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Interview<br />
Lebenstraum<br />
Ein Gespräch mit Andreas Rudroff, Orange Sound, München<br />
Zum ersten Mal kennen gelernt hatte<br />
ich die Orange Sound <strong>Studio</strong>s im<br />
Sommer dieses Jahres während der<br />
vom Music Shop München veranstalteten<br />
Microphone Days, deren wichtiger<br />
Teil ein ganztägiger Mikrofon-<br />
Workshop in eben diesen <strong>Studio</strong>s<br />
war. Ich verstand mich auf Anhieb<br />
sehr gut mit den beiden Inhabern<br />
Andreas Rudroff und Oliver Vorderbrügge<br />
und wir beschlossen, mehr<br />
aus diesem eher zufälligen Treffen<br />
zu machen. Also fuhr ich Anfang September<br />
erneut nach München, um<br />
dieses Gespräch zu führen, an dem<br />
Oliver aus Krankheitsgründen lei-<br />
der nicht teilnehmen konnte. Aber<br />
wir hatten trotzdem unseren Spaß.<br />
Angefangen hat die Geschichte des<br />
<strong>Studio</strong>s 1997 in einem kleinen Zimmerchen<br />
neben der WG von Olli mit<br />
einem kleinen analogen Mischpult,<br />
einer ebenso analogen 16-Spur-Maschine,<br />
einem Atari für die MIDI-Abteilung<br />
und ein wenig Peripherie. Es<br />
war die Zeit der Faszination der elektronischen<br />
Klänge und der technischen<br />
Möglichkeiten. Die Nachbarn,<br />
ein älteres Ehepaar, haben verzweifelt<br />
versucht, durch das offene Fenster<br />
mit Eiern das Mischpult zu treffen,<br />
aber das Fenster ging rechtzei-<br />
Fritz Fey<br />
Fotos: Orange Sound<br />
tig zu und die monotonen, stampfenden<br />
Loops liefen unerschrocken<br />
weiter. Es kam der Wunsch nach einem<br />
Aufnahmeraum auf, ohne großartigen<br />
Hintergrund, denn das dafür<br />
notwenige Equipment war nicht<br />
vorhanden. Schließlich wurde das<br />
<strong>Studio</strong> eines Freundes frei, das mit<br />
140 Quadratmetern und einem großen<br />
Aufnahmeraum eigentlich viel zu<br />
groß und auch viel zu teuer war. In<br />
einem Anfall von Wagemut hatte Andreas<br />
Rudroff schon vorher eine Trident-Konsole<br />
gekauft und auf Lager<br />
gelegt, in der Hoffnung, dass dieses<br />
Pult in absehbarer Zeit einen passen-
den Regieraum finden würde. Mit einer<br />
gesunden Prise Blauäugigkeit<br />
wurde das <strong>Studio</strong> übernommen und<br />
die Trident-Konsole hatte ihr neues<br />
zu Hause. Die Verkabelung einer solchen<br />
Anlage mit großem Steckfeld<br />
war Herausforderung und Abenteuer<br />
zugleich, verbunden mit zahlreichen<br />
Lern- und Denkprozessen. Nach harter<br />
Arbeit und vollem Körpereinsatz<br />
war das <strong>Studio</strong> schließlich fertig, und<br />
die Crew saß erwartungsvoll vor dem<br />
Telefon, auf dass es nun klingeln möge,<br />
immer sehr gut gelaunt und in<br />
dem festen Bewusstsein, dass die<br />
Kunden schon gerne kommen würden.<br />
Fühlen Sie sich eingeladen, an<br />
meinem Gespräch mit Gastgeber Andreas<br />
Rudroff teilzunehmen.<br />
Andreas Rudroff: Die gute Laune hat uns<br />
wahrscheinlich über die schwere Anfangszeit<br />
geholfen, denn wir waren sehr überzeugt<br />
davon, das richtige Konzept zu haben. Wir<br />
begannen, eher sehr verträumt, an Musiken<br />
zu basteln, in erster Linie für uns selbst,<br />
denn ich musste anschließend feststellen,<br />
dass wir nichts davon verkaufen konnten.<br />
Wir haben uns schließlich mit einigen Jobs<br />
über Wasser gehalten, sind sehr viel gereist<br />
und kamen am Ende zu der Erkennt-<br />
<strong>Studio</strong> <strong>Magazin</strong> 12/06<br />
Andreas Rudroff<br />
nis, dass dieses <strong>Studio</strong> wohl eher in der<br />
Kategorie ‚Hobby’ verbucht werden müsste.<br />
Die Konzentration darauf, an Filme und<br />
Medien heran zu kommen, existierte schon,<br />
bevor wir das <strong>Studio</strong> bezogen hatten. Inzwischen<br />
hatten wir gelernt, dass man mit<br />
Hörbüchern und ähnlichen Produktionsvorhaben<br />
wirklich sein Auskommen begründen<br />
kann. Es ist eine wenig kreative Arbeit,<br />
sondern hat eher etwas mit Fleiß und Ausdauer<br />
zu tun, aber damit konnte man das<br />
Interview<br />
Oliver Vorderbrügge<br />
Geld verdienen, um abends mit der gleichen<br />
Technik Musik machen zu dürfen. Wir<br />
mussten lernen, unsere Kontakte zu nutzen,<br />
und langsam kamen auch kleine Aufträge,<br />
Filmprojekten zuzuarbeiten, dazwischen<br />
kleinere Musikproduktionen, schließlich<br />
endeten wir jedoch bei einer Produktion<br />
in einer Auseinandersetzung mit dem<br />
Produzenten, der versuchte, nach einem<br />
halben Jahr Arbeit ausgesprochen unsportliche<br />
Bedingungen durchzusetzen, während<br />
des laufenden Projektes, wohingegen wir<br />
unsere Bedingungen als sehr fair empfanden,<br />
da wir bei einem einigermaßen guten<br />
Erfolg der Produktion gerade so hätten<br />
überleben können. Ich erinnere mich<br />
genau, dass wir in einem dieser Gespräche<br />
schließlich sagten: ‚Wenn Du auf Deinen<br />
Bedingungen bestehen bleibst, fliegen<br />
wir nächste Woche nach Kambodscha.’<br />
Er hat das als Scherz aufgefasst, aber wir<br />
waren nach einem halben Jahr harter Arbeit<br />
psychisch ziemlich am Boden. Er blieb<br />
bei seiner Version und wir waren eine Woche<br />
später in Kambodscha. Das hatte eine<br />
sehr nachhaltige Wirkung, denn die Beteiligten<br />
staunen heute noch darüber, dass<br />
wir das wirklich durchgezogen haben. Als<br />
wir zurückkamen, waren wir unschlüssig,<br />
wie es mit dem <strong>Studio</strong> weitergehen würde,<br />
oder ob wir es einfach schließen. In<br />
dieser Situation bekamen wir durch einen<br />
Zufall, braun gebrannt und voller Energie,<br />
einen Auftrag für einen Werbespot, der bis<br />
49
Interview<br />
zu diesem Zeitpunkt der beste Job unseres<br />
Lebens war. Wir sind im Nachhinein sehr<br />
froh, dass wir unserem Bauch gefolgt waren,<br />
und uns nicht auf ein Geschäft eingelassen<br />
hatten, das uns noch weitere Monate<br />
Arbeit bei unsicherem Ausgang beschert<br />
hätte. Dieser eine Auftrag zog weitere<br />
nach sich, andere Kunden trauten sich<br />
in unser <strong>Studio</strong>, und es lief plötzlich wie<br />
am Schnürchen, auch wenn wir in dieser<br />
Zeit unmenschlich viel für immer noch vergleichsweise<br />
wenig Geld arbeiteten. Mit einem<br />
kleinen, noch jungen <strong>Studio</strong> kann man<br />
eben nicht wie die Großen ‚abkassieren’,<br />
denn man ist ja auch noch nicht so erfahren.<br />
Wir waren aber plötzlich drin im Medienbusiness<br />
und unsere Musikambitionen<br />
damit auch vorerst auf Eis gelegt. Aufgrund<br />
unserer negativen Erfahrungen mit unserem<br />
‚Kambodscha-Kunden’ hatten wir auch<br />
ganz ehrlich gesagt die Lust an Musikproduktion<br />
verloren. Heute sind wir zwar nicht<br />
mehr so angewiesen auf die Welt der Musik,<br />
jedoch ein Rest Misstrauen ist immer<br />
geblieben. Aber es geht wohl den meisten<br />
Kollegen so: Kaum hat man Geld verdient,<br />
investiert man es doppelt in Equipment.<br />
Und das macht ja auch noch Spaß und<br />
man fühlt sich total erfolgreich, wenn am<br />
Jahresende einen Gewinn ausweist, angesichts<br />
dessen jeder andere sofort den Laden<br />
dicht gemacht hätte. Es ging uns in<br />
diesen Jahren finanziell wirklich nicht gut,<br />
aber es war eben das gute Gefühl, ein Tonstudio<br />
betreiben zu dürfen, was vielleicht<br />
auch viele Kunden inspiriert hat, mit uns<br />
zusammen zu arbeiten. Unsere gute Laune<br />
und die lockere Stimmung war unser<br />
Aushängeschild in einem doch eher harten<br />
Film- und Werbe-Business. Unser altes<br />
<strong>Studio</strong> war wahnsinnig schön, obwohl<br />
es nur eine Deckenhöhe von zwei Metern<br />
hatte – voll mit Beleuchtung und Lichteffekten.<br />
Anfangs hatten wir die Sorge, dass<br />
die seriöse Kundschaft sich davon abgeschreckt<br />
fühlen könnte, aber man sprach<br />
über uns als das ‚kreative Maximum’, das<br />
in dieser Stadt München möglich ist, was<br />
natürlich nicht nur mit den Lichtern zu tun<br />
hatte (schmunzelt). Es ging uns am Schluss<br />
verhältnismäßig gut in diesem <strong>Studio</strong>, aber<br />
uns beschlich langsam das Gefühl, dass<br />
wir in diesen Räumen nicht mehr so sehr<br />
viel weiter kommen würden. Die Kunden<br />
haben uns sogar davor gewarnt, groß zu<br />
bauen oder neue Räume zu beziehen. Das<br />
Geld, das wir für einen Umzug gebraucht<br />
50<br />
So fängt es immer an:<br />
Die ersten Metallständerwerk-Wände sind gesetzt<br />
hätten, kam zwar nie, dafür aber die innere<br />
Verpflichtung, dass wir handeln müssen.<br />
Vor etwa zwei Jahren (Anfang Oktober<br />
2004. Die Red.) begannen wir, neue Räume<br />
zu suchen, anfangs begleitet von dem<br />
Wunsch, mit 180 bis 200 Quadratmetern<br />
auszukommen. Aber die Wünsche wuchsen<br />
während der Suchphase. Wenn man vier<br />
Meter hohe Räume hat, kann man vielleicht<br />
später eine Dolby-Lizenz… Ziemlich am Anfang<br />
unserer Suche hatten wir bereits die<br />
Räume besichtigt, in denen wir jetzt sitzen.<br />
Der Vermieter war wahnsinnig nett und die<br />
Räume waren ein Traum, aber es war uns<br />
einfach mehrere Nummern zu groß. Trotzdem<br />
verglichen wir jedes Objekt mit die-<br />
Ein sehr wichtiger Aspekt:<br />
Das fachgerechte Verlegen des schwimmenden Estrichs<br />
<strong>Studio</strong> <strong>Magazin</strong> 12/06
sem hier, und es kam immer wieder der<br />
Einwand: ‚Aber in der Lindwurmstraße…’<br />
Mein Vater gab schließlich den Ausschlag<br />
und sagte, dass wir das Objekt jetzt einfach<br />
nehmen sollten. Wir brauchten jemanden,<br />
der uns etwas antrieb, uns diesen Batzen<br />
zuzutrauen. Der Vermieter rief uns zudem<br />
an und kam uns noch etwas mit der<br />
<strong>Studio</strong> <strong>Magazin</strong> 12/06<br />
Die Holzkonstruktion des Besucherpodests im <strong>Studio</strong> A<br />
in der Rohbauphase<br />
Miete entgegen, und nun sitzen wir also<br />
hier auf 380 Quadratmetern. Für uns war<br />
das ein riesiges Schiff und ein kleines Märchen<br />
zugleich. Wir standen plötzlich hier<br />
und konnten kaum glauben, dass wir gerade<br />
einen Mietvertrag unterschrieben hatten.<br />
Gleich zu Beginn machten wir mit Michel<br />
Schreiber von ACM akustische Messun-<br />
Ein Blick in die Halle im vorgefundenen Zustand:<br />
Hier wird jetzt in drei <strong>Studio</strong>s gearbeitet<br />
Interview<br />
gen. Am selben Abend saßen wir mit dem<br />
Architekten und Michel zusammen an einem<br />
Tisch, und sahen zu, wie die beiden<br />
eine Handskizze einer möglichen Lösung<br />
anfertigten. Wir merkten, die beiden reden<br />
gerade über eine Menge Geld. Am Schluss<br />
wollte ich nur noch über Quadratmeterpreise<br />
an Boden, Wand und Decke sprechen.<br />
Olli und ich rechneten danach und waren<br />
soweit, am nächsten Morgen alles abzublasen.<br />
Und wieder war es mein Vater, der sagte:<br />
‚Ihr spinnt wohl, das wird jetzt durchgezogen!’<br />
Wir haben uns dann nach langen<br />
Diskussionen darauf eingelassen, mit dem<br />
Gefühl, dass es eventuell nicht sehr schlau<br />
sein könnte. Es endete damit, dass es im<br />
Juni und Juli nahezu keinen einzigen Kundenanruf<br />
gab, in der absoluten Hochphase<br />
des Bauens. Wir waren einerseits froh,<br />
da wir nur bedingt handlungsfähig waren,<br />
aber es wirkte auch nicht gerade beruhigend<br />
auf uns. Es war natürlich nicht so,<br />
dass wir sofort eine Halle und einen Akustiker<br />
gefunden hatten und sofort anfingen<br />
zu bauen. Ich sollte vielleicht auch noch<br />
die Bankgespräche erwähnen. Ich möchte<br />
dieses Kapitel mit wenigen Sätzen zusammenfassen:<br />
Es macht keinen Spaß, mit einer<br />
Bank über ein <strong>Studio</strong> zu reden. Man<br />
fühlt sich doch sehr unwürdig, obwohl wir<br />
mit unserem kleinen <strong>Studio</strong> am Schluss<br />
sehr gute Zahlen vorweisen konnten. Sehr<br />
unerfreulich, aber am Ende doch von Erfolg<br />
gekrönt.<br />
Fritz Fey: Wie lief es denn in der Bauphase?<br />
Andreas Rudroff: Nun ja, Bauzeiten sind nicht<br />
gerade <strong>Studio</strong>zeiten. Wenn man sich um sieben<br />
Uhr morgens mit den Handwerkern trifft<br />
und Details bespricht, ist das definitiv eine<br />
andere Welt. Es ist zwar eine alte Weisheit,<br />
aber wenn man selbst mit Hand anlegt, die<br />
Leute gut, menschlich und respektvoll behandelt<br />
und die richtige Biersorte zur Hand<br />
hat, bekommt man auch etwas Gutes zurück.<br />
Auf diese Weise entstanden tatsächlich auch<br />
Freundschaften, die von Herzen kamen, da<br />
wir gemeinsam an einer guten Sache arbeiteten.<br />
Es wird immer alles teurer als man<br />
denkt, und wenn eine bestimmte finanzielle<br />
Grenze überschritten wird, kann man daran<br />
auch zugrunde gehen. Das hätte uns auch<br />
passieren können. Aber nun steht das <strong>Studio</strong>.<br />
Während der Monate vor der Fertigstellung<br />
hörten wir sehr oft den Satz: ‚Ich warne<br />
Euch, Ihr macht einen großen Fehler!’ Die<br />
51
Interview<br />
gleichen Leute sagten auf der Einweihungsparty:<br />
‚Ich hab immer gewusst, dass Ihr das<br />
Richtige tut…’ Das <strong>Studio</strong> ist nun glücklicherweise<br />
sehr gut gelungen und wir fühlen uns<br />
sehr wohl mit unserer Entscheidung. Es ist<br />
vielleicht sogar noch besser geworden, als<br />
ich es mir erhofft hatte. Wenn man ein solches<br />
Projekt mit so viel Mühe, unendlich viel<br />
Feinarbeit und so viel Engagement durchführt,<br />
dann freut man sich, wenn es honoriert wird,<br />
dass man sich in schwierigen Zeiten etwas<br />
getraut und riskiert hat – nicht nur großes<br />
Geld verdienen zu wollen, sondern auch einen<br />
Traum zu haben und zu leben.<br />
Fritz Fey: Wir sollten den Lesern nun auch verraten,<br />
was Ihr gebaut habt und welches die<br />
Ziele Eures <strong>Studio</strong>s sind…<br />
Andreas Rudroff: Wir hatten einen tontechnischen<br />
Traum, der mit Geld gar nichts zu tun<br />
hat. Wir wollten von Stereo auf Surround. Es<br />
ist für ein <strong>Studio</strong> wirklich angebracht, in diese<br />
Richtung zu denken und zu investieren.<br />
Es ist eine Herausforderung und es macht<br />
unheimlich viel Spaß. Ich wollte es vor allem<br />
für uns haben, egal, ob gleich Aufträge<br />
kommen oder nicht. Die Idee war, eine<br />
Regie in Stereo zu betreiben und eine weitere,<br />
in der wir Musik, DVDs, Film und unsere<br />
Medienproduktionen in Surround ma-<br />
52<br />
Rohbauphase Im <strong>Studio</strong> A:<br />
Man erkennt noch die ursprüngliche Betondecke mit Unterzug<br />
chen können. Ein ganz klarer Anspruch dabei<br />
war ein digitales Mischpult, schon allein<br />
wegen der Vollautomation, ohne die man<br />
in bestimmten Produktionsbereichen nicht<br />
mehr auskommt. Mit diesem Anspruch ist<br />
man auf einmal sehr nahe an einer Dolby-<br />
Ein Blick in den Aufenthaltsbereich: Hier kann man sich als Kunde wohlfühlen<br />
Lizenz. Dieser Gedanke kam uns schon recht<br />
früh in der Planung. Nun können wir eben<br />
alles, Kino, Musik, DVD und Fernsehen. Der<br />
Dolby-Aspekt, vor dem wir alle ziemlichen<br />
Respekt hatten, hat sich als etwas ganz Positives<br />
herausgestellt. Es war erstens nicht eine<br />
so ausufernde finanzielle Belastung<br />
wie befürchtet, da gab es andere<br />
Dinge wie zum Beispiel eine<br />
Lüftungsanlage, und zweitens waren<br />
die Kollegen von Dolby außerordentlich<br />
hilfsbereit und kooperativ.<br />
Auch Details, die etwas von<br />
den Vorschriften abwichen, wurden<br />
genehmigt. Man bezahlt seine Lizenz,<br />
die ich im Übrigen nicht sehr<br />
überteuert finde und bekommt dafür<br />
tatsächlich auch eine richtige<br />
Leistung. Es kommt jemand und<br />
misst das <strong>Studio</strong> ein; wenn es sein<br />
muss, über vier oder fünf Termine.<br />
Ich bin sehr froh, dass wir diesen<br />
Schritt gegangen sind und die Arbeit<br />
in diesem <strong>Studio</strong> macht sehr<br />
viel Spaß. Mit der Entscheidung für<br />
ein SSL-Pult haben wir uns sicher<br />
einen riesigen Gefallen getan, im<br />
Nachhinein betrachtet. Es ist übrigens<br />
ein MT Plus. Für uns macht<br />
das den Bogen rund, mit einem<br />
Controller oder minderwertigerem<br />
Mischpult wäre es kein besonders<br />
<strong>Studio</strong> <strong>Magazin</strong> 12/06
tolles Musikstudio gewesen, sehr ausgerichtet<br />
auf Kino-Produktionen und selbst dafür<br />
nicht so außergewöhnlich. Dieses Pult klingt<br />
extrem gut. Da sind wir manchen Mitbewerbern<br />
sicher voraus. Es ist ein vergleichsweise<br />
kleines, aber sehr feines <strong>Studio</strong> geworden.<br />
SSL und Musik, das muss ich nicht sonderlich<br />
herausstellen, ist eh ein sehr gutes<br />
Gespann. Auf diese Weise sind wir doch ein<br />
paar Nummern größer geworden, als wir zuerst<br />
geplant hatten.<br />
Wir wollten schon einen Aufnahmeraum, in<br />
den man eine Band reinstellen kann.<br />
Das dritte <strong>Studio</strong> war während der Planung<br />
auch überhaupt nicht angedacht, es hat sich<br />
einfach aus dem Raumangebot entwickelt. Es<br />
ist ein klassisches Medienproduktionsstudio<br />
mit PC und Apple-Ausstattung mit immerhin<br />
30 Quadratmetern und einem eigenen Aufnahmeraum<br />
von 7 Quadratmetern. Wir haben<br />
jetzt auch hier ein Pro Tools Mix Plus System<br />
mit einer Videokarte für die Bildsynchronisation.<br />
Außerdem ist <strong>Studio</strong> C der bevorzugte<br />
ISDN-Aufnahmeraum. Auch dieser Raum mit<br />
seinen großen Fenstern und vier Metern Deckenhöhe<br />
fühlt sich sehr großzügig an.<br />
Fritz Fey: Drei <strong>Studio</strong>s, drei Geschäftsbereiche,<br />
wenn ich das einmal so vereinfachen darf. Wie<br />
hat sich denn die Münchner <strong>Studio</strong>szene in den<br />
letzten Jahren entwickelt, die Euch inspiriert<br />
hat, dieses <strong>Studio</strong>konzept umzusetzen?<br />
Andreas Rudroff: Während der großen Zeiten<br />
der Münchner <strong>Studio</strong>szene war ich noch<br />
nicht alt genug. Als ich anfing, schlossen ge-<br />
Tontechnik Arno Düren<br />
Pescher Straße 29<br />
41352 Korschenbroich<br />
Fon: +49 (0) 2161 649290<br />
Fax: +49 (0) 2161 649297<br />
www.tadnet.de<br />
info@tadnet.de<br />
Der Regieraum des <strong>Studio</strong>s C: Ein klassisches Medienproduktionsstudio<br />
mit eigenem Aufnahmeraum<br />
rade die letzten großen Namen ihre Pforten.<br />
Die Medienstudios erlebten während dieser<br />
Zeit von 1997 bis etwa 2001 einen deutlichen<br />
Aufschwung. Ich habe mich wirklich gefragt,<br />
wie man in diese Liga überhaupt aufsteigen<br />
kann. In der Zeit um 2003 merkte ich, dass<br />
eines nach dem anderen wieder verschwand<br />
und letztlich auch zu viele vom Markt gegangen<br />
waren. Mit den Großen sind schließlich<br />
auch fünfmal so viele Kleine verschwunden,<br />
so dass ich eine Verdünnung der <strong>Studio</strong>landschaft<br />
um zwei Drittel als Schätzung nicht<br />
für übertrieben halten würde. Es waren jedenfalls<br />
viel mehr, als die Wirtschaftsflaute<br />
bedingt haben konnte. Ich hatte das Gefühl,<br />
dass wirklich nur noch ein großer <strong>Studio</strong>apparat<br />
in München vorhanden war, der nun<br />
alle Aufträge auf sich zieht, was den Kunden<br />
sicherlich auch keinen Spaß gemacht hat,<br />
denn keine Auswahl zu haben, ist kein gutes<br />
Gefühl. Ich dachte, wer zuerst die Hand<br />
hebt, wird aufgerufen, und das wollten eben<br />
wir sein. Wie viel von unserem Plan Wirklichkeit<br />
wird, weiß ich nicht, aber so falsch war<br />
Am Anfang war die Idee...<br />
<strong>Studio</strong>installation • Installationsplanung • Service<br />
Interview
Interview<br />
unsere Entscheidung sicher nicht. Ich glaube<br />
nicht, dass wir unseren großen Mitbewerbern<br />
viel abnehmen werden, sondern es wurde<br />
einfach Zeit für ein weiteres <strong>Studio</strong>, weil<br />
die Jobs auch wieder anziehen. Man nimmt<br />
uns an, das habe ich im Gefühl. Insgesamt<br />
erholt sich die <strong>Studio</strong>szene langsam wieder,<br />
vielleicht wäre sogar noch Platz für ein oder<br />
zwei weitere Anbieter. Aber auch das wären<br />
immer noch wenige, wenn man Standorte<br />
wie etwa Hamburg damit vergleicht. Ich<br />
glaube jedenfalls, dass wir auf einem guten<br />
Weg sind und unsere Gedanken richtig waren.<br />
Wir haben Aufträge im Bereich der Musikproduktion,<br />
aus Werbung und Film. Im<br />
Grunde ist es genauso, wie ich es erhofft<br />
hatte. Wir brauchen eine Anlaufzeit und die<br />
Kunden eine Gewöhnungszeit. Aber das weiß<br />
man vorher. Für Surround-Musik kommen inzwischen<br />
öfter Anfragen, als ich je dachte.<br />
Bei Kinospots war ich immer sehr skeptisch.<br />
Tatsächlich sind es inzwischen doch schon<br />
einige Spots gewesen, ohne dass wir diesen<br />
Geschäftsbereich in unserem Businessplan<br />
berücksichtigt hätten.<br />
Fritz Fey: Wir wissen alle, dass man als Dienstleistungsstudio<br />
heute ungeheuer vielseitig sein<br />
muss, damit einen Mix von Aufträgen aus ver-<br />
54<br />
schiedenen Bereichen entsteht, der ein <strong>Studio</strong><br />
dauerhaft in Arbeit hält. Und genau das versucht<br />
Ihr hier ja auch umzusetzen, auf vielen<br />
Hochzeiten zu tanzen und ein echter Dienstleistungsbetrieb<br />
zu sein. Ein reines Musikstudio<br />
hat wahrscheinlich nur geringe Überlebenschancen,<br />
es sei denn, es verfügt über einen<br />
Pool von Stammkunden, der über die Jahre gewachsen<br />
ist. Durch kleine Rechner-<strong>Studio</strong>s allein<br />
existieren noch keine Strukturen, die einen<br />
Kunden wirklich umfassend bedienen können.<br />
Dennoch bewegt sich die Auftragsstruktur immer<br />
weiter in die Breite, wo eben auch kleinere<br />
<strong>Studio</strong>s ihre Chance wahrnehmen können.<br />
Ihr habt eben unter Beobachtung Eures<br />
Mitbewerberumfeldes an der richtigen Stelle<br />
auf den Knopf gedrückt…<br />
Andreas Rudroff: Ich möchte noch weitergehen<br />
und sagen, dass Olli und ich an der<br />
richtigen Stelle auch nicht auf den Knopf gedrückt<br />
haben. Das heißt, während Kirch ganz<br />
groß war, die Münchner <strong>Studio</strong>s mit sehr<br />
viel Geld versorgt hatte und es allen oder<br />
zumindest vielen sehr gut ging, haben wir<br />
fast gar nichts verdient. Wir haben an diesem<br />
Markt so gut wie gar nicht teilgenommen<br />
und als die Szene zusammenklappte,<br />
haben wir erst richtig angefangen Aufträge<br />
Optische Inspiration: Musik aus <strong>Studio</strong> B<br />
einzusammeln. Als kleines <strong>Studio</strong> waren wir<br />
da ausnahmsweise mal die Nutznießer. Für<br />
uns war es unheimlich wichtig, nie die Hosentaschen<br />
voller Geld gehabt zu haben. Es<br />
tut dann nämlich nicht so weh, wenn es auf<br />
einmal nicht mehr da ist. Viele unserer Kollegen<br />
hat es Energie und Nerven gekostet,<br />
zu akzeptieren, dass die Einnahmen um die<br />
Hälfte oder mehr gesunken sind und dass<br />
es auch erst einmal so bleibt. Wir haben uns<br />
auf dieses Niveau hochgearbeitet und waren<br />
sehr froh darüber.<br />
Fritz Fey: Habt Ihr durch Euren musikalischen<br />
Background Vorteile gegenüber anderen <strong>Studio</strong>s?<br />
Andreas Rudroff: Ich meine, dass dies ein<br />
enormer Vorteil ist. Es bringt einem selbst<br />
beim Bildvertonen sehr viel, ein musikalisches<br />
Gehör zu haben. Ich würde mich immer um<br />
einen Toningenieur bemühen, der tolle Musikaufnahmen<br />
machen kann. Es kommt viel<br />
zu oft die Frage nach einem kleinen musikalischen<br />
Einwurf. Wenn man dann anbieten<br />
kann, so etwas schnell selbst einzuspielen<br />
oder zu singen, ist es ein großer Vorteil. Der<br />
Sprachfluss eines Sprechers ist in gewisser<br />
Weise auch unter musikalischen Gesichtspunkten<br />
zu bewerten. Mit<br />
einem musikalischen Gehör<br />
und Rhythmusgefühl<br />
kann man solche Aufnahmen<br />
ganz anders angehen.<br />
Natürlich gibt es auch jede<br />
Menge Musikschnitte,<br />
die gemacht werden müssen.<br />
Aber es gehört sicher<br />
zu den Grundvoraussetzungen<br />
jedes Toningenieurs,<br />
nach Takt schneiden<br />
zu können.<br />
Fritz Fey: Für Toningenieure,<br />
die nichts anderes als<br />
Musik produzieren, ist es sicher<br />
echte Knochenarbeit,<br />
eine Serie zu synchronisieren<br />
oder 1.000 Schnitte zu<br />
machen. Dieses Geschäft<br />
scheint aber deutlich besser<br />
zu laufen als das der Kreativen…<br />
Andreas Rudroff: Das muss<br />
ich fast unterschreiben, obwohl<br />
wir nicht eine solche<br />
<strong>Studio</strong> <strong>Magazin</strong> 12/06
‚Fabrik’ sind. Ich denke schon darüber<br />
nach, ob wir wirklich so viele Aufträge<br />
aus dem Bereich der reinen Dienstleistung<br />
haben wollen würden. Im Herzen<br />
sind wir eben doch ein Tonstudio, das<br />
gerne Musik produziert. Wir putzen unser<br />
<strong>Studio</strong> selbst und wir haben auch<br />
nicht zwölf Mitarbeiter. Es mag schnell<br />
gehen, dass man sie braucht, aber das<br />
verändert die Struktur wahnsinnig. Ich<br />
hoffe, dass uns dieser persönliche Aspekt<br />
immer so wichtig bleiben wird.<br />
Wenn wir anfangen würden, am Fließband<br />
zu produzieren, wäre auch mein<br />
eigener Lebenstraum verschwunden.<br />
Es gibt einen Punkt, an dem man anfängt<br />
Geschäftsmann zu werden. Dann<br />
sitzt man im Büro als Geschäftsführer<br />
und hat Leute, die im <strong>Studio</strong> die Arbeit<br />
verrichten. Man muss sich sehr genau<br />
überlegen, ob man das möchte.<br />
Fritz Fey: Muss denn Euer Musikbereich<br />
von anderen Geschäftsbereichen subventioniert<br />
werden?<br />
Andreas Rudroff: Er wird schon subventioniert<br />
von der Werbung, aber wir machen<br />
Blick über die SSL MT Plus Konsole in <strong>Studio</strong> A<br />
eben auch einen Teil Film- und Werbemusik,<br />
so dass man das nicht so genau trennen<br />
kann.<br />
Interview<br />
Fritz Fey: Es ist ja in vielen <strong>Studio</strong>s, die ich<br />
besucht habe so, dass die ‚unangenehme’<br />
Arbeit das Hobby und den Enthusiasmus auf
Interview<br />
musikalischem Gebiet mitfinanziert, sogar mitfinanzieren<br />
muss. Aber die <strong>Studio</strong>besitzer nehmen<br />
das auch bewusst in Kauf. Dass Musikproduktion<br />
zu einer Art Luxusartikel geworden<br />
ist, hat sicher auch damit zu tun, dass heute<br />
jedermann mit einfachen Mitteln seine Musikproduktionen<br />
selbst machen kann…<br />
Andreas Rudroff: Das sehe ich auch als sinnvoll<br />
und berechtigt an, auch wenn es eigentlich<br />
gegen unsere Interessen geht. Aber es<br />
gibt ja noch genügend Aufträge, die nur ein<br />
größerer <strong>Studio</strong>betrieb stemmen kann. Wenn<br />
ein etwas größeres Budget oder höhere Anforderungen<br />
existieren, möchten die Produzenten<br />
eben doch keinen kleinen Keller mieten.<br />
Es kommen dann eben nicht nur fünf<br />
Musiker ins <strong>Studio</strong>, sondern unter Umständen<br />
auch ein Manager und zwei Produzenten,<br />
einer kommt aus England eingeflogen<br />
und braucht einen Raum, in dem er arbeiten<br />
kann. Die Beteiligten an einer solchen<br />
Produktion möchten sich am Ort ihrer Arbeit<br />
auch wohlfühlen. In einem kleinen Kellerstu-<br />
56<br />
dio geht das nicht. Platz schafft ein anderes<br />
Kreativitätsgefühl und es ist nicht unbedingt<br />
sehr viel teurer für eine Plattenfirma.<br />
Sind die 200 oder 300 Euro mehr am Tag<br />
nicht auch besser für die Stimmung in der<br />
Musik? Und natürlich gibt es auch qualitativ<br />
einen Sprung. Man kann mit Equipment für<br />
10.000 Euro heute eine Menge Qualität herausholen,<br />
aber bei den letzten fünf Prozent<br />
mangelt es spätestens an einer professionellen<br />
Abhörsituation. Es geht nicht nur um<br />
die Lautsprecher, sondern besonders auch<br />
um die Raumakustik.<br />
Fritz Fey: Ich sage jedem, dass die wichtigste<br />
Investition in einem <strong>Studio</strong> der Raum und<br />
die Abhörsituation sind…<br />
Andreas Rudroff: Über den Raum (<strong>Studio</strong> B,<br />
Trident-Konsole. Die Red.) haben wir uns sehr<br />
viele Gedanken gemacht. Wir standen irgendwann<br />
vor der Entscheidung, ob wir in Stereo<br />
oder Surround bauen. <strong>Studio</strong> B ist unsere<br />
Stereo-Regie, aber wenn man die Raumgeo-<br />
Die Surround-Regie A mit Kundenbereich<br />
metrie etwas genauer betrachtet, wird man<br />
erkennen, dass es sich um einen für Surround<br />
konzipierten Raum handelt.<br />
Fritz Fey: Ihr habt in diesem <strong>Studio</strong> sehr stark<br />
auf Analogtechnik gesetzt, aber ich nehme an,<br />
dass Ihr trotzdem mit einer DAW aufzeichnet,<br />
obwohl Du ja im Vorgespräch sagtest, dass Du<br />
noch mit einer Analogmaschine liebäugelst.<br />
Andreas Rudroff: Ja, beides ist richtig. Wir<br />
arbeiten mit einem Pro Tools System, aber<br />
ich träume auch von einer gut gepflegten<br />
Analogmaschine. Die digitale Welt hat sicher<br />
Vorzüge, auf die heute niemand mehr<br />
ernsthaft verzichten wollte, aber über den<br />
analogen Klang braucht man eben auch gar<br />
nicht zu diskutieren. Ich bin eher ein großer<br />
Freund von ‚Gefühlsmusik’. Das Gefühl des<br />
Musikers ist entscheidend und man muss als<br />
Toningenieur versuchen, diesen Klang einzufangen.<br />
Auch das ist mit dem Begriff ‚analog’<br />
eng verknüpft. Irgendwann kommt dieser<br />
magische Moment. Ein guter Toningeni-<br />
<strong>Studio</strong> <strong>Magazin</strong> 12/06
eur hat ihn aufgenommen und es bleiben<br />
oft die Takes, bei denen sich der Sänger lediglich<br />
warm gesungen hat.<br />
Fritz Fey: Ihr habt Euch ja trotzdem in einem<br />
<strong>Studio</strong> für ein digitales Pult entschieden, das<br />
bei 48 kHz endet. Diskutieren Eure Kunden mit<br />
Euch über höhere Abtastraten?<br />
Andreas Rudroff: Noch nie bis jetzt. Es geht<br />
mit der Musikqualität wirklich abwärts seit<br />
ein paar Jahren. Heute ist dem Konsumenten<br />
die Klangqualität sch… egal. Das in 64 kBit/<br />
s gerechnete MP3 ist prima. Es gibt zu wenige<br />
erstklassige HiFi-Anlagen in den Wohnzimmern,<br />
zumindest für das Tätigkeitsfeld<br />
unseres <strong>Studio</strong>s.<br />
Fritz Fey: Ihr macht keine audiophilen Produktionen…?<br />
Andreas Rudroff: Doch, machen wir schon,<br />
gerade in der Filmmusik, aber im Kino wird<br />
sie durch AC-3-Algorithmen nieder gerechnet,<br />
wenn sie im Fernsehen kommt, wird<br />
sie kaputt komprimiert. Warum sollen wir<br />
in teure Technologie investieren, wenn die<br />
Qualität auf dem Weg zum Konsumenten<br />
zermatscht wird? Interessant wird es sicher<br />
für Klassikaufnahmen, aber in diesem Segment<br />
spielen wir nicht mit. Außerdem haben<br />
wir mit <strong>Studio</strong> B, unserem Analog-<strong>Studio</strong>,<br />
so etwas wie ein abtastratenfreies <strong>Studio</strong><br />
zu bieten. Wenn Musiker kommen, wollen<br />
sie trotzdem fast alle die SSL-Konsole, da<br />
geht es auf keinen Fall um analog. Ich sage<br />
ganz frech, es geht ihnen um den Namen.<br />
Eines Tages sind wir natürlich veraltet mit<br />
unserem Mischpult, so wie mit jedem Stück<br />
Equipment, dann muss man eben neu investieren.<br />
Man sollte eigentlich ab Kaufdatum<br />
beginnen, für etwas Neues zu sparen.<br />
Fritz Fey: Manchmal klingt für mich das Argument<br />
‚die da draußen hören es doch sowieso<br />
nicht’ wie eine Ausrede. Sie haben es<br />
doch in Wirklichkeit noch nie gehört. Das Publikum<br />
ist von unserem Qualitätsanspruch<br />
abhängig.<br />
Andreas Rudroff: Das ist sicher ein gutes<br />
Argument. Viele der heutigen Produktionen<br />
klingen wirklich exzellent. Eine Produktion<br />
vor zehn Jahren im Vergleich zu einer von<br />
heute, das ist schon ein Unterschied. Natürlich<br />
sind die alten Beatles-Aufnahmen<br />
phänomenal, aber nicht wiederholbar. Frü-<br />
<strong>Studio</strong> <strong>Magazin</strong> 12/06<br />
her wurde einfach teurer produziert, weil<br />
es gar nicht anders ging.<br />
Fritz Fey: In den Mono-Zeiten wurde das Orchester<br />
nach dem Mikrofon aufgestellt, denn<br />
es gab nur ein einziges ‚Ohr’, und dessen Qualität<br />
war entscheidend für die gesamte Produktion.<br />
Es wurde ‚gemischt’ in dem man die<br />
Quellen entsprechend anordnete…<br />
Andreas Rudroff: Heute wäre das unvorstellbar.<br />
Dahin kommen wir nie mehr zurück. Man<br />
muss sich heute den Bedingungen unterwerfen,<br />
die das Geld stellt. Wenn wir uns schon<br />
einmal die Produktion mit Live-Musikern leisten,<br />
gehen wir für die Schlagzeugaufnahmen<br />
oft in ein anderes <strong>Studio</strong>. Es klingt zwar wie<br />
ein Witz, wenn man selbst ein tolles <strong>Studio</strong><br />
hat, aber wir haben Zeit- und Gelddruck und<br />
können nicht tagelang herumprobieren. Wir<br />
gehen in ein <strong>Studio</strong> mit einem fertig mikrofonierten<br />
Drumset, mit eingestellten EQs und<br />
mit einem guten Schlagzeuger. Das klingt<br />
Spitze und wir nehmen nach kürzester Zeit<br />
fertige Spuren mit. Es ist richtig, dass man<br />
versuchen sollte, den höchsten Standard zu<br />
erreichen, den man überhaupt bieten kann.<br />
Für uns war die SSL-Konsole schon ein Stückchen<br />
mehr, als eigentlich ging. 96 kHz waren<br />
einfach nicht drin.<br />
Fritz Fey: Jedes <strong>Studio</strong> muss sich in seinem Finanzierungsrahmen<br />
bewegen, und eine Reihe<br />
von Entscheidungen treffen, die dann in der<br />
Gesamtheit hoffentlich richtig sind.<br />
Andreas Rudroff: Genau. Aber man sollte eben<br />
doch ein Stückchen mehr tun, als man ei-<br />
PRESENTS:<br />
Generalvertretung: SOMMER CABLE GmbH<br />
Audio � Video � Broadcast � Medientechnik � HiFi<br />
info@sommercable.com � www.sommercable.com<br />
Interview<br />
gentlich kann. Es ist ein enormes Risiko dabei,<br />
aber man muss es eingehen, um seine<br />
Belohnung zu bekommen – und die kommt<br />
oft aus einer Investition, bei der man nicht<br />
so unbedingt damit gerechnet hätte. Bei uns<br />
ist es beispielsweise die ISDN-Maschine in<br />
<strong>Studio</strong> C. Ich würde dieses <strong>Studio</strong> gerne für<br />
Fernseh- und ISDN-Produktionen vollständig<br />
ausgebucht sehen, um den Rücken für eigene<br />
Musikproduktionen frei zu bekommen.<br />
Fritz Fey: Ich glaube, Ronald Prent hat mal<br />
gesagt, dass viele große <strong>Studio</strong>s, die gestorben<br />
sind, selbst die Schuld daran tragen, weil<br />
sie einfach zu schlechte Arbeit abgeliefert haben,<br />
obwohl sie alle technischen Möglichkeiten<br />
hatten.<br />
Andreas Rudroff: Das sehe ich auch so. Es<br />
hat nicht an Wissen oder Qualität gefehlt,<br />
sondern daran, mit dem Herzen bei der Sache<br />
zu sein. In der Goldgräberstimmungsphase<br />
um das Jahr 2000 herum war es vielleicht<br />
auch ein Stück Überheblichkeit. Ich<br />
weiß sogar, dass sich einige Kunden darüber<br />
beschwert haben, dass der Toningenieur<br />
ein dickeres Auto als sie selbst fuhr. Da gibt<br />
es ein einfaches Mittel: Um die Ecke parken<br />
(lacht). Wir sind Dienstleister als Tonstudios.<br />
Ich sage es immer wieder: Selber putzen! Das<br />
schafft den richtigen Bezug und die Freude<br />
an der Arbeit, und – na ja, auch an den Geräten,<br />
die man lieb gewonnen hat. Ich habe<br />
sehr viele persönliche Beziehungen in<br />
unseren Racks. Um es pauschal zu sagen –<br />
man sollte kein billiges Equipment kaufen.<br />
Es lohnt sich nicht, denn man kauft am Ende<br />
zweimal. Wenn man sich ein sündhaft teures<br />
Markengerät anschafft, schwitzt man zwar<br />
am Anfang, aber man braucht auch niemals<br />
mehr darüber nachzudenken. Ein guter analoger<br />
Kompressor ist gut für 30 Jahre, nicht<br />
umsonst schwärmen die Kollegen heute immer<br />
noch von einem Fairchild. Er macht etwas,<br />
was unser Herz so wie damals erfreut.<br />
Ich denke gerade an Siemens V76 PreAmps,<br />
die einen phänomenalen Klang haben. Lieber<br />
warten auf das ‚richtige’ Equipment. Der<br />
Mini Moog ist ein Jahr vor mir geboren und<br />
ein Wahnsinnsteil. Oft ist es aber die herzige<br />
Gitarre, die mit einfachstem Equipment aufgenommen<br />
wurde. Klingt zwar nicht so toll,<br />
aber es ist Leben drin. Das Optimale ist natürlich<br />
der magische musikalische Moment<br />
und erstklassiges Equipment. Es gibt diese<br />
Momente, und das sind dann die ganz großen<br />
Produktionen…<br />
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