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Prof. Dr. Norbert Hermanns Management von Depressionen in der ...

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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong><br />

Leiter FIDAM<br />

<strong>Management</strong> <strong>von</strong> <strong>Depressionen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Praxis<br />

Diabetiker mit <strong>Depressionen</strong> haben e<strong>in</strong> hohes Risiko für Diabeteskomplikationen,<br />

weisen e<strong>in</strong>e gerignere Lebensqualität auf und weisen e<strong>in</strong>e höhere Sterblichkeit auf<br />

als Diabetiker ohne depressive Erkrankungen. Daher ist das <strong>Management</strong> <strong>von</strong> Depresionen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> diabetologischen Praxis sehr wichtig.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Vorbed<strong>in</strong>gung hierfür ist allerd<strong>in</strong>gs, dass depressive Diabetiker <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

kl<strong>in</strong>ischen Praxis frühzeitig erkannt werden. Hier zeigen sich jedoch Defizite. Experten<br />

schätzen, dass nur 25% bis 30% aller depressiven Diabetiker <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen<br />

Praxis erkannt werden. E<strong>in</strong> holländische Studie welche untersuchte <strong>in</strong>wieweit speziell<br />

geschulte „Diabeetsschwestern“ (diabetes nurse) depressive Verstimmungen bei Diabetikern<br />

entdeckten, zeigte e<strong>in</strong>e eher enttäuschende „Entdeckungsrate“ <strong>von</strong> 22% -<br />

25%. Somit ist die spontane Entdeckung <strong>von</strong> Patienten mit e<strong>in</strong>er erhöhten Depressivität<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Praxis als eher ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>zustufen. Spezielle Maßnahmen zum<br />

Screen<strong>in</strong>g auf Depressivität sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> diabetologischen Praxis daher angemessen.<br />

Risikofaktoren<br />

Generell gibt es mehrere Möglichkeiten die Entdeckungsrate <strong>von</strong> depressiven Diabetikern<br />

zu erhöhen. Zum e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d Risikofaktoren bekannt, die sehr häufig bei Diabetespatienten<br />

mit depressiven Störungen auftreten. Daneben gibt es sogenannte<br />

Screen<strong>in</strong>gfragen, welche <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Praxis gestellt werden können und zum<br />

dritten existieren e<strong>in</strong>e Reihe <strong>von</strong> Fragebogen mit <strong>der</strong>en Hilfe man e<strong>in</strong> Depressionsscreen<strong>in</strong>g<br />

bei Diabetikern durchführen kann.<br />

Generell ist bekannt, dass depressive Verstimmungen bei Nicht-Diabetikern häufiger<br />

bei Frauen, bei Personen mit e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren familiären Unterstützung (alle<strong>in</strong>e lebend)<br />

und niedrigem sozioökonomischen Status auftreten. Bei Diabetikern kommen<br />

noch e<strong>in</strong>ige diabetesspezifische Risikofaktoren h<strong>in</strong>zu, welche häufiger mit e<strong>in</strong>er depressiven<br />

Verstimmung e<strong>in</strong>hergehen. Hierzu zählen e<strong>in</strong>e chronische schlechte Blutzuckere<strong>in</strong>stellung,<br />

das Auftreten <strong>von</strong> Diabeteskomplikationen o<strong>der</strong> Hypoglykämieproblemen<br />

sowie bei Typ-2 Diabetikern die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er Insul<strong>in</strong>therapie.<br />

Bei Vorliegen e<strong>in</strong>es o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation dieser Risikofaktoren sollte das Vorliegen<br />

e<strong>in</strong>er depressiven Verstimmung o<strong>der</strong> Störung <strong>in</strong> Betracht gezogen und spezifisch<br />

bzgl. des psychischen Wohlbef<strong>in</strong>dens nachgefragt werden.<br />

Siehe Box:<br />

Non-diabetes specific risk factors Diabetes specific risk factors<br />

□ Weibliches Geschelcht<br />

□ Mangelnde soziale Unterstützung<br />

□ Niedrige sozio-ökonoischer status<br />

□ Jüngeres Lebensalter<br />

□ Diabeetskomplikationen<br />

□ Schlechte Blutzuckerwerte über längeren<br />

Zeitraum<br />

□ Angst vor Insul<strong>in</strong>therapie<br />

□ Hypoglycämieprobleme<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong>: <strong>Management</strong> <strong>von</strong> <strong>Depressionen</strong> FIDAM 1


Screen<strong>in</strong>gfragen zur Depressivität<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong><br />

Leiter FIDAM<br />

E<strong>in</strong>e weitere recht zeitsparende Möglichkeit des Depressionsscreen<strong>in</strong>g besteht im<br />

rout<strong>in</strong>emäßigen Abfragen <strong>der</strong> beiden Screen<strong>in</strong>gfragen: 1) Haben Sie sich im letzten<br />

Monat häufig nie<strong>der</strong>geschlagen, hoffnungslos o<strong>der</strong> depressiv gefühlt? 2) Haben Sie<br />

im letzten Monat wenig Freude o<strong>der</strong> Interesse an D<strong>in</strong>gen verspürt, die ihnen gewöhnlich<br />

Freude bereiten? Diese Fragen haben <strong>in</strong> Studien e<strong>in</strong>e sehr hohe Sensitivität<br />

(97%) für die Entdeckung e<strong>in</strong>er depressiven Erkrankung gezeigt. Allerd<strong>in</strong>gs ist die<br />

Nützlichkeit dieser beiden Fragen zum Depressionsscreen<strong>in</strong>g sehr stark <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

Qualität <strong>der</strong> Kommunikation mit dem Patienten abhängig. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen,<br />

dass die Bereitschaft des Patienten über se<strong>in</strong> emotionales Wohlbef<strong>in</strong>den zu sprechen<br />

und diese Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten entscheidend <strong>von</strong> <strong>der</strong> Qualität<br />

<strong>der</strong> Interaktion zwischen dem Patienten und dem Health Care <strong>Prof</strong>essional<br />

(Arzt/Ärzt<strong>in</strong>, Diabetesberater/In, Diabetesassistent/In) bee<strong>in</strong>flusst wird.<br />

Fragebogen zum Depressionsscreen<strong>in</strong>g<br />

E<strong>in</strong>e dritte zeitsparende Möglichkeit des Depressionsscreen<strong>in</strong>g ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong><br />

Fragebogen. Diese Fragebogen können <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wartezeit vom Patienten selbstständig<br />

bearbeitet werden. Ist e<strong>in</strong> spezieller Grenzwert im Fragebogen überschritten,<br />

dann empfiehlt sich e<strong>in</strong>e ausführlichere Depressionsdiagnostik. Bei Diabetikern s<strong>in</strong>d<br />

bisher für e<strong>in</strong> Depressionsscreen<strong>in</strong>g die folgenden Fragebogen zum E<strong>in</strong>satz gekommen:<br />

□ WH0 5 (5 Fragen)<br />

□ Allgeme<strong>in</strong>e Depressionsskala (ADS; dt. Fassung des CES-D)<br />

□ Beck Depressions<strong>in</strong>ventar (BDI)<br />

□ Fragebogen zur Erfassung <strong>von</strong> diabetesspezifischen Belastungen (PAID)<br />

Der WHO 5 ist e<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation entwickelter Fragebogen zur<br />

Erfassung des Wohlbef<strong>in</strong>dens. Er besteht aus 5 Fragen, die alle positiv formuliert<br />

s<strong>in</strong>d und sich auf das Ausmaß des Wohlbef<strong>in</strong>dens <strong>in</strong> den letzten beiden Wochen beziehen.<br />

Insgesamt gibt es 25 Punkte, wobei das Wohlbef<strong>in</strong>den umso besser ist je<br />

höher <strong>der</strong> Gesamtwert im Fragebogen; e<strong>in</strong> Punktwert <strong>von</strong> 25 spricht für e<strong>in</strong> maximales,<br />

e<strong>in</strong> Wert <strong>von</strong> 0 für e<strong>in</strong> m<strong>in</strong>imales Wohlbef<strong>in</strong>den. Bei e<strong>in</strong>em Wert <strong>von</strong> 13 und kle<strong>in</strong>er<br />

ist <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>geschränkten Wohlbef<strong>in</strong>den auszugehen; bei e<strong>in</strong>em Wert <strong>von</strong><br />

10 o<strong>der</strong> kle<strong>in</strong>er sollte spezifisch überprüft werden, ob e<strong>in</strong>e depressive Verstimmung<br />

vorliegt.<br />

Die allgeme<strong>in</strong>e Depressionsskala ist e<strong>in</strong> Depressionsfragebogen, <strong>der</strong> für e<strong>in</strong> Depressionsscreen<strong>in</strong>g<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Normalbevölkerung geeignet ist und für epidemiologische Studien<br />

<strong>in</strong>ternational häufig benutzt wird. Für die Auswertung dieses Fragebogens gilt je<br />

höher <strong>der</strong> Wert desto häufiger und <strong>in</strong>tensiver s<strong>in</strong>d Depressionssymptome. Insgesamt<br />

besteht dieses Fragebogen aus 20 Fragen, <strong>der</strong> Maximalpunktwert beträgt 60. Ab e<strong>in</strong>em<br />

Punktwert <strong>von</strong> 22 geht man <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er erhöhten Depressivität aus und es sollte<br />

das Vorliegen e<strong>in</strong>er depressiven Störung durch Abfragen <strong>der</strong> Depressionskriterien<br />

entsprechend dem ICD-10 überprüft werden.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong>: <strong>Management</strong> <strong>von</strong> <strong>Depressionen</strong> FIDAM 2


<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong><br />

Leiter FIDAM<br />

Das Beck Depressions<strong>in</strong>ventar besteht aus 21 Fragen und kann ebenfalls zum Depressionsscreen<strong>in</strong>g<br />

benutzt werden. Wie beim ADS spricht auch hier e<strong>in</strong> erhöhter<br />

Wert für e<strong>in</strong>e stärkere Depressivität. E<strong>in</strong> Wert ab 11 o<strong>der</strong> höher kann als e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis<br />

auf Vorliegen e<strong>in</strong>er kl<strong>in</strong>ischen Depression gewertet werden. Ab diesem Wert sollte<br />

e<strong>in</strong>e Depressionsdiagnostik durchgeführt werden.<br />

Die deutsche Version e<strong>in</strong>es Fragebogens zur Erfassung diabetesspezifischer Belastungen<br />

eignet sich ebenfalls zum Depressionsscreen<strong>in</strong>g. Der Vorteil dieses Fragebogens<br />

besteht dar<strong>in</strong>, dass nach diabetesbezogenen Belastungen und nicht nach depressiven<br />

Gedanken und Stimmungen gefragt wird. Ersteres entspricht nach unseren<br />

Erfahrungen eher <strong>der</strong> Erwartungshaltung <strong>von</strong> Diabetikern, welche wegen e<strong>in</strong>er primär<br />

somatischen Erkrankung wie dem Diabetes e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische Behandlung aufsuchen.<br />

Der PAID Fragebogen umfasst 20 Fragen. E<strong>in</strong> Maximalpunktwert <strong>von</strong> 100<br />

entspricht e<strong>in</strong>er hohen diabetesbezogenen Belastung. Bei e<strong>in</strong>em Grenzwert <strong>von</strong> 38<br />

Punkten sollte e<strong>in</strong>e Abklärung e<strong>in</strong>er möglichen Depression erfolgen, da sich gezeigt<br />

hat, dass ab diesem Punktwert etwa bei e<strong>in</strong>em <strong>Dr</strong>ittel <strong>der</strong> Patienten e<strong>in</strong>e depressive<br />

Erkrankung vorliegt.<br />

Die folgende Tabelle gibt e<strong>in</strong>en Überblick über die Screen<strong>in</strong>geigenschaften dieser<br />

Fragebogen<strong>in</strong>strumente. Hier ist zu jedem Fragebogen <strong>der</strong> Grenzwert angegeben,<br />

ab welchem das Vorliegen e<strong>in</strong>er depressiven Störung geprüft werden sollte. In <strong>der</strong><br />

dritten Spalte ist die Entdeckungsrate <strong>der</strong> depressiven Personen vermerkt und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

letzten Spalte ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> nicht-depressiven Personen, welche e<strong>in</strong> positives<br />

Screen<strong>in</strong>gergebnis bei diesem Cut-Off-Wert erhalten, aufgeführt. Es zeigt sich, dass<br />

beim WHO 5 nahezu alle Personen mit e<strong>in</strong>er Depression richtig erkannt werden, allerd<strong>in</strong>gs<br />

erhalten auch 21.8% <strong>der</strong> Diabetiker, die e<strong>in</strong> schlechtes psychisches Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

aufweisen aber nicht an e<strong>in</strong>er kl<strong>in</strong>ischen Störung leiden, e<strong>in</strong> positives<br />

Screen<strong>in</strong>gergebnis. E<strong>in</strong>en ähnlich hohen Anteil solcher Personen weist auch <strong>der</strong><br />

PAID Fragebogen auf. Zusammenfassend zeigt sich, dass e<strong>in</strong> kurzer Fragebogen<br />

wie <strong>der</strong> WHO 5 o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> diabetespezifischer Belastungsfragebogen e<strong>in</strong>e recht hohe<br />

Entdeckungsrate <strong>von</strong> Diabetikern mit e<strong>in</strong>er kl<strong>in</strong>ischen depressiven Erkrankung aufweisen<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis wahrsche<strong>in</strong>lich leichter implementierbar s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

s<strong>in</strong>d sie weniger spezifisch, das bedeutet viele Personen, welche nicht an e<strong>in</strong>er Depression<br />

leiden, erhalten e<strong>in</strong> positives Screen<strong>in</strong>gergebnis.<br />

Gleichwohl stellt sich die Frage, ob nicht auch Personen mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren psychischen<br />

Wohlbef<strong>in</strong>den und e<strong>in</strong>em hohen Ausmaß an diabetesbezogenen Belastungen,<br />

auch dann wenn sie nicht alle Kriterien für e<strong>in</strong>e depressive Erkrankung erfüllen<br />

<strong>von</strong> spezifischen Interventionen zur Verr<strong>in</strong>gerung diabetesbezogener Belastungen<br />

und Verbesserung des Wohlbef<strong>in</strong>dens profitieren würden.<br />

Table 1: Screen<strong>in</strong>g performance<br />

Fragebogen Grenzwert Entdeckungsrate<br />

<strong>von</strong> De-<br />

pressionen<br />

Falsch positive<br />

Ergebnisse<br />

BDI 11 86.8 (90.0) 18.6 (16)<br />

CES-D 22 79.2 11.2<br />

WHO 5 13 100 21.8<br />

PAID 40 81.1 26.0<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong>: <strong>Management</strong> <strong>von</strong> <strong>Depressionen</strong> FIDAM 3


<strong>Management</strong> <strong>von</strong> <strong>Depressionen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Praxis<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong><br />

Leiter FIDAM<br />

E<strong>in</strong> rout<strong>in</strong>emäßiges Screen<strong>in</strong>g im H<strong>in</strong>blick auf <strong>Depressionen</strong> ersche<strong>in</strong>t notwendig, um<br />

Diabetiker zu identifizieren, welche an hohen diabetesbezogenen Belastungen, e<strong>in</strong>em<br />

reduzierten Wohlbef<strong>in</strong>den o<strong>der</strong> sogar an e<strong>in</strong>er depressiven Störung leiden.<br />

Hierzu stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, welche auch komb<strong>in</strong>iert<br />

werden können. Zum e<strong>in</strong>en ist natürlich <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ische E<strong>in</strong>druck wichtig. Dieser kann<br />

aber mit e<strong>in</strong>em speziellen Screen<strong>in</strong>g auf e<strong>in</strong>e erhöhte Depressivität komb<strong>in</strong>iert werden.<br />

Hierzu stehen Screen<strong>in</strong>gfragen o<strong>der</strong> die oben aufgeführten Fragebogen zur<br />

Verfügung, welche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wartezeit vom Patienten bearbeitet werden können.<br />

Sollte sich aufgrund <strong>der</strong> Screen<strong>in</strong>gfragebogen o<strong>der</strong> des kl<strong>in</strong>ischen E<strong>in</strong>drucks <strong>der</strong><br />

Verdacht ergeben, dass e<strong>in</strong>e depressive Erkrankung vorliegt, so sollte dies dem Patienten<br />

mitgeteilt werden und anhand <strong>der</strong> ICD-10 Kriterien geprüft werden, ob e<strong>in</strong>e<br />

depressive Erkrankung vorliegt. Sollte e<strong>in</strong>e depressive Störung vorliegen, so ist mit<br />

dem Patienten das weitere therapeutische Vorgehen abzusprechen. Es ist zu entscheiden,<br />

ob e<strong>in</strong>e Überweisung zu e<strong>in</strong>em Facharzt o<strong>der</strong> Psychotherapeuten zur<br />

Weiterbehandlung erfolgen muss o<strong>der</strong> ob e<strong>in</strong>e medikamentöse Depressionsbehandlung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung selbst vorgenommen werden kann.<br />

Depressive Episode nach ICD10:<br />

Hauptsymptome:<br />

• depressive Stimmung (ungleich Trauer)<br />

• Verlust <strong>von</strong> Interesse und Freude<br />

• erhöhte Ermüdbarkeit<br />

• Zusatzsymptome:<br />

• verm<strong>in</strong><strong>der</strong>te Konzentration o<strong>der</strong> Aufmerksamkeit<br />

• verm<strong>in</strong><strong>der</strong>tes Selbstvertrauen<br />

• Schuldgefühle und Gefühle <strong>der</strong> Wertlosigkeit<br />

• negative und pessimistische Zukunftsperspektive<br />

• Selbstverletzungen / Suizidalität<br />

• Schlafstörungen<br />

• verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ter Appetit<br />

Weist e<strong>in</strong> Diabetespatient zwar entsprechend des Screen<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>geschränktes<br />

psychisches Wohlbef<strong>in</strong>den o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e erhöhte Depressivität auf, ohne jedoch die Kriterien<br />

für e<strong>in</strong>e depressive Erkrankung zu erfüllen, so sollte das psychische Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

o<strong>der</strong> die Depressivität im weiteren Verlauf beobachtet werden. Falls diabetesspezifische<br />

Probleme mit e<strong>in</strong>er erhöhten Depressivität assoziiert s<strong>in</strong>d (z.B. Umgang<br />

mit Folgeerkrankungen o<strong>der</strong> Hypoglykämieproblem), so würden sich diabetesbezogene<br />

Interventionen wie z.B. problemspezifische Diabetikerschulungen anbieten, um<br />

e<strong>in</strong>e Verbesserung des Wohlbef<strong>in</strong>dens zu erreichen. Im E<strong>in</strong>zelfall können auch Beratungsgespräche<br />

mit e<strong>in</strong>em Fachpsychologen s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, um e<strong>in</strong> reduziertes psychisches<br />

Wohlbef<strong>in</strong>den bzw. erhöhte Depressivität zu verbessern.<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong>: <strong>Management</strong> <strong>von</strong> <strong>Depressionen</strong> FIDAM 4


Kl<strong>in</strong>ischer E<strong>in</strong>druck<br />

basierend auf Risikofaktoren<br />

positiv<br />

Differentialdiagnose<br />

Ausschluss an<strong>der</strong>er psychischer<br />

Komorbiditäten z.B. Angst, Demenz<br />

o<strong>der</strong>/<br />

und<br />

Screen<strong>in</strong>gfragen<br />

positiv<br />

Depressionsdiagnostik<br />

positiv<br />

Spezifische antidepressive Therapie<br />

Psychotherapie, Medikation<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong><br />

Leiter FIDAM<br />

o<strong>der</strong>/<br />

und<br />

negativ<br />

positiv<br />

Screen<strong>in</strong>g:<br />

• WHO5<br />

• PAID<br />

• ADS<br />

• BDI<br />

Diabetesmanagement<br />

eg. Diabetikerschulung, problemspezifische<br />

Gruppen, Überprüfung <strong>der</strong><br />

Diabetesbehandlung<br />

o<strong>der</strong><br />

Problemlösefertigkeiten<br />

eg. <strong>in</strong>dividuelle Beratung, psychologische<br />

Kurz<strong>in</strong>tervention, Selbsthilfegruppen<br />

etc.<br />

Abbildung 4: Schematische Darstellung e<strong>in</strong>es Depressionsscreen<strong>in</strong>g <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen<br />

Praxis<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Hermanns</strong>: <strong>Management</strong> <strong>von</strong> <strong>Depressionen</strong> FIDAM 5

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