschreibt, lebte auch auf Samos.<br />

Ebenso lebten der Historiker Herodot und der große Bildhauer und Erfinder Theodorus von<br />

Samos für eine Weile auf Samos.<br />

Liste der Städte<br />

Name<br />

deutsch<br />

Name<br />

griechisch<br />

Einwohner (2001) [2] Gemeindebezirk Fläche km 2[2]<br />

Samos Σάµος 6.348 Vathy 9,37<br />

Vathy Βαθύ 2.963 Vathy 43,64<br />

Kokkari Κοκκάρι 974 Vathy 11,86<br />

Karlovasi Καρλόβασι 6.030 Karlovasi 21,00<br />

Marathokambos Μαραθοκάµπος 1.993 Marathokambos 48,10<br />

Pythagorio Πυθαγόρειο 1.711 Pythagorio 5,30<br />

Mytilinii Μυτιληνιοί 2.462 Pythagorio 34,93<br />

Pagondas Παγόντας 1.298 Pythagorio 34,16<br />

Chora Χώρα 1.422 Pythagorio 10,95<br />

66


Kuşadası<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Kuşadası (türkisch für Vogelinsel) ist eine Kreisstadt an der türkischen Ägäisküste in der<br />

Provinz Aydın, etwa 100 km südlich von Đzmir. Die Einwohnerzahl beträgt etwa 68.000.<br />

Geschichte<br />

In der Antike befand sich hier die Stadt Neapolis, die von Ephesos beherrscht wurde. In<br />

unmittelbarer Nähe von Neapolis lagen die Orte Marathesion und Phygale, das angeblich von<br />

kranken Soldaten des Agamemnon während des Trojanischen Krieges gegründet wurde.<br />

Die Blütezeit von Kuşadası begann mit dem Niedergang von Ephesos in der Spätantike und<br />

dem frühen Mittelalter durch die zunehmende Verlandung des dortigen Hafens. Bis zum 15.<br />

Jahrhundert war die Stadt unter dem Namen Scala Nova ein Handelszentrum der Republik<br />

Venedig und der Republik Genua. 1413 eroberten die Osmanen unter Sultan Mehmed I. die<br />

Stadt, die fortan zum Osmanischen Reich gehörte.<br />

67


Gegenwart<br />

Kuşadası ist heute ein beliebtes Reiseziel für einheimische und ausländische Touristen. Es<br />

besitzt neben einem großen Yachthafen auch einen Hafen für Kreuzfahrtschiffe.<br />

Das Zentrum, in der Nähe des Hafens gelegen, ist eine autofreie Fußgängerzone. Rund um<br />

und in Kuşadası befinden sich etliche Strände mit feinem Sand.<br />

Am 16. Juli 2005 wurde in Kuşadası ein Bombenanschlag auf einen Kleinbus verübt, bei dem<br />

5 Menschen getötet und 13 weitere verletzt wurden. Die Drahtzieher kamen vermutlich aus<br />

dem Umfeld der PKK.<br />

Strände<br />

Direkt in der Stadt befindet sich kurz vor dem Yachthafen der City Beach, ein kleiner<br />

Badestrand mit Blick auf die Kreuzfahrtschiffe. 2 km vom Zentrum befindet sich der Ladies<br />

Beach. An der Promenade sind zahlreiche Restaurants und Cafés. Der 18 km lange<br />

Sandstrand Long Beach zwischen Kuşadası und Güzelcamli ist flach abfallend und somit<br />

gefahrlos für den Badeurlaub mit Kindern.<br />

68


Städtepartnerschaft<br />

Kuşadası unterhält eine Städtepartnerschaft mit Marl (Nordrhein-Westfalen).<br />

Die Burginsel bei Kuşadası<br />

Kuşadası, Hafen<br />

Siedlungen<br />

Neben der Kreisstadt gibt es im Landkreis die Gemeinden Davutlar und Güzelçamlı sowie die<br />

6 Dörfer Caferli, Çınarköy, Kirazlı, Soğucak, Yaylaköy und Yeniköy.<br />

70


Dardanellen - Im Altertum hieß diese Meerenge Hellespont<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Dardanellen<br />

Landsat-Bild der Dardanellen<br />

Verbindet Gewässer Marmarameer<br />

mit Gewässer Ägäisches Meer<br />

Trennt Landmasse Kleinasien<br />

von Landmasse Halbinsel Gallipoli (Balkan)<br />

Karte der Dardanellen<br />

Die Dardanellen (griechisch ∆αρδανέλλια Dardanellia - türkisch Çanakkale boğazı) sind<br />

eine Meerenge in der Türkei. Im Altertum hieß diese Meerenge Hellespont, benannt nach<br />

Helle, einer Figur aus der griechischen Mythologie.<br />

71


Geografie<br />

Die Dardanellen liegen zwischen der europäischen Halbinsel Gallipoli und dem zu Kleinasien<br />

gehörigen Nordwest-Anatolien, sie sind der südwestlichste Teil der innereurasischen Grenze.<br />

Der Name stammt von Dardanos, einer Siedlung, die in der Nähe von Troja lag.<br />

Diese Meerenge verbindet das Ägäische Meer mit dem Marmarameer und über den<br />

anschließenden Bosporus mit dem Schwarzen Meer. Die Dardanellen sind etwa 65 Kilometer<br />

lang und zwischen 1,3 und 6 Kilometer breit, dabei durchschnittlich 50 Meter tief. An der<br />

Oberfläche fließt eine Strömung aus dem Marmarameer zum Mittelmeer, während eine<br />

Unterströmung in die entgegengesetzte Richtung fließt, bedingt durch den fast doppelt so<br />

hohen Salzgehalt des Mittelmeers gegenüber dem Schwarzen Meer.<br />

An der asiatischen Küste der Dardanellen befindet sich die Hafenstadt Çanakkale.<br />

Eine Hängebrücke über die schmalste Stelle der Meerenge, zwischen Çanakkale und<br />

Kilitbahir, ist in Planung. Die Dardanellen bilden mit vielen anderen Meeren die<br />

verschiedensten Grenzen zwischen Europa und Asien → Eurasien Ural - Uralfluss-<br />

Kaspisches Meer, Mantsch-Niederung – Asowisches Meer, Meer-Straße von Kertsch,<br />

Schwarzes Meer – Bosporus - Marmarameer, DARDANELLEN - Ägäisches Meer und<br />

Mittelmeer<br />

Geschichte<br />

Im 2. Perserkrieg überquerte der persische König Xerxes den Hellespont während seines<br />

Feldzugs gegen Griechenland etwa 480 v. Chr. mit zwei Schiffbrücken, die jeweils aus über<br />

300 Schiffen bestanden und eine zeitweise Öffnung für kleinere Schiffe gehabt haben sollen.<br />

Alexander der Große überschritt den Hellespont im Jahr 334 v. Chr. mit einer Armee aus etwa<br />

35.000 Makedoniern und Griechen zu Beginn seines Persienfeldzuges.<br />

Im Peloponnesischen Krieg gab es mehrere bedeutende Schlachten am Hellespont, u. a. die<br />

Schlacht von Kyzikos im Jahr 410 v. Chr. und die Schlacht bei Aigospotamoi, die<br />

entscheidende Niederlage der Athener im Jahre 405 v. Chr.<br />

1656 gab es die Dardanellenschlacht, eine der zahlreichen Seegefechte und Schlachten,<br />

welche die Flotten der Republik Venedig und des Osmanischen Reiches um die Vorherrschaft<br />

im östlichen Mittelmeer austrugen.<br />

Nach dem Dardanellen-Vertrag von 1841 war es nur türkischen Kriegsschiffen gestattet, diese<br />

Meerenge zu passieren. Während des Ersten Weltkriegs waren die Dardanellen aufgrund ihrer<br />

strategischen Lage Schauplatz der Schlacht von Gallipoli mit hohen Verlusten auf beiden<br />

Seiten. Seit 1936 regelt der Vertrag von Montreux die Durchfahrtsrechte.<br />

Der aus der griechischen Mythologie bekannte Held Achilleus (dt. Achill oder latinisiert<br />

Achilles) wurde in den Fluten des Hellespont bestattet.<br />

72


Homer<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Kopf des Homer („Epimenides-Typus”). Nachbildung einer römischen Kopie des<br />

griechischen Originals aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Münchner Glyptothek<br />

Homer gilt als Autor der Ilias und Odyssee und damit als erster Dichter des Abendlandes.<br />

Weder sein Geburtsort noch das Datum seiner Geburt oder seines Todes sind zweifelsfrei<br />

bekannt. Es ist nicht einmal sicher, dass es Homer überhaupt gegeben hat.<br />

Die Epoche, in der Homer gelebt haben soll, wird ebenfalls kontrovers diskutiert. Herodot<br />

schätzte, dass er 400 Jahre vor seiner Zeit gelebt haben muss, folglich müsste dies etwa 850 v.<br />

Chr. gewesen sein. Andere historische Quellen wiederum legen dies in die Zeit des<br />

Trojanischen Krieges, also etwa 1200 v. Chr. Heutzutage stimmt die Forschung<br />

weitestgehend darin überein, dass Homer, wenn es ihn gab, etwa in der zweiten Hälfte des 8.<br />

Jh. v. Chr. gelebt hat.<br />

In der Antike wurden ihm weitere Werke wie die Homerischen Hymnen zugeschrieben,<br />

während andererseits immer wieder bezweifelt wird, ob Ilias und Odyssee überhaupt von<br />

einer einzigen historischen Person namens Homer verfasst worden sind. Unbestritten ist die<br />

unermessliche, bis heute andauernde Wirkung Homers, der schon in der Antike als der<br />

Dichter schlechthin galt.<br />

73


Name<br />

Der Name „Homer“ (altgriechisch Ὅµηρος, Hómēros; heute: Όµηρος, Ómiros) bedeutet auch<br />

„Geisel“. Allerdings wurde er in der Antike aufgrund seiner angeblichen Blindheit<br />

fälschlicherweise auch von ὁ µὴ ὁρῶν, ho mē horōn, „der nicht Sehende“, abgeleitet.<br />

Leben<br />

Schon in der Antike wurde über Homers Person und Herkunft diskutiert: Smyrna, Athen,<br />

Ithaka, Pylos, Kolophon, Argos und Chios beanspruchten, als sein Geburtsort zu gelten. Eine<br />

der Legenden sagt, er sei am Fluss Meles als uneheliches Kind geboren worden und sein<br />

ursprünglicher Name habe Melesigenes („Der vom Meles Herstammende“) gelautet. Er starb<br />

vermutlich auf der Insel Ios.<br />

Während über Homers Vater Unklarheit herrscht, sind sich mehrere Quellen einig, dass seine<br />

Mutter Kreitheïs hieß. In der Antike wurde er oft als blinder Greis dargestellt. Trotz dieser<br />

schon damals regen Hypothesenbildungen über seine Herkunft, sein Aussehen und seine<br />

Lebensdaten ist bis heute nicht einmal ganz geklärt, ob eine historische Person „Homer“<br />

überhaupt existiert hat.<br />

Die Darstellung Homers als eines blinden und armen Wandersängers geht unter anderem auf<br />

den Dichter des unter Homers Namen verfassten Apollon-Hymnus zurück, der aber<br />

höchstwahrscheinlich nicht von ihm stammt. Gegen diese Darstellung sprechen die für sein<br />

Werk erforderlichen genauen Kenntnisse der oberen aristokratischen Schichten, die ein armer<br />

Wandersänger nicht hätte besitzen können. Aber da die Epen – als ursprünglich mündlicher<br />

Vortrag – in erster Linie vor aristokratischem Publikum Gehör fanden, wobei die Sänger<br />

(oder auch Aoiden) zum Teil längere Zeit in dem Oikos der Adeligen wohnten und zu deren<br />

Unterhaltung beitrugen, ist es denkbar, dass auch Homer mit der Lebensart seiner Gastgeber<br />

vertraut war und zu dieser Bevölkerungsgruppe bzw. Stand gehörte. Einige Forscher<br />

vermuten hier autobiographische Elemente, die Homer in die Epen einfließen ließ.<br />

Werke<br />

Die Epen<br />

Anfang der Ilias<br />

74


Berühmt geworden ist Homer als Dichter zweier der frühesten Epen der Weltliteratur, der<br />

Ilias und der Odyssee. Ilias und Odyssee sind die ersten großen Schriftzeugnisse der<br />

griechischen Geschichte: Mit ihnen beginnt nach klassischer Ansicht die europäische Kultur-<br />

und Geistesgeschichte. Seine Autorschaft ist allerdings umstritten.<br />

Sprachliches<br />

Anfang der Odyssee<br />

Gesichert scheint die Herkunft der Epen aus dem griechischen Kleinasien durch die<br />

sprachliche Analyse der Werke, die beide im ionischen Dialekt des Altgriechischen<br />

geschrieben sind. Die Grundsprache ist das Ionische der früharchaischen Zeit, durchsetzt mit<br />

Beispielen des äolischen Dialektes und mit offenbar aus älterer Tradition stammenden<br />

Überlieferungen. Aufgrund des ursprünglich mündlichen Vortrags aus dem Gedächtnis mit<br />

Improvisationen tauchen viele Redewendungen als „Lückenfüller“ wiederholt auf.<br />

Bis in die hellenistische Zeit existierten verschiedene Textredaktionen, wobei die ersten<br />

Versuche einer Kanonisierung bis in die Zeit des athenischen Tyrannen Peisistratos<br />

zurückreichen. Die heutige Fassung wurde von Aristarchos von Samothrake redigiert,<br />

einschließlich der noch heute verwendeten Einteilung der „Gesänge“.<br />

Datierung der Epen<br />

Während die einen von einer Entstehungszeit von ca. 850–800 v. Chr. ausgehen, nehmen<br />

andere einen etwa hundert Jahre späteren Zeitpunkt (ca. 750–700 v. Chr.) dafür an, und<br />

wieder andere Wissenschaftler, wie beispielsweise Wilhelm Dörpfeld, vermuten den<br />

Entstehungszeitpunkt im 12. Jahrhundert v. Chr. Um die homerischen Epen zeitlich<br />

einzuordnen, bedient man sich mehrerer Vergleiche.<br />

Zum einen wird das Verhältnis zur Hesiodischen Epik herangezogen, die im 7. Jahrhundert v.<br />

Chr. entstand. Weiterhin gibt es Anspielungen auf den Nestorbecher (730–720 v. Chr.), die<br />

auf Partien in der Ilias zu weisen scheinen. Hinzu kommt das historische Umfeld in der<br />

zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts. Dieses war für die Entstehung der Epen sehr wichtig, da<br />

ab dem 7. Jahrhundert die dargestellte unangefochtene Adelskultur nicht mehr bestand. Ein<br />

weiterer Hinweis sind Partien in der Ilias, die auf Ereignisse im 7. Jahrhundert zu verweisen<br />

scheinen. Viele Angaben in den Epen deuten auf eine Zeit vor der dorischen Wanderung<br />

(Angaben über Kleidung, Waffen, Behausung und geopolitische Verhältnisse) hin und<br />

bringen die Datierung ins 12. Jahrhundert v. Chr.<br />

75


All diese Hinweise sind jedoch nicht eindeutig. So setzt der Nestorbecher die Ilias nicht<br />

zwingend voraus, und Hesiod wird bisweilen vor Homer datiert. Des Weiteren lassen sich die<br />

Partien in der Ilias auch anders beurteilen, und Literatur kann auch anachronistisch sein,<br />

weshalb eine Datierung aufgrund historischer Ereignisse sehr schwerfällt. Doch sprechen die<br />

Indizien hauptsächlich für die zweite Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr.<br />

Urheberschaft: die „Homerische Frage“<br />

Die literaturwissenschaftliche Frage nach der Urheberschaft Homers wird die Homerische<br />

Frage genannt. Hauptsächlich geht es dabei um die Frage, ob Homer tatsächlich Verfasser nur<br />

der Ilias oder überhaupt der beiden Epen gewesen sei oder ob unter dem Namen „Homer“<br />

verschiedene Dichter zusammengefasst worden seien, die ältere, mündlich überlieferte Sagen<br />

verschriftlicht kompiliert hätten.<br />

Ein weiterer Aspekt der „Homerischen Frage“ ist die Datierung der beiden Epen: Hätte die<br />

deutlich jüngere Odyssee überhaupt noch während der Lebenszeit des Ilias-Autors geschrieben<br />

sein können? Teils wird hier jedoch davon ausgegangen, die Ilias sei ein Jugend- und die<br />

Odyssee ein Alterswerk Homers.<br />

Literaturwissenschaftliche stilistische Analysen neigen heute aufgrund der hohen<br />

kompositorischen Kunst und durchgehenden sprachlichen Qualität beider Epen wiederum<br />

dazu, wie die antiken Autoren auf einen gemeinsamen Verfasser („Homer“) als wahrscheinlich<br />

zu folgern.<br />

Homerische Hymnen<br />

Die größtenteils legendären antiken Viten Homers berichten außerdem von weiteren ihm<br />

zugeschriebenen Werken. Dabei handelte es sich wohl durchweg um Pseudepigraphen, von<br />

denen außer Fragmenten nur die vermutlich nichthomerische Travestie vom Krieg zwischen<br />

den Fröschen und Mäusen komplett erhalten ist.<br />

Umstritten ist die Urheberschaft der ebenfalls Homer zugeschriebenen 33 Gedichte, der<br />

sogenannten Homerischen Hymnen – Preislieder auf griechische Götter. Sie stehen den<br />

beiden Epen stilistisch nahe. Rhapsoden pflegten sie als Einleitung zu ihren Rezitationen<br />

vorzutragen. Berühmt sind der Hymnos an Apollon und der Hymnos an Aphrodite.<br />

Wirkungsgeschichte<br />

Griechische und römische Antike<br />

Bereits im antiken Griechenland dienten seine Epen den politisch stark zersplitterten<br />

griechischen Stämmen und Poleis zur Gewinnung eines gemeingriechischen Selbstverständnisses<br />

(siehe Nationaldichter).<br />

Die Hochschätzung Homers wurde von den Römern übernommen. Vergils Epos Aeneis ist<br />

auch als Versuch zu werten, den Römern eine Herkunftssage zu geben, wie sie die Griechen<br />

an Homers Epen gehabt hatten.<br />

76


Mittelalter<br />

Durch die – außer im frühchristlichen Irland – sehr zurückgegangene Kenntnis des Griechischen<br />

bei den westlichen Gelehrten ging auch die Homerkenntnis sehr zurück, als Epiker<br />

waren Vergil und Lucan viel geläufiger. Auch die als Zwischenglied sonst sehr bedeutsame<br />

arabische Rezeption griechischer Quellen berücksichtigte eher medizinische, naturwissenschaftliche,<br />

mathematische und philosophische als epische Quellen.<br />

Doch bereits Dante Alighieri nennt Homer den Ersten unter den göttlichen Dichtern und<br />

Vorbild des von ihm verehrten Vergils. Sein eigenes Hauptwerk, die Divina Commedia,<br />

wirkte wiederum auf ganze Zeitalter von Schreibern, insbesondere auf die Vertreter der<br />

Moderne des 20. Jahrhunderts.<br />

Neuzeit<br />

Der blinde Homer wird geführt<br />

(William-Adolphe Bouguereau, 1874)<br />

Erst die Flucht der griechischen Gelehrten aus dem 1453 von den Osmanen erstürmten<br />

Konstantinopel brachte die Kenntnis griechischer Quellen und damit auch Homers in den<br />

Westen zurück und beeinflusste stark die Renaissance.<br />

Ausgehend von den Homerübersetzungen von Johann Heinrich Voß spielte in Deutschland<br />

Homer für den „Volks“- und „Natur-Begriff " der deutschen literarischen Klassik und<br />

Romantik die größte Rolle, weil man in Ilias und Odyssee einen Beweis dafür sah, dass das<br />

Volk eine eigene authentische Stimme habe (vgl. Volkslied), dass aus ihm die Natur selbst<br />

spreche. In diesen Zusammenhang gehörte auch das Aufwerfen der „Homerischen Frage“,<br />

denn entschied man sich gegen die Autorschaft Homers, so waren die Epen anonym<br />

entstanden, wie etwa das Nibelungenlied, und somit wurde dann „das Volk“ als Autor<br />

reklamierbar. Dagegen wandte sich bereits Friedrich Schiller: Und die Sonne Homers, siehe,<br />

sie lächelt auch uns. („Elegie“)<br />

77


Troja<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Landkarte des Trojas<br />

Troja (griechisch Τροία Troia oder Τροίη Troiē, auch Ἴλιος Ilios oder Ἴλιον Ilion; lateinisch<br />

Troia, Ilium; türkisch Truva; in den Altertumswissenschaften wird die lateinische<br />

Bezeichnung verwendet) ist eine Stadt des Altertums in der Landschaft Troas im Nordwesten<br />

der Türkei am Hellespont in der Provinz Çanakkale.<br />

Karte des Burghügels (Hisarlık) von Troja<br />

78


Geographie<br />

Troja - Türkei<br />

Troja befand sich auf dem 15 m hohen Siedlungshügel Hisarlık (türkisch: Burghügel) an den<br />

Dardanellen und kontrollierte seit der Bronzezeit den Zugang zum Schwarzen Meer. Die<br />

Schiffe konnten damals noch nicht gegen den Wind kreuzen, also warteten sie im Hafen der<br />

Festung auf günstige Winde. Der Wegzoll sowie die Lotsen- und Schutzgebühren, welche die<br />

Schiffe an Troja entrichten mussten, brachten der Stadt Reichtum.<br />

Berühmtheit erlangte der Ort in der Antike durch die Dichtung Ilias von Homer und den dort<br />

beschriebenen sagenhaften Trojanischen Krieg. Noch in der Spätantike wurden der Ort und<br />

seine sagenhaften Helden im Römischen Reich hoch verehrt (siehe Aeneis), und der Hügel<br />

Ilium war weit bekannt. Mit dem Beginn des christlichen Mittelalters geriet Troja (und damit<br />

auch die Lage der Stadt) in Vergessenheit.<br />

Die Existenz und die Lage Trojas gehören seit zwei Jahrhunderten zu den umstrittensten<br />

Themen der Archäologie. Die auseinandergehenden Meinungen mündeten schließlich in die<br />

Troja-Debatte. Gleichwohl unterstützt heute eine Mehrheit der Altertumswissenschaftler die<br />

These, dass der Ort Hisarlık das beschriebene Troja ist und damit auch den Schauplatz des<br />

von Homer beschriebenen Trojanischen Krieges darstellt. Bei Homer wird der Ort vor allem<br />

Ilion oder Ilios (griech. Ἴλιον, Ἴλιος) genannt.<br />

Entdeckungsgeschichte<br />

Erste Lokalisierungsversuche<br />

Mit Beginn der Neuzeit stieg die Zahl der Reisenden, die mit der Ilias in Händen die Troas<br />

besuchten; beispielsweise die englische Schriftstellerin Mary Wortley Montagu, die 1718<br />

schrieb:<br />

„Es ist ein Vergnügen, das Tal zu sehen, wo, wie ich mir einbilde, der berühmte Zweikampf<br />

zwischen Menelaos und Paris vorging und die große Stadt stand − vom Fall Trojas zu lesen<br />

im Schatten einer trojanischen Ruine.<br />

79


Doch eben an trojanischen Ruinen mangelte es. Es gab weiter südlich die markanten Ruinen<br />

von Alexandria Troas, die man für das alte Troja hielt. Ab dem 16. Jahrhundert wurde die<br />

Annahme aber kritisiert, da die Gebäudereste erstens offensichtlich römisch und zweitens zu<br />

nahe am Meer gelegen waren. [3] In der Skamander-Ebene selbst aber fanden sich keine<br />

erkennbaren Reste.<br />

Illustration aus Popes Ilias 1716<br />

1716 erschien der zweite Band der Ilias-Übersetzung von Alexander Pope, dem eine<br />

Abbildung einer Rekonstruktion der Ansicht des alten Troja beigegeben war, welche für lange<br />

Zeit die Vorstellung der Trojasucher prägen sollte: Aus der Vogelperspektive sieht man vom<br />

Hellespont aus das Schiffslager der Achäer, dahinter das von den Flüssen Skamander und<br />

Simois eingerahmte Schlachtfeld und vor den Bergen des Ida-Gebirges die mächtigen Mauern<br />

Trojas. Zu dieser Bild-Gewordenen Vorstellung suchte man die entsprechende Realität: ab<br />

1750 suchten Robert Wood und die englischen Dilettantin im gesamten Skamandertal nach<br />

Resten einer Burganlage und während seiner Zeit als französischer Gesandter an der Hohen<br />

Pforte (1784–1792) ließ Graf Choiseul-Gouffier erstmals sorgfältig vermessene Karten der<br />

Troas erstellen. In seinem Auftrag übertrug Jean Baptiste Le Chevalier 1791 die<br />

Rekonstruktion Popes auf die reale Landschaft und wählte dementsprechend die erste<br />

auffällige Anhöhe vor dem Ida-Gebirge als Ort des alten Troja. Das war der Ursprung der<br />

noch von Schliemann bekämpften Bunarbaschi- , bzw. Ballı-Dağ-These. Der wesentlich<br />

unscheinbarere Hügel von Hisarlık wurde ebenfalls als Ruinenstätte erkannt und als Ort des<br />

griechisch-römischen Ilion identifiziert.<br />

80


Die ersten Troja-Forscher<br />

Blick vom Hisarlık aus dem Schliemanngraben über die Ebene der Troas zu den Dardanellen<br />

1821 verfasste der schottische Zeitungsverleger und Amateurgeologe Charles MacLaren ein<br />

Essay über Troja, das er 1824 zu einer voluminösen Dissertation erweiterte, in der er den<br />

Hügel Hisarlık (auch Hissarlik geschrieben) als Troja lokalisierte. Ein Teil dieses Hügels war<br />

damals im Besitz der englischen Großgrundbesitzer- und Diplomatenfamilie Calvert. Als<br />

MacLaren 1863 eine noch fundiertere Beschreibung der Ebene von Troja publizierte,<br />

versuchte der jüngste Sohn der Familie, Frank Calvert, den restlichen Hügel zu erwerben.<br />

Dies misslang, doch dafür machte er von 1863 bis 1865 selbst kleinere Probegrabungen.<br />

Diese beeindruckten ihn so sehr, dass auch er von der Existenz Trojas an dieser Stelle<br />

überzeugt war. Calverts Bitte an das British Museum zwecks baldiger Erforschung wurde<br />

abschlägig beschieden. Erst Schliemann untersuchte Calverts Hypothese in systematischer<br />

Weise.<br />

Heinrich Schliemann<br />

Heinrich Schliemann (1892)<br />

Am 9. August 1868 kam der bis dahin noch wenig erfahrene deutsche Archäologe Heinrich<br />

Schliemann in die Ebene der Troas. Auch er war hier auf der Suche nach dem sagenhaften<br />

Troja und vermutete es zuerst, entsprechend der These von LeChevalier, unter dem Hügel<br />

Ballı Dağ. Schliemann und seine fünf Arbeiter wurden nicht fündig, er wollte abreisen,<br />

verpasste sein Schiff und traf dabei zufällig auf Frank Calvert, in dessen Haus er<br />

übernachtete. Calvert konnte nun Schliemann mit seiner Überzeugung begeistern, dass sich<br />

unter dem Hügel von Hisarlık die Ruinen des homerischen Trojas verbergen müssten.<br />

Schliemann verschwieg später nicht, dass er den entscheidenden Hinweis auf die Lage Trojas<br />

von Calvert hatte.<br />

81


1873 teilte Schliemann der Öffentlichkeit mit, Troja in Hisarlik gefunden zu haben; den<br />

Durchbruch zum Ruhm verdankte er aber einem anderen Fund desselben Jahres: Schliemanns<br />

spektakulärster Fund war der von ihm selbst so genannte „Schatz des Priamos“. Er<br />

begründete in mehrfacher Hinsicht Neues: Einerseits Schliemanns Ruhm als Wissenschaftler,<br />

andererseits die Begeisterung der wilhelminischen Kaiserzeit für Troja und für die<br />

Archäologie im Allgemeinen, die nun im öffentlichen Ansehen von einer Disziplin für<br />

Amateure und Reisende zu einer ernsthaften Wissenschaftsdisziplin befördert wurde. Der<br />

Goldschatz wurde lange Zeit im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte gezeigt und<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg als Beutekunst in die UdSSR gebracht, wo er seit 1996 im<br />

Moskauer Puschkin-Museum ausgestellt ist. Allerdings ergaben sich bereits zu Schliemanns<br />

Lebzeiten – durch seinen Mitarbeiter Wilhelm Dörpfeld – erste Hinweise darauf, dass der<br />

Schatz mehr als 1000 Jahre älter war als von Schliemann angenommen.<br />

Burgmauern von Troja<br />

Bereits Schliemann schrieb, dass er dem Autor der Ilias dichterische Freiheit („Übertreibung“)<br />

zugute halten müsse; auch wusste er, dass er nicht die ganze Stadt, sondern die<br />

Pergamos-Burg der Stadt Troja ausgrub.<br />

Wilhelm Dörpfeld und Carl Blegen<br />

Wie weitere Ausgrabungen ergaben, war Troja von der Frühen Bronzezeit (ab ca. 3000 v.<br />

Chr.) bis in die Spätantike besiedelt. Unlängst sind Spuren noch früherer Besiedlung gefunden<br />

worden, die bis in das 5. Jahrtausend v. Chr. zurückreichen. Mit dem Christentum ließ die<br />

Bedeutung der Stadt, in der die trojanischen Sagenhelden verehrt worden waren, deutlich<br />

nach. Während sie den Einfall der Goten im Jahr 276 noch weitgehend unbeschadet<br />

überstanden hatte, endete die Besiedlung nach einer Reihe verheerender Erdbeben gegen<br />

Ende des 5. Jahrhunderts.<br />

Bis heute wurden mehr als zehn Siedlungsschichten entdeckt (Troja I bis Troja X), die<br />

wiederum in über 40 Feinschichten unterteilt werden. Dabei gehören – vereinfacht<br />

ausgedrückt – Troja I (2950–2550 v. Chr.) und II (2550–2200) der Frühen, Troja III bis V<br />

(2200–1700) der Mittleren, Troja VI bis VIIa (1700–1200) der Späten Bronzezeit und Troja<br />

VIIb (1200–1000) der Frühen Eisenzeit an. Troja VIII und IX datieren in die Zeit vom 8.<br />

Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Zeit, Troja X, ein byzantinischer Bischofssitz, reicht<br />

bis ins frühe Mittelalter.<br />

82


Querschnitt durch den Hisarlık<br />

Troja I hatte noch direkt am Meeresstrand gelegen. Die Zitadelle Troja II umfasste eine<br />

Fläche von ca. 9000 m² (vier Brandkatastrophen), von Troja IV an war die Fläche verdoppelt,<br />

Troja VI hatte sich nach Süden und Osten auf etwa 50.000 m² vergrößert (die „Unterstadt“<br />

nicht mitgerechnet). Die vom Autor der Ilias beschriebene Festung könnte mit Troja VI<br />

identisch sein (nach anderer Ansicht mit VIIa), das um die Wende vom 13. zum 12.<br />

Jahrhundert v. Chr. unterging. Dabei ist unsicher, ob eines der häufigen Erdbeben oder eine<br />

Eroberung die Ursache war.<br />

Ob auch der trojanische Krieg einen historischen Kern hat, ist weiterhin höchst umstritten.<br />

Die Lage der Stadt Troja wird in der Dichtung Ilias von Homer klar beschrieben: Es werden<br />

die Dardanellen (im Werk: Hellespont) genannt, der höchste Berg ist der Ida (Kaz Dağı). Es<br />

werden zudem zwei Flüsse beschrieben: der erste namens Skamander (heute Karamanderes),<br />

welcher dem Ida-Gebirge entspringt, und als zweiter Simois. Beide vereinen sich bei Troja<br />

und fließen in den Hellespont. Es wird auch von den Inseln Tenedos (heute Bozcaada) und<br />

Imroz (Gökçeada) berichtet. Die heute archäologisch erschlossenen Flächen umfassen nur die<br />

Festung von Troja, mit Sicherheit befand sich ein großer Teil der Stadt außerhalb der<br />

befestigten Anlagen.<br />

Schliemann hielt das imposante frühbronzezeitliche Troja II für das homerische. Er glaubte<br />

damals irrtümlich, dass es zeitgleich mit Mykene und Tiryns war. Dörpfeld hielt die 6.<br />

Siedlungsschicht (Troja VI) für das Homerische Troja. Schicht VIh ist um 1300 v. Chr.<br />

wahrscheinlich durch ein starkes Erdbeben zerstört worden. Daher hielt Carl Blegen die<br />

darauf folgende Schicht Troja VIIa für das homerische Troja. Diese These fand und findet den<br />

meisten Zuspruch. Nach neueren Keramikuntersuchungen wird das wahrscheinlich<br />

gewaltsame Ende von Troja VIIa auf etwa 1200 v. Chr. datiert. Das passt gut zu den meisten<br />

Datierungen des Trojanischen Krieges durch antike Autoren. Als „Kandidat“ für das Ilion<br />

Homers kommt aber auch noch Troja VIIb1 in Betracht. Neben Festhalten der Traditionen<br />

von Troja VI und VIIa treten hier neue Elemente zutage, zum Beispiel sogenannte Handmade<br />

Ware (grobe, einfach verzierte graue handgemachte Keramik), die auf teilweise geänderte<br />

Bevölkerung schließen lassen. Das passt besser zu den Angaben Homers. Auch die<br />

machtpolitischen Verhältnisse in Kleinasien, wie sie Homer schildert, passen gut in diese Zeit.<br />

Die mykenische Kultur hat im 12. und 11. Jh. weiterbestanden. Auch Handel und Seefahrt<br />

wurden weiterbetrieben. Ein Krieg von Achäern gegen Troja im 12. Jahrhundert wäre also<br />

denkbar. Dagegen hätte ein Zug gegen Troja bereits im 14. oder 13. Jahrhundert wohl die<br />

Hethiter auf den Plan gerufen und sicherlich einen Niederschlag in hethitischen Schriftquellen<br />

gefunden.<br />

83


Hethiter-These von Joachim Latacz<br />

Umzeichnung der Rückseite des 1995 gefundenen bikonvexen Bronzesiegels aus der<br />

2. Hälfte des 12. Jahrhunderts v. Chr.<br />

Dennoch bleibt in diesem Punkt vieles ungeklärt. Die Frage, inwieweit Homer tatsächlich als<br />

Quelle für historische Vorgänge der Späten Bronzezeit dienen kann, und ob es überhaupt<br />

einen trojanischen Krieg gegeben hat, kann hier nicht angemessen behandelt werden.<br />

Jedenfalls haben die Theorien der Gräzistik über den Hexameter und die Entstehung des<br />

Epos, wie sie derzeit von Joachim Latacz vorgetragen werden, in den neuen<br />

Grabungsergebnissen eine Stütze gefunden. In materieller Hinsicht bzw. anhand des<br />

Grabungsbefundes ist ein luwisch beschriftetes bikonvexes Siegel das wichtigste Indiz für<br />

eine Verbindung dieser Siedlung zu den Hethitern.<br />

Latacz zufolge ist Troja mit großer Wahrscheinlichkeit identisch mit der in hethitischen<br />

Quellen genannten Stadt Wilusa (= (W)Ilios), was durch Grabungen des Tübinger<br />

Archäologen Manfred Korfmann bestärkt wurde. So wurde im Ausgrabungsbereich von Troja<br />

eine unterirdische Quellen-Anlage gefunden, deren Gestalt in allen Einzelheiten mit der<br />

Beschreibung einer Quelle in der Stadt Wilusa im sogenannten Alaksandu-Vertrag<br />

übereinstimmt.<br />

Innerhalb der Klassischen Philologie ist Latacz der derzeit bekannteste Fürsprecher, welcher<br />

die Historizität der homerischen Epen und zugleich die Verbindung mit dem Korfmannschen<br />

Troja in Erwägung zieht. Weder in der hethitischen noch in der griechisch-römischen<br />

schriftlichen Überlieferung finden sich eindeutige Belege für die Identität Hisarlıks mit dem<br />

homerischen Troja, dasselbe gilt für die Verbindung mit Wilusa.<br />

Manfred Korfmann und die Entdeckung der Unterstadt 1992 und die<br />

Aktivitäten seines Nachfolgers Ernst Pernicka<br />

Bis zur Wiederaufnahme der Ausgrabungen im Jahr 1988 durch ein international besetztes<br />

Team unter dem Tübinger Prähistoriker Manfred Korfmann beschränkten sich die<br />

Untersuchungen hauptsächlich auf die Burg (Akropolis) von Troja (Oberstadt). Mit Hilfe des<br />

Geophysikers Helmut Becker wurde 1992 durch Geomagnetik-Messungen eine ausgedehnte<br />

Unterstadt unterhalb der Akropolis entdeckt. Seither wurde bei den aktuellen Grabungen von<br />

Manfred Korfmanns Team (seit Korfmanns Tod 2005 jetzt: Ernst Pernicka) auch verstärkt die<br />

Unterstadt erforscht. Die reale Ausdehnung Trojas rückte dadurch in das Zentrum der<br />

laufenden Diskussion. Korfmanns Thesen über die Bedeutung Trojas stießen in der Forschung<br />

seit Sommer 2001 auf Widerstand und führten zu einer breiten, oftmals ins Persönliche<br />

gehenden Diskussion innerhalb der deutschen Altertumswissenschaften.<br />

84


Im Kern kreist diese Troja-Debatte, der „neue Streit um Troja“ um die tatsächliche Größe und<br />

Bedeutung des spätbronzezeitlichen Troja. Während Korfmann in Troja ein überregionales<br />

Handelszentrum sah, beschränken es einige Archäologen und Althistoriker heute auf eine nur<br />

mittelmäßig bedeutende Siedlung. Der Protagonist dieser Gruppe ist Korfmanns damaliger<br />

Tübinger Kollege, der Althistoriker Frank Kolb, der selbst über einige Grabungserfahrung in<br />

der Türkei verfügt. Der Hauptvorwurf an Korfmann und seine akademischen Mitstreiter<br />

besteht in einer Vernachlässigung der wissenschaftlichen Sorgfalt und Vorsicht. Seit dem<br />

Beginn des Troja-Streites musste Korfmann einige der seine Theorie stützenden<br />

Grabungsinterpretationen zurückziehen und kam den Argumenten der Gegenseite ein Stück<br />

weit entgegen. An der Gesamtinterpretation der Grabungen hält das Team um Korfmann und<br />

seinen Nachfolgern allerdings fest. Eine eindeutige Entscheidung konnte die<br />

Auseinandersetzung auch auf einem wissenschaftlichen Symposium in Tübingen im Frühjahr<br />

2002 nicht erbringen.<br />

Die Korfmann-Position prägt heute das Troja-Bild der interessierten Öffentlichkeit. Der<br />

öffentliche Streit hat sich seit 2004 etwas beruhigt, nachdem die Debatte mehr und mehr auf<br />

die fachliche Ebene verlagert wurde.<br />

Nach dem Tod Manfred Korfmanns im August 2005 wurde der Tübinger Archäometallurge<br />

Ernst Pernicka mit der wissenschaftlichen Leitung des Troja-Projekts betraut. Für die<br />

Fortführung der Arbeit in Troja im Sommer 2006 wurde ihm von der türkischen<br />

Antikendirektion die Lizenz erteilt. Die 18-jährige Grabungsserie soll nun zu einem<br />

wissenschaftlichen Abschluss geführt werden. In beschränktem Umfang sollen auch danach<br />

Fragen zur bronzezeitlichen Stadtbefestigung weiter untersucht werden. Außerdem erfordern<br />

die Pflege, Konservierung und Präsentation des 1996 zum Nationalpark und 1998 zum<br />

UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Troja andauernden Aufwand. Schließlich soll noch ein<br />

Museum vor den Toren Trojas erbaut werden. Seit Beginn von Korfmanns Grabungen werden<br />

die Funde im Archäologischen Museum Çanakkale gesammelt. Die Deutsche<br />

Forschungsgemeinschaft stellte ihre finanzielle Unterstützung 2009 ein. Seitdem wurden die<br />

deutschen Ausgrabungen durch Stiftungsgelder ermöglicht.<br />

2013 soll die deutsche Grabungsleitung an die US-Amerikaner unter Leitung von William<br />

Aylward übergehen.<br />

Noch als Xanten 1444 an das Herzogtum Kleve fiel, wurden schon im selben Jahr Münzen<br />

mit der Aufschrift „Joannes Troianorum Rex“ (Johannes, König der Trojaner) geprägt.<br />

Troja-Hypothesen<br />

Hypothese von Raoul Schrott<br />

Der Komparatist und Schriftsteller Raoul Schrott nimmt insbesondere anhand assyrischer<br />

Texte an, dass Homer ein griechischer Schreiber in assyrischen Diensten in der Provinz<br />

Kilikien gewesen sei, wo Schrott Troja dem Hügel Karatepe-Arslantaş zuschreibt.<br />

85


Stadtmauer von Karatepe<br />

Dessen riesige Burgruine verfüge mit ihrem starken Wall und vielen Wehrtürmen auf einem<br />

225 m hohen Hügel nicht nur über die „Krone mit Türmen“ aus Homers Ilias, sondern auch -<br />

im Gegensatz zu Schliemanns Troja - über die zwei aus der Erzählung bekannten gewaltigen<br />

Tore im Süden und Norden sowie die in der Ilias erwähnten schneebedeckten Berge im<br />

Hinterland und einen langen Strom mit wilder Furt und warmen Quellen weiter östlich.<br />

Schrott geht davon aus, dass Homer einen älteren griechischen Stoff vom trojanischen Krieg<br />

für seine Zuhörer nach Kilikien übertragen habe, dies aber nicht der Schauplatz des<br />

tatsächlichen Krieges war.<br />

Hypothese von Eberhard Zangger<br />

Eine der (von der Fachwissenschaft allgemein abgelehnten) Lokalisierungshypothesen zu<br />

Atlantis wurde von dem Geoarchäologen Eberhard Zangger in seinem 1992 erschienenen<br />

Buch „Atlantis • Eine Legende wird entziffert“ entwickelt. Sie besagt, Platons Atlantis weise<br />

archäologisch nachweisbare Merkmale des historischen Troja auf und sei das durch die<br />

Griechen vernichtete Troja gewesen.<br />

86


Achilleus<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Thetis gibt ihrem Sohn Achill seine neuen, von Hephaistos geschmiedeten Waffen. Ausschnitt<br />

einer Schwarzfigurenmalerei auf einer attischen Hydria 575–550 vor Chr, Louvre<br />

Achilleus (dt. Achill oder latinisiert Achilles; mykenisch a-ki-re-u, altgriechisch-gelehrt<br />

Ἀχιλλεύς [Akhilleús] /akʰilleǔ̯ s/, heutiges Griechisch-volkssprachlich Αχιλλέας) ist in der<br />

griechischen Mythologie ein beinahe unverwundbarer Heros der Griechen (Achäer) vor Troja<br />

und der Hauptheld der Ilias des Homer. Er ist der Sohn des Peleus, des Königs von Phthia in<br />

Thessalien, und der Meernymphe Thetis.<br />

Oftmals wird er auch mit den Attributen „Pelide“ oder „Peleiade“ (Sohn des Peleus)<br />

bezeichnet oder „Aiakide“ (Abkömmling des Aiakos), die an seine Vorfahren erinnern.<br />

Achills Mutter tauchte ihn in den Unterweltfluss Styx, der unverwundbar macht. Seine Ferse<br />

aber, an welcher ihn Thetis dabei festhielt, wurde nicht eingetaucht und blieb daher<br />

verwundbar. Er wurde vom Kentauren Cheiron aufgezogen, der ihn in der Kriegskunst, in<br />

Musik und Medizin unterwies. Schon als Jüngling zog er ein kurzes, aber ruhmreiches Leben<br />

einem langen, aber glanzlosen Leben vor. Seine Mutter versteckte ihn am Königshof des<br />

Lykomedes, um ihn vor der Teilnahme am Trojanischen Krieg zu bewahren. Doch Odysseus<br />

entdeckte Achilleus, wonach dieser mit seinem Vetter Patroklos am Kriegszug der Griechen<br />

teilnahm. Im zehnten Kriegsjahr eskalierte ein Streit mit Agamemnon, sodass er der Schlacht<br />

fernblieb: Diese Begebenheit wird als „Zorn des Achill“ in der Ilias besungen. Der Tod des<br />

Patroklos trieb ihn dazu, wieder zu den Waffen zu greifen, um ihn an Hektor, dem größten<br />

Helden der Troer, zu rächen. Kurz nachdem Achilleus Hektor getötet hatte, fand er den Tod,<br />

als er an seinem verwundbaren Knöchel von einem Pfeil des Paris, den der Gott Apoll dorthin<br />

lenkte, getroffen wurde.<br />

Die Achill-Überlieferung besteht nicht aus einem einzelnen Text, sondern aus vielen<br />

verschiedenen Texten, die aus ganz unterschiedlichen Zeiten stammen. Diese verschiedenen<br />

Texte erzählen zum Teil unterschiedliche Begebenheiten, machen teils widersprüchliche<br />

Angaben und bewerten Achills Verhalten auch verschieden.<br />

Achill wurde in der griechischen Welt als gottgleicher Heros verehrt. Als schöner und mutiger<br />

Vertreter eines hochmütigen Ehrenkodex’ verkörpert er „die ideale Moral eines vollendeten<br />

homerischen Edlen.“<br />

87


Elemente des Achilleus-Stoffes<br />

Zeugung<br />

In der Hauptüberlieferung sind die Nereide Thetis und Peleus, König von Phthia, die Eltern<br />

des Achilleus. Über seinen Vater Peleus und damit seinen Großvater Aiakos ist er ein Urenkel<br />

des Zeus.<br />

Es gibt aber auch Quellen, welche Polymela, die Tochter des Aktor, zu seiner Mutter machen.<br />

In anderen Darstellungen ist Polymela die Schwester des Achilleus. Die Quellen, die Thetis<br />

als Mutter Achills benennen, unterscheiden sich zum Teil in der Vorgeschichte seiner<br />

Zeugung: Im Volksmärchen, das älter als der Epische Zyklus ist, unterliegt Thetis dem Peleus<br />

im Ringkampf. Es kommt nur zur einmaligen Verbindung zwischen ihnen, wonach sich<br />

Thetis ins Meer zurückzieht. In den Kyprien, ein Epos im Epischen Zyklus, wie auch in der<br />

späteren Ilias des Homer wird Thetis von Hera, der Gattin des Zeus aufgezogen. Ihr zu<br />

Gefallen weist, sie die Bewerbungen des Zeus zurück. In einer anderen Variante freien<br />

sowohl Zeus als auch Poseidon um Thetis. Die Orakelgöttin Themis weissagt ihnen aber, dass<br />

ihr Sohn mit ihr noch stärker sein wird als sie selbst. Deswegen vermählt Zeus sie mit Peleus.<br />

Aus dieser Verbindung geht Achilleus hervor.<br />

Unverwundbarkeit und Achillesferse<br />

Bad des neu geborenen Achilles, Haus des Theseus, Paphos (Zypern), 5.Jhdt.n.Chr.<br />

Einer der bedeutendsten Aspekte der Erzählungen um Achill, die sprichwörtlich gewordene<br />

Achillesferse, hängt mit dem Wunsch seiner Mutter Thetis zusammen, den Knaben von der<br />

Sterblichkeit seines Vaters zu reinigen und ihm Unverwundbarkeit zu verleihen. Ihre<br />

Versuche, dies herbeizuführen, sind in unterschiedlichen Fassungen überliefert:<br />

Einer Version zufolge setzte Thetis alle ihre Kinder in einen Kessel mit kochendem Wasser<br />

oder direkt in das Feuer, um sie unsterblich zu machen. [7] In einem anderen<br />

Überlieferungsstrang salbte sie ihre Kinder tagsüber mit dem göttlichen Nektar Ambrosia und<br />

setzte sie nachts ins Feuer, damit es den sterblichen Teil der Kinder verzehre. Peleus<br />

unterbrach sie, ehe sie Achill dasselbe Schicksal bereiten konnte, und rettet ihm damit das<br />

Leben. Ähnliche Legenden sind mit Demophon von Eleusis und mit Isis in der ägyptischen<br />

Mythologie verbunden. Das Feuer hat aber bereits den Knöchel Achills zerstört. Sein Vater<br />

heilt ihn, indem er die entsprechenden Knochen dem Skelett des Damysos, dem<br />

schnellfüßigsten Giganten, entnimmt.<br />

88


Das Motiv der Ferse als einzige verwundbare Stelle an Achills Körper begegnet zuerst im<br />

ersten Jahrhundert n. Chr. bei Statius. Ihm zufolge tauchte Thetis Achill in die Wasser des<br />

Styx, den Fluss der Unterwelt, wobei sie ihn an der Ferse festhielt. Auf diese Weise wurde er<br />

unverwundbar, außer an der Ferse, an der seine Mutter ihn hielt. Daher stammt der noch heute<br />

übliche Ausdruck „Achillesferse“, der eine „verwundbare Stelle“, einen „sensiblen Punkt“<br />

bezeichnet. Wenig später erwähnt Hyginus ausdrücklich den Knöchel, den Apollon mit<br />

seinem Pfeil durchbohrt, als einzige verwundbare Stelle. [13] Allerdings stellen bereits vier<br />

Vasen aus der Archaik und vom Beginn der Klassischen Epoche dar, wie Paris einen Pfeil in<br />

Richtung des Unterleibs des Achill abschießt oder zeigen sogar den toten Achill mit einem<br />

Pfeil in seinem Fuß. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Überlieferung der „Achillesferse“<br />

bereits in der griechischen Antike bekannt war. Schließlich sprechen alle Autoren – mit<br />

Ausnahme des Mythographus Vaticanus, der von der planta, der Fußsohle, spricht – vom<br />

Knöchel (lateinisch talus, altgriechisch σφυρόν (sphyrón), aber das Wort talus ändert seine<br />

Bedeutung über das französische talon (Ferse).<br />

Trotz der Variantenvielfalt erwähnt die Ilias bei der Geburt des Achilleus keine davon, und es<br />

existiert im Homer-Epos keinen Hinweis darauf, dass Achill körperlich unempfindlich wäre.<br />

In der Posthomerika des Quintus von Smyrna wird er vom äthiopischen Prinzen Memnon<br />

verwundet. Im Übrigen ist Achill nicht der einzige berühmte (fast) unverwundbare<br />

griechische Held: Die spätere Überlieferung spricht diesen Vorzug auch Ajax dem Großen zu.<br />

Erziehung bei Cheiron<br />

Peleus vertraut Achilles dem Cheiron an, Lekythos mit weißem Grund, etwa 500 v. Chr.,<br />

Archäologisches Nationalmuseum Athen<br />

Die Hauptüberlieferung will, dass Achill, anderen Heroen wie Jason und Aktaion ähnlich, von<br />

seinem Vater dem Kentauren Cheiron anvertraut wird, der auf dem Berg Pelion in Thessalien<br />

lebt. Bei ihm lernt er, die Waffen zu führen, die Kunst, ein Pferd zu besteigen und zu jagen,<br />

und die Musik. Die Literatur berichtet von seinen außergewöhnlichen Leistungen bei der<br />

Jagd, aber von keiner eigenständigen Heldentat des Jünglings.<br />

89


Die Ilias behandelt Cheiron weniger ausführlich. Bei Homer wird Achilleus von seiner Mutter<br />

erzogen, erst bei Kriegsausbruch sendet Peleus ihn zu Phoinix, wo er die Redekunst und den<br />

Umgang mit den Waffen erlernt. Das Vorhandensein der Cheiron-Episode hängt in den<br />

Erzählungen davon ab, wie die Beziehung zwischen Thetis und Peleus verlaufen ist: Die<br />

Kyprien und die Ilias berichten nicht vom Ringkampf zwischen Peleus und Thetis, und Thetis<br />

zieht sich nicht zu den Nereiden zurück. Demnach wird Achill bei seinen Eltern aufgezogen.<br />

Versteck in Skyros<br />

Achilles bei Lykomedes, Flachrelief eines attischen Sarkophags, etwa 240 n. Chr., Louvre<br />

Bevor Achilleus in den Krieg zieht, hält er sich in Skyros auf. Die Skyros-Episode ist in zwei<br />

Versionen überliefert: In der Ilias, den Kyprien und in der Kleinen Ilias erobert Achilleus<br />

Skyros noch vor der Fahrt nach Mysien (siehe unten). Dort zeugt er mit Deidameia, der<br />

Tochter des Königs Lykomedes von Skyros, einen Sohn, dem er den Namen Neoptolemos<br />

oder – unter Mitwirkung des Lykomedes – Pyrrhos gibt.<br />

In einer populäreren, aber viel späteren, wohl frühestens aus dem fünften Jahrhundert vor<br />

Christus stammenden Variante wird Achilleus von seiner Mutter als neunjähriger Knabe in<br />

Skyros versteckt: Thetis weiß, dass Achill am Trojanischen Krieg wird teilnehmen müssen.<br />

Thetis oder Peleus, die um sein Leben fürchten, verkleiden ihn als Mädchen und verstecken<br />

ihn unter den Töchtern des Lykomedes, um ihn dem Drängen der Krieger zu entziehen. Bei<br />

Lykomedes trägt Achill den Namen Pyrrha, „die Rothaarige“. Als Mädchen verkleidet<br />

verliebt sich Achill in den Frauengemächern in Deidameia und zeugt mit ihr heimlich einen<br />

Sohn, der nach Achills Tod ebenfalls in den Trojanischen Krieg zieht.<br />

Ein Orakel des Kalchas hat die Achäer belehrt, dass sie Achill brauchen, um Troja einzunehmen.<br />

Nachdem sie in Phthia von Peleus abgewiesen wurden, erfahren sie von Kalchas,<br />

dass Achilleus in Skyros versteckt ist. Diomedes, Odysseus und der Trompeter Agyrtes<br />

kommen schließlich in Skyros an, und identifizieren Achill, der mit ihnen zum Heer der<br />

Griechen zurückkehrt. Diese Handlung ist Gegenstand einer Tragödie des Euripides, Die<br />

Leute von Skyros. Ovid erzählt, wie Odysseus sich als Kaufmann verkleidet und den Töchtern<br />

des Lykomedes kostbare Gewänder und Waffen anbietet; Achilles verrät sich, als er als<br />

einziger Schild und Schwert ergreift.<br />

90


In der Bibliotheke des Apollodor ist es der Klang einer Trompete, die das Heldentum des<br />

Jünglings erweckt, womit er sich verrät. Statius kombiniert diese beiden Varianten. Bei<br />

Hyginus erscheint Achill etwas weniger naiv: Als er die Trompete hört, glaubt Achill, die<br />

Stadt würde angegriffen, und ergreift die Waffen zur Verteidigung. Nachdem Achill entlarvt<br />

ist, wird auch seine Beziehung zu Deidameia ruchbar und die beiden werden miteinander<br />

vermählt. Die Ilias kennt diese Episode nicht. Dort wird Achill zusammen mit Patroklos und<br />

den Myrmidonen direkt von Peleus entsandt, sobald sich die griechischen Anführer in Aulis<br />

sammeln.<br />

Telephos<br />

Die Kyprien berichten, wie die Flotte anschließend nach einem Sturm fälschlicherweise in<br />

Teuthranien in Mysien landet. Im Irrglauben, Troja erreicht zu haben, gehen die Achäer zum<br />

Angriff über und stoßen mit dem dortigen König, Telephos, dem Sohn des Herakles,<br />

zusammen. Achill trifft auf diesen und verwundet ihn. Die Expedition der Griechen fährt<br />

wieder zurück, aber ein Sturm trägt sie bis zur Insel Skyros, wo Achill die Deidameia heiratet,<br />

die Tochter des Königs Lykomedes. [35] Die Kypria erzählen, wie sich der noch immer<br />

verwundete Telephos nach Argos begibt, um von Achill im Austausch gegen Informationen<br />

über die Route nach Troja geheilt zu werden. Die Ilias erwähnt diese Ereignisse weder, noch<br />

widerspricht sie ihnen.<br />

Im fünften Jahrhundert v. Chr. ist die Geschichte von Telephos und Achill durch die Pindar-<br />

Rezeption bekannt, der in seinen Isthmischen Siegesgesängen darauf anspielt, und auch durch<br />

Aischylos, Sophokles und Euripides: Aischylos und Sophokles weihten ihm jeder eine (heute<br />

verlorene) Tragödie, die wahrscheinlich den Bericht von der Ankunft in Mysien bis zur<br />

Genesung in Argos umfasste. Das ebenfalls verschollene Telephos-Drama des Euripides ist<br />

durch die zahlreichen Andeutungen des Aristophanes bekannt: es konzentriert sich auf<br />

Telephos’ Ankunft und seine Genesung in Argos. Spätere Quellen präzisieren, dass Telephos<br />

flieht, als er Achill begegnet. Von Dionysos durch eine Weinranke zum Stolpern gebracht und<br />

halb auf den Boden gestürzt, wird er von Achills Lanze verwundet. Nur der Rost, oder die<br />

Eisenspäne ebendieser Lanze sind es – gemäß einem häufigen magischen Schema –, die ihn<br />

heilen kann.<br />

Die Fahrt nach Troja<br />

Ereignisse des Trojanischen Kriegs, die denen der Ilias vorangehen, sind zum Teil<br />

widersprüchlich überliefert. Insbesondere ist nicht klar, warum Achill am Trojanischen Krieg<br />

teilnehmen musste. Das griechische Heer rekrutierte sich aus den Freiern der von Paris<br />

geraubten Helena, die einander vor Helenas Wahl geschworen hatten, ihren Ehemann zu<br />

unterstützen, sollte Helena entführt werden. Achill kann aber nicht zu diesen Freiern gezählt<br />

haben: Auf der Hochzeit seiner Eltern Thetis und Peleus entstand der durch die nicht<br />

eingeladene Göttin der Zwietracht Eris ausgelöste Streit der drei Göttinnen Hera, Pallas<br />

Athene und Aphrodite, welche von ihnen die Schönste sei. Zur Entscheidung riefen sie Paris<br />

auf, der sich für Aphrodite entschied und anschließend Helena aus Sparta raubte, wo diese<br />

schon ungefähr zehn Jahre verheiratet war. Wenn Achilleus nach der Hochzeit seiner Eltern<br />

geboren worden wäre, wäre er bei dem Treffen der vielen Fürsten, die in Sparta um Helenas<br />

Hand warben, noch nicht geboren gewesen. Es bestand für ihn also auch keinerlei<br />

Verpflichtung aus dem von Odysseus formulierten und von allen Freiern ratifizierten<br />

Schutzbündnis, nach Troja zu ziehen.<br />

91


Als die griechische Armee aufbrechen will, hält die Göttin Artemis in ihrem Zorn auf<br />

Agamemnon, den Heerführer der Griechen, die Flotte in Aulis auf. Ein Orakel offenbart, dass<br />

Iphigenie, die Tochter Agamemnons, geopfert werden muss. Um sie nach Aulis zu locken,<br />

versprechen ihr die Heerführer die Heirat mit Achill. Nachdem Iphigenie geopfert ist, legt die<br />

Flotte ab und nimmt Kurs auf die Insel Tenedos, wo ein Festgelage abgehalten wird. Achill<br />

gerät in Wut, weil er erst später eingeladen wird. In der Überlieferung findet sich noch eine<br />

Gelegenheit, da Achill anlässlich eines Abendessens wütend wird: In der Odyssee bietet der<br />

Aöde Demodokos am Hof des Alkinoos an, vom Streit zwischen Achill und Odysseus zu<br />

singen: von diesem Streit war vom Orakel von Delphi vorhergesagt worden, dass er das<br />

Vorzeichen für den Fall Trojas sein werde. Eine Andeutung Plutarchs zu einem<br />

verlorengegangenen Stück von Sophokles berichtet ebenfalls, dass Odysseus sich während<br />

eines Banketts über den Zorn des Achill lustig gemacht habe: Odysseus wirft ihm vor, im<br />

Angesicht Trojas und Hektors Angst bekommen zu haben, und einen Vorwand gesucht zu<br />

haben, sich vor der Schlacht zu drücken. Es ist nicht leicht herauszufinden, ob es sich hier um<br />

ein und dieselbe Begebenheit handelt oder um zwei verschiedene Wutausbrüche Achills.<br />

Ein zweiter Vorfall ereignet sich in Tenedos: Die Insel wird von Tenes regiert, einem Sohn<br />

des Apollon. Dieser weist die Achäer ab. Achill tötet ihn, obwohl seine Mutter – aus Sorge,<br />

Achill würde selbst von der Hand des Apollon den Tod finden – ihn gewarnt hatte, Tenes zu<br />

töten. Plutarch seinerseits erzählt, dass Thetis einen Diener zu Achill entsandte, um ihn an<br />

ihre Warnung zu gemahnen; Achill hielt sich daran, bis er der Tochter des Tenes begegnet,<br />

die ihn mit ihrer Schönheit beeindruckte. Tenes tritt zwischen die beiden, um seine Tochter zu<br />

beschützen, woraufhin Achill die Warnung vergisst und ihn tötet.<br />

Erste Kriegsjahre<br />

Achill verbindet Patroklos, von Sosias rotfigurig bemalte etruskische Kylix ca. 500 v. Chr.,<br />

Staatliche Museen zu Berlin<br />

Bevor die griechische Flotte vor Troja anlegt, wird Achill von seiner Mutter davor gewarnt,<br />

als erster das Land zu betreten, weil er sonst auch als erster der Griechen sterben würde.<br />

Achill befolgt ihren Rat und so trifft Protesilaos dieses Schicksal. Achill trifft auf Kyknos,<br />

einen Sohn des Meeresgottes Poseidon und König von Kolonos. Dieser will verhindern, dass<br />

die Griechen landen können. Kyknos ist unverwundbar: Keine Waffe kann ihn verletzen.<br />

Achill schafft es schließlich doch, ihn zu töten, indem er ihn mit dem Kinnriemen seines<br />

Helms erwürgt beziehungsweise indem er ihn, einer anderen Version zufolge, mit einem<br />

Steinwurf tötet.<br />

Die Griechen schlagen ihr Lager am Strand vor Troja auf. Eine Gesandtschaft der Achäer, die<br />

Helena zurückfordert, wird abgewiesen. Achill verspürt Verlangen danach, sie zu sehen. Die<br />

92


Kypria berichten nur davon, dass ein Treffen von Aphrodite und Thetis arrangiert wird, ohne<br />

näher ins Detail zu gehen. Allerdings erzählt eine hellenistische Variante von einer<br />

Wahrsagung Kassandras, nach der Helena fünf Ehemänner haben würde — Theseus,<br />

Menelaos, Paris, Deiphobos und Achill. Es handelt sich dabei offensichtlich nicht um eine<br />

Anspielung auf die Herrschaft Achills nach seinem Tod im Elysium, denn die gleiche Quelle<br />

macht Medea zu seiner Gattin post mortem. Vielmehr lässt sich aus dem Wahrspruch der<br />

Kassandra der Schluss ziehen, dass die Begegnung Achills und Helenas mit der Vereinigung<br />

der beiden geendet hat.<br />

Einmal, als sich die Trojaner hinter ihre Stadtmauern zurückziehen, benutzt Achill die<br />

Gelegenheit, ihnen die Versorgung abzuschneiden. Vom Bug seiner Schiffe aus greift er elf<br />

kleinasiatische Bürger an, die Troja tributpflichtig sind. Dies geschieht in Lyrnessos, der<br />

Stadt, bei deren Eroberung Achill im zehnten Jahr der Belagerung die Briseis als Ehrenanteil<br />

an der Beute erhält, wohingegen Agamemnon die Chryseis zugesprochen wird.<br />

Achilles Zorn<br />

An dieser Stelle setzt der Bericht der Ilias ein. Eine Pest befällt das Lager der Griechen, und<br />

der von Achill ermutigte Kalchas offenbart, die Pest sei eine Strafe Apollons: Der Gott<br />

bestrafe Agamemnon dafür, dass dieser seinem Priester Chryses die Tochter Chryseis nicht<br />

zurückgegeben hat. Zum Nachgeben gezwungen, beansprucht Agamemnon ergrimmt einen<br />

anderen Teil der Beute für sich. Achill protestiert und Agamemnon beschließt, ihm die ihm<br />

zugesprochene Briseis wegzunehmen. Im Zorn beschließt Achill, sich in sein Zelt<br />

zurückzuziehen und schwört bei Zeus, unter Agamemnon nicht mehr in die Schlacht<br />

zurückzukehren. Achill fleht seine Mutter an, bei Zeus für die Trojaner um Gunst zu bitten,<br />

solange er selbst dem Schlachtfeld fern bleibt. Zeus stimmt dem zu. Diese Begebenheit wird<br />

im ersten Vers der Ilias wiedergegeben:<br />

„Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus,<br />

Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte,<br />

Und viel tapfere Seelen der Heldensöhne zum Aïs<br />

Sendete, aber sie selbst zum Raub darstellte den Hunden,<br />

Und dem Gevögel umher. So ward Zeus Wille vollendet“<br />

Ohne Achills Hilfe stecken die Griechen Niederlage um Niederlage ein. Als die Griechen so<br />

sehr bedrängt sind, dass die Trojaner drohen, ihre Schiffe in Brand zu setzen, kommen der<br />

alte Weise Nestor, sowie Phoinix und Odysseus zu Achill und treten als Gesandte für die<br />

Sache der Achäer ein. Achill bleibt stur, aber sein Freund Patroklos, der vom Unheil seiner<br />

Kameraden ergriffen ist, erwirkt die Erlaubnis von Achill, die Griechen zu unterstützen und<br />

dabei die Rüstung Achills zu tragen. Dies zeigt Erfolg, aber Patroklos schlägt die Trojaner<br />

nicht nur zurück, sondern macht sich auch an ihre Verfolgung, obwohl er Achill Gegenteiliges<br />

versprochen hatte. Dabei wird er von Hektor getötet, der Achills Rüstung als Beute nimmt.<br />

Wütend und gedemütigt – von Patroklos getäuscht, der nun tot ist und von Hektor symbolisch<br />

überwunden – entscheidet Achill, sich zu rächen. Dabei missachtet er die Warnungen seiner<br />

Mutter: Würde er Hektor angreifen, so stürbe er wenige Zeit später. Hephaistos schmiedet<br />

ihm neue Waffen, in denen er den Kampf mit Hektor sucht.<br />

93


Achill schleift Hektors Leiche an seinem Streitwagen, in Oria gefundener Kamm, zweite<br />

Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr., Archäologisches Nationalmuseum Tarent<br />

Nachdem er seine göttliche Rüstung erhalten hat, zieht er aufs Neue in die Schlacht und<br />

metzelt in seinem Zorn im Alleingang eine so große Zahl von Trojanern nieder, dass die<br />

Wasser des Skamander von Leichen übersät sind und das Wasser eine blutrote Farbe<br />

angenommen hat. Weil der Flussgott beleidigt ist, will er Achill ertränken, Achill wird aber<br />

durch das Eingreifen des Hephaistos gerettet. Achill trifft schließlich auf Hektor, fordert ihn<br />

heraus und tötet ihn mit Athenes Hilfe. Er schleift den Leichnam mit seinem Streitwagen<br />

dreimal um die Stadt, bevor er ihn in das Lager der Achäer bringt. In sein Zelt zurückgekehrt,<br />

weint der Held um seinen toten Freund Patroklos. Als er dessen Leichnam verbrennt,<br />

schneidet er sein Haar zum Zeichen der Trauer und opfert vier Pferde, neun Hunde und zwölf<br />

trojanische Jünglinge, deren Körper auf den Scheiterhaufen geworfen werden. Am nächsten<br />

Tag schleift er aufs Neue Hektors Körper hinter seinem Streitwagen her, diesmal um das<br />

Grabmal des Patroklos herum.<br />

Dennoch zeigt Achill Menschlichkeit, als er den König Priamos, den Vater Hektors, in sein<br />

Zelt kommen lässt, der ihn um den Körper seines Sohns anfleht, um ihm ein würdevolles<br />

Begräbnis zu bereiten. Er hört dabei auf seine Mutter: Thetis wurde von den Göttern<br />

geschickt, die mit der Misshandlung der Leiche nicht einverstanden sind.<br />

Tötung des Memnon und der Penthesilea<br />

Der Kampf zwischen Achill und Penthesilea, gläserne Trinkschale aus Basilikata, Ende des<br />

fünften Jahrhunderts n. Chr., Archäologisches Nationalmuseum Madrid<br />

94


Thesauros von Sifnos in Delphi um 525 v. Chr. Kolorierte Kopie:<br />

Georg-August-Universität Göttingen<br />

Die Aithiopis, eines der Epen des Trojanischen Zyklus, nimmt den Bericht des Trojanischen<br />

Kriegs an der Stelle auf, an der die Ilias endet. Sie erzählt, wie in Priamos’ Stadt nach dem<br />

Tode Hektors neue Helden ankommen. Das ist zunächst die Amazone Penthesilea, Tochter<br />

des Kriegsgottes Ares. Achill duelliert sich mit ihr, tötet sie und verliebt sich in die Sterbende<br />

oder Tote, was den Spott des Thersites erregt. Achill ist über Thersites’ Spott entrüstet, tötet<br />

ihn und muss sich anschließend auf der Insel Lesbos von dieser Mordtat durch Odysseus<br />

entsühnen lassen.<br />

Wenig später trifft Memnon ein, der Sohn der Morgenröte Eos und des Tithon und Prinz von<br />

Äthiopien. Auch er begegnet Achill im Zweikampf und wird von ihm getötet.<br />

Tod<br />

Die Tage Achills sind von nun an gezählt. Xanthos, ein unsterbliches Pferd Achills, hat es<br />

dem Helden vorhergesagt, wobei es seinen Tod als „mächtige[n] Gott“ bezeichnet hat.<br />

Ebenso hat Thetis ihn mehrmals gewarnt, dass er jung sterben würde: „an der Mauer der Erz-<br />

Umpanzerten Troer / Sei [er] zu sterben bestimmt durch Apollons schnelle Geschosse.“<br />

Schließlich hat auch der sterbende Hektor den Tod seines Gegners durch Paris und Apollon<br />

nahe beim Skäischen Tor geweissagt.<br />

Thetis und die Nereiden beweinen den Tod des Achilles, schwarzfigurige korinthische Hydria<br />

560–550 v. Chr., Louvre<br />

95


Es existieren mehrere Versionen von Achills Tod. Die Aithiopis beschreibt, dass er von der<br />

Hand des Paris und des Apollons stirbt, als er die Trojaner bis in ihre Stadtmauern verfolgt.<br />

Pindar lässt hören, dass der Gott die Gestalt des Priamos-Sohnes annahm und Achill tötete,<br />

um die Eroberung der Stadt Troja hinauszuschieben, wie er es schon in der Ilias mit Patroklos<br />

getan hat, um dessen Sturmangriff aufzuhalten. Die Aeneis ist die erste Quelle, die explizit<br />

davon spricht, dass Paris den tödlichen, von Apollon gelenkten Pfeil abgeschossen habe.<br />

Eine andere Überlieferung bringt Achills Tod mit seiner Liebe zu Polyxena, einer Tochter des<br />

Priamos, in Verbindung: Der Heros wird getötet, als er im Tempel des thymbrischen Apollon<br />

bei Priamos um die Hand seiner Tochter anhält. In einer anderen Version verliebt sich Achill<br />

in Polyxena, als sie ihren Vater zu Achill begleitet, um Hektors Leiche zu fordern. Priamos<br />

verspricht ihm dabei ihre Hand unter der Bedingung, dass er den Krieg beendet – dabei<br />

handelt es sich in Wirklichkeit um einen Hinterhalt: Paris erwartet ihn, hinter einer Säule des<br />

Tempels versteckt, mit dem Bogen in der Hand.<br />

Es existiert eine weitere Variante, die auf Gustav Schwab zurück geht. Es sei hier die<br />

Bearbeitung durch Heinrich Alexander Stoll zitiert: „Als Apollo vom Olymp herab die<br />

unermessliche Menge Erschlagener sah, erneuerte sich sein unerbittlicher Zorn gegen<br />

Achilles. Wie ein reißendes Tier stieg er vom Göttersitz hernieder, den Köcher mit den<br />

tödlichen Pfeilen auf dem Rücken. So trat er dem Achilles entgegen und ließ seine furchtbare<br />

Stimme erschallen: ‚Laß von den Trojanern ab und wüte nicht wie ein Rasender! Hüte Dich,<br />

daß dich nicht einer der Unsterblichen verderbe!‘“<br />

Achilles erkannte die Stimme des Gottes, aber er ließ sich nicht einschüchtern, sondern rief:<br />

„Willst Du mich reizen, mit Göttern zu kämpfen, da du immerfort die Frevler, die Trojaner,<br />

begünstigst? Schon einmal hast du mich in Zorn gebracht, als du mir zum ersten Mal Hektor<br />

entrissest. Nun rate ich dir: Entweiche zu den übrigen Göttern, daß dich mein Speer nicht<br />

treffe, obwohl du unsterblich bist!“<br />

Mit diesen Worten wandte er sich von Apollo ab und den Feinden wieder zu. Zürnend<br />

verhüllte dieser sich in ein schwarzes Gewölk, legte einen Pfeil auf seinen Bogen und schoss<br />

aus dem Nebel dem Helden in die verwundbare Ferse. Ein stechender Schmerz durchfuhr<br />

Achilles bis ins Herz hinan, und wie ein unterhöhlter Turm stürzte er plötzlich zu Boden.<br />

Liegend spähte er um sich und schrie: „Wer hat mir den tückischen Pfeil zugeschickt? Oh,<br />

daß er mir im offenen Kampfe entgegen träte! Wie wollte ich ihm sein Gedärm aus dem Leibe<br />

reißen und all sein Blut vergießen, bis seine verfluchte Seele in den Hades führe! Aus dem<br />

Verborgenen stellen nur Feiglinge dem Tapferen nach! Wisse er dies, auch wenn er ein Gott<br />

wäre. Ich ahne ja, daß es Apollo war.“<br />

So sprach er und zog den Pfeil aus der Wunde. Zornig schleuderte er ihn weg, als er das<br />

dunkle Blut nachquellen sah. Apollo aber hob den Pfeil auf und kehrte zum Olymp zurück,<br />

wo er sich wieder unter die anderen Götter mischte. Die einen von ihnen zürnten ihm, die<br />

anderen dankten ihm im Herzen.<br />

Sein Begräbnis wird im vierzehnten Gesang der Odyssee vom Geist Agamemnons erzählt,<br />

und auch im dritten Buch der Posthomerika des Quintus von Smyrna. Seine Asche wurde mit<br />

der des Patroklos und des Antilochos in einer goldenen Urne vermengt. Achilleus wurde unter<br />

Klagen und Weinen in den Fluten des Hellespont bestattet und konnte den Sieg der Griechen<br />

nicht mehr erleben.<br />

96


Nach seinem Tod<br />

Ajax trägt den Körper des Achilleus, schwarzfiguriger attischer Lekythos ca. 510 v. Chr.,<br />

Staatliche Antikensammlungen zu München<br />

Homer stellt Achill in der Odyssee als enttäuschten König über den Asphodeliengrund im<br />

Hades dar. Dem Odysseus, der ihn zu seiner Herrschaft über die Toten beglückwünscht,<br />

antwortet er:<br />

„Preise mir jetzt nicht tröstend den Tod, ruhmvoller Odysseus.<br />

Lieber möcht’ ich fürwahr dem unbegüterten Meier,<br />

Der nur kümmerlich lebt, als Tagelöhner das Feld baut,<br />

Als die ganze Schar vermoderter Toten beherrschen.“<br />

In der Aithiopis stellt Thetis ihn dar, als lebte er das ideale Leben eines Kriegers auf der Insel<br />

Leuke, in zahllosen Schlachten und ewigen Festen. Er ist mit Medea, Helena, Iphigenie oder<br />

auch mit Polyxena verheiratet. Pindar spricht in den Nemeischen Siegesgesängen [100] von<br />

einer glänzenden Insel, die im Pontos Euxeinos liegt. Euripides übernimmt diese Version in<br />

seiner Andromache.<br />

Interpretation<br />

Trotz seiner Herkunft von Peleus und Thetis ist Achilleus sterblich. Allerdings bezeichnet<br />

Homer den Zorn des Heroen als Ausfluss des Göttlichen. Dieser habe nichts mit der Wut und<br />

dem Groll gewöhnlicher Menschen gemein, sondern ist ein heiliger Zorn, eine göttliche<br />

Passion. Auch die anderen Helden der Ilias sind von der Mania besessen, von kriegerischem<br />

Wahn, der sie blendet – mit Ausnahme von Odysseus.<br />

Als Agamemnon dem Peliden die Briseis entreißt, ist er zutiefst gekränkt. Er fühlt sich, als<br />

hätte er seine Heldenehre verloren, dank derer Zeus ihn zu seinen Lieblingen zählt.<br />

97


Infolgedessen beeindrucken ihn die Sühnegeschenke wenig, die ihm Agamemnon anbietet.<br />

Schlimmer noch, sie vergrößern nur seinen Zorn, und Agamemnon glaubt, Achills heilige<br />

Raserei mit einfachen Geschenken ruhig stellen zu können. Obwohl sie sehr kostbar sind, sind<br />

sie bloß menschlicher Natur und daher wertlos im Angesicht dessen, was Achills Göttlichkeit<br />

ausmacht.<br />

Achill ist eine zwiespältige Persönlichkeit, denn es steht ihm frei, die Riten der Helden und<br />

die Sitten der Menschen zu respektieren. Dies zwingt ihn dazu, keiner Gruppe anzugehören,<br />

was ihm einen abseitigen Platz im Werk Homers verschafft.<br />

Diese Zwiespältigkeit Achills scheint besonders stark zur Identifikation einzuladen. [103][104] Er<br />

ist im Grunde seines Herzens friedliebend und hasst den Krieg, aber wenn er kämpft, dann<br />

unaufhaltsam und brutal; er erscheint manchen Autoren heterosexuell (Deidameia, Briseis,<br />

Polyxena), anderen eher homosexuell (Patroklos); [105] er schwankt zwischen Unterordnung<br />

unter ein gemeinsames Ziel und völliger Eigenwilligkeit; er ist jung, schön und schnell – und<br />

dennoch verletzlich; er ist ein gefürchteter Kämpfer – und flieht in der Not in die Arme seiner<br />

Mutter. Bereits bei Homer sind alle diese Widersprüche in seiner Person vereinigt, und doch<br />

vermittelt er nie den Eindruck eines poetischen Konstrukts. In dieser Fülle der Eigenschaften,<br />

der Widersprüche liegt seine besondere Lebenskraft: Weil sein Stolz gekränkt ist, tritt er in<br />

Kriegsstreik. Aus einem privaten Motiv kehrt er auf den Kriegsschauplatz zurück: er will<br />

seinen Freund rächen. Die eigentlichen Kriegsziele, Troja und Helena, sind ihm anscheinend<br />

völlig gleichgültig. Alle anderen Kriegsteilnehmer stehen im Dienst der Kriegsziele, der<br />

Kämpfer Achilleus aber verwirklicht sich selbst. Für Hegel verkörpert Achilleus das Ideal des<br />

epischen Helden: „Bei Achill kann man sagen: Das ist ein Mensch! – Die Vielseitigkeit der<br />

edlen menschlichen Natur entwickelt ihren ganzen Reichtum an diesem einen Individuum.“<br />

Kultus<br />

Johann Heinrich Füssli, Thetis beweint den Tod des Achill, 1780, Art Institute of Chicago<br />

Achill ist in vielen mediterranen Regionen Gegenstand eines Heroenkults geworden. Es ist<br />

unklar, wie der Kultus seinen Aufschwung genommen hat, denn in der Regel konzentrieren<br />

sich die Heroenkulte auf das Grab des Helden.<br />

98


Im Fall Achills würde man erwarten, seine Überreste unweit von Troja im Hellespont zu<br />

finden: In der Ilias (XXIII) wird Patroklos dort beerdigt, und dessen Geist bittet Achill darum,<br />

dass beider sterblichen Hüllen am gleichen Ort begraben werden sollen.<br />

Die Odyssee beschreibt genauer, dass ein großer Tumulus, ein vom Meer aus sichtbarer<br />

Grabhügel von den Achäern errichtet worden ist. Die Verehrung des Heros im fünften<br />

Jahrhundert vor Christus ist belegt und eine nach ihm benannte Stadt, Achilleion, ist an dieser<br />

Stelle gegründet worden. Die Thessalier führten eine jährliche Pilgerfahrt durch, und einige<br />

Quellen erwähnen, dass auch die persische Armee während der Perserkriege dorthin kam und<br />

Achill ebenso verehrte [111] wie nach ihnen Alexander der Große. und auch Caracalla<br />

Der Achillkult beschränkt sich aber nicht nur auf seine Grabstätte: Er wird ebenso im<br />

kleinasiatischen Eritrea, in Kroton, in Sparta und in Elis verehrt, und selbst auf Astypalea,<br />

einer kykladischen Insel. Der Kult, von dem wir die reichste Fundsituation haben, ist der Kult<br />

aus der Region Olbia am Schwarzen Meer, der vom sechsten Jahrhundert vor Christus bis zur<br />

Zeit des Römischen Reichs belegt ist. Eine Reihe von Grabstelen aus dem zweiten und dritten<br />

Jahrhundert nach Christus beweisen, dass Achill dort unter dem Beinamen „Pontarch“<br />

(altgriechisch für Herrscher der Pontos) verehrt wurde. Er ist auch in römischer Zeit eine der<br />

Hauptgottheiten dieser Region.<br />

Ein Fragment des Alkaios von Lesbos, das die Wortverbindung dieser Grabinschriften wieder<br />

aufnimmt, spricht davon, dass Achill über die Skythen herrscht. Im gleichen Gebiet wird die<br />

Halbinsel Tendra als „Rennbahn des Achilleus“ bezeichnet. Der Name leitet sich möglicherweise<br />

von den athletischen Spielen ab, die dort zu Ehren des Heros veranstaltet wurden, und<br />

für die es Zeugnisse aus dem ersten Jahrhundert gibt. Schließlich ist Leuke (heute die<br />

Schlangeninsel, wörtlich: „Die Weiße“) im Nordwesten des Schwarzen Meers die Kultstätte<br />

des Achill, die in der Antike am bekanntesten war. Sie beherbergt einen Tempel und eine<br />

Statue. Dem Heros wird zugeschrieben, an der Kultstätte zu wohnen: Er erscheint den<br />

Seefahrern, die sich der Insel nähern, als Vision.<br />

Die Achill-Verehrung ist oftmals mit dem Meer verbunden, eine Verbindung, die sich nicht<br />

aus den Elementen seines Mythos erklären lässt, sondern nur aus der Tatsache, dass er der<br />

Sohn einer Nereide, einer Meergottheit, ist. Er wird auch gemeinsam mit Thetis im<br />

kleinasiatischen Eritrea verehrt. Achilleus ist besonders bei Seefahrern beliebt, die ihm die<br />

meisten der Opfergaben geweiht haben, die man im Schwarzen Meer gefunden hat.<br />

Achill als Vorbild<br />

Unabhängig von seiner Verehrung als Gottheit drängt sich Achill den Griechen als<br />

exemplarische Heldenpersönlichkeit auf. Auch Alexander der Große vergleicht sich mit ihm –<br />

er bedauerte angeblich, keinen Homer gefunden zu haben, der seine eigenen Taten besingen<br />

könnte. In Begleitung seines Freundes Hephaestion opferte der Eroberer ihm auf dem<br />

Grabhügel von Achill und Patroklos.<br />

99


Rezeption<br />

Antike<br />

Literatur und Philosophie<br />

In der Antike [123] dominiert die Überlieferung, dass Achill nach seinem Tod fortlebt. Davon<br />

setzt sich die Ilias ab, und kompensiert dies durch sein Weiterleben in der unvergänglichen<br />

Rühmung durch die Dichter. Homer legt den kühnen Achill als Gegenbild zum listigen und<br />

manchmal lügnerischen Odysseus an. Das zentrale Merkmal Achills in der Ilias ist sein Zorn.<br />

Dabei bezeichnet Homer seinen Zorn als Ausfluss des Göttlichen. Er habe nichts mit der Wut<br />

und dem Groll gewöhnlicher Menschen gemein, sondern ist ein heiliger Zorn, eine göttliche<br />

Passion. Auch die anderen Helden der Ilias sind von der Mania besessen, von kriegerischem<br />

Wahn, der sie blendet – mit Ausnahme von Odysseus. Achills Ehrgefühl motiviert dort<br />

sowohl seinen Rückzug aus der Schlacht, als auch seinen Wiedereintritt: Als Agamemnon<br />

ihm die Briseis entreißt, ist er zutiefst gekränkt. Er fühlt sich, als hätte er seine Heldenehre<br />

verloren, dank derer Zeus ihn zu seinen Lieblingen zählt. Infolgedessen beeindrucken ihn die<br />

Sühnegeschenke wenig, die ihm Agamemnon anbietet. Schlimmer noch, es heizt seinen Zorn<br />

nur weiter an, dass Agamemnon glaubt, seine heilige Raserei mit einfachen Geschenken ruhig<br />

stellen zu können. Denn obzwar sie sehr kostbar sind, sind sie doch bloß menschlich und<br />

daher wertlos im Angesicht dessen, was Achills Göttlichkeit ausmacht. Um die Ehre des<br />

Patroklos wiederherzustellen, rächt er ihn an Hektor. Neben diesem dominierenden<br />

Charakterzug steht in der Ilias allerdings auch sein Mitleid mit Priamos bei der Herausgabe<br />

von Hektors Leiche.<br />

Anders als Homer sprechen die griechischen Lyriker von Achills Leben nach dem Tod:<br />

Alkaios bezeichnet ihn als Herrscher über die Skythen, Ibykos und Simonides siedeln ihn mit<br />

Medea als Gattin im Elysium an, bei Stesichoros lebt er nach seinem Tod auf der Insel der<br />

Seligen weiter.<br />

In den Oden des Pindar wird Achill als Beispiel größter Leistung besungen, und dafür, wie<br />

zwar der Tod das menschliche Glück beschränkt, aber durch Unsterblichkeit in der Dichtung<br />

kompensiert werden kann [125]<br />

Achill taucht in verschiedenen Dramen als handelnde Figur auf: das einzige dieser Dramen,<br />

das noch erhalten ist, ist Euripides’ Iphigenie in Aulis. In den verlorenen Euripides-Dramen<br />

Telephos und Die Leute von Skyros tritt Achill auf, und in Hekabe fordert sein Geist die<br />

Opferung der Polyxena. In Aischylos’ Werk taucht Achill in der verlorenen Tragödie Seelenschwäche<br />

auf, in der sein Kampf mit Memnon beschrieben wird, sowie in einer Tragödie, die<br />

den Streit um seine Waffen zum Thema hat, und in einer Achilleis-Trilogie, in der die<br />

Beziehung zu Patroklos als homoerotische Beziehung beschrieben wird.<br />

Sokrates befasst sich damit, Achills moralische Geradlinigkeit in Frage zu stellen. Mithilfe<br />

eines Vergleichs zwischen Odysseus und Achill zeigt Sokrates, dass Achill nicht weniger als<br />

Odysseus ein Betrüger, sondern nur ein Betrüger mit geringerer Begabung gewesen sei: Nur<br />

mangels ausreichender intellektueller Größe sei Achill nicht dazu in der Lage gewesen,<br />

andere hinters Licht zu führen. Platon gibt der Figur des Achills eine ethische Bedeutung,<br />

indem er sein Weiterleben nach dem Tod auf der Insel der Seligen als Belohnung für seinen<br />

Liebestod deutet. Auch Aristoteles [] stellt Achill als ethisches Vorbild dar.<br />

100


Ein Bewegungsparadoxon des Zenon von Elea kontrastiert die sprichwörtliche Schnelligkeit<br />

des Achill damit, dass er eine Schildkröte nicht einholen kann.<br />

In der römischen Antike wird Achill vor allem auf seine Grausamkeit und Mordlust reduziert:<br />

Die fragmentarisch überlieferten Dramen Achilles, Hectoris Lytra des Ennius und<br />

Myrmidones, Achilles und Epinausimachia des Accius stellen vermutlich den Trotz Achills<br />

ins Zentrum, der ihn innerhalb des griechischen Heeres isoliert. In Vergils Aeneis dient Achill<br />

vor allem dazu, den Kontrast für die vorbildliche Tugend des Aeneas abzugeben. Bei<br />

Horaz, [128] in den Metamorphosen des Ovid [129] und bei Seneca [130] erscheint Achill grausam<br />

und blutrünstig. Cicero kritisiert die Leidenschaftlichkeit Achills aus stoischer Perspektive als<br />

krankhaft. Statius bringt in seiner unvollendeten Achilleis Achills kriegerische und sexuelle<br />

Gewalt in eine Analogie. Dies drückt sich auch im Penthesilea-Motiv aus: Achill, der<br />

Penthesilea kriegerisch überwunden hat, wird von ihr überwunden, indem er sich in sie<br />

verliebt. Catull betont die Verbindung von Achills frühem Tod und seinem Ruhm.<br />

Tiepolo, Achills Zorn, 1757, Fresko der Villa Valmarana (Vicenza). Athene hält Achill davon<br />

ab, Agamemnon zu töten<br />

Spätantike und Mittelalter<br />

Literatur<br />

Im Mittelalter tritt die Homer-Rezeption in den Hintergrund. [132] Stattdessen werden im<br />

lateinischen Westen die fiktiven Trojaberichte des Dyctis Cretensis (Ephemeris Belli Troiani)<br />

und des Dares Phrygius (Acta diurna belli Troiani) rezipiert, die sich als Augenzeugen-<br />

Berichte ausgeben. Dyctis Cretensis rückt dabei die schon bei Hyginus erwähnte Liebe<br />

Achills zu Polyxena ins Zentrum seines Schicksals: Achill wird von den Trojanern<br />

unbewaffnet in den Apollon-Tempel gelockt, um vorgeblich mit Polyxena vermählt zu<br />

werden, und dabei hinterrücks ermordet.<br />

101


Dyctis Cretensis schildert Achill als unachtsam. Um 500 n. Chr. deutet Fulgentius die<br />

verwundbare Ferse – als Sitz der Venen, welche die Verbindung zum Sitz der Leidenschaften<br />

herstellen – als Allegorie auf die Verwundbarkeit des vorbildlichen Helden durch seine<br />

Leidenschaft. Der Text des Dyctis Cretensis und die Deutung Fulgentius’ werden die<br />

Grundlage dafür, wie Achilleus in den höfischen Troja-Romanen des 12. und 13 Jahrhunderts<br />

erscheint: Achill wird dort einerseits als Vorbild für höfische Ritterlichkeit, andererseits als<br />

Beispiel Verderbens-Bringender Minne geschildert.<br />

Viele Trojaromane des Mittelalters sind den Trojanern mehr gewogen als den Achäern. Das<br />

führt dazu, dass Achill im Zweikampf mit Hektor als hinterhältig beschrieben wird: Nur mit<br />

Heimtücke überwindet er Hektor, sein Tod wird als die gerechte Strafe dafür angesehen,<br />

zuerst um 1165 im Roman de Troie des Benoît de Saint-Maure und in der Bearbeitung von<br />

Guido delle Colonne Historia destructionis Troiae im späten 13. Jahrhundert. Herbort von<br />

Fritzlar schrieb um 1195 ein Liet von Troye, in dem Achill gleichberechtigt neben Hektor<br />

steht, ebenso wie im Trojanerkrieg von Konrad von Würzburg. In französischer Sprache<br />

entstehen im 14 Jahrhundert zwei Texte, zwischen 1316 und 1328 der anonyme Ovide<br />

moralisé und 1400 die Epistre Othea von Christine de Pizan, die beide die Kritik an Achill<br />

enthalten, indem sie Hektor als vorbildlich beschreiben, wohingegen Achill das Opfer seiner<br />

Liebe wird. Dieser Wertung folgt auch das Troy Book von John Lydgate, das wie zwei andere<br />

mittelenglische Bearbeitungen des Textes von Guido delle Colonne zu Beginn des 15.<br />

Jahrhunderts entsteht.<br />

102


Istanbul<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Istanbul<br />

Basisdaten<br />

Provinz (il): Đstanbul<br />

Koordinaten:<br />

41° 1′ N, 28° 58′<br />

Höhe: 40 m<br />

Fläche: 1.830,92 km²<br />

O41.0128.96027777777840Koordinaten:<br />

41° 0′ 36″ N, 28° 57′ 37″ O (Karte)<br />

Einwohner: 13.120.596 [1] (2010)<br />

Bevölkerungsdichte: 7.166 Einwohner je km²<br />

Telefonvorwahl:<br />

(+90) 212 (europäischer Teil)<br />

(+90) 216 (asiatischer Teil)<br />

Postleitzahl: 34 xxx<br />

Kfz-Kennzeichen: 34<br />

Struktur und Verwaltung (Stand: 2009)<br />

Gliederung: 39 Stadtteile<br />

Bürgermeister: Kadir Topbaş (AKP)<br />

Webpräsenz: www.ibb.gov.tr<br />

103


Istanbul wird durch den Bosporus in einen europäischen und einen asiatischen Teil getrennt;<br />

Aufnahme vom Galataturm aus<br />

Die historische Halbinsel und UNESCO-Weltkulturerbe (Luftbild)<br />

Luftaufnahme des Goldenen Horns – Halic Istanbul [2]<br />

104


Istanbul [ˈˀi.stan.buːl] (türkisch Đstanbul [isˈtɑnbul]) ist die bevölkerungsreichste Stadt der<br />

Türkei und deren Zentrum für Kultur, Handel, Finanzen und Medien. Das Stadtgebiet<br />

erstreckt sich am Nordufer des Marmarameeres auf beiden Seiten des Bosporus, der<br />

Meerenge zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Durch diese Lage sowohl im<br />

europäischen Thrakien als auch im asiatischen Anatolien ist Istanbul die einzige Metropole<br />

der Welt, die sich auf zwei Kontinenten befindet.<br />

Das städtische Siedlungsgebiet beherbergt rund 13,1 Millionen Einwohner und nimmt damit<br />

den vierten Platz unter den bevölkerungsreichsten Städten der Welt ein. Mit zwei zentralen<br />

Kopfbahnhöfen, zahlreichen Fernbusbahnhöfen, zwei großen Flughäfen und einem<br />

ausgeprägten Schiffsverkehr bildet Istanbul den größten Verkehrsknotenpunkt des Landes.<br />

Seine Transitlage zwischen zwei Kontinenten und zwei Meeresgebieten macht es zu einer<br />

wichtigen Station der internationalen Logistik.<br />

Die unter den Namen Kalchedon und Byzantion erbaute Metropole kann seit der Gründung<br />

ihrer ursprünglichen Stadtteile auf eine 2600-jährige Geschichte zurückblicken, in der sie drei<br />

großen Weltreichen als Hauptstadt diente. Die Architektur ist von antiken, mittelalterlichen,<br />

neuzeitlichen und zuletzt modernen Baustilen geprägt, sie vereint Elemente der Griechen,<br />

Römer, Byzantiner, Osmanen und Türken miteinander zu einem Stadtbild. Aufgrund dieser<br />

Einzigartigkeit wurde die historische Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.<br />

Lange Zeit war Istanbul ein bedeutendes Zentrum des orthodoxen Christentums und des<br />

sunnitischen Islams, es ist der Sitz des ökumenischen Patriarchen und hat zahlreiche<br />

Moscheen, Kirchen und Synagogen.<br />

2010 war Istanbul Kulturhauptstadt Europas.<br />

Geographie<br />

Istanbul liegt im Westen der Türkei und umschließt den Bosporus. Das Goldene Horn, eine<br />

nach Westen verlaufende Bosporusbucht, trennt den europäischen Teil in einen südlichen und<br />

nördlichen Bereich. Der südliche Teil ist eine zwischen Marmarameer und Goldenem Horn<br />

liegende Halbinsel mit dem historischen Kern der Stadt. Nördlich davon liegen die an das<br />

historische Galata anschließenden Stadtteile. Sowohl nach Westen als auch nach Norden und<br />

Osten wächst die Metropole weit über die historischen Stadtteile hinaus. Im Südosten liegen<br />

die zu Istanbul gehörenden Prinzeninseln.<br />

Das Stadtgebiet besitzt eine Ausdehnung von etwa 50 Kilometern in Nord-Süd-Richtung und<br />

rund 100 Kilometern in Ost-West-Richtung. Das Verwaltungsgebiet der Metropolregion ist<br />

mit der Provinz Istanbul identisch und hat eine Fläche von 5.343,02 Quadratkilometern.<br />

Davon gehören aber nur 1.830,92 (34,2 Prozent) zur eigentlichen Stadt, der Rest mit 3.512,1<br />

Quadratkilometern (65,8 Prozent) besteht aus Vorstädten und Gebieten mit ländlicher<br />

Siedlungsstruktur.<br />

105


Geologie<br />

Istanbul liegt nördlich der Nordanatolischen Verwerfung, die sich vom nördlichen Anatolien<br />

bis zum Marmarameer erstreckt. Die Anatolische Platte schiebt sich hier westwärts an der<br />

nördlichen Eurasischen Platte vorbei. Entlang der dadurch entstandenen Transformstörung<br />

ereigneten sich allein zwischen 1711 und 1894 66 größere Beben.<br />

Bekannt ist das Beben von 447, bei dem 57 Türme der Landmauer einstürzten, und jenes von<br />

559, bei dem Teile der Kuppel der Hagia Sophia wenige Jahre nach der Fertigstellung in die<br />

Kirche stürzten. Eines der schwersten Beben, verbunden mit einer gigantischen Flutwelle, die<br />

über die Seemauern der Stadt einbrach, ereignete sich 1509. Dabei wurden schätzungsweise<br />

5.000 bis 13.000 Menschen getötet sowie 109 Moscheen und 1.070 Häuser zerstört. [4] Zudem<br />

wurde die osmanische Flotte vernichtet. Das nächste starke Beben folgte 1557. 1690 und 1719<br />

richteten Beben beträchtliche Schäden an den Land- und Seemauern an. Gedenkinschriften,<br />

die an den Stadttoren nach der Wiederherstellung durch Sultan Ahmed III. angebracht<br />

wurden, künden davon. Am 22. Mai 1766 wurde das Bethaus der Fatih-Moschee weitgehend<br />

zerstört. [5] 1894 stürzten bei einem Beben weite Teile des Gedeckten Basars ein, dessen<br />

breiteste Straße erst nach dieser Katastrophe entstanden ist. Diesem Beben fielen auch die<br />

meisten Mosaiken der Hagia Sophia zum Opfer.<br />

Geologen prognostizieren ein weiteres Beben ab Stärke 7,0 bis 2025. Die verheerenden Beben<br />

vom August 1999 bei Kocaeli mit mehr als 17.000 Toten und im Winter 2002 in der Provinz<br />

Afyon sollen Vorboten gewesen sein.<br />

Stadtgliederung<br />

Stadtteile von Istanbul<br />

106


Karaköy Viertel und Galata Turm im Hintergrund<br />

Das Verwaltungsgebiet der Großstadtkommune (Büyükşehir Belediyesi) Istanbul gliedert sich<br />

in 39 Stadtteile. Davon entfallen 25 auf den europäischen Teil und 14 auf den asiatischen.<br />

Das alte, im Süden der europäischen Seite gelegene Stadtzentrum des einstigen<br />

Konstantinopel mit den Stadtteilen Eminönü und Fatih wird durch das Goldene Horn von den<br />

nördlicher gelegenen, jüngeren Stadtteilen getrennt und im Westen von der Theodosianischen<br />

Landmauer begrenzt. Westlich der Mauer liegt der Stadtteil Eyüp und dahinter und entlang<br />

des Marmarameeres liegen neue Wohn- und Gewerbegebiete, die inzwischen sogar bis über<br />

den Flughafen hinaus weit nach Westen reichen.<br />

Alt-Istanbul im Stadtteil Fatih wird vor allem von den Großmoscheen und einer ehemaligen<br />

Kirche geprägt. Um die römische Kontinuität zu betonen, kam im 10. Jahrhundert die<br />

Vorstellung auf, Konstantinopel würde wie Rom auf sieben Hügeln ruhen. Obwohl diese<br />

Vorstellung ein Konstrukt späterer Zeit und topographisch kaum haltbar (Die "Hügel" sind<br />

zwischen 40 und 70 m hoch, zum Vergleich: Das Valens-Aquädukt misst 61 m in der Höhe)<br />

ist, findet sich die Sieben-Hügel-Teilung regelmäßig in moderner Literatur wieder. Auf dem<br />

ersten Stadthügel liegt demzufolge die Hagia Sophia und knapp dahinter die Sultan-Ahmed-<br />

Moschee, auf dem zweiten die Nuruosmaniye-Moschee, auf dem dritten die Süleymaniye-<br />

Moschee, auf dem vierten die Fatih-Moschee Sultan Mehmeds II., auf dem fünften die Sultan-<br />

Selim-Moschee, auf dem sechsten die Mihrimah-Moschee und auf dem siebten, nicht vom<br />

Goldenen Horn einsehbaren Stadthügel, die Haseki-Hürrem-Sultan-Moschee. Zum Stadtbild<br />

von Fatih gehören ebenfalls die in osmanischer Tradition gebauten Holzhäuser.<br />

Nördlich des Goldenen Horns befinden sich die europäisch geprägten Stadtteile Beyoğlu und<br />

Beşiktaş, wo sich der letzte Sultanspalast, der Çırağan-Palast, befindet, gefolgt von einer<br />

Kette ehemaliger Dörfer wie Ortaköy, Bebek und Sarıyer am Ufer des Bosporus. Hier<br />

errichteten wohlhabende Istanbuler bis Anfang des 20. Jahrhunderts luxuriöse Holzvillen,<br />

Yalı genannt, die als Sommerwohnsitze dienten.<br />

Die auf der asiatischen Seite liegenden Stadtteile Kadıköy und Üsküdar waren ursprünglich<br />

selbstständige Städte. Heute sind sie vor allem Wohn- und Geschäftsviertel, in denen etwa ein<br />

Drittel der Istanbuler Bevölkerung wohnt. Hieran anschließend wurden entlang dem Bosporus<br />

und dem Marmarameer sowie ins asiatische Hinterland hinein Dörfer und Stadtteile<br />

großflächig ausgebaut und neu erschlossen. In Beykoz liegen wie am gegenüber liegenden<br />

Bosporusufer viele osmanische Yalıs.<br />

107


Bedingt durch das starke Bevölkerungswachstum machen den größten Teil der Stadtfläche<br />

heute die modernen, im Hinterland entstandenen Stadtteile wie Bağcılar, Bahçelievler,<br />

Küçükçekmece, Sultangazi im europäischen Teil, Maltepe, Pendik und Sultanbeyli im<br />

asiatischen Teil aus. Sie wurden teilweise als Gecekondular errichtet und erst nach Jahren<br />

oder Jahrzehnten an die städtische Infrastruktur angeschlossen. Ein Drittel der neu<br />

zugezogenen Istanbuler lebt in solchen informellen Siedlungen oder Elendsvierteln. Seit den<br />

1980er Jahren sind unter enormer Anteilnahme der Öffentlichkeit einige der Gecekondus von<br />

der Stadt abgerissen worden. Der weitaus größere Teil hat sich dagegen zu infrastrukturell<br />

vollwertigen Stadtvierteln entwickeln können. Istanbul ist die einzige Metropole eines<br />

Schwellenlandes, die keine flächendeckenden Elendsviertel besitzt. Gehobene Büro- und<br />

Wohnviertel entstehen vor allem im Norden auf Höhe der zweiten Bosporusbrücke oberhalb<br />

von Bebek in den Vierteln Levent, Etiler und Maslak.<br />

Klima<br />

Die Stadt hat aufgrund ihrer Lage zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer ein mildes,<br />

feuchtes Seeklima. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 14 °C. Die wärmsten<br />

Monate sind Juli und August mit durchschnittlich über 22 °C, die kältesten Januar und<br />

Februar mit etwas über 5 °C. Die Sommertemperaturen können während der Hitzeperioden,<br />

die oft mehrere Tage andauern und von Juni bis August auftreten, bis über 30 °C im Schatten<br />

erreichen. Der Winter ist kühl bis kalt und wie die anderen Jahreszeiten wechselhaft. Es gibt<br />

frühlingshafte Sonnentage, aber auch Regen und Kälteeinbrüche und häufig Schneefälle. Die<br />

durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 850 Millimeter. Die meisten<br />

Niederschläge fallen in den Monaten November und Dezember mit durchschnittlich 110 und<br />

124 mm, die geringsten Niederschläge werden für die Monate Mai, Juni und Juli mit je 36, 37<br />

und 39 mm im Mittel verzeichnet. Heftige Niederschläge und Überschwemmungen treten in<br />

allen Jahreszeiten auf. Demnach wird in Istanbul am häufigsten der Nordwind Meltem<br />

beobachtet, der besonders im Sommer mit höheren Geschwindigkeiten verbunden ist und<br />

meist maritime, gut durchmischte und saubere Meeresluft bringt. Das zweite Maximum ist der<br />

Südwind Scirocco, der oft kennzeichnend für Hochdruckwetterlagen kontinentaler<br />

Luftmassen ist, was je nach Jahreszeit zu sehr heißen beziehungsweise sehr kalten Tagen<br />

führen kann.<br />

Flora und Fauna<br />

In Istanbul finden sich Pflanzen, die der Flora der Stadt einen vorwiegend mitteleuropäischen<br />

und zugleich mediterranen Charakter verleihen, besonders auf den Prinzeninseln. So finden<br />

sich auf Çamlıca oder Sarıyer im Norden unter anderem Stieleichen, Buchen und Kastanien,<br />

auf den Prinzeninseln im Süden kleine Pinienwäldchen und Kermes-Eichen. Anzutreffen sind<br />

dort und in den südlichen Teilen der Stadt Zedern-Wacholder, Pistazien, Zypressen, Kretische<br />

Zistrose, Schlehdorn und Mäusedornarten. Die großen Wälder, die die Stadt im europäischen<br />

und asiatischen Teil im Norden umgeben, haben einen mitteleuropäischen Charakter. So<br />

kommen im Belgrader Wald (Belgrad Ormanı) verschiedene Eichenarten vor, darunter die<br />

Traubeneiche und die Ungarische Eiche, zudem Hainbuchen, Hänge- und Moor-Birken,<br />

Türkenbundlilien, Wald-Bingelkraut, Großes Hexenkraut und Zweiblättriger Blaustern.<br />

108


Mit ungefähr 2.500 verschiedenen natürlich vorkommenden Pflanzenarten stellen Provinz und<br />

Stadt Istanbul, deren Gesamtfläche nur 5.343,02 km² beträgt, ganze europäische Länder, wie<br />

das Vereinigte Königreich in den Schatten. Istanbul alleine beherbergt etwa ein Viertel von<br />

mehr als zehntausend dokumentierten Pflanzenarten, die in der Türkei vorkommen. Einige<br />

dieser Pflanzen sind endemisch.<br />

Laut dem Generaldirektorat für Forstwirtschaft („Orman Genel Müdürlüğü“) sind 44 % der<br />

Provinz Istanbul von Wäldern bedeckt. Für eine Großstadt existiert hier eine reiche Tierwelt.<br />

Das salzreichere Wasser des Marmarameeres vermischt sich mit dem salzärmeren des<br />

Schwarzen Meeres am Südausgang des Bosporus am stärksten, was einen relativen Fischreichtum<br />

zur Folge hat. Charakteristisch ist hier die Sardelle, aber auch Delfine lassen sich<br />

gelegentlich beobachten, seitdem durch den Bau von Kläranlagen die Wasserqualität von<br />

Bosporus und Marmarameer spürbar gestiegen ist. Die Wälder beherbergen über 71 Vogel-<br />

und 18 Säugetierarten. Es besteht ein Jagdverbot. In den Wäldern sind daher Wildschweine,<br />

Wölfe, Goldschakale, Füchse, Rothirsche, Damhirsche und Rehe verbreitet.<br />

Die Stadt ist Ziel von Vogelfreunden aus aller Welt, die den alljährlichen Vogelzug beobachten<br />

wollen. Etwa 500.000 Weißstörche und damit der Großteil der europäischen Population<br />

überfliegen von Ende Juli bis Mitte September den Bosporus in zwei Wellen. Der Höhepunkt<br />

der Schwarzstorchwanderung erfolgt Ende September. Auch den Greifvogelzug kann man an<br />

günstigen Tagen mit bis zu tausend Vögeln täglich beobachten. Dazu zählen Wespenbussard,<br />

Schreiadler, Schelladler, Sperber und weitere Bussardarten. Seltener lassen sich Schmutzgeier,<br />

Kaiseradler, Zwergadler, Schlangenadler und Weihen beobachten, obwohl von letzteren<br />

alle europäischen Arten durchziehen.<br />

Möwen auf einem Dach; im Hintergrund zwei osmanische Großmoscheen<br />

Wie in vielen anderen Großstädten ist die Vogelwelt vor allem durch die Stadttaube, die wohl<br />

im 19. Jahrhundert aus Algerien oder Tunesien eingeführte Palmtaube [12] und durch Möwen<br />

vertreten. Auf manchen Innenstadtplätzen, etwa vor der Beyazıt-Moschee oder vor der Yeni-<br />

Moschee, leben große Populationen. Seltener trifft man auf andere Taubenarten sowie auf<br />

Haussperling, Graureiher und den Schwarzen Milan. Häufiger hingegen sind Alpensegler,<br />

Girlitz, Samtkopf-Grasmücke, Kormoran und Mittelmeer-Sturmtaucher.<br />

109


Streunende Katzen sind im Stadtbild allgegenwärtig. Sie leben teilweise einzeln, teilweise<br />

auch in großen Gruppen zusammen. Sie ernähren sich von Abfallprodukten, werden aber auch<br />

häufig von Menschen gefüttert. In geringerem Maße sind außerdem halbwilde Hunde<br />

anzutreffen.<br />

Umweltprobleme<br />

Das Wachstum der Stadt, die hohe Industrie- und Verkehrsdichte führen zu erheblichen<br />

Umweltproblemen. Bei der Luftverbesserung wurden durch den Einsatz von Erdgas Erfolge<br />

erzielt, ähnliches gilt für das Müllproblem. Dennoch gehören die Luft- und Wasserverschmutzung<br />

durch die zahlreichen Fabriken, Kraftfahrzeuge und privaten Haushalte sowie der<br />

Lärm durch den Verkehr weiterhin zu den Belastungen. Besondere Emissionsprobleme<br />

ergeben sich aus der oft direkten Nachbarschaft von ärmeren Wohngebieten und Industrieanlagen.<br />

Überschwemmungen schwemmen immer wieder Müll in die Kanalisation und führen dabei zu<br />

deren Verstopfung und erhöhen gleichzeitig die Gefahr von Infektionskrankheiten. Die<br />

Ursache zahlreicher Probleme liegt in der Infrastruktur, die mit dem enormen Bevölkerungswachstum<br />

seit den 1980er Jahren nicht Schritt halten konnte.<br />

Geschichte<br />

Byzantion<br />

Um 660 v. Chr. gründeten dorische Griechen aus Megara, Argos und Korinth Byzantion, eine<br />

Kolonie am europäischen Ufer des Bosporus. Die günstige geographische Lage ermöglichte<br />

der Siedlung bald, ein bedeutendes Handelszentrum zu werden. Ende des 6. Jahrhunderts<br />

geriet sie in die Auseinandersetzungen zwischen dem Perserreich und den griechischen<br />

Poleis, dann in die innergriechischen Konflikte.<br />

513 v. Chr. eroberte der persische König Darius I. die Stadt, 478 wurde sie für zwei Jahre von<br />

Sparta besetzt. Danach wählte Byzantion die Demokratie als Regierungsform und schloss sich<br />

unter dem Druck Athens dem Attisch-Delischen Seebund an (bis 356). 340/339 widerstand<br />

die Stadt der Belagerung durch den makedonischen König Philipp II. Nach dem Zerfall des<br />

Makedonenreichs stellte sich die Stadt zunehmend auf die Seite des expandierenden<br />

Römerreichs und wurde 196 v. Chr. römischer Bundesgenosse. Diesen Sonderstatus büßte<br />

Byzantion erst unter Kaiser Vespasian ein. 196 ließ Septimius Severus die Stadt zur Strafe für<br />

die Unterstützung seines Gegners Pescennius Niger zerstören, doch wurde sie wieder<br />

aufgebaut. 258 wurde sie von Goten geplündert.<br />

324 vereinigte Konstantin I. beide Teile des Römischen Reiches und am 11. Mai 330 taufte er<br />

die neue Hauptstadt auf den Namen Nova Roma (Neu-Rom). Sie wurde jedoch bekannter<br />

unter dem Namen Konstantinopel. [16] Ihre Fläche verfünffachte sich binnen weniger<br />

Jahrzehnte. Westlich der von Konstantin errichteten Stadtmauer ließ Theodosius II. ab 412<br />

eine noch heute erhaltene Mauer errichten, womit die Stadtfläche von sechs auf zwölf<br />

Quadratkilometer anwuchs. Aquädukte versorgten die inzwischen größte Stadt des<br />

Mittelmeerraums mit Wasser, Getreide wurde an große Teile der Bevölkerung ausgegeben.<br />

110


Konstantinopel – Kostantiniyye – Istanbul<br />

Byzanz<br />

Konstantinopel im Mittelalter; italienische Darstellung von 1422<br />

Nochmals unter Kaiser Justinian I. (527–565) wurde Konstantinopel prächtig ausgebaut<br />

(Hagia Sophia). Die Stadt war die mit Abstand reichste und größte Stadt Europas und des<br />

Mittelmeerraums. Unter dem Druck der Seldschuken, die ab Mitte des 11. Jahrhunderts<br />

Kleinasien eroberten, verlor die Stadt zeitweise ihr östliches Hinterland. In dieser Situation<br />

erhielten die italienischen Städte, allen voran Venedig und Genua, Handelsprivilegien und<br />

ausgedehnte Wohnquartiere im Norden der Stadt; die Genuesen später auch in Pera am<br />

Nordufer des Goldenen Horns. Zudem war 1054 die kirchliche Einheit zwischen der<br />

Römisch-Katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche zerbrochen. 1171 ließ Kaiser<br />

Manuel I. die Venezianer verhaften und ihr Eigentum konfiszieren. Venedig nutzte den<br />

Vierten Kreuzzug zur Rache, und 1204 eroberten Kreuzritter Konstantinopel. Die Stadt wurde<br />

geplündert, zahlreiche Einwohner wurden ermordet und Kunstwerke von unschätzbarem Wert<br />

gingen verloren. Auf rund 100.000 Einwohner reduziert, war die Stadt von 1204 bis 1261 die<br />

Hauptstadt des Lateinischen Kaiserreichs. 1261 gelang es Kaiser Michael VIII.,<br />

Konstantinopel zurückzuerobern, doch hatte er sich noch zwei Jahrzehnte abermaligen<br />

Eroberungsplänen zu widersetzen.<br />

111


Die Stadt war seit dieser Zeit aber nicht mehr als das Zentrum einer Regionalmacht, deren<br />

Hinterland ab 1354 sukzessive von den Osmanen erobert wurde. Um 1400 bestand das Reich<br />

nur noch aus Konstantinopel mit seinem direkten Umland und kleinen Restgebieten im<br />

Norden (Thessaloniki) und Süden (Morea) Griechenlands. Noch einmal 1422 hielt die Stadt<br />

einer Belagerung durch Murad II. stand.<br />

Osmanisches Reich<br />

Die Eroberung Konstantinopels aus einer französischen Chronik des 15. Jahrhunderts<br />

Am 5. April 1453 begann die letzte Belagerung durch osmanische Streitkräfte unter Sultan<br />

Mehmed II. Am Morgen des 29. Mai wurde die „seit langem verfallene Stadt“ besetzt.<br />

Konstantinopel – nun offiziell meist Kostantiniyye oder manchmal auch Đstanbul genannt –<br />

wurde nach Bursa und Adrianopel (Edirne) zur neuen osmanischen Hauptstadt. Die teilweise<br />

zerstörte und entvölkerte Stadt wurde planvoll wieder besiedelt und aufgebaut. Die Macht des<br />

Reichs erreichte ihren Höhepunkt unter Sultan Süleyman I. (1520–1566), dessen Architekt<br />

Sinan das Stadtbild mit zahlreichen Moscheen, Brücken, Palästen und Brunnen prägte. Mit<br />

dem fortschreitenden Verfall des osmanischen Einflusses in der Region und der<br />

Verkleinerung des Reiches bis Anfang des 20. Jahrhunderts litt auch die kosmopolitische<br />

Bedeutung Konstantinopels.<br />

Konstantinopel um 1910<br />

112


Die Schwäche des Reiches nach dem Balkankrieg 1912/1913 führte den europäischen<br />

Mächten und Russland die Gefahr eines Machtvakuums in den strategisch bedeutenden<br />

Meerengen vor Augen und warf die orientalische Frage nach Kontrolle über die Meerengen<br />

und Aufteilung des Reiches in Interessensphären auf. Der Sultan und die Jungtürken suchten<br />

die Unterstützung des Deutschen Reiches.<br />

Den Zugriff der Entente auf Konstantinopel konnte das Osmanische Reich im Ersten<br />

Weltkrieg auf Seiten der Mittelmächte 1915 in der Schlacht von Gallipoli verhindern.<br />

Dennoch war der Krieg verloren. Französische und britische Truppen besetzten ab dem 13.<br />

November 1918 die Metropole. Im Friedensvertrag von Sèvres vom 10. August 1920 wurde<br />

das Osmanische Reich unter den alliierten Siegermächten aufgeteilt und musste darüber<br />

hinaus gewaltige Gebietsverluste hinnehmen. Konstantinopel mit den Meerengen Bosporus<br />

und Dardanellen blieb fünf Jahre lang von den Alliierten besetzt. Griechenland forderte in<br />

Erinnerung an das als griechisch beanspruchte Byzanz die „Rückgabe“ Konstantinopels, das<br />

es zu seiner Hauptstadt machen wollte.<br />

Unter Mustafa Kemal, genannt Atatürk, begann 1919 der türkische Befreiungskrieg, an dessen<br />

Ende die letzten Einheiten der alliierten Truppen am 23. September 1923 die Stadt verließen.<br />

Konstantinopel verlor in diesem Jahr seinen Status als Regierungssitz an Ankara, womit sich<br />

die neue Republik von der Tradition der Osmanen abgrenzen wollte.<br />

Türkische Republik<br />

Schon während des Ersten Weltkriegs kam es zur Vertreibung der ersten der beiden großen<br />

christlichen Minderheiten, der Armenier. Sie waren seit dem 17. Jahrhundert verstärkt<br />

zugezogen, so dass um 1850 über 220.000 in Konstantinopel lebten. 1942 wurden die<br />

Nichtmuslime zu einer besonderen Vermögenssteuer herangezogen (Varlık Vergisi), 1955<br />

wurde nahezu die gesamte orthodoxe Bevölkerung durch das Pogrom von Istanbul aus der<br />

Stadt vertrieben. Von den rund 110.000 Griechen blieben rund 2.500 in Istanbul. Heute leben<br />

rund 60.000 Armenier und 2.500 Griechen in der Stadt.<br />

Dennoch schrumpfte die Stadt keineswegs, sondern wuchs im Gegenteil rapide, denn sie zog<br />

durch ihre kulturelle und wirtschaftliche Kraft nach dem Zweiten Weltkrieg, und verstärkt seit<br />

den 70er und 80er Jahren, zahlreiche Menschen aus Anatolien an. Seit den 90er Jahren<br />

kommen zahlreiche Osteuropäer in die Metropole.<br />

Als Reaktion auf den enormen Zuzug entstanden groß angelegte Bauprojekte, die jedoch mit<br />

dem rapiden Bevölkerungswachstum kaum Schritt halten konnten. Zudem nahmen sie auf<br />

vorhandene Strukturen wenig Rücksicht. Istanbul dehnte sich weit in das Umland aus, und<br />

zahlreiche Dörfer und Städte zählen inzwischen zur Metropole.<br />

1994 wurde der jetzige Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan als Kandidat der weit rechts<br />

stehenden Refah Partisi (RP) (Wohlfahrtspartei) Bürgermeister. Der jetzige Bürgermeister<br />

Kadir Topbaş ist, wie der Ministerpräsident, Mitglied der Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP).<br />

Im November 2003 wurde die Stadt von einer Serie schwerer Anschläge erschüttert. Der<br />

Anschlag in einem Internet-Café am 9. Februar 2006 kostete einen Menschen das Leben,<br />

sechs Menschen wurden vier Tage später durch einen Anschlag in einem Supermarkt verletzt.<br />

113


Entwicklung des Namens<br />

Istanbuls unterschiedliche Namen auf osmanischen Poststempeln von 1880 bis 1925<br />

Der ursprünglich altgriechische Name der Stadt, Byzantion (lateinisch Byzantium), geht auf<br />

den legendären Gründer der Stadt, Byzas, zurück, der aus Megara in Attika stammte. Er war<br />

einem Orakelspruch der Pythia gefolgt. Zu Ehren des römischen Kaisers Constantinus, der<br />

Byzantion zur Hauptstadt ausbauen ließ, wurde die Stadt im Jahr 324 [22] in Constantinopolis<br />

(latinisiert; altgr. Κωνσταντινούπολις Konstantinoupolis ‚Stadt des Constantin‘) umbenannt.<br />

Auf Constantinopolis gehen die deutsche Form Konstantinopel und zahlreiche weitere<br />

Namensformen zurück. Auf Arabisch wurde Konstantinopel al-Qustantīniyya / ةينيطنطسقلا<br />

genannt, im Armenischen Gostantnubolis und im Hebräischen Kuschta ( אטשוק ). In vielen<br />

slawischen Sprachen hieß die Stadt Cari(n)grad (‚Stadt des Kaisers‘).<br />

114


Bis 1930 gab es keine fortdauernde und eindeutige offizielle Namensform. In osmanischen<br />

Urkunden, Inschriften, etc. wurde die Stadt in der Regel mit ihrer vom Arabischen<br />

abgeleiteten Namensform Kostantiniyye / هينيطنطسق bezeichnet. Man findet aber auch şehir-i<br />

azima (‚die großartige Stadt‘), die französisierten Formen Constantinople und Stamboul sowie<br />

ab dem 19. Jahrhundert vermehrt die Bezeichnung Dersaâdet / تداعس رد / Der-i Saʿādet<br />

/‚Pforte der Glückseligkeit‘. Weitere Bezeichnungen waren etwa darü's-saltanat-ı aliyye,<br />

asitane-i aliyye und darü'l-hilafetü 'l aliye und Ehrenvoller Thron / تختياپ im Sinne von<br />

Residenz.<br />

Der Name Islambol / لوبملاسإ auf einer Münze von 1203 H. (1788/89 im gregorianischen<br />

Kalender)<br />

Im türkischen Dialekt der Stadt hatte sich die Namensform Istanbul, Astanbul / لوبناتسا (auch<br />

Istambul, Stambul) herausgebildet, die schon in seldschukischer Zeit Verwendung fand und<br />

später durch osmanische und westeuropäische Aufzeichnungen für das 16. Jahrhundert belegt<br />

ist. An „Istanbul“ angelehnt erschien Islambol / لوبملاسإ /‚Vom Islam erfüllt [22] ‘, das im 18.<br />

Jahrhundert als Name der Münzstätte am Tavşan taşı auf Münzen geprägt wurde. Während<br />

mit Konstantinopel meist die gesamte Stadt samt einigen Stadtteilen nördlich des Goldenen<br />

Horns und jenseits des Bosporus gemeint war, kennzeichnete der Name Istanbul eher die alte<br />

Stadt auf der Halbinsel zwischen Marmarameer, Bosporus und Goldenem Horn, die nach<br />

Westen durch die Landmauer abgeschlossen wurde. 1876 wurde der Name der Hauptstadt als<br />

Istanbul in die neue Verfassung aufgenommen, wo es in Art.<br />

Bei Istanbul handelt es sich möglicherweise um die türkische Abwandlung des<br />

altgriechischen εἰς τὴν πόλιν, eher aber εἰς τὰν πόλιν („in die Stadt“), nach altgriechischer<br />

Aussprache seit byzantinischer Zeit etwa istimbólin. Diese Deutung erscheint sinnfällig, da<br />

man in der Spätantike und im frühen Mittelalter im Oströmischen Reich von Konstantinopel<br />

sprach, wenn man umgangssprachlich „die Stadt“ sagte, da sie mit ihren fünfhunderttausend<br />

Einwohnern und ihren mächtigen Mauern mit keiner anderen Stadt im weiten Umkreis<br />

verglichen werden konnte. Wie das antike Rom war sie ein Musterbeispiel einer Stadt, sie war<br />

das wirtschaftliche, kulturelle und politische Zentrum. Konstantinopel galt wie vormals Rom<br />

als Zentrum der Welt. Reich wie Hauptstadt brauchten daher eigentlich keinen Namen, da sie<br />

einzig waren (der Kaiser sah sich nicht als Kaiser von Byzanz oder Konstantinopel, sondern<br />

als Kaiser „urbis et orbis“).<br />

115


Am 28. März 1930, in der Frühzeit der Republik, wurde Đstanbul zum offiziellen Namen der<br />

gesamten Stadt. Da die Stadt in osmanischen Schriften und im türkischen Volksmund schon<br />

seit langem im engeren Sinn so genannt wurde, war dies eigentlich keine Neubenennung. In<br />

den meisten europäischen Ländern (außer zum Beispiel Griechenland und Armenien)<br />

verdrängte die Bezeichnung Istanbul allmählich die Bezeichnung Konstantinopel<br />

beziehungsweise deren Varianten aus dem Sprachgebrauch. Meist in Bezug auf das<br />

historische, vorosmanische Konstantinopel beziehungsweise Byzanz wird die altgriechischrömische<br />

Namensgebung in der Fachliteratur jedoch auch weiterhin verwendet.<br />

Brände<br />

Folgen eines Brandes in der Istanbuler Altstadt<br />

Die häufig auftretenden Großbrände lösten soziale und ökonomische Krisen aus und hatten<br />

großen Einfluss auf die Bebauung der Stadt. Auslöser waren beispielsweise die regelmäßig<br />

auftretenden Erdbeben, der Handel mit Explosivstoffen, die Unachtsamkeit in Haushalten und<br />

Werkstätten sowie Brandstiftung. So ereigneten sich zwischen 1883 und 1906 229 Brände mit<br />

der Zerstörung von 36.000 Häusern. Das Feuer 1690 im Großen Basar zerstörte Güter im<br />

geschätzten Wert von 3 Millionen Kuruş (etwa 2 Millionen Goldstücke). Die größten Brände<br />

in der Stadtgeschichte ereigneten sich 1569, 1633, 1660, 1693, 1718, 1782, 1826, 1833, 1865<br />

und zuletzt 1918 mit 7.500 zerstörten Häusern. Der Reisende Salomon Schweigger schreibt<br />

um 1580:<br />

„Es haben sich etliche Brunsten in der Stadt begeben. In einer hätt das Feur ein Gefängnus<br />

ergriffen, an der Stadtmaur bei dem Kanal oder Meerhafen. Die Gefangenen im obern Teil<br />

des Turns richteten sich mit Gewalt an die Tür, öffneten dieselbe und kamen davon; die<br />

andern mussten drin verderben, deren bei siebenzig waren. Ein großer Platz, wie ein großes<br />

Dorf, war hinweggebrunnen, aber man merket’s der Stadt nicht an. Wann ein Feur auskompt,<br />

so lauft niemand zu, der begehrte zu leschen, ausgenommen die Janitscharen, die darzu<br />

verordnet sein, zwar nicht zu leschen, sondern mit Fürbrechen und Einreißen der nächsten<br />

Häuser die Flamm zufürkommen“ – SALOMON SCHWEIGGER: ZUM HOFE DES TÜRKISCHEN<br />

SULTANS. LEIPZIG 1986 (NACHDRUCK), S. 94<br />

116


Einige Gründe für die verheerende Wirkung der Brände lagen in der dichten, bis weit ins 20.<br />

Jahrhundert hinein vorwiegend aus Holzhäusern bestehenden Bebauung der Stadt, den häufig<br />

wehenden Winden und der Siedlungsstruktur, die oft aus weitgehend in sich abgeschlossenen<br />

Vierteln (Mahalle) mit Sackgassen bestand und eine schnelle Brandbekämpfung erschwerte.<br />

Nach Großbränden wurden Dekrete erlassen, dass Häuser in der Nähe von sozialen,<br />

wirtschaftlichen und öffentlichen Gebäuden ebenfalls aus Stein oder Ziegeln sein sollten.<br />

Diesen Anordnungen wurde jedoch nicht immer Folge geleistet. In osmanischer Zeit waren<br />

unter anderem die Wasserträger-Gilde und die Janitscharen für die Brandbekämpfung<br />

zuständig, ab 1718 wurden Feuerwehrwagen mit Wasserpumpen sowie neu gegründete<br />

Feuerbrigaden eingesetzt.<br />

Bevölkerung<br />

Einwohnerentwicklung<br />

Einwohnerentwicklung in den letzten 100 Jahren<br />

Die Einwohnerzahl stieg von 680.000 im Jahre 1927 auf 1,3 Millionen 1955, 2,5 Millionen<br />

1975, 9,8 Millionen 2005 und auf über 13 Millionen 2010. Von den 13.120.596 Einwohnern<br />

im Jahr 2010 lebten etwa 65 Prozent im europäischen Teil von Istanbul und rund 35 Prozent<br />

auf der asiatischen Seite.<br />

Etwa 84 Prozent der Bevölkerung sind durch Landflucht aus der gesamten Türkei,<br />

überwiegend aus Ost-, Südost- und Zentralanatolien sowie aus der Schwarzmeerregion<br />

zugezogen. Der Anteil der autochthonen Istanbuler, die seit Jahrhunderten in der Bosporus-<br />

Metropole einheimisch sind, beträgt etwa 16 Prozent. Die zehn größten Gruppen der<br />

Zugezogenen stammen mit 709.517 Personen aus der Provinz Sivas, 534.409 Personen aus<br />

der Provinz Kastamonu, 480.614 Personen aus der Provinz Ordu, 474.313 Personen aus der<br />

Provinz Giresun, 426.246 Personen aus der Provinz Tokat, 393.285 Personen aus der Provinz<br />

Samsun, 369.011 Personen aus der Provinz Malatya, 368.027 Personen aus der Provinz<br />

Trabzon, 355.795 Personen aus der Provinz Sinop und 347.488 Personen aus der Provinz<br />

Erzurum. Jedes Jahr entstehen dadurch am Stadtrand neue Gecekondus, die mit der Zeit<br />

ausgebaut werden und sich zu neuen Stadtteilen entwickeln.<br />

117


Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Bis<br />

1914 handelt es sich meist um Schätzungen, mit großen Unsicherheiten. Der auffällige<br />

Rückgang der Bevölkerungszahl um 1900 bis 1927 ist Ausdruck der Vertreibung der<br />

griechischen Bevölkerung. Die Zahlen von 1927 bis 2000 sind Ergebnisse von<br />

Volkszählungen. Die Zahlen von 2005 und 2006 beruhen auf Hochrechnungen, die ab 2007<br />

sind Ergebnisse von Volkszählungen. Die Verdoppelung der Bevölkerung zwischen 1980 und<br />

1985 ist auf Zuzug, natürliche Bevölkerungszunahme und auch auf Erweiterungen der<br />

Stadtgrenze zurückzuführen. Die Einwohnerzahlen in der folgenden Tabelle beziehen sich auf<br />

die Stadt in ihren politischen Grenzen, ohne selbstständige Vororte.<br />

Eine Schätzung der aktuellen Einwohnerzahlen gestaltet sich vor allem aufgrund der schwer<br />

erfassbaren Gecekondu-Siedlungen schwierig. Istanbuler Nahverkehrsexperten gehen von 14<br />

bis 16 Millionen Einwohnern aus.<br />

Jahr Einwohner<br />

330 15.000<br />

400 200.000<br />

530 500.000<br />

545 350.000<br />

715 300.000<br />

950 500.000<br />

1200 150.000<br />

1453 36.000<br />

1477 75.000<br />

1566 600.000<br />

1817 500.000<br />

1860 715.000<br />

1885 873.570<br />

Ethnische Minderheiten<br />

Kurden feiern den Nouruz in Istanbul<br />

Jahr Einwohner<br />

1890 874.000<br />

1897 1.059.000<br />

1901 942.900<br />

1914 909.978<br />

28. Oktober 1927 680.857<br />

20. Oktober 1935 741.148<br />

20. Oktober 1940 793.949<br />

21. Oktober 1945 860.558<br />

22. Oktober 1950 983.041<br />

23. Oktober 1955 1.268.771<br />

23. Oktober 1960 1.466.535<br />

24. Oktober 1965 1.742.978<br />

25. Oktober 1970 2.132.407<br />

118<br />

Jahr Einwohner<br />

26. Oktober 1975 2.547.364<br />

12. Oktober 1980 2.772.708<br />

20. Oktober 1985 5.475.982<br />

21. Oktober 1990 6.620.241<br />

30. November<br />

1997<br />

8.260.438<br />

22. Oktober 2000 8.803.468<br />

1. Januar 2005 9.797.536<br />

1. Januar 2006 10.034.830<br />

31. Dezember<br />

2007<br />

11.174.257<br />

31. Dezember<br />

2008<br />

12.569.143<br />

31. Dezember<br />

2009<br />

12.782.960<br />

31. Dezember<br />

2010<br />

13.120.596<br />

Kurden und Zaza bilden zusammen die größte Gruppe ethnischer Minderheiten in Istanbul.<br />

Die größte unter den traditionell noch dort lebenden christlichen Bevölkerungsgruppen sind<br />

Armenier, deren Zahl von der Regierung mit 45.000 angegeben wird, was etwa 0,36 Prozent<br />

der Bevölkerung Istanbuls entspricht. Etwa 17.000 Aramäer bilden danach die zweit-größte<br />

christliche Ethnie. Die 22.000 Juden bilden die zweitgrößte religiöse Minderheit.


Einige der etwa 10.000 Bosporus-Deutschen stammen aus Familien, die oft schon seit der<br />

ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dauerhaft in Konstantinopel beziehungsweise Istanbul<br />

lebten. Die rund 1.650 Griechen gehören teilweise zu den seit vielen Generationen<br />

ursprünglich Ansässigen. [32][33] Die Zahl der Russen wird, folgt man der Neuen Zürcher<br />

Zeitung, auf etwa 100.000 geschätzt, die der Chinesen soll noch höher liegen. Istanbul war<br />

auch ein Zufluchtsort für Russen wegen der kommunistischen Oktoberrevolution.<br />

Weitere Bevölkerungsgruppen sind Lasen, Araber, Tscherkessen und Roma. Eine kleine<br />

polnische Gemeinde existiert in Polonezköy (deutsch „Polendorf“, polnisch Adampol), das<br />

etwas über 400 Einwohner hat.<br />

Religionen<br />

Mevlevi-Derwische in Istanbul<br />

Der weitaus größte Teil der Bevölkerung bekennt sich zum Islam. Noch um die Wende vom<br />

19. zum 20. Jahrhundert war die Mehrheit der Einwohner Nichtmuslime, zu denen die<br />

griechisch-orthodoxen Christen, die syrisch-orthodoxen Aramäer, die armenischen Christen<br />

und die sephardischen Juden gehörten. Sie bilden heute nur noch eine kleine Minderheit.<br />

Neben islamischen Sakralbauten gibt es auch christliche Kirchen unterschiedlicher<br />

Bekenntnisse und Synagogen in prominenter Lage, wie zum Beispiel Sankt Stefan<br />

(ehemaliger Sitz der bulgarisch-orthodoxen Kirche) am Goldenen Horn oder die Agia Triada<br />

am Taksim-Platz. In einigen Stadtteilen, wie zum Beispiel im Viertel Kuzguncuk, sind die<br />

Einrichtungen verschiedener Religionen dicht benachbart.<br />

Die Stadt ist Sitz des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, dem unter anderem die<br />

meisten orthodoxen Kirchen in der heutigen Türkei unterstehen und der darüber hinaus den<br />

Ehrenvorrang über alle orthodoxen Kirchen genießt. Weiterhin residieren hier ein armenischer<br />

Erzbischof und der türkische Oberrabbiner.<br />

119


Muslime<br />

Muslime unterschiedlicher Glaubensrichtungen bilden die größte Religionsgruppe. Die<br />

meisten sind Sunniten, 15 bis 30 Prozent zählen sich zu den Aleviten. Insgesamt gibt es 2.562<br />

Moscheen, 215 Kleinmoscheen (türk. Mescit) [38] und 119 Türben.<br />

Am 2. September 1925 wurden unter Kemal Atatürk die damals zahlreichen und<br />

mitgliederstarken Derwisch-Orden (Tariqas) verboten. Die meisten Anhänger des Sufismus,<br />

der islamischen Mystik, agierten daraufhin im Geheimen oder gingen ins Ausland (z. B. nach<br />

Albanien). Manche von ihnen haben heute eine große Anhängerschaft. Um dem Verbot zu<br />

entgehen, treten diese aber meist als „Kulturvereine“ auf. Landesweit bekannt ist die Đsmail<br />

Ağa Cemaati, eine islamische Gemeinschaft in Fatih, die als Tariqa gilt.<br />

Christen<br />

Die Stadt ist der Sitz des ökumenischen Patriarchen, der als primus inter pares als oberster<br />

Repräsentant der orthodoxen Kirchen fungiert. Der griechisch-orthodoxe Ökumenische<br />

Patriarch von Konstantinopel mit Sitz in Fener ist seit 1991 Bartholomäus I.. Er ist der 270.<br />

Nachfolger des Apostels Andreas und somit faktisches (Ehren-)Oberhaupt von etwa 300<br />

Millionen orthodoxen Christen. Auch die Sitze des armenischen Patriarchen, des Erzbischofs<br />

der syrisch-orthodoxen (aramäischen) Gemeinde und eines apostolischen Vikars der römischkatholischen<br />

Kirche befinden sich in Istanbul.<br />

In Istanbul sind mit knapp 85.000 Christen [40] rund 85 Prozent der gesamten Christen in der<br />

Türkei beheimatet, deren Zahl landesweit etwa 100.000 beträgt. Die Zahl der Armenier<br />

beläuft sich auf etwa 45.000 [28] (35 Kirchen [41] ), die der Aramäer auf 12.000, der Bosporus-<br />

Deutschen auf 10.000 und der Griechen auf 1.650 (5 Kirchen [42] ). Einige orthodoxe Kirchen<br />

unterstehen anderen Patriarchaten wie etwa die bulgarisch-orthodoxe Kirche St. Stefan.<br />

Neben den Levantinern und anderen nicht-orthodoxen Gemeinden gibt es auch je eine<br />

deutsche evangelische und katholische Kirchengemeinde sowie um das St. Georgs-Kolleg<br />

eine österreichische katholische Gemeinde.<br />

Juden<br />

Die sephardischen türkischen Juden leben in der Stadt seit über 500 Jahren. Sie flohen 1492<br />

von der iberischen Halbinsel, um der Zwangstaufe infolge des Alhambra-Edikts zu entgehen.<br />

Sultan Beyazit II. (1481–1512) schickte eine Flotte nach Spanien, um die sephardischen<br />

Juden zu retten. Mehr als 200.000 von ihnen flohen zunächst nach Tanger, Algier, Genua und<br />

Marseille, später nach Saloniki und Istanbul. Der Sultan gewährte über 50.000 dieser<br />

spanischen Juden Zuflucht.<br />

In Istanbul leben heute nur noch etwa 22.000; [30][31][43] sie stellen etwa 0,2 Prozent der<br />

Bevölkerung. Insgesamt sind 16 Synagogen [44] in der Stadt zu finden, die bedeutendste von<br />

ihnen ist die 1951 eingeweihte Neve-Shalom-Synagoge im Stadtteil Beyoğlu, auf die drei<br />

terroristische Anschläge verübt wurden (am 6. September 1986, 1. März 1992 und 15.<br />

November 2003). Istanbul ist Sitz des Hahambaşı, des türkischen Oberrabbiners. Das einzige<br />

jüdische Museum in der Türkei, die 500. Yıl Vakfı Türk Musevileri Müzesi, befindet sich in<br />

Beyoğlu. Das Museum wurde am 25. November 2001 fertig gestellt und der derzeitige<br />

Kurator ist Naim Güleryüz.<br />

120


Entwicklung der Wohnsituation<br />

Wohngebäude in Maltepe<br />

Die Stadtteile Bakırköy und Beylikdüzü im europäischen Teil, die zusammen rund 400.000<br />

Einwohner haben, und Maltepe im asiatischen Teil, das eine ähnliche Einwohnerzahl<br />

aufweist, sind seit den 1980er Jahren zügig angewachsen und bestehen überwiegend aus<br />

Hochhäusern. Insbesondere Etiler im Stadtteil Beşiktaş hat sich seit den 1990er Jahren zu<br />

einem der wohlhabendsten Viertel entwickelt.<br />

Nachdem die meisten Baulücken im innerstädtischen und innenstadtnahen Bereich geschlossen<br />

wurden, bestehen dort kaum noch Möglichkeiten zur Erholung, sieht man vom häufig<br />

frequentierten Gülhane und vom Yıldız-Park ab.<br />

Das Gecekondu-Viertel Seyrantepe<br />

Die immense Zuwanderung führte dazu, dass an der Peripherie illegale Siedlungen (Gecekondus)<br />

entstanden, von denen Istanbul die meisten in der Türkei aufweist. Knapp ein Viertel der<br />

Istanbuler lebt in den etwa 750.000 Wohngebäuden solcher Siedlungen. Über 50 Prozent ihrer<br />

Bewohner sind arbeitslos oder unversichert beschäftigt. Die Kriminalität ist höher als in<br />

anderen Quartieren, sozial an den Rand gedrängte Bevölkerungsgruppen und eine geringe<br />

Präsenz staatlicher Organisation kennzeichnen darüber hinaus diese Quartiere.<br />

121


Blick auf Seyrantepe, 2007<br />

Die größten Gecekondu-Viertel liegen auf der europäischen Seite. Dabei kommt es in Fatih,<br />

wie etwa in Balat, dem einst von Juden bewohnten Viertel, dem bis 2007 ein<br />

Restaurierungsprogramm galt, und Sulukule, wo vor allem Roma wohnen, die sich gegen die<br />

Umsiedlung von 3.500 Einwohnern wehren, [47][48] zu starken Spannungen. Gazi Mahallesi und<br />

Habipler im Stadtteil Sultangazi, das rund 450.000 Menschen beherbergt, sowie Seyrantepe<br />

im Stadtteil Şişli und Tarlabaşı im Stadtteil Beyoğlu (245.000) kommen hinzu. Auf der<br />

asiatischen Seite sind dies Gülsuyu im Stadtteil Maltepe (420.000). Einzelne Gecekondus sind<br />

überwiegend in den Stadtteilen Bağcılar, Bahçelievler, das 1950 noch rund 800, 2007 jedoch<br />

fast 600.000 Einwohner hatte, Küçükçekmece (670.000), Pendik (540.000) und Sultanbeyli<br />

(280.000) anzutreffen.<br />

Michael Thumann berichtet über die Gentrifizierung in Tarlabaşı, wo Alteigentümer mit<br />

Billigung der AKP-Regierung enteignet werden, um Neubauten zu errichten.<br />

Kriminalität<br />

Die Kriminalitätsrate sank in Istanbul von 76.285 registrierten Straftaten im Jahre 2006 um 25<br />

Prozent auf 57.123 registrierte Straftaten im Jahre 2007. Die Istanbuler Großstadtverwaltung<br />

hat beschlossen, 800 bis 900 Sicherheitskameras zu installieren.<br />

Politik<br />

Stadtregierung<br />

Bürgermeister von Istanbul ist der Architekt Kadir Topbaş von der islamisch-konservativen<br />

AKP. Er übernahm das Amt von seinem Vorgänger Ali Müfit Gürtuna (RP), der ab<br />

November 1998 Bürgermeister war. Islamische Politiker regieren Istanbul somit seit 1994, als<br />

Recep Tayyip Erdoğan (damals ebenfalls RP, heute Vorsitzender der AKP und<br />

Ministerpräsident der Türkei) die Kommunalwahlen gewann.<br />

122


Städtepartnerschaften<br />

Istanbul unterhält folgende Städtepartnerschaften:<br />

Almaty, Kasachstan<br />

(1998)<br />

Amman, Jordanien<br />

(1997)<br />

Bangkok, Thailand<br />

(2009)<br />

Barcelona, Spanien<br />

(1997)<br />

Beirut, Libanon (2010)<br />

Berlin, Deutschland<br />

(1989)<br />

Busan, Südkorea (2008)<br />

Constanța, Rumänien<br />

(2001)<br />

Damaskus, Syrien<br />

(2006)<br />

Dschidda, Saudi-<br />

Arabien (1984)<br />

Durrës, Albanien (1998)<br />

Houston, Vereinigte Staaten<br />

(1988)<br />

Jakarta, Indonesien (2007)<br />

Johor Bahru, Malaysia<br />

(1983)<br />

Kairo, Ägypten (1988)<br />

Kasan, Tatarstan (2002)<br />

Khartum, Sudan (2001)<br />

Köln, Deutschland (1997)<br />

Lahore, Pakistan (1975)<br />

Mary, Turkmenistan (1994)<br />

Mexiko-Stadt, Mexiko<br />

(2010)<br />

Odessa, Ukraine (1997)<br />

Dubai, Vereinigte<br />

Arabische Emirate (1997)<br />

Osch, Kirgisistan (1998)<br />

Kultur und Sehenswürdigkeiten<br />

Europäische Kulturhauptstadt 2010<br />

123<br />

Plowdiw, Bulgarien (2001)<br />

Rabat, Marokko (1991)<br />

Rio de Janeiro, Brasilien<br />

(1965)<br />

Rotterdam, Niederlande<br />

(2005)<br />

Sankt Petersburg, Russland<br />

(1990)<br />

Sarajevo, Bosnien und<br />

Herzegowina (1997)<br />

Shanghai, VR China (1997)<br />

Shimonoseki, Japan (1972)<br />

Skopje, Mazedonien (2003)<br />

Täbris, Iran (2010)<br />

Tunis, Tunesien (2010)<br />

Venedig, Italien (2007)<br />

Guangzhou, VR China<br />

(2012)<br />

Am 11. April 2006 wurde die Stadt durch eine EU-Jury neben Essen und Pécs zur<br />

europäischen Kulturhauptstadt 2010 gewählt. Istanbul ist ebenso eines der islamischen<br />

Kulturzentren.


Musik und Theater<br />

Istanbul besitzt zahlreiche Theater, Opernhäuser und Konzerthäuser. Zu den bekanntesten<br />

gehört das Show Center Türker Đnanoğlu Maslak in Maslak, das im November 2005 eröffnet<br />

wurde und von der MEGA Company betrieben wird. Hier finden Großveranstaltungen statt,<br />

die in der ganzen Türkei Beachtung finden. Das Center ist täglich geöffnet. Jährlich kommen<br />

etwa 450.000 Besucher allein zu den eigenen Veranstaltungen des Hauses. Der große<br />

Theatersaal bietet 1810 Sitzplätze, der kleine 380.<br />

In Kadıköy befinden sich das 1924–1927 erbaute und 2005–2007 renovierte Süreyya-<br />

Opernhaus und ein nach dem Schriftsteller Haldun Taner benanntes Theater.<br />

Zu den bekanntesten Orchestern gehört das Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra (BIFO),<br />

das 1993 gegründet wurde. Sein erstes Konzert fand am 13. Mai 1999 im Yıldız-Palast statt.<br />

Seit 2008 steht das BIFO unter der Leitung des Österreichers Sascha Goetzel. Er wurde nach<br />

einem einjährigen Auswahlverfahren in der Saison 2007/2008, an dem Gastdirigenten aus vier<br />

Nationen teilnahmen, Musikdirektor des Sinfonieorchesters. Die Staatsoper (Devlet Operası)<br />

mit ihrem bekannten Ballett und das staatliche Sinfonieorchester, die Đstanbul Devlet Senfoni<br />

Orkestrası, spielen im Haus am Taksim-Platz.<br />

Museen<br />

Die bekanntesten Museen sind der Topkapı-Palast, die Hagia Sophia, die Chora-Kirche, das<br />

Archäologische Museum, das Museum für türkische und islamische Kunst, das Museum<br />

Istanbul Modern und der Dolmabahçe-Palast, ebenfalls ein früherer Sultanspalast, der im 19.<br />

Jahrhundert im neubarocken Stil erbaut wurde.<br />

Viele Nebengebäude der Moscheen wurden inzwischen in Museen verwandelt, die Einblicke<br />

in die Zeit der Osmanen gewähren. Es gibt auch noch weitere Kunstmuseen. Die wertvollsten<br />

Gemälde und Miniaturen der Türkei sind in den Museen von Istanbul zu finden.<br />

Bauwerke<br />

Byzantinisches und christliches Konstantinopel<br />

Cisterna Basilica<br />

124


Im Stadtbild der Altstadt sind immer noch die antiken Ursprünge zu entdecken. Aufgrund der<br />

zahlreichen Erdbeben, Stadtbrände und der ökonomischen Situation am Ende des<br />

Byzantinischen Reiches war schon im 15. Jahrhundert ein Großteil der Gebäude verfallen.<br />

Einige Plätze und Bauwerke sind in der Anlage oder als Ruinen bis heute erhalten. Hierzu<br />

gehören die mächtige Theodosianische Landmauer und die Seemauern, das Studios-Kloster<br />

(Đmrahor Camii), das Hippodrom mit einem Fassungsvermögen von bis zu 100.000<br />

Zuschauern, das Konstantinsforum mit der Konstantinssäule, die Kaiserpaläste und der<br />

Porphyrogennetos-Palast (Tekfur Sarayı). Die meisten Gebäude sind umgenutzt und stark<br />

verändert worden. Kaum verändert wurde der Valens-Aquädukt, der auch nach 1453 die<br />

Wasserversorgung sicherstellte, die spätantike Zisterne Cisterna Basilica aus dem 6.<br />

Jahrhundert oder verschiedene Ehrensäulen, zum Beispiel der 20 m hohe Obelisk Thutmosis<br />

III. aus Rosengranit, der aus dem ägyptischen Dorf Karnak nach Konstantinopel gebracht und<br />

390 n. Chr. auf der Spina des Hippodroms aufgestellt worden ist.<br />

Leanderturm<br />

Zu den militärischen Bauten gehört Yedikule („Burg der sieben Türme“) am Südende der<br />

Theodosianischen Landmauer, die im 5. Jahrhundert von Theodosius II. errichtet wurde. Der<br />

Leanderturm, der auf einer Bosporusinsel vor Üsküdar steht, wurde im 5. Jahrhundert v. Chr.<br />

von Alkibiades erbaut. Am Leanderturm soll das eine Ende der großen Kette befestigt worden<br />

sein, die bei Angriffen auf Byzanz über den Bosporus gespannt wurde. Fast unversehrt haben<br />

einige Kirchen zunächst als Moscheen, dann als Museen überlebt, wie die Hagia Sophia<br />

(Ayasofya Camii, Kirche der Heiligen Weisheit), die 537 geweiht wurde, die Pammakaristos-<br />

Kirche (Fethiye Camii), die wohl im 11. Jahrhundert gegründet wurde, die spätbyzantinische<br />

Chora-Kirche (Kariye Camii), die in ihrer jetzigen Erscheinungsform im 14. Jahrhundert<br />

entstand und wertvolle Fresken zeigt sowie die Hagia Eirene, die als Arsenal umgenutzt<br />

wurde. Ebenfalls bedeutsame Zeugnisse byzantinischer Kunst sind die heutigen Moscheen<br />

Küçük-Aya-Sofya-Moschee (Sergios- und Bacchos-Kirche), die als Modell für die Hagia<br />

Sophia gedient haben kann, die Zeyrek-Moschee (Pantokrator-Klosterkirche) mit ihrem Opus-<br />

Sectile-Boden und die Kalenderhane-Moschee (Maria-Kyriotissa-Kloster). Letztere stammt in<br />

ihrer jetzigen Form aus dem 12. Jahrhundert. In ihr wurden die ältesten vorikonoklastischen<br />

Mosaiken Istanbuls gefunden. Die dort ab 1227 erstellten Fresken des Franz von Assisi<br />

werden heute im Archäologischen Museum ausgestellt. Der Galataturm, der das Nordende<br />

und die Hauptbastion der genuesischen Siedlung Galata war, gehört heute zu den<br />

bedeutendsten Bauwerken Istanbuls.<br />

125


Schon in vorosmanischer Zeit lebten Muslime innerhalb der Stadt. Die erste Moschee<br />

Konstantinopels und somit die erste Moschee in Südosteuropa soll schon im Jahr 718 entstanden<br />

sein.<br />

Osmanisches Konstantinopel<br />

Rumeli Hisarı<br />

Die osmanische Architektur zeigt sich vor allem in den Palästen und Residenzen, den<br />

Moscheen und den zugehörigen Stiftungsgebäuden (Külliyen), den großen, mehrstöckigen<br />

Handelshäusern, Herbergen und Magazinen, den Basaren sowie den Schmuck- und Zweckbauten<br />

wie beispielsweise den großen am Bosporus gelegenen Fortifikationen Rumeli Hisarı<br />

und Anadolu Hisarı. Bürgerliche Wohnbauten galten hingegen lange Zeit als weniger schutzwürdig.<br />

Innenraum der Süleymaniye-Moschee<br />

Die osmanischen Sultane und ihre höchsten Würdenträger strebten sofort nach der Eroberung<br />

Konstantinopels danach, den Erfordernissen ihres Glaubensritus Genüge zu tun, sowie ihre<br />

Macht, ihren Anspruch und ihre Kultiviertheit zu demonstrieren. Dazu wurden Kirchen und<br />

Klöster in Moscheen umgewandelt und neue Moscheen errichtet. Beteiligt wurden, wie schon<br />

vor der Eroberung Konstantinopels, zahlreiche byzantinische Handwerker und Baumeister.<br />

126


So arbeiteten zum Beispiel beim Bau der Süleymaniye-Moschee im 16. Jahrhundert etwa 50<br />

Prozent christliche Handwerker mit. Das Schema des Kuppelbaus der Hagia Sophia,<br />

bestehend aus zwei Halbkuppeln und zwei Schildwänden, die die Hauptkuppel stützen, wurde<br />

von zwei Sultansmoscheen übernommen: der Beyazıt-Moschee und der Süleymaniye-<br />

Moschee. Dies blieb allerdings die einzige größere Anleihe aus der Hagia Sophia, denn der<br />

osmanische Gebetsraum sollte auf die Betenden eine ganz andere Wirkung erzielen, als es der<br />

byzantinische Raum sollte. Statt einer mystischen Atmosphäre, deren Strukturen hinter<br />

goldenen Mosaiken verkleidet wurden und die eine Längsbetonung zur Apsis hat, wurden in<br />

den Moscheen die Strukturen hervorgehoben, die dem Betrachter die Statik und<br />

Grundelemente des Raumes vor Augen führten. Der querrechteckige Gebetsraum wird<br />

entsprechend dem Gebetsritus häufig betont und eine Kongruenz zwischen Außen- und<br />

Innenwirkung unter anderem durch die gänzlich unterschiedliche Lichtführung angestrebt.<br />

Bis Mitte des 16. Jahrhunderts bildete sich aus Einflüssen der frühosmanischen Architektur,<br />

der byzantinischen, der seldschukischen, der iranischen und gelegentlich der italienischen<br />

Renaissance-Architektur der klassische osmanische Baustil mit den so typisch im Stadtbild<br />

erscheinenden Kuppelkaskaden heraus. Diese Phase reichte bis ins 17. Jahrhundert.<br />

Maßgeblich daran beteiligt war der größte Architekt der Osmanen: Mimar Sinan. Er wirkte<br />

nicht nur architektonisch, sondern mit seinen sozialen Baukomplexen (Külliye) auch<br />

stadtplanerisch. Da schon vor der Eroberung weite Gebiete der einstmals prächtigen<br />

Metropole brach lagen, teilweise schon seit Jahrhunderten eher Gärten und Ansammlungen<br />

von Dörfern glichen, konnten die typischen islamischen durch Sackgassen geschlossenen<br />

Wohnquartiere entstehen. Dabei fungierte eine solche Külliye oft als Nukleus einer<br />

Besiedlung. In anderen Stadtteilen hingegen richteten sich die Bauten weiterhin an dem<br />

rechtwinkligen (hippodamischen) Straßennetz aus, wobei Moscheen aus diesem Schema<br />

ausbrachen, da sie Richtung Mekka weisen mussten. Dadurch ergeben sich zuweilen reizvolle<br />

architektonische Lösungen für die sie umgebenden Bauten. Während beim Bau von Külliyen<br />

Stein verwendet wurde, bestanden die Wohnhäuser und auch zahlreiche Paläste und<br />

Sommervillen zumeist aus Holz.<br />

Im 17. Jahrhundert endete die Zeit der osmanischen Großmoscheen, obwohl hier die Yeni-<br />

Moschee nach einer Bauunterbrechung vollendet wurde. Die Verzögerung hatte ihren Grund<br />

in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, aber auch Palastintrigen und Unruhen, wie die Celali-<br />

Aufstände spielten eine Rolle.<br />

Der Beyazıtturm (links) und die Süleymaniye-Moschee (rechts)<br />

127


Ab dem 18. Jahrhundert geriet die Architektur immer mehr unter den Einfluss<br />

westeuropäischer Stile wie der Barock der Nuruosmaniye-Moschee, der Beyazıt-Turm oder<br />

die barockisierende Laleli-Moschee zeigen. Allerdings gaben sich die Baumeister auf der<br />

Suche nach adäquaten Ausdrucksformen den modernen Kunststilen nicht völlig hin. Es<br />

wurden weiterhin Moscheen und Universitäten (Medrese) nach klassischem Vorbild gebaut,<br />

bereichert um westliche Architekturelemente. [53]<br />

Es folgten unter Sultan Mahmud II. Bauten in einer Art Empire-Stil, zum Beispiel seine<br />

Türbe. Gleichzeitig wurden weiterhin barockisierende Gebäude errichtet, wie die Nusretiye-<br />

Moschee, deren Bauschmuck in einem verspäteten Louis-XV-Stil gehalten sind. Bald<br />

begannen Architekten neogotische Elemente zu verwenden, oft in einer eklektizistischen,<br />

historistischen Stilmischung, die noch die Erste Nationale Architekturbewegung<br />

charakterisierte. Im 19. Jahrhundert wurde die osmanische Baukunst fast ausschließlich von<br />

der armenischen Architekten-Familie Balyan betrieben. In der gleichzeitigen Anleihe bei<br />

verschiedensten westlichen Baustilen ist der Wunsch erkennbar, eine Synthese zu erschaffen,<br />

die den Reichsgedanken verkörpern sollte.<br />

Eine Besonderheit Istanbuls sind Straßenzüge mit meist mehrstöckigen osmanischen<br />

Holzhäusern. Man findet sie vor allem noch in Fatih und in Üsküdar. Charakteristisch sind<br />

auch Sommervillen aus Holz (Yalı) an beiden Ufern des Bosporus, die in jüngerer Zeit<br />

teilweise renoviert wurden. Die 1699 als Residenz eines Großwesirs erbaute Amcazade-<br />

Hüseyin-Pascha-Yalısı im Stadtteil Beykoz ist die älteste Yalı Istanbuls. Im 19. Jahrhundert<br />

entstanden nach europäischen Vorbildern Mietshäuser mit Geschäften und Handwerksbetrieben<br />

im Untergeschoss.<br />

Residenzen<br />

Beylerbeyi-Palast<br />

Der Topkapı-Palast war bis 1856 Wohnung der Sultansfamilie (Harem) und Herrschersitz.<br />

Dieser immer wieder erweiterte und umgestaltete, vielgliedrige Sultanspalast liegt exponiert<br />

an der Spitze der zwischen Goldenem Horn, Bosporus und Marmarameer gelegenen<br />

Halbinsel. Er ist nicht nur wegen seiner Bauten von hoher Bedeutung, sondern auch aufgrund<br />

seiner umfangreichen Sammlungen eines der großen Schatzhäuser der Welt.<br />

128


Der Ibrahim-Pascha-Palast liegt am alten Hippodrom gegenüber der Sultan-Ahmet-Moschee.<br />

Er wurde in der Zeit des Sultans Bayezid II. (1481–1512) errichtet. Nach Reparaturen<br />

zwischen 1966 und 1983 ist nun dort das Museum für türkische und islamische Kunst<br />

untergebracht.<br />

Der Aynalıkavak-Palast wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts von Sultan Ahmed I. als<br />

Sommerresidenz errichtet. Der Dolmabahçe-Palast von 1856 auf der europäischen Seite des<br />

Bosporus zeigt, dass die Sultane im 19. Jahrhundert auch äußerlich danach strebten, sich dem<br />

europäischen Westen anzugleichen. Der Beylerbeyi-Palast wurde zwischen 1861 und 1865<br />

von Sultan Abdülaziz erbaut. 1935 fand hier die erste, von Mustafa Kemal Atatürk veranstaltete<br />

Weltfrauenkonferenz statt. Weitere Paläste sind der letzte Sultanspalast, der Çırağan-<br />

Palast sowie der Küçüksu-Palast und der Yıldız-Palast.<br />

Moscheen<br />

Sultan-Ahmed-Moschee<br />

Die Großmoscheen wurden meist von den Sultanen, deren Familienangehörigen, den Wesiren<br />

und anderen Würdenträgern gestiftet. Die meisten Moscheen schließen sich der Bauidee der<br />

Hagia Sophia an. Zum überkuppelten Gebetsraum gehören zudem ein umgrenzter Vorhof<br />

(avlu) und meist eine Külliye mit Medresen, zum Beispiel genutzt als Grundschule (mektep),<br />

theologische Schule oder Ärzteschule, mit Wohnzellen der Studenten (hücre), Hospital (darüş-şifa),<br />

Hospiz (tabhane), Armenküche (imaret), Bibliothek (kütüphane), Karawanserei<br />

(kervansaray), Bad (hamam) und Grabbauten (türbe), manchmal auch mit einem<br />

Observatorium für Zeit- und Kalenderberechnungen (muvakkithane). Sie spielen für das<br />

religiöse Jahr, das auf dem Mondjahr basiert, eine große Rolle.<br />

Moscheen aus der osmanischen Frühzeit sind die Mahmut-Paşa-Moschee, die älteste erhaltene<br />

Großmoschee von 1462, und die Beyazıt-Moschee, die älteste erhaltene Sultans-Moschee.<br />

Beispiele der mindestens 22 erhalten gebliebenen von ehemals 49 Istanbuler<br />

Freitagsmoscheen des Architekten Mimar Sinan [54] sind die Đskele-Moschee in Üsküdar, die<br />

erste von Sinan geschaffene Moschee, die Prinzenmoschee, die Süleymaniye-Moschee, die<br />

Rüstem-Paşa-Moschee und die Piyale-Paşa-Moschee.<br />

129


Weitere bekannte Moscheen sind die Neue Moschee, die am Goldenen Horn liegt, die Sultan-<br />

Ahmed-Moschee, auch „Blaue Moschee“ genannt, die Fatih-Moschee (Eroberermoschee), die<br />

nach einem Erdbeben 1766 neu errichtet wurde, und die Eyüp-Sultan-Moschee, die nach<br />

Mohammeds Bannerträger Abu Ayyub al-Ansari benannt wurde und ein bedeutendes<br />

spirituelles Heiligtum des Islam darstellt. Moscheen, die im osmanischen Barock entstanden,<br />

sind die Nuruosmaniye-Moschee, deren Kuppelbau aus ursprünglich weißem Marmor bestand<br />

und die einen halbrunden Vorhof hat, die Tulpenmoschee, die 1763 fertig gestellt und nach<br />

dem Erdbeben von 1783 erneuert wurde, die Nusretiye-Moschee, die Dolmabahçe-Moschee,<br />

die unmittelbar am Ufer des Bosporus liegt, und die Ortaköy-Moschee.<br />

Modernes Istanbul im 20. und 21. Jahrhundert<br />

Bis zum Ende der 20er Jahre stand die Architektur der Republik noch ganz im Bann einer<br />

bereits nach dem Ersten Weltkrieg begonnenen Phase, die man „Erste Nationale<br />

Architekturströmung“ nannte. In dieser Phase führten Architekten wie Kemalettin Bey den<br />

Historismus fort, der sich im späten 19. Jahrhundert vor allem mit der ornamentalen<br />

Außengestaltung von Gebäuden an seldschukischen und osmanischen Vorbildern orientiert<br />

hatte. Dazu gehören die Beşiktaş Đskelesi (Schiffsanlegestelle), die im Jahre 1913 errichtet<br />

wurde, die Haydarpaşa Đskelesi (1915), die Vakıf Hanı in Eminönü (1912–1926) und das<br />

Hotel Merit Antique in Lâleli (1912–1922)<br />

Verstärkt ab etwa 1930 verpflichtete man ausländische Architekten für die Planung<br />

öffentlicher Bauten. Sie entfernten von den Fassaden weitgehend die „türkischen“ Ornamente<br />

und pflegten einen internationalen, funktionalen Stil. Als Lehrer gaben sie ihre Auffassungen<br />

an türkische Architekten weiter.<br />

Als Entwickler der „Zweiten Nationalen Architekturbewegung“ gilt Bruno Taut (1880–1938).<br />

Er forderte als Leiter der Architekturabteilung an der Akademie der Schönen Künste in<br />

Istanbul und Chef der Bauabteilung im Unterrichtsministerium in Ankara eine genaue<br />

Analyse des Baustils der osmanischen Zeit und der älteren Epochen. Auf dieser Grundlage<br />

sollte der Modernismus überwunden und ein eigener türkischer Baustil gefunden werden.<br />

Fernsehturm Endem<br />

Die Istanbuler Baukunst der letzten Jahrzehnte ist von einem heterogenen Stilgemisch<br />

geprägt, das von der Sinan nachgebildeten Moschee bis zu Hochhäusern mit internationalem<br />

Aussehen, von historisierenden Hotels bis zu gesichtslosen Wohnvierteln vielfältigste<br />

Aspekte bietet.<br />

130


Die Bauwerke des Architekten Sedad Hakkı Eldem, die im „türkischen“ Stil errichtet wurden,<br />

sind etwa Sosyal Sigortalar Külliyesi (1970), Atatürk Kütüphanesi (1976), Koç Holding A.S.<br />

Nakkaştepe Tesisleri (1986), das Hotel InterContinental in Beyoğlu (1968), Barbaros Plaza<br />

(1987), Yapı ve Kredi Bankası (1995), ĐşBank Tower 1 (2000), Sapphire of Istanbul (2009)<br />

sowie Diamond of Istanbul (2010), die allesamt in Levent stehen und mit Höhen von über 100<br />

m die höchsten Gebäude in Istanbul bilden.<br />

Zu den Fernsehtürmen Istanbuls, die nach den 1960er Jahren gebaut wurden, gehören der 166<br />

Meter hohe Fernsehturm Çamlıca im gleichnamigen Viertel Çamlıetwa im Stadtteil Üsküdar<br />

und der 236 Meter hohe Fernsehturm Endem im Stadtteil Büyükçekmece.<br />

Brücken<br />

Die europäischen Stadtteile werden über das Goldene Horn durch die Galatabrücke (Neubau<br />

von 1992), die Atatürk-Brücke und die Haliç-Brücke (Fatih-Brücke), über die eine<br />

Umgehungsautobahn verläuft, miteinander verbunden. Im Stadtteil Büyükçekmece wird eine<br />

1567 fertig gestellte Bogenbrücke, die Kanuni-Sultan-Süleyman-Brücke, nur noch von<br />

Fußgängern genutzt.<br />

Für den Kraftfahrtverkehr existieren zwei Hängebrücken über den Bosporus, die 1973<br />

eröffnete Bosporus-Brücke mit 1.074 m Länge und die Fatih-Sultan-Mehmet-Brücke mit<br />

1.090 m Länge, die 1988 dem Verkehr übergeben wurde.<br />

Straßen und Plätze<br />

Taksim-Platz<br />

Der Taksim-Platz in Beyoğlu ist der verkehrsreichste Platz Istanbuls. Von hier aus führen<br />

Straßen in alle Richtungen, darunter die Tarlabaşı Bulvarı nach Fatih, die Cumhuriyet<br />

Caddesi zum nördlichen Stadtteil Şişli, die Đnönü Caddesi in Richtung Beşiktaş und die<br />

Đstiklal Caddesi hinab zum Tünel-Platz. Der Taksim-Platz ist regelmäßig Schauplatz für<br />

Demonstrationen. Das wohl blutigste Ereignis der jüngeren Geschichte ereignete sich am 1.<br />

Mai 1977, als Teilnehmer einer Gewerkschaftskundgebung von Unbekannten von<br />

umliegenden Häusern aus beschossen wurden. Dabei starben mindestens 34 Menschen und<br />

Hunderte wurden verletzt, sowie 453 festgenommen.<br />

131


Am Taksim-Platz liegt das Denkmal der Republik, das an die Gründung der Republik im<br />

Jahre 1923 erinnert. Die Đstiklal Caddesi ist die bekannteste Straße. Sie führt vom Tünel-Platz<br />

über den Galatasaray-Platz zum Taksim-Platz. Am Galatasaray-Platz liegt eine ehemalige<br />

kaiserliche Schule, das Galatasaray-Gymnasium. Die Bankalar Caddesi befindet sich ebenso<br />

in Beyoğlu. An dieser „Bankenstraße“ hatten im Osmanischen Reich viele Finanzinstitute und<br />

Geschäfte ihren Sitz, so auch die Ottomanische Bank.<br />

Parks<br />

Haupteingang des Yıldız-Parks<br />

Der Yıldız-Park, zu Deutsch „Stern-Park“, erstreckt sich hinter dem Çırağan-Palast an den<br />

Hängen des europäischen Bosporusufers. Im Park befinden sich Sultansvillen, darunter den<br />

Yıldız-Palast. Hinzu kommen ein Opernhaus, eine Moschee und eine Manufaktur. Damit<br />

wurde Ende des 19. Jahrhunderts die osmanische Tradition fortgesetzt, locker gruppierte<br />

kleinere Gebäude in einer Parklandschaft als Wohnstätten und Zweckbauten zu nutzen. Dieser<br />

etwa 160 Hektar große Park wurde ursprünglich von dem französischen<br />

Landschaftsarchitekten G. Le Roy gestaltet. Er ließ seltene und exotische Bäume, Büsche und<br />

Blumen pflanzen.<br />

Der Park wurde mit der neuen Technik des elektrischen Lichtes erleuchtet und durch<br />

Drainagen trocken gehalten. Sorgfältig angelegte Wege boten Zugang zu Aussichtspunkten.<br />

Der Park wurde in den 1980er Jahren vom Türkischen Touring- und Automobilclub (TTOK)<br />

renoviert.<br />

Der Miniatürk in Beyoğlu gehört mit einer Fläche von 6 Hektar zu den größten Miniaturparks<br />

der Welt. Auf einem Pfad befinden sich mehr als 105 Miniaturmodelle, die die Bauepochen<br />

des Osmanischen Reiches repräsentieren, darunter allein 45 Miniaturmodelle zu Istanbul. Zu<br />

ihnen gehören die Hagia Sophia und der Topkapı-Palast, aber auch die zwei Weltwunder der<br />

Antike, das Mausoleum von Halikarnassos und der Tempel der Artemis in Ephesos. Auch<br />

Miniaturmodelle einiger Sehenswürdigkeiten außerhalb der Türkei wie die Al-Aqsa-Moschee<br />

und der Felsendom in Jerusalem, wurden erstellt.<br />

132


Gülhane-Park<br />

Der Gülhane-Park, zu deutsch Rosenhaus-Park, befindet sich innerhalb der äußeren,<br />

zinnenbewehrten Mauern des Topkapı-Palastes und nimmt den westlichen Teil der<br />

Serailspitze ein. Der Gülhane-Park war einst Teil des äußeren Gartens des Topkapı-Palastes.<br />

Ein Teil des äußeren Gartens wurde 1912 von der Gemeinde der Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht. War er früher ein Ort für ritterliche Spiele und Bogenschießwettbewerbe, so ist er<br />

heute ein bewaldeter Volkspark mit Konzerten, Teegärten und weiteren Angeboten.<br />

Geologisch liegt der Gülhane-Park auf dem Hang von Eminönü. Der Gülhane-Park wurde in<br />

den letzten Jahren restauriert, die Wanderrouten neu geordnet und der große Pool in einem<br />

modernen Stil renoviert. Mit konkreten Strukturen wurde die natürliche Landschaft der<br />

1950er Jahre mit den Bäumen aus dem Jahre 1800 ersetzt.<br />

Den mit 267 Metern höchsten Punkt Istanbuls markiert der Büyük Çamlıca-Park. Drei<br />

Kaffeehäuser [55] im Stil des 18. Jahrhunderts bekrönen den von Pinien, Eichen und Zypressen<br />

bestandenen Park. In der Nähe steht der Fernsehturm Çamlıca. Einst war dieser Ort einer der<br />

Lieblingsplätze des Sultans Mahmuds II.. Bis Ende der 1970er Jahre verfielen die Anlagen<br />

des Çamlıca-Hügels jedoch zusehends. Er wurde durch illegale Gebäude verstellt und als<br />

Parkplatz für Autos umfunktioniert, bis in den 1980er Jahren die Stadtverwaltung den Hügel<br />

touristisch erschloss.<br />

Sport<br />

Das Şükrü-Saraçoğlu-Stadion, Austragungsort des UEFA-Pokal-Finales 2008/09<br />

133


Wie im Rest der Türkei ist Fußball die beliebteste Sportart in Istanbul. Die Stadt ist die<br />

Heimat zahlreicher Fußballvereine, darunter 2011 fünf Teams der Süper Lig, der höchsten<br />

Spielklasse der Türkei. Zu ihnen zählen die drei erfolgreichsten Mannschaften in der<br />

Geschichte des türkischen Ligafußballs, der 18-fache Meister Fenerbahçe Istanbul, der 17fache<br />

Meister, UEFA-Pokal- und Supercup-Sieger Galatasaray Istanbul, der 13-fache Meister<br />

Beşiktaş Istanbul, sowie Istanbul Büyükşehir Belediyespor und Kasımpaşaspor.<br />

Fenerbahçe Istanbul trägt seine Heimspiele im Fenerbahçe-Şükrü-Saracoğlu-Stadion in<br />

Kadıköy aus. Galatasaray Istanbul spielt in der Türk Telekom Arena in Seyrantepe mit einer<br />

Kapazität von 52.650 Plätzen. Das Atatürk-Olympiastadion ist die Heimstätte des Erstligisten<br />

Istanbul Büyükşehir Belediyespor. Es wurde 2004 als Fünfsternestadion ausgezeichnet.<br />

Beşiktaş Istanbul ist der älteste Sportverein in Istanbul (Fußballabteilung ab 1911) und trägt<br />

seine Heimspiele im Inönü-Stadion im Stadtteil Beşiktaş aus. Es hat ein Fassungsvermögen<br />

von 36.000 Plätzen.<br />

Auch Basketball und Volleyball sind sehr populär. Es bestehen mehrere professionelle Klubs,<br />

unter anderen im Basketball (Efes Pilsen Istanbul und Fenerbahçe Ülker) sowie im Volleyball<br />

(Eczacıbaşı Istanbul und Vakıfbank Istanbul), die in ihren eigenen Schulen Spieler ausbilden.<br />

Golf, Sportschießen, Reiten und Tennis gewinnen immer mehr an Bedeutung, werden aber<br />

überwiegend von Ausländern und wohlhabenden Einheimischen betrieben. Für Aerobic,<br />

Bodybuilding und Gerätegymnastik stehen zahlreiche Fitnessstudios zur Verfügung. Paintball<br />

ist in zwei großen Klubs in der Nähe von Istanbul vertreten. Fernöstliche Sportarten wie<br />

Aikido und auch Yoga sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Es gibt mehrere<br />

Zentren in der Stadt, wo sie ausgeübt werden können.<br />

Jedes Jahr findet in Istanbul die Rennsportveranstaltung Großer Preis der Türkei statt. Dieser<br />

Grand Prix wurde erstmals in der Formel-1-Saison 2005 ausgetragen. Veranstaltungsort ist<br />

der Istanbul Park Circuit im asiatischen Teil im Viertel Kurtköy, der zum Stadtteil Tuzla<br />

gehört. Die Haupttribüne der Rennstrecke bietet 26.250 überdachte Sitzplätze. Zusätzlich zur<br />

Haupttribüne an der Start- und Zielgeraden sind neun weitere Tribünen und fünf freie Flächen<br />

auf Anhöhen für insgesamt 125.000 Zuschauer vorhanden.<br />

Freizeit und Erholung<br />

Holzhaus und Pferdekutsche: typische Attribute von Büyükada, der größten Prinzeninsel, dem<br />

Erholungsort für viele Istanbuler<br />

134


Wegen der Verschmutzung des Meeres verschwanden in der Stadt gelegene traditionelle<br />

Badeorte allmählich, seit einigen Jahren jedoch eröffnen manche alte Plätze aufgrund der<br />

inzwischen verbesserten Badewasserqualität neu. Zu den am häufigsten aufgesuchten Orten<br />

innerhalb der Stadt gehören Bakırköy, Küçükçekmece, Sarıyer und der Bosporus, außerhalb<br />

der Stadt sind es am Marmarameer die Prinzeninseln, Silivri und Tuzla sowie am Schwarzen<br />

Meer Kilyos, Riva und Şile.<br />

Die Prinzeninseln sind eine Inselgruppe im Marmarameer vor den Stadtteilen Maltepe und<br />

Kartal. Mit ihren Kiefern- und Pinienwäldern, hölzernen, vom Jugendstil geprägten<br />

Sommervillen aus der Wende zum 20. Jahrhundert, Pferdekutschen (Motorfahrzeuge sind<br />

nicht erlaubt) und Fischrestaurants sind sie ein bedeutendes Ausflugsziel. Von den neun<br />

Inseln sind vier bewohnt.<br />

Eingang des Galatasaray Hamamı<br />

Şile ist ein bekannter türkischer Badeort am Schwarzen Meer, 50 Kilometer von Istanbul<br />

entfernt. Seit den 1980er Jahren wurden Feriensiedlungen und Hotels ausgebaut. Außerhalb<br />

von Şile sind weiße Sandstrände zu finden.<br />

Kilyos und Riva sind kleine, ruhige Badeorte unweit des Eingangs des Bosporus zum<br />

Schwarzen Meer. Ebenso sind die Dampfbäder in der Istanbuler Altstadt für Erholungen sehr<br />

beliebt. Die bekanntesten und meist besuchten Dampfbäder sind der Beyazıt Hamamı, der<br />

Çardaklı Hamamı, der Çemberlitaş Hamamı (von Sinan 1584 errichtet) [56] und der keramische<br />

Hamam in Fatih, weitere Dampfbäder sind der Galatasaray Hamamı in Beyoğlu und der Alter<br />

Hamamı in Üsküdar.<br />

Der Hıdiv-Wald liegt direkt am Bosporus im Stadtteil Beykoz auf der asiatischen Seite. Dort<br />

befindet sich die Residenz des ägyptischen Gouverneurs Abbas Hilmi Pascha. Es finden sich<br />

auch einige Brunnen und Wasserbecken, diverse Cafés, Restaurants sowie private<br />

Freizeitareale.<br />

135


Ein weiteres Naherholungsgebiet ist der Belgrader Wald (Belgrad Ormanı) im Norden des<br />

Stadtteils Eyüp, etwa 20 Kilometer von der Altstadt entfernt. Der rund 5,5 Hektar große Wald<br />

bietet Freizeitanlagen, Picknick-Plätze, Reit- und Wanderwege. Er wurde im 18. Jahrhundert<br />

unter Sultan Abdülhamid I. angelegt.<br />

In Eyüp befindet sich ein Delfinarium.<br />

Regelmäßige Veranstaltungen<br />

Marathonläufer überqueren beim 30. Istanbul-Marathon 2008 die Bosporus-Brücke<br />

Am 21. März findet das Newroz-Fest (türk. Nevruz Bayramı) statt. Zum Beispiel in<br />

Cankurtaran (Sultanahmet) kommt es dabei jedes Jahr zu einer großen Open-Air-<br />

Veranstaltung.<br />

Ende April wird das International Istanbul Film Festival in Beyoğlu in mehreren Kinos<br />

veranstaltet. Dieses älteste und bedeutendste internationale Filmfestival der Türkei fand 1982<br />

zum ersten Mal statt.<br />

Am 23. April begeht man den Feiertag der Nationalen Souveränität und des Kindes zum<br />

Beispiel mit einer morgendlichen Parade auf der Đstiklal Caddesi in Beyoğlu, wo Kinder<br />

Folklore zeigen und musizieren.<br />

Beim einwöchigen Internationalen Ülker Puppen Festival Istanbul Anfang Mai werden<br />

Karagöz-Aufführungen in verschiedenen Kulturzentren der Stadt und auch internationale<br />

Darbietungen geboten. Ebenfalls im Mai präsentieren Kompanien und Ensembles aus aller<br />

Welt ihre Stücke beim Internationalen Istanbul Theater Festival. Dieses Festival findet im<br />

jährlichen Wechsel mit der Internationalen Istanbul Biennale statt.<br />

Das orthodoxe Osterfest fällt oft in den Monat Mai und wird von den griechisch-orthodoxen<br />

Gemeinden als ihr höchstes kirchliches Jahresfest gefeiert.<br />

136


Das Internationale Istanbuler Musik Festival widmet sich im Juni vornehmlich Ballett- und<br />

Opernaufführungen sowie der Orchester- und Kammermusik, meist in der ehemaligen Kirche<br />

Hagia Irene und im Atatürk-Kulturzentrum am Taksim-Platz. An den längsten Tagen des<br />

Jahres bietet seit 2001 das Efes Pilsen One Love Festival ein breites Spektrum von Pop und<br />

Hiphop bis Latin und Punk. Bis zu 15.000 Zuschauer kommen bei diesem zweitägigen<br />

Festival im Kunst- und Kulturzentrum SantralĐstanbul zusammen.<br />

Parade am Feiertag der Befreiung (Zafer Bayramı) in Istanbul<br />

Alljährlich im Juli organisiert das Nationale Olympische Komitee der Türkei (türk. Türkiye<br />

Milli Olimpiyat Komitesi) den Eurasischen Schwimmwettkampf im Bosporus, bei dem die<br />

Meerenge vom europäischen zum asiatischen Teil Istanbuls durchquert wird. Das<br />

zweiwöchige Internationale Istanbul Jazz Festival bietet internationale und lokale Musik aus<br />

so unterschiedlichen Bereichen wie konventionellem Jazz, Electronica, Drum ’n’ Bass, World<br />

Music und Rock unter anderem im Cemil Topuzlu Open-Air Theater, Istanbul Modern, in der<br />

Cemal Reşit Rey Konzert Halle, dem Istanbuler Jazz Center und dem Nardis Jazz Club. Eine<br />

weitere Veranstaltung ist das größte Open-Air-Konzert in der Türkei: Das Rockfestival<br />

Rock’n Coke, das seit 2003 mit bis zu 50.000 Besuchern Mitte des Sommers stattfindet und<br />

seit 2009 im Istanbul Park Circuit veranstaltet wird. Dort findet seit 2005 auch der Große<br />

Preis der Türkei, ein Formel-1-Rennen statt.<br />

An drei Tagen im August wechseln sich beim Electronica Istanbul Festival auf acht Open-<br />

Air-Bühnen internationale DJs und Electronica-Acts ab. Deren Spektrum reicht von House<br />

über Trance bis Mashup. Am 30. August findet der Feiertag der Befreiung (Zafer Bayramı)<br />

statt, der an den Sieg des Başkomutanlık Meydan Savaşı im türkischen Befreiungskrieg<br />

erinnert.<br />

Immer am 29. Oktober findet der Feiertag der Republik (Cumhuriyet Bayramı) statt, der an<br />

die Ausrufung der Republik durch Atatürk im Jahr 1923 erinnert. Im Herbst wird seit 1979<br />

der Istanbul-Marathon veranstaltet. Der Start ist in Üsküdar auf der asiatischen Seite Istanbuls<br />

und das Ziel im Inönü-Stadion beziehungsweise vor dem Dolmabahçe-Palast, wenn der<br />

Fußballclub Beşiktaş Istanbul ein Heimspiel hat. Beim Marathon werden die Bosporus-<br />

Brücke und die Galatabrücke überquert. Auch im Herbst findet seit 1987 die Istanbul<br />

Biennale statt, die von der Đstanbul Foundation for Culture and Arts organisiert wird.<br />

137


Kulinarische Spezialitäten<br />

Osmanische Küche wird vor allem in Üsküdar, Kadıköy und Beyoğlu in Restaurants<br />

angeboten. Koschere Küche findet man in Beyoğlu und im alten Stambul. Das Istanbuler<br />

Lebensmittel, das eine besondere Ausprägung oder Geltung hat, ist Lokum, ein süßer Konfekt<br />

aus Zucker (ursprünglich Honig), Stärkemehl (ursprünglich Weizenmehl), Pistazien,<br />

Mandeln, Nüssen und anderen Zutaten. Traditionelle Firmen produzieren bis zu 18<br />

Lokumsorten, zum Beispiel angereichert mit Extra-Pistazien (zweimal geröstete Pistazien),<br />

mit Rosenaroma, mit Mastix, mit Kaffee, mit Zimt oder mit Ingwer. Eine weitere Istanbuler<br />

Spezialität ist Boza, ein leicht alkoholisches Getreidegetränk aus Weizen oder Hirse. Boza<br />

wird vor allem im Winter getrunken. Kokoreç sind gegrillte oder gebratene Schafseingeweide,<br />

die in der ganzen Türkei große Beliebtheit genießen. Man unterscheidet zwischen zwei<br />

Kokoreç-Varianten, zwischen der Istanbul-Variante und der Đzmir-Variante. Die Istanbul-<br />

Variante wird mit gehackten Tomaten, Zwiebeln und Gewürzen (hauptsächlich Kreuzkümmel<br />

und Chilipulver) gemischt und auf dem Blech oder auf einem Spieß aufgerollt gegrillt.<br />

Einzelhandel<br />

Kapalı Çarşı<br />

Der Große Basar (Kapalı Çarşı) ist an Werktagen geöffnet. Er ist vollständig überdacht und<br />

beherbergt viele Hans, Hallen, Straßen und Gassen, in deren Geschäften verschiedene Waren<br />

wie Antiquitäten, Teppiche, Schmuck oder Keramik verkauft werden. Ein weiterer großer<br />

Markt ist der Ägyptische Basar (Mısır Çarşısı). Er wurde 1660 auf Anweisung der Mutter des<br />

Sultans Mehmed IV. (1642–1693) errichtet. Dort wird mit Gewürzen, Obst, Gemüse und<br />

Tieren gehandelt. Im Dreieck zwischen Großem Basar, Ägyptischem Basar und der<br />

Süleymaniye-Moschee findet man eine große Zahl von Geschäftsstraßen und -gassen mit<br />

Verkaufsständen, offenen Läden, Manufakturen, Hans und Pasaj genannten<br />

Kleinkaufhäusern. Diese Straßen tragen wie in den älteren Städten Europas noch die Namen<br />

der ehemals hier produzierenden und handelnden Berufsstände. Der Balık Pazarı in Beyoğlu<br />

ist ein großer Fischmarkt, aber auch Obst und Gemüse sowie Meze und Rakı werden hier<br />

angeboten. Straßenhändler sind überall unterwegs; so die Verkäufer von Getränken oder von<br />

Sesamkringeln (Simit).<br />

138


Wie in allen größeren Städten der Türkei, sind auch in Istanbul in den vergangenen Jahren<br />

zahlreiche große Geschäftskomplexe, genannt AVM (türk. Alışveriş Merkezleri für<br />

Einkaufszentren), nach amerikanischem Vorbild entstanden. Zu den wichtigsten<br />

Einkaufszentren Istanbuls gehört das Forum AVM in Bayrampaşa, welches mit 495.000<br />

Quadratmetern wahrscheinlich das größte Einkaufszentrum Europas ist. Es beinhaltet neben<br />

verschiedenen Einzelhändlern auch die erste türkische Niederlassung des schwedischen<br />

Möbelhauses Ikea, sowie einen Unterwasser-Zoo und eine Eisskulpturen-Galerie. Auch das<br />

zweitgrößte Einkaufszentrum Europas, das Şişli Kültür ve Ticaret Merkezi befindet sich in<br />

Istanbul, genauer im Stadtteil Şişli. Weitere Einkaufszentren sind im europäischen Teil das<br />

Capacity und Carousel in Bakırköy mit mehreren Kaufhäusern, Boutiquen und Restaurants,<br />

das Akmerkez in Beşiktaş im Viertel Etiler mit Filialen aller bekannten Marken, Boutiquen,<br />

einem Vergnügungszentrum mit Spielhallen, Kinos, Restaurants und Fastfood-Ketten, die<br />

Einkaufszentren Metro City und Kanyon in Levent und im asiatischen Teil das Capitol in<br />

Kadıköy mit vielen Läden, gastronomischen Einrichtungen und Kinos.<br />

Wirtschaft und Infrastruktur<br />

Wirtschaft<br />

Das Geschäftsviertel Levent<br />

In der Marmararegion konzentrieren sich 40 bis 50 Prozent der türkischen Wirtschaftsleistung.<br />

In deren Zentrum Istanbul werden 28 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet.<br />

Die hohe Diversifizierung der Wirtschaft führt dazu, dass 2005 fast die Hälfte aller<br />

türkischen Exporte aus Istanbul stammte. Darüber hinaus ist die Stadt Hauptsitz des<br />

türkischen Presse- und Verlagswesens.<br />

Istanbuls Wirtschaft verzeichnete seit der Liberalisierung der Märkte in den 1980er Jahren,<br />

mit Einbrüchen, einen allgemeinen Aufwärtstrend. Dieser Trend wird durch Studien bestätigt,<br />

die Istanbul zu den 50 am schnellsten sich entwickelnden Städten der Welt zählen. Die Viertel<br />

Levent im Stadtteil Beşiktaş und Maslak im Stadtteil Şişli sind die zwei wichtigsten Finanz-<br />

und Wirtschaftszentren. Das Bruttoinlandsprodukt stieg seit 1980 um durchschnittlich fünf<br />

Prozent pro Jahr. Die Asienkrise zwischen Juli 1997 und Anfang 1998 und die Krise in<br />

Russland zwischen August 1998 und Mitte 1999 waren in allen Bereichen, besonders beim<br />

Export, zu spüren und zeigten negative Auswirkungen auf die Wirtschaft.<br />

139


Als trotz dieser Belastung etwa Mitte 1999 eine langsame Erholung der Wirtschaft Istanbuls<br />

zu beobachten war, verursachte nach der Krise in Russland das Erdbeben vom 17. August<br />

1999 mit Epizentrum bei Kocaeli östlich der Stadt den zweiten ökonomischen Schock. Neben<br />

den durch die Katastrophe verursachten Kapitalausfällen und den menschlichen Verlusten war<br />

ein Rückgang des BIP von etwa ein bis zwei Prozent zu verzeichnen. Das von<br />

Dienstleistungen beherrschte Wirtschaftsleben dominieren Börse, Großhandel, Verkehrs-,<br />

Bank-, Presse- und Verlagswesen.<br />

Es gibt mehrere Basare sowie Geschäftsstraßen im westlichen Stil. Die handwerklichen und<br />

industriellen Betriebe produzieren vor allem Textilien und Nahrungsmittel. Daneben sind<br />

Leder- und Kunstlederwaren sowie keramische Erzeugnisse von Bedeutung. Auch der Bau<br />

von Bussen und Traktoren sowie Dieselmotoren ist ein bedeutender Wirtschaftszweig. An<br />

Bosporus und Marmarameer sind neue Anlagen für die Industrie entstanden.<br />

Ein bedeutender Wirtschaftszweig ist der Tourismus. Das Angebot an Hotels ist der großen<br />

Zahl von Besuchern entsprechend. Im Jahr 2000 kamen insgesamt 1.747.606 Touristen nach<br />

Istanbul, darunter 208.226 Touristen aus Deutschland, 198.270 aus den Vereinigten Staaten,<br />

114.185 aus dem Vereinigten Königreich, 104.589 aus Frankreich und 83.499 aus Italien.<br />

Verkehr<br />

Fernverkehr<br />

Die Stadt ist mit zwei Flughäfen, zwei Busbahnhöfen, zwei Bahnhöfen, dem Hafen und ihrem<br />

Autobahnnetz ein bedeutender Knotenpunkt im nationalen und internationalen Personen- und<br />

Güterfernverkehr.<br />

Straßenverkehr<br />

Der Busbahnhof Esenler<br />

Von Istanbul aus fahren Busse in alle wichtigen Städte und Regionen des Landes sowie zu<br />

einigen Zielen in Europa und dem Nahen Osten. Der Busbahnhof Esenler mit täglich 15.000<br />

Busbewegungen im europäischen Teil der Stadt ist einer der größten Busbahnhöfe Europas<br />

und einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte des Landes und Südosteuropas. Das 242.000<br />

Quadratmeter große Areal, das der Busbahnhof in Anspruch nimmt, liegt im europäischen<br />

Teil im Stadtteil Bayrampaşa nahe dem namensgebenden Stadtteil Esenler.<br />

140


Das Autobahnnetz um Istanbul ist trotz umfangreichen Ausbaus dem sprunghaft<br />

angestiegenen Verkehrsaufkommen oftmals nicht gewachsen. Neben den zwei<br />

Ringautobahnen O-1, mit einer Gesamtlänge von 87 Kilometern, und O-2, mit einer<br />

Gesamtlänge 38 Kilometern, führen Autobahnen nach Edirne (O-3) und Ankara (O-4).<br />

Schienenverkehr<br />

Empfangsgebäude des Bahnhofs Haydarpaşa<br />

Der Eisenbahn-Fernverkehr ist für eine Stadt dieser Größe äußerst bescheiden. Es gibt zwei<br />

Fernbahnhöfe, von denen jeweils nur wenige Züge pro Tag verkehren. Ein Grund hierfür ist<br />

die dominierende Rolle des Busverkehrs in der Türkei.<br />

Der Bahnhof Sirkeci, der historische Endpunkt des Orient-Express, ist Endhaltestelle für alle<br />

Eisenbahnlinien auf der europäischen Seite. Im Fernverkehr verkehren 2012 Züge der<br />

staatlichen türkischen Eisenbahngesellschaft TCDD nach Bukarest, nach Sofia und nach<br />

Belgrad sowie zum Grenzbahnhof Uzunköprü.<br />

Vom Bahnhof Haydarpaşa am asiatischen Ufer des Bosporus, dem Startpunkt der historischen<br />

Bagdadbahn, fahren mehrmals täglich Züge der TCDD nach Ankara, seltener zu anderen<br />

Zielen in Anatolien, [61] und einmal wöchentlich nach Teheran und nach Aleppo.<br />

Die beiden Bahnhöfe sind per Personenfähre Eminönü–Haydarpaşa verbunden. Über den<br />

Bosporus führt keine Eisenbahnstrecke, ein Tunnel ist jedoch im Rahmen des Marmaray-<br />

Projekts im Bau. Für den Güterverkehr verkehren bis zur Fertigstellung Eisenbahnfähren.<br />

141


Seeverkehr<br />

Ein Schiff passiert die Meerenge<br />

Der Ambarlı Limanı ist der Hafen Istanbuls im Stadtteil Avcılar. Er ist der größte Hafen des<br />

Landes, nach der umgeschlagenen Tonnage von Schüttgut nahm er 2006 den ersten Platz ein.<br />

Im Hafen werden etwa 38 Prozent des Im- und Exports der Türkei sowie 63 Prozent der<br />

Marmararegion abgewickelt. Er wird von der ALTAŞ Ambarlı Liman Tesisleri Tic. A.Ş.<br />

betrieben, die am 9. September 1992 gegründet wurde. Der Haydarpaşa Limanı in Kadıköy ist<br />

ebenfalls ein wichtiger Hafen, der mit einer Fläche von 55.000 Quadratmetern der Haupthafen<br />

im asiatischen Teil Istanbuls ist. Vom Hafen gibt es eine Zugverbindung zum<br />

nächstgelegenen Kopfbahnhof Haydarpaşa.<br />

Der alte Hafen am Goldenen Horn dient vornehmlich der Personenschifffahrt. Linienverkehr<br />

besteht nach Haifa in Israel und Odessa in der Ukraine. Von Bostancı aus gibt es Fähren nach<br />

Bursa und Yalova.<br />

Luftverkehr<br />

Istanbul verfügt über zwei internationale Flughäfen: Der größere der beiden ist der Atatürk-<br />

Flughafen am Rande des europäischen Teils der Stadt im Stadtteil Bakırköy, 24 Kilometer<br />

westlich der Stadtmitte. Der neuere, aber kleinere ist der Sabiha-Gökçen-Flughafen, 45<br />

Kilometer östlich des Stadtzentrums im Stadtteil Tuzla gelegen.<br />

Stadt- und Nahverkehr<br />

Der enorme innerstädtische Verkehr passt nicht zum osmanischen Aufbau der Stadt und ihrer<br />

in sich geschlossenen Quartiere. Die Gebäude eines solchen Stadtteils (Mahalle) gruppieren<br />

sich fast konzentrisch meist um eine Freitagsmoschee. Wenige öffentliche Zufahrten (Tarîk-i<br />

âmm) und enge Privatstraßen (Tarîk-i hâss), oft Sackgassen, bestimmen das labyrinthische<br />

Bild. Durchgangsstraßen fehlen. Diese Quartiere sind nur lose miteinander verbunden.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mit internationaler Beratung im alten Istanbul breite<br />

Straßen und weite Plätze für den Auto- und Busverkehr geschaffen. Eine Hauptachse bildete<br />

dabei eine heute noch wichtige Durchgangsstraße von Sultan Ahmet bis jenseits der<br />

Landmauer, die sich am konstantinschen Straßensystem orientierte. Ähnliche Verhältnisse<br />

herrschten in den asiatischen Stadtteilen. Offenere Straßenzüge bestimmten dagegen von jeher<br />

das genuesisch geprägte Pera oder Galata im heutigen Beyoğlu.<br />

142


Inzwischen wurden im gesamten Stadtgebiet Binnen- und Durchgangsstraßen sowie<br />

Verbindungsstraßen zu den Stadtteilen an der Peripherie gebaut, wobei alte Bausubstanz in<br />

großem Umfang zerstört wurde.<br />

Straßenbahn und U-Bahn wurden nach und nach ausgebaut, jedoch hat Istanbul kein<br />

geschlossenes und übersichtliches Nahverkehrsnetz. Die Linien ergänzen einander nur selten.<br />

Sie sind meist darauf ausgelegt, Pendler von den Vororten ins Zentrum zu bringen.<br />

Verbindungen zwischen verschiedenen zentrumsnahen Stadtteilen fehlen. Für ein<br />

geschlossenes Nahverkehrssystem müssten die U-Bahn-Strecken auf 505 km ausgebaut<br />

werden.<br />

Straßenverkehr<br />

Metrobussystem in Istanbul<br />

Busse, Sammeltaxis (Dolmuş), Taxis und private PKW spielen eine wichtige Rolle. Die<br />

gelben Taxis stellen einen erheblichen Anteil am Gesamtverkehr.<br />

Da nur wenige Schienenstrecken existieren, tragen die Stadtbusse die Hauptlast des<br />

öffentlichen Nahverkehrs. An wichtigen Knotenpunkten, etwa in Taksim, Eminönü oder<br />

Beyazıt, bestehen Busbahnhöfe. Taksim ist außerdem der wichtigste innerstädtische Endpunkt<br />

für Dolmuş-Linien.<br />

Seit dem 17. September 2007 werden von der Stadtverwaltung auch Metrobusse (Metrobüs)<br />

eingesetzt. Die Metrobusse und Busse werden von der ĐETT betrieben. Zurzeit gibt es drei<br />

Linien: 34 Avcılar-Zincirlikuyu, 34A Edirnekapı-Söğütlüçeşme (transkontinental über die<br />

Brücke fahrend) und 34T Avcılar-Topkapı. Die 34 ist keine zufällige Linienbezeichnung,<br />

sondern eine besondere Zahl für Istanbul, da sie die Kreiszahl der Stadt ist (die man bei<br />

Autokennzeichen und auch Postleitzahlen nutzt).<br />

Den Warentransport übernehmen Lastkraftwagen. Ab und zu sieht man noch einen<br />

Lastenträger (Hamal), besonders auf den Treppen der Einkaufsstraßen zwischen dem Großem<br />

Basar und der Galatabrücke.<br />

143


Schienenverkehr<br />

Linien des<br />

öffentlichen<br />

Schienenpersonen-<br />

Nahverkehrs in<br />

Istanbul<br />

Metro: M1A | M1B |<br />

M2 | M3 | M4 | M5 |<br />

M6<br />

Tram: T1 | T3 | T4<br />

(Haff Metro) | T5<br />

(Nostaljik Tramvay)<br />

S-Bahn: Marmaray |<br />

B1 | B2<br />

unterirdische<br />

Standseilbahnen: F1 |<br />

Tünelbahn<br />

Çağdaş Tramvay<br />

Station Levent der Istanbuler Metro<br />

144


Der "Tünel" am Talbahnhof Karaköy<br />

Zwei Linien Banliyö Trenleri (Vorortzüge) der türkischen Staatsbahn (TCDD) führen auf<br />

beiden Seiten des Bosporus am Marmarameer entlang und verbinden die dort gelegenen<br />

Küstenorte mit den Innenstadtbahnhöfen Sirkeci auf der europäischen (Streckenlänge 30 km)<br />

und Haydarpaşa auf der asiatischen Seite (Streckenlänge 44 km). Am 4. Januar 1871 wurde<br />

auf europäischer Seite die Strecke von Küçükçekmece nach Yedikule eröffnet. Sie wurde<br />

1872 von Küçükçekmece nach Halkalı und von Yedikule zum Endbahnhof Sirkeci verlängert.<br />

Die asiatische Strecke ging am 22. September 1872 auf dem Abschnitt Pendik – Feneryolu in<br />

Betrieb. 1873 wurde sie stadtauswärts nach Gebze und stadteinwärts bis zum Endbahnhof<br />

Haydarpaşa verlängert. Derzeit ist geplant, die beiden Teilsysteme mit einem Bosporus-<br />

Tunnel zu verbinden (das sogenannte Marmaray Projesi). Dabei wären dann allerdings die<br />

beiden Bahnhöfe Sirkeci und Haydarpaşa nicht miteinander verbunden. Haydarpaşa soll<br />

stillgelegt werden. Doch könnten sich die Pläne erneut ändern, da in<br />

Ayrılıkçeşme/Đbrahimağa, wo ein großer Umsteigebahnhof entstehen soll, bei Grabungen<br />

historische Artefakte gefunden wurde, die Lage war somit 2009 weiterhin unklar. [64] Die<br />

Metro, Hafif Metro, die Straßenbahnlinien T1 und T3, sowie die Standseilbahn Füniküler<br />

Kabataş–Taksim (F1) werden von der Đstanbul Ulaşım betrieben. Betreiber der Nostaljik<br />

Tramvay und des Tünel ist jedoch die ĐETT.<br />

Metro<br />

Hafif Metro<br />

Standseilbahnen<br />

Füniküler Kabataş–Taksim<br />

145


Die Tünel-Bahn zwischen Karaköy und dem Tünel-Platz im auf dem Hügel gelegenen<br />

Stadtteil Beyoğlu ist eine 574 Meter lange unterirdische Standseilbahn ohne<br />

Linienbezeichnung, die am 12. Januar 1875 eröffnet wurde. Sie ist die drittälteste U-Bahn der<br />

Welt.<br />

Die Standseilbahnlinie F1 führt vom am Bosporus gelegenen Kabataş zum Taksim-Platz<br />

hinauf. Diese unterirdisch verlaufende Standseilbahn wurde am 30. Juni 2006 eröffnet und<br />

verbindet die etwa einen halben Kilometer voneinander entfernten Endpunkte in 110<br />

Sekunden.<br />

146


Straßenbahnen<br />

Es existieren drei Straßenbahnlinien im Großraum Istanbul. Davon werden zwei von der<br />

Đstanbul Ulaşım betrieben.<br />

Die Straßenbahnlinie T1 führt quer durch das historische Istanbul (Streckenlänge knapp 20<br />

Kilometer). Die Eröffnung fand am 13. Juni 1992 auf dem Abschnitt Beyazıt – Yusufpaşa<br />

statt. In mehreren Abschnitten wurde die Strecke bis in den Stadtteil Zeytinburnu verlängert<br />

(31. Januar 1994). Die Verlängerung vom Bahnhof Sirkeci nach Eminönü (20. April 1996)<br />

und dann weiter nach Kabataş brachte auch den Anschluss über die neue Galatabrücke an die<br />

Stadtteile nördlich des Goldenen Horns. Seit dem 4. Februar 2011 fährt die Linie T1 von<br />

Zeytinburnu weiter nach Bağcılar; dadurch wurde die ehemalige Linie T2 von Zeytinburnu<br />

nach Bağcılar aufgelöst.<br />

Triebwagen 202 ist ein T57, ex Tw 102 aus Jena<br />

Die Straßenbahnlinie T3 ist eine Museumsstraßenbahn zwischen Kadıköy und Moda im<br />

asiatischen Teil der Stadt. Sie wurde am 1. November 2003 eröffnet. Es handelt sich um eine<br />

nur in einer Richtung betriebene, 2,6 Kilometer lange Ringstrecke, die einen eindrucksvollen<br />

Parcours durch den hügeligen und mit engen Straßen durchzogenen Stadtteil verfolgt. Die<br />

Strecke wird mit verschiedenen Gotha- (T57, T59) und Rekowagen (TZ 70) bedient, die fast<br />

durchweg von der Straßenbahn Jena stammen. Auf den Fahrzeugen ist die Linienbezeichnung<br />

20 zu lesen (dies ist jedoch keine gültige Linienbezeichnung).<br />

Die Nostaljik Tramvay ist eine 1,6 Kilometer lange, historische Straßenbahn ohne konkrete<br />

Linienbezeichnung, die in der ehemaligen Pera-Straße und heutigen Đstiklal Caddesi im<br />

Stadtteil Beyoğlu zwischen dem Tünel-Platz und dem Taksim-Platz verkehrt. Die mit<br />

historischen Fahrzeugen durchgeführte Linie wurde am 12. April 1990 eröffnet und wird<br />

seitdem von der ĐETT betrieben.<br />

Schiffsverkehr<br />

Ein reger Schiffsverkehr herrscht zwischen den europäischen und den asiatischen Stadtteilen.<br />

Autofähren und Passagierschiffe queren den Bosporus in dichtem Taktverkehr. Die<br />

wichtigsten Fähranleger sind in Bakırköy, Eminönü, Karaköy und Besiktaş auf europäischer<br />

sowie in Beykoz, Kadıköy, Kartal, Maltepe und Üsküdar auf asiatischer Seite. Täglich<br />

verkehren Fähren zwischen den drei Prinzeninseln Büyükada, Heybeliada und Kınalıada und<br />

dem Viertel Bostancı im Stadtteil Kadıköy. Die Fähren werden von der Gesellschaft Đstanbul<br />

Deniz Otobüsleri A.Ş. betrieben.<br />

147


Medien<br />

Die Zentrale der überregionalen Tageszeitung Hürriyet in Güneşli im Stadtteil Bağcılar<br />

In Istanbul erscheinen alle 34 landesweit ausgerichteten Tageszeitungen der national<br />

zentrierten Presse: [65] Darüber hinaus sind 14 Stadtteilzeitungen staatlich registriert.<br />

Istanbul ist Sitz globaler Fernseh- und Radionetzwerke wie der Nachrichtensender NTV, die<br />

Fernsehsender Samanyolu TV und ATV sowie das Radio TRT-Istanbul.<br />

Über tausend Film- und Serienproduktionen, darunter die Serie Kurtlar Vadisi und die<br />

Fortsetzung der Serie Kurtlar Vadisi Pusu, wurden bisher in der Bosporus-Metropole gedreht.<br />

Viele Unterhaltungssendungen und Talkshows werden in der Stadt aufgezeichnet.<br />

Öffentliche Einrichtungen [Bearbeiten]<br />

Von den 190 Krankenhäusern in Istanbul gehören 52 zur vierten Versorgungsstufe. Das 1852<br />

gegründete Deutsche Krankenhaus (türk. Alman Hastanesi) in Hasanpaşa im Stadtteil<br />

Kadıköy gehört zu den ältesten Krankenhäusern Istanbuls. [67]<br />

Das Polizeipräsidium (Đstanbul Emniyet Müdürlüğü, kurz ĐEM) besteht seit 1932. Es ist<br />

zuständig für die gesamte Provinz Istanbul. Der Hauptsitz der Polizei befindet sich im<br />

Stadtteil Fatih. Das Polizeipräsidium Istanbul beschäftigte 2009 rund 26.800 Beamte.<br />

Polizeipräsident ist Hüseyin Çapkın.<br />

Bildung und Forschung<br />

Technische Universität Istanbul<br />

148


2009 beherbergte Istanbul 4.350 Schulen, in die 2.991.320 Schüler gingen. [69] Die<br />

bedeutendsten Universitäten sind die im Jahre 1933 gegründete Universität Istanbul, deren<br />

Wurzeln bis ins Jahr 1453 reichen, die 1944 begründete Technische Universität Istanbul, die<br />

aus einer 1773 gegründeten Ingenieurschule hervorging, [70] die englischsprachige Bosporus-<br />

Universität, die Marmara-Universität, die 1911 eröffnete Technische Universität Yıldız und<br />

die 1996 neu eröffnete Fatih-Universität.<br />

Weitere Hochschulen sind die Bahçeşehir-Universität, die Beykent-Universität, die<br />

Marinekriegsschule (Deniz Harp Okulu), die Doğuş-Universität, die Galatasaray-Universität,<br />

die Haliç-Universität, die Luftwaffenschule (Hava Harp Okulu), die Işık-Universität, die<br />

Istanbul-Bilgi-Universität, die Istanbul-Kültür-Universität, die Istanbul-Ticaret-Universität,<br />

die Kadir-Has-Universität, die Koç-Universität, die Maltepe-Universität, die Mimar-Sinan-<br />

Universität für bildende Künste, die Okan-Universität, die Sabancı-Universität und die<br />

Yeditepe-Universität.<br />

Im Stadtteil Beykoz entsteht derzeit die Deutsch-Türkische Universität.<br />

Allgemeinbildende weiterführende Schulen sind die staatliche und private türkischsprachige<br />

Schule, das Galatasaray-Gymnasium in Beyoğlu, das fremdsprachige staatliche Gymnasium,<br />

die Istanbul Lisesi in Fatih, weitere fremdsprachige private Gymnasien wie das<br />

österreichische St. Georgs-Kolleg und die Deutsche Schule Istanbul in Beyoğlu, die Anadolu<br />

Lisesiler (Anatoliengymnasien), die ursprünglich für die aus dem Ausland heimgekehrten<br />

türkischen Kinder eingerichtet wurde, wie zum Beispiel die Üsküdar Anadolu Lisesi mit<br />

Deutsch als erster Fremdsprache und Fachunterricht auf Deutsch.<br />

Wichtige Istanbuler Forschungsinstitute sind das Marmara-Forschungszentrum (TÜBĐTAK<br />

Marmara Araştırma Merkezi – TÜBĐTAK MAM) in Gebze, die mit rund 650 Forscherinnen<br />

und Forschern die größte außeruniversitäre Forschungsstätte in der Türkei ist. Es umfasst die<br />

Institute für Informationstechnologien, Energie-, Nahrungsmittel-, Chemie- und Umwelt- und<br />

Materialforschung, sowie Erd- und Meereswissenschaften. An das Forschungszentrum ist<br />

außerdem ein Technologiepark angeschlossen.<br />

Söhne und Töchter der Stadt<br />

Istanbul war Geburtsort zahlreicher prominenter Persönlichkeiten. Die bekanntesten sind<br />

unter anderem der Politiker und Ministerpräsident der Türkei Recep Tayyip Erdoğan, der<br />

Politiker Bülent Ecevit, der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG Dieter Zetsche, der<br />

Journalist und Chefredakteur Abdi Đpekçi, die Fußballspieler Emre Belözoğlu und Nihat<br />

Kahveci, der Schriftsteller Orhan Pamuk, die Sänger Serdar Ortaç und Mustafa Sandal, die<br />

Schauspieler Mehmet Ali Erbil und Cem Yılmaz und der Gründer von Galatasaray Istanbul,<br />

Ali Sami Yen.<br />

149


Bosporus<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Bosporus<br />

Der Bosporus, im unteren Teil des Bildes Đstanbul, das<br />

sowohl in Europa (links) als auch in Kleinasien (rechts) liegt<br />

Verbindet Gewässer Marmarameer<br />

mit Gewässer Schwarzes Meer<br />

Trennt Landmasse Kleinasien<br />

von Landmasse Europa<br />

Länge 30 km<br />

Geringste Breite 700 m<br />

Küstenorte Istanbul<br />

Brücken<br />

Bosporus-Brücke, Fatih-Sultan-<br />

Mehmet-Brücke<br />

Tunnel Marmaray (in Bau)<br />

150


Der Bosporus (griechisch Βόσπορος „Rinderfurt“, von βοῦς boũs „Rind, Ochse“ und πόρος<br />

póros „Weg, Furt“; türkisch Boğaz „Schlund“, bzw. Karadeniz Boğazı für „Schlund des<br />

Schwarzen Meeres“; veraltet „Straße von Konstantinopel“) ist eine Meerenge zwischen<br />

Europa und Kleinasien, die das Schwarze Meer (in der Antike: Pontos Euxeinos) mit dem<br />

Marmarameer (in der Antike: Propontis) verbindet; daher stellt er einen Abschnitt der<br />

südlichen Innereurasischen Grenze dar. Auf seinen beiden Seiten befindet sich die Stadt<br />

Istanbul, deren Geografie vor allem von ihm geprägt ist. Der Bosporus hat eine Länge von ca.<br />

30 km und eine Breite von minimal 700 m und maximal bis zu 2,5 Kilometer. In der Mitte<br />

variiert die Tiefe zwischen 36 und 124 m (bei Bebek). Zwei gegenläufige Strömungen fließen<br />

durch den Bosporus: an der Oberfläche vom Schwarzen Meer zum Marmarameer (große<br />

Flüsse münden in das Schwarze Meer und führen zu einem Wasserüberschuss) und in etwa 40<br />

m Tiefe als Gegenströmung in umgekehrte Richtung (unterschiedliche Salinität; Mittelmeer:<br />

3,6–3,9 Gewichtsprozent, Schwarzes Meer: 1,7–1,8; salziges Wasser hat eine höhere Dichte).<br />

Die Oberströmung ist nachmittags stärker als vormittags; nur bei Südwestwind kehrt sich die<br />

Oberströmung um und fließt dann nach Norden.<br />

Die Durchfahrtsrechte für die internationale Schifffahrt wurden 1936 im Vertrag von<br />

Montreux geregelt.<br />

Entstehung<br />

1997 sorgten die amerikanischen Meeresbiologen William Ryan und Walter Pitman mit ihrer<br />

Sintflut-Hypothese für Aufsehen. Sie besagt, dass der Bosporus nur etwa 7.500 Jahre alt ist.<br />

Davor sei das Schwarze Meer ein Binnengewässer etwa 120 m unter dem heutigen<br />

Meeresspiegel gewesen. Im Laufe der holozänen Meerestransgression durch Abschmelzen<br />

eiszeitlicher Gletscher sei etwa im sechsten Jahrtausend v. Chr. das Mittelmeer über das<br />

Marmarameer und Bosporus in das Schwarze Meer eingebrochen. Der sehr ebene Grund der<br />

tief in den Fels eingeschnittenen, relativ breiten Wasserstraße wird als Indiz für die sehr große<br />

Strömungsgeschwindigkeit des Wassers bei seiner Entstehung interpretiert.<br />

Sowohl Zeitpunkt als auch Ablauf dieses Ereignisses werden sehr kontrovers diskutiert.<br />

Umweltforscher aus den USA und Kanada (Teofilo Abrajano, Rensselaer Polytechnic<br />

Institute, Ali Aksu, University of Newfoundland) führten Analysen der Sedimente im<br />

Marmarameer durch, die die Sintflut-Hypothese ihrer Ansicht nach widerlegen. Demnach<br />

strömt das Wasser schon seit dem Ende der letzten Eiszeit kontinuierlich aus dem Schwarzen<br />

Meer ins Mittelmeer.<br />

Wasserströmung<br />

Aus dem Schwarzen Meer fließt ein kräftiger Oberstrom, und in umgekehrter Richtung, in<br />

etwa 40 m Tiefe ein schwächerer Unterstrom in entgegengesetzter Richtung, dieser durch den<br />

fast doppelt so hohen Salzgehalt des Mittelmeeres gegenüber dem Schwarzen Meer bedingt.<br />

Wegen der wasserreichen Zuflüsse in das Schwarze Meer (besonders die Donau, aber u.a.<br />

auch Dnepr, Dnister, Don, Südlicher Bug) beträgt der Wasserüberschuss des Schwarzen<br />

Meeres etwa 300 km³ pro Jahr. Das Wasser aus dem Schwarzen Meer fließt über das<br />

Marmarameer und die Dardanellen in die Ägäis und das Mittelmeer - mit einer<br />

durchschnittlichen Geschwindigkeit von 3 Knoten (stellenweise bis 8 Knoten).<br />

151


Während der griechischen Antike konnten die Griechen mit ihren Schiffen während der<br />

Segelperiode (später Frühling bis Sommer) nicht durch den Bosporus segeln. Während der<br />

Segelperiode bliesen Nordostwinde, die Strömungsgeschwindigkeit im Bosporus erhöhte sich<br />

dann auf durchschnittlich 4 Knoten, dagegen konnten die griechischen Schiffe nicht kreuzen.<br />

Auch ihre Rudergeschwindigkeit reichte nicht aus, um gegen die Strömung anzukommen.<br />

Erst mit dem Aufkommen stärkerer Ruderboote (Pentekontere) konnten die Griechen mit<br />

ihren Schiffen durch den Bosporus ins Schwarze Meer gelangen.<br />

Es herrscht Wind aus Nord bis Nordost vor. Die Gezeiten sind sehr schwach. Bei seltenen<br />

Südwinden dreht sich die Wasserströmung an der Oberfläche gelegentlich auf Nordrichtung.<br />

Auch an der Straße von Gibraltar fließt das Wasser an der Oberfläche in Richtung Mittelmeer<br />

und in der Tiefe in entgegengesetzte Richtung. In der Antike konnten nur durch diese<br />

Gegenströmung, die mit einem Treibanker als Antrieb nutzbar gemacht wurde, Schiffe vom<br />

Mittelmeer in den Atlantik segeln. Das Mittelmeer ist ein arides (trockenes) Meer - die<br />

Verdunstung übersteigt den Wasserzufluss aus den einspeisenden Flüssen. Dagegen ist der<br />

Wasserzufluss in das Schwarze Meer aus seinen einspeisenden Flüssen größer als die<br />

Verdunstung.<br />

Bedeutung<br />

Mündung ins Schwarze Meer<br />

Der Bosporus (türkisch: Đstanbul Boğazı) gilt als eine der weltweit wichtigsten Wasserstraßen,<br />

er ermöglicht bedeutenden Küstenstreifen der Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres –<br />

darunter Russland, die Türkei, die Ukraine, Rumänien, Bulgarien und Georgien – den<br />

maritimen Zugang zum Mittelmeer und damit Zugang zum internationalen Seehandel. Neben<br />

Agrargütern und Industrieprodukten hat nicht zuletzt das Erdöl einen entscheidenden Anteil<br />

am großen Transportvolumen auf diesem Weg. Insbesondere die Anrainerstaaten am östlichen<br />

Schwarzen Meer sowie deren durch Pipelines angebundenes Hinterland gelten als Erdöl-<br />

Lieferanten des 21. Jahrhunderts, zugleich aber politisch auch als Unruhe-Regionen. Nach<br />

einer Greenpeace-Aktion, die auf das Unfallrisiko für den Schiffsverkehr aufmerksam<br />

machte, wurden Ende 2002 die Auflagen zur Durchfahrt für Öltanker verschärft. Im Jahr<br />

durchfahren etwa 50.000 Schiffe diese Meerenge. Im Jahr der Unterzeichnung des Vertrages<br />

von Montreux (1936) waren es lediglich 4.500 pro Jahr. Innerhalb des Bosporus liegt auf der<br />

westlichen Seite das Goldene Horn, eine langgezogene Bucht und ein seit langem genutzter<br />

natürlicher Hafen.<br />

152


Geschichte<br />

Bereits in den antiken Sagen wurde der Bosporus erwähnt. Jason musste auf seiner Fahrt nach<br />

Kolchis die lebensgefährlichen Symplegaden passieren - zwei mythologische Felseninseln,<br />

die an der Einmündung des Bosporus in das Schwarze Meer liegen.<br />

Der Name Bosporus (Kuh- oder Ochsenfurt) stammt daher, dass hier nach der Sage die in<br />

eine Kuh verwandelte Io auf ihrer Flucht hinüberschwamm.<br />

Als die Bezeichnung Bosporus im Altertum auch für andere Meerengen verwendet wurde,<br />

nannte man die Straße von Konstantinopel Thrakischen Bosporus (Thraci scheu Bosporus) -<br />

zur Unterscheidung vom Cimerischen Bosporus oder Kimmerischen Bosporus (Straße von<br />

Kertsch).<br />

Bosporus-Karte um 1888<br />

Der persische König Dareios I. ließ im 6. Jahrhundert v. Chr. die Schiffbrücke über den<br />

Bosporus bauen, der so sein angeblich 700.000 Mann starkes Heer für seinen Feldzug gegen<br />

die Skythen übersetzte.<br />

Die Großmächte, die im Laufe der Geschichte den Bosporus kontrollierten (Oströmisches<br />

Reich, Osmanisches Reich), strebten damit auch eine Kontrolle über das Schwarze Meer an.<br />

So ließ Sultan Bayezid I. 1390 die Gelibolu-Schiffswerft errichten, um den Bosporus und<br />

damit die Schifffahrtsroute zwischen Konstantinopel (heute Istanbul) und dem Schwarzen<br />

Meer zu kontrollieren. Konstantinopel war zu dieser Zeit noch nicht osmanisch.<br />

153


Für diesen Zweck führte er auch Schiffsinspektionen für alle Schiffe ein, die den Bosporus<br />

durchfahren wollten, und verweigerte gegebenenfalls auch die Durchfahrt. Zum Zwecke der<br />

Kontrolle des Bosporus wurde auch die Festung Anadolu Hisarı (auf der asiatischen Seite)<br />

errichtet. Später ließ Mehmed II. als Vorbereitung auf die Belagerung und Eroberung<br />

Konstantinopels die Festung Rumeli Hisarı (auf der europäischen Seite) errichten - genau<br />

gegenüber der Festung Anadolu Hisarı. Danach hatte das osmanische Reich die volle<br />

Kontrolle über den Zugang zum Schwarzen Meer und kämpfte um dessen volle Kontrolle. Für<br />

eine gewisse Zeit wurde Schiffen, die unter der Flagge der Republik Venedig bzw. der<br />

Republik Genua fuhren, die freie und ungehinderte Durchfahrt zu ihren Kolonien im<br />

Schwarzen Meer gewährt; später mussten sie eine Reisegenehmigung (izn-i sefine) erwerben<br />

und eine Steuer entrichten. Nach 1484 (nach der Eroberung von Kili und Akkirman unter<br />

Bayezid II.) wurde dann aber allen Schiffen unter ausländischer Flagge die Durchfahrt durch<br />

den Bosporus verwehrt. Wegen der vollständigen Isolierung des Schwarzmeerraumes vom<br />

internationalen Handel wurde diese Region im 16. Jahrhundert zum internen Meer des<br />

Osmanischen Reiches. Anfangs war die gesamte Schwarzmeerküste osmanisch beherrscht.<br />

Eine privilegierte Flotte von 120 Schiffen (Unkapani kapan-i dakik; je 175 t Ladung)<br />

transportierte im Auftrag des Reiches Getreide aus dem Donaudelta und von der anatolischen<br />

Schwarzmeerküste. Zusätzlich waren Handelsschiffe auf eigene Rechnung unterwegs, die für<br />

jede Reise einen Antrag stellen mussten.<br />

Später eroberte Russland Teile der nördliche Schwarzmeerküste (1739 Festung Asow, 1769<br />

Taygan, 1778 Gründung der Hafenstädte Kerson und 1794 Odessa, 1783 russische Eroberung<br />

der Krim), und es gab einen Freihandel mit diesen Gebieten, der besonders von den Griechen<br />

aus der Ägäis (damals unter osmanischer Herrschaft) betrieben wurde. Die Kapitäne der<br />

auslaufenden Schiffe mussten dafür bürgen, dass die gesamte Besatzung wieder zurückkehrte,<br />

da in der russischen Flotte ein großer Bedarf an qualifizierten (griechischen) Seeleuten<br />

bestand und sie sich bereits zu einem großen Teil aus griechischen Seeleuten aus dem<br />

osmanischen Herrschaftsbereich rekrutiert hatte. Der Kapitän musste in späteren Jahren sogar<br />

eine Bürgschaftsurkunde (Geldbürgschaft) seiner Heimatgemeinde vorlegen bzw. einen<br />

vermögenden Bürgen in Istanbul vorweisen. Die Fälle von (angeblich) unterwegs<br />

verstorbenen – und deshalb nicht mehr zurückkehrenden – Seeleuten wurden streng<br />

untersucht.<br />

Dieser Status blieb bis 1774 erhalten, als der Friede von Küçük Kaynarca geschlossen wurde.<br />

Bis zum Anfang des 18. Jahrhundert hatte das Osmanische Reich allen Schiffen unter fremder<br />

Flagge, einschließlich der Handelsschiffe, auch dem kleinsten Boot, die Zufahrt zum<br />

Schwarzen Meer versagt. So blieb die Region unter totaler osmanischer Kontrolle. Nach 1774<br />

durften russische Schiffe den Bosporus passieren und um 1800 auch die Schiffe anderer<br />

europäischer Staaten (1783 Österreich, 1802 Frankreich und Großbritannien).<br />

Den russischen Schiffen war jedoch der Transport bestimmter Güter durch den Bosporus<br />

untersagt. Insbesondere wollten die Osmanen verhindern, dass Getreide weitertransportiert<br />

wurde, da sie selber einen großen Bedarf dafür hatten.<br />

Russischen Kriegsschiffen wurde jedoch die Durchfahrt durch den Bosporus streng verwehrt,<br />

auch als man versuchte, die Durchfahrt für russische Kriegsschiffe ohne Bewaffnung zu<br />

erbitten. Diese sollte als getrennte Ladung auf Handelsschiffen durch den Bosporus<br />

transportiert werden.<br />

154


Das Verbot der Durchfahrt von russischen Kriegsschiffen wurde erstmals gelockert, als<br />

Russland dem Osmanischen Reich seine militärische Hilfe anlässlich Napoleons<br />

Ägyptenfeldzug (1798 bis 1801) anbot. Das Osmanische Reich gestattete russischen<br />

Kriegsschiffen für die Dauer des Krieges die Durchfahrt. Als der 7. russisch-türkische Krieg<br />

(1806 bis 1812) ausbrach, schlossen die Osmanen einen Beistandspakt mit Großbritannien<br />

(1809 in Kala-i Sultaniye) - für den Fall eines französischen Angriffs. Dabei wurde den<br />

britischen Kriegsschiffen das Recht gewährt, bis zum südlichen Eingang des Bosporus zu<br />

fahren.<br />

Im Vertrag von Hünkâr Đskelesi (1833) wurde russischen Schiffen ein Durchfahrtsrecht<br />

gewährt, und die osmanische Regierung verpflichtete sich, im Falle eines Krieges den<br />

Bosporus für Schiffe aller Länder zu schließen. Wegen des lautstarken Protestes von<br />

Großbritannien und Frankreich hielt dieser Vertrag aber nicht lange. Entsprechend dem<br />

Londoner Vertrag von 1841 musste der Bosporus in Friedenszeiten für alle Kriegsschiffe<br />

geschlossen bleiben - lediglich kleineren Kriegsschiffen verbündeter Nationen durfte die<br />

Durchfahrt gewährt werden - nach der Genehmigung durch einen speziellen Beauftragten.<br />

Somit wurde die Frage der Bosporusdurchfahrt eine Angelegenheit der Großmächte.<br />

In den folgenden Krimkrieg (1853 bis 1856) traten Frankreich und Großbritannien auf der<br />

Seite des Osmanischen Reiches ein und schickten ihre Kriegsflotten in das Schwarze Meer.<br />

Nach dem Krimkrieg (Dritter Pariser Frieden - 1856) hatte der Bosporus den Status einer<br />

internationalen Wasserstraße, blieb aber für Kriegsschiffe geschlossen. Dem Osmanischen<br />

Reich und Russland war das Unterhalten einer Kriegsflotte im Schwarzen Meer untersagt. Mit<br />

dem Londoner Vertrag von 1871 wurde Russland jedoch eine Kriegsflotte im Schwarzen<br />

Meer gestattet, und verbündeten Ländern wurde die Bosporusdurchfahrt von Kriegsschiffen<br />

während Friedenszeiten erlaubt. Dieser Status blieb bis zum Ersten Weltkrieg erhalten.<br />

Im Vertrag von Edirne, der nach den griechischen Unruhen (1921), angestachelt von<br />

Großbritannien, Frankreich und Russland, geschlossen wurde, wurde den Handelsschiffen<br />

aller Länder die freie Durchfahrt durch den Bosporus gewährt.<br />

Im Meerengenabkommen, das am 20. Juli 1936 in Montreux unterzeichnet wurde, wurden der<br />

Türkei die Hoheitsrechte für den Bosporus zuerkannt, die internationalen Durchfahrtsrechte<br />

geregelt und das Recht zur Sperrung der Meerenge durch die Türkei im Kriegsfall.<br />

Unterzeichnerstaaten waren die Türkei, Großbritannien, Frankreich, Japan, UdSSR,<br />

Bulgarien, Rumänien, Griechenland und Jugoslawien. Italien trat erst 1938 dem Abkommen<br />

bei.<br />

Verteidigungsanlagen (nach Meyers Lexikon 1888)<br />

"Die Küstenwerke des Bosporus, die diesen gegen einen aus dem Schwarzen Meere<br />

kommenden Feind verteidigen sollen, bestehen aus vier Gruppen.<br />

155


Die nördlichste Gruppe reicht bis zur Vöjükbucht auf der europäischen und bis Fil-Burun auf<br />

der kleinasiatischen Seite und enthält auf der 3,5 km langen und 3 bis 1 km breiten Strecke<br />

auf rumelischer Seite 5 Küstenwerke und zwar das Fort Rumeli-Feneri-Kalesst nebst einer<br />

Batterie, die Batterie Tapas-Vurun, das Fort Gharibdsche, das hochliegende Fort Vöjük-<br />

Liman mit insgesamt 97 Geschützen, und auf anatolischen Seite drei, nämlich das moderne<br />

Fort Anadoli-Feneri-Kalessi, die Poirasbatterie und das moderne Fort Fil-Burun mit insgesamt<br />

64 Geschützen.<br />

Die zweite Befestigungsgruppe, mit den wichtigsten Werken, reicht bis zur Böjükderebai und<br />

deckt den nur 570–740 m breiten Fahrwasserabschnitt; hier stehen außer den alten<br />

halbverfallenen Genueserschlössern Numeli-Kawak und Anadoli-Kawak acht Werke mit<br />

mindestens 198, wahrscheinlich aber mehr Geschützen; unter diesen Werken sind besonders<br />

zu nennen auf europäischer Seite die neue Batterie von Numeli-Kawak mit 6 schweren<br />

gezogenen Geschützen, das Fort von Tali-Tabia mit 30 glatten Geschützen in sehr guter<br />

Aufstellung unmittelbar über dem Meeresspiegel, die Batterie von Dikili und das Fort Mezar-<br />

Vurun; auf asiatischer Seite das alte Fort Anadoli-Kawak mit 11 Kruppschen Geschützen von<br />

15 bis 28 cm Kaliber, das neue Fort Iuscha, die alte Riesenburg, mit 8 Kruppschen<br />

Geschützen und das ganz moderne Fort Madschiar-Kalessi, das wichtigste Küstenwerk des<br />

ganzen B., mit 30 Kruppschen Kanonen von 15 bis 28 cm Kaliber, die in 8 m Höhe über dem<br />

Meeresspiegel stehen.<br />

Im dritten Abschnitt zwischen Bo'zükdere und Therapia liegen das Fort Alti-Agatsch und die<br />

modernen Batterien von Therapia- und Kiridj-Burun, die mit weittragenden Geschützen den 4<br />

km entfernten Pass Kawak enfilieren. Dieser Pass zwischen Rumeli- und Anadoli-Kawak ist<br />

die wichtigste Stelle der Verteidigung; er soll mit drei Minensperren im Kriege gesperrt<br />

werden.<br />

Rumeli Hisarı<br />

Die innerste Verteidigungslinie, die vierte Gruppe der Küstenwerke, liegt in dem schmalen<br />

(nur 670 in breiten) Pass zwischen den aus dem 14. Jahrh. stammenden, der Neuzeit<br />

angepassten festen Schlössern Rumeli-Hissar und Anadoli-Hissar, deren jedes etwa 20<br />

Geschütze führt, aber Platz für ungefähr die doppelte Zahl hat. Auch zwischen diesen Werken<br />

soll eine Minensperre gelegt werden, indessen ist hier der Strom ziemlich stark, 5 - 6<br />

Seemeilen in der Stunde, wodurch die Minen, wenn sie trieben, leicht für Konstantinopel<br />

gefährlich werden konnten. Vom Fort Rumeli-Hissar führt ein unterseeisches Telegraphien-<br />

Kabel über den B. nach Kandillü.<br />

156


Im Ganzen sollen in diesen Küstenbefestigungen des Bosporus nicht weniger als 534<br />

Geschütze, und zwar 304 auf europäischer und 230 auf kleinasiatischer Seite, aufgestellt sein,<br />

darunter 40 schwere Kanonen von Krupp und 50 schwere Mörser. So gut wie unvorbereitet ist<br />

die Verteidigung des Bosporus nach dem Marmarameere hin; allerdings sind bei<br />

Konstantinopel drei Küstenbatterien, die mit 150 Geschützen bewaffnet werden könnten; es<br />

sind dies die Batterie vor dem Arsenal in Tophane mit 18 Kanonen und 6 Mörsern (hat Platz<br />

für 96 Geschütze), ferner die Batterie auf der nördlichen Höhe des Serailhügels, die für etwa<br />

40 Geschütze bestimmt ist, und endlich auf asiatischer Seite in Ekutari eine Batterie in der<br />

Nähe des alten Leanderturms, für 9-14 Geschütze. Davon ist aber nur die Salutbatterie in<br />

Tophane -mit 6 Bronzekanonen- in gebrauchsfähigem Zustand."<br />

Schiffsunfälle<br />

Blick von Bebek<br />

Der Bosporus ist Tag und Nacht für den internationalen Schiffsverkehr geöffnet. Er ist einer<br />

der weltweit meist-befahrenen Seewege, da er die einzige Verbindung zwischen dem<br />

Schwarzen Meer und dem Mittelmeer ist. In den letzten 30 Jahren hat die Größe und Anzahl<br />

der durchfahrenden Schiffe durch diese schwere, überfüllte und potentiell gefährliche<br />

Wasserstraße kontinuierlich zugenommen. Pro Jahr passieren 5.500 Tanker den Bosporus und<br />

transportieren dabei 2 Mio. Barrel Öl pro Tag.<br />

Die Meeresströmung und Dunkelheit stellen die Hauptursache für Schiffsunfälle in dem<br />

engen S-förmigen Kanal dar, der eher einem Fluss als einer internationalen Wasserstraße<br />

ähnelt. Unfallschwerpunkte sind die beiden Stellen, an denen die Schiffe eine scharfe Kurve<br />

fahren müssen (80° bei Yeniköy, 70° bei Umuryeri) – in der 2 km langen, engsten Stelle des<br />

Bosporus. Insgesamt müssen die Schiffe bei der Passage des Bosporus zwölf Mahl den Kurs<br />

ändern. Am engsten Punkt (Kandillü, 700 m eng), muss der Kurs um 45° geändert werden;<br />

die Strömung kann hier 7 bis 8 Knoten betragen. Wegen der starken Kursänderungen in dem<br />

engen Gewässer ist der Blick auf die Fahrrinne versperrt und somit der entgegenkommende<br />

Schiffsverkehr nicht einzusehen. So ist bei dem kilometerlangen Bremsweg der heutigen<br />

großen Tanker ein vorausschauendes Fahren auf Sicht unmöglich.<br />

Hinzu kommt ein reger Fährverkehr zwischen europäischer und asiatischer Seite der<br />

Millionenstadt Istanbul, der die Fahrrinne kreuzt.<br />

157


Bei den meisten Unfällen haben die Schiffe ihre Manövrierfähigkeit verloren, während sie mit<br />

der Strömung fuhren und durch scharfe Kurven manövrieren mussten. Bei den Unfällen, die<br />

sich während der Nacht ereigneten, gab es im Durchschnitt doppelt so viele Opfer wie bei<br />

Unfällen am Tag. Von 1953 bis 2002 gab es 461 Schiffsunfälle im Bosporus, wobei es sich<br />

meistens um Kollisionen handelte. Seit der Einführung des Traffic Separation Scheme (TSS,<br />

dt: Betriebsverfahren zur Verkehrstrennung) 1994, das auch von der Internationale<br />

Seeschifffahrts-Organisation gebilligt wurde, sank die Anzahl der Schiffskollisionen sehr<br />

stark. Es gab danach nur noch 82 Zwischenfälle - meistens Strandung oder auf Grund laufen.<br />

Jedoch erfüllen nicht alle Schiffe die Kriterien zur TSS - wegen des Schiffstyps, ihrer Größe<br />

oder ihrer Manövrierfähigkeit. Das Traffic Separation Scheme definiert eine durch<br />

Koordinaten genau festgelegte Trennlinie (traffic separation line) zwischen dem nordwärts<br />

bzw. südwärts gerichteten Verkehr.<br />

Die größte Ölpest ereignete sich 1994, als der griechisch-zypriotische Tanker Nassia auf dem<br />

Weg von Russland nach Italien mit 56.000 t Rohöl an Bord mit dem unbeladenen Frachter<br />

Shipbroker kollidierte - an der nördlichen Einfahrt in den Bosporus. Dabei kamen 30<br />

Personen um; 20.000 t Rohöl liefen in den Bosporus, wo es fünf Tage lang brannte und<br />

entsprechende Umweltschäden hinterließ. Der Bosporus musste gesperrt werden. Es stauten<br />

sich über 200 Schiffe.<br />

Als Konsequenz aus den Unfällen und um die Passage zu entlasten, brachte die türkische<br />

Regierung 2011 die Idee ins Spiel, bis 2023 bei Silivri unter dem Namen Istanbul-Kanal eine<br />

künstliche Wasserstraße von 150 Metern Breite und etwa 50 Kilometern Länge zu errichten.<br />

Schiffspassage<br />

Satellitenaufnahme von Istanbul mit eingetragenen Stadtteilen<br />

158


Die Verfahren für die Schiffspassage des Bosporus sind getrennt für die Durchfahrten nach<br />

Süden bzw. nach Norden in dem Vorschriftenwerk Bosphorus Passage Procedure geregelt<br />

(auf welchen Frequenzen und an welchen Positionen die Stationen Turkeli Control Station,<br />

Kavak Pilot, Bosphorus Pilot und Istanbul Control Station gerufen werden müssen und an<br />

welchen Stellen Positionsmeldungen abgesetzt werden müssen).<br />

Der Erstkontakt muss vom Schiff aus jeweils 30 NM vor der Einfahrt in den Bosporus<br />

aufgenommen werden – bei Annäherung aus Norden 30 NM vor dem Turkeli-Leuchtturm, bei<br />

Annäherung aus Süden 30 NM vor Haydarpasa Break Water. Die Genehmigung zur<br />

Durchfahrt muss über Funk vom Traffic Control Center (dt. Verkehrskontrollzentrum)<br />

eingeholt werden.<br />

Segelschiffe mit einer Wasserverdrängung von über 500 t müssen spätestens 24 Stunden vor<br />

der Passage einen Segelplan abgeben.<br />

Türkische Schiffe mit einer Länge von über 150 m sind angehalten, für die Durchfahrt des<br />

Bosporus einen Lotsen an Bord zu nehmen. Für den übrigen Transit-Schiffsverkehr besteht<br />

keine Lotsenpflicht, wird aber von den türkischen Behörden stark empfohlen. Schiffe mit<br />

Lotsen an Bord haben Vorrang bei der Einfahrt in den Bosporus.<br />

Zwischen 17:30 Uhr und 7:30 (Nacht) Uhr wird nur einem Schiff mit einer Gesamtlänge über<br />

250 m die Bosporusdurchfahrt genehmigt (in der Reihenfolge der Ankunft an der<br />

Bosporuseinfahrt). Tankern wird in dieser Zeit die Durchfahrt nur gestattet, wenn sie in<br />

Begleitung eines Schleppers fahren. Ansonsten müssen sie bis zum Anbruch des nächsten<br />

Tageslichtes warten.<br />

Schiffen mit einer Gesamtlänge über 200 m bzw. einem Tiefgang über 15 m wird die<br />

Durchfahrt während des Tages empfohlen.<br />

Für Schiffe mit gefährlichen Gütern ist die Durchfahrt an einigen Stellen gesperrt, solange<br />

sich gleichzeitig ein Schiff mit ähnlichen gefährlichen Gütern im Gegenverkehr befindet.<br />

Bei Sichten unter 2 NM muss das Schiffsradar eingeschaltet sein. Bei Sichtweiten unter 1 NM<br />

dürfen Schiffe mit gefährlichen Gütern und große Schiffe nicht in den Bosporus einfahren.<br />

Bei Sichten unter 0,5 NM wird der Verkehr in beide Richtungen eingestellt.<br />

Schiffe dürfen nicht am Schlepptau eines anderen Schiffes den Bosporus passieren, außer sie<br />

werden von einem Schlepper gezogen.<br />

Die normale Geschwindigkeit darf 10 Knoten nicht übersteigen, außer wenn es zum Zwecke<br />

einer ausreichenden Steuerung erforderlich ist – nach vorheriger Genehmigung. Der Abstand<br />

zum vorausfahrenden Schiff darf 1600 yards nicht unterschreiten. Vor einer Verringerung der<br />

eigenen Geschwindigkeit sind die nachfolgenden Schiffe zu informieren.<br />

Über den Bosporus führen zwei Hängebrücken, die Bosporus-Brücke (1973) und die Fatih-<br />

Sultan-Mehmet-Brücke (1988). Die Hängebrücken verbinden Europa mit Asien.<br />

159


Schwarzes Meer<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Schwarzes Meer<br />

Das Schwarze Meer aus dem Weltall<br />

Geographische Rumänien, Bulgarien, Türkei, Ukraine,<br />

Lage Russland, Georgien<br />

Zuflüsse Donau, Dnjepr, Dnister<br />

Abfluss Bosporus<br />

Städte am Sotschi, Jalta, Burgas, Warna, Sewastopol,<br />

Ufer Constanța, Odessa<br />

Daten<br />

Koordinaten 43° 17′ 49″ N, 34° 1′ 46″<br />

Fläche 424.000 km²<br />

Länge 1,175 km<br />

Volumen 547.000 km³<br />

Maximale<br />

Tiefe<br />

2.212 m<br />

O43.29694444444434.029444444444Koordinaten:<br />

43° 17′ 49″ N, 34° 1′ 46″ O (Karte)<br />

Das Schwarze Meer ist ein zwischen Südosteuropa, Osteuropa und Vorderasien gelegenes<br />

Binnenmeer des östlichen europäischen Mittelmeeres, mit dem es über den Bosporus und die<br />

Dardanellen verbunden ist. Es ist bis 2.212 m tief und hat eine Fläche von etwa 461.000<br />

km². [2] Der Rauminhalt des Schwarzen Meeres beträgt 547.000 km³.<br />

160


Karte der Schwarzmeer-Region<br />

Etymologie<br />

Es gibt zwei Deutungen zur Herleitung des Namens Schwarzes Meer, die sich vielleicht<br />

ergänzen: Die primäre Deutung bezieht sich konkret auf die Beobachtung einer schwarzen<br />

Färbung des Wassers, die vor allem im Sediment sichtbar ist. Dies geht auf sulfatreduzierende<br />

(sulfidogene) Bakterien zurück, die durch ihre chemische Aktivität Schwefelwasserstoff aus<br />

Sulfat bilden. Zusammen mit Eisen-Ionen bilden sich dadurch Eisensulfide. Analog lässt sich<br />

der Name des Roten Meeres aus den dort vorkommenden Rotalgen ableiten. Dies war<br />

vermutlich auch der Ursprung des biblischen Namens „Blutmeer“.<br />

Eine historische Deutung ordnet die Farbe einem in der Antike üblichen System zu, das die<br />

Himmelsrichtungen symbolisch durch Farbwörter bezeichnet, wobei „schwarz“ für das<br />

„nördliche" Meer gilt, wie die Bezeichnung des Ostens als „gelb“ (Gelbes Meer). So zuletzt<br />

Rüdiger Schmitt in seinem Beitrag Considerations on the Name of the Black Sea. Sprecher,<br />

die dieses System verwandt haben, haben also südlich dieses Meeres wohnen müssen. Dies<br />

trifft allerdings nicht auf die Skythen zu, denen der Ausdruck zugeschrieben werde. Da die<br />

Bezeichnung (*Axšaina… = Schwarzes…), ebenso wie der entsprechende Name des Roten<br />

Meeres, zuerst während der Zeit der Achaimeniden benutzt wurde, sei es naheliegend, die<br />

Perser als Namensgeber dieser Meere auszumachen.<br />

Im Altgriechischen wurde *Axšaina zu Πόντος Ἄξε(ι)νος (Póntos Áxe(i)nos), „ungastliches<br />

Meer“, übertragen. Später erfolgte eine euphemistische Umwandlung von „ungastlich“ zu<br />

Πόντος Εὔξεινος (Pontos Euxeinos), „gastliches Meer“. Die Bezeichnung „Schwarzes Meer“<br />

(Πόντος Mέλας) war den Griechen jedoch ebenfalls bekannt. Wahrscheinlich erhielt die<br />

Bezeichnung durch Übersetzungen des griechischen Begriffes Einzug nach Europa. Auch die<br />

Türken übernahmen diese Namensgebung (Kara = Schwarz, Deniz = Meer). Im Mittelalter<br />

waren zudem auch die Bezeichnungen Chasarisches Meer, Russisches Meer und Skythisches<br />

Meer üblich.<br />

Vom griechischen Begriff leitet sich auch das Adjektiv pontisch ab, das in der Bedeutung von<br />

„Zum Schwarzen Meer gehörig“ verwendet wird.<br />

161


In den Sprachen früherer und jetziger Anrainer trägt es folgende Bezeichnungen: adygeisch:<br />

Хы ШIуцI, altgriechisch Πόντος Εὔξεινος/ Pontos Euxeinos, bulgarisch Черно<br />

море/Tscherno more, georgisch შავი ზღვა/Schawi sghwa, lasisch/megrelisch Uça zuğa/უჩა<br />

ზუღა/Utscha sugha, rumänisch Marea Neagră, russisch Чёрное море/Tschornoje morje,<br />

türkisch Karadeniz, ukrainisch Чорне море/Tschorne more<br />

Geographie<br />

Lage des Schwarzen Meeres<br />

Der Strand von Sudak<br />

Das Schwarze Meer liegt auf der östlichen innereurasischen Grenze zwischen Kleinasien/dem<br />

Kaukasus und Südosteuropa/Osteuropa. Die Anrainerstaaten sind im Uhrzeigersinn die<br />

Ukraine, Russland, Georgien, Türkei, Bulgarien und Rumänien.<br />

162


Wasserstraßen und Flüsse<br />

Über den Bosporus zum Marmarameer besteht eine Verbindung vom Schwarzen Meer zum<br />

Mittelmeer und über die Straße von Kertsch eine weitere zum Asowschen Meer.<br />

Wasserstraßen verbinden das Schwarze Meer über den Don zur Wolga, zum Kaspischen<br />

Meer, zur Ostsee und zum Weißen Meer sowie über die Donau und den Main-Donau-Kanal<br />

zur Nordsee.<br />

In das Schwarze Meer münden unter anderen folgende Flüsse:<br />

• Çoruh<br />

• Dnepr<br />

• Dnister<br />

• Don (Asowsches<br />

Meer)<br />

Küste<br />

• Donau<br />

• Enguri /<br />

(Inguri)<br />

• Kamtschija<br />

163<br />

• Kızılırmak<br />

• Yeşilırmak<br />

• Rioni<br />

• Ropotamo<br />

• Sakarya<br />

• Südlicher Bug<br />

Die Küste des Schwarzen Meeres ist vor allem im östlichen und südlichen Bereich nur<br />

schwach gegliedert. Typisch für den nordwestlichen Teil ist die Herausbildung von Limanen<br />

im Mündungsbereich von Bug, Dnister und Dnjepr.<br />

Inseln und Halbinseln<br />

Das Schwarze Meer ist arm an Inseln und Inselgruppen. Einzelne kleine Inseln und Eilande<br />

sind u. a. der türkischen und bulgarischen Küste vorgelagert, andere befinden sich im<br />

Mündungsgebiet der größeren Zuflüsse (Donau, Dnjepr). Die zahlenmäßig größte Inselgruppe<br />

befindet sich in der Bucht von Burgas.<br />

Die Halbinsel Krim und die ihr gegenüber liegende Taman-Halbinsel trennen das Schwarze<br />

Meer vom Asowschen Meer.<br />

Folgende Inseln finden sich unter anderem im Schwarzen Meer:<br />

• Alibej<br />

• Beresan (russ.)<br />

• Dowhyj ostriw (Dolgi<br />

ostrow)<br />

• Dscharylhatsch<br />

(ukrainisch, russ.<br />

Dscharilgatsch)<br />

• Eşek (türkisch)<br />

• Giresun Adası<br />

(türkisch)<br />

• Incir (türkisch)<br />

• Kefken (türkisch)<br />

• Kocaeli (türkisch)<br />

• Krim (ukrain.<br />

Halbinsel)<br />

• Perwomaiski (ukrain.)<br />

• Sagany<br />

• Sasyk (Kunduk)<br />

• Schlangeninsel<br />

(ukrainisch)<br />

• St. Anastasia (bulgar.)<br />

• St. Iwan (bulgar.)<br />

• St. Kirik i Julita<br />

(bulgar.)<br />

• St. Petar (bulgar.)<br />

• St. Toma (bulgar.)<br />

• Taman-Halbinsel<br />

(russ.)<br />

• Tendra-Landzunge<br />

(Tendriwska kossa)<br />

(ukrain.)<br />

• Tusla (ukrain., von<br />

Russland beansprucht)


Tiefste Stelle<br />

Die Meerestiefe beträgt an der tiefsten Stelle 2212 Meter.<br />

Größte Bucht<br />

Die größte Bucht ist die Bucht von Burgas (Bulgarien). Sie erstreckt sich an der Westküste<br />

von Kap Emine (bulgarisch Емине) im Norden bis Kap Maslen Nos (bulgarisch Маслен нос)<br />

im Süden. Der westlichste Punkt des Meeres befindet sich ebenfalls in der Bucht von Burgas<br />

und ist die Stadt selbst.<br />

Entstehung<br />

Das Schwarze Meer bildete sich als ein Relikt des erdgeschichtlichen Randmeeres der<br />

Paratethys vor 35 Mio. Jahren, aus dem auch das Kaspische Meer und der Aralsee<br />

hervorgingen. Eine bewegte Zeit mit weiteren tiefgreifenden erdgeschichtlichen Veränderungen<br />

folgte, bei denen unter anderem etwa vor 11,5 Mio. Jahren auf dem Gebiet des<br />

Schwarzen Meeres der brackische Pannon-See entstand, oder etwa vor 7 Mio. Jahren der fast<br />

süßwasserhaltige Pontische See.<br />

Zur letzten Eiszeit etwa vor 50.000 Jahren, zu der schon Menschen lebten, war das Klima kalt<br />

und trocken, viel Süßwasser war in Gletschern gebunden und das Gebiet des Schwarzen<br />

Meeres dürfte weitgehend ausgetrocknet gewesen sein.<br />

Ab 17000 v. Chr. stiegen die Temperaturen wieder. Durch ein Zusammenspiel von<br />

abschmelzenden Gletschern und sich durch Eis aufstauenden Flüssen wurde das Becken<br />

unkontinuierlich bis abrupt geflutet. Das kann direkt mit dem Süßwasser der Flusssysteme<br />

Donau, Dnepr und Don geschehen sein. Anschließend, im Verlauf der holozänen<br />

Transgressionen, würde dann das Salzwasser des Mittelmeeres durch den Bosporus in das<br />

Schwarze Meer geströmt sein. Nach einer Untersuchung durch Mitarbeiter der Woods Hole<br />

Oceanographic Institution sei der Überlauf ab etwa 7500 v. Chr. zu datieren.<br />

Der Meeresspiegel stieg ab dieser Zeit lokal um fünf Meter an. [5] William Ryan und Walter C.<br />

Pitman nahmen in einer 1997 publizierten Untersuchung an, dass dieser Einbruch 5500 v.<br />

Chr. in kataklystischer Weise stattfand und mit einer Wasserspiegelanhebung von mehr als<br />

hundert Metern in kurzer Zeit einherging. [6] Einige archäologische Funde deuten auf ein<br />

schnelles Verlassen von Siedlungen am zuvor dicht besiedelten Ufergebiet hin. [7][8]<br />

William Ryan konnte inzwischen Gräben und Auswaschungen am Boden des Schwarzen<br />

Meers nachweisen, die zu einer von dem Schweizer Wissenschaftler Mark Siddall erstellten<br />

Computer-Simulation einer gewaltigen Überflutung passen. [9][10]<br />

Der Bosporus stellt seitdem die Verbindung zum Marmarameer dar. Er hat eine Breite von<br />

760 bis 3600 Meter und ist an seiner flachsten Stelle lediglich 32 bis 35 Meter tief.<br />

164


Eigenschaften des Meeres<br />

Salzgehalt<br />

Das Wasser hat in der oberen Schicht einen (relativ niedrigen) Salzgehalt von etwa 17<br />

Promille. In den tieferen Schichten des Meeres, unter etwa 150 Metern, ist der Salzgehalt<br />

wesentlich höher. Der salinare Zufluss aus dem Mittelmeer (38–39 ‰) beträgt etwa 300 km³<br />

je Jahr und der Oberflächenabfluss von weniger salinarem Wasser aus dem Schwarzen Meer<br />

etwa 600 km³ je Jahr.<br />

Sauerstoffgehalt<br />

Das salzarme Oberflächenwasser des Schwarzen Meeres liegt wie ein Deckel auf dem<br />

dichteren, salzhaltigeren Tiefenwasser. Es herrscht somit eine stabile Schichtung mit nur<br />

unbedeutendem vertikalem Austausch. Da somit kein Sauerstoff in die Tiefe gelangt, sind<br />

weite Bereiche des Tiefwassers des Schwarzen Meeres anoxisch, d.h. frei von ungebundenem<br />

Sauerstoff. Das Schwarze Meer ist sogar das größte anoxische Meeresbecken der Erde. Das<br />

hat zur Folge, dass in den tieferen Bereichen des Meeres keine Organismen existieren können,<br />

die einen auf Sauerstoffatmung basierenden Stoffwechsel betreiben. Stattdessen werden<br />

andere Stoffe wie Sulfat als finales Oxidationsmittel verwendet. Dadurch entstehen<br />

Schwefelwasserstoff und zusammen mit zweiwertigen Eisenionen bereits erwähnte<br />

Eisensulfide (im Wesentlichen FeS und FeS2 als Pyrit oder Markasit). Konsequenz aus der<br />

Sauerstoffarmut ist, dass organische Abfälle (abgestorbene Pflanzen, Tiere usw.) nicht – wie<br />

an der Luft oder im sauerstoffreichen Wasser – vollständig zu Kohlenstoffdioxid und Wasser<br />

oxidiert werden. Es erfolgt vielmehr ein unvollständiger Abbau und am Boden sammeln sich<br />

die Überreste. Manche Geologen und Meereschemiker nehmen an, dass die Vorgänge im<br />

Schwarzen Meer denjenigen gleichen, die in vergangenen Erdzeitaltern bei der Entstehung<br />

von Erdöl bzw. Ölschiefer abliefen. Sie sprechen von euxinischen Verhältnissen. Mit anderen<br />

Worten: Aus den Fäulnisüberresten am Boden des Schwarzen Meeres könnte einmal Erdöl<br />

bzw. Ölschiefer entstehen.<br />

Methan und Methanhydrate<br />

Im anoxischen Bereich des Schwarzen Meeres entstehen zudem große Mengen Methan durch<br />

den anaeroben Abbau organischen Materials. Zusätzlich emittieren auch unterseeische<br />

Schlammvulkane Methan. Das Schwarze Meer ist zugleich das Gewässer mit der höchsten<br />

Konzentration von Methanhydraten. In bestimmten Küstenabschnitten im Osten des<br />

Schwarzen Meeres dringt soviel Methan nach oben, dass die Luft zeitweise zu brennen<br />

beginnt.<br />

Klima<br />

Das Klima entlang der Küsten des Schwarzen Meeres ist zweigeteilt: die Küste Rumäniens im<br />

Nordwesten, die Küste der Ukraine im Norden sowie die Küste Russlands im Nordosten des<br />

Meeres haben ein kontinentales Klima mit warmen Sommern und kühlen bis kalten Wintern.<br />

Die Niederschlagsmengen sind hier relativ gering aber recht gleichmäßig über das Jahr<br />

verteilt, mit einer erhöhten Niederschlagsneigung in den Sommermonaten.<br />

165


Die am südlichen Teil des Schwarzen Meeres gelegenen Küsten Georgiens, der Türkei und<br />

Bulgariens haben ein gemäßigtes Klima und weisen ein Übergangsklima mit deutlichen<br />

subtropischen Elementen auf. Dennoch wird auch hier der subtropische Einfluss des<br />

Mittelmeerraums, der eher gering ist, meist überschätzt. Die Niederschlagsmengen sind hier<br />

viel höher und auch gleichmäßig über das Jahr verteilt, mit einer hohen Niederschlagsmenge<br />

im ganzen Jahr. Zwar sind hier die Sommer genauso warm (nicht heiß), und die kühlen und<br />

gelegentlich kalten Winter sind durch höhere Durchschnittswerte gekennzeichnet, jedoch sind<br />

in der Zeit zwischen November und März kontinentale Kaltlufteinbrüche vom zentralen<br />

Balkan oder der nordöstlich befindlichen Landmassen Russlands möglich und mit<br />

Schneefällen und Temperatureinbrüchen bis deutlich unter den Gefrierpunkt verbunden.<br />

Die Kultivierung mediterraner Pflanzen, wie dies häufig in touristisch erschlossenen Gebieten<br />

Bulgariens, aber auch Georgiens und dem Südteil der Halbinsel Krim der Fall ist, ist somit<br />

nur in günstigen Lagen und mit Winterschutzmaßnahmen möglich. Kein Küstenabschnitt des<br />

Schwarzen Meeres tangiert die sogenannte Ölbaumgrenze und auch die Palmengrenze,<br />

welche gemeinhin als Indikatoren für den Bruch zwischen gemäßigtem und subtropischmediterranem<br />

Klima betrachtet werden.<br />

Wirtschaftsraum Schwarzes Meer<br />

Antike Handelsbeziehungen<br />

Griechische Kolonien in Schwarzem Meer<br />

Im Zuge der Griechische Kolonisation entstanden an der Küste des Schwarzen Meeres<br />

mehrere Kolonien, sogenannten Poleis die unter sich und mit den, anderen Völker in<br />

Küstennähe sowie mit der übrigen antiken Welt im Mittelmeer Handel betrieben. Für die<br />

Handelsbeziehungen zwischen Griechen und einheimischen Thrakern, aber auch<br />

möglicherweise innerhalb der Poleis selbst existierten seit dem späten 6. Jahrhundert vor Chr.<br />

als Form des allgemeinen Äquivalents im Handelsaustausch gegossene bronzene Pfeilspitzen,<br />

die Laut Manfred Oppermann und Iwan Karajotow in ihrem Charakter nach als Kleinbarren<br />

zu interpretieren sind.<br />

166


Dieses Pfeilgeld war keineswegs nur auf den Westpontos beschränkt, sondern auch im<br />

Bereich von Olbia und Sinope weiter östlich im Gebrauch gewesen. Wie Funde beweisen, war<br />

Histria ein wichtiges Herstellungszentrum dieser Barren, doch ist es nicht ausgeschlossen,<br />

dass damals selbst Orgame eine eigene Produktion besaß, da sich ebenfalls in der Umgebung<br />

eine beachtliche Konzentration abzeichnet, was auf Handelsaustausch mit der dortigen<br />

getischen Bevölkerung hindeutet. Im Süden hatte Apollonia derartige prämonetäre Pfeile<br />

erzeugt. Möglicherweise war sogar Antheia ein solcher Herstellungsort sowie im Bereich des<br />

Westpontos auch Odessos und Tomis.<br />

Genueser und Venezianischer Handel<br />

Kolonien und Stützpunkte Genuas<br />

Handelswege Venedigs und Genuas<br />

→ Hauptartikel: Genueser Kolonien und Venezianische Kolonien<br />

Im Gebiet des Schwarzen Meeres kann von regelrechten Kolonien, die weitgehend von<br />

Venedig dominiert wurden, erst im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts die Rede sein. Beim<br />

Zugang dorthin spielte Getreide, vor allem Weizen, mit dem Venedig und Genua zeitweise<br />

ganz Oberitalien versorgten, eine zentrale Rolle. Nach der Aufteilung des Byzantinischen<br />

Reiches im Vierten Kreuzzug 1204 waren wichtige Hafenstädte zunächst an den Rivalen<br />

Venedig gefallen, mittels eines Bündnisses mit dem um Restauration bemühten Kaiserreich<br />

Nikaia setzte sich dann jedoch wieder Genua durch.<br />

167


Nach dem Abkommen von Nymphaion 1261 setzten sich die Genuesen vor allem auf der<br />

Halbinsel Krim und am Asowschen Meer, fest. Doch gründeten sie auf der Grundlage des<br />

Abkommens Niederlassungen rund um das Schwarze Meer, so unter anderem in Trapezunt,<br />

Amastri, Simisso, Vicina im Donaudelta, Kilia, Caffa, Cetatea Albă, Tana an der<br />

Donmündung. [14]<br />

Die bedeutendste und erste genuesische Kolonie im Schwarzmeerraum, Pera bei Konstantinopel,<br />

nahm eine Sonderstellung ein und blieb bis zum Fall Konstantinopels 1453 ein<br />

wichtiger und konstanter Stützpunkt des genuesischen Handels. Für den übrigen Schwarzmeerraum<br />

wurde Caffa auf der Krim zur Hauptkolonie. Von dort kam wohl im Zuge der<br />

Kämpfe mit den Mongolen der Goldenen Horde 1348 der Schwarze Tod, die Pest, nach<br />

Europa.<br />

Heutige Beziehungen<br />

Ausschließliche Wirtschaftszonen der Schwarzmeeranrainerstaaten<br />

Die sechs Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres - (vom Süden an im Uhrzeigersinn:) Türkei,<br />

Bulgarien, Rumänien, die Ukraine, Russland und Georgien - haben sich 1992 mit Albanien,<br />

Armenien, Aserbaidschan, Griechenland, Serbien und Moldawien zu einer Schwarzmeer-<br />

Wirtschaftskooperation zusammengeschlossen. Sie soll die wirtschaftliche Entwicklung der<br />

Region fördern. So soll ein neuer Autobahnring und ein Stromverbund alle Schwarzmeeranrainer<br />

verbinden. Das Jahrhundertprojekt wurde 2007 auf der Jubiläums-Konferenz der<br />

Schwarzmeer-Kooperation von zwölf Mitgliedsländern beschlossen. [15] Für Russland wurde<br />

die Absichtserklärung zum Bau der Ring-Autobahn im Dezember 2010 vom russischen<br />

Präsident Medwedew unterzeichnet.<br />

Schifffahrt<br />

Anfang der 1840er-Jahre trafen die beiden österreichischen Reedereien Erste Donau-<br />

Dampfschiffahrts-Gesellschaft (DDSG) und Österreichischer Lloyd ein Abkommen. Dieses<br />

sah eine wöchentliche Verbindung von den Donauhäfen an das Schwarze Meer vor. Von dort<br />

aus betrieb der Österreichische Lloyd Linien in den Mittelmeerraum, und von dort aus ab<br />

Eröffnung des Sueskanals auch bis in den Nahen Osten und nach Asien. Wöchentliche<br />

Verbindungen von Istanbul nach Braila, Odessa, Nikolajew sowie Batumi wurden angeboten.<br />

Während für Handelsschiffe eine freie Passage über das Mittelmeer möglich ist, ist für<br />

Kriegsschiffe die Zufahrt in das Schwarze Meer über den Vertrag von Montreux<br />

reglementiert.<br />

168


Pipelines<br />

Die Erdgas-Pipeline Blauer Strom verläuft im östlichen Teil des Schwarzen Meeres von der<br />

russischen Küste am Meeresboden bis zur türkischen Küste. Mit der South Stream, die<br />

Russland mit Bulgarien unter dem Meeresboden verbinden soll ist zudem eine weitere in<br />

Planung.<br />

Umweltverschmutzung und Meeresschutz<br />

Der größte Anteil an Umweltverschmutzung verursachenden Substanzen gelangt über die<br />

Donau und ihr Einzugsgebiet in das Schwarze Meer.<br />

Für den Meeresschutz und die Befischung des Schwarzen Meeres wurde 1996 das<br />

ACCOBAMS („Agreement on the Conservation of Cetaceans of the Black Sea, Mediterranean<br />

Sea and Contiguous Atlantic Area“) unterzeichnet. Es regelt den Schutz der Delphine und<br />

Wale (Cetacea). Besonders bedroht sind hier die Großen Tümmler.<br />

1992 wurde in Bukarest das Übereinkommen über den Schutz des Schwarzen Meeres vor<br />

Verschmutzung verabschiedet.<br />

Städte<br />

Wichtige Hafenstädte<br />

Batumi<br />

Burgas<br />

Cherson<br />

Constanța<br />

Giresun<br />

Kertsch<br />

Mangalia<br />

Mykolajiw<br />

Noworossijsk<br />

Odessa<br />

Ordu<br />

Poti<br />

Bekannte Bade- und Kurorte<br />

• 2 Mai<br />

• Achtopol<br />

• Albena<br />

• Amasra<br />

• Burgas<br />

• Costinești<br />

• Djuni<br />

• Eforie<br />

Nord<br />

• Eforie Sud<br />

• Goldstrand<br />

• Jalta<br />

• Jupiter<br />

• Kazantip<br />

• Mamaia<br />

• Mangalia<br />

• Năvodari<br />

• Neptun<br />

• Nessebar<br />

169<br />

Samsun<br />

Sinop<br />

Sewastopol<br />

Sochumi<br />

Sotschi<br />

Sulina<br />

Trabzon<br />

• Obsor<br />

• Odessa<br />

• Olimp<br />

• Pomorie<br />

• Primorsko<br />

• Saturn<br />

Warna<br />

Zonguldak<br />

• Şile<br />

• Sinemorez<br />

• Sinop<br />

• Sonnenstrand<br />

• Sotschi<br />

• Sosopol<br />

• Trabzon


Sotschi<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Stadt<br />

Sotschi<br />

Сочи<br />

Flagge Wappen<br />

Föderationskreis Südrussland<br />

Region Krasnodar<br />

Stadtkreis Sotschi<br />

Bürgermeister<br />

Anatoli Nikolajewitsch Pachomow<br />

(geschäftsführend)<br />

Gegründet 1838<br />

Stadt seit 1917<br />

Fläche 250 km²<br />

Bevölkerung<br />

343.334 Einwohner<br />

(Stand: 14. Okt. 2010) [1]<br />

Bevölkerungsdichte 1.373 Einwohner/km²<br />

Höhe des Zentrums 30 m<br />

Zeitzone UTC+4<br />

Telefonvorwahl (+7) 8622<br />

Postleitzahl 354000–354396<br />

Kfz-Kennzeichen 23, 93<br />

OKATO 03 426<br />

Website www.sochiadm.ru<br />

Geographische Lage<br />

Koordinaten<br />

43° 35′ N, 39° 44′<br />

O43.58333333333339.73333333333330Koordinaten:<br />

43° 35′ 0″ N, 39° 44′ 0″ O (Karte)<br />

Liste der Städte in Russland<br />

Sotschi (russisch Сочи ( Aussprache ?/i ), englisch Sochi) ist eine Stadt am Schwarzen Meer<br />

in Russland. Sie liegt in der Region Krasnodar nahe der Grenze zu Georgien und hat 343.334<br />

Einwohner (Stand 14. Oktober 2010). [1] Sotschi ist einer der beliebtesten Bade- und Kurorte<br />

Russlands. Die Stadt ist Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 und Spielstätte<br />

bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018, zudem soll der Große Preis von Russland der Formel<br />

1 in Sotschi stattfinden.<br />

170


Geographie<br />

Überblickspanorama von Sotschi, im Hintergrund ist der Kaukasus zu erkennen<br />

Sotschi erstreckt sich über 145 Kilometer entlang der nordöstlichen Küste des Schwarzen<br />

Meeres. Nordwestliche Grenze ist der Fluss Schepsi wenige Kilometer südlich von Tuapse,<br />

südöstliche der Fluss Psou, welcher auch die Grenze Russlands zur von Georgien abtrünnigen<br />

Republik Abchasien bildet. Das Stadtzentrum ist von der Grenze etwa 30 Kilometer entfernt.<br />

Bereits die erste Bergkette des Kaukasus in Küstennähe mit den Kämmen Alek, Bytcha,<br />

Mamaiski, Soloniki und Tjupjutschch erreicht Höhen um 1000 m und ist für das im Winter<br />

milde Klima verantwortlich. Die Berge des Kaukasus-Hauptkammes, 25 bis 40 Kilometer von<br />

der Küste, sind hier über 3.000 Meter hoch (Zachwoa, 3345 m).<br />

Auf dem Territorium der Stadt Sotschi erreichen mehrere Bergflüsse, welche die erste<br />

Bergkette durchschneiden, das Schwarze Meer. Von Norden nach Süden sind dies Psesuapse,<br />

Schache, Sotschi und Msymta.<br />

Stadtgliederung und -verwaltung, Bevölkerungsentwicklung<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

Jahr Einwohner<br />

1897 1.352<br />

1926 13.000<br />

1939 71.000<br />

1959 95.234<br />

1970 224.031<br />

1979 287.353<br />

1989 336.514<br />

2002 328.809<br />

2010 343.334<br />

171


Am 10. Februar 1961 wurden zwei benachbarte Rajons, Lasarewskoje und Adler, eingemeindet,<br />

womit das heute existierende und manchmal Groß-Sotschi (Bolschoi Sotschi) genannte<br />

administrative Gebilde entstand. 1959 hatten die eingemeindeten Rajons Adler und<br />

Lasarewskoje 55.273 und 37.389 Einwohner, davon die Siedlungen städtischen Typs Adler<br />

19.658, Lasarewskoje 8.966, Dagomys 7.192 und Krasnaja Poljana 4.443 Einwohner.<br />

Heute ist die Stadt in vier Stadtrajons gegliedert: Lasarewski, Zentralny, Chostinski, Adlerski<br />

(Reihenfolge von Nordwesten nach Südosten). Zum Stadtkreis gehören auch die Siedlung<br />

städtischen Typs Krasnaja Poljana (russ. für Rote oder Schöne Lichtung) mit 3972<br />

Einwohnern und 78 Dörfer mit zusammen 69.068 Einwohnern, sodass die<br />

Gesamtbevölkerungszahl des Stadtkreises Sotschi 410.987 beträgt (Berechnung 2009). Da<br />

zum Stadtkreis auch weiträumige, praktisch unbewohnte Berggebiete gehören, ist die<br />

Bevölkerungsdichte des Stadtkreises mit knapp 120 Einwohnern pro km² im Ganzen relativ<br />

gering.<br />

Stadtrajons:<br />

• Adlerski (russ. Адлерский), 70.339 Einwohner, Ortsteile: Adler, Krasnaja Poljana<br />

• Chostinski (russ. Хостинский), 62.440 Einwohner, Ortsteile: Chosta, Kudepsta,<br />

Mazesta<br />

• Lasarewski (russ. Лазаревский), 64.068 Einwohner, Ortsteile: Asche, Dagomys,<br />

Jakornaja Schtschel, Loo, Magri, Makopse, Lasarewskoje, Soloniki, Wardane<br />

• Zentralny (russ. Центральный), 132.734 Einwohner, Ortsteil: Sotschi (Zentrum)<br />

Sotschi liegt auf dem gleichen Breitengrad wie Nizza. Das Klima der Küstenzone Sotschis ist<br />

subtropisch mit langen, heißen Sommern, warmem Herbst und kurzen, milden Wintern.<br />

Ursache ist die geschützte Lage durch die nahe an das Meer herantretenden Kämme des<br />

Kaukasus, welche allerdings auch relativen Niederschlagsreichtum bedingen.<br />

Die Jahresmitteltemperatur beträgt etwa 14 °C. Kälteste Monate sind Januar und Februar mit<br />

etwa 6 °C, wärmste Monate Juli und August mit etwa 23 °C. Die geringste je gemessene<br />

Temperatur betrug −13,4 °C (25. Januar 1892), die höchste 39,4 °C (30. Juli 2000). Im Januar<br />

wurden aber auch schon 21,2 °C gemessen (22. Januar 1948), während die Temperaturen im<br />

Juli/August noch nie unter 10 °C gefallen sind.<br />

Die durchschnittliche Wassertemperatur des Schwarzen Meeres beträgt im August 24,1 °C.<br />

Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt über 1.600 mm (zum Vergleich<br />

Berlin: 581 mm). Ein Großteil davon fällt in den Wintermonaten mit einem Maximum von<br />

etwa 190 mm im Dezember und Januar. Das sommerliche Minimum im Mai bis Juni von<br />

immerhin noch 90 bis 100 mm geht gewöhnlich in Starkregen an nur wenigen Tagen nieder.<br />

In den Gebirgslagen der Stadt sind insbesondere die Wintertemperaturen niedriger, so im<br />

knapp 600 Meter hoch gelegenen Krasnaja Poljana, wo die olympischen Skiwettbewerbe<br />

2014 ausgetragen werden, um durchschnittlich 5 bis 6 °C. Damit beträgt sie um 0 °C, in den<br />

Hochlagen entsprechend weniger. Eine geschlossene Schneedecke stellt sich im unteren Teil<br />

der Pisten gewöhnlich Mitte Januar ein und erreicht im März Höhen von 2 Metern und mehr.<br />

Im höher gelegenen Bereich erstreckt sich die Skisaison von November bis Anfang Juni.<br />

172


Verkehr<br />

Die Bahnlinie entlang der Küste westlich des Zentrums<br />

Im Stadtteil Adler, nahe der Mündung der Msymta in das Schwarze Meer, liegt der<br />

internationale Flughafen Sotschi (IATA-Code AER), den 2006 1,35 Millionen Passagiere<br />

nutzten. Bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 soll er auf eine Kapazität von vier<br />

Millionen Passagieren pro Jahr ausgebaut werden. Mit dem Umbau des benachbarten<br />

Flughafen Poti in Georgien zu einem "Drehkreuz" für den Luftverkehr in der Kaukasusregion<br />

wurde dank eines Kredits einer arabischen Investmentbank ebenfalls bereits begonnen.<br />

Entlang der Schwarzmeerküste führt durch Sotschi eine zweigleisige, elektrifizierte<br />

Eisenbahnstrecke mit Schnellzugstationen in allen großen Ortsteilen bis Adler. Es besteht eine<br />

Direktverbindung nach Moskau, Sankt Petersburg und in viele russische Städte bis nach<br />

Sibirien. Zudem ist Sotschi im Sommer immer samstags aus Berlin ohne Umsteigen zu<br />

erreichen.<br />

Der Abschnitt Tuapse–Adler wurde 1929 eröffnet, die Weiterführung nach Sochumi in<br />

Abchasien, wo Anschluss an das Transkaukasische Netz geschaffen wurde, 1944/45. Über<br />

diese Strecke kann auch heute Abchasien erreicht werden, allerdings ist die Weiterführung<br />

von Sochumi nach Georgien seit dem abchasischen Bürgerkrieg Anfang der 1990er Jahre<br />

zerstört und außer Betrieb. Die Elektrifizierung erfolgte von 1956 bis 1958. Verlief die<br />

Verbindung nach Zentralrussland anfangs über Tuapse–Armawir, so wurde sie 1978 mit<br />

Eröffnung einer neuen Direktverbindung (mit einem drei Kilometer langen Tunnel) unter dem<br />

Kaukasushauptkamm zwischen Krasnodar und Tuapse erheblich verkürzt.<br />

Der innerstädtische Verkehr wird mit Omnibussen und Vorortzügen (Elektritschkas)<br />

bewältigt. Außerdem gibt es eine Standseilbahn und mehrere Sesselbahnen (z. B. beim<br />

Botanischen Garten). Bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 ist ein umfassender<br />

Ausbau des innerstädtischen ÖPNV-Angebots geplant, unter anderem ist der Bau einer<br />

Stadtbahn mit Haltestellen am Flughafen sowie am neuen Olympiapark im Bau.<br />

173


Geschichte<br />

Blick auf Sotschi vom Schwarzen Meer aus<br />

Vom 6. bis 15. Jahrhundert gehörte das Gebiet den Königen von Georgien, die dort ein<br />

Dutzend Kirchen erbauten. Im Ortsteil Loo steht die Ruine einer byzantinischen Basilika aus<br />

dem 11. Jahrhundert. Ab dem 15. Jahrhundert wurde die Küste vom Osmanischen Reich<br />

kontrolliert. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1828–1829 wurde es 1829 mit dem<br />

Frieden von Adrianopel vertraglich an Russland abgetreten.<br />

Inmitten des Kaukasuskriegs wurde Sotschi 1838 als Fort und Siedlung Alexandrija<br />

(Александрия) gegründet. In dieser Zeit entstanden auch weitere Befestigungsanlagen, die<br />

später die Kerne heutiger Stadtteile bildeten, so das Fort des Heiligen Geistes (Fort Swjatowo<br />

Ducha, 1837, heute Adler), Lasarewski und Golowinski (1839, heute Lasarewskoje und<br />

Golowinka).<br />

1839 erfolgte die Umbenennung des Forts Alexandrija in Nawaginskoje, nach dem Namen<br />

des dort stationierten Regimentes. Die Bedingungen waren aufgrund der Kampfhandlungen<br />

und der grassierenden Malaria sehr schwer.<br />

In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Forts nicht mehr gebraucht und abgerissen. Es<br />

war keine russische Bevölkerung mehr vorhanden, die Gebiete waren verödet.<br />

Die massenhafte Umsiedlungsbewegung aus verschiedenen Regionen Russlands an die<br />

kaukasische Schwarzmeerküste setzte nach dem Ende des Kaukasuskrieges 1864 ein. Nach<br />

der Bauernbefreiung 1861 siedelten sich hier gemäß einem Regierungsprogramm, aber auch<br />

spontan Bauern ohne Hof und Boden an.<br />

174


Der Seehafen von Sotschi<br />

Sotschis Dendrarium ist ein städtischer Park der eine einzigartige Sammlung von<br />

subtropischen Flora und Fauna bietet.<br />

Unter dem Namen Dachowski-Posten (Post Dachowski, wieder nach dem dort stationierten<br />

Regiment) wurde der Posten wieder errichtet. Später verlor der Posten seine militärische<br />

Bedeutung und 1874 erfolgte die erneute Umbenennung in Dachowski Possad. 1896 erhielt<br />

die Siedlung ihren heutigen, von der ubychischen Bezeichnung des durch den Ort fließenden<br />

Flüsschens, Soatschsche, abgeleiteten Namen (bzw. von der adygeischen Version Schatscha).<br />

Die auf dem Territorium der heutigen Stadt Sotschi siedelnden kaukasischen Völker (Sadsen<br />

um das heutige Adler, Ubychen um Sotschi-Zentrum und Golowinka, Schapsugen um<br />

Lasarewskoje) wurden im Verlaufe des 19. Jahrhundert von den zuwandernden Russen<br />

größtenteils verdrängt.<br />

175


Anfang des 20. Jahrhunderts begann Sotschis Entwicklung zu einem Bade- und Kurort der<br />

russischen Oberschicht. 1902 begann die Nutzung der Sulfid-Chlorid-Natrium-Heilquellen<br />

von Mazesta, einem Stadtteil im Rajon Chostinski. Es wurden Sommerhäuser im Jugendstil<br />

von Moskauer und Petersburger Architekten erbaut. Es tauchten auch die ersten Hotels auf.<br />

1909 eröffnete der Kurort Kaukasische Riviera mit zunächst zwei Hotels. 1917 erhielt Sotschi<br />

das Stadtrecht.<br />

Nach der russischen Oktoberrevolution, am 29. Juni 1918, besetzten die georgische Armee<br />

und abchassische Freiwillige die Stadt Adler, am 6. Juli stand Sotschi unter georgischer<br />

Kontrolle. Im Jahre 1919 am 26.Januar griffen die Freiwilligen und Soldaten der Armee von<br />

Denikin Sotschi an. Großbritannien, das die Souveränität Georgiens garantierte, griff nicht<br />

ein. Nach mehreren Kämpfen verließ die georgische Armee Sotschi, die georgische<br />

Bevölkerung der Stadt war schutzlos und wurde von den Russen vertrieben.<br />

Die Stadt entwickelte sich in der Sowjetunion zu einem der populärsten Badeorte. Josef Stalin<br />

ließ im nördlichen Ortsteil Dagomys eine seiner Datschen, Botscharow Rutschei, errichten.<br />

Sie dient bis heute als eine der Residenzen des russischen Präsidenten, in der das<br />

Staatsoberhaupt auch ranghohe Gäste empfängt. Seit 1937 gehört Sotschi zur Region<br />

Krasnodar. Im Zweiten Weltkrieg dienten die Sanatorien und Erholungsheime der Stadt als<br />

Lazarette. Hier wurden über 500.000 verwundete Soldaten der Roten Armee behandelt.<br />

Hunderte von Palastsanatorien, Kurhotels und Ferienressorts entstanden in dieser Zeit in<br />

Sotschi. Die meisten Sanatorien wurden zur Behandlung für Bronchial-, Lungen-, und<br />

Nervenerkrankungen errichtet. In dieser Zeit waren jährlich bis zu sechs Millionen Urlauber<br />

in Sotschi. Mit dem Ende der Sowjetunion endete zunächst auch das Konzept des Urlaubs für<br />

die Massen, aufgrund eines starken Preisanstieges für Unterkünfte, Verpflegung und<br />

Attraktionen. Derzeit besuchen etwa vier Millionen Urlauber pro Jahr den beliebtesten Kurort<br />

in Russland. Sochi hat sich auf die gewandelten Ansprüche eingestellt und die Bereiche<br />

Service und Attraktionen ausgebaut. Das Ergebnis ist eine Art russisches Venice Beach.<br />

2007 entschied das internationale Olympische Komitee, das Sochi Austragungsort der<br />

olympischen Winterspiele 2014 sein wird. Für Sochi bedeutet das große Veränderungen. Der<br />

Urlaubsort ist in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit geraten - und wird rasant ausgebaut.<br />

Kunst, Kultur und Tourismus<br />

Logo der Olympischen Spiele 2014<br />

Sotschi liegt in einer eindrucksvollen Landschaft am Fuß des Kaukasus. Vom Strand aus sind<br />

die schneebedeckten Gipfel zu sehen. Neben Sand- und Kiesstränden lockt die Stadt mit einer<br />

subtropischen Vegetation, Heilquellen, zahlreichen Parks, Denkmälern und einer<br />

extravaganten stalinistischen Architektur. Sehenswert sind unter anderem die Kathedrale des<br />

Erzengels Michael (1891) sowie das Sommertheater (1937).<br />

176


Jalta<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Jalta<br />

(Ялта)<br />

Jalta<br />

Basisdaten<br />

Oblast: Autonome Republik Krim<br />

Rajon: Kreisfreie Stadt<br />

Höhe: 40 m<br />

Fläche: 283 km²<br />

Einwohner: 80.552 (2004)<br />

Bevölkerungsdichte: 285 Einwohner je km²<br />

Postleitzahlen: 98600-98649<br />

Vorwahl: +380 654<br />

Geographische Lage:<br />

44° 30′ N, 34° 10′<br />

KOATUU: 111900000<br />

Verwaltungsgliederung:<br />

O44.497534.17305555555640Koordinaten:<br />

44° 29′ 51″ N, 34° 10′ 23″ O (Karte)<br />

2 Städte, 21 Siedlungen städtischen<br />

Typs, 1 Dorf, 8 Siedlungen<br />

Website: http://www.yalta.com.ua/<br />

177


Liwadija-Palast, Ort der Jaltakonferenz von 1945<br />

Jalta, Blick auf den Hafen<br />

Meerpromenade von Jalta<br />

Jalta (ukrainisch und russisch Ялта; krimtatarisch Yalta; armenisch Յալտա) ist ein Kur-<br />

und Urlaubsort an der Südküste der Halbinsel Krim im Schwarzen Meer in der Ukraine.<br />

178


Überblick<br />

Der Kurort hat rund 80.000 Einwohner, von denen etwa zwei Drittel Russen und etwa 25<br />

Prozent Ukrainer sind, der Rest sind Krimtataren und Mongolen und Angehörige anderer<br />

Völker. Die lingua franca ist Russisch. Eine kleine Gruppe von Deutschen ist in zwei<br />

Kulturvereinen organisiert und hat auch eine protestantische Kirche. In der Agglomeration<br />

Jalta leben etwa 125.000 Menschen.<br />

Aufgrund der Lage jenseits des Krimgebirges ist Jalta nicht an das Eisenbahnnetz<br />

angebunden. Dafür ist die Stadt Endpunkt der längsten Trolleybus-Linie der Welt. Diese wird<br />

von der Gesellschaft Krymskyj-Trolejbus betrieben und verbindet Jalta mit Aluschta und dem<br />

Bahnhof von Simferopol.<br />

Der Lage südlich des Krimgebirges und in einem Talkessel verdankt Jalta sein sehr mildes<br />

Klima: Die mittlere Temperatur beträgt im Februar 4 °C. Es schneit in Jalta selten, und die<br />

dünne Schneeschicht taut schnell wieder auf. Die Durchschnittstemperatur im Juli liegt bei ca.<br />

24 °C. Die Sonne scheint hier 2.250 Stunden im Jahr. Da immer stetig eine leichte<br />

Meeresbrise vom Schwarzen Meer weht, wird es in Jalta nie drückend heiß. Es herrscht ein<br />

subtropisches Klima. Aufgrund der günstigen geographischen Lage hat sich Jalta zu einem<br />

beliebten Ziel für Touristen schon während der Zeit der Sowjetunion entwickelt.<br />

Viele berühmte Künstler wie Tschechow, Tolstoi und Tschaikowski haben hier gelebt.<br />

Verwaltungstechnisch gliedert sich die Stadt in eine weitere Stadt (Alupka/Алупка), in 21<br />

Siedlungen städtischen Typs (Berehowe (Берегове), Wynohradne (Виноградне), Widradne<br />

(Відрадне), Woschod (Восход), Haspra (Гаспра), Holuba Satoka (Голуба Затока), Hursuf<br />

(Гурзуф), Kaziweli (Кацівелі), Korejis (Кореїз), Krasnokamjanka (Краснокам'янка),<br />

Kurpaty (Курпати), Liwadija (Лівадія), Massandra (Масандра), Nikita (Нікіта), Oreanda<br />

(Ореанда), Parkowe (Паркове), Ponysiwka (Понизівка), Sanatorne (Санаторне), Simejis<br />

(Сімеїз), Sowjetske (Совєтське), Foros (Форос)), ein Dorf (Opolsnewe (Оползневе)) und<br />

acht Siedlungen (Wyssokohirne (Високогірне), Hirne (Гірне), Danyliwka (Данилівка),<br />

Kujbyschewe (Куйбишеве), Linijne (Лінійне), Olywa (Олива), Ochotnytsche (Охотниче),<br />

Partysanske (Партизанське)).<br />

Geschichte<br />

Gegründet wurde die Stadt vermutlich von den Tauriern im 6. Jahrhundert v. Chr., was<br />

Gräber in den Abhängen des Polikurowski-Hügels nordöstlich der Stadt belegen. Im 5.<br />

Jahrhundert v. Chr. wurde das damalige Jalita dann Kolonie des antiken Griechenland. Der<br />

Name Jalita stammt vermutlich aus dem Griechischen und bedeutet einfach nur Ufer.<br />

Im 6. Jahrhundert wurde die Stadt Teil des Byzantinisches Reiches. Die erste schriftliche<br />

Erwähnung fand im 12. Jahrhundert durch den arabischen Geographen Al-Idrisi statt – die<br />

Siedlung hieß damals Dschalita (ة�����طيلاج Ǧaliṭah). Im 14. Jahrhundert wurde die Siedlung eine<br />

Genuesische Kolonie unter dem Namen Kaulita resp. Etalita. Im 15. Jahrhundert zerstörte ein<br />

Erdbeben Jalta. Es wurde dann Teil des Osmanischen Reichs. 1837 wurde die Stadt zu einer<br />

russischen Kreisstadt und 1848 die Straße nach Sewastopol gebaut. 1887 wurde das erste<br />

Sanatorium eröffnet.<br />

179


International bekannt wurde Jalta durch die Konferenz von Jalta, auf der vom 4. bis 11.<br />

Februar 1945 über das Schicksal des bald besiegten Deutschlands entschieden wurde. Daran<br />

beteiligt waren die alliierten Regierungschefs Winston Churchill, Josef Stalin und Franklin D.<br />

Roosevelt, die dort die Welt neu aufteilten.<br />

Seit 2004 findet jährlich im September das Yalta-Treffen statt, veranstaltet wird es von Victor<br />

Pinchuk Foundation und der Yalta European Strategy (YES) in der südukrainischen Stadt<br />

Liwadija.<br />

Städtepartnerschaften<br />

• Baden-Baden, Deutschland<br />

• Nizza, Frankreich<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

• Armenische Kirche<br />

• Botanischer Garten Nikitsky (am Hang bis zum Meer, mit über 50.000 Pflanzen aus<br />

aller Welt)<br />

• Alexander-Newski-Kathedrale<br />

• Tschechow-Haus (hier wohnte der Schriftsteller Anton Tschechow von 1899 bis 1904)<br />

• Liwadija-Palast, Ort der Jaltakonferenz von 1945<br />

• Orgelsaal in Liwadija<br />

• Schloss Massandra (ehemals Staatsdatscha des Generalsekretärs der KPdSU, seit Josef<br />

Stalin)<br />

• Berg Aj-Petri (1233 m, Seilbahn von der Küste zum Gipfel)<br />

• Schwalbennest, Privat-Schloss auf der Felsküste<br />

Galerie<br />

•<br />

Das Schloss Schwalbennest<br />

180


•<br />

•<br />

•<br />

Russisch-orthodoxe Kirche in Jalta<br />

Botanischer Garten in Jalta<br />

Fleischmarkt in der Markthalle, Jalta<br />

181


Sewastopol<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Stadt Sewastopol<br />

город Севастополь<br />

Basisdaten<br />

Oblastzentrum: Sewastopol<br />

Einwohner: 378.978 (1. Dezember 2005)<br />

Bevölkerungsdichte:<br />

in Städten: 94,2 %<br />

438,63 Einwohner je<br />

km²<br />

Fläche: 864 km²<br />

KOATUU: 8500000000<br />

Postleitzahlen : 99000 - 99699<br />

Verwaltungsgliederung<br />

Rajone: -<br />

Städte: 2<br />

durch Oblast verwaltet: 0<br />

durch Rajon verwaltet: 2<br />

Stadtrajone: 4<br />

182


Sewastopol (ukrainisch und russisch Севастополь, von griech. Sebastopolis) ist die größte<br />

Stadt auf der ukrainischen Halbinsel Krim. Sie wurde unter russischer Besetzung 1783<br />

gegründet und liegt am südwestlichen Rand der Krim auf den Ausläufern des Krimgebirges<br />

direkt am Schwarzen Meer. Sie ist Heimathafen und Hauptstützpunkt der russischen<br />

Schwarzmeerflotte. Die Einwohnerzahl der Agglomeration beträgt rund 379.000 (Dezember<br />

2005).<br />

Herkunft des Namens<br />

Ursprünglich war die Stadt unter dem Namen Achtiar (Ахтиар) bekannt, einer alten<br />

tatarischen Siedlung. Im Türkischen heißt sie deshalb heute noch Akyar. Der krimtatarische<br />

Name ist Aqyar.<br />

Sewastopol kommt aus dem griechischen Wort „Sebastópolis“ (Σεβαστούπολις), einer<br />

Zusammensetzung aus „Sebastos“ (griechisch σεβαστóς) und Polis (πóλις). Aus der römischen<br />

Antike sind drei Orte dieses Namens bekannt - einer in Kleinasien, das heutige Sivas, einer in<br />

Thrakien und einer an der Ostküste des Schwarzen Meers, das heutige Sochumi. Sebastós ist<br />

nach der Verleihung des Titels „Augustus“ (27. v. Chr.) an Octavian als ersten Herrscher der<br />

römischen Kaiserzeit die offizielle griechische Übersetzung dieses Beinamens in seinen<br />

Bedeutungen „Heiliger“, „Unverletzlicher“ und sinngemäß „Majestät“.<br />

Sewastopol/Sebastopolis besagt folglich „Majestätsstadt“ oder auch „Kaiserstadt“. Diesen<br />

Namen erhielt die Stadt 1784 vom russischen Fürst Grigori Potjomkin.<br />

Geographie<br />

Karte der Ukraine<br />

Sewastopol liegt im äußersten Südwesten der Krim-Halbinsel und verteilt sich auf eine<br />

Fläche von ca. 864 km² rund um 38 Buchten, und unter Einbeziehung der Buchten sogar auf<br />

1000 km². Deren größte, die Bucht von Sewastopol (Sewastopolskaja buchta), teilt die Stadt<br />

in eine Nord- und eine Südhälfte. Auf Letzterer erstreckt sich das Zentrum der Stadt über<br />

mehrere Hügel. Das riesige Territorium von Sewastopol – in Länge und Breite bis zu 50<br />

Kilometer groß – entspricht der Fläche von Moskau, New York oder Shanghai. Zum<br />

Vergleich: Zürich oder Paris sind mit 91,9 respektive 105,4 km² rund zehnmal kleiner als<br />

Sewastopol.<br />

183


Klima<br />

Das Klima von Sewastopol ist nahezu subtropisch. Die Südküste wird durch das Krimgebirge<br />

vor dem Eindringen kalter Luftmassen aus dem Norden geschützt, die Luft ist trocken. Die<br />

jährliche Regenmenge beträgt 500 bis 700 Millimeter.<br />

Im Sommer steigen die Temperaturen bis 40 Grad, die aber von einer leichten Brise gemildert<br />

werden – tagsüber vom Meer Richtung Land, in der Nacht in umgekehrter Richtung. Im<br />

Winter bewegen sich die Temperaturen zwischen -2 und +7 Grad Celsius. In den<br />

Wintermonaten kommt es an der Schwarzmeerküste zu Eisbildung; Sewastopol ist aber im<br />

Gegensatz zu anderen Häfen der Ukraine ganzjährig eisfrei.<br />

Geschichte<br />

Karte zur Belagerung von Sewastopol (1854–1855)<br />

184


Kapitulation von Sewastopol<br />

Historische Karte der Halbinsel Krim (um 1888)<br />

Von der Antike bis zur Sowjetunion<br />

Die küstennahen Regionen der Krim wurden ab dem 7. Jh. v. Chr. von griechischen<br />

Kolonisten besiedelt. In der Nähe des heutigen Stadtzentrums errichteten Griechen aus Milet<br />

zunächst ein Emporion, und ab dem späten 5. Jh. v. Chr. bauten Siedler aus Herakleia Pontike<br />

die Siedlung mit dem Namen Kalamita zur bedeutendsten Polis der Taurischen Chersonesos<br />

aus. Unter der Herrschaft von Rom und Byzanz bewahrte die Stadt ihren griechischen<br />

Charakter bis zur Zerstörung im 14. Jh. und der nachfolgenden Besiedlung durch Tataren.<br />

Nach der russischen Eroberung der Krim wurde die Stadt im Jahre 1783 neu begründet.<br />

185


Auf Grund ihrer militärischen Bedeutung war die blühende Handelsstadt Sewastopol im<br />

Krimkrieg schwer umkämpft. Nach der elfmonatigen Belagerung von Sewastopol war sie am<br />

8. September 1855 nur noch ein Trümmerhaufen und gelangte daraufhin nie mehr zum<br />

früheren Wohlstand. 1898 wurde die erste Linie der Straßenbahn Sewastopol eröffnet, diese<br />

wurde jedoch während der Kampfhandlungen im 2. Weltkrieg im Jahre 1942 beschädigt und<br />

stillgelegt und nach dem Krieg nicht wieder in Betrieb genommen.<br />

Im Zweiten Weltkrieg wurde die als stärkste Festung der Welt geltende Stadt von deutschen<br />

Truppen belagert und nach schweren Kämpfen in der Schlacht um Sewastopol 1941–1942<br />

erobert. Nach der Schlacht waren im Juni 1942 nur noch neun Gebäude unbeschädigt. Nach<br />

der Eroberung am 1. Juli 1942 durch die deutsche Wehrmacht plante das<br />

nationalsozialistische Reichskommissariat Ukraine die Umbenennung des Ortes in<br />

Theoderichshafen. Das wurde jedoch nicht mehr durchgeführt. Nach der Schlacht um die<br />

Krim vom 8. April bis zum 12. Mai 1944 war das Gebiet wieder in sowjetischer Hand.<br />

In Sewastopol bestand das Kriegsgefangenenlager 241 für deutsche Kriegsgefangene des<br />

Zweiten Weltkriegs. [2] Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 3318 versorgt.<br />

1954 übereignete Nikita Chruschtschow die Halbinsel Krim und die Hafenstadt Sewastopol<br />

aus dem Besitz der russischen an die ukrainische Sowjetrepublik.<br />

Postsowjetische Zeit<br />

Als Heimathafen der sowjetischen Schwarzmeerflotte war Sewastopol bis 1991 eine<br />

geschlossene Stadt, in die auch die Krimbewohner nur mit einem Passierschein einreisen<br />

konnten. Noch heute markiert das kleine weiße Gebäude der Polizeistation an der Stadtgrenze<br />

die ehemals geschlossene Stadt. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 verlor die<br />

Russische Föderation den Anspruch auf den Heimathafen für die traditionsreiche<br />

Schwarzmeerflotte.<br />

Erst der Vertrag von 1997 regelte die Aufteilung der Flotte und den Verbleib der russischen<br />

Marine auf der Krim bis 2017 und entspannte damit die Situation. Er wurde 2010 gegen<br />

verbilligte Gaslieferungen bis 2042 verlängert.<br />

Heute liegen die Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte neben jenen der ukrainischen<br />

Flotte. Sie lassen sich einfach voneinander unterscheiden: Bei den ukrainischen Schiffen<br />

beginnt die Schiffsnummer mit einem großen lateinischen „U“, zudem tragen sie die blaugelbe<br />

Flagge der Ukraine. Besonders gut können die ehemaligen Militäranlagen im Süden von<br />

Sewastopol in Balaklawa besichtigt werden. Dort befindet sich auch eine in den Berg<br />

getriebene unterirdische U-Boot-Werft.<br />

Nach einem Ukas des ersten und letzten Krimpräsidenten, dem Russen Juri Meschkow,<br />

öffnete sich die Stadt 1994 zuerst für die Krimbewohner, später auch für die restlichen<br />

Ukrainer sowie auch für ausländische Touristen. Sewastopol untersteht direkt der<br />

ukrainischen Zentralregierung in Kiew und nicht der Regierung der Autonomen Republik<br />

Krim. In der Ukraine hat nur noch die Hauptstadt Kiew diesen Sonderstatus. Seit Jahren wird<br />

darüber diskutiert, ob und wie Sewastopol zu einer Freihandelszone erklärt werden kann.<br />

186


Aktuelle politische Situation<br />

Trotz der Zugehörigkeit von Sewastopol zur Ukraine dominieren das russische<br />

Flottenkommando, pro-russische Behörden und Organisationen das wirtschaftliche, soziale<br />

und kulturelle Leben in der Hafenstadt. So förderte zum Beispiel die Moskauer Stadtregierung<br />

unter dem früheren Bürgermeister Juri Michailowitsch Luschkow pro-russische Aktivitäten in<br />

wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen. Mit diesen Aktivitäten unterstützt<br />

Moskau Bestrebungen für eine Unabhängigkeit der Krim von der Ukraine.<br />

Der pro-russische Stadtrat von Sewastopol seinerseits vermeidet jede Konfrontation mit dem<br />

russischen Flottenkommando und russischen Behörden respektive Organisationen. Er lehnte<br />

sogar ein Darlehen der EBRD (European Bank for Reconstruction and Development –<br />

Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklungshilfe) zur dringend notwendigen<br />

Sanierung des Abwassersystems ab, weil es die Bindung Sewastopols an die Ukraine und<br />

Westeuropa verstärkt hätte.<br />

Die wichtigsten Daten im Überblick<br />

Jahr Ereignis<br />

300.000 v.<br />

Chr.<br />

Erste Besiedlung durch frühe Vertreter der Hominiden (Neandertaler)<br />

422 v. Chr.<br />

Griechische Kolonisten aus Herakleia Pontike besiedeln Kalamita und<br />

Chersones (Stadt)<br />

1783 Stadtgründung durch einen Erlass von Katharina der Großen<br />

1854 bis<br />

1855<br />

Krimkrieg<br />

1920 Evakuierung der weißen Armee<br />

1942<br />

Belagerung und anschließende Eroberung von Sewastopol durch die deutsche<br />

Wehrmacht<br />

1944<br />

Befreiung der Stadt durch die sowjetische Armee im Laufe der Schlacht um die<br />

Krim<br />

1945 Sewastopol wird zur Heldenstadt erklärt<br />

1954<br />

Nikita Chruschtschow übereignet die Krim mit Sewastopol der Ukrainische<br />

SSR<br />

1991 Zusammenbruch der Sowjetunion<br />

1994 Öffnung der geschlossenen Stadt Sewastopol für Krimbewohner<br />

1996 Öffnung der geschlossenen Stadt Sewastopol für alle Ukrainer und Ausländer<br />

1997<br />

Vertrag zwischen der Ukraine und Russland über den Verbleib der russischen<br />

Schwarzmeerflotte in Sewastopol<br />

2010<br />

Vertrag zwischen der Ukraine und Russland über den Verbleib der russischen<br />

Schwarzmeerflotte in Sewastopol bis 2048 verlängert.<br />

187


Bevölkerung<br />

Offiziell leben in Sewastopol rund 378.000 Personen (Stand 2004). Rund 74 Prozent der<br />

Bevölkerung sind Russen, 21 Prozent Ukrainer und 5 Prozent gehören ethnischen<br />

Minderheiten an (Belarussen, Krimtataren, Juden, Armenier, Griechen, Deutsche, Bulgaren,<br />

Moldauer, Polen, Esten, Letten, Koreaner etc.).<br />

Sprache<br />

Die Amtssprache ist Ukrainisch, als Umgangssprache dient aber aufgrund der<br />

Bevölkerungszusammensetzung Russisch. Sprachen der Minderheiten sind unter anderen<br />

Krimtatarisch und – als Überbleibsel der süddeutschen und schweizerischen Auswanderer<br />

nach Zürichtal vor rund 200 Jahren – Deutsch.<br />

Religion<br />

Die autochthonen, traditionell vorherrschenden Religionen sind die russisch-orthodoxe<br />

Kirche, die dem Moskauer Patriarchat verpflichtet ist, und der Islam. Aber erst seit 1989 gibt<br />

es in Sewastopol wieder eine offizielle islamische Gemeinde, der hauptsächlich die aus den<br />

Deportationsgebieten zurückkehrenden Krimtataren angehören. Als ethnisch vielfältig<br />

zusammengesetzte Stadt verfügt Sewastopol über weitere religiöse Gruppierungen, von denen<br />

längst nicht alle offiziell registriert sind.<br />

Politik<br />

Sewastopol besitzt innerhalb der Ukraine und auch innerhalb der autonomen Halbinsel Krim<br />

einen Sonderstatus: Sewastopol ist als einzige Stadt direkt der ukrainischen Regierung in<br />

Kiew unterstellt, während der Rest der Halbinsel der Regierung der Autonomen Republik<br />

Krim in Simferopol unterstellt ist.<br />

Der Stadtrat ist mehrheitlich pro-russisch mit dem Bürgermeister Walerij Wolodimorowytsch<br />

Saratow.<br />

Verwaltungsgliederung<br />

Die Stadt besteht heute aus den vier Stadtrajonen Rajon Lenin, Rajon Nachimow, Rajon<br />

Haharin, und Rajon Balaklawa, wobei die früheren Städte Inkerman und Balaklawa und 46<br />

mittlerweile eingemeindete Dörfer inbegriffen sind. Der Stadtrand von Sewastopol ist – vom<br />

Zentrum her kommend in dieser Reihenfolge – von Trabantensiedlungen, Weinfeldern und<br />

Datschensiedlungen geprägt.<br />

Nachbargemeinden<br />

Sewastopol grenzt an folgende Städte und Gemeinden (im Uhrzeigersinn, beginnend im<br />

Norden): Berehowe, Bachtschyssaraj, Sokolyne und Foros.<br />

188


Wirtschaft<br />

Russische Marine<br />

Die russische Marine mit ihrer Schwarzmeerflotte ist bis heute der wichtigste Arbeitgeber in<br />

der Region und finanziert 25 Prozent des Stadtbudgets. Alleine für die Pacht des Militärhafens<br />

für die Schwarzmeerflotte zahlt Russland 100 Millionen US-Dollar jährlich an die<br />

Ukraine.<br />

Industrie<br />

Traditionell sind die Werften der stärkste Industriezweig von Sewastopol.<br />

Forstwirtschaft und Fischerei<br />

Sewastopol ist der wichtigste ukrainische Hafen für die Fischerei. Das Schwarze Meer ist aber<br />

durch den Eintrag von Chemikalien aus Landwirtschaft und Industrie zum Teil stark belastet.<br />

Tourismus<br />

Sewastopol wird heute jährlich von über 500.000 Touristen besucht. Viele Ukrainer und<br />

Russen bereisen die ehemals verbotene Stadt, Westeuropäer sind im Stadtbild noch eher<br />

selten zu sehen.<br />

Kulinarische Spezialitäten<br />

• Malakow heißt eine besondere Torte, die aus Löffelbiskuits, Vanillecreme und<br />

Schlagsahne besteht. Nach dem Sieg im Krimkrieg und der Eroberung von Fort<br />

Malakow (Малахов курган) (am 8. September 1855) auf einem Hügel in Sewastopol<br />

wurde der französische Marschall Aimable Jean Jacques Pélissier, zum Herzog von<br />

Malakow ernannt. Zu seiner Ehre wurde die Torte kreiert, die bis heute in ganz<br />

Mitteleuropa als Malakow-Torte bekannt ist – in Sewastopol jedoch ist sie völlig<br />

unbekannt.<br />

• Malakoff heißen im schweizerischen Waadtland auch Käsebällchen. Sie sind ebenso<br />

wie die Torte nach dem Fort Malakow in Sewastopol benannt. Dieser Hügel wurde im<br />

Krimkrieg von den Truppen Napoleons III. eingenommen, in denen auch Waadtländer<br />

Soldaten mitkämpften.<br />

Infrastruktur<br />

Verkehr<br />

Innerhalb der Stadt ermöglicht ein Oberleitungsbus den öffentlichen Verkehr. Daneben<br />

verkehren auch Dieselbusse und sogenannte Marschrutnyje taxi oder Marschrutki, privat<br />

betriebene Sammeltaxis. Diese Kleinbusse sind teurer als die öffentlichen Verkehrsmittel,<br />

aber besonders auf längeren Distanzen erheblich schneller.<br />

189


Die Nord- und die Südhälfte der Bucht von Sewastopol (Sewastopolskaja buchta) sind durch<br />

eine regelmäßig verkehrende Fähre miteinander verbunden. Sewastopol besitzt keinen<br />

eigenen Flughafen. Der internationale Flughafen Zentralnyj in Simferopol wird von Ukraine<br />

International Airlines (nur von Mai bis Oktober) direkt von Frankfurt/Main angeflogen, die<br />

restlichen Monate über Kiew. Ganzjährig wird Zentralnyj zudem von Turkish Airlines über<br />

Istanbul angeflogen.<br />

Der Militärflugplatz Utschkujewka in Belbek (UKS), 11 km nördlich der Stadt, wird als<br />

Sevastopol International Airport bezeichnet [1] und von Dniproavia angeflogen.<br />

Von Simferopol gelangt man mit Bus oder Taxi in einer Stunde nach Sewastopol. Günstiger<br />

ist die Elektritschka (электричка), ein meist überfüllter, elektrisch betriebener<br />

Nahverkehrszug mit sehr altem Rollmaterial aus der Waggonfabrik in Riga. Eine andere<br />

Anreise besteht über Istanbul, von wo aus eine Fähre direkt nach Sewastopol verkehrt. Die<br />

Fahrt dauert rund 24 Stunden.<br />

Hochschulen<br />

Meeresinstitut(links) und Jugendpalast(rechts) im Hafen<br />

Sewastopol ist das Bildungszentrum der Krim. Eine ganze Reihe wissenschaftlicher Institute<br />

und Organisationen haben ihren Sitz in der Hafenstadt, z. B. zwei Institute der Ukrainischen<br />

Akademie der Wissenschaften, die Staatliche Polytechnische Universität Sewastopol (10.000<br />

Studenten), das Atomenergieinstitut Sewastopol und das Meeresinstitut Sewastopol.<br />

• Ukrainische Akademie der Wissenschaften<br />

• Staatliche Polytechnische Universität Sewastopol<br />

• Atomenergieinstitut Sewastopol<br />

• Meeresinstitut Sewastopol<br />

• Kowalewski-Institut für Biologie der südlichen Meere<br />

• Zweigstelle (Filiale) der Moskauer Staatlichen Universität (MGU); genannt: Filiale<br />

der Schwarzmeerflotte<br />

190


Kultur und Sehenswürdigkeiten<br />

Denkmäler<br />

Denkmal der versenkten Schiffe (Adlersäule)<br />

Admiral P. Nachimow<br />

Panorama<br />

In der „Heldenstadt“ Sewastopol stehen rund 2.000 Denkmäler, aber auch viele repräsentative<br />

Bauten aus der Nachkriegszeit. Darunter befindet sich etwa die Adler-Säule, die im Jahre<br />

1904 auf einem Fels im Hafenbecken errichtet wurde. Sie soll an die 1854 im Krimkrieg<br />

absichtlich in der Hafeneinfahrt versenkten Russischen Schiffe erinnern. Dadurch sollten die<br />

Schiffe der Angreifer an der Einfahrt gehindert werden. Ein weiteres, bekanntes Denkmal ist<br />

die 1959 errichtete Statue des Russischen Admirales Pawel S. Nachimow, dem<br />

Oberbefehlshaber der verteidigenden Militärverbände bei der Belagerung Sewastopols im<br />

191


Zuge des Krimkrieges.<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

Gebäude<br />

• Diorama „Der Sturmangriff auf den Sapun-Berg am 7. Mai 1944“<br />

• Verteidigungs-Turm auf dem Malakow-Hügel<br />

• Haus der Untergrundkämpfer von Sewastopol 1942–1944<br />

Museen Das Panorama-Museum von Sewastopol ist ein Rundbau auf einem der Hügel, die<br />

einst als „Festungshügel“ der Verteidigung der Stadt dienten. Vom zentralen Uschakow-Platz<br />

(russisch Ушакова пл.) aus liegt es bergauf am Ende des Istoritscheski bulwar (russisch<br />

Исторический бульвар). Hier wird nur ein einziges Gemälde ausgestellt, das aber die<br />

gesamte Fläche der Innenwand des imposanten Rundbaus ausfüllt: ein Panoramabild von<br />

Franz Alexejewitsch Roubaud (1856–1928), einem russischen Schlachtenmaler mit deutschfranzösischen<br />

Wurzeln.<br />

• Museum der Schwarzmeerflotte<br />

• Ein kleines Kunstmuseum ist am Nachimowa pr. 9 zu finden. Bilder russischer und<br />

westeuropäischer Maler vom 17. bis in das frühe 19. Jahrhundert sind ausgestellt. Im<br />

Erdgeschoss werden Wechselausstellungen gezeigt.<br />

Ausgrabungen<br />

Auf dem Kap von Sewastopol liegen die Ruinen der im Jahre 421 u.Z. gegründeten<br />

griechischen Siedlung Chersones.<br />

Kirchen<br />

Sewastopol: Eingangsbereich der St.Wladimir-Kathedrale mit Gerüst für<br />

Restaurationsarbeiten<br />

192


Sewastopol: Portalfassade der St. Wladimir-Kathedrale<br />

• Wladimirkathedrale (Ruhestätte berühmter Admiräle)<br />

• Wladimir-Kathedrale zu Chersones, im 18. Jahrhundert auf dem Areal von Chersones<br />

auf Befehl der russischen Zarin errichtet.<br />

• Peter-und-Paul-Kirche<br />

• Pokrowski-Kathedrale<br />

Die drei bekanntesten und schönsten Kirchen Sewastopols stehen mitten im Zentrum der<br />

Stadt. Über der ganzen Stadt leuchtet das goldene Kreuz der Wladimir-Kathedrale zu<br />

Chersones, das auf allen internationalen Seekarten eingezeichnet ist.<br />

Aus diesem Grund hat es sogar die Bolschewiki und den staatlich verordneten Atheismus der<br />

Sowjetunion überstanden. Der Grundstein zur Wladimir-Kathedrale wurde schon im<br />

Krimkrieg gelegt, der Bau im byzantinischen Stil aber erst im Jahre 1888 abgeschlossen.<br />

Traditionell finden hier die Admirale der Schwarzmeerflotte ihre letzte Ruhe, weshalb das<br />

Gotteshaus auch Admirals-Kathedrale genannt wird. Die Kathedrale ist im Innern seit Jahren<br />

eine Baustelle, was aber die Gläubigen zwischen den Holzgerüsten nicht stört.<br />

Parks<br />

Der zentralste Park ist der historische Boulevard, mit Aussicht auf die Stadt und die<br />

Buchten. Ein 24 Meter langes Rundbild der Schlacht um Sewastopol während des<br />

Krimkrieges, befindet sich in einem angrenzenden Gebäude.<br />

Theater<br />

• Lunatscharski-Theater<br />

• Theater der Schwarzmeerflotte<br />

Sewastopol ist das wichtigste Zentrum des Kulturschaffens auf der Krim, was sich auch an<br />

den vier Theatern zeigt, darunter mit dem Lunatscharski-Theater (russisch Театр<br />

Луначарского) eines der ältesten russischen Theater überhaupt.<br />

193


Bibliotheken<br />

Die wichtigste Bibliothek Sewastopols ist die Morskaja Biblioteka, die Bibliothek der<br />

Schwarzmeerflotte.<br />

Kino<br />

In der Stadt Sewastopol findet man vier Kinos mit mehreren Kinosälen, die je zur Hälfte der<br />

Stadt und Privatleuten gehören, sowie drei kleinere private Kinos mit je vierzig bis sechzig<br />

Plätzen. In den Kinos von Sewastopol werden vor allem russische Filme gezeigt.<br />

Persönlichkeiten<br />

• Lew Tolstoi, russischer Schriftsteller, war selbst im Krimkrieg bei der Verteidigung<br />

Sewastopols beteiligt.<br />

• Giuseppe Bernardazzi plante im Krimkrieg die Befestigungs- und Sicherungsarbeiten<br />

von Sewastopol.<br />

• James Robertson, Fotograf (Seine Fotos aus dem im Krimkrieg zerstörten Sewastopol<br />

zählen zu den ersten fotografischen Kriegsreportagen der Geschichte.)<br />

Söhne und Töchter der Stadt<br />

• Alexander Onischuk (* 1975), Schachspieler<br />

• Anastassija Eduardowna Baburowa (1983–2009), Journalistin und Opfer politischer<br />

Gewalt<br />

• Igor Woloschin, russischer Regisseur<br />

Andere Verwendung des Namens<br />

• Sebastopol sind Städte in Kalifornien und in Mississippi<br />

• Sebastopol ist der Name einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Meinerzhagen in<br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

• Ein Ort auf Mauritius trägt auch den Namen Sewastopol.<br />

• Als „Sewastopol“ bezeichnet sich auch eine bundesweit bekannte Orientierungsfahrt<br />

in Oberfranken/Bayern. Sie leitet ihren Namen von einem fahrenden Handwerker und<br />

dem nach ihm im Volksmund benannten Ortsteil der Stadt Helmbrechts her [4] .<br />

• Ein Lied Sevastopol der Band Heaven Shall Burn des 2010 erschienenen Albums<br />

"Invictus"<br />

194


Bildergalerie<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Hafen von Sewastopol<br />

Blick auf das Meer<br />

Stadtbild<br />

195


Odessa<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Odessa<br />

Odessa<br />

Basisdaten<br />

Oblast: Oblast Odessa<br />

Rajon: Kreisfreie Stadt<br />

Höhe: 40 m<br />

Fläche: 163,0 km²<br />

Einwohner: 1.006.242 (1. Jul. 2011 [1] )<br />

Bevölkerungsdichte: 6.173 Einwohner je km²<br />

Postleitzahlen: 65000 - 65480<br />

Vorwahl: +380 48<br />

Geographische Lage:<br />

46° 29′ N, 30° 44′<br />

KOATUU: 5110100000<br />

Verwaltungsgliederung: 8 Stadtrajone<br />

Bürgermeister: Oleksij Kostussew<br />

Adresse:<br />

O46.48333333333330.73333333333340Koordinaten:<br />

46° 29′ 0″ N, 30° 44′ 0″ O (Karte)<br />

Думська Площа 1<br />

65004 м. Одеса<br />

Website: http://www.odessa.ua/<br />

196


Odessa<br />

Odessa (ukrainisch Одеса [ɔˈdɛsɑ]; russisch Одесса [ɐˈdʲesə]) ist eine Stadt im gleichnamigen<br />

Verwaltungsgebiet (Oblast Odessa) in der Ukraine. Sie ist mit rund 1.000.000 Einwohnern<br />

die wichtigste Hafenstadt des Landes am Schwarzen Meer.<br />

Name<br />

Der Ursprung des Namens Odessa ist nicht eindeutig geklärt. Eine populäre Legende besagt,<br />

er sei von der antiken griechischen Stadt Odessos (heute Warna) abgeleitet – möglicherweise<br />

aufgrund einer Verwechslung, da Warna zwar ebenfalls am Schwarzen Meer, allerdings in<br />

Bulgarien liegt. Einer anderen Erklärung zufolge stammt der Name von der türkischen<br />

Bezeichnung Jedisan für die Region ab, die „sieben Flaggen“ oder „sieben Titel“ bedeutet und<br />

auf die Jedisan-Sippe der Nogaier-Horde zurückgeht, die wiederum aus sieben Untergruppen<br />

bestand.<br />

Geschichte<br />

Vor Gründung Odessas<br />

In der Antike lebten hier verschiedene Steppenvölker wie die Skythen und Sarmaten, sowie<br />

der thrakische Stamm der Tyrageten. Im ersten Jahrhundert vor Christus gelangte es unter<br />

dakische Herrschaft. Im Frühmittelalter war das Gebiet von ostslawischen Stämmen<br />

(Tiwerzen und Duleben) bewohnt, die mit der Zeit von türkischen Nomadenvölkern wie den<br />

Petschenegen und Kumanen verdrängt wurden.<br />

197


Im 14. Jahrhundert lag das Gebiet am Schwarzen Meer zwischen den Flüssen Dnister und<br />

Dnepr im Einflussbereich des Großfürstentums Litauen. Um 1764 wurde nahe einer<br />

tatarischen Siedlung mit dem Namen „Hacıbey“ (bzw. „Hadschi Bai“ oder „Khadzhibei“)<br />

vom Osmanischen Reich eine Festung „Yeni Dünya“ (bzw. „Jeni-Dunia“, zu deutsch „Neue<br />

Welt“), errichtet. Sie wurde von russischen Truppen unter dem Befehl des neapolitanischen<br />

Generalmajors Joseph de Ribas am 14. September 1789 im Russisch-Türkischen Krieg von<br />

1787 bis 1792 eingenommen.<br />

Gouvernement Neurussland<br />

Denkmal für Katharina II in Odessa, mit dem Erlass zur Gründung von Hafen<br />

und Stadt in der Hand<br />

Hafen von Odessa um 1850, links Potemkinsche Treppe<br />

Mit dem Frieden von Jassy ging 1792 das Gebiet östlich des Dnister vom Osmanischen Reich<br />

an Russland über. Die Stadt Odessa wurde im Jahre 1794 auf Anweisung von Katharina der<br />

Großen bei der 1789 eingenommenen Festung angelegt, um einen leistungsfähigen<br />

Militärhafen für den Schwarzmeer- und Mittelmeerraum zu haben.<br />

198


Die neue Stadt wurde ein großer Erfolg. De Ribas war bis 1797 der erste Statthalter, dem der<br />

Herzog von Richelieu von 1803 bis 1814 folgte. Vor allem ihm verdankt die Stadt ihr frühes<br />

Wachstum. An ihn erinnert seit 1828 eine Bronzestatue, geschaffen von Ivan Martos. Er war<br />

vor der Französischen Revolution geflohen und diente in der Armee Katharina der Großen<br />

gegen die Türken. Ihm verdankt die Stadt die Anlagen und die Infrastruktur. Auf ihn gehen<br />

die langen unterirdischen Gänge, die Katakomben, zurück. Die tragenden Wände vieler<br />

Häuser bestehen aus Kalkstein, der in den Steinbrüchen unterhalb der Stadt heraus gebrochen<br />

wurde. Das Wohnhaus des Gouverneurs wurde mit einem kilometerlangen unterirdischen<br />

Gang verbunden; einerseits mit seinem Arbeitssitz, andererseits als Fluchtweg mit dem Meer.<br />

Im Zweiten Weltkrieg fanden Partisanen Unterschlupf in den Katakomben, heute sind sie ein<br />

Touristenziel. Auch seinem Nachfolger, Graf Alexandre Andrault de Langeron verdankt<br />

Odessa viel, so gründete er 1817 das Lyceum Richelieu (später dann Neurussische Universität)<br />

und erklärte Odessa zu einem Freihafen.<br />

Denkmal für Herzog von Richelieu<br />

199<br />

Odessa 1892<br />

Zwischen 1803 und 1818 bestand das Neurussische Fürsorgekontor als Kanzlei für die<br />

Neurussland-Siedler im Gebiet von Odessa. Sie war 1818 für etwa 15.500 nichtrussische<br />

Siedler zuständig. Dazu gehörten die nordwestlich gelegenen Siedlungen der<br />

Schwarzmeerdeutschen mit den vier Distrikten: Liebenthal, Beresan, Kutschurgan und<br />

Glücksthal und verschiedene einzelne deutsche Dörfer, sowie die bulgarischen und<br />

griechischen Distrikte: Ternowka, Bujalik und Parkani. Zusätzlich wurden vier schwedische,<br />

neun jüdische und das serbische Dorf Zetin verwaltet. Nach 1818 wurde die Kanzlei zu einer<br />

regionalen Niederlassung des Fürsorgekomitees für ausländische Siedler in Cherson. Sie<br />

wurde 1833 geschlossen.


Viele Juden verließen Polen nach den Teilungen von 1793 und 1795 in Richtung Odessa, so<br />

dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bevölkerung zu etwa 30 % aus Juden bestand. 1821<br />

kam es in Odessa bei der Beerdigung des Patriarchen von Konstantinopel Gregor V. zum<br />

ersten Judenpogrom, bei dem 14 Juden getötet wurden. Dem folgten weitere Pogrome 1859,<br />

1871, 1881 und 1905. [2]<br />

Ihren Aufschwung als moderne Hafenstadt nahm Odessa nach 1823 unter dem<br />

Generalgouverneur von Neurussland und Bessarabien, Graf Michail Semjonowitsch<br />

Woronzow. Er machte die Stadt zu seinem Verwaltungssitz, engagierte westeuropäische<br />

Ingenieure und Ärzte und organisierte viele städtebauliche Projekte. Er gründete ein Theater,<br />

eine öffentliche Bibliothek, ein Lyzeum, ein Institut für orientalische Sprachen, verschiedene<br />

wissenschaftliche Gesellschaften und protegierte englische und französische Lokalzeitungen.<br />

Zwischen 1823 und 1849 verdoppelte sich die Bevölkerung Odessas. Der russische Dichter<br />

Alexander Puschkin lobte in der Erzählung Eugen Onegin die Freiheit und Ungezwungenheit<br />

in der Stadt.<br />

Von 1878 bis 1895 stand Grigori Grigorjewitsch Marasli an der Spitze der Stadt. Er war der<br />

Sohn eines in Odessa zu Wohlstand gekommenen griechischen Getreidehändlers und<br />

Förderers des in Odessa 1814 gegründeten griechischen Geheimbundes Filiki Eteria. Marasli<br />

finanzierte mit Teilen seines ererbten Vermögens eine Vielzahl von öffentlichen Bauten in<br />

Odessa.<br />

Auf dem russischen Linienschiff Fürst Potjomkin von Tauris (rus. Knjas Potjomkin<br />

Tawritscheski) der Schwarzmeerflotte kam es am 27. Juni 1905 zur Meuterei. Das von den<br />

Meuterern übernommene Schiff lief in den Hafen von Odessa ein, aber die Matrosen unterstützten<br />

nicht einen zu dieser Zeit stattfindenden Generalstreik in der Stadt, der Teil der<br />

Russischen Revolution von 1905 war. Das Ereignis war Grundlage für den Film<br />

Panzerkreuzer Potemkin.<br />

Ukrainische Volksrepublik<br />

Das von den Rumtscherod (blaues Gebiet) beanspruchte Gebiet im Januar 1918. In<br />

Bessarabien marschierten schon nach wenigen Tagen rumänische Truppen ein.<br />

200


Die Ukrainische Volksrepublik wurde im Verlauf des Russischen Bürgerkriegs gegründet,<br />

doch war sie dem Angriff der Roten Armee nicht gewachsen. So wurde Odessa von Januar bis<br />

März 1918 von der sowjetischen Rumtscherod regiert. Durch den Friedensvertrag von Brest-<br />

Litowsk wurde die Volksrepublik, einschließlich der Stadt Odessa, offiziell unabhängig, doch<br />

tatsächlich war sie abhängig vom Deutschen Kaiserreich und seinen Verbündeten.<br />

Von März bis Dezember 1918 hielten sich Truppen der Mittelmächte in der Ukrainischen<br />

Volksrepublik auf. Der südliche Teil des Landes und damit auch Odessa wurde von<br />

Österreichern bis zum Ende von Österreich-Ungarn kontrolliert. Die Verantwortlichen waren<br />

nacheinander Eduard von Böhm-Ermolli und Alfred Krauß.<br />

Nach deren Rückzug eroberte die Entente Odessa. Das Ziel war unter anderem die<br />

Unterstützung von Anton Iwanowitsch Denikin, General der Weißen Armee. Französische,<br />

griechische und einige wenige polnische, rumänische und freiwillige russische Truppen<br />

landeten in Odessa an und blieben dort vom 18. Dezember 1918 bis zum 8. April 1919.<br />

General Borius war Militärgouverneur von Odessa. Nach einer schweren Niederlage der<br />

Alliierten in Cherson zogen sich die Franzosen zurück. [4] Grund war ein drohender<br />

Hungeraufstand in der Stadt. Außerdem war es auf den französischen Kriegsschiffen France<br />

und Jean Bart im Schwarzen Meer unter der Führung von André Marty zur Meuterei<br />

gekommen. Danach übernahm Denikin die Stadt und die griechische Bevölkerung Odessas<br />

wurde mit Schiffen evakuiert. General Lucjan Żeligowski führte seine polnische Division, die<br />

im Gebiet um den Fluss Kuban operierte, ebenfalls aus Russland via Odessa heraus.<br />

Ukrainische SSR<br />

Umgebung von Odessa<br />

201


Ab 1920 war Odessa Teil der Ukrainischen SSR und ab 1922 der Sowjetunion.<br />

Der Hungersnot von 1932/34, dem Holodomor, fielen auch in Odessa viele Menschen zum<br />

Opfer. So sollen im ersten Halbjahr 1933 in der Oblast Odessa täglich nur 830 kcal pro Person<br />

zur Verfügung gestanden haben, was etwa die Hälfte des heute als notwendig betrachteten<br />

Grundumsatzes ist.<br />

Odessa lag 1941 bei Beginn des Deutsch-sowjetischen Krieges im Angriffsbereich der<br />

rumänischen 4. Armee, die gegen die verteidigende sowjetische 9. Armee rasch Erfolge<br />

erzielte. Als die Rumänen am 5. August 1941 die Stadt erreichten, begann die Schlacht um<br />

Odessa. Die sowjetische Führung erklärte Odessa zur Verteidigungszone, in der sich Reste<br />

der zurückflutenden Truppen mit den etwa 35.000 Verteidigern (Marine und Freiwillige)<br />

einigelten. Die „Unterstadt“ (höhlenartige Steinbrüche) wurde zur Deckung genutzt. Weiter<br />

über See verstärkt, konnte die Garnison alle rumänischen Angriffe bis zum Oktober<br />

abwehren. Die Lage wurde jedoch wegen des deutschen Vormarschs Richtung Krim<br />

schließlich aussichtslos, so dass Odessa ab dem 1. Oktober geräumt wurde. Die sowjetische<br />

Schwarzmeerflotte brachte bis zum 16. Oktober 1941 70.000 Soldaten und 15.000 Zivilisten<br />

nach Sewastopol.<br />

Odessa war von 1941 bis 1944 von rumänischen und deutschen Truppen besetzt. Die Stadt<br />

war ab Dezember 1941 Sitz des rumänischen Hauptquartiers von Transnistrien. Während der<br />

Besatzungszeit wurden etwa 60.000 Einwohner ermordet oder deportiert, die meisten waren<br />

Juden. Besonders die Massaker vom 23. bis zum 25. Oktober 1941 bleiben in Erinnerung. Bei<br />

einer Explosion im rumänischen Hauptquartier in Odessa starben insgesamt 61 Personen,<br />

einschließlich des rumänischen Generals Glogojeanu. Ministerpräsident Ion Antonescu gab<br />

daraufhin den Befehl als Vergeltung für jeden getöteten Offizier 200 und für jeden Soldaten<br />

100 Juden oder Kommunisten zu töten. Daraus entwickelte sich ein Massaker, bei dem etwa<br />

30.000 Juden getötet wurden.<br />

Wegen der Schlappe von Odessa war der Oberbefehlshaber der rumänischen Belagerer,<br />

Korpsgeneral Ciuperca, am 9. September abgelöst und durch den bisherigen Kriegsminister<br />

General Jacobici ersetzt worden. Im März 1944 erhielt die 3. Ukrainische Front (Malinowski),<br />

die bereits am südlichen Bug hielt, den Auftrag, zum Dnjestr vorzustoßen und Odessa zu<br />

nehmen.<br />

Ende März 1944 gingen aus mehreren Brückenköpfen am rechten Bug-Ufer drei sowjetische<br />

Armeen gegen die deutsche 6. Armee (de Angelis) vor. Diese konnte sich nur hinhaltend<br />

verteidigen, zumal sie im Rücken von starker Partisanentätigkeit bedroht war. Am 10. April<br />

1944 musste sie Odessa räumen und hinter den Dnister zurückgehen. Mit dem Verlust dieses<br />

Hafens zeichnete sich das Ende der deutschen Kriegführung im Schwarzen Meer ab.<br />

Kriegsgefangenenlager 159<br />

Aufgrund des Befehls der NKWD vom 3.Juli 1944 Nr. 00756 wurden in Odessa im Verlauf<br />

des Sommers und Herbstes 1944 unter der Lagerverwaltung 159 acht Lagerabteilungen für<br />

insgesamt bis zu 12.000 Kriegsgefangene eingerichtet. Die Zahl der Lagerabteilungen änderte<br />

sich in der Folgezeit nach Möglichkeiten und Bedürfnissen - vor allem denen des<br />

Arbeitseinsatzes.<br />

202


Bis Ende des Jahres 1946 waren 14 Lagerabteilungen mit einer Belegung von 10.800 Mann<br />

vorgesehen. Tatsächlich befanden sich im Januar 1947 12.102 Gefangene im Lager 159, auf<br />

16 Abteilungen verteilt und hauptsächlich im Wiederaufbau des Kriegshafens Odessa, der<br />

Werften, des Landmaschinenbaus und anderer Industrien eingesetzt.<br />

Ende 1948 wurde das bis dahin selbständige Kriegsgefangenenlager 126 Nikolajew – als<br />

Lagerabteilung 7 verwaltungsmäßig dem Lager 159 Odessa angegliedert. Über die<br />

Sterblichkeit im Lager liegen nur bruchstückhafte Angaben vor. So sind im Berichtsabschnitt<br />

des medizinischen Dienstes für das (vermutlich letzte) Quartal des Jahres 1944 654 Tote<br />

verzeichnet, die auf den physischen wie psychischen Erschöpfungszustand, auf ungeheizte<br />

Unterkünfte und Mangel an warmen wie ausreichendem Essen zurückgeführt werden. Das<br />

ergäbe bei der andernorts erwähnten Belegung mit 11.687 Mann eine Todesrate von 5,6 %<br />

bzw. aufs Jahr hochgerechnet 22 %. Für das Jahr 1946 werden 66 Tote - an anderer Stelle 81<br />

Tote - aufgeführt, was 0,08 % der Lagerbelegung entsprechen soll.<br />

Insgesamt haben 68.256 Kriegsgefangene das Lager 159 durchlaufen, darunter 26.331<br />

deutsche und 2584 österreichische sowie 13.496 rumänische und 12.563 ungarische. Diese im<br />

Vergleich zum Bestand sehr viel höhere Zahl ist u.a. darauf zurückzuführen, dass in Odessa<br />

die Repatriierung konzentriert war.<br />

Republik Ukraine<br />

Im Juli 1994 wurde Eduard Hurwiz zum Bürgermeister gewählt. Im März 1998 erfolgte seine<br />

Wiederwahl, doch wurde stattdessen sein Konkurrent Rouslan Bodelan mit Hilfe der Justiz<br />

Bürgermeister und Hurwiz floh nach Israel. Bei der Wahl 2002 traten wieder beide an und<br />

Bodelan gewann. 2005 erklärte ein Gericht die Wahl für ungültig und ernannte stattdessen<br />

Hurwiz zum Bürgermeister. Bodelan ging nach Russland. Bei der folgenden Wahl 2006<br />

wurde Hurwiz zum Bürgermeister gewählt. Bei den Bürgermeisterwahlen 2010 trat Hurwiz<br />

für die "Front Smin" von Arsenij Jazenjuk an, doch verlor er gegen den Kandidaten der Partei<br />

der Regionen, Oleksij Kostussew, der bis dato dem Antimonopolkomitee vorstand. Seit dem<br />

6. November 2010 ist Oleksij Kostussew Bürgermeister der Stadt.<br />

Bevölkerung<br />

Die Geschichte der Stadt ist traditionell von vielen Völkern und Konfessionen geprägt.<br />

Die Ukrainer bilden mit 57 Prozent die Mehrheit der Einwohner. Außerdem leben in der Stadt<br />

34 Prozent Russen, sowie Juden, Rumänen (Moldauer), Griechen, Deutsche, Franzosen,<br />

Araber, Türken, Armenier, Georgier und weitere Bevölkerungsgruppen. Insgesamt sollen es<br />

mehr als 130 Nationalitäten sein. [7] Odessa gehört zu den ukrainischen Gebieten, in denen<br />

Russisch die dominierende Sprache ist. Insgesamt geben 63 Prozent der Einwohner die<br />

russische Sprache als Sprache des Alltags an. 2012 wurde Russisch als regionale Amtssprache<br />

in der Oblast Odessa wieder eingeführt [8] und erhielt damit 20 Jahre nach dem Ende der<br />

Sowjetunion wieder einen offiziellen Status.<br />

Als gemeinsame Bezeichnung nennen sich die Einwohner Odessas Odessiten. Im Selbstbild<br />

findet sich als stärkstes Element die Weltoffenheit, eine Eigenschaft, die sich aus der Lage an<br />

der Nahtstelle zwischen Orient und Okzident ergibt.<br />

203


175<br />

0<br />

2.00<br />

0<br />

180<br />

0<br />

6.00<br />

0<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

1849 1897 1910 1912 1920 1936 1956 1970 1974 1989<br />

86.72<br />

9<br />

403.8<br />

00<br />

506.6<br />

00<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

2001 2005 2009<br />

1.029.049 1.007.131 1.008.604<br />

Gesundheit<br />

500.0<br />

00<br />

317.0<br />

00<br />

204<br />

534.0<br />

00<br />

607.0<br />

00<br />

892.0<br />

00<br />

1.000.0<br />

00<br />

1.115.3<br />

71<br />

Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besitzt Odessa mit ca. 160.000<br />

HIV-infizierten Einwohnern (16 % der Gesamtbevölkerung) europaweit die höchste HIV-<br />

Infektionsrate. Seit kurzem hält die Ukraine den traurigen Europarekord an Neuinfektionen<br />

und gehört auch weltweit zu den Staaten, in denen sich Aids am schnellsten ausbreitet.<br />

Religion<br />

Die Mehrheit der Bevölkerung ist christlich-orthodox. Odessa ist Bischofssitz der Deutschen<br />

Evangelisch-Lutherischen Kirche der Ukraine.<br />

Geographie<br />

Topographie<br />

Die Stadt liegt auf Hügeln, von denen man wie von Terrassen auf den kleinen Hafen im<br />

Schwarzen Meer sehen kann. Sie liegt ca. 30 km nördlich der Mündung des Flusses Dnister<br />

und ca. 440 km südlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew.<br />

Klima<br />

In Odessa herrscht Seeklima (nach Köppens Klimaeinteilung Cfb) [10] nahe der Grenze zum<br />

Kontinental- (Dfb) und halbtrockenen (semiariden) Klima (BSk). Die Wassertemperatur liegt<br />

im Jahresdurchschnitt zwischen 13 und 14°C, zwischen Januar und März bei 6°C und im<br />

August bei 23°C.


Wirtschaft, Messen, Verkehr und Bildung<br />

Passagierhafen von Odessa<br />

Bahnhof von Odessa<br />

Flughafen Odessa am Abend<br />

Schiffsbau, Ölraffinerien, Chemie, Metallverarbeitende Betriebe, Nahrungsgüterproduktion,<br />

Fischfang und Tourismus sind die Grundlagen der Odessaer Wirtschaft.<br />

Bekannt ist der Markt "Promrynke 7 km", häufig nur als "7. km" bezeichnet. Er wird auf<br />

derzeit 70 ha Fläche vor allem aus zahlreichen aneinander gereihten Containern gebildet, und<br />

beherbergt so mehr als 15.000 verschiedene Händler und Geschäfte. Seinen Namen hat er<br />

daher, dass er sich bei Straßenkilometer 7 an der Straße Odessa - Ovidopol befindet.<br />

205


Verkehr<br />

Neben dem nahegelegenen Illitschiwsk, sowie Mykolajiw, Cherson und Sewastopol ist<br />

Odessa einer der wichtigsten Häfen der Ukraine.<br />

Von hier aus bestehen auch Straßen- und Eisenbahnverbindungen ins Hinterland, vor allem<br />

nach Galizien, Podolien und Moldawien, aber auch in die Hauptstadt Kiew. Dreimal<br />

wöchentlich fährt ein durchgehender Schlafwagen nach Berlin. Die Geschichte der Odessaer<br />

Eisenbahnen ist mit Sergei Juljewitsch Witte verbunden.<br />

Der Flughafen der Stadt liegt im Südwesten und verfügt über nationale und internationale<br />

Flugverbindungen.<br />

Der öffentliche Nahverkehr begann 1880 mit der als Pferdebahn eröffneten Straßenbahn<br />

Odessa. Heute wird der gesamte Verkehr mittels Trolleybussen, Autobussen, Tramways und<br />

Marschroutni-Taxi abgewickelt. Erwähnenswert ist darüber hinaus eine Standseilbahn, die<br />

den Höhenunterschied zwischen dem Hafen und dem Stadtzentrum neben der Potemkinschen<br />

Treppe überwindet, ihre Benutzung ist kostenlos. Alle genannten Verkehrsmittel gehören der<br />

Odesgorelektrotrans, der innerstädtischen Verkehrsgesellschaft.<br />

Hochschulen<br />

Die Kadetten-Schule (um 1910)<br />

Die Neurussische Universität wurde am 13. Mai 1865 eröffnet, 1945 wurde sie nach dem<br />

russisch-ukrainischen Träger des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin Ilja Metschnikow<br />

schließlich in Staatliche I.I. Metschnikow Universität Odessa umbenannt. Heute heißt sie<br />

offiziell Nationale I. I. Metschnikow Universität Odessa. Unter anderem betreibt sie das<br />

Astronomische Observatorium Odessa.<br />

Weitere Universitäten in Odessa sind die am 18. September 1918 gegründete Staatliche<br />

Polytechnische Universität Odessa, die Staatliche Marineuniversität Odessa, die um 1900<br />

gegründete Staatliche Medizinische Universität Odessa, die Südukrainische Staatliche<br />

Pädagogische K.-D.-Uschinski-Universität Odessa (nach dem russischen Pädagogen<br />

Konstantin Dmitrijewitsch Uschinski (* 1824, † 1871)) und die Staatliche<br />

Wirtschaftsuniversität Odessa. Darüber hinaus gibt es noch einige Akademien in Odessa.<br />

206


Messen und Ausstellungen<br />

• Wine & Winemaking - Internationale Fachmesse für Wein, Weinherstellung und<br />

Weinbau<br />

• High Degree - Internationale Fachmesse für Spirituosen<br />

• InterAgroBusiness - Internationale Fachmesse für Landwirtschaft, Landtechnik,<br />

Viehzucht, Öko-Landbau und Bioenergie<br />

Politik<br />

Stadtgliederung<br />

Odessa gliedert sich in folgende acht Stadtrajone: Rajon Schowtnewe, Rajon Illitsch, Rajon<br />

Kiew, Rajon Lenin, Rajon Malynowskyj, Rajon Prymorske, Rajon Suworow, Rajon Zentral.<br />

Jedes Rajon hat seine eigene Verwaltung, die dem Odessaer Stadtrat untersteht.<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

Potemkinsche Treppe<br />

Opernhaus<br />

207


Panteleimon-Kloster<br />

Bauwerke<br />

• Wahrzeichen Odessas ist die Potemkinsche Treppe von der Altstadt zum Hafen. Dort<br />

steht auch die Kanone des englischen Schiffs Tigris, das während des Krimkriegs<br />

sank.<br />

• Im Opernhaus Odessa (Teatr operi ta baletu) finden Opern- und Ballettaufführungen<br />

statt. Es wurde 1884–1887 vom damals im mitteleuropäischen Theaterbau führenden<br />

Wiener Büro Fellner & Helmer erbaut, inzwischen jedoch wegen Bodensenkungen<br />

mehrfach verändert.<br />

• Palais Kinsky, hier übernachteten Winston Churchill und seine Gefolgsleute vor dem<br />

Treffen von Jalta.<br />

• Haus der Wissenschaftler (früher Tolstoi-Palais)<br />

• Woronzowpalast<br />

• Theater<br />

• Rathaus<br />

Denkmale (Auswahl)<br />

• Iwan Franko<br />

• Katharina II.<br />

• Adam Mickiewicz<br />

• Alexander Puschkin (auf dem Hochufer über der Hafenbucht, vor der Duma ; ein<br />

weiteres vor dem Puschkinmuseum)<br />

• Richelieu (am oberen Ende der Potemkinschen Treppe)<br />

• Taras Schewtschenko<br />

• Michail Woronzow (Generalgouverneur von Neurussland und Bessarabien, auf dem<br />

Kathedralenplatz)<br />

• Goldenes Kind von Ernst Neiswestny<br />

• Matrosendenkmal im Schewtschenkopark<br />

208


Kirchen und Klöster<br />

• Verklärungskathedrale auf dem Kathedralen-Platz (Soborka)<br />

• Uspenski-Kathedrale<br />

• Armenische Kirche auf dem Gagarinplateau<br />

• Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche St. Paul<br />

• Griechisch-Orthodoxe Kirche<br />

• Kirche des heiligen Elias<br />

• Kirche des heiligen Panthelemon<br />

• Kirche der heiligen Muttergottes<br />

• Polnische Kirche/ Kirche des heiligen Petrus<br />

• Frauenkloster Erzengel Michael<br />

• Uspenski-Mönchskloster<br />

• mehrere Synagogen<br />

Museen und Kunstgalerien<br />

• Archäologisches Museum<br />

• Heimatkundemuseum (Nowikowpalast)<br />

• Gemäldegalerie in der Sofiejewska vul.<br />

• Literaturmuseum (Gagarinpalast)<br />

• Museum für westeuropäische und orientalische Kunst<br />

• Puschkinmuseum.<br />

Parks und Gärten<br />

• Stadtpark (Городской сад)<br />

• Botanischer Garten (Ботанический сад)<br />

• Schewtschenko-Park (Парк Шевченко)<br />

• Park des Sieges (Парк Победы)<br />

• Zoologischer Garten (ОДЕССКИЙ ЗООПАРК)<br />

Prospekte und Katakomben<br />

• Die Flaniermeile Deribasowskaja, benannt nach dem Gründer der Stadt, Admiral José<br />

de Ribas.<br />

Strand von Odessa<br />

209


• Die „Katakomben von Odessa" bestehen aus einem Netz unterirdischer Gänge und<br />

Labyrinthe und sind heute für Besucher geöffnet. Hier versteckten sich Partisanen<br />

während des Zweiten Weltkrieges. [21]<br />

Sport<br />

Der bekannteste Fußballverein der Stadt ist Tschornomorez Odessa. Der Klub spielt<br />

momentan in der Wyscha Liha, der ersten ukrainischen Liga. Das Stadion "Zentralstadion<br />

Tschornomorez" (auch als Schwarzmeerstadion bezeichnet) dient als Ausweichstadion für die<br />

Fußball-Europameisterschaft 2012.<br />

Städtepartnerschaften<br />

Odessa unterhält mit rund 40 Städten aus zahlreichen Ländern der Erde Beziehungen, die<br />

nach eigener Darstellung in Bruderstädte und Partnerstädte unterschieden werden. Im<br />

Folgenden sind die Städte beider Kategorien alphabetisch aufgelistet.<br />

Richtungsanzeiger für die Bruder- oder Partnerstädte am Rathaus; Stand 2010<br />

210


Bruderstädte<br />

• Alexandria<br />

(Ägypten)<br />

• Baltimore<br />

(Vereinigte<br />

Staaten)<br />

• Constanța<br />

(Rumänien)<br />

• Genua<br />

(Italien)<br />

• Haifa (Israel)<br />

• Istanbul<br />

(Türkei)<br />

• Jerewan<br />

(Armenien)<br />

• Chișinău<br />

(Moldawien)<br />

Partnerstädte<br />

• Brest<br />

(Weißrussland)<br />

• Danzig (Polen,<br />

seit 1996)<br />

• Kalkutta (Indien)<br />

• Klaipeda<br />

(Litauen)<br />

• Larnaka (Zypern)<br />

• Ljubljana<br />

(Slowenien)<br />

• Minsk<br />

(Weißrussland)<br />

• Liverpool (Vereinigtes<br />

Königreich)<br />

• Łódź (Polen, seit 1993)<br />

• Marseille (Frankreich,<br />

seit 1972)<br />

• Nikosia (Zypern)<br />

• Oulu (Finnland)<br />

• Piraeus (Griechenland)<br />

• Qingdao<br />

(Volksrepublik China)<br />

• Regensburg<br />

(Deutschland, seit 1990)<br />

• Moskau (Russland)<br />

• Ningbo (Volksrepublik<br />

China)<br />

• Rostow am Don<br />

(Russland)<br />

• St. Petersburg (Russland)<br />

• Taganrog (Russland)<br />

• Tiflis (Georgien)<br />

Persönlichkeiten Söhne und Töchter: In Odessa geboren:<br />

Wissenschaftler<br />

211<br />

• Szeged (Ungarn)<br />

• Split (Kroatien)<br />

• Tallinn (Estland)<br />

• Tripoli (Libanon)<br />

• Valencia (Spanien)<br />

• Vancouver (Kanada,<br />

seit 1944)<br />

• Yokohama (Japan).<br />

• Wladimir Igorewitsch Arnold, Mathematiker<br />

• Sergei Natanowitsch Bernstein, russischer Mathematiker<br />

• George Gamow, russisch-US-amerikanischer Physiker<br />

• Adolf Pawlowitsch Juschkewitsch, Mathematikhistoriker<br />

• Henry Primakoff, Theoretischer Physiker<br />

• Alexander von Schelting, deutscher Soziologe<br />

• Heinrich Walter, deutsch-russischer Geobotaniker und Öko-Physiologe<br />

• Valparaíso<br />

(Chile)<br />

• Van (Türkei)<br />

• Vídeň<br />

(Tschechien)<br />

• Warna<br />

(Bulgarien)<br />

• Wien<br />

(Österreich)<br />

• Wolgograd<br />

(Russland).


Sportler<br />

• Hennadij Awdjejenko, ehemaliger sowjetischer Hochspringer und Olympiasieger<br />

• Mykola Awilow, Zehnkämpfer und Olympiasieger<br />

• Igor Iwanowitsch Belanow, sowjetischer Fußballspieler<br />

• Efim Geller, sowjetischer Schachspieler<br />

• Charles Goldenberg, American-Football-Spieler<br />

• Oksana Wladimirowna Grischtschuk, russische Eiskunstläuferin, Olympiasiegerin<br />

• Irina Krush, US-amerikanische Schachspielerin<br />

• Kostjantyn Lerner, ukrainischer Schachmeister<br />

• Wiktor Moskalenko, ukrainischer Schachspieler<br />

• Wiktor Petrenko, ukrainischer Eiskunstläufer, Olympiasieger<br />

• Jewgeni Platow, russischer Eiskunstläufer, Olympiasieger<br />

• Maksym Shtein, deutscher Basketballspieler<br />

• Sergei Issajewitsch Utotschkin, russischer Sportler und Flugpionier<br />

• Andrij Woronin, ukrainischer Fußballnationalspieler<br />

Künstler, Musiker und Schriftsteller<br />

• Isaak Emmanuilowitsch Babel, russischer Journalist und Autor jüdischer Herkunft<br />

• Simon Barere, Pianist<br />

• Olexander Bejderman, Schriftsteller, schreibt Jiddisch, Russisch, Ukrainisch<br />

• Nikolaus Brodszky, russisch-jüdischer Komponist und Musiker<br />

• Shura Cherkassky, russisch-amerikanischer Pianist<br />

• Joseph Dorfman, israelischer Komponist und Musikpädagoge<br />

• Vladimir Dyck, Komponist und Musikpädagoge<br />

• Jacobo Ficher, Komponist<br />

• Marjana Gaponenko, Schriftstellerin<br />

• Alexander Wassiljewitsch Gauk, ukrainischer Dirigent und Komponist<br />

• Emil Gilels, russischer Pianist<br />

• Wera Michailowna Inber, russisch-sowjetische Schriftstellerin<br />

• Ida Kamińska, polnisch-jüdische Schauspielerin<br />

• Joseph Kaminski, israelischer Komponist und Violinist<br />

• Walentin Petrowitsch Katajew, sowjetischer Dramatiker und Romancier<br />

• Télémaque Lambrino, Pianist und Musikpädagoge<br />

• Jakov Landa, sowjetischer Schriftsteller<br />

• Alina Levshin, deutsche Schauspielerin<br />

• Juri Nikolajewitsch Libedinski, sowjetischer Schriftsteller<br />

• Nathan Milstein, amerikanischer Violinist ukrainischer Herkunft<br />

• David Fjodorowitsch Oistrach, russischer Geiger<br />

• Michail Rafailowitsch Rauchwerger, Komponist<br />

• Wassili Lwowitsch Sapelnikow, russischer Komponist und Pianist<br />

• Boris Semjonowitsch Schechter, Komponist<br />

• Antonio Emmanuilowitsch Spadawekkia, Komponist<br />

• Wladimir Strelnikow, ukrainischer Künstler<br />

• Leonid Ossipowitsch Utjossow, Sänger und Bandleader<br />

• Michael Vaiman, Violinist und Hochschullehrer<br />

• Peter Weibel, österreichischer Künstler und Theoretiker<br />

• Wilhelm Wolfsohn, deutscher Schriftsteller<br />

• Natasha Yarovenko, Schauspielerin<br />

• Kira Kaft, Sängerin, Komponistin, Odessa-Chansons<br />

212


Personen mit Beziehung zur Stadt<br />

• Alexander II., Zar von Russland, besuchte im November 1855 Odessa.<br />

• Alexander Brückner, Historiker, lehrte von 1867 bis 1872 in Odessa.<br />

• Iwan Wassiljewitsch Boldin, sowjetischer General, war von 1939 bis 1941 Kommandeur des<br />

Militärbezirks Odessa.<br />

• Oskar Becker, Attentäter auf König Wilhelm von Preußen<br />

• Theodor Beutling, deutscher Politiker (KPD), Reichstagsabgeordneter<br />

• Georgi Timofejewitsch Dobrowolski, sowjetischer Kosmonaut<br />

• Georgi Wassiljewitsch Florowski, orthodoxer Theologe des 20. Jahrhunderts<br />

• Wilhelm Flicke, Spezialist für Kryptografie bei der Reichswehr und Wehrmacht, Schriftsteller<br />

• Franz Josef Grenzebach, Handelsunternehmer und Geheimdiplomat des russischen Zaren im<br />

19. Jahrhundert. Deutschstämmig, geboren in Simferopol, Mutter entstammte der russischen<br />

Adelsfamilie Romanov. In Odessa Lebensmittelpunkt und Sitz der Handelsgesellschaften.<br />

• Nikolai Fjodorowitsch Gikalo, sowjetischer Politiker<br />

• Waldemar Haffkine, Bakteriologe, studierte in Odessa Medizin.<br />

• Johann Karl Ehrenfried Kegel, Kamtschatka-Erforscher, verstarb in Odessa.<br />

• Dmitri Klimow, Pianist und Musikpädagoge, Lehrer am Konservatorium<br />

• Johann Kremenezky, Industrieller und Zionist<br />

• Sara Alexandrowna Lewina, Komponistin, studierte in Odessa Klavier.<br />

• Rodion Jakowlewitsch Malinowski, Marschall und Verteidigungsminister der Sowjetunion<br />

• Alexander Iwanowitsch Marinesko, U-Boot-Kommandant der S-13 im 2. Weltkrieg<br />

• Dmitri Iwanowitsch Mendelejew, Chemiker, lehrte um 1855 an einem Gymnasium in Odessa.<br />

• Ilja Iljitsch Metschnikow, Zoologe, Anatom, Bakteriologe und Nobelpreisträger, gründete<br />

1886 in Odessa das erste bakteriologische Zentrum Russlands.<br />

• Armand Emmanuel du Plessis, duc de Richelieu, französischer Staatsmann, war von 1803 bis<br />

1814 Statthalter von Odessa.<br />

• Leo Pinsker, Wegbereiter des Zionismus, verstarb in Odessa.<br />

• Nikolai Iwanowitsch Pirogow, Chirurg und Hochschullehrer<br />

• Alexander Sergejewitsch Puschkin, russischer Schriftsteller, lebte vor 1824 kurzzeitig in<br />

Odessa.<br />

• Swjatoslaw Teofilowitsch Richter, Pianist, lebte zwischen 1916 und 1937 in Odessa und<br />

arbeitete dort an der Oper als Korrepetitor.<br />

• Alexander Wassiljewitsch Suworow, russischer General, gründete Odessa.<br />

• Georgi Konstantinowitsch Schukow, sowjetischer General, war von 1946 bis 1948<br />

Kommandeur des Wehrbezirks Odessa.<br />

• Jacob Schapiro, Börsenspekulant und Autohändler im Berlin der 1920er-Jahre<br />

• Mendele Moicher Sforim, jiddischer Schriftsteller, verstarb in Odessa.<br />

• Walentyn Symonenko, Politiker<br />

• Leo Trotzki, Revolutionär, absolvierte die deutsch-lutherische Schule in Odessa. 1898 saß er<br />

zeitweise hier im Gefängnis.<br />

• Andrei Januarjewitsch Wyschinski, Generalstaatsanwalt der Sowjetunion und Außenminister<br />

• Michail Semjonowitsch Woronzow, russischer Offizier und Politiker, trug wesentlich zur<br />

Entwicklung Odessas bei, gründete unter anderem Theater und Bibliothek.<br />

• Sergei Juljewitsch Witte, deutsch-baltischer Unternehmer und russischer Staatsmann, studierte<br />

in Odessa und reformierte das russische Eisenbahnwesen.<br />

• Wilhelm Karlowitsch Withöft, russischer Admiral<br />

213


Basisdaten<br />

Constanța – Vikipedia<br />

Staat: Rumänien<br />

Historische Region: Dobrudscha<br />

Kreis: Constanța<br />

Koordinaten: 44° 11′ N, 28° 39′ OKoordinaten: 44° 11′ 0″ N, 28° 39′ 0″ O (Karte)<br />

Zeitzone: OEZ (UTC+2)<br />

Höhe: 28 m<br />

Fläche: 121,66 km²<br />

Einwohner: 302.171 (1. Januar 2009)<br />

Bevölkerungsdichte: 2.484 Einwohner je km²<br />

Postleitzahl: RO–900xxx<br />

Telefonvorwahl: (+40) 02 41<br />

Kfz-Kennzeichen: CT<br />

Gemeindeart: Munizipium<br />

Struktur und Verwaltung (Stand: 2012)<br />

Oberbürgermeister: Radu Ștefan Mazăre (USL)<br />

Postanschrift:<br />

Bulevardul Tomis, nr. 51<br />

loc. Constanța, jud. Constanța, RO–900725<br />

Webpräsenz: www.primaria-constanta.ro<br />

Constanța [konˈstant͜sa] (deutsch Konstanza oder Konstanz,<br />

auch Constantza, türkisch Kustendji, Kustendja, Köstence, Köstendsche, im<br />

Altertum Tomis und in der SpätantikeConstantiana) ist eine Hafenstadt<br />

in Rumänien am Schwarzen Meer. Mit 302.171 Einwohnern [1] ist sie die fünftgrößte Stadt des<br />

Landes und Sitz des gleichnamigen Kreises.<br />

214


Geschichte<br />

Freigelegte Grundmauern der antiken griechischen Stadt Tomis<br />

Constanța wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. von Griechen aus der ionischen Mutterstadt -<br />

Milet (in Kleinasien) als Tomoi (Τόµοι) gegründet, eine später römische Stadt (Tomi), in der<br />

auch der aus Rom verbannte Dichter Ovid lebte und starb. Zeitweise stand sie unter da-<br />

kischer, skythischer und keltischer Herrschaft. Unter dem römischen Kaiser Konstantin I.<br />

wurde die Stadt zu Ehren seiner Schwester in Constantiana umbenannt und war eine<br />

wichtige Metropole. Später teilte die Stadt das Schicksal der römischen Balkanprovinzen.<br />

Im Winter 597/598 diente die Stadt dem oströmischen Feldherrn Priskos als Winterlager, als<br />

ihn die Awaren überraschend angriffen und belagerten (siehe hierzu Balkanfeldzüge des<br />

Maurikios). Ab der zweiten Hälfte der 670-er bis 1385 war Constanța bulgarisch, jedoch<br />

zwischen 971 und 1186 byzantinisch. Ab 1385 bis 1420 gehörte die Region zur<br />

Walachei und schließlich zum Osmanischen Reich, bis es 1878 im Rahmen des Berliner<br />

Kongresses mit der Norddobrudscha (deren Zentrum Constanța ist) Rumänien zugeschlagen<br />

wurde.<br />

Bevölkerung<br />

Constanța ist neben Medgidia und Babadag das Zentrum der türkischen und tatarischen<br />

Minderheit Rumäniens sowie des Islam in Rumänien, der von der turko-tatarischen<br />

Minderheit geprägt wird. 6 % der Stadtbevölkerung ist muslimisch. Daneben gibt es auch<br />

eine kürzlich eingewanderte arabische Minderheit, die in Constanța eine Schule mit<br />

arabischer und englischer Unterrichtssprache betreibt. Die türkische weiterführende Schule<br />

ist in Medgidia.<br />

215


1853 lebten erst 5.204 Menschen in der Stadt; darunter stellten die Tataren (36 %)<br />

und Griechen (30 %) die Mehrheit. Nur 5 % waren Rumänen. In der Folge nahm die Einwoh-<br />

nerzahl stetig zu, gleichzeitig stieg der Anteil der Rumänen. 1930 lebten ca. 59.000<br />

Menschen in der Stadt, darunter ca. 1.450 Deutsche. In den späten 1950er Jahren wurde die<br />

Zahl von 100.000 Bewohnern erreicht. 1992 registrierte man mit 350.581 die maximale<br />

Einwohnerzahl, die seitdem wieder deutlich rückläufig ist. Bei der Volkszählung 2002 lebten<br />

in Constanța noch 310.471 Menschen, darunter etwa 286.000 Rumänen, je 9.000 Türken<br />

und Tartaren, 3.000 Roma, 900 Russen bzw. Lipowaner, 500 Griechen, je 400 Un-<br />

garn und Armenier und 200 Deutsche.<br />

Wirtschaft und Verkehr<br />

Hafen<br />

Der Donau-Schwarzmeer-Kanal in der Nähe von Constanța<br />

Unmittelbar südlich von Constanța befindet sich der neue Großhafen Agigea am Ausgang<br />

des Donau-Schwarzmeer-Kanales. Somit hat Constanța eine direkte Verbindung<br />

zur Donau und den mitteleuropäischen Hafenstädten. Der Main-Donau-Kanal ermöglicht<br />

zudem, dass die Schifffahrtsroute Constanța-Rotterdam einen ununterbrochenen<br />

Wasserweg zwischen dem Schwarzen Meer und der Nordsee darstellt. Zudem ist Rotterdam<br />

eine wichtige Partnerstadt von Constanța. Constanța ist bereits der größte Hafen am<br />

Schwarzen Meer und der Warenumschlag wächst um 8 Prozent pro Jahr. Die Bedeutung der<br />

Stadt wird vor allem nach der geplanten Inbetriebnahme der Pan-European Oil-Pipeline<br />

(PEOP) 2012 weiter steigen. Die Ölpipeline soll von Constanța nach Triest führen. Ziel des<br />

Projekts ist, den Bosporus zu entlasten.<br />

216


Verkehr<br />

Mit Bukarest besteht eine Autobahn- und Eisenbahnverbindung, zu Letzterer gehören neben<br />

dem Personenbahnhof Constanța als größte Bahnhöfe der Rangierbahnhof Palas und ein<br />

weiterer Rangierbahnhof für den Hafen. Ferner befinden sich dort die Badeorte Techi-<br />

rghiol, Mamaia, Eforie Nord, Eforie Sud und der internationale Flughafen Aero-portul Inter-<br />

național Mihail Kogălniceanu.<br />

Innerhalb der Stadt hatte bis 2008 bzw. 2010 ein aus Straßenbahn, Bus und O-<br />

Bus bestehendes Nahverkehrsnetz existiert, das von der RATC (Regia Autonomă de<br />

Transport Constanța) betrieben wird. Das Straßenbahn- und O-Bus-Netz wurde in den<br />

letzten Jahren jedoch zugunsten des Autobusnetzes reduziert und inzwischen eingestellt. So<br />

wurde fast das gesamte O-Bus-Netz (ausgenommen die Linien 48 und 48 b (Stand Juli<br />

2006)) und die Straßenbahnlinie 100 (Gară - Sat de Vacanța; in der Nähe des Ortseingangs<br />

von Mamaia) durch Busse ersetzt. Die nicht mehr benutzten Fahrleitungen O-Bus und<br />

Straßenbahn wurden weitestgehend demontiert.<br />

Die (erst 1984 in Betrieb genommene) Straßenbahn wurde im November 2008 vollkommen<br />

stillgelegt, im Dezember 2010 wurden die Oberleitungsbuslinien durch Autobusverkehr<br />

ersetzt. Nach 51 Jahren besitzt die Stadt damit keine elektrischen Nahverkehrsmittel mehr,<br />

sondern nur noch Autobusse, die als Markenzeichen überwiegend grell pink lackiert sind.<br />

Des Weiteren werden Überlandverbindungen in angrenzende Städte wie Năvodari durch<br />

Kleinbusse (ca. 20 Sitzplätze, sog. Minibus) der Grup Media Sud, die ohne festen Fahrplan<br />

verkehren, angeboten.<br />

217


Stadt-Strand von Constanta<br />

Constanta hat seinen eigenen Badestrand, der sich in 5 kleine Buchten aufteilt.<br />

Blick auf die Stadtstrandbuchten -<br />

in der unmittelbaren Nähe des Yachthafens von Constanta -<br />

Richtung „Mamaia“<br />

Hier baden die Einheimischen, wenn sie sich nicht ins Bademekka<br />

von Mamaia begeben wollen.. .<br />

Die Jugend bevorzugt selbstverständlich<br />

den Touristenstrudel von Mamaia.<br />

218


Kultur und Sehenswürdigkeiten<br />

Ovid-Denkmal<br />

� Griechische und römische Ruinen (Handelshaus mit römischem Fußbodenmosaik, Basiliken,<br />

kaiserliche Nekropolen)<br />

� Ovid-Denkmal vor dem Geschichts- und Archäologie-Museum<br />

� Leuchtturm aus dem 13. Jahrhundert<br />

� Aquarium und Delphinarium<br />

� Philharmonie<br />

� Oper<br />

� Nationaltheater<br />

� Byzantinische Basilika<br />

� Carol-I.-Moschee<br />

� Das Casino<br />

219


Sport<br />

Der FC Viitorul Constanța spielt seit 2012 in der höchsten rumänischen Fußballliga. Führend im rumäni-<br />

schen Sport sind auch HCM Constanța im Handball und CVM Tomis Constanța im Volleyball.<br />

Geboren in Constanța<br />

� Nicholas Georgescu-Roegen (1906–1994), Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler<br />

� Vintilă Cossini (1913–2000), Fußballspieler<br />

� Dumitru Antonescu (* 1945), Fußballspieler<br />

� Harry Tavitian (* 1952), Jazzmusiker<br />

� Ovidiu Bădilă (1962–2001), Kontrabassist<br />

� Sebastian Stan (* 1983), US-amerikanischer Schauspieler<br />

� Ianis Zicu (* 1983), Fußballspieler<br />

� Alexandru Mățel (* 1989), Fußballspieler<br />

� Alexandra Stan (* 1989), House-Sängerin<br />

� Simona Halep (* 1991), Tennisspielerin<br />

Die Stadteingänge von Konstanza<br />

Der aktuelle Bürgermeister von Konstanza „Radu Mazere“<br />

ließ an allen Stadteingängen diese ehemaligen Marinebote aufstellen.<br />

220


Partnerstädte<br />

Alexandria Ägypten<br />

Boulogne-sur-Mer Frankreich<br />

Brest Frankreich<br />

Dobritsch Bulgarien<br />

Havanna Kuba<br />

Iraklio Griechenland<br />

Istanbul Türkei<br />

Izmir Türkei<br />

Latakia Syrien<br />

Mobile Vereinigte Staaten<br />

Noworossijsk Russland<br />

Odessa Ukraine<br />

Perugia Italien<br />

Rotterdam Niederlande<br />

Sidon (Saida) Libanon<br />

Santos Brasilien<br />

Shanghai China<br />

Sulmona Italien<br />

Thessaloniki Griechenland<br />

Trapani Italien<br />

Turku Finnland<br />

Yokohama Japan<br />

221


Warna<br />

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />

Warna (Варна)<br />

Basisdaten<br />

Staat: Bulgarien<br />

Oblast: Warna<br />

Einwohner: 334.870 (1. Februar 2011 [1] )<br />

Fläche: 154.236 km²<br />

43° 13′ N, 27° 55′<br />

Koordinaten: O43.21027777777827.90972222222280Koordinaten:<br />

43° 12′ 37″ N, 27° 54′ 35″ O (Karte)<br />

Höhe: 80 m<br />

Postleitzahl: 9000-9030<br />

Telefonvorwahl: (+359) 052<br />

Kfz-<br />

Kennzeichen: B<br />

Verwaltung<br />

Bürgermeister: Kiril Jordanow<br />

Webpräsenz: www.varna.bg<br />

Warna - Bulgarien - Nachbarorte: Dewnja, Baltschik, Dobritsch, Kardam, Kaspitschan,<br />

Schumen, Preslaw, Karnobat, Ajtos, Burgas<br />

222


Warna [ˈvarnɐ] (gebräuchliche Transliteration Varna, bulgarisch Варна) ist eine<br />

Hafenstadt am Schwarzen Meer in Bulgarien und nach Sofia und Plowdiw die drittgrößte<br />

Stadt des Landes. Sie ist Zentrum der gleichnamigen Gemeinde und der Provinz Warna sowie<br />

Sitz der Admiralität der bulgarischen Flotte und der Diözese von Warna und Weliki Preslaw.<br />

Die Stadt Warna ist administrativ in fünf Bezirke (Rajon) gegliedert.<br />

Warna ist der wichtiger Verkehrsknoten für den Nordosten des Landes. Der internationale<br />

Flughafen ist nach Sofia und Burgas der drittwichtigste des Landes. Warna besitzt nach dem<br />

Hafen Burgas den zweitgrößten Hafen Bulgariens und ist gut an das bulgarische Schienen-,<br />

und Straßennetz angebunden. Die Stadt war Endstation der ersten bulgarische Eisenbahnlinie<br />

sowie die erste Endstation des Orient-Express.<br />

Die Stadtnähe zu mehrere Sommerkurorte verwandeln Warna in den Sommermonaten in ein<br />

belebtes Tourismuszentrum. Die Hafenstadt ist das kulturelle Zentrum Nordostbulgariens und<br />

für seine Festivals auch international bekannt. Im Archäologischen Museum der Stadt wird<br />

zudem der älteste Goldschatz der Welt aufbewahrt.<br />

Geografie<br />

Warna liegt im Nordosten Bulgariens am Schwarzen Meer, an der Nordwestseite der Warnaer<br />

Bucht und am Fuße des Frangensko-Plateau. Westlich der Stadt erstreckt sich der<br />

langgezogene Warna-See, der vom Prowadijska-Fluss und vom Beloslaw-See gespeist wird.<br />

Das Stadtgebiet erstreckt nördlich des Abflusses des Warna-Sees (der ebenfalls Warna heißt),<br />

entlang des Abhangs des Plateaus. Im Norden grenzt die Stadt durch mehreren Villenviertel<br />

und Kleingartenkolonien an den Kurort Goldstrand. Im Westen grenzt Warna unmittelbar an<br />

die Stadt Aksakowo.<br />

Südlich des Abflusses, durch die Asparuchowo-Brücke mit dem Stadtzentrum verbunden,<br />

befinden sich die Stadtviertel Asparuchowo und Galata. Der Eingang zum See wird heute<br />

durch eine künstliche Insel versperrt, welche durch Vertiefungsarbeiten entstand.<br />

Die nächste Großstadt ist das ca. 120 km südlich entfernte Burgas, das man durch eine<br />

Großteil zweispurige Passstraße durch das Balkangebirge erreicht und die Fahrt bis zu drei<br />

Stunden mit dem Auto dauern kann.<br />

Klima<br />

Warna<br />

Klimadiagramm<br />

J F M A M J J A S O N D<br />

38 6<br />

-1<br />

41 6<br />

0<br />

34 9<br />

3<br />

44<br />

15<br />

7<br />

40 20<br />

12<br />

46<br />

25<br />

16<br />

37<br />

27<br />

18<br />

32<br />

27<br />

18<br />

31<br />

24<br />

14<br />

Temperatur in °C, Niederschlag in mm<br />

Quelle: wetterkontor.de<br />

36<br />

18<br />

10<br />

50<br />

13<br />

5<br />

223<br />

42 8<br />

2


Geschichte<br />

Name<br />

Die Stadt trug in ihrer Geschichte mehrere Namen. In der Antike hieß sie Odessus, von 1949<br />

bis 1956 Stalin.<br />

Stadtgeschichte<br />

Seit 1972 das Gräberfeld von Warna im Westen der Stadt entdeckt worden ist, ist die<br />

Besiedlung dieser Gegend in der Kupfersteinzeit im 5. Jahrtausend v. Chr. bekannt. Dort<br />

wurden zahlreiche Goldfunde aus der Karanowo-IV-Epoche aus dem 4. Jahrtausend v. Chr.<br />

gemacht, die jetzt im Archäologischen Museum zu besichtigen sind. Die Besonderheit des<br />

Gräberfeldes sind so genannte „symbolische Gräber“, in denen nur Beigaben, nicht aber<br />

menschliche Überreste gefunden wurden. Man geht heute davon aus, dass die „symbolischen<br />

Gräber“ für fern der Heimat verstorbene Anführer angelegt wurden. Diese Gräber- und<br />

Goldfunde, die bis 1991 ausgegraben wurden, waren eine wissenschaftliche Sensation und<br />

führten damals zur partiellen Neuschreibung der europäischen Frühgeschichte.<br />

Die Besiedlung durch diese Warna-Kultur endete nach neueren Forschungserkenntnissen<br />

abrupt unter Umständen, die zurzeit noch diskutiert werden.<br />

Die Stadt, deren frühester Ursprung schon in thrakischer Zeit lag, wurde im 7. Jahrhundert v.<br />

Chr. von griechischen Siedlern aus Milet gegründet. Sie gaben der Stadt den Namen Odessos,<br />

unter welchem sie in der Antike und Mittelalter bekannt war. Auf der Grundlage des Handels<br />

mit den Thrakern gewann die griechische Polis rasch an Bedeutung. Im 3. Jahrhundert v. Chr.<br />

war die Stadt von Makedonien und im 1. Jahrhundert v. Chr. vom Römischen Reich<br />

abhängig; Handwerk (Töpferei, Metallverarbeitung) und Handel entwickelten sich dennoch<br />

günstig. Erhalten haben sich aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Fragmente der römischen<br />

Thermen.<br />

Warna 1897<br />

224


593–594 diente die Stadt als römisches Winterlager während der Balkanfeldzüge des<br />

Maurikios. Auch kam es in der Umgebung zu Kämpfen zwischen Römern und Slawen. Eine<br />

Ansiedlung von Slawen fand vermutlich ab 615 statt. 681 eroberte der bulgarische Khan<br />

Asparuch die Stadt. Aus jener Epoche stammt auch ihr jetziger Name Warna. Während des<br />

Ersten Bulgarischen Reiches im 9. und 10. Jahrhundert war Warna ein wichtiger Mittelpunkt<br />

des Christentums, im Zweiten Bulgarischen Reich im 13. Jahrhundert wurde es zu einer Stadt<br />

des Handwerks mit einem bedeutenden Handelshafen. Es bestanden Verbindungen zwischen<br />

Nordbulgarien und Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, später auch mit der Republik<br />

Ragusa sowie den italienischen Städten Venedig und Genua.<br />

1391 eroberten Streitkräfte des Osmanischen Reiches die Stadt und machten sie wegen ihrer<br />

militärisch-strategisch günstigen Lage zu einer Küstenbastion. 1402 bzw. 1413 gaben die<br />

Osmanen die Stadt und die gesamte Küste bis hinunter nach Konstantinopel zurück an das<br />

Byzantinische Reich, um sie noch vor 1444 erneut und endgültig zu erobern. Dann fiel am 10.<br />

November 1444 in der Umgebung der Stadt der polnische und ungarische König Władysław<br />

(1424–1444), der den Beinamen Warneńczyk (von Warna) erhielt, in der Schlacht bei Warna<br />

mit den osmanischen Truppen unter der Führung von Sultan Murad II. (1404–1451). Im Jahre<br />

1828 eroberte die russische Flotte die Stadt, konnte sie aber nur zwei Jahre halten. Während<br />

des Krimkrieges zwischen 1853 und 1856 spielte Warna eine große Rolle. Die Stadt war 1854<br />

vorübergehend von britischen und französischen Truppen besetzt.<br />

Wappen der Stadt vor 1972<br />

Obwohl im 18. und 19. Jahrhundert Russland und das Osmanische Reich mehrmals Kämpfe<br />

um Warna ausfochten, erlebte die Stadt in den 1830er und 1840er Jahren einen wirtschaftlichen<br />

Aufschwung, vor allem des Handels, und wurde Sitz mehrerer Konsulate europäischer<br />

Staaten. Die erste Eisenbahnlinie im Osmanischen Reich im Jahre 1866 verband Warna und<br />

Russe an der Donau und damit mit Westeuropa. Sie stimulierte die Entwicklung der<br />

Schifffahrt und der Leichtindustrie. Auch nach dem Ende der osmanischen Herrschaft am 28.<br />

Juli 1878 bewahrte sich Warna seine Bedeutung als Hafen- und Handelsstadt.<br />

1893 wurde in der Stadt die Sozialdemokratische Partei gegründet und 1901 kam es zum<br />

ersten Streik der Warnaer Hafenarbeiter. Im Zweiten Weltkrieg kam es in der Stadt zu<br />

Kämpfen zwischen bulgarischen Partisanen und der deutschen Wehrmacht; Warna war<br />

Zentrum der 10. Operationsarmee. Am 8. August 1944 eroberten sowjetische Streitkräfte und<br />

bulgarische Partisanen die Stadt. Nach dem Sturz der kommunistischen Regierung in Sofia<br />

am 10. November 1989 begannen sich auch in Warna demokratische Verhältnisse<br />

durchzusetzen.<br />

225


Bevölkerung<br />

Bevölkerungsstruktur<br />

Im Frühjahr 2011 erfolgte die bisher letzte Volkszählung, welche gleichzeitig die erste nach<br />

der Aufnahme Bulgariens in die Europäische Union war. Da sie EU-Vorgaben unterlag, gab<br />

es die Möglichkeit Fragen nach ethnischer und religiöser Zugehörigkeit sowie nach der<br />

Muttersprache nicht zu beantworten. Nur 303.594 Bürger von Warna beantworteten die Frage<br />

nach der ethnischen Zugehörigkeit, von ihnen bezeichneten sich 284.738 als Bulgaren, 10.028<br />

als Türken, 3162 als Roma und 3378 gaben eine weitere ethnische Zugehörigkeit an.<br />

Einwohnerentwicklung<br />

Die wechselnden Einwohnerzahlen resultieren teilweise auch aus dem jeweiligen<br />

Gebietsstand.<br />

Jahr Einwohner<br />

1934 ¹ 73.305<br />

1946 ¹ 80.349<br />

1956 ¹ 123.798<br />

1965 ¹ 184.659<br />

1975 ¹ 252.525<br />

Die Zahlen [1] stammen von:<br />

Jahr Einwohner<br />

1985 ¹ 302.841<br />

1992 ¹ 308.432<br />

1996 ³ 300.413<br />

1999 ³ 296.204<br />

2001 ¹ 312.889<br />

Jahr Einwohner<br />

2004 ³ 312.026<br />

2007 ³ 313.983<br />

2009 ³ 320.837<br />

2011 ¹ 334.870<br />

2012 ³ 345.713 [3]<br />

• Volkszählungen (¹),<br />

• Schätzungen (²) oder<br />

• amtlichen Fortschreibungen der Statistischen Ämter (³).<br />

Wirtschaft und Infrastruktur<br />

Ansässige Unternehmen<br />

Das Hafen- und Werftgelände erstreckt sich mittlerweile entlang des – nördlichen – „Kleinen<br />

Kanals“ bis zum Prowadijska-See, der Schiffsverkehr in den See erfolgt fast ausschließlich<br />

durch den – südlichen – „Großen Kanal“. Mit Hafenarealen in Dewnja, Baltschik, LeSport<br />

und Kawarna, war der Hafen Warna in der Vergangenheit der größte Seehafen des Landes,<br />

wo etwa die Hälfte des seeseitigen Güterumschlages Bulgariens abgewickelt wurde. Getreide,<br />

Molkereierzeugnisse und Vieh gehören noch heute zu den wichtigsten Exporterzeugnissen.<br />

Zum Unternehmen Hafen Warna gehören heute jedoch neben den Hafen Warna-Ost (in<br />

Warna Stadt) nur noch das Areal in Dewnja (Hafen Warna-West) und liegt somit hinter dem<br />

Hafen von Burgas an zweiter Stelle. Heute werden im Hafen vor allem Transitwaren für den<br />

rumänischen Mark umgeschlagen.<br />

226


Um den Hafen in Warna konzentrieren sich die Werften, die in den letzten Jahren die anderen<br />

europäischen Konkurrenten an Kapazität eingebüßt haben. Die Werft von Warna (Bulyard)<br />

befindet sich nach mehreren Umstrukturierungen und Privatisierungen heute im Besitzt des<br />

bulgarischen Unternehmen Industry Holding Bulgaria.<br />

In der Stadt wurden bis Anfang der 1990-er Dieselmotoren, elektrische Geräte, Metallwaren,<br />

Nahrungsmittel und Textilien hergestellt.<br />

Der Tourismus trägt einen großen Anteil zum Bruttosozialprodukt in Warna bei. Die<br />

Bauwirtschaft nimmt hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedeutung den 2. Platz ein.<br />

Verkehr<br />

Bahnhof von Warna, erbaut nach den Plänen des Bahnhofs von Burgas<br />

Der Flughafen Warna ist nach den Flughäfen von Sofia und Burgas der drittwichtigste des<br />

Landes, der besonders in der Sommersaison eine große Bedeutung im Charterverkehr hat.<br />

Durch Eisenbahn- und Straßenverbindungen ist Warna mit vielen Teilen des Landes und<br />

durch Buslinien in die nähere und weitere Umgebung verbunden.<br />

Der innerstädtische Verkehr nimmt trotz der massiven – und auch sehr stark genutzten –<br />

Entlastung durch ein gut ausgeprägtes Netz von Stadtbuslinien ständig zu, wobei vor allem<br />

der chronische Parkplatzmangel mitunter zu chaotischen Zuständen führt.<br />

Bildungswesen<br />

Warna besitzt mehrere Bildungseinrichtungen. Dazu gehören die Freie Universität Warna, die<br />

Medizinische Universität Warna, die Wirtschaftsuniversität Warna, die Technische Universität<br />

Warna die zivile Marineakademie und mehrere Forschungseinrichtungen unter anderem<br />

für Ozeanografie, Fischwirtschaft und Hydrodynamik. Außerdem kann man in der Stadt viele<br />

Gymnasien besuchen, darunter mehrere Fremdsprachengymnasien, in denen man Deutsch,<br />

Englisch, Französisch und Spanisch lernen kann. Das erste Fremdsprachen-gymasium Warna<br />

ist international aktiv. Mit einigen Gymnasien, wie zum Beispiel dem BG/BRG Klosterneuburg,<br />

werden jedes Jahr Schüleraustausche durchgeführt.<br />

227


Kultur und Freizeit<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

Muttergottes-Kathedrale in Warna<br />

Muttergottes-Kathedrale in Warna von innen<br />

Städtischer Mittelpunkt ist die Entschlafung der Gottesmutter-Kathedrale (oft auch Muttergottes-Kathedrale<br />

genannt) aus dem Jahre 1896. Unweit von ihr befindet sich der Sitz der<br />

Diözese von Warna und Weliki Preslaw der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche. Die Kathedrale<br />

ist ein monumentaler Bau mit interessanten Wandmalereien und beachtlichen Holzarbeiten im<br />

Inneren. In der Nähe der Kathedrale befindet sich ein Basar und das Museum des<br />

Marinemalers Georgi Welschew (1891–1955) mit einer Kollektion von 250 Bildern. Südlich<br />

liegt eine Parkanlage, in deren Südostecke sich um eine Freifläche unter anderem das Theater<br />

Stojan Batschwarow und die Staatliche Warnaer Oper gruppieren; nahebei ein schönes<br />

Wasserspiel, dessen abends angestrahlte Fontänen dann in vielen Farben sprühen.<br />

228


Ein Stück weiter gegen Süden steht das Volkskundemuseum von 1860 mit seiner Schau<br />

altbulgarischer Arbeitsgeräte, Volkstrachten und Hauseinrichtungen. Südöstlich davon, in der<br />

St.-Atanas-Kirche aus dem Jahre 1838 ist eine wertvolle Ikonensammlung aus dem 18. und<br />

19. Jahrhundert zu besichtigen. Dahinter schließen sich die freigelegten römischen Thermen<br />

aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. an, mit 7.000 Quadratmetern die größten der Balkanhalbinsel.<br />

Das ehemals 18 Meter hohe Mineralbad enthielt mehrere von Kuppeln überdachte Säle, die<br />

mit Marmor und Mosaikplatten ausgestattet waren.<br />

In der Nähe liegen die Byzantinischen Thermen aus dem 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr., die<br />

offenbar ohne eigene Heizung nur aus Thermalquellen gespeist wurden.<br />

Das Aquarium in Warna<br />

In dem sich östlich anschließenden Parkgelände befinden sich das „Neue Römische Bad“ aus<br />

dem 3. und 4. Jahrhundert n. Chr., das Marinemuseum (Entwicklung der bulgarischen<br />

Schifffahrt) und das Aquarium, in dem die Fauna des Schwarzen Meeres vorgestellt wird.<br />

Sehr sehenswert ist weiter östlich das Archäologische Museum (ein ehemaliges Mädchen-<br />

Gymnasium) mit zahlreichen Schaustücken aus der ältesten Vergangenheit der Stadt, einem<br />

Münzkabinett und hervorragenden kunsthandwerklichen Arbeiten.<br />

Etwas weiter steht die 1860/1861 erbaute erste bulgarische Schule von Warna mit dem<br />

Museum der Nationalen Wiedergeburt. Im Erdgeschoss sind die Baulichkeiten der Erzengel-<br />

Michael-Kirche und im Obergeschoss Exponate aus dem 17. bis 20. Jahrhundert zu<br />

besichtigen. Interessant ist auch die St.-Nikolaus-Kirche von 1866 mit einer Sammlung von<br />

Ikonen und Holzschnitzereien aus neuerer Zeit.<br />

Sehr interessant sind auch die Museen der Geschichte von Warna, der Geschichte der<br />

Medizin, der Naturkunde, der Puppen, das Parkmuseum. Etwas außerhalb der Stadt liegen –<br />

18 km an der alten Straße nach Sofia – die alte Felsensiedlung Pobiti Kameni und – im<br />

Naturpark Goldstrand – das Aladschakloster.<br />

Weitere Sehenswürdigkeiten in Warna sind der Uhrturm, das Planetarium, das Pantheon, das<br />

Portaldenkmal und all die reich mit Fresken und Ikonen ausgestatteten Kirchen. Zwischen<br />

dem Zentrum und der Küste liegt ein Gebiet, in dem noch heute viele alte Jugendstilfassaden<br />

zu sehen sind, teils stark vom Zahn der Zeit zerfressen, teils auch gut gepflegt und/oder<br />

renoviert.<br />

229


Das „Festa Dolphinarium“ ist eine in Bulgarien beliebte Zirkusschau mit Delfinen. Es besteht<br />

seit 1984.<br />

Vor dem Strand zog sich der so genannte „Meeresgarten“ (bulg. Morska Gradina), der seit<br />

Anfang der 1990er Jahre zunehmend bebaut ist und befahren wird. Mehrere Proteste zum<br />

trotz will die Stadtregierung seine Fläche durch ein groß angelegtes Projekt weiter<br />

verkleinern.<br />

In Warna finden verschiedene Festivals des Theaters, Films, der klassischen Musik, des<br />

Balletts, Jazz usw. statt. Eine Internationale Biennale der Graphik existiert ebenfalls in der<br />

Stadt (seit 1981).<br />

Sport<br />

In Warna fanden mehrere Europa- und Weltmeisterschaften statt, so die Turn-Weltmeisterschaften<br />

1974, die Ringer-Weltmeisterschaften der Männer 1991 und die Ringer-Europameisterschaften<br />

2005. Die Stadt war auch Austragungsort der Schacholympiade 1962. Im<br />

April 2010 fanden hier die Europameisterschaften im Trampolinturnen statt.<br />

Im Titscha-Stadion ist der Fußballverein Tscherno More Warna beheimatet, der in der Saison<br />

2009/2010 in der höchsten bulgarischen Liga spielt. Ein weiterer Verein, Spartak Warna, stieg<br />

2009 in die Zweite Liga ab.<br />

Politik<br />

Gemeindegliederung<br />

Der Stadtrat fungiert gleichzeitig als Gemeinderat und ist für die Kontrolle aller Bürgermeister<br />

der Gemeindeortschaften zuständig. Zur Gemeinde Warna (bulg. Община Варна/-<br />

Obschtina Warna) gehören außerdem noch folgende Dörfer:<br />

• Swezdiza<br />

• Kazaschko<br />

Städtepartnerschaften<br />

• Kamenar<br />

• Konstantinowo<br />

Warna unterhält mit folgenden Städten Partnerschaften:<br />

• Aalborg (Dänemark)<br />

• Akaba (Jordanien)<br />

• Bradford<br />

(Großbritannien)<br />

• Charkiw (Ukraine)<br />

• Dordrecht (Niederlande)<br />

• Malmö (Schweden)<br />

230<br />

• Topoli<br />

• Miami (USA)<br />

• Noworossijsk (Russland)<br />

• Odessa (Ukraine)<br />

• Piräus (Griechenland)<br />

• Rostock (Deutschland)<br />

• Turku (Finnland)<br />

Eine Stadtteilpartnerschaft besteht seit 2003 mit dem Hamburger Bezirk Eimsbüttel.


Persönlichkeiten<br />

Söhne und Töchter der Stadt<br />

• Petar Danow (Béinsa Duno) (1864–1944), Begründer der Weißen Bruderschaft, einer<br />

Sekte mit Anhängern im In- und Ausland<br />

• Trajan Djankow (* 1976), bulgarischer Fußballspieler<br />

• Zweta Georgiewa (* 1963), Abgeordnete im 41. bulgarischen Parlament<br />

• Julian Gorus (* 1978), bulgarischer Pianist<br />

• Aleksandar Jordanow (* 1952), bulgarischer Politiker<br />

• Dragomir Josifow (* 1966), bulgarischer Komponist, Dirigent und Pianist<br />

• Atanas Kareew (* 1945), bulgarischer Pianist<br />

• Iwajlo Marinow (* 1960), bulgarischer Amateurboxer<br />

• Georgi Penew Nikolow, bulgarischer Handballspieler<br />

• Metropolit Simeon (* 1926), bulgarischer orthodoxer Geistlicher, Metropolit und<br />

Gründer der bulgarisch-orthodoxen Diözese von West- und Mitteleuropa<br />

• Wanja Stambolowa (* 1983), bulgarische Leichtathletin<br />

• Milena Trendafilowa (* 1970), bulgarische Gewichtheberin<br />

• Fritz Zwicky (1898–1974), Schweizer Physiker und Astronom<br />

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Schlusswort:<br />

Ja, das war es.. ; durch die Erstellung dieses Buches habe ich wiedereinmal eine Nachhilfestunde<br />

in Geschichte und Geographie bekommen.. ; super, man lernt eben nie aus, oder ?!<br />

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Aurelia und Hubert Jentsch<br />

www.aurelia-soare.de / www.rumba-imensity.de<br />

Lichtentaler Str. 33<br />

D – 76530 Baden-Baden<br />

Hubertus-Diffusions – Baden-Baden<br />

Oktober 2012<br />

Blick aus unserem Büro auf den Augustaplatz,<br />

rüber zum Restaurant „Medici“ und dem Kongresshaus..<br />

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