Jahresbericht 2011 als PDF - Lehrlingshaus Eidmatt Zürich
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Dagegen haben kaufmännisch arbeitende Jünglinge eher den Wunsch, sich manuell zu<br />
betätigen. Es kommt vor, dass sie in ihrer Freizeit ganze Möbel anfertigen.<br />
In manchen Heimbetrieben ist die Anschaffung eines Fernsehapparates umstritten.<br />
Im <strong>Lehrlingshaus</strong> <strong>Eidmatt</strong> wurden mit dem Fernsehen gute Erfahrungen gemacht. Es gibt<br />
die Möglichkeit, diejenigen Burschen im Haus zu behalten, die mit sich selber nichts anzufangen<br />
wissen und ohne Fernsehen ins Kino laufen. Die meisten Jünglinge sind sportbegeistert<br />
und bei grossen Veranstaltungen scharen sich alle um den Fernsehschirm.<br />
Der Apparat wird aber nicht wahllos benützt. Die Leitung überwacht die Programmwahl.<br />
Nicht selten wurde der Apparat an zwei bis drei Abenden pro Woche nicht eingeschaltet.<br />
Mit zunehmendem Alter kennen viele Burschen ein Mädchen, mit welchem sie manchmal ausgehen<br />
möchten. Die meisten von ihnen stellen der Leitung das Mädchen vor. Sie hat dann die<br />
Möglichkeit, in einem kurzen Gespräch die Bekannte des Jugendlichen etwas kennen zu lernen.<br />
Scheint die Bekanntschaft sauber und anständig zu sein, ist dagegen nichts einzuwenden.»<br />
Der Übergang zum Heimalltag<br />
Neben dem Neubau des Hauses <strong>Eidmatt</strong> lief der Betrieb im Haus an der Hofwiesenstrasse<br />
unentwegt weiter. Allerdings reichte die langjährige Leiterin, Gertrud Hochstrasser,<br />
im Dezember 1963 ihre Kündigung ein. Glücklicherweise gelang es dam<strong>als</strong> rasch, in Marta<br />
Honegger eine Nachfolgerin zu finden, die mit selbstverständlicher Bestimmtheit und mit<br />
tiefer Zuneigung zu den ihr anvertrauten jungen Männern ab Juli 1964 das Haus bis März<br />
1987 führte. Im <strong>Jahresbericht</strong> 1981 zeigte sie ihre Sicht des <strong>Lehrlingshaus</strong>es auf:<br />
«Als Hausmutter oder Leiterin des <strong>Lehrlingshaus</strong>es ‹Hofwiesen› hatte ich während all den<br />
Jahren noch nie den Eindruck, eine überflüssige Arbeit zu tun. Junge Leute von auswärts,<br />
die für ihre Ausbildung nach <strong>Zürich</strong> kommen, sind ganz besonders auf ein gutes Zuhause<br />
angewiesen. Gemeinsam mit anderen Kameraden in einem <strong>Lehrlingshaus</strong> zu leben, entspricht<br />
den Bedürfnissen dieses Lebensabschnittes oft besser, <strong>als</strong> das sich selber überlassene<br />
Alleinsein. Man sollte sich nicht erst dann um Jugendliche kümmern, wenn eine Platzierung<br />
in Erziehungsheimen erwogen werden muss. Eine gutgeführte Wohngemeinschaft<br />
bietet den Jugendlichen während ihrer Berufsausbildung die notwendigen guten Voraussetzungen<br />
und eine tragfähige Grundlage.» Es gelang Marta Honegger, während 23 Jahren<br />
ein eigentliches <strong>Lehrlingshaus</strong> zu führen. Mehrheitlich kamen die Pensionäre aus anderen<br />
Kantonen und sie alle verbrachten die Wochenende in ihrer Heimat.<br />
Im wesentlich grösseren Betrieb an der <strong>Eidmatt</strong>strasse war es viel schwieriger, eine recht<br />
harmonische Hausgemeinschaft zu führen. Immer häufiger fanden sich da Jugendliche ein,<br />
die intensive Begleitung benötigten. Der Wandel des <strong>Lehrlingshaus</strong>es zu einer sozialpädagogischen<br />
Einrichtung machte sich schleichend bemerkbar. Zunächst aber ergab sich<br />
bereits im August 1968 ein Heimelternwechsel. Hans Rudolf und Hedy Sommer wandten<br />
sich der Altersarbeit zu. Sie übernahmen die Leitung eines Altersheims in Adliswil. Für das<br />
<strong>Lehrlingshaus</strong> <strong>Eidmatt</strong> konnte das Appenzeller Ehepaar Irma und Markus Nänni gewonnen<br />
werden. Sie führten das Haus vom Dezember 1969 bis April 1982. Bevor sie nach 13 Jahren<br />
wieder zurück ins Appenzellerland reisten, stellten sie fest:<br />
«Das Zusammenleben mit den Jungen und den Mitarbeitern des <strong>Lehrlingshaus</strong>es erlebten<br />
wir <strong>als</strong> einen andauernden Versuch, auf einem soliden Grund eine Hausgemeinschaft<br />
LEHRLINGSHAUS EIDMATT 22 Geschichte <strong>Lehrlingshaus</strong> <strong>Eidmatt</strong><br />
zu gestalten. Dabei begegneten wir stets<br />
einer Vielfalt von individuellen Erwartungen,<br />
aus denen sich sowohl die Zeiten mit<br />
einem hohen Mass an Übereinstimmung<br />
und Gemeinsamkeiten <strong>als</strong> auch jene mit<br />
erhöhten Spannungen ergaben. Eine eindrückliche<br />
Bestätigung dafür, dass es diese<br />
Hausgemeinschaft geben muss, ist die Tatsache,<br />
dass sich alljährlich neue Junge<br />
freiwillig dafür entschliessen, während der<br />
Dauer ihrer Berufsausbildung ganz oder<br />
zeitweise in einem <strong>Lehrlingshaus</strong> zu wohnen.<br />
Viele Eltern, Betreuer und Lehrmeister<br />
sind für die Hausgemeinschaft dankbar<br />
und fördern deren Wohl durch ihre wertvolle<br />
Zusammenarbeit.<br />
Solche Hausgemeinschaften sind aber trotz<br />
der mannigfaltigen Vorteile nicht unendlich<br />
belastbar. Schon etliche Junge strapazierten<br />
die Kameradschaft auf unerträgliche<br />
Art, missbrauchten das in sie gesetzte Vertrauen<br />
oder waren im Umgang mit den<br />
vorhandenen Freiheiten überfordert. Umplatzierungen<br />
waren mehrm<strong>als</strong> schmerzhaft,<br />
aber unvermeidbar. In den Lebensgemeinschaften<br />
fühlt man sich wie auf<br />
einem gut angelegten Weg, den man ein<br />
Stück weit gemeinsam mit einander zurücklegt.<br />
Einzelne kommen hinzu, andere<br />
verabschieden sich.»<br />
Neue Entwicklungen<br />
In den folgenden Jahren waren einige neue<br />
Erscheinungen zu beobachten. Auch in den<br />
beiden Lehrlingshäusern tauchten immer<br />
häufiger Drogen auf. Die Leitenden sahen<br />
sich gezwungen, sich rasch möglichst in<br />
diese Problematik einzuarbeiten, was alles<br />
andere <strong>als</strong> einfach war.<br />
Es mussten für die pädagogische Arbeit neben<br />
den Hauseltern zusätzliche Mitarbeiter<br />
eingestellt werden, denn die pädagogische