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Liquiditätsrisikosteuerung unter Berücksichti- gung der ... - DGRV

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UNTERNEHMEN » Banken<br />

<strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> <strong>unter</strong> <strong>Berücksichti</strong><strong>gung</strong><br />

<strong>der</strong> weiterentwickelten bankaufsichtlichen<br />

Regelungen<br />

von Dr. Björn Ludwig<br />

I. Einleitung<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit lag das Augenmerk <strong>der</strong> Bankenregulierung<br />

eher auf dem Marktpreisrisiko, dem Kreditrisiko und dem<br />

operationellen Risiko als auf dem Liquiditätsrisiko. Obwohl<br />

das Liquiditätsrisiko in <strong>der</strong> volkswirtschaftlichen Funktion<br />

<strong>der</strong> Fristentransformation immanent ist, wurde es nur mit<br />

<strong>der</strong> theoretisch unzureichenden Liquiditätskennziffer <strong>der</strong> Liquiditätsverordnung<br />

erfasst 1 . Im Zuge <strong>der</strong> Finanzmarktkrise<br />

ist das Liquiditätsrisiko stärker in den Fokus <strong>der</strong> Betrachtung<br />

gerückt. So hat <strong>der</strong> Ausschuss <strong>der</strong> europäischen Bankaufsichtsbehörden<br />

(CEBS) im September 2008 30 Empfehlungen<br />

zum Liquiditätsrisikomanagement veröffentlicht 2 . Nahezu<br />

zeitgleich wurden die Prinzipien für ein sachgerechtes Liquiditätsmanagement<br />

aus dem Jahr 2000 vom Baseler Ausschuss<br />

für Bankenaufsicht (BCBS) im September 2008 überarbeitet 3 .<br />

Die in den beiden Dokumenten formulierten Prinzipien beziehungsweise<br />

Empfehlungen bilden das Fundament für die ¾n<strong>der</strong>ungen<br />

von Nr. 14 und 15 des Anhangs V <strong>der</strong> Richtlinie<br />

2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates.<br />

Die ¾n<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Bankenrichtlinie werden mit <strong>der</strong> Richtlinie<br />

2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates<br />

(CRD II) umgesetzt, die am 17.11.2009 im Amtsblatt <strong>der</strong><br />

Europäischen Union veröffentlicht wurde. Bereits am<br />

14.08.2009 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />

(BaFin) die neugefassten Mindestanfor<strong>der</strong>ungen<br />

an das Risikomanagement (MaRisk) mit erheblichen<br />

Erweiterungen im Liquiditätsrisikomanagement, die<br />

die ¾n<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> CRD II zum Liquiditätsrisiko weitestgehend<br />

umfassen. Parallel dazu werden in <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Literatur seit einiger Zeit <strong>unter</strong>schiedliche Ansätze zur<br />

<strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> diskutiert. Was <strong>der</strong> Praxis z.z. für<br />

die Umsetzung <strong>der</strong> bankaufsichtlichen und betriebswirtschaftlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen fehlt, ist eine Synthese <strong>der</strong> bankaufsichtlichen<br />

Regelungen einerseits und <strong>der</strong> diskutierten<br />

Konzepte an<strong>der</strong>seits. Somit wird in diesem Beitrag die Kompatibilität<br />

<strong>der</strong> Methoden zu den formulierten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

analysiert. Dafür erfolgt im Folgenden nach einer kurzen Darstellung<br />

des Liquiditätsrisikos und <strong>der</strong> neuen aufsichtsrechtlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen zum Liquiditätsrisiko eine Bestandsaufnahme<br />

<strong>der</strong> betriebswirtschaftlichen Methoden zur Messung<br />

des Liquiditätsrisikos. Abschlieûend werden die Methoden<br />

den formulierten Anfor<strong>der</strong>ungen gegenübergestellt.<br />

1 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, 5. Aufl.<br />

2010, S. 493.<br />

2 Siehe Committee of European Banking Supervisors, Second part of<br />

CEBS's technical Advice to the European Commission on Liquidity Risk<br />

Management, CEBS 2008 147, 18.09.2008.<br />

3 Siehe Basel Committee on Banking Supervision, Principles for Sound Liquidity<br />

Risk Management and Supervision, 2008.<br />

» AUTOR Dr. Björn Ludwig<br />

Dr. Björn Ludwig ist Referent für Grundsatzfragen im Bereich Banken<br />

beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband in Berlin.<br />

Der Autor gibt ausschlieûlich seine persönliche Meinung wie<strong>der</strong>.<br />

II. Darstellung des Liquiditätsrisiko<br />

Unter dem Liquiditätsrisiko wird allgemein die Gefahr verstanden,<br />

dass die je<strong>der</strong>zeitige Zahlungsfähigkeit nicht gegeben<br />

ist, weil benötigte Finanzmittel nicht zur Verfü<strong>gung</strong> stehen<br />

beziehungsweise nur zu erhöhten Kosten beschafft werden<br />

können. Das Liquiditätsrisiko lässt sich nach dieser Definition<br />

in zwei Komponenten zerlegen, einerseits in eine kurzfristige<br />

dispositive Komponente zur Sicherung <strong>der</strong> je<strong>der</strong>zeitigen<br />

Zahlungsfähigkeit und an<strong>der</strong>seits in eine langfristige<br />

strukturelle Komponente zur Sicherung einer gleichgewichteten<br />

Kapitalstruktur. Das dispositive Liquiditätsrisiko setzt<br />

sich aus dem Abruf- und dem Terminrisiko zusammen. Während<br />

das Abrufrisiko die Gefahr darstellt, dass Kreditzusagen<br />

unerwartet in Anspruch genommen beziehungsweise Einlagen<br />

unerwartet abgerufen werden, betrachtet das Terminrisiko<br />

die Gefahr einer unplanmäûigen Verlängerung <strong>der</strong> Kapitalbindungsdauer<br />

von Aktivgeschäften.<br />

Davon abzugrenzen ist das strukturelle Liquiditätsrisiko, das<br />

sich im Refinanzierungsrisiko ausdrückt. Das Refinanzierungsrisiko<br />

wird auch als Liquiditätsanspannungsrisiko bezeichnet.<br />

Beim Refinanzierungsrisiko besteht die Gefahr, dass<br />

mangels ausreichen<strong>der</strong> Marktliquidität Liquidationen erschwert<br />

werden und/o<strong>der</strong> dass erfor<strong>der</strong>liche Anschlussfinanzierungen<br />

nicht (o<strong>der</strong> nur zu schlechteren Konditionen)<br />

durchgeführt werden können. Diese <strong>unter</strong>schiedlichen Ausprä<strong>gung</strong>en<br />

des Liquiditätsrisikos sind für die <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

von zentraler Bedeutung. In <strong>der</strong> <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

ist differenziert zu überlegen, welche Ausprä<strong>gung</strong><br />

des Liquiditätsrisikos analysiert werden soll. Je nach betrachteter<br />

Ausprä<strong>gung</strong> des Liquiditätsrisikos sind an<strong>der</strong>e Methoden<br />

zur Quantifizierung des Liquiditätsrisikos einzusetzen.<br />

III. Neue aufsichtsrechtliche Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

bei <strong>der</strong> Quantifizierung des Liquiditätsrisikos<br />

Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise hat <strong>der</strong> Ausschuss <strong>der</strong><br />

europäischen Bankaufsichtsbehörden (CEBS) am 18.09.2008<br />

den Advice Nr. 147 mit 30 Empfehlungen zum Liquiditätsrisikomanagement<br />

veröffentlicht 4 . Die ersten 18 Empfehlun-<br />

4 Siehe hierzu und im Folgenden Committee of European Banking Supervisors,<br />

Second part of CEBS's technical Advice to the European Commission<br />

on Liquidity Risk Management, CEBS 2008 147, 18.09.2008.<br />

CORPORATE FINANCE biz 6/2010 347


UNTERNEHMEN » Banken<br />

Abb. 1: Entwicklung <strong>der</strong> aufsichtsrechtlichen Anfor<strong>der</strong>ungen an das Liquiditätsrisikomanagement<br />

8<br />

gen richten sich an die Banken und die Empfehlungen 19 bis<br />

30 sind an die nationalen Aufsichtsbehörden adressiert. Die<br />

Anwendung <strong>der</strong> Empfehlungen soll sich dabei nach dem<br />

Grundsatz <strong>der</strong> Proportionalität richten. Der Grundsatz <strong>der</strong><br />

Proportionalität besagt, dass das Risikomanagement je nach<br />

Institutsgröûe, Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt<br />

<strong>der</strong> geschäftlichen Aktivitäten angemessen ausgestaltet sein<br />

soll. Dies bedeutet, dass sich die Ausgestaltung des Risikomanagement<br />

an den institutsspezifischen Rahmenbedin<strong>gung</strong>en<br />

orientiert.<br />

Ebenfalls im September 2008 aktualisierte <strong>der</strong> Baseler Ausschuss<br />

für Bankenaufsicht (BCBS) grundlegend die aus 2000<br />

stammenden Principles for Sound Liquidity Risk Management<br />

and Supervision 5 . In 2000 waren es noch 14 Prinzipien<br />

für das Liquidtitätsrisikomanagement und die Aufsicht. 2008<br />

wurde die Anzahl auf 17 Prinzipien erhöht. Dabei gibt es drei<br />

<strong>unter</strong>schiedliche Übergänge <strong>der</strong> Prinzipien von 2000 auf<br />

2008. Erstens gibt es 2008 neue Prinzipien, die es in 2000<br />

noch nicht gegeben hat, wobei zu <strong>unter</strong>scheiden ist, ob ein<br />

Prinzip vollkommen neu ist o<strong>der</strong> aus an<strong>der</strong>en Prinzipen herausgezogen<br />

wurde. Zweitens enthalten die Prinzipien in<br />

2008 Prinzipien, die es auch schon in 2000 gab. Allerdings<br />

ist damit eine inhaltliche Überarbeitung dieser Prinzipien<br />

nicht ausgeschlossen. Drittens bleiben noch Prinzipien aus<br />

2000, die in an<strong>der</strong>en Prinzipien 2008 aufgegangen sind. Die<br />

Prinzipien 1 bis 13 sind für die Banken relevant und die Prinzipien<br />

14 bis 17 für die Aufsicht.<br />

Abgesehen von <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Empfehlungen beziehungsweise<br />

Prinzipien stimmen die Anfor<strong>der</strong>ungen inhaltlich weitestgehend<br />

überein. In beiden Papieren werden bspw. Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zur Festle<strong>gung</strong> <strong>der</strong> Risikotoleranz, Einrichtung eines<br />

Liquiditätspricings, Durchführung von Stresstest, Aufstellung<br />

eines Notfallplans und an<strong>der</strong>e formuliert. Die Vorschläge<br />

des CEBS und des BCBS zum Liquiditätsrisikomanagement<br />

wurden in <strong>der</strong> Europäischen Union (EU) in <strong>der</strong> Richtlinie<br />

2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates<br />

(CRD II) zur ¾n<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bankenrichtlinie umgesetzt 6 .<br />

5 Siehe hierzu und im Folgenden Basel Committee on Banking Supervision,<br />

Principles for Sound Liquidity Risk Management and Supervision, 2008<br />

und auch Heidorn/Schmaltz, ZfgK 3/2009 S. 112 (113).<br />

6 Siehe Schulte-Mattler/Dürselen, Die Bank 9/2009 S. 58.<br />

348<br />

Bisher waren die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

hinsichtlich des Liquiditätsrisikos<br />

auf supranationaler<br />

Ebene innerhalb <strong>der</strong> EU in<br />

den Punkten 14 und 15 des Anhangs<br />

V <strong>der</strong> Richtlinie<br />

2006/48/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates (Bankenrichtlinie)<br />

kodifiziert. Im<br />

Rahmen <strong>der</strong> CRD II hat sich<br />

die Zahl von zwei Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

auf zehn erhöht. Die CRD<br />

II wurde am 17.11.2009 im<br />

Amtsblatt <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union veröffentlicht und tritt<br />

am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung<br />

in Kraft. Die Umsetzung<br />

in nationales Recht hat<br />

bis zum 31.10.2010 zu erfolgen.<br />

Abdem 31.12.2010 sind diese Vorschriften anzuwenden.<br />

Die neuen Regelungen <strong>der</strong> CRD II setzen die Implementierung<br />

eines angemessenen Systems und Verfahrens zur Identifizierung,<br />

Messung, Steuerung und Überwachung des Liquiditätsrisikos<br />

einschlieûlich einer entsprechenden Risikostrategie<br />

und eines internen Berichtswesens voraus. System<br />

und Verfahren sind angemessen, wenn sie <strong>der</strong> Komplexität,<br />

<strong>der</strong> Gröûe, den Geschäften, dem Risikoprofil und <strong>der</strong><br />

Risikotoleranz des Kreditinstituts entsprechen 7 . Die dafür zu<br />

entwickelnden Methoden sollen für einen geeigneten künftigen<br />

Zeitraum die aktuellen und erwarteten Zahlungsströme<br />

in und aus Vermögenswerten, Passivpositionen und auûerbilanzmäûigen<br />

Positionen, einschlieûlich Eventualverbindlichkeiten<br />

berücksichtigen, so dass Liquiditätsengpässe frühzeitig<br />

erkannt werden. Des Weiteren sollen auch hier Stresstests<br />

durchgeführt werden, denen institutsspezifische,<br />

marktweite und kombinierte Szenarien zugrunde liegen. Die<br />

dahinter liegenden Annahmen sind regelmäûig zu überprüfen.<br />

Die in <strong>der</strong> CRD II vorgeschlagenen Punkte sind ausschlieûlich<br />

qualitativer Art und harmonisieren erstmals die<br />

Regeln zur Liquiditätssteuerung in <strong>der</strong> EU. Verglichen mit<br />

<strong>der</strong> Bankenrichtlinie sind die Regelungen <strong>der</strong> CRD II deutlich<br />

differenzierter, so dass insgesamt eine Verschärfung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu erkennen ist.<br />

Auf nationaler Ebene wurden die geän<strong>der</strong>ten Regelungen<br />

zum Liquiditätsrisikomanagement aus <strong>der</strong> CRD II bereits in<br />

den neuen MaRisk umgesetzt. Die neugefassten MaRisk wurden<br />

am 14.08.2009 von <strong>der</strong> BaFin veröffentlicht. Die Anwendung<br />

<strong>der</strong> neuen MaRisk erfolgt grundsätzlich zum<br />

31.12.2009. In begründeten Ausnahmefällen, die nicht auf<br />

Versäumnisse des Instituts zurückzuführen sind, wird bis<br />

zum 31.12.2010 auf bankaufsichtliche Maûnahmen verzichtet.<br />

Der Transmissionsweg <strong>der</strong> neuen aufsichtsrechtlichen<br />

Regelungen im Liquiditätsrisikomanagement wird noch einmal<br />

in Abb. 1 grafisch dargestellt.<br />

7 Siehe hierzu und im Folgenden Richtlinie 2009/111/EG des europäischen<br />

Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur ¾n<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Richtlinie 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2007/64/EG hinsichtlich Zentralorganisationen<br />

zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile,<br />

Groûkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement, Amtsblatt<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union, 17.11.2009, L 302, S. 116 (117) und auch Schulte-Mattler/Dürselen,<br />

Die Bank 9/2009 S. 58 (59).<br />

8 Quelle: Eigene Darstellung.<br />

CORPORATE FINANCE biz 6/2010


Auch in den MaRisk hat sich <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Regelungen erhöht,<br />

die Anzahl <strong>der</strong> Textziffern ist von fünf auf zehn gestiegen.<br />

Im Folgenden werden nicht alle Regelungen zum Liquiditätsrisiko<br />

dargestellt, son<strong>der</strong>n nur die für die <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

relevanten.<br />

In <strong>der</strong> neuen Fassung <strong>der</strong> MaRisk zählt das Liquiditätsrisiko<br />

gem. AT 2.2 zu den wesentlichen Risiken. Wesentliche Risiken<br />

sind nach AT 4.1 Tz. 1 grundsätzlich in das Risikotragfähigkeitskonzept<br />

einzubeziehen. Ausnahmen sind nach AT<br />

4.1 Tz. 3 nur möglich, wenn das jeweilige Risiko aufgrund<br />

seiner Eigenart nicht sinnvoll durch Risikodeckungspotenzial<br />

begrenzt werden kann. Beim Liquiditätsrisiko geht die Bankenaufsicht<br />

explizit davon aus, dass im Allgemeinen keine<br />

sinnvolle Begrenzung des Liquiditätsrisikos durch Risikodeckungspotenzial<br />

möglich ist.<br />

Im Hinblick auf die Sicherstellung <strong>der</strong> je<strong>der</strong>zeitigen Liquidität<br />

<strong>der</strong> Bank kann nach <strong>der</strong> goldenen Bankregel und <strong>der</strong> Bodensatztheorie<br />

dieser Sichtweise gefolgt werden. Denn wie<br />

in dem Modell von DIAMOND/DYBVIG gezeigt werden kann,<br />

kann es theoretisch auch bei einer solventen Bank ohne ökonomischen<br />

Grund zu einem Bank Run kommen 9 . Zu einem<br />

an<strong>der</strong>en Urteil könnte man <strong>unter</strong> Beachtung <strong>der</strong> Shiftability<br />

Theory und <strong>der</strong> Maximalbelastungstheorie beim Liquiditätsanspannungsrisiko<br />

kommen, denn die beim kurzfristigen<br />

Verkauf von Aktiva aus mangeln<strong>der</strong> Marktliquidität resultierenden<br />

Vermögensverluste können durch sonst nicht zur Risikodeckung<br />

benötigtes Eigenkapital gedeckt werden. Die<br />

Ausführungen machen deutlich, dass die Definition des Liquiditätsrisikos<br />

maûgeblich für den Einbezug in das Risikotragfähigkeitskonzept<br />

ist. Betrachtet man BTR 3 Tz. 1, so<br />

wird dort die je<strong>der</strong>zeitige Erfüllung <strong>der</strong> Zahlungsverpflichtungen<br />

des Instituts gefor<strong>der</strong>t. Das legt die Schlussfolgerung<br />

nahe, dass die Bankenaufsicht beim Liquiditätsrisiko auf die<br />

dispositive Komponente abstellt. Insofern stellt dies keine<br />

Einbeziehung in das Risikotragfähigkeitskonzept dar.<br />

Nach AT 4.3.2 Tz. 1 hat ein Kreditinstitut für die Identifizierung,<br />

Beuteilung, Steuerung sowie Überwachung und Kommunikation<br />

von wesentlichen Risiken angemessene Risikosteuerungs-<br />

und -controllingprozesse einzurichten. Mit den<br />

wesentlichen Risiken verbundene Risikokonzentrationen<br />

sind dabei zu berücksichtigen. Des Weiteren sollten die Prozesse<br />

in ein integriertes System zur Ertrags- und Risikosteuerung<br />

(¹Gesamtbanksteuerungª) eingebunden werden 10 .<br />

Die speziellen Regelungen zur <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

sind in BTR 3 formuliert. Eine <strong>der</strong> Neuerungen in diesem Teil<br />

ist die For<strong>der</strong>ung in BTR 3 Tz. 2, dass die Institute ihre Risikotoleranz<br />

in Bezug auf das Liquiditätsrisiko festlegen müssen.<br />

Dabei drückt die Risikotoleranz die Menge an Liquiditätsrisiko<br />

aus, die die Geschäftsleitung bereit ist zu tragen 11 .<br />

Die Risikotoleranz ist begrenzt durch die Verpflichtung zur<br />

je<strong>der</strong>zeitigen Erfüllung <strong>der</strong> Zahlungsverpflichtungen. Die<br />

Festle<strong>gung</strong> <strong>der</strong> Risikotoleranz kann anhand des Werts einer<br />

Kennzahl erfolgen. Dieser Wert gibt an, ab wann spätestens<br />

gegensteuernde Maûnahmen zu ergreifen sind. Es empfiehlt<br />

9 Siehe Diamond/Dybvig, Journal of Political Economy 1983 S. 401 (419)<br />

und auch Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre,<br />

5. Aufl. 2010, S. 487.<br />

10 Gem. den Erläuterungen zu den MaRisk handelt es sich dabei lediglich<br />

um eine Empfehlung <strong>der</strong> BaFin.<br />

11 Siehe hierzu und im Folgenden Winkler, BankPraktiker 12-01/2010 S. 591.<br />

UNTERNEHMEN » Banken<br />

sich dieses System um Beobachtungs- und Warngrenzen im<br />

Sinne eines Ampelsystems zu erweitern.<br />

Des Weiteren müssen gem. BTR 3 Tz. 3 Verfahren implementiert<br />

werden, die gewährleisten, dass ein Liquiditätsengpass<br />

frühzeitig erkannt wird. BTR 3 Tz. 4 for<strong>der</strong>t eine Liquiditätsübersicht,<br />

in <strong>der</strong> für einen geeigneten Zeitraum die erwarteten<br />

Mittelzuflüsse den erwarteten Mittelabflüssen gegenübergestellt<br />

werden. Die den erwarteten Mittelzuflüssen<br />

und -abflüssen zugrunde liegenden Annahmen sind festzulegen.<br />

Dabei sind etwaige Inanspruchnahmen aus Liquiditätslinien<br />

zu berücksichtigen, die das Kreditinstitut Dritten gegenüber<br />

eingeräumt hat.<br />

Nach BTR 3 Tz. 6 sind in Abhängigkeit von Art, Umfang,<br />

Komplexität und Risikogehalt <strong>der</strong> Geschäftsaktivitäten die jeweiligen<br />

Liquiditätskosten und -risiken sowie ggf. Beiträge<br />

zur Refinanzierung einzelner Geschäftsaktivitäten zu identifizieren<br />

und bei <strong>der</strong> Steuerung <strong>der</strong> Geschäftsaktivitäten zu berücksichtigen.<br />

An dieser Stelle ist die Frage <strong>der</strong> Ausprä<strong>gung</strong><br />

<strong>der</strong> Liquiditätskosten zu klären. Einerseits beziehen sich die<br />

Liquiditätskosten auf die Opportunitätskosten, die aus einer<br />

nicht realisierten alternativen Verwendung resultieren und<br />

an<strong>der</strong>seits auf die Refinanzierungskosten sowie die Kosten<br />

für das Liquiditätsanspannungsrisiko 12 . Diese liquiditätsbedingten<br />

Kosten vermin<strong>der</strong>n das Vermögen <strong>der</strong> Bank. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

die vom Liquiditätsanspannungsrisiko induzierten<br />

Kosten können in <strong>der</strong> Risikotragfähigkeitsrechnung mit Risikodeckungspotenzial<br />

<strong>unter</strong>legt werden. Damit wird im beson<strong>der</strong>en<br />

Teil <strong>der</strong> MaRisk durch den Grundsatz lex specialis<br />

die explizite Ausnahme in AT 4.1 Tz. 3 für die Einbeziehung<br />

des Liquiditätsrisikos in das Risikotragfähigkeitskonzept teilweise<br />

wie<strong>der</strong> aufgehoben.<br />

In den neuen MaRisk sind für die Liquiditätsrisiken entsprechend<br />

BTR 3 Tz. 7 regelmäûig angemessene Stresstests<br />

durchzuführen. Da es sich letztendlich bei allen implementierten<br />

Verfahren um Modelle handelt, die die Realität nur<br />

unvollkommen abbilden, bieten Stresstests ein Mittel Modellannahmen<br />

zu hinterfragen und so bestimmte Aspekte<br />

des in den Modellen immanente Modellrisikos zu quantifizieren.<br />

Insofern kann mittels Stresstests überprüft werden, wie<br />

sensitiv das Ergebnis gegenüber ¾n<strong>der</strong>ung einer Modellannahme<br />

bzw. Szenarien ist. Grundsätzlich sind bei Stresstests<br />

zwei Ausprä<strong>gung</strong>en zu <strong>unter</strong>scheiden 13 . Sensitivitätsanalysen<br />

o<strong>der</strong> auch univariate Stresstests analysieren die<br />

Auswirkung einer extremen Verän<strong>der</strong>ung eines einzigen Risikofaktors<br />

auf ein Portfolio. Szenarioanalysen o<strong>der</strong> multivariate<br />

Stresstests hingegen analysieren den Einfluss einer<br />

simultanen Verän<strong>der</strong>ung mehrerer Risikofaktoren. Den Erläuterungen<br />

<strong>der</strong> Bankenaufsicht folgend, sind <strong>unter</strong>schiedlich<br />

lange Zeithorizonte bei den Stresstests zugrunde zu legen.<br />

Darüber hinaus haben kapitalmarktorientierte Kreditinstitute<br />

bei den Stresstests sowohl institutseigene als auch<br />

marktweite Ursachen für Liquiditätsrisiken sowie Kombinationen<br />

von beiden zu betrachten.<br />

BTR 3 Tz. 10 for<strong>der</strong>t abschlieûend einen regelmäûigen Bericht<br />

an die Geschäftsleitung, <strong>unter</strong> an<strong>der</strong>em über die Liquiditätssituation<br />

und die Ergebnisse <strong>der</strong> Stresstests. Dabei ist<br />

12 Siehe Zeranski, BankPraktiker 5/2009 S. 237.<br />

13 Siehe hierzu Bühn/Klauck, in: Klauck/Stegmann (Hrsg.), Stresstests in<br />

Banken, 2006, S. 14.<br />

CORPORATE FINANCE biz 6/2010 349


UNTERNEHMEN » Banken<br />

auf beson<strong>der</strong>e Liquiditätsrisiken aus auûerbilanziellen Gesellschaftskonstruktionen<br />

geson<strong>der</strong>t einzugehen.<br />

IV. Controllinginstrumente für das Liquiditätsrisiko<br />

In <strong>der</strong> wissenschaftlichen Literatur finden sich <strong>unter</strong>schiedliche<br />

Ansätze zur Messung und Steuerung des Liquiditätsrisikos.<br />

Diese Ansätze sind entwe<strong>der</strong> bankaufsichtsorientiert<br />

o<strong>der</strong> betriebswirtschaftlich ausgerichtet 14 . Die betriebswirtschaftlichen<br />

Modellkonzepte orientieren sich entwe<strong>der</strong> am<br />

Zahlungsstrom o<strong>der</strong> am Vermögen. Bei einer bankaufsichtsorientierten<br />

<strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> wird das Liquiditätsrisiko<br />

nach <strong>der</strong> Liquiditätskennzahl <strong>der</strong> Liquiditätsverordnung<br />

(LiqV) gesteuert. Die Gap-Analyse, auch häufig als<br />

Liquiditätsablaufbilanz bezeichnet, und <strong>der</strong> Liquidity at Risk<br />

(LaR) orientieren sich hinsichtlich <strong>der</strong> Steuerung an den<br />

Zahlungsströmen des Instituts. Dem entgegen betrachtet<br />

<strong>der</strong> Liquidity Value at Risk (LVaR) das Vermögen. Die<br />

beiden letztgenannten Modellkonzepte LaR und LVaR<br />

gehören zu <strong>der</strong> Klasse <strong>der</strong> stochastischen Ansätze, die<br />

konzeptionell dem Value at Risk (VaR) ähnlich sind. Die<br />

Abb. 2 gibt noch einmal einen Überblick über die<br />

angesprochenen Modellansätze.<br />

Abb. 2: Überblick über die Modellkonzepte <strong>der</strong> <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

15<br />

Die Liquiditätskennzahl <strong>der</strong> LiqV setzt die verfügbaren Zahlungsmittel<br />

ins Verhältnis zu den abrufbaren Zahlungsverpflichtungen<br />

innerhalbdes nächsten Monats sowie bei weiteren<br />

Beobachtungskennzahlen bis zu einem Zeithorizont<br />

von einem Jahr. Ist <strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> Kennzahl gröûer gleich eins,<br />

ist die Liquidität für diesen Zeitraum gegeben. Hinter <strong>der</strong> Liquiditätskennzahl<br />

steht die Erwartung, dass die in dem Zeitraum<br />

verfügbaren Zahlungsmittel genauso hoch sind wie die<br />

abrufbaren Zahlungsverpflichtungen. Sind die abrufbaren<br />

Zahlungsverpflichtungen ggf. gröûer als die entsprechenden<br />

Zahlungsmittel, können in diesem Zeitraum nicht alle Zahlungsverpflichtungen<br />

erfüllt werden. Das gemessene Risiko<br />

stellt somit auf die dispositive Komponente des Liquiditätsrisikos<br />

ab.<br />

Die Eignung dieser Kennzahl zu Steuerungszwecken ist aus<br />

betriebswirtschaftlicher Sicht zu bezweifeln 16 . Zum einen<br />

14 Siehe hierzu und im Folgenden Deutsche Bundesbank, Monatsbericht<br />

9/2008, S. 62 und auch Winkler, BankPraktiker 12-01/2010 S. 591.<br />

15 Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Winkler, BankPraktiker<br />

12-01/2010 S. 592.<br />

350<br />

werden nur Zahlungen aus dem Wertbereich einer Bank erfasst,<br />

während wesentliche Zahlungsströme aus dem Betriebsbereich,<br />

wie z.B. Löhne und Gehälter, nicht in den Zahlungsverpflichtungen<br />

berücksichtigt werden. Zum an<strong>der</strong>en<br />

sind mit <strong>der</strong> Kennzahl Fehlanreize verbunden. Das Eingehen<br />

von Short Positionen in auûerbilanziellen Geschäften wie<br />

Swaps, Futures, Optionen und Kredit<strong>der</strong>ivaten verbessert<br />

kurzfristig die Liquiditätssituation des Instituts. Die möglichen<br />

künftigen Auszahlungen aus diesen innovativen Geschäften<br />

bleiben dabei unberücksichtigt. Trotz dieser Kritikpunkte<br />

bildet die Liquiditätskennziffer in einigen Instituten<br />

den Kern des Liquiditätsrisikomanagements.<br />

Die Gap-Analyse innerhalb <strong>der</strong> Liquiditätsablaufbilanz bildet<br />

die Grundlage <strong>der</strong> <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> 17 . Dabei werden<br />

kumulierte Zahlungsmittelzuflüsse und -abflüsse nach<br />

Laufzeitbän<strong>der</strong>n geglie<strong>der</strong>t gegenübergestellt 18 . Neben den<br />

Zahlungen aus bilanziellen Aktiv- und Passivgeschäften wird<br />

auch <strong>der</strong> Zahlungsstrom aus auûerbilanziellen Geschäften<br />

den entsprechenden Laufzeitbän<strong>der</strong>n zugeordnet. Die Einteilung<br />

in die Laufzeitbän<strong>der</strong> erfolgt dabei einerseits nach <strong>der</strong><br />

vertraglichen Kapitalbindung, sofern eine Laufzeit, wie z.B.<br />

bei Termineinlagen, vereinbart wurde. Fehlt eine vertragliche<br />

Kapitalbindung wird an<strong>der</strong>erseits auf die ökonomische<br />

Laufzeit abgestellt. Zeitpunkt und Höhe <strong>der</strong> Zahlungen wird<br />

in diesem Fall mittels statistischen Auswertungen o<strong>der</strong> Expertenschätzungen<br />

bestimmt.<br />

Sind in einem o<strong>der</strong> mehreren Laufzeitbän<strong>der</strong>n die erwarteten<br />

Zahlungsmittelabflüsse gröûer als die erwarteten Zahlungsmittelzuflüsse,<br />

liegt eine Liquiditätslücke in <strong>der</strong> Liquiditätsablaufbilanz<br />

vor. Kann die identifizierte Liquiditätslücke<br />

nicht durch Liquiditätsüberschüsse vorhergehen<strong>der</strong> Laufzeitbän<strong>der</strong><br />

gedeckt werden, so besteht Handlungsbedarf und<br />

es muss auf die bankspezifisch definierte Liquiditätsreserve<br />

zurückgegriffen werden. Die Liquiditätsreserve bildet zusätzlich<br />

beschaffbare Liquidität aus kurzfristig liquidierbarer Aktiva,<br />

Inanspruchnahme von erhaltenen Kreditlinien bei Zentralinstituten<br />

o<strong>der</strong> besicherter Refinanzierung mittels Offenmarktgeschäften<br />

bei <strong>der</strong> Bundesbank.<br />

Die Liquiditätslücke misst wie die Liquiditätskennziffer das<br />

dispositive Liquiditätsrisiko. Nachteil <strong>der</strong> Liquiditätsablaufbilanz<br />

ist die systemimmanente Unsicherheit aus <strong>der</strong> ökonomischen<br />

Laufzeit unbefristeter Geschäfte beziehungsweise<br />

den Prolongationsannahmen. Entgegen den stochastischen<br />

Ansätzen werden keine Eintrittswahrscheinlichkeiten<br />

für das Auftreten von Liquiditätslücken angegeben.<br />

Zur Lösung <strong>der</strong> fehlenden Wahrscheinlichkeitsaussage für<br />

den Eintritt des Liquiditätsrisikos werden in <strong>der</strong> Literatur<br />

stochastische Modellkonzepte vorgeschlagen. Die Klasse <strong>der</strong><br />

stochastischen Modelle zur <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> bilden<br />

<strong>der</strong> zahlungsstromorientierte Liquidity at Risk (LaR) und <strong>der</strong><br />

vermögensorientierte Liquidity Value at Risk (LVaR). Konzeptionell<br />

ähneln beide Ansätze dem Value at Risk, <strong>der</strong> zur<br />

16 Für eine detaillierte Beurteilung <strong>der</strong> Liquiditätskennziffer siehe Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber,<br />

Bankbetriebslehre, 5. Aufl. 2010, S. 492<br />

(493).<br />

17 Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 9/2008, S. 65 und auch Thomae,<br />

Die Bank 12/2008 S. 64.<br />

18 Siehe hierzu und im Folgenden Deutsche Bundesbank, Monatsbericht<br />

9/2008, S. 62 (63) und auch Rempel-Oberem/Zeranski, Risikomanager<br />

2/2008 S. 10; Thomae, Die Bank 12/2008 S. 64; Zeranski, Risikomanager<br />

11/2006 S. 4.<br />

CORPORATE FINANCE biz 6/2010


Risikomessung bei an<strong>der</strong>en Risikoarten weit verbreitet und<br />

akzeptiert ist.<br />

Der LaR ist ein Auszahlungsüberschuss, <strong>der</strong> innerhalb eines<br />

vorgegebenen Zeitintervalls mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit<br />

nicht überschritten wird 19 . Dabei wird <strong>der</strong> zu<br />

erwartende Nettozahlungsmittelabfluss aus einer historischen<br />

Verteilung <strong>der</strong> autonomen Zu- und Abflüsse an Zentralbankgeld<br />

geschätzt. Autonome Zahlungen sind Ein- und<br />

Auszahlungen, die hinsichtlich ihrer Höhe und ihres Zeitpunkts<br />

auûerhalbdes Einflussbereichs des Liquiditätsmanagemets<br />

<strong>der</strong> Bank liegen. Insofern ist <strong>der</strong> LaR eine Volumengröûe<br />

auf Zahlungsstromebene, da er auf Zu- und Abflüssen<br />

von Zentralbankgeld basiert.<br />

Der Nettozahlungsmittelabfluss wird für ein bestimmtes<br />

Zeitintervall ermittelt 20 . Hierfür kommt ein Zeitraum von einem<br />

Tag, sieben o<strong>der</strong> 30 Tagen in Betracht. Die Analyse <strong>der</strong><br />

beobachteten Nettozahlungsmittelabflüsse kann neben <strong>der</strong><br />

historischen Simulation o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Annahme einer Verteilung<br />

auch mittels <strong>der</strong> Extremwerttheorie erfolgen 21 . Dieses Problem<br />

ist nicht trivial, da bei <strong>der</strong> <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

die Eintrittswahrscheinlichkeiten von potenziell Existenz gefährdenden<br />

Nettozahlungsmittelabflüssen von Interesse<br />

sind. Die Grenzen <strong>der</strong> historischen Simulation, die den Risikowert<br />

ausschlieûlich aus den beobachteten Werten <strong>der</strong><br />

Stichprobe schätzt und <strong>der</strong> Normalverteilung, die groûe Risikowerte<br />

<strong>unter</strong>schätzt, können mit <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Extremwertstatistik<br />

überwunden werden. Aus <strong>der</strong> Extremwertstatistik<br />

bietet sich für das Liquiditätsrisikomanagement die<br />

Peaks-over-Threshold-Methode an, bei <strong>der</strong> die Werte für die<br />

Nettozahlungsmittelabflüsse über einer hinreichend groû gewählten<br />

Schwelle gegen die verallgemeinerte Paretoverteilung<br />

konvergieren 22 . Nach Ansicht <strong>der</strong> Bundesbank ist die<br />

Extremwertstatistik die einzige verwendbare Methode, da<br />

mit ihr auch Risikowerte auûerhalb<strong>der</strong> Stichprobe geschätzt<br />

werden können 23 .<br />

Um den LaR aus <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Nettozahlungsmittelabflüsse<br />

bestimmen zu können, muss vom Kreditinstitut ein<br />

Konfidenzniveau festgelegt werden. Das für den LaR zu wählende<br />

Konfidenzniveau sollte <strong>der</strong> individuellen Risikonei<strong>gung</strong><br />

des Instituts entsprechen. Für die Steuerung des Liquiditätsrisikos<br />

wird <strong>der</strong> ermittelte LaR <strong>der</strong> Liquiditätsreserve gegenübergestellt<br />

24 .<br />

Da <strong>der</strong> LaR auf dem Zahlungsstrom basiert, misst er das dispositive<br />

Liquiditätsrisiko. Die bei <strong>der</strong> LaR-Ermittlung zum<br />

Einsatz kommende Methodik ist theoretisch fundiert und allgemein<br />

akzeptiert. Des Weiteren ermöglicht <strong>der</strong> LaR ein<br />

Backtesting in Bezug auf die Aussage über die zu erwartenden<br />

Nettozahlungsmittelabflüsse.<br />

Ein weiteres stochastisches Modellkonzept zur Messung des<br />

Liquiditätsrisikos ist <strong>der</strong> LVaR. Der LVaR ist ein Vermögens-<br />

19 Siehe hierzu und im Folgenden Deutsche Bundesbank, Monatsbericht<br />

9/2008, S. 64 und auch Rempel-Oberem/Zeranski, Risikomanager 2/2008<br />

S. 8 (9); Zeranski, Risikomanager 11/2006 S. 4 (5).<br />

20 Siehe hierzu und im Folgenden Rempel-Oberem/Zeranski, Risikomanager<br />

2/2008 S. 9.<br />

21 Siehe hierzu und im Folgenden Zeranski, Risikomanager 11/2006 S. 5 (6)<br />

und auch Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, 5.<br />

Aufl. 2010, S. 474.<br />

22 Siehe Embrechts/Klüppelberg/Mikosch, Modelling Extremal Events,<br />

1997, S. 352 (356).<br />

23 Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 9/2008, S. 64.<br />

24 Vgl. Rempel-Oberem/Zeranski, Risikomanager 2/2008 S. 9.<br />

UNTERNEHMEN » Banken<br />

verlust aufgrund unerwartet hoher Refinanzierungskosten,<br />

<strong>der</strong> <strong>unter</strong> normalen Marktbedin<strong>gung</strong>en innerhalb eines vorgegeben<br />

Zeitintervalls mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit<br />

nicht überschritten wird 25 . Da <strong>der</strong> LVaR einen Vermögensverlust<br />

darstellt, <strong>der</strong> durch das Schlieûen einer offenen<br />

Liquiditätslücke entsteht, bezieht er sich somit, wie die<br />

VaR-Konzepte bei den an<strong>der</strong>en Risikoarten und entgegen<br />

dem LaR, auf die Vermögensebene.<br />

Der unerwartete Anstieg <strong>der</strong> Refinanzierungskosten, <strong>der</strong> zu<br />

dem Vermögensverlust führt, resultiert zum einem aus Abweichungen<br />

vom erwarteten strukturellen Liquiditätsbedarf beziehungsweise<br />

-überschuss und zum an<strong>der</strong>en aus Liquiditätsspreadausweitungen<br />

26 . Die Liquiditätsspreadän<strong>der</strong>ung kann<br />

für die durchschnittliche Refinanzierungsdauer aus <strong>der</strong> Analyse<br />

<strong>der</strong> historischen Liquiditätsspreadän<strong>der</strong>ungen mittels<br />

Varianz-Kovarianz-Ansatz, historischer Simulation o<strong>der</strong> Monte-Carlo-Simulation<br />

ermittelt werden. Mit <strong>der</strong> ermittelten<br />

Spreadän<strong>der</strong>ung wird die Verteuerung <strong>der</strong> geplanten Refinanzierung<br />

für einen bestimmten Zeitraum berechnet. Dafür wird<br />

je Laufzeitband die Barwertän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Refinanzierung einer<br />

offenen Liquiditätslücke aufgrund <strong>der</strong> Liquiditätsspreadverän<strong>der</strong>ung<br />

berechnet. Für die Berechnung <strong>der</strong> gesamten<br />

Barwertän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Refinanzierung erfolgt anschlieûend eine<br />

Addition <strong>der</strong> Barwertän<strong>der</strong>ungen je Laufzeitband. Die formale<br />

Berechnung ist in Gleichung 1 angegeben. Aus den verschiedenen<br />

Barwertän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> einzelnen Liquiditätsspreadän<strong>der</strong>ungen<br />

kann für ein bestimmtes Konfidenzniveau<br />

<strong>der</strong> LVaR bestimmt werden. Das gewählte Konfidenzniveau<br />

und <strong>der</strong> Zeitraum sollten mit den Vorgaben für die VaR-Berechnungen<br />

bei den an<strong>der</strong>en Risikoarten korrespondieren.<br />

mit:<br />

PV = Barwert<br />

LABt = Gap des Laufzeitbandes t<br />

AF = Abzinsungsfaktor<br />

LS = Liquiditätsspread des jeweiligen Laufzeitbandes<br />

Konzeptionell misst <strong>der</strong> LVaR das Refinanzierungsrisiko und<br />

somit die strukturelle Komponente des Liquiditätsrisikos.<br />

Während das mit den an<strong>der</strong>en Methoden gemessene dispositive<br />

Liquiditätsrisiko aufgrund seiner Eigenart nicht sinnvoll<br />

in <strong>der</strong> Risikotragfähigkeitsrechnung mit Risikodeckungspotenzial<br />

begrenzt werden kann, ist eine Unterle<strong>gung</strong> <strong>der</strong><br />

mit dem LVaR berechneten erfolgswirksamen Komponente<br />

des Liquiditätsrisikos theoretisch möglich 27 .<br />

V. Aufsichtsrechtskonforme <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

Bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> oben dargestellten Ansätze zur<br />

Steuerung des Liquiditätsrisikos sind sowohl die bankauf-<br />

25 Siehe hierzu und im Folgenden Deutsche Bundesbank, Monatsbericht<br />

9/2008, S. 65 und auch Rempel-Oberem/Zeranski, Risikomanager 2/2008<br />

S. 8 (9); Thomae, Die Bank 12/2008 S. 67.<br />

26 Siehe hierzu und im Folgenden Rempel-Oberem/Zeranski, Risikomanager<br />

2/2008 S. 11; Thomae, Die Bank 12/2008 S. 67 (68).<br />

27 Siehe Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 9/2008, S. 65 und auch Rempel-Oberem/Zeranski,<br />

Risikomanager 2/2008 S. 9.<br />

CORPORATE FINANCE biz 6/2010 351


UNTERNEHMEN » Banken<br />

sichtlichen Aspekte als auch die betriebswirtschaftlichen zu<br />

beachten. Bankaufsichtliche Aspekte stellen häufig Mindestanfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die Verfahren dar, die zwingend einzuhalten<br />

sind. Da die Bankenregulierung in dem hier diskutierten<br />

Bereich prinzipienorientiert ist, enthalten auch die neuen<br />

MaRisk mit dem oben erläuterten Grundsatz <strong>der</strong> Proportionalität<br />

eine Öffnungsklausel für die Kreditinstitute.<br />

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht müssen die Verfahren<br />

dem Informationsbedürfnis des Entscheidungsträgers Rechnung<br />

tragen. Die Identifizierung und Quantifizierung <strong>der</strong> Risiken<br />

muss aktuell, vollständig und relevant sein. Neben dem<br />

Informationsbedürfnis sind auch Wirtschaftlichkeitserwä<strong>gung</strong>en,<br />

die vom institutsspezifischen Kosten-Nutzen-Kalkül<br />

abhängen, zu berücksichtigen. Der Nutzen <strong>der</strong> Risikoquantifizierungsmethode<br />

muss die Kosten <strong>der</strong> Methode decken<br />

o<strong>der</strong> übersteigen. Eng mit den Kosten ist die Bereitstellung<br />

<strong>der</strong> Eingangsdaten bzw. <strong>der</strong> Aufbau einer Datenhistorie verbunden.<br />

Mittels <strong>der</strong> Liquiditätskennziffer kann die Risikotoleranz festgelegt<br />

und über Warngrenzen für die Kennziffer ein Ampelsystem<br />

eingerichtet werden. Durch die neben <strong>der</strong> Liquiditätskennziffer<br />

zusätzlich berechneten Beobachtungskennziffern<br />

kann ein Liquiditätsengpass bis zu einem Zeithorizont<br />

von 12 Monaten im Voraus erkannt werden. Eine Liquiditätsübersicht<br />

wird in <strong>der</strong> Form erstellt, dass die Zahlungsmittel<br />

und abrufbare Zahlungsverpflichtungen für bis zu einem Monat,<br />

drei, sechs und 12 Monate ermittelt werden. Detaillierte<br />

Übersichten für Zeiträume von einem Tag, einer Woche, auf<br />

Monatsbasis o<strong>der</strong> über ein Jahr hinaus sind in <strong>der</strong> LiqV nicht<br />

vorgesehen. Ebenso wenig können mit <strong>der</strong> Liquiditätskennziffer<br />

keine Liquiditätskosten ermittelt werden. Die Liquiditätskennziffer<br />

wird nach Maûgabe <strong>der</strong> LiqV berechnet, in <strong>der</strong><br />

keine Stresstests vorgesehen sind. Somit ist die Liquiditätskennziffer<br />

für Stresstests nicht geeignet. Da die Kennzahl<br />

nach LiqV nur monatlich an die Deutsche Bundesbank zu<br />

melden ist, wird sie auch nur monatlich berechnet, demnach<br />

kann ein Reporting nur monatlich zu den Meldeterminen erfolgen.<br />

Insofern können mit den Kennziffern nach LiqV nicht<br />

alle neuen Anfor<strong>der</strong>ungen an die Verfahren zur <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

erfüllt werden. <strong>Berücksichti</strong>gt man zusätzlich<br />

die oben in Abschnitt IV diskutierten konzeptionellen<br />

Mängel <strong>der</strong> Kennziffern für die <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong>,<br />

so ist festzustellen, dass künftig eine <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

allein auf Basis <strong>der</strong> Kennzahlen <strong>der</strong> LiqV sowohl<br />

bankaufsichtlich als auch betriebswirtschaftlich nicht mehr<br />

ausreichend und eine Ergänzung <strong>der</strong> Instrumentarien um<br />

weitergehende Methoden unvermeidbar ist.<br />

Bei <strong>der</strong> Gap-Analyse kann die Risikotoleranz mit einer Aussage<br />

zu <strong>der</strong> Liquiditätslücke festgelegt werden, bspw. soll<br />

<strong>der</strong> Zahlungsmittelüberschuss in jedem Laufzeitband mindestens<br />

X EUR betragen. Mit <strong>der</strong> Einteilung <strong>der</strong> Zahlungsmittelzuflüsse<br />

und -abflüsse in Laufzeitbän<strong>der</strong> wird eine Liquiditätsübersicht<br />

erstellt, mit <strong>der</strong> ein Liquiditätsengpass<br />

frühzeitig erkannt wird. Nur mit <strong>der</strong> Gap-Analyse können keine<br />

Liquiditätskosten berechnet werden, da sie lediglich auf<br />

Zahlungen basiert. Stresstests lassen sich mit einer Modifizierung<br />

<strong>der</strong> den Zahlungsströmen zugrunde liegenden Annahmen<br />

umsetzen. Die Liquiditätslücken können theoretisch<br />

täglich neu berechnet werden, allerdings ist damit ein hoher<br />

organisatorischer Aufwand verbunden. Der tatsächliche Be-<br />

352<br />

richtsturnus wird von <strong>der</strong> institutsspezifischen Kosten-Nutzen-Situation<br />

determiniert. Die Gap-Analyse ist <strong>der</strong> erste<br />

Schritt zu einer bedarfsgerechten Erweiterung <strong>der</strong> <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong>.<br />

Beim LaR kann die Festle<strong>gung</strong> <strong>der</strong> Risikotoleranz zum einen<br />

über das Konfidenzniveau erfolgen o<strong>der</strong> es kann ein maximaler<br />

Wert für den LaR vorgegeben werden, <strong>der</strong> nicht überschritten<br />

werden darf. Anstelle einer Liquiditätsübersicht<br />

wird eine Historie <strong>der</strong> Nettozahlungsmittelabflüsse erstellt.<br />

Wie auch schon mit <strong>der</strong> Gap-Analyse können nur mit dem<br />

LaR keine Liquiditätskosten ermittelt werden. Die Durchführung<br />

von Stresstests ist z.B. durch die <strong>Berücksichti</strong><strong>gung</strong> von<br />

Szenarien im Zahlungsstrom möglich. Wenn eine ausreichende<br />

Datenhistorie von Nettozahlungsmittelabflüssen aufgebaut<br />

ist, kann <strong>der</strong> LaR täglich an die Geschäftsleitung berichtet<br />

werden. Der LaR ist ein weiterer Schritt zur bedarfsgerechten<br />

<strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong>.<br />

Die Festle<strong>gung</strong> <strong>der</strong> Risikotoleranz erfolgt beim LVaR analog<br />

zum LaR. Allerdings kann <strong>der</strong> LVaR, da er die Vermögensebene<br />

betrachtet, auch in die Risikotragfähigkeitsrechnung<br />

einbezogen und für ihn Risikodeckungspotenzial reserviert<br />

werden. Da <strong>der</strong> LVaR konzeptionell auf <strong>der</strong> Liquiditätsablaufbilanz<br />

aufbaut, werden implizit Liquiditätsengpässe frühzeitig<br />

erkannt und es liegt eine Liquiditätsübersicht vor. Liquiditätskosten<br />

werden in Form von Kosten für das Liquiditätsanspannungsrisiko<br />

berechnet. Stresstests sind durch Integration<br />

von Szenarien möglich. Die Berichtszyklen sollten<br />

beim LVaR entsprechend <strong>der</strong> institutsspezifischen Kosten-<br />

Nutzen-Erwä<strong>gung</strong> festgelegt werden. Hinsichtlich einer bedarfsgerechten<br />

<strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> dürfte <strong>der</strong> LVaR<br />

wohl <strong>der</strong> letzte zu realisierende Baustein zu einem integrierten<br />

<strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong>ssystems mit mehreren Instrumenten<br />

sein. Einerseits beinhaltet ein solches System die<br />

Kennzahlen <strong>der</strong> LiqV zur Erfüllung <strong>der</strong> bankaufsichtlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen aus <strong>der</strong> LiqV und an<strong>der</strong>erseits zur Deckung<br />

<strong>der</strong> erweiterten bankaufsichtlichen und betriebswirtschaftlichen<br />

Ansprüche die Gap-Analyse, den LaR und den LVaR.<br />

Tab. 1 fasst die Ergebnisse noch einmal zusammen.<br />

Festle<strong>gung</strong> Risikotoleranz<br />

Liquiditätskennziffer<br />

nach LiqV<br />

Gap-<br />

Analyse<br />

LaR LVaR<br />

X X X X<br />

Liquiditätsengpass X X X X<br />

Liquiditätsübersicht X X (X) X<br />

Liquiditätskosten ± ± ± X<br />

Stresstests ± X X X<br />

Reporting X X X X<br />

* ) Quelle: Eigene Darstellung.<br />

Tab. 1: Erfüllungsgrad <strong>der</strong> erweiterten bankaufsichtlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen* )<br />

VI. Zusammenfassung<br />

Vor <strong>der</strong> Finanz- und Wirtschaftskrise stützte sich nach einer<br />

Studie <strong>der</strong> Deutschen Bundesbank in <strong>der</strong> Praxis die überwiegende<br />

Mehrzahl <strong>der</strong> Kreditinstitute, die eigene Verfahren<br />

zur Steuerung <strong>der</strong> Liquidität einsetzen, auf Gap-Analysen<br />

CORPORATE FINANCE biz 6/2010


o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e konzeptionell einfache Modelle 28 . Stochastische<br />

Modellkonzepte waren nur bei wenigen Kreditinstituten im<br />

Einsatz. Die Kreditinstitute müssen sich bewusst machen,<br />

dass das Liquiditätsrisiko wesentlich ist und angemessen im<br />

Risikosteuerungs- und -controllingprozess zu berücksichtigen<br />

ist. Wie die Papiere des BCBS und des CEBS sowie letztlich<br />

auch die neuen MaRisk zeigen, hat die Beachtung des<br />

Liquiditätsrisikos im Nachgang <strong>der</strong> Finanzmarktkrise durch<br />

die bankaufsichtlichen Institutionen deutlich zugenommen.<br />

Mit den bisher durch die neuen MaRisk in nationales Recht<br />

umgesetzten Anfor<strong>der</strong>ungen ist das Ende <strong>der</strong> Erweiterung<br />

<strong>der</strong> bankaufsichtlichen Regelungen zur <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong><br />

noch nicht erreicht. Aktuell werden vom BCBS <strong>unter</strong><br />

dem Titel ¹International framework for liquidity risk measurement,<br />

standards and monitoringª weitere Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> diskutiert.<br />

Eine ausschlieûlich auf den Kennzahlen <strong>der</strong> LiqV basierenden<br />

<strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> dürfte künftig nicht mehr<br />

ausreichend sein, um den gestiegenen aufsichtsrechtlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen in diesem Bereich gerecht zu werden.<br />

Darüber hinaus entspricht eine <strong>der</strong>art konzipierte Liquidi-<br />

UNTERNEHMEN » Banken<br />

tätsrisikosteuerung aus <strong>der</strong> betriebswirtschaftlichen Perspektive<br />

nicht dem Informationsbedürfnis <strong>der</strong> Entscheidungsträger<br />

eines Kreditinstituts. Insofern ist es sowohl aus<br />

aufsichtsrechtlichen Gründen als auch aufgrund des<br />

Informationsbedarfs <strong>der</strong> Entscheidungsträger unumgänglich,<br />

die bisher zur <strong>Liquiditätsrisikosteuerung</strong> eingesetzten<br />

Verfahren zielsetzungsgerecht weiterzuentwickeln. Dieser<br />

Risikosteuerungs- und -controllingprozess muss sich einerseits<br />

an den bankaufsichtlichen Regelungen als zu<br />

erfüllende Nebenbedin<strong>gung</strong> orientieren als auch an <strong>der</strong><br />

ökonomischen Vielschichtigkeit des Liquiditätsrisikos an<strong>der</strong>erseits.<br />

Für eine ganzheitliche Steuerung des Liquiditätsrisikos<br />

ist ein integriertes Steuerungssystem aufzubauen,<br />

dass zum einen das dispositive Abruf- und Terminrisiko und<br />

zum an<strong>der</strong>en das strukturelle Refinanzierungsrisiko berücksichtigt.<br />

Mit den hier diskutierten stochastischen Modellkonzepten<br />

LaR und LVAR kann ein solches Steuerungssystem<br />

sukzessiv aufgebaut werden.<br />

28 Vgl. hierzu und im Folgenden Deutsche Bundesbank, Monatsbericht<br />

9/2008, S. 65.<br />

CORPORATE FINANCE biz 6/2010 353

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