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Die Zeidlerei und die Kulturlandschaft - 850 Jahre Stadt Bad ...

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„Der Honigschlecker von Birnau“, Putto von Joseph Anton Feuchtmayer, 1696-1770, Wallfahrtskirche<br />

Birnau am Bodensee.<br />

tenbilder, sondern führt mit dem Bauerngott<br />

Aristaios zugleich zu den Quellen<br />

der Heilkunst. Aristaios, der Er� nder <strong>und</strong><br />

Meister der Bienenzucht, ist im Mythos<br />

Sohn des Apoll <strong>und</strong> der Nymphe Kyrene.<br />

Er gilt als Erbauer der ersten Bienenkörbe<br />

<strong>und</strong> wurde bekannt durch den Verlust<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Wiedergewinnung seiner Bienen<br />

infolge seiner verhängnisvollen Liebe zu<br />

Eurydike. Durch einen Schlangenbiss starb<br />

sie auf der Flucht vor Aristaios. Eurydikes<br />

Schwestern töteten darauf dessen Bienen.<br />

Orpheus versuchte vergeblich, seine Gattin<br />

aus dem Hades zurückzuführen.<br />

Homer machte in seiner Dichtkunst<br />

den Schutzgott der Imker unsterblich. In<br />

der Literatur Homers � nden wir Dokumente<br />

der frühesten Medizingeschichte.<br />

Für ihn ist der Arzt nicht mehr der Magier,<br />

sondern ein Praktiker. Der griechische Arzt<br />

Hippokrates sah im Arzt einen Naturbeobachter,<br />

einen Philosophen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> der<br />

Weisheit. Erst durch <strong>die</strong> Philosophie von<br />

Aristoteles <strong>und</strong> durch Dante, den Meister<br />

der Wissenden, wurden in der mittelalterlichen<br />

Medizin <strong>die</strong> Lehren der griechischen<br />

Ärzte übernommen. <strong>Die</strong> Ärzteschule<br />

von Kos lehrte bereits über verschiedene<br />

Krankheitsbilder <strong>und</strong> über den Ein� uss<br />

der Umwelt auf <strong>die</strong> Ges<strong>und</strong>heit.<br />

Weil sich <strong>die</strong> Benediktinermönche in<br />

Monte Cassino nicht nur mit dem Studium<br />

<strong>und</strong> Abschreiben von alten Kodizes<br />

beschäftigten, sondern der hl. Benedikt<br />

nach Berichten der Abtei selbst als Arzt im<br />

<strong>Die</strong>nst der Nächstenliebe tätig war, wurden<br />

antikes Wissen <strong>und</strong> Gedankengut in<br />

das Mittelmeergebiet übertragen. Monte<br />

Cassino wurde <strong>die</strong> Quelle der Universitäten.<br />

Neben antiken Kenntnissen aus der<br />

Medizin lesen <strong>die</strong> Schüler auch Vergils<br />

berühmte Bienenschilderung. Künstler<br />

haben <strong>die</strong> Biene, den Bienenkorb <strong>und</strong> <strong>die</strong>-<br />

Klotzbeute in der Allegorie, vielfach in der<br />

Ikonographie <strong>und</strong> besonders in Verbindung<br />

mit den Bienenheiligen Ambrosius<br />

<strong>und</strong> Bernhard von Clairvaux dargestellt.<br />

Aber auch Arzt <strong>und</strong> Apotheker sowie der<br />

Zeidler <strong>und</strong> Landwirt werden in <strong>die</strong> Bildersprache<br />

eingeb<strong>und</strong>en. Der hl. Bernhard<br />

hatte wegen seiner rhetorischen Fähigkeit<br />

den Beinamen „doctor melli� uus“, Lehrer<br />

mit der honigsüßen Rede.<br />

Ambrosius stammte aus dem römischen<br />

Adel. Um 340 in Trier geboren, war er 374<br />

Statthalter von Oberitalien, der in Mailand<br />

seinen Sitz hatte. Dort wurde er 374 zum<br />

Bischof von Mailand konsekriert. Er starb<br />

am 4. 4. 397 in Mailand <strong>und</strong> ruht dort in<br />

seiner Titelkirche S. Ambrosius. Bischof<br />

Ambrosius war berühmt wegen seiner<br />

Großzügigkeit gegenüber den Armen <strong>und</strong><br />

seiner aufopfernden Hirtenliebe. Im Zentrum<br />

seiner Schriften <strong>und</strong> Predigten stand<br />

<strong>die</strong> seelsorgerische praktische Auslegung<br />

der Hl. Schrift. Er war anerkannt als Kanzelredner.<br />

Seine Hymnen <strong>und</strong> der nach östlichem<br />

Vorbild eingeführte Kirchengesang<br />

wurden zur Keimzelle der liturgischen<br />

Entwicklung. Besonders seine Predigten<br />

brachten später den jugendlichen Augustinus<br />

zur Besinnung <strong>und</strong> bereiteten den Weg<br />

zu seiner Bekehrung.<br />

In der Klosterkirche Höglwörth sehen<br />

wir � guren- <strong>und</strong> aussagereich im Deckengemälde<br />

über der Orgelempore von Nikolaus<br />

Streicher um 1765 <strong>die</strong> vier großen Kirchenväter<br />

mit ihren Attributen dargestellt:<br />

Links Ambrosius mit dem Bienenkorb <strong>und</strong><br />

Bienenschwarm, rechts Augustinus mit einem<br />

Buch. In der rechten Hand hält er eine<br />

Schreibfeder. <strong>Die</strong> aus der Brust kommende<br />

Flamme symbolisiert seine � ammende<br />

Gottesliebe. Berühmt ist auch <strong>die</strong> Darstellung<br />

des hl. Ambrosius auf dem Kirchen-<br />

väteraltar von Michael Pacher von 1486<br />

für <strong>die</strong> Kosterkirche in Neustift bei Brixen<br />

(Alte Pinakothek in München). Dargestellt<br />

ist dort Ambrosius als Bischof <strong>und</strong> als Kind<br />

in der Wiege. <strong>Die</strong>sem träufelten einst Bienen<br />

Honig in den M<strong>und</strong> <strong>und</strong> gaben ihm<br />

dadurch <strong>die</strong> „honigsüße Sprache“ seiner<br />

Schriften <strong>und</strong> liturgischen Gesänge. In der<br />

Klosterkirche zu Waldsassen sehen wir zu<br />

Füßen des hl. Ambrosius den Bienenkorb.<br />

Ein heiteres kunstvolles Symbol in Verbindung<br />

zum „doctor melli� uus“ ist der zur<br />

Kult� gur gewordene Honigschlecker mit<br />

dem Bienenkorb im Arm am Altar des hl.<br />

Bernhard von Clairvaux.<br />

Ein in mystischer Farbendichtung berühmtes<br />

Meisterwerk, <strong>die</strong> Stuppacher<br />

Madonna, hatte Matthias Grünewald 1519<br />

als Mittelteil des drei� üglichen „Maria-<br />

Schnee-Altars“ für <strong>die</strong> Aschaffenburger<br />

Stiftskirche geschaffen. <strong>Die</strong> Stuppacher<br />

Madonna zählt zu den schönsten Marien<strong>und</strong><br />

Andachtsbildern der deutschen Kunst<br />

<strong>und</strong> be� ndet sich seit 1812 in der Pfarrkirche<br />

Maria Himmelfahrt in Stuppach. Zugleich<br />

ist das Bild mit den Bienenkörben<br />

ein Zeitdokument für <strong>die</strong> Geschichte der<br />

Bienenzucht. <strong>Die</strong> Madonna wird in <strong>die</strong>sem<br />

Landschaftsbild mit weißen Lilien, Rosen<br />

<strong>und</strong> den im Schwarzwald typischen Bienenkörben<br />

dargestellt.<br />

Von Aristoteles <strong>und</strong> Vergil wird <strong>die</strong> antike<br />

Vorstellung überliefert, dass <strong>die</strong> Bienen<br />

ihre Brut nicht zeugen, sondern von den<br />

Blüten sammeln. Durch <strong>die</strong>se antike Überlieferung<br />

galt bei den Neuplatonikern <strong>die</strong><br />

Biene als Symbol der Seele. In der katholischen<br />

Kirche wurde <strong>die</strong> Biene zum Symbol<br />

der Unschuld <strong>und</strong> Jungfräulichkeit. Folglich<br />

erscheinen auf Marienbildern auch <strong>die</strong><br />

Bienenkörbe.<br />

Eine Vielfalt von Bienenkörben sowie einen<br />

auserlesenen Schatz kulturhistorischer<br />

Gerätschaften für <strong>die</strong> Bienenhaltung aus<br />

vergangenen Zeiten besitzt <strong>die</strong> Schwarzwaldgemeinde<br />

Münstertal. Das Bienen-<br />

Museum mit seiner größten bienenk<strong>und</strong>lichen<br />

Sammlung Europas, wurde zum<br />

„Mekka der badischen Imkerei“.<br />

Benützte Literatur:<br />

Jubiläumsausgabe des Landesverbandes <strong>Bad</strong>ischer<br />

Imker 77767 Appenweier<br />

Bilder: <strong>Die</strong> Stuppacher Madonna, der Honigschlecker<br />

von Birnau.<br />

<strong>Die</strong> Biene, Sammlung von Karl August Forster,<br />

Küsnacht-Zürich 1975<br />

Graphische Blätter aus fünf Jahrh<strong>und</strong>erten.<br />

K.A. Forster Bienenmuseum im Vöhlinschloss<br />

Illertissen<br />

Ein Führer durch <strong>die</strong> Welt der Bienen <strong>und</strong> der<br />

Imkerei.<br />

Feucht <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Zeidlerei</strong>, Besuch im fränkischen<br />

Imkerei-Museum<br />

Imkerfre<strong>und</strong> 62. Jahrg. 5. Mai 2007, u. Okt.<br />

2007<br />

Bayerisches Bienen-Blatt, Fachblatt für Bienenzucht<br />

, April-Juni 2008<br />

„Heimatblätter“, Beilage zu „Reichenhaller Tagblatt“<br />

<strong>und</strong> „Freilassinger Anzeiger“, gegründet<br />

1920 von Max Wiedemann, Druck <strong>und</strong> Verlag<br />

der „BGL-Me<strong>die</strong>n <strong>und</strong> Druck GmbH & Co. KG“,<br />

<strong>Bad</strong> Reichenhall.<br />

77. Jahrgang Samstag, 12. September 2009<br />

Nr. 7<br />

<strong>Die</strong> <strong>Zeidlerei</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Kulturlandschaft</strong><br />

Bienenhonig <strong>und</strong> Wachs in kirchlichen Symbolen <strong>und</strong> Brauchtum -<br />

von Kreisheimatp� eger Max Wieser<br />

<strong>Die</strong> Fürsorglichkeit des Menschen für<br />

das leibliche Wohlbe� nden ist so alt wie<br />

<strong>die</strong> Nahrungsorge zur Lebenserhaltung.<br />

Früchte des Waldes <strong>und</strong> Feldes waren<br />

den Naturgewalten ausgesetzt, <strong>und</strong> deshalb<br />

wollte man mit Kulthandlungen<br />

nicht nur <strong>die</strong> zukünftige Frucht, sondern<br />

auch den einzelnen Menschen sowie <strong>die</strong><br />

ganze Sippe vor dem Ein� uss übel gesinnter<br />

Dämonen bewahren. Um Unheil<br />

abzuwenden, wurden in Kulthandlungen<br />

den Göttern im <strong>Jahre</strong>skreislauf <strong>die</strong> Opfergaben<br />

dargebracht. Blutige Menschen-<br />

<strong>und</strong> Tieropfer sowie Feldfrüchte wurden<br />

im Laufe der Zeit durch Sachgaben <strong>und</strong><br />

letztlich durch Geldopfer abgelöst.<br />

Alles was mit Göttern oder Dämonen<br />

als versöhnendes Opfer in Beziehung<br />

stand, galt nach uralter Tradition auch als<br />

heilkräftiges Mittel bei Krankheiten. Dabei<br />

wurde selbst der Kultort zur althergebrachten<br />

Heil- <strong>und</strong> Gnadenstätte. Den naturverb<strong>und</strong>enen<br />

Menschen beindruckten<br />

alle unerklärlichen Naturerscheinungen,<br />

Krankheits- <strong>und</strong> Sterbefälle. Daraus entwickelten<br />

sich <strong>die</strong> ältesten heidnischen Naturgottheiten<br />

<strong>und</strong> deren Verehrung. <strong>Die</strong>se<br />

wichen letztlich den christlichen Heiligen.<br />

<strong>Die</strong> Kultorte lagen oft auf Bergeshöhen,<br />

an Flußufern oder im dunklen geheimnisvollen<br />

Wald. Manches Relikt aus den<br />

Zeiten der Naturverehrung erinnert an<br />

uralte Kultstätten <strong>und</strong> Bräuche. Auch der<br />

hl. Benedikt hatte auf dem Monte Cassino<br />

den heidnischen Tempel durch eine Kirche<br />

ersetzt <strong>und</strong> legte in seiner Ordensregel fest,<br />

<strong>die</strong> Krankenp� ege stehe über allem, damit<br />

ihnen als wäre es Christus selbst ge<strong>die</strong>nt<br />

werde.<br />

Früher wurde jeder Kranke nur als<br />

„schwach“ oder „siech“ bezeichnet, weil<br />

genauere Krankheitsbef<strong>und</strong>e unbekannt<br />

waren. So bat der Kranke den Gott des<br />

Lebens <strong>und</strong> der Fruchtbarkeit um Hilfe.<br />

Mit zunehmender Erkenntnis konnten <strong>die</strong><br />

verschiedenen Arten des Siechtums differenziert<br />

werden. Folglich verteilten sich<br />

auch <strong>die</strong> Aufgaben des Krankengottes.<br />

Durch das Christentum kamen mit zunehmender<br />

wissenschaftlicher Erkenntnis <strong>und</strong><br />

Diagnose neue Krankheitsbilder <strong>und</strong> neue<br />

heilsame Mittel unter das Volk. <strong>Die</strong> ver-<br />

schiedensten Heilkünste aus der Zeit der<br />

Naturverehrung konnten aber nicht auf einen<br />

Einzigen aus der großen Gemeinschaft<br />

christlicher Heiliger übertragen werden.<br />

Folglich personi� zierten sich Reste heidnischer<br />

Heilkunst <strong>und</strong> Kulthandlungen<br />

auf <strong>die</strong> christlichen Krankheitspatrone.<br />

Dabei vermehrte sich auch der Kreis der<br />

Krankheits-Patrone des mittelalterlichen<br />

Christentum. Mancher Volksbrauch hatte<br />

sich bis in <strong>die</strong> Neuzeit in den Siech-<strong>und</strong><br />

P� egehäusern erhalten.<br />

Bereits 550 wird der hl. Blasius als Halspatron<br />

erwähnt. Er gilt neben dem hl. Bernhard<br />

von Clairvaux auch als Pat-ron der<br />

Seifensieder <strong>und</strong> Wachszieher. Bekannt ist<br />

der Blasius-Segen vom 3. Februar. Dem Patron<br />

gegen Halskrankheiten brachte man<br />

auch das Blasi-Brot als Opfergabe gegen<br />

Ungeziefer auf <strong>die</strong> Äcker. Halskranken legt<br />

man noch heute Kerzentalg um den Hals.<br />

Nach König Salomon ist Honig wohltuend<br />

für Seele <strong>und</strong> Heilung für den Leib. Am 25.<br />

Mai feiern <strong>die</strong> Winzer mit Prozessionen in<br />

den Weinbergen ihren Patron Papst Urban<br />

I. (222-230), in der Kunst mit der Weintraube<br />

als Attribut. Urbankirchen stehen meistens<br />

einsam. Im Brauchtumsleben gab es<br />

an <strong>die</strong>sem Festtag an vielen Orten das Urbanreiten.<br />

Beim Umritt wurden <strong>die</strong> Pferde<br />

gesegnet <strong>und</strong> Kinder mit dem Urbanbrot<br />

beschenkt. Papst Urban VIII. (1623-44)<br />

war ein Bienenfre<strong>und</strong> Er galt als Förderer<br />

der Kunst <strong>und</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> dichtete<br />

eine Anzahl Brevierhymnen in allgemeingültige<br />

Verse um. Auch <strong>die</strong> heutige gültige<br />

Formel des Bienensegens, „Das Wachs<br />

den Heiligen, der Honig den Menschen“,<br />

stammt von Papst Urban VIII. (1623-1644).<br />

Sein Familienwappen mit den drei Bienen<br />

sehen wir auf allen seinen ponti� kalen<br />

Publikationen <strong>und</strong> an seinen Bauten, vor<br />

allem im Vatikan. Von ihm wird berichtet,<br />

dass sich schon an seiner Wiege ein Bienenschwarm<br />

niederließ, ohne dass ihm ein<br />

Leid geschah. Ein lateinischer Bienensegen<br />

<strong>Die</strong> „Stuppacher Madonna“ von Matthias Grünewald, 1519, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in<br />

Stuppach bei <strong>Bad</strong> Mergentheim in <strong>Bad</strong>en-Württemberg, links <strong>die</strong> Bienenkörbe.<br />

Samstag/Sonntag, 12./13. September 2009 Seite 19<br />

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Seite 20 Samstag/Sonntag, 12./13. September 2009<br />

ist aus dem 9. Jahrh<strong>und</strong>ert bekannt, <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> älteste deutsche Bienenbeschwörung<br />

ist aus dem 10. Jahrh<strong>und</strong>ert vom Kloster<br />

Lorsch überliefert. Durch eine magische<br />

Handlung, <strong>die</strong> auf den Glauben an <strong>die</strong><br />

Macht des rituellen Wortes zurückgeführt<br />

wird, beruht auch das „Impwecken“ in der<br />

ersten Rauchnacht, bekannt als Brauch im<br />

Berchtesgadener Land. Der Bauer hatte<br />

sich mit Familie <strong>und</strong> Gesinde am Heiligen<br />

Abend, der ersten Rauchnacht, vor dem<br />

Herrgottswinkel, wo ein geweihter Wachsstock<br />

angezündet wurde, zum Gebet versammelt.<br />

Der Bauer ging mit den männlichen<br />

Versammelten „zum Rauchen <strong>und</strong><br />

Impwecken“. Mit der Rauchpfanne, einem<br />

durchlöcherten Metallbehälter, gefüllt mit<br />

wohlriechenden P� anzen wie Baldrian,<br />

Lavendel, Primel, Nelkenwurz, Weihrauch<br />

<strong>und</strong> Speik, durchschritt der Bauer<br />

<strong>die</strong> Räume des Hauses, Stallung <strong>und</strong> Hof.<br />

Während des Räucherns wurde im „Namen<br />

der Heiligsten Dreifaltigkeit Gottes,<br />

des Vaters, des Sohnes <strong>und</strong> des Heiligen<br />

Geistes“, gebetet, <strong>und</strong> man ging zum Räuchern<br />

auch zu den Bienen, besprengte <strong>die</strong><br />

Bienenkästen oder Körbe mit Weihwasser<br />

<strong>und</strong> sprach:<br />

„Auf, auf in Gott‘s Nam‘,<br />

helft‘s wiederum z‘samm;<br />

bringt‘s der Kirch a Wachs<br />

<strong>und</strong> uns an Honig,<br />

an guaten, <strong>und</strong> net z‘wenig“.<br />

Man nannte <strong>die</strong>s das „Impwecken“. <strong>Die</strong><br />

Beschwörungsformeln sollten auch das<br />

Ausschwärmen verhindern. <strong>Die</strong> Beschwörung<br />

beruhte als magische Handlung auf<br />

dem Glauben an <strong>die</strong> Macht des rituellen<br />

gesungenen Wortes. Es war auch der<br />

Brauch, dass bei Ungewitter wie gegen<br />

Krankheiten <strong>die</strong> geweihte Osterkerze angezündet<br />

wurde.<br />

Der Rupertiwinkel im Zeidlergau<br />

Der hl. Augustinus hat den vielfachen<br />

wirtschaftlichen Wert der Biene für <strong>die</strong><br />

<strong>Kulturlandschaft</strong> erkannt, denn ihm werden<br />

der Text <strong>und</strong> <strong>die</strong> Melo<strong>die</strong> in dem<br />

Hymnus auf das Heilsgeschehen zu Beginn<br />

der Osternachtsfeier „Exsultet iam<br />

angelica turba caelorum - Es juble nun <strong>die</strong><br />

himmlische Engelschar“, zugeschrieben.<br />

Vom weiß gewandeten Diakon wird in der<br />

lateinischen Liturgie <strong>die</strong>ser Lobpreis auf<br />

<strong>die</strong> Osterkerze aus reinem Bienenwachs<br />

stimmungsvoll gesungen. Am Karsamstag<br />

wird unter Beigabe von fünf Weihrauchkörnern<br />

<strong>und</strong> Einfügung von fünf Wachsnägeln<br />

- sie symbolisieren <strong>die</strong> W<strong>und</strong>en Christi<br />

- <strong>die</strong> Osterkerze feierlich geweiht <strong>und</strong> am<br />

Himmelfahrtstag ausgelöscht.<br />

<strong>Die</strong> Kirchenväter Augustinus <strong>und</strong> Hieronymus<br />

erwähnen bereits <strong>die</strong> Osterkerzenweihe.<br />

Klöster <strong>und</strong> Kirchen benötigten<br />

für ihre Kultzwecke das wohlriechende,<br />

reine Bienenwachs als Kerzenmaterial.<br />

Daher beobachteten <strong>und</strong> erforschten insbesondere<br />

<strong>die</strong> Klöster als große Waldbesitzer<br />

<strong>die</strong>se arbeitsfreudigen „W<strong>und</strong>ertiere“. <strong>Die</strong><br />

Bedeutung der Bienen als Erzeuger von<br />

Honig <strong>und</strong> Bienenwachs, <strong>die</strong>ser himmlischen<br />

Naturprodukte, sowie deren Bestäubungstätigkeit<br />

für <strong>die</strong> blühende <strong>Kulturlandschaft</strong><br />

erkannten auch Könige <strong>und</strong><br />

Fürsten <strong>und</strong> stellten daher <strong>die</strong> „Zeidler“,<br />

wie <strong>die</strong> Imker auch genannt werden, unter<br />

besonderem Rechtsschutz. Der Arbeits� eiß<br />

der Bienen erregte schon immer Bewun-<br />

derung <strong>und</strong> Ehrfurcht. Deshalb wurden<br />

<strong>die</strong> Bienen zum Symbol des Fleißes.<br />

Um ein Kilogramm Honig zu gewinnen,<br />

müssen sechs Millionen Einzelkleeblüten<br />

oder 1,6 Millionen Akazienblüten be� ogen<br />

werden. Eine Flugleistung von r<strong>und</strong><br />

280.000 Kilometern ist dazu erforderlich.<br />

Nahezu 3000 Blütenarten sind auf <strong>die</strong> Bestäubung<br />

angewiesen, wobei <strong>die</strong> arbeitsfreudige<br />

Honigbiene als Bestäuberin mit<br />

Sicherheit das bedeutendste Insekt für unsere<br />

<strong>Kulturlandschaft</strong> ist.<br />

Prähistorische Felsmalereien in einer<br />

Höhle bei Bicorp in Spanien überliefern<br />

uns Zeugnisse, dass Honig <strong>und</strong> Wachs der<br />

Bienen schon sehr früh von Menschen genutzt<br />

wurden. Bei Griechen <strong>und</strong> Römern<br />

stand <strong>die</strong> Bienenzucht bereits in hoher Blüte,<br />

<strong>und</strong> in der Bibel lesen wir im Buch der<br />

Könige: „Iß Honig, mein Sohn, denn er ist<br />

gut, <strong>und</strong> Honigseim ist süß in deinem Halse“.<br />

<strong>Die</strong> Bibel erwähnt <strong>die</strong> Biene <strong>und</strong> gibt<br />

dem Honig den Vorzug unter den Süßigkeiten.<br />

Außerdem erquickt er <strong>die</strong> Seele <strong>und</strong><br />

ist heilsam für Leib <strong>und</strong> Gebeine. (Sirach<br />

XI/3/XVI/24) <strong>Die</strong> Ägypter haben <strong>die</strong> in<br />

der Hieroglyphe abgebildete Biene in Tonröhren<br />

als Haustier gehalten. <strong>Die</strong> deutsche<br />

Bienenzucht nahm besonders im Mittelalter<br />

einen Aufschwung, denn Honig war<br />

als einziger Süßstoff bekannt <strong>und</strong> Wachs<br />

für Beleuchtungszwecke viel begehrt. <strong>Die</strong><br />

Bienenhaltung der Zeidler war im Mitttelalter<br />

ein besonderes Privileg <strong>und</strong> verlor<br />

erst im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert nach der Einfuhr<br />

Alte zeichnerische Darstellung des mittelalterlichen<br />

Zeidlerwesens.<br />

des Rohrzuckers aus Amerika <strong>und</strong> der Entdeckung<br />

des Rübenzuckers um 1747 ihre<br />

Bedeutung. In Amerika wurde <strong>die</strong> Honigbiene<br />

erst durch <strong>die</strong> Besiedlung des Landes<br />

durch <strong>die</strong> Europäer eingeführt.<br />

<strong>Die</strong> Imker, Zeidler genannt, waren in<br />

einer Berufsgruppe als Zunft mit eigenen<br />

Bräuchen organisiert, unterstanden besonderer<br />

Gerichtsbarkeit, hatten vom Kaiser<br />

das Recht, <strong>die</strong> Ambrust zu tragen <strong>und</strong><br />

waren zum Kriegs<strong>die</strong>nst verp� ichtet. <strong>Die</strong><br />

Zeidler betrieben <strong>die</strong> Waldbienenzucht, indem<br />

sie in starke Baumstämme ihre „Beuten“,<br />

<strong>die</strong> Bienenwohnungen, schlugen. In<br />

Kupferstichen sehen wir, wie <strong>die</strong> mittelalterliche<br />

<strong>Zeidlerei</strong> betrieben wurde. <strong>Die</strong><br />

Waldbienenzucht war im Mittelalter nur<br />

mit Nutzung der Bienenvölker, <strong>die</strong> in hohlen<br />

Bäumen lebten, möglich. <strong>Die</strong> Zeidler<br />

bauten nun für <strong>die</strong> Bienen eigene Behausungen,<br />

indem sie in Baumstämmen Hohlräume<br />

schufen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aushöhlung mit<br />

einem Brett verschlossen. Um den Honig<br />

der hoch nistenden Bienenvölker erreichen<br />

zu können, waren Kletterkünste <strong>und</strong><br />

Leitern notwendig. Auf einem Kupferstich<br />

sehen wir <strong>die</strong> Zeidler bei ihrer nicht ungefährlichen<br />

Arbeit.<br />

Körbe <strong>und</strong> Klötze<br />

Allmählich kam man auf <strong>die</strong> Idee, den<br />

Bienen leichter erreichbare künstliche<br />

Wohnungen zu bauen, indem man Baumstümpfe<br />

aushöhlte <strong>und</strong> <strong>die</strong>se in der Nähe<br />

aufstellte. Als man festellte, dass <strong>die</strong> Bienenvölker<br />

auch in künstliche Hohlräume<br />

ihre Waben einbauten, fertigte man Körbe<br />

aus Stroh oder anderem Material. <strong>Die</strong> Bienenvölker<br />

wurden nicht mehr restlos ihres<br />

Honigvorrats beraubt, sondern es wurde<br />

ihnen nur ein Teil des Honigs entnommen,<br />

damit <strong>die</strong> Bienen gut durch den Winter<br />

kamen. Als <strong>die</strong> Erkenntnis durchdrang,<br />

welch eine wichtige Aufgabe <strong>die</strong> wildlebenden<br />

Waldbienen im Naturhaushalt<br />

haben, bildeten sich <strong>die</strong> ersten Zeidlergenossenschaften.<br />

Durch den jahrelangen<br />

Umgang mit den Bienen wussten <strong>die</strong> Imker,<br />

wie zeitraubend es ist, <strong>die</strong> Bienenvölker<br />

in den oft <strong>und</strong>urchdringlichen Wälder<br />

zu suchen, um sie dort zu betreuen. Sie ließen<br />

nun gef<strong>und</strong>ene Völker nicht mehr im<br />

Wald, sondern schnitten <strong>die</strong> Bienenbäume<br />

um <strong>und</strong> brachten den Baumteil, nämlich<br />

<strong>die</strong> Klötze, in welchen <strong>die</strong> Bienen hausten,<br />

in ihren Garten. In <strong>die</strong> Klotzbeute schnitt<br />

man Löcher, <strong>die</strong> man mit Türchen versah.<br />

Dadurch konnten leichter Eingriffe vorgenommen<br />

werden. <strong>Die</strong>se Honigentnahme<br />

nannte man das Zeideln. <strong>Die</strong> Biene wurde<br />

zum Haustier.<br />

<strong>Die</strong> Klotzbeute gilt als Vorläufer des heutigen<br />

Bienenkastens. Eine große Anzahl<br />

verschiedener, zum Teil künstlerisch verzierter<br />

Klotzbeuten sehen wir im badischen<br />

Hohberger Bienenmuseum. Bienenkörbe<br />

aus Stroh wie aus verschiedenen anderen<br />

Materialien be� nden sich auch im Zeidl-<br />

Museum in Feucht <strong>und</strong> im Bienenmuseum<br />

im Vöhlinschloss in Illertissen. Den großen<br />

abendländischen Kirchenvater Ambrosius<br />

mit dem Bienenkorb oder der Klotzbeute<br />

als Attribut sehen wir in der Stiftsbasilika<br />

Waldsassen an einem Vierungspfeiler, zu<br />

Füßen der ausgehöhlte Baumstamm. In<br />

einem Buch für Katholische Kirchengeschichte<br />

sehen wir deutlich, wie der Bienenheilige<br />

mit der Klotzbeute im Arm, auf<br />

einer goldgetriebenen, edelsteinbesetzten<br />

Platte Meister Wol� nius segnet.<br />

Neben dem hl. Ambrosius wird auch der<br />

hl. Bernhard von Clairvaux als Patron der<br />

Bienen <strong>und</strong> der Wachszieher verehrt. Er<br />

wurde angerufen gegen Tierplagen, in einem<br />

Wettersegen des 15. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong><br />

gegen Unwetter.<br />

Für <strong>die</strong> Nutzung des Waldes entrichteten<br />

<strong>die</strong> Zeidler an <strong>die</strong> Waldbesitzer, meistens<br />

Klöster, oder an den Landesfürsten<br />

Zinsabgaben <strong>und</strong> waren zum Kriegs<strong>die</strong>nst<br />

verp� ichtet. <strong>Die</strong> Klöster <strong>und</strong> Kirchen benötigten<br />

für den Gottes<strong>die</strong>nst außerordentlich<br />

große Mengen Wachs. Deshalb<br />

gab es bereits um 800, zur Zeit Karls des<br />

Großen, zahlreiche Wachszinser, wobei <strong>die</strong><br />

Zinsp� ichtigen am Stiftstag eine bestimmte<br />

Menge an Bienenwachs an Kirchen <strong>und</strong><br />

Klöster ablieferten. Der Stifts<strong>die</strong>nst ging<br />

laut altem Herkommen auf <strong>die</strong> Nachkommen<br />

der Gr<strong>und</strong>untertanen über <strong>und</strong> wurde<br />

bei Vernachlässigung mit Lehensentzug<br />

bestraft. <strong>Die</strong> wirtschaftliche Bedeutung<br />

der Bienenzucht <strong>und</strong> Wachsproduktion ist<br />

auch daraus ersichtlich, dass es im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

ein eigenes Zeidlgericht gab, das<br />

den Streit unter Imkern schlichtete.<br />

Bekannt ist der Nürnberger Reichswald<br />

als Hauptzentrum der Waldbienenhaltung<br />

im Mittelalter. In der Marktgemeinde<br />

Feucht bei Nürnberg befand sich ein Gerichtssitz,<br />

an dem imkerliche Auseinandersetzungen<br />

verhandelt wurden. Noch bis<br />

ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden dort Streitigkeiten<br />

zwischen Imkern wie unter Imkern<br />

<strong>und</strong> Förstern verhandelt. Offensichtlich ergaben<br />

<strong>die</strong> Gerichtsverhandlungen manche<br />

lustige Darbietung, denn das Nürnberger<br />

Bürgertum besuchte mit Pferd <strong>und</strong> Wagen<br />

<strong>die</strong> Verhandlungen. Heute be� ndet sich in<br />

Feucht eines der schönsten Bienenmuseen<br />

Deutschlands.<br />

Mit der ansteigenden wirtschaftlichen<br />

Bedeutung des Waldes wurden <strong>die</strong> Zeidler<br />

durch Forstordnungen aus den Wäldern<br />

verdrängt. Bei den Salzburger Fürsterzbischöfen<br />

stand der Erwerb von Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Boden ursprünglich nicht im Vordergr<strong>und</strong>,<br />

sondern <strong>die</strong> Gerichtsbarkeit, weil damit<br />

<strong>die</strong> Territorialhoheit verb<strong>und</strong>en war. Auf<br />

<strong>die</strong>se Weise gelang es den Erzbischöfen im<br />

13. <strong>und</strong> im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert, von den Burggrafen<br />

von Staufeneck, Tettelham, <strong>und</strong><br />

Oberndorf wie von den Herrn von Wald an<br />

der Alz aus dem alten Zeidlergau <strong>die</strong> Gerichtsbarkeit<br />

einzuziehen <strong>und</strong> sie erreichten<br />

letztlich dadurch <strong>die</strong> Landeshoheit.<br />

Folglich kam auch der Rupertiwinkel als<br />

Teil des alten Zeidlergaus nach dem Aussterben<br />

der alten Grafengeschlechter unter<br />

<strong>die</strong> Gerichtshoheit der Landesfürsten von<br />

Salzburg. <strong>Die</strong> Erzbischöfe begründeten<br />

ihre landesherrlichen Besitzrechte damit,<br />

dass „schon <strong>die</strong> Römer herrenloses Land<br />

für eine öffentliche Sache gehalten haben<br />

<strong>und</strong> folglich der jeweilige Landesfürst als<br />

Rechtsnachfolger automatisch in den Besitz<br />

des allgemeinen Gr<strong>und</strong>es gekommen<br />

sei“. Darunter verstand man auch das<br />

Berg-, Forst- <strong>und</strong> Jagdregal. <strong>Die</strong>se Auffassung<br />

wurde besonders durch das Forstregal<br />

von Kaiser Barbarossa erhärtet. <strong>Die</strong><br />

Wald-<strong>und</strong> Forstordnung einschließlich des<br />

Zeidlerrechts von Erzbischof Matthäus<br />

Lang (1519-1540) hatte bis 1853 seine Gültigkeit.<br />

Der P� eger von Staufeneck erhob daher<br />

für <strong>die</strong> verschiedenen Forst- <strong>und</strong> Waldrechte<br />

„Verwilligungsgebühren“. Man<br />

unterschied drei Gruppen: <strong>die</strong> Holzrechte,<br />

<strong>die</strong> Weiderechte, welche <strong>die</strong> Almrechte<br />

mit umfassen, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Streurechte. Zu den<br />

Nebennutzungsrechten zählte man das<br />

Mastungsrecht, um Schweine im Wald auf<br />

Eicheln <strong>und</strong> Erdmast weiden zu lassen,<br />

das Pechelrecht zur Harz- <strong>und</strong> Pechgewinnung,<br />

das Recht der Köhler, das Recht zur<br />

Gewinnung der Lohrinde <strong>und</strong> das Zeidelrecht.<br />

Der damalige Waldbestand ist nicht<br />

vergleichbar mit den heutigen staatlichen<br />

Holzfabriken. Aus alten Forstplänen <strong>und</strong><br />

Zeichnungen geht hervor, dass nicht nur<br />

<strong>die</strong> Au, sondern auch der Berg, <strong>und</strong> zwar<br />

bis zu den Almen, mit Mischwald bedeckt<br />

war. <strong>Die</strong> Sorge um den Eichenbestand<br />

führte im Jahr 1757 im P� eggericht zu einer<br />

Zählung. Man fand r<strong>und</strong> 4.100 Eichen.<br />

Vermerkt wurden <strong>die</strong> vielen Kohlenmeiler.<br />

Tausende Akten über Forstrechte, Verwilligungen<br />

<strong>und</strong> Bittgesuche der Gr<strong>und</strong>untertanen<br />

liegen im Staatsarchiv. Heute<br />

<strong>die</strong>nen <strong>die</strong> Wälder nicht mehr vorwiegend<br />

der Holzbewirtschaftung, sondern auch<br />

als Naherholungsgebiete, <strong>und</strong> für <strong>die</strong> Honigbienen<br />

sind Wildsträucher <strong>und</strong> Blütenp�<br />

anzen an Waldrändern der ideale Lebensraum.<br />

Leider vermehrt sich das eingeschleppte<br />

Springkraut nicht nur an den Bachufern,<br />

sondern auch in den heimischen Wäldern.<br />

Dabei sind <strong>die</strong>se stark wuchernden P� anzen<br />

für Bienen weniger ertragreich <strong>und</strong><br />

verdrängen mit dem üppigen Blättermeer<br />

einheimische P� anzenarten.<br />

Bienenwachs in Kirche<br />

<strong>und</strong> Brauchtum<br />

Von volkswirtschaftlichem Nutzen in<br />

seiner vielfältigen Anwendung ist auch<br />

das Bienenwachs. In der Kirche durften<br />

Kerzen in der Liturgie nur aus reinem Bienenwachs<br />

verwendet werden <strong>und</strong> waren<br />

generell vorgeschrieben bei der Spendung<br />

von Sakramenten, bei der Aufstellung an<br />

Altären, bei Heiligenbildern. Es wurden<br />

auch Taufkerze <strong>und</strong> Erstkommunionskerze<br />

aufbewahrt. <strong>Die</strong> Kerzenweihe erfolgt<br />

am Lichtmesstag, 2. Februar, am Fest Mariä<br />

Reinigung <strong>und</strong> am Karsamstag bei der Segnung<br />

von Wachskerzen, welche auch zum<br />

Gebrauch im Haus bei Todesfall, Krankenkommunion<br />

<strong>und</strong> letzter Ölung verwendet<br />

werden. <strong>Die</strong> gewöhnlichen Haushaltungen<br />

benutzten <strong>die</strong> billigeren Unschlittkerzen<br />

aus billigerem Rinder- oder Hammeltalg.<br />

Im Laufe der Zeit kam <strong>die</strong> Kerzenindustrie<br />

in <strong>die</strong> Hände der Seifensieder <strong>und</strong> Wachszieher.<br />

<strong>Die</strong> Wachsbildnerei verwandte<br />

Wachs zur Herstellung von Votivbildern,<br />

Heiligen� guren <strong>und</strong> Wachsmodeln. Händler<br />

sorgten für <strong>die</strong> Nachfrage <strong>und</strong> übernahmen<br />

<strong>die</strong> Erzeugnisse der Wachszieher,<br />

besuchten <strong>die</strong> Imker <strong>und</strong> Bauern, kauften<br />

Honig <strong>und</strong> Wachs.<br />

In Berchtesgaden war Johann Ertl um<br />

1657 Lebzelter <strong>und</strong> Honigkuchenbäcker.<br />

Er hatte das „Lebzelterhandwerk rechtlich<br />

erlernt <strong>und</strong> versprach, <strong>die</strong> Lebzelterei<br />

allermaßen wie bishero sein Vorfahrer zu<br />

führen“. Er betrieb <strong>die</strong> Lebzelterwerkstatt<br />

sowie <strong>die</strong> Wachsbleiche, das „Ladl bei<br />

Unserer lieben Frau am Anger“, hatte <strong>die</strong><br />

Lebzeltergerechtsame <strong>und</strong> <strong>die</strong> Freiheit,<br />

neben den Lebzelten auch „Prandtwein,<br />

Kerzen <strong>und</strong> Wachsziehen sowie alles was<br />

zu <strong>die</strong>sem Handwerk gehört“ anzubieten.<br />

Alles Wachs, das <strong>die</strong> Stiftskirche benötigte,<br />

musste er für den üblichen Verkaufspreis<br />

abgeben. Das Gewerbe wurde wegen der<br />

geringen Zahl von Meistern nicht „zunftfähig“.<br />

<strong>Die</strong> Zünfte waren neben den Kirchen<br />

seine besten K<strong>und</strong>en. Besonders Klöster<br />

kümmerten sich um <strong>die</strong> Bienenzucht. Ein<br />

Förderer war der Abt Ausanius Detterle<br />

vom Kloster Raitenhaslach.<br />

Bienen im <strong>Die</strong>nst der Ges<strong>und</strong>heit<br />

Im Bienenmuseem werden in einem<br />

Raum im Vöhlinschloss in Illertissen <strong>die</strong><br />

Biene im <strong>Die</strong>nste der Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Bienengift<br />

als Heilmittel dem Besucher vorgestellt.<br />

Bienenwachs wurde bereits von<br />

den Ägyptern als Votivgaben in Form von<br />

Köperteilen in Tempeln geopfert. Griechen<br />

<strong>und</strong> Römer benützten mit Bienenwachs<br />

überzogene Schreibtafeln. Als Heilmittel<br />

war Bienengift bei Rheumaerkrankungen<br />

schon den alten Ägyptern <strong>und</strong> in Griechenland<br />

bekannt. Im 1. Jahrh<strong>und</strong>ert vor<br />

Christus hatte bereits der griechische Arzt<br />

Dioskurides in seinem berühmten Pharmaziebuch<br />

auf <strong>die</strong> medizinische Bedeutung<br />

der Bienenerzeugnisse hingewiesen.<br />

Honig, Wachs <strong>und</strong> Milch wurden auch<br />

als Weichmacher <strong>und</strong> Beruhigungsmittel<br />

verwendet. Honig wurde wegen seiner antibiotischen<br />

Wirkung als Hausmittel verwendet,<br />

indem man ihn auf W<strong>und</strong>en legte,<br />

um der Infektion entgegenzuwirken.<br />

Rheumageplagte ließen sich von Bienen<br />

stechen <strong>und</strong> verspürten dadurch Linderung<br />

<strong>und</strong> Besserung ihres Leidens.<br />

Dem Initiator Forster des Illertissener<br />

Bienenmuseums gelang es 1930, aus dem<br />

Bienengift ein wirksames Arzneimittel sowie<br />

eine Methode für <strong>die</strong> Giftgewinnung<br />

zu entwickeln. Heute wird Bienengift in<br />

Salben- <strong>und</strong> Linimentform von der Firma<br />

Mack in Illertissen unter dem Namen<br />

Forapin hergestellt. Bekannt als einziges<br />

Süßungsmittel wurde der Waldbienenhonig<br />

zur Herstellung von Met verwandt.<br />

Das weinähnliche Getränk aus Honig <strong>und</strong><br />

Wasser wurde früher in ganz Europa getrunken<br />

<strong>und</strong> erst im Mittelalter durch das<br />

Bier verdrängt. Bei den Germanen galt in<br />

der Mythologie der Honigwein als Trank<br />

der Götter <strong>und</strong> Helden in Walhall, entsprechend<br />

dem griechischen Nektar. <strong>Die</strong><br />

berauschende Wirkung wurde als Übergang<br />

göttlicher Kraft auf den Menschen<br />

empf<strong>und</strong>en.<br />

<strong>Die</strong> Anfänge der Agrarkultur, von Weinbau<br />

<strong>und</strong> Imkerei besingt Homer in seinen<br />

Dichtungen. Homer überliefert durch seine<br />

Naturbebobachtungen nicht nur Schlach-

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