israel_artikel - Reinhard Hall | Fotografie
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Nordsüd-Richtung und teilt sie somit in zwei<br />
Gebiete. Wir halten uns nördlich und gelangen<br />
somit direkt zum Damascus Gate. Hier verlassen<br />
wir unseren Weg innerhalb der Altstadt, um diese<br />
außerhalb zu umrunden. Entlang der Stadtmauer<br />
können wir größtenteils im Schatten laufen, aber<br />
richtig kühl ist es hier auch nicht. Der lange Marsch<br />
ist kräftezehrend, doch wir werden mit schönen<br />
Ausblicken auf den Ölberg mit dem Garten<br />
Gethsemane, der St. Mary Magdalene Church und<br />
der Dominus Flevit Church belohnt.<br />
Zurück im Israel Museum gönnen wir uns dennoch<br />
erst einmal etwas Ruhe, bevor wir die weitläufige<br />
Anlage besichtigen. Auf dem Rückweg zum Hotel<br />
kaufen wir uns eine Kleinigkeit zum Abendessen,<br />
das wir auf dem Zimmer zu uns nehmen. Laut GPS<br />
sind wir heute insgesamt 22 Kilometer bergan und -<br />
ab gelaufen.<br />
Reise durch die Kulturen<br />
Am nächsten Abend, also am 28.09.2011, ist nach<br />
dem Hebräischen Kalender Neujahr. Aber bis dahin<br />
dauert es noch einige Stunden, die wir in der<br />
Altstadt verbringen. Vor dem Jaffa Gate wird täglich<br />
11 Uhr eine „Free Tour“ angeboten. Sie führt zu<br />
allen Sehenswürdigkeiten, wie der Erlöserkirche,<br />
der Via Dolorosa und natürlich dem Tempelberg, der<br />
mit seinem alles überragenden Felsendom etwa ein<br />
Sechstel der Altstadtfläche einnimmt. Die Tour<br />
dauert ca. drei Stunden, wird von erfahrenen Guides<br />
geleitet und ist tatsächlich kostenlos. Doch klar ist<br />
auch, dass die Guides ihr Leben von den Spenden<br />
der geführten Touristen bestreiten. Wir durchqueren<br />
alle Viertel: jüdisch, muslimisch, christlich und<br />
armenisch. Zwischen ihnen sind die Übergänge<br />
fließend, und doch besitzt jeder Bereich seinen<br />
eigenen, unverwechselbaren Charakter.<br />
Ausgenommen davon ist allerdings die Gegend um<br />
die Klagemauer, einem Teil des zweiten zerstörten<br />
Tempels. Juden aus aller Welt kommen zum<br />
intensiven Gebet hier her. Um sie vor religiösen<br />
Fanatikern zu schützen, wird dieser Bereich von<br />
Soldaten überwacht. Auf der Tour bewegen wir uns<br />
sozusagen „dreidimensional“ d.h. auf verschiedenen<br />
Ebenen. Liefen wir eben noch auf Höhe der Straße,<br />
lassen wir gleich darauf unsere Blicke über die<br />
Dächer schweifen und befinden uns schon kurz<br />
darauf wieder weit unter dem Straßenniveau.<br />
Faszinierend ist, dass jede dieser Ebenen aus einer<br />
anderen Epoche stammt. Wir empfinden diese<br />
„Zeitreise“ als in jeder Hinsicht lohnenswert. Die<br />
Guides geben zu den einzelnen Plätzen und<br />
Gebäude detaillierte Informationen. Alternativ hätten<br />
wir uns alle Daten anlesen können. Dies wäre<br />
jedoch nur mit einem sehr großen Zeitaufwand<br />
verbunden gewesen. Anschließend gehen wir in<br />
unser Hotel und bereiten uns auf den Besuch der<br />
Gedenkstätte „Yad Vashem“ vor. Leider ist das<br />
jüdische Museum wegen des Feiertags<br />
geschlossen. Nach den langen Fußmärschen am<br />
Vortag und heute Morgen sind wir nun mit dem Auto<br />
unterwegs. Schnell ist unsere Entscheidung<br />
gefallen, und wir fahren auf den Ölberg, um uns den<br />
Sonnenuntergang über der Altstadt anzusehen.<br />
Im Gegensatz zum regen Treiben tagsüber, sind die<br />
Straßen an diesem Abend wie leergefegt. Selbst die<br />
unzähligen Cafés, Bars und Restaurants sind<br />
geschlossen oder öffnen erst 22 Uhr. Wir spazieren<br />
durch die Gassen, um etwas zum Essen zu finden.<br />
Dabei landen wir in einer Bar, auf deren Terrasse<br />
die streunenden Katzen die Schaben jagen. Das ist<br />
nicht wirklich appetitlich, und der Hunger vergeht.<br />
Einem Baedeker-Tipp für Fotografen folgend,<br />
stehen wir am nächsten Morgen sehr zeitig auf. Wir<br />
wollen auf dem Weg nach Tiberias das Kloster St.<br />
George besuchen. Es heißt, man sollte bis zum<br />
frühen Nachmittag dort sein, weil sonst das Kloster<br />
im Schatten liegt. Außerdem soll der Fußmarsch<br />
vom Parkplatz etwa eineinhalb Stunden dauern. Wie<br />
sich herausstellt, ist der Baedeker in diesem Punkt<br />
etwas veraltet. Denn die asphaltierte Straße geht<br />
weit hinein in die Wadi Kilt. Sie endet etwa 20<br />
Fußminuten vor dem Kloster, das wie ein<br />
Schwalbennest an einem Felshang zu kleben<br />
scheint. Am Parkplatz warten bereits etliche<br />
Händler. Wer keine Kopfbedeckung hat, kann hier<br />
bequem eine kaufen. Daneben werden Früchte und<br />
Getränke angeboten. Die Tour zum Kloster führt<br />
bergab. Wer möchte, kann einen Esel mieten, um<br />
auch den Rückweg mühelos zu schaffen.<br />
Abgeschiedenheit und Stille finden wir nur an einem<br />
Aussichtspunkt oberhalb des Parkplatzes.<br />
Danach fahren wir weiter durch palästinensisches<br />
Autonomiegebiet. Gelegentlich sind feste<br />
Kontrollpunkte installiert, an denen man sich<br />
ausweisen muss. Auf dem Weg nach Tiberias<br />
unternehmen wir einen Ausflug zu der alten<br />
Kreuzritterfestung „Belvoire“. Es thront auf einem<br />
Berg rund sechs Kilometer abseits der Hauptstraße.<br />
Die Besichtigung lohnt, denn das Fort ist trotz des<br />
„Schleifens“ durch die Araber in einem Zustand, der<br />
noch sehr viel erkennen lässt.<br />
Neujahr - Feiertag - Sabbat<br />
Neujahr fiel auf einen Mittwoch. Wegen der<br />
Feiertage um den Jahreswechsel bleiben Shops,<br />
Cafés oder Restaurants bis zum Freitag<br />
geschlossen. Der Sabbat fängt am Freitagmittag an<br />
und geht bis Samstagabend. Es ist also ein<br />
fließender Übergang von Tagen, an denen alle<br />
Geschäfte geschlossen sind. Einzige Ausnahme<br />
sind die christlichen Pilgerstätten. Heute ist im<br />
Übrigen erst Donnerstag!<br />
Am frühen Abend erreichen wir Tiberias. An der<br />
Rezeption unseres Hotels erfahren wir, dass am<br />
See Genezareth täglich vier kostenlose Lasershows<br />
vorgeführt werden. Sie behandeln vier verschiedene<br />
Themen aus der Geschichte Israels. Die Shows<br />
laufen stündlich zwischen 20 und 23 Uhr und<br />
dauern etwa 15 Minuten. Dabei werden die<br />
Lasereffekte auf Wasserfontänen projiziert. Ähnlich<br />
wie im Bellagio in Las Vegas läuft dazu klassische<br />
Musik. Wir schauen uns zwei der Shows an. Die<br />
Pause dazwischen nutzen wir, um eine Kleinigkeit<br />
zu essen.<br />
Der nächste Morgen beginnt mit einem super<br />
Frühstück im Hotel „Prima too“. Wie wir im<br />
Baedeker lesen, gehört es zu den komfortableren<br />
Adressen in Tiberias. Der Himmel ist noch<br />
zugezogen und die Weitsicht entsprechend getrübt.<br />
Doch als wir die Stadt in Richtung Norden<br />
verlassen, klart der Himmel auf, und die Sonne<br />
brennt unbarmherzig. Heute gelingt es uns nur<br />
selten, die Sehenswürdigkeiten in Ruhe zu<br />
besichtigen, denn auch jede Menge Reisebusse<br />
steuern Tabgha, Capernaum oder den Berg der<br />
Seligpreisung an.<br />
Es ist noch früh am Nachmittag und somit<br />
genügend Zeit, zur Westküste nach Akko zu fahren.<br />
Es sind nur 43 Kilometer auf gut ausgebauten<br />
Straßen, doch es kostet sehr viel mehr Zeit als wir<br />
dachten. So erreichen wir die Stadt erst gegen<br />
16.15 Uhr. Die Suche nach der Altstadt ist einfacher<br />
als die Suche nach einem Parkplatz. Es gibt nur<br />
eine Straße, auf der die Autos hinein- und<br />
hinausdrängen. Wer irgendeine noch so kleine<br />
Möglichkeit sieht, versucht sein Fahrzeug<br />
abzustellen. Zu meiner Verwunderung passiert dies,<br />
während die anderen Autos nachdrängen. Zum<br />
Glück bin ich als Beifahrerin unterwegs, aber auch<br />
das kostet Nerven!<br />
Schließlich kämpfen wir uns wieder aus der Altstadt<br />
heraus. Gleich vor ihren Toren finden wir einen<br />
Parkplatz! Durch diese Aktion haben wir etwa<br />
dreißig Minuten verloren. Wir laufen zur Zitadelle,<br />
kommen noch in deren Garten, aber die freigelegten<br />
Gewölbe, Tunnel etc. sind bereits geschlossen.<br />
Wegen der langen Anreise ist dies natürlich<br />
bedauerlich, aber die Altstadt ist dennoch reizvoll.<br />
Sie lebt von ihrer Bausubstanz, den verwinkelten<br />
Gassen, einem türkischen Basar, dem<br />
Fischereihafen und den Menschen. Wir wandern<br />
umher und erkunden die perfekt erhaltene<br />
Kreuzfahrerstadt, die von der UNESCO zum<br />
„Weltkulturerbe“ erklärt wurde. Letztlich bleiben wir<br />
zum Abendessen und genießen den<br />
Sonnenuntergang bevor wir zurück nach Tiberias<br />
fahren.<br />
Akkos unterirdische Geheimnisse<br />
Haben wir gestern den Sonnenuntergang bestaunt,<br />
zieht es uns heute zeitig nach draußen, um den<br />
Sonnenaufgang hoch oberhalb von Tiberias zu<br />
bewundern. Dazu verlassen wir die Stadt in<br />
Richtung Nazareth. Nach etwa zehn Kilometern<br />
erscheinen auf der rechten Seite die Hörner von<br />
Hittim. Das ist ein Doppelgipfel, der durch das<br />
Einsinken eines Kraters entstanden ist. Hier hatte<br />
Saladin unter Führung des Königs von Jerusalem<br />
im Sommer 1187 die Kreuzritter vernichtend<br />
geschlagen. Das von Kreuzfahrern begründete<br />
Königreich Jerusalem verlor dadurch große Teile<br />
seines Territoriums und seine Hauptstadt<br />
Jerusalem.<br />
Der Weg zur Anhöhe ist ausgeschildert. Doch<br />
wegen der neuen Straßenführung liegt die Zufahrt in<br />
der Doppelkurve einer Ausfahrt. Wir stellen unseren<br />
Leihwagen nach etwa zwei Dritteln der Strecke ab,<br />
weil die Bodenverhältnisse immer schlechter<br />
werden. Nach rund dreißig Minuten Fußmarsch<br />
erreichen wir die Anhöhe und lassen unsere Blicke<br />
über die Ruinen aus der Bronzezeit, Ostgaliläa