08.01.2013 Aufrufe

Gesellschaftliche Voraussetzungen der Erwachsenenbildung

Gesellschaftliche Voraussetzungen der Erwachsenenbildung

Gesellschaftliche Voraussetzungen der Erwachsenenbildung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

36<br />

tisch sei, weil das höhere Alter eine gesellschaftlich undefiniert gelassene „rollenlose“<br />

Lebensphase sei. Es ist denkbar, daß sich in dieser These nur die Unangemessenheit<br />

einer rollentheoretischen Konzeptualisierung von Sozialisation<br />

zeigt. Allerdings wird sich wohl erweisen, daß auch an<strong>der</strong>e Sozialisationskonzepte<br />

für das höhere Alter nicht ohne weiteres anwendbar sind.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> Familie werden die relevanten Übergänge unter dem Konzept<br />

des Familienzyklus (vgl. GLICK 1978) als <strong>der</strong> typischen Folge von voneinan<strong>der</strong><br />

abgehobenen Personenkonstellationen im Lauf <strong>der</strong> Entstehung und Auflösung<br />

einer Familie analysiert. Entsprechende Studien gelten dem Übergang in die<br />

Ehe, in die Elternschaft, in die „nachelterliche Phase“ und in die Phase des Alleinlebens<br />

nach dem Verlust des Ehepartners durch Scheidung o<strong>der</strong> Tod (vgl.<br />

die Übersichten in NAVE-HERZ 1981). Im Zusammenhang mit dem Familienzyklus<br />

ist auch die Existenz eines „Wohnzyklus“ als typische Folge von Wohnformen<br />

postuliert worden (vgl. MATTHES 1978 a).<br />

Die gesellschaftliche Bedeutung von Statusübergängen wird durch Übergangsriten<br />

unterstrichen, mit denen die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Handlungserwartungen für<br />

den Betroffenen und seine Interaktionspartner klar markiert werden. Sie sind vor<br />

allem in <strong>der</strong> kulturanthropologischen Literatur thematisiert worden (vgl. BENE-<br />

DICT 1978). Für mo<strong>der</strong>ne Gesellschaften wird oft über eine Deritualisierung geklagt,<br />

wodurch die Sozialisation für die neuen Handlungserwartungen erschwert<br />

werde. Immerhin lassen sich noch gewisse rituelle Markierungen des Lebenslaufs<br />

ausmachen, beispielsweise durch die entsprechenden kirchlichen Amtshandlungen<br />

(vgl. MATTHES 1978 b).<br />

Im Arbeitsbereich sind innerhalb <strong>der</strong> beiden erwähnten Einschnitte – Beginn und<br />

Ende <strong>der</strong> Berufstätigkeit – auf den ersten Blick keine Verän<strong>der</strong>ungen in Form<br />

von Statusübergängen erkennbar. Dennoch ist es ein Mangel, daß die Sozialisationsforschung<br />

die Zeitstruktur des Arbeitslebens bisher nicht berücksichtigt<br />

hat, was durch folgende Überlegungen verdeutlicht werden kann (vgl. KOHLI<br />

1980). Es lassen sich drei Aspekte von Erwerbsarbeit unterscheiden, die sozialisierend<br />

wirken: Erstens ist Arbeit eine Folge einzelner Tätigkeiten, die sich im<br />

Alltag ständig wie<strong>der</strong>holen. Die Sozialisationswirkung <strong>der</strong> einzelnen Tätigkeit ist<br />

dabei verschwindend gering, nicht jedoch die <strong>der</strong> Kumulation dieser immer gleichen<br />

Tätigkeiten. Das bedeutet, daß erst nach einer beträchtlichen Dauer des<br />

Arbeitslebens mit relevanten Effekten zu rechnen ist. Zweitens treten technischorganisatorische<br />

o<strong>der</strong> wirtschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen auf, die sich für den einzelnen<br />

als Verän<strong>der</strong>ung seiner Arbeitsbedingungen und -anfor<strong>der</strong>ungen, <strong>der</strong> sozialen<br />

Geltung seiner Arbeit und des mit ihr erzielbaren Einkommens auswirken<br />

können, im Extremfall auch als Arbeitslosigkeit. Letzteres kann als negativer und<br />

unerwünschter Statusübergang gelten. Diese Ereignisse treten während <strong>der</strong><br />

gesamten Dauer des Arbeitslebens auf, sind aber in ihren Auswirkungen stark<br />

altersspezifisch.<br />

Der dritte Aspekt betrifft nicht die betriebliche Organisation <strong>der</strong> beruflichen Laufbahn,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>en subjektive Verarbeitung, zum Beispiel in Form <strong>der</strong> „subjektiven<br />

Zeitökonomie des Lebenslaufs“. Es kann angenommen werden, daß sich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!