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Nachtrag: Lotostochter oder vielerlei Wahrheiten - Kafala.de

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hen. Das ist plötzlich nicht mehr so leise, so verstörend verletzlich, wirkt<br />

vielmehr ungelenk, unbeholfen. Die Inszenierung großer Gefühle, die<br />

vor die Kamera gezerrt wer<strong>de</strong>n, will nicht recht gelingen, an einigen Stellen<br />

erinnert es fatal an eine Doku-Soap. Alles ein bisschen zu breit getreten,<br />

zu publikumsheischend. Und irgendwie zu schön, um echt zu sein.<br />

Natürlich zieht sich durch die gesamte Story die einschlägige Kritik,<br />

das Feindbild wird ebenso gefällig präsentiert wie die Schuldzuweisung.<br />

Wie viele Berichte dieser Art transportiert auch diese Erzählung<br />

aus tausend und einer Nacht die immer gleiche erschrecken<strong>de</strong> Botschaft:<br />

Auslandsadoption ist nichts weiter als legalisierter Kin<strong>de</strong>rhan<strong>de</strong>l. Sie gehört<br />

abgeschafft. Ein Schlag in meine Magengrube, mir wird flau. Ich<br />

fühle mich preisgegeben, abgeschossen, schutzlos einer öffentlichen<br />

Meinung ausgeliefert, die immer nur mit einer Seite <strong>de</strong>r Medaille, mit einer<br />

Sicht auf dieses Thema konfrontiert wird.<br />

Trotz<strong>de</strong>m weine ich mit Anisha, ich kann das Gefühl <strong>de</strong>r Zerrissenheit<br />

nachempfin<strong>de</strong>n. Anishas Begegnung mit ihrer indischen Familie<br />

erinnert mich an meine Erfahrungen in Algerien. Meine algerische Familie<br />

nahm mich mit offenen Armen auf, die <strong>de</strong>utsche Schwiegertochter<br />

wur<strong>de</strong> bestaunt, neugierig beäugt, befragt, herumgereicht und verwöhnt.<br />

Mir wur<strong>de</strong> eine Herzlichkeit zuteil, die mich umwarf, schnell empfand<br />

ich eine tiefe Verbun<strong>de</strong>nheit mit meinen algerischen Verwandten. Eine<br />

Verbun<strong>de</strong>nheit, die mit je<strong>de</strong>m Jahr, mit je<strong>de</strong>m Besuch wächst. Bei je<strong>de</strong>m<br />

Abschied heißt es: „Warum musst Du schon fort?“, bei je<strong>de</strong>m Wie<strong>de</strong>rsehen:<br />

„Du hast uns so gefehlt!“. Der Strom <strong>de</strong>r Tränen scheint mit je<strong>de</strong>m<br />

Mal weiter anzuschwellen, immer hilfloser versinken wir in <strong>de</strong>r Flut unserer<br />

Gefühle. Allen voran mein Schwiegervater, <strong>de</strong>r ja nun nicht mehr<br />

unter uns ist. Ein gestan<strong>de</strong>ner Mann, <strong>de</strong>r fünf Kin<strong>de</strong>r großzog, lag immer<br />

wie<strong>de</strong>r schluchzend in meinen Armen, wenn wir uns auf <strong>de</strong>m Flughafen<br />

Lebewohl sagen mussten. Ich kenne dieses Gefühl, Anisha. Zumin<strong>de</strong>st<br />

kenne ich das Gefühl, in zwei Welten zu leben.<br />

Meine Anteilnahme an <strong>de</strong>inem Schicksal, meine Parteinahme für<br />

Dich steht außer Frage. Aber die Medienprofis hinter <strong>de</strong>r Lotostocher<br />

mag ich nicht. Nein, ich hätte das Kamerateam nicht mit nach Indien<br />

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