Erziehungs- und Familienberatung in Mecklenburg-Vorpommern ...
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<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />
E<strong>in</strong> Dialog für die Zukunft<br />
Dokumentation des Fachtags<br />
vom 6. September 2012<br />
im Haus der kommunalen<br />
Selbstverwaltung <strong>in</strong> Schwer<strong>in</strong><br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong><br />
Ansprechpartner<strong>in</strong>:<br />
Manuela Chall<br />
KJFH Rügen e.V.<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratungsstelle<br />
Goedeke-Micheel-Hof 1<br />
18528 Bergen auf Rügen<br />
Tel (03838) 20 2727<br />
Fax (03838) 20 2720<br />
E-mail manuela.chall@<br />
jugendhilfe-ruegen.de
2<br />
Inhalt<br />
3 Programm der Veranstaltung<br />
4 Protokoll der Veranstaltung<br />
Vorstellung Moderation<br />
Eröffnung<br />
Grußwort<br />
Fachvortrag I<br />
Beratung <strong>und</strong> Familie<br />
Fachvortrag II<br />
Zusammenarbeit von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>und</strong> Jugendamt<br />
Podiumsdiskussion<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung <strong>und</strong> Ehe-, Familien- <strong>und</strong> Lebensberatung <strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>?<br />
Schlusswort<br />
Fachvorträge (Folien)<br />
14 Beratung <strong>und</strong> Familie<br />
Klaus Menne, B<strong>und</strong>eskonferenz für <strong>Erziehungs</strong>beratung e.V. (bke)<br />
22 Zusammenarbeit von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>und</strong> Jugendamt<br />
Dr. Thomas Meysen, Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht (DIJuF)<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
3<br />
Programm der Veranstaltung<br />
Tagungsort:<br />
Haus der kommunalen Selbstverwaltung,<br />
Bertha-von-Suttner-Straße 5, 19061 Schwer<strong>in</strong><br />
Moderation:<br />
Jörg Freese, Deutscher Landkreistag<br />
9.30 Anreise <strong>und</strong> Ankommen<br />
10.00 Eröffnung<br />
Manuela Chall, Sprecher<strong>in</strong> der Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong><br />
10.10 Grußwort<br />
Nikolaus Voss, Staatssekretär im M<strong>in</strong>isterium für<br />
Arbeit, Gleichstellung <strong>und</strong> Soziales des Landes<br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />
Fachvorträge<br />
10.30 Beratung <strong>und</strong> Familie<br />
Klaus Menne, B<strong>und</strong>eskonferenz für<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung (bke)<br />
Zusammenarbeit von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong> <strong>und</strong> Jugendamt<br />
Dr. Thomas Meysen, Deutsches Institut für<br />
Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht (DIJuF)<br />
12.30 Imbiss<br />
13.15 <strong>Erziehungs</strong>beratung <strong>und</strong> Ehe-, Familien- <strong>und</strong><br />
Lebensberatung <strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong> <strong>Vorpommern</strong>?<br />
Podiumsdiskussion mit Fachleuten aus Politik,<br />
Verwaltung <strong>und</strong> Praxis<br />
In der Diskussion wollen wir mit Ihnen geme<strong>in</strong>sam<br />
folgenden Fragen nachgehen:<br />
• Wo ist der Platz von <strong>Erziehungs</strong>beratung/<br />
<strong>Familienberatung</strong>/Lebens- <strong>und</strong> Paarberatung <strong>in</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>?<br />
• <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> im Kanon der<br />
Hilfen zur Erziehung<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong><br />
• Welche Ressourcen/Potentiale bietet die<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong> der Arbeit mit<br />
Familien?<br />
• Gibt es Bedarf an Beratung über Hilfe zur Erziehung<br />
h<strong>in</strong>aus <strong>und</strong> was kann das Instrument Lebens- <strong>und</strong><br />
Paarberatung dabei leisten?<br />
• Welchen Qualitätsanspruch haben wir an Beratung?<br />
Zu welchem Berater würdest Du gehen?<br />
• Welche Perspektiven hat <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> Ehe-,<br />
Familien- <strong>und</strong> Lebensberatung <strong>in</strong> M-V?<br />
• … <strong>und</strong> welchen Beitrag wollen <strong>und</strong> können<br />
Beratungsstellen, kommunale Verwaltung, Politik<br />
<strong>und</strong> Landesvertretung dazu leisten?<br />
Der Diskussion stellen sich<br />
• Monika Thieß, leitende Sozialarbeiter<strong>in</strong> des<br />
Landkreises Ludwigslust-Parchim<br />
• Klaus Menne, B<strong>und</strong>eskonferenz für<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
• Christian Waedow, Geschäftsführer Kreisverband<br />
Arbeiterwohlfahrt Rügen<br />
• Sybille Buch, Sozialpädagogischer Dienst<br />
Nordvorpommern (angefragt)<br />
• Dr. Inken Balla, Leiter<strong>in</strong> des AWO-Familien-, Freizeit<strong>und</strong><br />
Lernberatungszentrum Güstrow (MGH <strong>und</strong><br />
Beratungsstelle)<br />
• Christiane Hagemann, CDU-Fraktion, Referent<strong>in</strong> für<br />
Arbeit, Gleichstellung <strong>und</strong> Soziales<br />
• Rolf Mucha, SPD-Fraktion, u. a. zuständig für<br />
Familien-, K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendpolitik (angefragt)<br />
• Reg<strong>in</strong>e Gürtler, Rostocker Stadtmission, EFL-<br />
Beratung (angefragt)<br />
15.15 Schlusswort <strong>und</strong> Beendigung der Tagung<br />
Manuela Chall, Sprecher<strong>in</strong> der Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong><br />
15:30 Ende
Vorstellung der Moderation<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n der Veranstaltung stellt sich Herr Jörg Freese (Deutscher Landkreistag) vor, der die<br />
Moderation des Fachtags übernimmt. Herr Freese leitet damit e<strong>in</strong>, dass der Fachtag das Ziel<br />
hat, über die bestehenden Differenzen zwischen dem Eckpunktepapier der Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> M-V (LEF) <strong>und</strong> der Realität der Beratungsstellen <strong>in</strong>s Gespräch<br />
zu kommen.<br />
Eröffnung<br />
Frau Manuela Chall (Sprecher<strong>in</strong> der LEF) eröffnet die Veranstaltung mit Dankesworten an Frau<br />
Topfstedt (Landkreistag M-V) für die Nutzung der Räumlichkeiten, an Herrn Voss <strong>und</strong> Frau<br />
Bauer-Felbel (Sozialm<strong>in</strong>isterium) für die Unterstützung durch das Sozialm<strong>in</strong>isterium sowie an<br />
ihren Arbeitgeber, der h<strong>in</strong>ter der Arbeit der LEF steht <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Zeitaufwand<br />
mitträgt.<br />
Frau Chall fasst zunächst die Entstehung der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />
zusammen <strong>und</strong> geht auf die Gründung der LEF im Juni 2011 e<strong>in</strong>. Wichtig<br />
war es, e<strong>in</strong>en Rahmen zu schaffen, der e<strong>in</strong>en Erfahrungsaustausch zur Situation der Beratungslandschaft<br />
ermöglicht. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d die sehr heterogene Ausstattung sowie die heterogenen<br />
Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen der Landkreise <strong>und</strong> die schlechte f<strong>in</strong>anzielle Ausstattung der <strong>Erziehungs</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> (EB), aber <strong>in</strong>sbesondere auch der Ehe-, Familien- <strong>und</strong> Lebensberatung<br />
(EFL).<br />
Zur Formulierung fachlicher Standards im Bereich <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> M-V<br />
hat die Landesfach<strong>in</strong>itiative e<strong>in</strong> Eckpunktepapier erarbeitet, das Qualitätsanforderungen formuliert<br />
<strong>und</strong> auch für den heutigen Fachtag die Diskussionsgr<strong>und</strong>lage bildet.<br />
Die Lebenssituation der Menschen <strong>in</strong> M-V (ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>kommensstruktur, Suchtgefahr,<br />
Unvere<strong>in</strong>barkeit Familie <strong>und</strong> Beruf im Tourismusgewerbe) zeigt, dass es wichtig ist, <strong>Erziehungs</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> vorzuhalten. Wichtig ist, dass offiziell anerkannt wird, dass Krisen<br />
stattf<strong>in</strong>den <strong>und</strong> Beratung notwendig ist, Menschen <strong>in</strong> diesen Krisen zu begleiten.<br />
Frau Chall stellt den Ablauf des Fachtags vor, der zwei Fachvorträge mit Herrn Klaus Menne<br />
(B<strong>und</strong>eskonferenz für <strong>Erziehungs</strong>beratung) sowie Herrn Dr. Thomas Meysen (Deutsches Institut<br />
für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht) be<strong>in</strong>haltet.<br />
Manuela Chall, Klaus Menne, Jörg Freese, Dr. Thomas Meysen, Nikolaus Voss (von l<strong>in</strong>ks)<br />
4<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Grußwort<br />
Das Grußwort wird zunächst von Herrn Nikolaus Voss (Staatssekretär im M<strong>in</strong>isterium für Arbeit,<br />
Gleichstellung <strong>und</strong> Soziales M-V) erteilt. Herr Voss begrüßt die Teilnehmer/<strong>in</strong>nen des Fachtags,<br />
bedankt sich für die E<strong>in</strong>ladung <strong>und</strong> übermittelt herzliche Grüße von Frau M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Schwesig,<br />
die sich derzeit <strong>in</strong> ihrem Jahresurlaub bef<strong>in</strong>det.<br />
Herr Voss berichtet von der wesentlichen Veränderung der Situation von Familien der<br />
letzten Jahre, d. h. der Ersetzung klassischer Familienformen h<strong>in</strong> zu verschiedenen Familienmodellen.<br />
So gibt es heutzutage kaum noch Großfamilien <strong>und</strong> die Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie<br />
<strong>und</strong> Erwerbsleben wird immer schwieriger. Für die Vere<strong>in</strong>barkeit spielt das soziale Umfeld e<strong>in</strong>e<br />
große Rolle. Dies stellt <strong>in</strong>sbesondere Familien auf dem Land vor große Herausforderungen. So<br />
kommt es häufig zu Unsicherheit, Stress <strong>und</strong> Überlastung. Dies wirkt sich sowohl auf die Partnerschaft<br />
<strong>und</strong> damit wiederum auf die K<strong>in</strong>dererziehung aus.<br />
Entsprechende Beratungsstellen stehen diesen Familien stärkend <strong>und</strong> auch vorbeugend zur<br />
Seite. Diese notwendige professionelle Unterstützungsarbeit erfordert entsprechende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>in</strong> <strong>und</strong> für die <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong>sstellen. In Folge dessen bildete<br />
sich die Landesfach<strong>in</strong>itiative heraus, die Perspektiven für die Weiterentwicklung erarbeitet hat.<br />
Herr Voss dankt Herrn Menne <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ganz besonders für se<strong>in</strong>e Mitwirkung<br />
<strong>und</strong> umfassende Unterstützung, die e<strong>in</strong>en wichtigen Dialog über das B<strong>und</strong>esland h<strong>in</strong>aus<br />
ermöglicht.<br />
Dass die <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> als kommunale Leistung verankert wird, ist<br />
auch das Ziel Herrn Voss’, auch wenn dies, wie er vermutet, noch e<strong>in</strong>iger Anstrengungen bedarf,<br />
bei denen den Kommunen e<strong>in</strong>e große Aufgabe zukommt.<br />
Die Sozial- <strong>und</strong> Familienpolitik zielt darauf ab, die Bed<strong>in</strong>gungen für Familien <strong>in</strong> unserem<br />
B<strong>und</strong>esland zu verbessern, weshalb von Seiten der Landesregierung bereits e<strong>in</strong>e Reihe von<br />
unterstützenden Maßnahmen (wie z. B. die E<strong>in</strong>führung des Elterngeldes) geschaffen wurden.<br />
Weitere Maßnahmen werden <strong>in</strong> Angriff genommen (z. B. die Absenkung der Fachkraft-K<strong>in</strong>d-<br />
Relation im Kita-Bereich).<br />
Die Veranstaltung macht deutlich, dass e<strong>in</strong>e Verbesserung der Bed<strong>in</strong>gungen für Familien<br />
ohne e<strong>in</strong> gut ausgebautes Netz von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> nicht möglich ist. Es ist<br />
wichtig, die Kluft zwischen dem Eckpunktepapier der Landesfach<strong>in</strong>itiative <strong>und</strong> der Realität zu<br />
verkle<strong>in</strong>ern.<br />
Herr Voss dankt den Mitgliedern der Landesfach<strong>in</strong>itiative für das aktive Engagement <strong>und</strong><br />
wünscht allen Teilnehmern <strong>und</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e ergebnisreiche Diskussion.<br />
Fachvortrag I<br />
Beratung <strong>und</strong> Familie<br />
Klaus Menne, B<strong>und</strong>eskonferenz für <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
Herr Menne begrüßt die Teilnehmer/<strong>in</strong>nen, bedankt sich für die E<strong>in</strong>ladung zum Fachtag <strong>und</strong><br />
übermittelt die besten Wünsche der bke an die Landesfach<strong>in</strong>itiative, die mit ihrem Eckpunktepapier<br />
den Anstoß zur notwendigen Debatte um die Weiterentwicklung der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong> gegeben hat.<br />
Herr Menne betrachtet die Situation der Familien im Kontext der Hilfen zur Erziehung.<br />
Während die Gründung e<strong>in</strong>er Familie lange Zeit Teil e<strong>in</strong>es normativ verbürgten Lebenslaufs war,<br />
stellt sie heute e<strong>in</strong>e bewusste Entscheidung zur Elternschaft dar. Die Entscheidung für e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />
ist nur e<strong>in</strong>e von vielen Optionen. Auch wenn die Zahl der Familien abnimmt, so geschehen<br />
Familiengründungen bewusster. Damit könnte sich die Qualität von Familien erhöhen.<br />
In der Realität sehen sich Eltern e<strong>in</strong>em steigenden Druck ausgesetzt. Ihnen wird deutlich,<br />
dass es für den Lebensweg ihrer K<strong>in</strong>der entscheidend darauf ankommt, welche Schulabschlüsse<br />
sie später erwerben werden. Der Bildungsdruck gestaltet Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehungen <strong>und</strong> kann<br />
sich erhöhen, wenn Eltern ihre Arbeit verlieren <strong>und</strong> dadurch <strong>in</strong> den ökonomischen Möglichkeiten,<br />
ihr K<strong>in</strong>d zu unterstützen, e<strong>in</strong>geschränkt werden oder K<strong>in</strong>der Bildungsdefizite aufweisen.<br />
5<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Aber Eltern stehen noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten H<strong>in</strong>sicht unter Druck: <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konflikt zwischen<br />
ihren Aufgaben <strong>in</strong> der Familie <strong>und</strong> ihren Verpflichtungen im Beruf. Auch Unternehmen erwarten<br />
e<strong>in</strong>en hohen E<strong>in</strong>satz ihrer Mitarbeiter, oft über die regulären Arbeitszeiten h<strong>in</strong>aus. Die moderne<br />
Arbeitswelt vere<strong>in</strong>nahmt ihre Mitarbeiter. Damit folgen Arbeitswelt <strong>und</strong> Familien unterschiedlichen<br />
<strong>und</strong> gegensätzlichen Leitbildern. Die moderne Arbeitswelt erwartet vollständige H<strong>in</strong>gabe<br />
an den Beruf verb<strong>und</strong>en mit hoher Flexibilität <strong>und</strong> Mobilität. Familie dagegen ist charakterisiert<br />
durch gegenseitige B<strong>in</strong>dung ihrer Mitglieder <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en langfristigen Zusammenhalt. In der Folge<br />
fühlen sich Eltern gestresst <strong>und</strong> stehen der Erziehung ihrer K<strong>in</strong>der nicht mehr mit Gelassenheit<br />
gegenüber. Es entsteht e<strong>in</strong>e <strong>Erziehungs</strong>unsicherheit <strong>und</strong> e<strong>in</strong> hohes Maß an Hilfsbedürftigkeit.<br />
Trotz s<strong>in</strong>kender K<strong>in</strong>derzahlen herrscht derzeit die größte Nachfrage, die die <strong>Erziehungs</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> je erlebt hat (Zahlen <strong>und</strong> Fakten siehe Präsentation). Dies wird nicht<br />
alle<strong>in</strong> durch den Druck auf Familien erklärt, sondern auch auf die Struktur von Familien (Trennungen,<br />
Scheidungen, neue Partnerschaften etc.) <strong>in</strong>sgesamt. So ist die Anzahl der K<strong>in</strong>der, die<br />
noch bei beiden Eltern leben, seit 1991 stark zurückgegangen. Neue Familienformen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den<br />
östlichen B<strong>und</strong>esländern stärker zu verzeichnen als <strong>in</strong> den westlichen. In M-V liegt die Inanspruchnahme<br />
von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> bei der Hälfte des Durchschnitts im B<strong>und</strong>.<br />
Auch wenn die Bed<strong>in</strong>gungen des Aufwachsens von K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong>sgesamt gesehen prekärer<br />
werden, f<strong>in</strong>det die Mehrzahl der K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>in</strong> Deutschland gut <strong>in</strong>s Leben. Nur<br />
darf uns dies nicht davon abhalten, genau zu sehen, wo K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendliche Probleme<br />
haben <strong>und</strong> Unterstützung brauchen. Im Rahmen e<strong>in</strong>er Studie des Robert-Koch-Institutes zur<br />
Ges<strong>und</strong>heit hat sich herausgestellt, dass e<strong>in</strong>e Verschiebung von somatischen zu psychischen<br />
Störungen auffällig ist. K<strong>in</strong>der mit psychischen Auffälligkeiten kommen häufig aus konfliktbelasteten<br />
Familien (Risikofaktoren steigen <strong>in</strong> Abhängigkeit des sozialen Status). Es s<strong>in</strong>d also die<br />
sozial belasteten K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendlichen, die e<strong>in</strong>er verstärkten Unterstützung durch Beratung<br />
bedürfen.<br />
Dies ist <strong>in</strong>sbesondere im B<strong>und</strong>esland M-V, das von hoher Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em<br />
hohen Anteil armer K<strong>in</strong>der geprägt ist, wichtig. 2010 bezogen 45% aller jungen Menschen,<br />
die <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong> Anspruch genommen haben, Sozialleistungen. Damit<br />
erreicht die Beratung arme Familien stärker, als es deren Anteil an der Bevölkerung entspricht.<br />
Auch der Bedarf für die anderen Hilfen zur Erziehung wird durch die familiale Situation <strong>in</strong><br />
der Herkunftsfamilie erzeugt. Seit Beg<strong>in</strong>n der Jugendhilfestatistik lässt sich bei den Heimunterbr<strong>in</strong>gungen<br />
e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlicher Anstieg des Anteils derjenigen K<strong>in</strong>der verfolgen, die von der<br />
Trennung oder Scheidung ihrer Eltern betroffen s<strong>in</strong>d. Auch <strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> schlägt<br />
sich dies nieder: Das Land hat – nach den drei Stadtstaaten – die höchste Heimunterbr<strong>in</strong>gungsquote<br />
unter den Flächenländern.<br />
Trennung <strong>und</strong> Scheidung können als e<strong>in</strong> Leit<strong>in</strong>dikator für den Bedarf an Hilfen zur Erziehung<br />
gelten. <strong>Erziehungs</strong>beratung muss daher stärker im Kontext der erzieherischen Hilfen<br />
gesehen werden.<br />
Die Indikationsstellung bei der Entscheidung über die geeignete Hilfe muss verbessert<br />
werden. <strong>Erziehungs</strong>beratung kann dazu e<strong>in</strong>en Beitrag leisten, <strong>in</strong>dem sie ihre entwicklungpsychologischen<br />
<strong>und</strong> psychopathologischen Kompetenzen <strong>in</strong> die Beurteilung der Situation des<br />
K<strong>in</strong>des <strong>und</strong> der Konfliktdynamik der Familie e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt.<br />
Der gezielte E<strong>in</strong>satz von <strong>Erziehungs</strong>beratung im Kontext der Hilfen zur Erziehung kann also<br />
dazu beitragen, dass K<strong>in</strong>dern die Trennung von ihren Eltern <strong>und</strong> dem Träger der öffentlichen<br />
Jugendhilfe hohe Kosten erspart bleiben.<br />
Wichtig ist auch, dass neben der Inanspruchnahme der Eltern von Beratung zum Thema<br />
Trennung <strong>und</strong> Scheidung (Reform des Familienverfahrensrechts, 2009) auch das K<strong>in</strong>d selbst<br />
Beratung <strong>in</strong> Anspruch nimmt, damit der Beratende den Eltern auch die Ängste des K<strong>in</strong>des vermitteln<br />
kann, was wiederum Voraussetzung für e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>vernehmliches Ergebnis ist.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Schnittstelle der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> betrifft den K<strong>in</strong>derschutz.<br />
Das B<strong>und</strong>esk<strong>in</strong>derschutzgesetz hat den präventiven Aspekt im Bereich K<strong>in</strong>derschutz gestärkt.<br />
6<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Da Familien auch Orte der Gefahr für K<strong>in</strong>der darstellen können, ist es auch Aufgabe der Beratungsstellen,<br />
e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schätzung der Gefährdungssituation vorzunehmen <strong>und</strong> zu prüfen, ob andere<br />
Hilfen erforderlich werden. Darüber h<strong>in</strong>aus br<strong>in</strong>gen Berater/<strong>in</strong>nen ihre Fachkompetenz auch als im<br />
K<strong>in</strong>derschutz erfahrene Fachkräfte für andere Dienste <strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtungen e<strong>in</strong> (z. B. <strong>in</strong> Kitas).<br />
Aber nicht nur besonders gefährdete K<strong>in</strong>der müssen frühzeitig erkannt <strong>und</strong> unterstützt<br />
werden. Die beschriebene Situation von Eltern unter Druck verdeutlicht, dass Unterstützung für<br />
K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Familien heute allgeme<strong>in</strong> früh ansetzen muss.<br />
Die bevorstehende Geburt e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des kann e<strong>in</strong>e große Belastungssituation für die Eltern<br />
bedeuten. Davon abhängig ist wiederum die Entwicklung des K<strong>in</strong>des <strong>und</strong> dessen Interaktion zu<br />
den Eltern. Entwicklungspsychologische Beratung ist daher e<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe der <strong>Erziehungs</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong>. E<strong>in</strong> erhöhter Anstieg an Beratungsfällen von Familien mit K<strong>in</strong>dern<br />
unter drei Jahren zeigt e<strong>in</strong>e gute Zusammenarbeit der Jugendhilfe mit der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong>.<br />
Wichtig ist dah<strong>in</strong>gehend vor allem die Zusammenarbeit mit K<strong>in</strong>dertagesstätten, e<strong>in</strong>schließlich<br />
K<strong>in</strong>derkrippen, die als dauerhafte Kooperation etabliert se<strong>in</strong> müsste, um möglichst<br />
frühzeitig Unterstützung für Familien leisten zu können.<br />
Zusammenfassend hält Herr Menne fest, dass Familien unter zunehmendem Druck stehen,<br />
<strong>und</strong> es daher orig<strong>in</strong>äre Aufgabe von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> ist, diese Familien zu<br />
stärken, was auch die Familien offenbar genauso sehen, wie sich <strong>in</strong> der Inanspruchnahme der<br />
Beratung widerspiegelt. Problemtisch ist allerd<strong>in</strong>gs, dass <strong>in</strong> den Beratungsstellen ke<strong>in</strong>e angemessene<br />
Personalausstattung gegeben ist.<br />
Die bke plädiert <strong>in</strong> ihrem Memorandum zur Zukunft der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong><br />
für e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destbesetzung des multidiszipl<strong>in</strong>ären Teams von fünf Vollzeitkräften (Psychologe,<br />
Sozialarbeiter, K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendpsychotherapeut, Pädagoge, weitere beratende/therapeutische<br />
Fachkraft) <strong>und</strong> hält die E<strong>in</strong>richtung von b<strong>und</strong>esweit 1500 zusätzlichen Planstellen für<br />
erforderlich.<br />
Wenn man <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> im Kontext der Hilfen zur Erziehung betrachtet,<br />
muss dies nicht zwangsläufig mit Kostensteigerungen verb<strong>und</strong>en se<strong>in</strong>, da der Bereich<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Systems der Hilfen zur Erziehung e<strong>in</strong>e kostengünstige Hilfe darstellt. Hier sollte<br />
das präventive Potential der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> genutzt werden.<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> befriedigt e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong>bedarf von Familien nach Förderung<br />
<strong>und</strong> Hilfe bei ihren <strong>Erziehungs</strong>aufgaben <strong>und</strong> bei der Bewältigung von Konflikten <strong>und</strong><br />
Krisen <strong>in</strong> der Familie. <strong>Erziehungs</strong>beratung ist deshalb heute Teil der notwendigen sozialen Infrastruktur,<br />
die unsere Gesellschaft ihren Familien für e<strong>in</strong> gel<strong>in</strong>gendes Aufwachsen der nächsten<br />
Generation bedarfsgerecht zur Verfügung stellen muss.<br />
Fachvortrag II:<br />
Zusammenarbeit von <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>und</strong> Jugendamt<br />
Dr. Thomas Meysen, Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht<br />
Herr Dr. Meysen bedankt sich zunächst bei Herrn Menne für die anregende Zusammenstellung<br />
der bke-Zahlen, die sehr aufschlussreich s<strong>in</strong>d. In se<strong>in</strong>er Präsentation stellt Herr Dr. Meysen<br />
die Zusammenarbeit zwischen <strong>Erziehungs</strong>-<strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> mit dem Jugendamt dar:<br />
wie beide Akteure zue<strong>in</strong>ander stehen <strong>und</strong> wo e<strong>in</strong> Dialog stattf<strong>in</strong>det. Die Darstellungen erfolgen<br />
exemplarisch anhand von überspitzten Unterstellungen, um deutlich zu machen, wo<br />
Verbesserungsbedarf im gegenseitigen Dialog besteht. Der Darstellung der Aussagen folgen<br />
Empfehlungen, die Herr Dr. Meysen formuliert:<br />
Das Agieren beider Akteure nebene<strong>in</strong>ander – Jugendamt <strong>und</strong> Beratungsstellen – ist wichtig.<br />
Auch wenn beide Beratung leisten, ist für Familien zunächst der niedrigschwellige Zugang, den<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> erbr<strong>in</strong>gen kann, entscheidend, um sich <strong>in</strong> Notlagen vertrauensvoll<br />
an jemanden wenden zu können, ohne Angst haben zu müssen, dass das K<strong>in</strong>d aus der<br />
Familie genommen wird.<br />
7<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Dennoch ist je nach Fall auch e<strong>in</strong>e Absprache mit dem Jugendamt wichtig, besonders dann,<br />
wenn <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> nicht ausreicht, denn auch dem Jugendamt ist der<br />
Schutz des K<strong>in</strong>des wichtig <strong>und</strong> steht für se<strong>in</strong>e Arbeit an erster Stelle.<br />
Zur <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> gehört auch, Ängste der Familien vor dem Jugendamt<br />
abzubauen, denn es ist wichtig, dass die <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> im erforderlichen<br />
Fall auf weitere Hilfen h<strong>in</strong>wirkt, die vom Jugendamt gewährt werden. Hier empfiehlt es sich,<br />
den Familien anzubieten, geme<strong>in</strong>sam den Weg zum Jugendamt anzutreten. Die Beratungsstellen<br />
können hier als Brücke fungieren.<br />
Dies heißt dennoch nicht, dass das Jugendamt nach e<strong>in</strong> paar Beratungsterm<strong>in</strong>en immer<br />
mit e<strong>in</strong>bezogen werden muss. Dies ist immer abhängig vom Fall <strong>und</strong> vom Hilfebedarf, denn<br />
das Recht sichert Niedrigschwelligkeit. Es besteht ke<strong>in</strong>e Regelung, dass nach e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Anzahl an Beratungse<strong>in</strong>heiten e<strong>in</strong>e Meldung erfolgen muss. Im Fall e<strong>in</strong>er Notwendigkeit der<br />
E<strong>in</strong>beziehung des Jugendamtes sollte diese allerd<strong>in</strong>gs auch mit den Adressaten beraten werden.<br />
Insgesamt hat das Jugendamt die Steuerungsverantwortung. Dies heißt aber nicht<br />
automatisch, dass das Amt bei jedem Beratungsfall mit e<strong>in</strong>bezogen wird, denn se<strong>in</strong>er Steuerungsverantwortung<br />
wird das Jugendamt durch die F<strong>in</strong>anzierung niedrigschwelliger Leistungen<br />
gerecht. Wichtig ist es, im Vorfeld im Dialog zu stehen, Vere<strong>in</strong>barungen zu schließen <strong>und</strong><br />
auszuhandeln, was <strong>in</strong> der Beratungsstelle stattf<strong>in</strong>det. Gegenseitige Vorstellungen der jeweiligen<br />
Arbeit s<strong>in</strong>d sehr wichtig. Geme<strong>in</strong>sam sollte erarbeitet werden, wie Übergänge gestalten werden<br />
können.<br />
Große Chancen sieht Herr Dr. Meysen bei der Vorhaltung verlässlicher Angebote von<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> als Infrastrukturangebote im Rahmen der Ankopplung an<br />
E<strong>in</strong>richtungen (Schule, Kita, Frühe Hilfen, Inobhutnahme). Auf diese Weise könnte das Angebot<br />
noch niedrigschwelliger gestaltet werden.<br />
In se<strong>in</strong>em Schlusswort weist Herr Dr. Meysen darauf h<strong>in</strong>, dass es wichtig ist, dass<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong>sstellen geme<strong>in</strong>sam mit Familien die Zeit haben müssen, Lösungen<br />
zu erarbeiten, um zielgenau agieren zu können. Herr Dr. Meysen sagt aber auch, dass<br />
die Beratungsstellen die Offenheit haben sollten zuzugeben, nicht alles leisten zu können, <strong>und</strong><br />
sie <strong>in</strong> diesen Fällen auf weitere Hilfen h<strong>in</strong>wirken sollten.<br />
Jugendamt <strong>und</strong> Beratungsstellen müssen daher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em guten Dialog zusammenarbeiten<br />
<strong>und</strong> regional jeweils eigene Regelungen für die Zusammenarbeit entwickeln.<br />
Nachfragen <strong>und</strong> Kommentare<br />
Beispielkommunen für gute Kooperationen<br />
Aus der Teilnehmerr<strong>und</strong>e (LK VP/HGW) wurde nach Beispielkommunen für gute Kooperationen<br />
zwischen Jugendamt <strong>und</strong> Jugendhilfe gefragt. Genannt wurde hier der Landkreis Cuxhaven. Hier<br />
besteht die Idee, e<strong>in</strong>e Beratungsstelle als e<strong>in</strong> Kompetenzzentrum für den Bereich K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong><br />
Jugendhilfe aufzustellen. In Ludwigshafen wurde e<strong>in</strong> Projekt durchgeführt, mit dem die Verbleibdauer<br />
von Inobhutnahmen reduziert werden konnte. Weitere Modelle bestehen vielerorts<br />
im Bereich der Frühen Hilfen.<br />
Geme<strong>in</strong>samer Dialog <strong>und</strong> Umgang mit Verständnisstörungen<br />
Aus der Teilnehmerr<strong>und</strong>e (LK Rügen) wurde nach dem Umgang mit Verständnisstörungen beider<br />
Akteure gefragt. Wie ist es möglich, sich bei unterschiedlichen Spielregeln fachlich anzunähern?<br />
Hierfür, so Herr Dr. Meysen, gibt es ke<strong>in</strong>e Patentrezepte. Das ist sehr personenabhängig <strong>und</strong><br />
sollte fallübergreifend/<strong>in</strong>stitutionell gelöst werden. Herr Menne weist darauf h<strong>in</strong>, dass es wichtig<br />
ist, sich vor Augen zu führen, dass es bei der Zusammenarbeit um das Wohl des K<strong>in</strong>des gehen<br />
sollte <strong>und</strong> nicht um persönliche Bef<strong>in</strong>dlichkeiten.<br />
E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong> (LK Rügen) ergänzt, dass die Zusammenarbeit zwischen Jugendamt <strong>und</strong><br />
Jugendhilfe <strong>in</strong> vielen Fällen zwar auch konstruktiv <strong>und</strong> positiv verläuft, bei strittigen Fällen<br />
allerd<strong>in</strong>gs auf Jugendamtsseite oft ke<strong>in</strong>e Transparenz darüber herrscht, wie Entscheidungen<br />
8<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
fachlich getroffen werden. Die Teilnehmer<strong>in</strong> begründet dies mit dem personellen Problem, der<br />
Neustrukturierung durch die Kreisgebietsreform <strong>und</strong> der hohen Arbeitsbelastung. Auf diese<br />
Weise ist ke<strong>in</strong> Dialog mehr möglich – dies muss unbed<strong>in</strong>gt verändert werden.<br />
Haltung zum Jugendamt<br />
E<strong>in</strong>e weitere Teilnehmer<strong>in</strong> (LK Rostock) macht auf die Haltung zum Jugendamt aufmerksam, die<br />
verbessert werden sollte. In den letzten Jahren hat sich bereits viel getan, um mite<strong>in</strong>ander zu<br />
kooperieren. Diese Offenheit sollte bei allen Projekten bestehen. Die Teilnehmer<strong>in</strong> weist darauf<br />
h<strong>in</strong>, wie wichtig es ist, dass wir uns alle darüber bewusst werden <strong>und</strong> mittransportieren, dass<br />
auch das Jugendamt helfenden Charakter hat.<br />
Dies wird auch von anderen Teilnehmern bestätigt, denn der Dialog zwischen den Beratungsstellen<br />
<strong>und</strong> dem Jugendamt hat e<strong>in</strong>e Außenwirkung. E<strong>in</strong>e schlechte Kooperation hat auch<br />
für beide Seiten e<strong>in</strong>e schlechte Außenwirkung.<br />
Diskussion auf Augenhöhe<br />
E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong> (LK Rügen) bestätigt, dass die Kooperation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen auch gut<br />
funktionieren kann, sie aber den E<strong>in</strong>druck hat, dass die Diskussionen nicht auf Augenhöhe<br />
stattf<strong>in</strong>den können, weil Beratungsstellen <strong>und</strong> Jugendamt ke<strong>in</strong>e gleichberechtigten Partner s<strong>in</strong>d,<br />
wenn es um die F<strong>in</strong>anzierung von Leistungen geht.<br />
Kooperation zwischen <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> mit Kitas<br />
Aus der Teilnehmerr<strong>und</strong>e (LK VP/HGW) wird danach gefragt, wie e<strong>in</strong>e solche Kooperation<br />
e<strong>in</strong>facher gel<strong>in</strong>gen kann. Herr Menne macht darauf aufmerksam, dass das Verhältnis zwischen<br />
Kitas <strong>und</strong> der Anzahl der <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong>sstellen <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise abgedeckt<br />
werden kann. Hier ist der politische Wille notwendig, diese Entwicklungen voranzutreiben bzw.<br />
zu erarbeiten, z. B. dazu, was notwendig ist, um <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> an E<strong>in</strong>richtungen<br />
zu koppeln.<br />
Notwendigkeit des Eckpunktepapiers der LEF<br />
E<strong>in</strong>er der Teilnehmer (LK Rügen) geht abschließend auf die Wichtigkeit des von der Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
erarbeiteten Eckpunktepapiers e<strong>in</strong>, das sehr wichtig ist im H<strong>in</strong>blick auf die Def<strong>in</strong>ition,<br />
was <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> ist <strong>und</strong> welche Standards erforderlich s<strong>in</strong>d.<br />
Der Moderator, Herr Freese, schließt die R<strong>und</strong>e <strong>und</strong> betrachtet den Prozess der Akteure,<br />
besser mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong>s Gespräch zu kommen, als möglich, aber <strong>in</strong>sbesondere vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />
der Kreisgebietsreform als langwierig.<br />
Podiumsdiskussion<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung <strong>und</strong> Ehe-, Familien- <strong>und</strong> Lebensberatung <strong>in</strong> <strong>Mecklenburg</strong> <strong>Vorpommern</strong>?<br />
Im zweiten Teil des Fachtags fand e<strong>in</strong>e Podiumsdiskussion mit folgenden Podiumsteilnehmer/<br />
<strong>in</strong>nen statt:<br />
• Monika Thieß, leitende Sozialarbeiter<strong>in</strong> des Landkreises Ludwigslust-Parchim<br />
• Klaus Menne, Geschäftsführer der B<strong>und</strong>eskonferenz für <strong>Erziehungs</strong>beratung (bke)<br />
• Christian Waedow, Geschäftsführer Kreisverband Arbeiterwohlfahrt Rügen<br />
• Dr. Inken Balla, Leiter<strong>in</strong> des AWO-Familien-, Freizeit- <strong>und</strong> Lernberatungszentrum Güstrow<br />
(MGH <strong>und</strong> Beratungsstelle)<br />
• Reg<strong>in</strong>e Gürtler, Rostocker Stadtmission, EFL-Beratung<br />
• Mart<strong>in</strong>a Tegtmeier, Vorsitzende Sozialausschuss, Mitglied des Landtags <strong>und</strong><br />
Kreistagsmitglied<br />
Herr Dr. Meysen übernimmt die Moderation der Podiumsdiskussion. Folgende Fragen/Punkte<br />
wurden geme<strong>in</strong>sam diskutiert:<br />
9<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Wartelisten bei hohen Fallzahlen?<br />
E<strong>in</strong>e erste Frage bezieht sich auf das Verfahren bei hohen Fallzahlen. Wird <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht<br />
mit Wartelisten gearbeitet? Frau Dr. Balla bestätigt, dass <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung lange Wartelisten<br />
bestehen. Mit e<strong>in</strong>er Wartezeit von Klienten von e<strong>in</strong>em halben bis dreiviertel Jahr muss gerechnet<br />
werden.<br />
Zeit für Kooperations- <strong>und</strong> Netzwerkarbeit?<br />
Die Frage, ob die Beratungsstellen Zeit dafür haben, Kooperations- <strong>und</strong> Netzwerkarbeit zu leisten,<br />
verne<strong>in</strong>t Frau Dr. Balla <strong>und</strong> macht gleichzeitig darauf aufmerksam, wie wichtig diese Arbeit,<br />
gerade auch vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> des neuen B<strong>und</strong>esk<strong>in</strong>derschutzgesetzes ist.<br />
Frau Gürtler berichtet, dass dies im Bereich <strong>Erziehungs</strong>beratung noch möglich ist, allerd<strong>in</strong>gs<br />
im Bereich Ehe-, Familien- <strong>und</strong> Lebensberatung sehr problematisch <strong>und</strong> von der Kapazität<br />
her kaum leistbar ist. Zudem bedauert sie das große Misstrauen <strong>in</strong> das Arbeitsfeld, das den<br />
Beratungsstellen durch die Forderung detaillierter Nachweise entgegengebracht wird.<br />
Frage an die Politik: Was kann Mut machen?<br />
Frau Tegtmeier bestätigt den hohen bürokratischen Aufwand bei der Anfertigung von Arbeitsnachweisen,<br />
was von Seiten der Politik auch schon länger versucht wird zu ändern.<br />
Das Problem, so Frau Tegtmeier, ist, dass man davon ausgeht, dass das, was wir haben,<br />
ganz gut funktioniert. Nur die Mitarbeiter aus dem Arbeitsfeld sehen, welchen Schwierigkeiten<br />
die Beratungsstellen ausgesetzt s<strong>in</strong>d. Gerade deshalb ist e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer Dialog so wichtig.<br />
Möglichkeit der Umstrukturierung des Arbeitsfeldes, um mehr Familien zu helfen?<br />
Frau Thieß kommt erneut auf die Wartelisten zurück <strong>und</strong> weist darauf h<strong>in</strong>, dass auch die<br />
Jugendämter lange Wartelisten haben. Sie stellt die Frage an die Beratungsstellen, wie lange<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> dauert <strong>und</strong> ob es andere Möglichkeiten der Strukturierung<br />
gibt, damit mehr Familien geholfen werden kann.<br />
Frau Tegtmeier bestätigt die Wichtigkeit dieses Aspekts, denn die Familien haben das jeweilige<br />
Problem zum jeweils gegenwärtigen Zeitpunkt, nicht erst nach e<strong>in</strong>em halben Jahr.<br />
Klaus Menne, Monika Thieß, Dr. Inken Balla (von l<strong>in</strong>ks)<br />
10<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Umgang mit Wartezeiten?<br />
Frau Dr. Balla teilt mit, dass e<strong>in</strong> erstes Krisengespräch trotz Wartezeit zunächst dennoch erfolgt<br />
<strong>und</strong> der Kontakt zur Familie aufrechterhalten wird, <strong>in</strong>dem die Familien <strong>in</strong> Gruppen <strong>in</strong>tegriert<br />
werden, <strong>in</strong> denen zunächst lockere Gespräche stattf<strong>in</strong>den bis der tatsächliche Beratungsprozess<br />
stattf<strong>in</strong>den kann. Wenn ohne aufwendige Antragsverfahren gearbeitet werden könnte, könnte<br />
dieser Prozess verkürzt werden.<br />
Feuerwehrarbeit vs. Präventionsarbeit<br />
Die Podiumsteilnehmer/<strong>in</strong>nen gehen, wie Herr Menne bereits <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Fachvortrag zeigte, darauf<br />
e<strong>in</strong>, dass es bei der Beratung zu e<strong>in</strong>em Großteil um Trennung <strong>und</strong> Scheidung geht <strong>und</strong> es<br />
<strong>in</strong> diesen Fällen um verordnete Beratung vom Familiengericht geht, wo die Beratungsstellen oft<br />
eher „Feuerwehrarbeit“ als Präventionsarbeit leisten können. <strong>Erziehungs</strong>beratung sollte allerd<strong>in</strong>gs<br />
erster Schritt zur Prävention se<strong>in</strong>.<br />
Herr Waedow macht noch e<strong>in</strong>mal deutlich, dass <strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong> im Bereich <strong>Erziehungs</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong>sgesamt deutlich schlechter aufgestellt (wenn auch auf Rügen<br />
ganz gut) ist <strong>und</strong> es unsere Aufgabe ist, dieses Problem anzupacken. Generell gibt es nur noch<br />
ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Bestätigung, dass diese Form der Beratung e<strong>in</strong>e der kostengünstigsten <strong>und</strong><br />
effektivsten Hilfen ist.<br />
Welcher Bereich kommt neben Beratung zu Trennung <strong>und</strong> Scheidung zu kurz?<br />
Frau Gürtler berichtet, dass für den Bereich der Beratung von Paaren ohne K<strong>in</strong>der viel zu wenig<br />
Zeit zur Verfügung steht, <strong>und</strong> viele Menschen nur vertröstet werden können. Dieser Beratungsbereich<br />
wird der Infrastruktur <strong>in</strong> M-V <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise gerecht. Wenn auch der Träger nicht mehr<br />
dah<strong>in</strong>ter stehen würde, könnte der Bereich f<strong>in</strong>anziell nicht mehr aufrechterhalten werden.<br />
E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong> (LK Rügen) weist darauf h<strong>in</strong>, dass viele Überschneidungen bei der<br />
Beratung nach den §§ 17, 18, 28 SGB VIII auftreten <strong>und</strong> man möglichst alle Fälle gut versorgt<br />
haben möchte. Der Bereich Ehe-, Familien- <strong>und</strong> Lebensberatung ist <strong>in</strong>zwischen völlig weggefallen.<br />
Es fehlt der politische Wille zu erkennen, dass Menschen <strong>in</strong> Familien Probleme <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en<br />
entsprechenden Anspruch auf Beratung haben. Es ist normal, dass K<strong>in</strong>der bestimmte Entwicklungsprobleme<br />
haben, <strong>und</strong> dies macht Beratung e<strong>in</strong>fach notwendig. Das sollte die Politik<br />
akzeptieren.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Teilnehmer<strong>in</strong> (LK Rügen) ergänzt, dass e<strong>in</strong> Teil der Klienten stattdessen<br />
<strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen des Ges<strong>und</strong>heitswesens verwiesen wird (z. B. Psychiatrie) <strong>und</strong> gerade im<br />
ländlichen Raum Menschen mit Psychopharmaka „ruhig gestellt“ werden, was wiederum das<br />
Suchtverhalten fördern kann.<br />
E<strong>in</strong>satz von Mitteln<br />
Frau Dr. Balla berichtet von ihrem E<strong>in</strong>druck, dass Gelder öfter <strong>in</strong> Projekte gesteckt werden, die<br />
öffentlichkeitswirksamer s<strong>in</strong>d.<br />
Frau Tegtmeier weist darauf h<strong>in</strong>, dass von Landesseite aus viele Mittel für Frühe Hilfen,<br />
den E<strong>in</strong>satz von Familienhebammen <strong>und</strong> DESK erhöht wurden, der Bereich Jugend <strong>und</strong> Familie<br />
aber <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Angelegenheit auf Kreisebene ist. Letztlich sollten alle an e<strong>in</strong>em Strang<br />
ziehen <strong>und</strong> zusammenarbeiten.<br />
Entstehung des Eckpunktepapiers der LEF<br />
Frau Chall (Sprecher<strong>in</strong> der LEF) berichtet, dass die Beratungsstellen festgestellt haben, dass<br />
gravierende Unterschiede herrschen. So hat der Landkreis <strong>Vorpommern</strong>-Greifswald bspw. ke<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>stitutionelle <strong>Erziehungs</strong>beratung. Es bestehen unterschiedliche Fachleistungsst<strong>und</strong>ensätze<br />
<strong>und</strong> unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen h<strong>in</strong>sichtlich der Niederschwelligkeit. Aus Angst<br />
vor dem Jugendamt brechen viele Familien die Beratung ab oder suchen erst gar ke<strong>in</strong>e Hilfe auf.<br />
Auch sieht das Jugendamt viele Familien oft ausreichend versorgt. Dies waren Gründe, den Dialog<br />
zu öffnen, das Eckpunktepapier zu entwickeln <strong>und</strong> den heutigen Fachtag zu organisieren.<br />
11<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
E<strong>in</strong> Teilnehmer (LK Rügen) ergänzt, dass die Politik oft sofort Ergebnisse erwartet. Dabei<br />
kann frühestens <strong>in</strong> 20 Jahren geerntet werden, was jetzt für die K<strong>in</strong>der getan wird.<br />
Frau Thieß weist darauf h<strong>in</strong>, dass die Landkreise natürlich berücksichtigen müssen, welche<br />
Aufgaben jeweils alle zu erfüllen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> welche Aufgaben wiederum von den Trägern übernommen<br />
werden können.<br />
E<strong>in</strong> Jugendamtsmitarbeiter aus der Teilnehmerr<strong>und</strong>e (LK Rostock) macht darauf aufmerksam,<br />
dass auch das Jugendamt oft der Überzeugung ist, dass bestimmte Hilfen fachlich<br />
notwendig wären. So gibt es allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong>tern sehr viele Hürden zu überw<strong>in</strong>den (pol. Vertreter<br />
<strong>in</strong> Ausschüssen, Hausleitung etc.). Der Bürger hat aber das Recht, Rechtsmittel e<strong>in</strong>zusetzen,<br />
wenn ihm e<strong>in</strong>e Leistung nicht gewährt wird. Bei der Auswahl von Hilfen kommt es auf die<br />
geeignete Hilfeform an. Hilfen sollten nebene<strong>in</strong>ander so entwickelt werden, dass alle gut s<strong>in</strong>d.<br />
Jugendhilfe sollte nicht nur Krisenhilfe se<strong>in</strong>. Auch das alltäglich Gel<strong>in</strong>gende sollte stärker <strong>in</strong> den<br />
Blick genommen werden. Der Jugendamtsmitarbeiter hat oft den E<strong>in</strong>druck, dass das Jugendamt<br />
für alles, das nicht gel<strong>in</strong>gt, verantwortlich gemacht wird, was sehr bedauerlich ist.<br />
E<strong>in</strong> weiterer Jugendamtsmitarbeiter (SN) ergänzt, dass nicht der fehlende Dialog das Problem<br />
ist, sondern die Auswahl der Hilfe oft e<strong>in</strong>e Geldfrage darstellt. So wird im Doppelhaushalt<br />
zwischen freiwilligen Leistungen <strong>und</strong> Pflichtleistungen unterschieden.<br />
Frau Tegtmeier weist darauf h<strong>in</strong>, dass die F<strong>in</strong>anzierung an die Kreise geht, die das Geld<br />
ihrerseits aufteilen.<br />
E<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> aus dem Sozialm<strong>in</strong>isterium bestätigt den komplexen Verlauf der Bewilligung<br />
von Mitteln <strong>und</strong> bestärkt die Jugendämter dar<strong>in</strong>, immer den sozialen Auftrag <strong>in</strong> den<br />
Mittelpunkt zu stellen. Die Teilnehmer<strong>in</strong> hat die Hoffnung, nicht darüber zu reden, wie wir uns<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Mangels bewegen können, sondern wie der Mangel beseitigt werden kann.<br />
Weitere mögliche Schritte<br />
Herr Waedow ist weist darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> der Vernetzung<br />
bedarf. Der Prozess, diese Vernetzung aufzubauen, sollte vom Land gesteuert werden. In dieser<br />
H<strong>in</strong>sicht sollte auch die LIGA mitwirken.<br />
Frau Dr. Balla ergänzt, dass mit dem Papier schon e<strong>in</strong>iges erreicht wurde, <strong>in</strong>dem dar<strong>in</strong><br />
bereits Empfehlungen zur Qualitätsentwicklung für die Beratungsstellen aufgezeigt werden <strong>und</strong><br />
was die Gesellschaft von dieser Beratung erwarten kann.<br />
E<strong>in</strong>er der Teilnehmer (LK Rostock) aus der R<strong>und</strong>e teilte mit, dass es wichtig ist, die Wirksamkeit<br />
der Arbeit der Beratungsstellen im Rahmen von Forschung sichtbar zu machen. Herr<br />
Waedow <strong>und</strong> auch andere Teilnehmer weisen darauf h<strong>in</strong>, dass es mit den Zahlen der bke <strong>und</strong><br />
anderen Studien bereits belastbare Statistiken gibt. Frau Gürtler ist zudem der Me<strong>in</strong>ung, dass<br />
Dr. Thomas Meysen, Reg<strong>in</strong>e Gürtler, Christian Waedow, Mart<strong>in</strong>a Tegtmeier (von l<strong>in</strong>ks)<br />
12<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
es nicht se<strong>in</strong> muss, ständig se<strong>in</strong>e Dase<strong>in</strong>sberechtigung als Beratungsstelle anhand von Studien<br />
unter Beweis zu stellen.<br />
E<strong>in</strong>e Teilnehmer<strong>in</strong> (LK Rügen) spricht sich für die Verbesserung der Verwaltungsrichtl<strong>in</strong>ien<br />
aus, um Zeit sparen zu können. Zudem fehlt e<strong>in</strong>e Landesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> M-V, an die<br />
sich <strong>Erziehungs</strong>berater/<strong>in</strong>nen wenden können.<br />
Herr Menne äußert den Vorschlag, Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zu<br />
akquirieren. Die Vertreter<strong>in</strong> des Sozialm<strong>in</strong>isterium aus dem Teilnehmerkreis begrüßt diese Idee.<br />
Frau Tegtmeier rechnet allerd<strong>in</strong>gs nicht damit, dass das F<strong>in</strong>anzvolumen erhöht wird, sondern<br />
höchstens aufrecht erhalten werden kann. E<strong>in</strong> Jugendamtsmitarbeiter (SN) gibt zu bedenken,<br />
dass ESF-Anträge mit e<strong>in</strong>em sehr hohen bürokratischen Aufwand verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> nicht das<br />
Allheilmittel darstellen.<br />
Herr Dr. Meysen schließt die Podiumsdiskussion mit den Worten, dass er glaubt, dass die<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> auch bereits mit wenig Mitteln viel erreichen kann, <strong>in</strong>sbesondere<br />
mit Anerkennung. Es sollten Anreize gegeben werden, kommunalpolitisch umzudenken.<br />
Schlusswort <strong>und</strong> Beendigung der Tagung<br />
Manuela Chall, Sprecher<strong>in</strong> der Landesfach<strong>in</strong>itiative <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />
Frau Chall schließt den Fachtag mit dem Wunsch, dass die <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong><br />
als Partner auf Augenhöhe wahrgenommen wird <strong>und</strong> die Möglichkeit besteht, als LEF <strong>in</strong><br />
die verschiedenen Gremien zu gehen <strong>und</strong> das Eckpunktepapier vorzustellen.<br />
Frau Chall äußert weiterh<strong>in</strong> den Wunsch, dass die <strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> sich<br />
zukünftig weniger mit Verwaltungsarbeit beschäftigen muss <strong>und</strong> die Beratung ohne unzählige<br />
Antragsverfahren niedrigschwellige Hilfe leisten kann, dass mehr Vernetzungsarbeit f<strong>in</strong>anziert<br />
wird, <strong>und</strong> dass der helfende Aspekt im Mittelpunkt der Arbeit steht. Das Arbeitsfeld sollte entsprechend<br />
nicht immer nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht betrachtet werden.<br />
Frau Chall macht auf den nächsten Sitzungsterm<strong>in</strong> der Landesfach<strong>in</strong>itiative am 25. 9. 2012<br />
aufmerksam.<br />
Frau Chall dankt Herrn Menne für die Unterstützung im Rahmen der LEF. Abschließend<br />
dankt Frau Chall allen Teilnehmern <strong>und</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen des Fachtags <strong>und</strong> hofft auf e<strong>in</strong>e weitere<br />
gute Zusammenarbeit.<br />
13<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Fachvortrag I<br />
Beratung <strong>und</strong> Familie<br />
Klaus Menne<br />
B<strong>und</strong>eskonferenz für <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
14<br />
Familie <strong>und</strong> Beratung<br />
Memorandum<br />
zur Zukunft<br />
der <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
besser<br />
beraten<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
15<br />
17 %<br />
6 %<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Steigende Inanspruchnahme<br />
50<br />
0<br />
1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2010<br />
77 %<br />
Beendete Beratungen<br />
Begonnene Beratungen<br />
K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> ihre Familien (1)<br />
■ bei beiden leiblichen Eltern<br />
■ bei alle<strong>in</strong> erziehendem Elternteil<br />
■ als Stiefk<strong>in</strong>der<br />
■ <strong>in</strong> gleichgeschlechtlichen<br />
Lebensgeme<strong>in</strong>schaften<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
16<br />
80 %<br />
70 %<br />
60 %<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0<br />
45 %<br />
40 %<br />
35 %<br />
30 %<br />
25 %<br />
20 %<br />
15 %<br />
10 %<br />
5 %<br />
0<br />
K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Bevölkerung<br />
<strong>und</strong> Beratung<br />
77,0 45,1 17,0 36,3 6,0 16,1<br />
K<strong>in</strong>der bei<br />
leiblichen Eltern<br />
K<strong>in</strong>der bei<br />
leiblichen Eltern<br />
K<strong>in</strong>der bei alle<strong>in</strong><br />
erziehenden Eltern<br />
K<strong>in</strong>der bei alle<strong>in</strong><br />
erziehenden Eltern<br />
Stiefk<strong>in</strong>der<br />
K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Beratung<br />
BRD <strong>und</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-Vorp.<br />
45,1 32,8 36,3 38,1 16,1 27,2<br />
Stiefk<strong>in</strong>der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
17<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Steigende Inanspruchnahme (2)<br />
Thür<strong>in</strong>gen<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Brandenburg<br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong><br />
50<br />
0<br />
1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2010<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Beendete Beratungen<br />
Begonnene Beratungen<br />
Seelische Belastung<br />
<strong>und</strong> Sozialstatus<br />
■ hoher Sozialstatus<br />
■ niedriger Sozialstatus<br />
8,0 12,9 5,7 11,3 3,8 7,3 0,9 3,7<br />
Ängste Störungen des<br />
Sozialverhaltens<br />
Depression ADHS<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
18<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
45 %<br />
40 %<br />
35 %<br />
30 %<br />
25 %<br />
20 %<br />
15 %<br />
10 %<br />
5 %<br />
0<br />
K<strong>in</strong>der armer Familien<br />
<strong>in</strong> BRD <strong>und</strong> <strong>Mecklenburg</strong>-Vorp.<br />
14 20 25 45<br />
BRD MV<br />
In Bevölkerung<br />
In <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
Heimunterbr<strong>in</strong>gung nach<br />
Familienform<br />
6,6 74,4 110,6<br />
je 10.000<br />
M<strong>in</strong>derjährige<br />
Bei leiblichen Eltern<br />
Bei alle<strong>in</strong> erziehenden Eltern<br />
Stiefk<strong>in</strong>der<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
19<br />
35 %<br />
Entwicklung 1991 bis 2010<br />
1991 2010<br />
Veränderung<br />
des Anteils<br />
<strong>in</strong> Tausend<br />
<strong>in</strong><br />
% <strong>in</strong> Tausend<br />
<strong>in</strong><br />
%<br />
1991 – 2010<br />
<strong>in</strong> Prozent<br />
K<strong>in</strong>der bei leiblichen Eltern 13.000 85 10.000 77 – 9<br />
Stiefk<strong>in</strong>der 800 5 800 6 + 20<br />
K<strong>in</strong>der bei alle<strong>in</strong> erziehenden<br />
Elternteilen<br />
1.600 10 2.200 17 + 70<br />
Summe der M<strong>in</strong>derjährigen 15.400 13.000 – 15<br />
K<strong>in</strong>der bei alle<strong>in</strong> erziehenden<br />
Elternteilen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Stieffamilien<br />
25 %<br />
40 %<br />
K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> ihre Familien (2)<br />
2.400 15 3.000 23 + 50<br />
Hilfegr<strong>und</strong><br />
K<strong>in</strong>deswohlgefährdung<br />
■ <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
■ ambulante Hilfen<br />
■ stationäre Hilfen<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
20<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Inanspruchnahme<br />
<strong>und</strong> Beratungskapazität<br />
0<br />
1995 1998 2001 2004 2007 2010<br />
Inanspruchnahme je 1.000 M<strong>in</strong>derjährige<br />
Planstellen je 10.000 M<strong>in</strong>derjährige<br />
M<strong>in</strong>destbesetzung des<br />
multidiszipl<strong>in</strong>ären Teams<br />
Jugendm<strong>in</strong>ister 1973 IST-Stand 2007 Heute erforderlich<br />
Beratungsstellen 1.640 1.050 1.050<br />
Fachkräfte 4.920 3.650 5.250<br />
Fachkräfte je<br />
E<strong>in</strong>richtung<br />
3 3,5 5<br />
1.500 neue Planstellen erforderlich<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
21<br />
Zusammensetzung des<br />
multidiszipl<strong>in</strong>ären Teams<br />
Fünf Vollzeitstellen:<br />
■ Psychologe/Psycholog<strong>in</strong><br />
■ Sozialarbeiter/<strong>in</strong><br />
■ K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendlichenpsychotherapeut/<strong>in</strong><br />
■ Pädagoge/Pädagog<strong>in</strong><br />
■ Weitere beraterisch-therapeutische Fachkraft<br />
Andere Hilfen zur<br />
Erziehung<br />
Ausgaben der öffentlichen<br />
Hand für Hilfen zur Erziehung<br />
2000 2005<br />
Steigerung<br />
<strong>in</strong> % 2009<br />
Steigerung<br />
<strong>in</strong> %<br />
107.007.706 126.691.217 18,4 289.280.178 118,3<br />
<strong>Erziehungs</strong> beratung 298.737.697 340.645.743 14,0 339.691.586 – 0,3<br />
Soziale<br />
Gruppen arbeit<br />
37.119.662 55.582.208 49,7 79.415.134 42,9<br />
<strong>Erziehungs</strong> beistand<br />
Betreuung s helfer<br />
98.041.199 137.409.927 40,2 210.648.972 53,3<br />
Sozial päd.<br />
Familien hilfe<br />
235.590.567 364.212.891 54,6 679.224.513 86,5<br />
Tages gruppe 320.513.705 380.164.117 18,6 428.178.435 12,1<br />
Vollzeit pflege 509.428.877 640.664.271 25,8 807.729.298 26,1<br />
Heim er ziehung 2.336.901.120 2.523.700.293 8,0 2.873.855.957 13,9<br />
Intensive Sozialpäda<br />
gogische<br />
E<strong>in</strong>zel be treuung<br />
74.140.941 95.403.459 28,7 98.250.760 3<br />
Summe 4.017.481.474 4.664.474.126 16,1 5.806.274.833 18,3<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
Fachvortrag II<br />
Zusammenarbeit von <strong>Erziehungs</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>und</strong> Jugendamt<br />
Dr. Thomas Meysen<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht<br />
22<br />
Zusammenarbeit von <br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>und</strong> Jugendamt"<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienberatung</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>"<br />
E<strong>in</strong> Dialog für die Zukunft"<br />
Dr. Thomas Meysen!<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht (DIJuF) e.V.!<br />
Schwer<strong>in</strong>, 6. September 2012!<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht e.V. (DIJuF)!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
23<br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, der heutige<br />
Dialog <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>beratung"<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht e.V. (DIJuF)!<br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, der heutige<br />
Dialog <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>beratung"<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht e.V. (DIJuF)!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
24<br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<strong>Vorpommern</strong>, der heutige<br />
Dialog <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>beratung"<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht e.V. (DIJuF)<br />
Brauchen wir Familien- <strong>und</strong><br />
<strong>Erziehungs</strong>beratungsstellen?"<br />
� Jugendamt: „Beratung, das können<br />
wir auch!“<br />
� Meysen: „Stimmt … aber Ihr könnt <br />
nicht niedrigschwellig.“!<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht e.V. (DIJuF)!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
25<br />
K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendhilfe braucht<br />
Niedrigschwelligkeit<br />
Niedrigschwelliger Zugang ist zentrales<br />
Qualitätsmerkmal für K<strong>in</strong>derschutz bzw.<br />
K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendhilfesysteme"<br />
„Effektive K<strong>in</strong>derschutzsysteme brauchen<br />
Beratungsmöglichkeiten, die K<strong>in</strong>dern,<br />
Jugendlichen <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>personen e<strong>in</strong>en<br />
vertraulichen, niedrigschwelligen Zugang zu Hilfe<br />
ermöglichen, ohne dass sie e<strong>in</strong>e Meldung an das<br />
Jugendamt befürchten müssen <strong>und</strong> bei dem die<br />
Befürchtungen sie nicht davon abhalten, Hilfe <strong>in</strong><br />
Anspruch zu nehmen.“ (WHO & ISPCAN 2006)!<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht e.V. (DIJuF)!<br />
Kann das Jugendamt wirklich<br />
außen vor bleiben?"<br />
� Jugendamt: „Im K<strong>in</strong>derschutz muss die Information<br />
auch zu uns!“!<br />
� Meysen: „Ich verstehe die jugendamtliche <br />
Neugier. Das ist die Rolle. Aber der Schutz <br />
des K<strong>in</strong>des <strong>und</strong> die Hilfe s<strong>in</strong>d dem Jugend- <br />
amt wichtig <strong>und</strong> stehen an erster Stelle.“!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
26<br />
Vertraulichkeit als konstitutive<br />
Voraussetzung "<br />
Schutzraum als Schlüssel, sich zu öffnen"<br />
„Wenn Eltern oder K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendliche selbst<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung <strong>in</strong> Anspruch nehmen, dann geben<br />
sie Persönliches preis, das sie oft nicht e<strong>in</strong>mal im Kreis<br />
der engsten Familienangehörigen besprechen würden.<br />
Sie schildern <strong>in</strong> der Beratung ihre Not <strong>und</strong> Verzweiflung,<br />
weil sie <strong>in</strong> ihrer Lebenssituation nicht mehr weiter<br />
wissen. Dabei müssen sie sich zuweilen auch<br />
Handlungen e<strong>in</strong>gestehen, die sie vor sich selbst nicht<br />
rechtfertigen können oder für die sie sich schämen. Das<br />
Ziel e<strong>in</strong>e Hilfe kann <strong>in</strong> solchen Konfliktlagen umso<br />
besser erreicht werden, je offener der Ratsuchende<br />
se<strong>in</strong>e Probleme benennt.“ (bke 2012)"<br />
Kann sich die Beratungsstelle<br />
abschotten?"<br />
� Beratungsstelle: „Siehste, wir dürfen dem<br />
Jugendamt nix sagen! Schließlich haben <br />
wir die Schweigepflicht.“!<br />
� Meysen: „Ich sehe … den Mythos Schweigepflicht.<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung darf bei den Ängsten der<br />
Beratenen vor dem Jugendamt nicht stehen bleiben,<br />
sondern zur Beratungsaufgabe kann auch gehören, <br />
diese abzubauen.“!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
27<br />
H<strong>in</strong>wirken auf Inanspruchnahme<br />
weitergehender Hilfen"<br />
� Schutzauftrag <strong>in</strong> der<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung als Modell"<br />
� § 8a Abs. 4 S. 2 SGB VIII: „… bei den <strong>Erziehungs</strong>berechtigten<br />
auf die Inanspruchnahme<br />
von Hilfen h<strong>in</strong>wirken, wenn sie diese für<br />
erforderlich halten, <strong>und</strong> das Jugendamt<br />
<strong>in</strong>formieren, falls die Gefährdung nicht anders<br />
abgewendet werden kann.“!<br />
� § 4 Abs. 1 KKG: „… bei den Personensorgeberechtigten<br />
auf die Inanspruchnahme<br />
von Hilfen h<strong>in</strong>wirken, …“!<br />
� Weiteres Beispiel: psychisch kranke Eltern!<br />
Wann ist Schluss mit<br />
Vertraulichkeit?"<br />
� Beratungsstelle: „Ja okay, aber das kann <br />
doch nicht heißen, <br />
dass wir nach e<strong>in</strong> <br />
paar Term<strong>in</strong>en immer <br />
das Jugendamt e<strong>in</strong>- <br />
beziehen müssen!“!<br />
� Meysen: „Da b<strong>in</strong> ich ganz bei Ihnen. Das <br />
kann nicht se<strong>in</strong>.“!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
28<br />
Steuerungsverantwortung bleibt<br />
<strong>in</strong> der <strong>Erziehungs</strong>beratung"<br />
� Rechtliche Gr<strong>und</strong>lage der Vertraulichkeit"<br />
� Vertrag mit Adressat/<strong>in</strong>n/en!<br />
� Weitergabe von Informationen nur mit<br />
E<strong>in</strong>willigung zulässig!<br />
� <strong>in</strong>sb. bei Initiierung der Beratung durch<br />
Jugendamt kann Rückmeldung Bestandteil des<br />
Hilfekontrakts werden!<br />
� Notwendigkeit der E<strong>in</strong>beziehung des Jugendamts<br />
mit Adressat/<strong>in</strong>n/en zu beraten!<br />
� Pflicht zur E<strong>in</strong>beziehung nach bestimmter<br />
Anzahl von Term<strong>in</strong>en rechtswidrig!<br />
� Widerspruch zu § 36a Abs. 2 SGB VIII <strong>und</strong><br />
Rechtsanspruch nach § 28 SGB VIII!<br />
F<strong>in</strong>anzierung <strong>und</strong> Steuerungsverantwortung"<br />
� Jugendamt: „Moooment, immerh<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anziert <br />
das Jugendamt die Leistung <strong>und</strong> muss se<strong>in</strong>er<br />
Steuerungs- <br />
verantwortung <br />
gerecht werden!“!<br />
� Meysen: „Genau. Und der Steuerungsverantwortung<br />
wird das Jugendamt durch e<strong>in</strong>e<br />
F<strong>in</strong>anzierung der niedrigschwelligen Leistung<br />
gerecht.“!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
29<br />
Eigene Wege der F<strong>in</strong>anzierung"<br />
� F<strong>in</strong>anzierung der Niedrigschwelligkeit"<br />
§ 36a Abs. 2 SGB VIII: „… soll der Träger der<br />
öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige<br />
unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten<br />
Hilfen, <strong>in</strong>sbesondere der <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
zulassen. Dazu soll er mit den<br />
Leistungserbr<strong>in</strong>gungen Vere<strong>in</strong>barungen<br />
schließen, <strong>in</strong> denen die Voraussetzungen <strong>und</strong><br />
die Ausgestaltung der Leistungserbr<strong>in</strong>gung<br />
sowie die Übernahme der Kosten geregelt s<strong>in</strong>d.“!<br />
<strong>Erziehungs</strong>beratung als<br />
Infrastrukturangebot"<br />
� Beratungsstelle: „Beratungsstellen müssen<br />
verlässliche Angebote für die Bürger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Bürger!“!<br />
� Meysen: „Der Vorstoß der kommunalen<br />
Spitzenverbände <strong>und</strong> Länder unter der<br />
Überschrift ‚Weiterentwicklung <strong>und</strong> Steuerung<br />
der Hilfen zur Erziehung geht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ähnliche<br />
Richtung.“!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>
30<br />
F<strong>in</strong>anzierung von <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
als Vorbild"<br />
� <strong>Erziehungs</strong>beratungsstelle als<br />
Infrastrukturangebot!<br />
� Pauschal- oder Mischf<strong>in</strong>anzierung als<br />
Option!<br />
� Gestaltungsmöglichkeiten im Sozialraum!<br />
� Integration <strong>in</strong> Regelstrukturen (Schule,<br />
Kita, Frühe Hilfen, Inobhutnahme)!<br />
� Jugendamt <strong>und</strong> <strong>Erziehungs</strong>beratung<br />
s<strong>in</strong>d das Zukunftsduo!<br />
Auf e<strong>in</strong>en konstruktiven Dialog!"<br />
Deutsches Institut für Jugendhilfe <strong>und</strong> Familienrecht e.V. (DIJuF)!<br />
Landesfach<strong>in</strong>itiative<br />
<strong>Erziehungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Familienberatung</strong><br />
<strong>Mecklenburg</strong>-<br />
<strong>Vorpommern</strong>