Internationale Gewerkschaftsarbeit - DGB Baden-Württemberg
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Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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<strong>Internationale</strong> <strong>Gewerkschaftsarbeit</strong><br />
1. ) Der „Interregionale Gewerkschaftsrat Bodensee“(IGR-Bodensee)<br />
„Grenzüberschreitende <strong>Gewerkschaftsarbeit</strong>“ ist nach der Aufgabenskizze des <strong>DGB</strong> vom<br />
21.1.1999 eine zentrale Aufgabenstellung der <strong>DGB</strong>-Regionen. Die konstituierende<br />
Delegiertenkonferenz der <strong>DGB</strong>-Region am 31.3.2001 hat diese Aufgabe als einen von drei<br />
vorrangig zu betreibenden programmatischen Bereichen besonders hervorgehoben. Eine<br />
Orientierung „mit dem Gesicht zum See“ zu erreichen, war das wichtigste Argument der<br />
Anhänger einer am Bodensee orientierten, neuen <strong>DGB</strong>-Region Bodensee-Oberschwaben. Es<br />
sollten die Vorbereitungen für den Aufbau einer systematischen und stabilen Zusammenarbeit<br />
mit den Gewerkschaften und mit den Gewerkschaftsbünden in den Ostschweizer Kantonen, im<br />
Fürstentum Liechtenstein und im österreichischen Bundesland Vorarlberg möglichst weit<br />
vorangebracht werden. In der neuen Perspektive tauchte damit gleichzeitig die Notwendigkeit<br />
auf, mit der bayrischen <strong>DGB</strong>-Nachbarregion Allgäu zu kooperieren.<br />
Voraussetzung für eine solide und grenzüberschreitende Kooperation war die Einrichtung eines<br />
entsprechenden Büros in Konstanz und die Besetzung mit einem/r Fachkraft. In dieser<br />
wichtigen Angelegenheit musste die <strong>DGB</strong>-Region sich allerdings bis zum April 2003 gedulden.<br />
Erst nach der Aufbauphase der grenzüberschreitenden Arbeitszusammenhänge und Gremien<br />
kam mit Andreas Pfeuffer die lang erwartete Entlastung ins Konstanzer Gewerkschaftshaus.<br />
Die <strong>DGB</strong>-Landessekretärin für grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Dr. Katrin Diestler in<br />
Offenburg, war an der Oberrheinschiene mit zwei „Interregionalen Gewerkschaftsräten“ und<br />
EURES-Grenzpartnerschaften abgebunden und konnte über Hilfestellungen hinaus das<br />
personelle Defizit am Bodensee nicht ausgleichen. Das <strong>DGB</strong>-Regionsbüro stand in diesem<br />
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EURES-Grenzpartnerschaften abgebunden und konnte über Hilfestellungen hinaus das<br />
personelle Defizit am Bodensee nicht ausgleichen. Das <strong>DGB</strong>-Regionsbüro stand in diesem<br />
Arbeitsbereich unter Überlast.<br />
Drei mögliche Ansatzpunkte waren 2001 aus der bisherigen grenzüberschreitenden Arbeit der<br />
<strong>DGB</strong>-Kreise in Konstanz, Ravensburg und Kempten zu berücksichtigen. Neben der Ebene der<br />
Bünde ging die Suchrichtung gleichzeitig auf die Ebene der Mitgliedsgewerkschaften. Ziel<br />
musste nach der Auffassung des <strong>DGB</strong>-Regionsbüros der Anschluss an die Strukturen auf der<br />
europäischen Ebene sein. Dies ungeachtet der Tatsache, sich mit dem absehbaren Beitritt der<br />
mittelosteuropäischen Staaten 2004 an der einzigen EU-Außengrenze Deutschlands und<br />
Österreichs zu befinden. Mit der Schweiz und mit Liechtenstein sind zwei von vier<br />
Kooperationspartnern staatlich außerhalb der EU. Neben dem denkbaren Trumpf, sich in einem<br />
einheitlichen Sprachraum bewegen zu können, waren unbekannte, besondere Bedingungen zu<br />
erwarten. Inwieweit dies zum Beispiel bedeutete, dass sich unsere GewerkschaftskollegInnen<br />
außerhalb des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) befinden würden und welche<br />
Organisationen aus diesen Staaten im EGB sonst noch auftauchen würden, waren spannende<br />
Fragen.<br />
Ansatzpunkte waren 2001 konkret: Die seit 1997 intensivierte, lose Veranstaltungskooperation<br />
des <strong>DGB</strong>-Kreises Bodensee-Oberschwaben, die Grenzländertreffen der Gewerkschaften im<br />
Bau-Holz-Bereich, in die im Jahr 2000 der <strong>DGB</strong>-Kreis Konstanz einbezogen worden war, die<br />
Kooperationssondierungen des IGM-Bezirks mit der SMUV (Schweiz) und der GHM<br />
(Österreich) und schließlich die feste Kooperation der <strong>DGB</strong>-Region Allgäu mit dem ÖGB im<br />
Rahmen der EURES-Grenzpartnerchaften Interalp und Transtirolia.<br />
1.1. ) <strong>Internationale</strong> Bodenseetreffen der Gewerkschaftsbünde<br />
Auf der Strecke Ravensburg-Feldkirch-St. Gallen wurden von Hugo Stohr (<strong>DGB</strong>), Christian<br />
Pellini und Norbert Loacker (ÖGB) die gemeinsame Orientierung im Themenfeld „Globalisierung<br />
und Arbeitswelt“ als wichtige Aufgabe gesehen. Aus der Schweiz waren insbesondere Kollegen/innen<br />
der Gewerkschaft Comedia in St. Gallen aktiv. Monika Rohner nahm regelmäßig teil.<br />
Seit 1998 bildete sich mit jährlichen, zweitägigen Veranstaltungen eine Art Tradition heraus.<br />
Dies ermutigte die Initiatoren mit einem workshop am 24./25.03.2000 in Wasserburg (1.<strong>Internationale</strong>s<br />
Bodenseetreffen) die Fragen einer stabilen, grundsätzlichen Zusammenarbeit der<br />
Gewerkschaftsbünde in der Bodenseeregion auf die Tagesordnung zu setzen. Es wurden in<br />
Wasserburg von 28 Teilnehmern die europäische Perspektive skizziert und Verabredungen<br />
über ein zu schaffendes, stabiles Netzwerk ins Auge gefasst. Vor allem sollte durch einen<br />
regelmäßigen Informationsaustausch aufgeräumt werden mit der weitgehenden Unkenntnis der<br />
gewerkschaftspolitisch interessanten Vorgänge im jeweils vor der Haustür liegenden<br />
Nachbarland. Leider ist die Initiative über dieses erste Treffen nicht hinausgekommen. Schon<br />
das 2. internationale Bodenseetreffen – vorgesehen für den 17./18.1.2001 in der Schweiz -<br />
musste ausfallen. Der gastgebende <strong>DGB</strong>-Kreis Bodensee-Oberschwaben befand sich in einer<br />
Umstrukturierungskrise und es meldeten sich zu wenig Interessenten an. Geblieben ist aus<br />
dieser Zeit neben den Erfahrungen der Beteiligten eine regelmäßige Übersendung der<br />
Presseschau des SGB-St-Gallen und eine jährliche Abschlussfahrt einer Schulungsreihe der<br />
ÖGB-Landesexekutive Vorarlberg auf die schwäbische bzw. südbadische Bodenseeseite. Erst<br />
im Herbst 2001 sollten sich die Kontaktlinien an der Ostseite des Bodensees wieder stärker<br />
bemerkbar machen.<br />
1.2. ) Grenzländertreffen der BAU/Holz-Gewerkschaften und Beratungszentren<br />
Am westlichen Ufer des Bodensees entfaltete sich in der internationalen Doppelstadt Konstanz/<br />
Kreuzlingen eine Aufbruchstimmung zwischen den beiden Kommunen und auch zwischen den<br />
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Gewerkschaften. Hier kreuzten sich im Sommer 2001 mehrere Entwicklungslinien, die Elwis<br />
Capece (<strong>DGB</strong>) zeitweilig in eine Koordinatorenrolle brachten. Eindrucksvoll war gerade der 1.<br />
Mai mit der SMUV-Thurgau gemeinsam in Konstanz gefeiert worden.<br />
Eine Offensive der GBI Richtung Zukunft<br />
Die wichtigsten Impulse allerdings waren 2000 aus dem Zentralsekretariat der Gewerkschaft<br />
Bau & Industrie (GBI) in Zürich gekommen. Die GBI sah offensichtlich in einem Wandel der<br />
Politik der Schweiz hin zu einer vorsichtigen und partiellen Öffnung nach Europa Möglichkeiten<br />
und Notwendigkeiten, die Schulung der eigenen Funktionsträger mit der Suche nach internationalen<br />
Kooperationspartnern vorausschauend und praktisch zu verknüpfen. Binnen 12 Jahren<br />
- von 2002 an gerechnet - sollte in der Schweiz stufenweise die volle Freizügigkeit der<br />
Arbeitnehmer/innen aller Staaten der EU eingeführt werden. „Flankierende Maßnahmen“ zum<br />
Schutz der Arbeitnehmer/innen in der Schweiz setzten vor allem eine bessere Kenntnis der<br />
Verhältnisse im EU-Ausland voraus. Zudem hatte das seco (Staatssekretariat für Wirtschaft in<br />
Bern) auf die EU-Programme InterregIIIA und EURES-T aufmerksam gemacht, die mit dem<br />
Inkrafttreten der Verträge im Juni 2002 erreichbar und nur in internationalen Partnerschaften<br />
nutzbar sein würden.<br />
Kreuzlingen<br />
Ueli Stoffer, Regionalsekretär Ostschweiz der GBI in St. Margrethen, war der Träger einer<br />
entsprechenden GBI-Initiative. Er organisierte ein großes Grenzländertreffen am 12.10.2000<br />
im „Zentrum zum Bären“ in Kreuzlingen. In den Referaten von Hans Baumann (GBI-Zentrale<br />
Zürich) „Bilaterale Verträge zwischen der EU und der Schweiz“ und von Andreas Harnack (IG<br />
BAU Bundesvorstand) „Vergleich der Tarifbedingungen zwischen Deutschland, Österreich und<br />
der Schweiz“ wurden die zentralen Hintergründe und die Interessen der Baugewerkschaften an<br />
einer stabilen Kooperation angesprochen. Allen Teilnehmer/innen wurde intensiv vor Augen<br />
geführt, dass es Sinn machen würde, sich einerseits bis zum Jahr 2002 positiv auf den Prozess<br />
des europäischen Zusammenwachsens einzustellen, sich gleichzeitig aber um Vorkehrungen<br />
zu kümmern, die ein Gegeneinanderausspielen der Gewerkschaften verhindern helfen könnten.<br />
Unter anderem wurde in Kreuzlingen klar, wie wichtig die Aneignung weiteren „europäischen“<br />
Wissens sein würde und wie schwierig die Beschaffung unmittelbar vergleichbarer, nationaler<br />
Daten für die Gewerkschaften sein werde.<br />
Es folgte als Nachspiel ein kleines Grenzländertreffen am 18.1.01 im Gewerkschaftshaus<br />
Konstanz, das unter anderem zeigte, dass die deutschen Partner die inhaltlichen Hinter- und<br />
Beweggründe erst inhaltlich nachvollziehen müssten, die die GBI in ihrer starken Dynamik nur<br />
teilweise offen legten. Neben der IGBAU zeigte sich mit Jo Blaschke die IGM-Verwaltungsstelle<br />
Singen an dem Prozess interessiert. Eine Erweiterung der Basis auf die Gewerkschaften und<br />
Bünde insgesamt und zwar rund um den See war nicht vorgesehen. Durch die Bildung der<br />
<strong>DGB</strong>-Region Bodensee-Oberschwaben am 31.3.2001 und durch deren politisches Programm<br />
war aber die andere, die württembergische Seeseite aufgetaucht und mit einzubeziehen.<br />
Gleichwohl drängten die Schweizer Kollegen mit dem Projekt „Beratungszentren“ (Euroguichet,<br />
Jurabogen) auf schnell greifbare, praktische Fortschritte. Am Rand einer internationalen GBI-<br />
Weiterbildung „Europäisches Arbeitsrecht“ am 14.3.01 in Kreuzlingen, die sich nachmittags mit<br />
der Dienstleistungs- und Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Euregio Bodensee beschäftigte,<br />
wurde der Rechtsanwalt Michael Wirlitsch aus Konstanz als Bearbeiter für ein „Projekt<br />
Gewerkschaftsnetz Euregio Bodensee“ eingeführt.<br />
Noch einmal lud Ueli Stoffer auf den 10.5.01 ins „Zentrum zum Bären“ nach Kreuzlingen ein.<br />
Gottfried Christmann vertrat neben Elwis Capece erstmals die neue <strong>DGB</strong>-Region und kündigte<br />
die Absicht an, sich um die Gründung eines „Interregionalen Gewerkschaftsrates“ bemühen zu<br />
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wollen. Die „AG Grenzländertreffen“ diskutierte ein Papier mit dem Titel „Überlegungen zur<br />
Gründung eines Beratungszentrums…“, das in Konstanz in der Anwaltskanzlei eingerichtet<br />
werden und sofort auf der Basis von monatlichen Zahlungen starten sollte. Die GBI erklärte sich<br />
bereit, zur Beschleunigung und zum Anschub die Gelder für Konstanz allein aufzubringen, warb<br />
gleichzeitig aber für die Einrichtung von Beratungszentren rund um den See. Als Trägerstruktur<br />
wurde die Gründung eines Vereines ins Auge gefasst. Bis auf die GBI war aber niemand in der<br />
Lage, zur Finanzierung des Projektes verbindliche Zusagen zu machen. In dieser Situation<br />
wurde die Antragstellung beim Programm InterreggIIIA vorgeschlagen und eine Vereinsgründung<br />
erst als Ziel eines für die Laufzeit von vier Jahren skizzierten Projekts beschrieben.<br />
Zu einer letzten Zusammenkunft in Kreuzlingen am 19.6.01 lud dann das „Gewerkschaftsnetz<br />
Bodensee“ durch seinem Vertreter Michael Wirlitsch ein. Erstmals beteiligte sich mit Norbert<br />
Loacker der ÖGB-Vorarlberg. Es zeichnete sich ab, dass die verschiedenen Vorstellungen zur<br />
Entwicklung der interregionalen Zusammenarbeit mit einer Vereinsgründung nicht wirklich<br />
zusammengebunden werden konnten. Der ÖGB-Vorarlberg zum Beispiel sah vorrangig die<br />
Notwendigkeit, gemeinsam mit den Schweizer Kollegen Informationsveranstaltungen für<br />
Grenzgänger/innen zur Rentenfrage zu organisieren. Er verfügte zudem über praktische<br />
Erfahrungen in einer EURES-Grenzpartnerschaft und warnte vor einer Fixierung auf<br />
InterregIIIA. Die <strong>DGB</strong>-Region Bodensee-Oberschwaben verfolgte die Gründung eines IGR-<br />
Bodensee auf der Ebene aller Bünde, betonte damit auch die Notwendigkeit des Einbezugs<br />
aller Gewerkschaften und kündigte die Einrichtung eines halbtags besetzen <strong>DGB</strong>-<br />
Beratungsbüros im Gewerkschaftshaus Konstanz an. Qualifizierte Arbeitskraft in dieser Form in<br />
ein Beratungsnetz einzubringen, sei für den <strong>DGB</strong> die einzig realistische Perspektive. Ein<br />
Einbringen von Geldbeiträgen in einen Verein sei dagegen unwahrscheinlich. Zwar wurde die<br />
Möglichkeit einer Vereinsgründung weiter sondiert. Getragen von den praktischen<br />
Anforderungen einer Grenzgängerberatung durch SMUV, GMH und ÖGB in den brennenden<br />
Fragen der Rentenreformen (11. und 12. AHV-Revision) verlagerte sich der Blickwinkel, die Aufmerksamkeit<br />
und damit auch der Ort des Geschehens vorerst weg von Kreuzlingen/Konstanz<br />
hin nach Vorarlberg.<br />
Von Kreuzlingen nach Bregenz<br />
Am 7.8.01 wurde in der „Krone“ in Dornbirn klar, dass nach Einschätzung der beauftragten<br />
impuls GmbH eine Antragstellung beim InterregIIIA-Programm in der gedachten Version kaum<br />
Aussicht auf Erfolg haben würde. Heftig wurden Protokollführung und Leitung der Arbeitsgruppe<br />
kritisiert, die in Anschreiben der federführenden Kanzlei schon als „Vorstand“ bezeichnet wurde.<br />
Die vorgeschlagenen Themen für Bildungsveranstaltungen wurden zurückgestellt oder<br />
verworfen. Die Arbeitsgruppe kam zu dem Ergebnis, dass die Satzung des angedachten<br />
Vereins und insbesondere die ungelöste Beitragsfrage eine Gründung im September nicht<br />
zulassen würden. Es wurde beschlossen eine Bestandsaufnahme der Beratungsarten und -<br />
leistungen der Gewerkschaften rund um den See in Auftrag zu geben.<br />
In einer weiteren Sitzung am 5.9.01 beim ÖGB in Bregenz zeichnete sich eine Wende in der<br />
Organisationsfrage ab. Mit den Informationen zu Hintergrundarbeiten einer internationalen<br />
Arbeitsgruppe der Arbeitsämter, die auf die Bildung einer EURES-Grenzpartnerschaft Bodensee<br />
zielten, eröffneten sich für die internationale Zusammenarbeit der Gewerkschaften neue<br />
Perspektiven. Damit entwickelte sich auch die Frage nach einem IGR-Bodensee von einer<br />
theoretischen zu einer praktisch zu lösenden und rückte in den Vordergrund.<br />
In einer <strong>DGB</strong>-SGB-ÖGB-Tagung am 29.11.01 in Bregenz, an der neben Ueli Stoffer und Alex<br />
Granato von der GBI erstmals mit Arthur Andermatt der Schweizerische Gewerkschaftsbund<br />
(Kantonaler GB-St. Gallen) in der Runde vertreten war, wurden von Manuela Auer, Norbert<br />
Loacker und Christian Pellini die Erfahrungen des ÖGB mit dem Programm EURES an der<br />
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bayrischen Grenze eingebracht. Der ÖGB erweiterte die geographische Perspektive auf den<br />
kuriosen Arbeitsmarkt des Fürstentums Liechtenstein. Der Liechtensteinische Arbeitnehmer/<br />
innen Verband (LANV) sollte in die weiteren Aktivitäten nach Möglichkeit einbezogen werden.<br />
Es wurde die Bildung eines IGR-Bodensee noch im ersten Halbjahr 2002 festgelegt und die<br />
Formulierung eines InterregIII-A-Projektantrags „Beratungsnetz Bodensee“ beschlossen.<br />
Das Projekt Beratungsnetz<br />
Eine hierfür eingesetzte Arbeitsgruppe (<strong>DGB</strong> Regionen Bodensee-Oberschwaben und Allgäu,<br />
SGB, ÖGB-Vorarlberg und LANV) hat am 10.01.02 am gleichen Ort den Rohentwurf eines<br />
Satzungsvorschlags für den IGR-Bodensee vorgelegt. Einigkeit bestand darüber, die satzungsmäßigen<br />
Gremien (z.B. Präsidium, Kongress) möglichst klein zu halten. Der SGB drängte<br />
neben der Bitte um schlanke, unbürokratische Gremien und Prozeduren vor allem darauf,<br />
gemeinsame Themen festzulegen, die zu Ausgangspunkten der weiteren Zusammenarbeit<br />
werden sollten. Die inhaltliche Arbeit müsse die Organisation bestimmen.<br />
In Weiterführung der Initiative der Bau-Holzgewerkschaften war in der Zwischenzeit mit Hilfe der<br />
impuls GmbH ein Schritt nach vorn gelungen. Eine in Ravensburg/Konstanz vom <strong>DGB</strong> koordinierte<br />
Fragebogenaktion zu den Beratungskompetenzen in den Gewerkschaften rund um den<br />
See konnte in einer ersten Auswertungsstufe (Werkvertrag Peter Friedrich, Uni Konstanz) vorgelegt<br />
werden. Auf der Basis einer in Konstanz erarbeiteten Projektskizze „Beratungsnetz“<br />
wurde Dr. Claudia Beck-Reinhardt (impuls) mit der weiteren Ausarbeitung eines Antrags für das<br />
InterregIII-A-Programm beauftragt. Zur Deckung eines in Projekten dieses Programms nötigen<br />
50%igen Eigenanteils hatte der <strong>DGB</strong>-Landesbezirk <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> avisiert, die für den<br />
Bodenseeraum beschlossene ½ Landessekretärstelle (Euregio-Sekretär/in) in eine auf 5 Jahre<br />
befristete, volle Stelle umzuwandeln (Projektlaufzeit) und in das Projekt einzubringen. Laut<br />
Projektskizze sollte das erste Beratungsnetz-Büro im Konstanzer Gewerkschaftshaus<br />
angesiedelt werden. ÖGB und SGB kündigten an, bei ihren zuständigen Netzwerkstellen des<br />
InterregIII-A-Programms prüfen zu lassen, ob eine teilweise Einbringung von Arbeitskraft aus<br />
bestehenden Arbeitsverhältnissen eigenmittelfähig sei und zur Steigerung des Projektvolumens<br />
beitragen könne. Es bestand Klarheit, dass aus den beteiligten Bünden keine Geldmittel<br />
eingesetzt werden würden. Gottfried Christmann wurde gebeten, als Beauftragter für die<br />
Gründungsversammlung eines IGR-Bodensee zu fungieren und Kontakt zum EGB<br />
aufzunehmen. Charly Schmidt (<strong>DGB</strong>-Region Allgäu) übernahm die nötige Klärung mit dem<br />
<strong>DGB</strong>-Landesbezirk Bayern.<br />
Damit waren die verschiedenen Aktionsansätze der Gewerkschaften rund um den See an der<br />
Jahreswende 2001/2002 auf der Ebene der Bünde zusammengeführt. Aktivitäten der<br />
Mitgliedsgewerkschaften liefen unabhängig davon weiter. Die Metaller zum Beispiel schlossen<br />
am 3.4. 2002 in Singen eine internationale Kooperationsvereinbarung, die von Berthold Huber<br />
(IGM), Rudolf Nürnberger (GMT) und Renzo Ambrosetti (SMUV) unterzeichnet wurde<br />
(Bericht/Foto s. SK78/04.04.02). In den Tarifauseinandersetzungen der IGM waren 2002<br />
erstmals teilnehmende Beobachter aus der Schweiz und aus Österreich zu sehen.<br />
1.3. ) Die Gründung des IGR-Bodensee (IGR=ITUC) und seine Arbeit<br />
1.3.1.) Arbeitsgruppe <strong>DGB</strong>-ÖGB-SGB-SYNA-LANV<br />
Die Teilnahme an einer EURES-Grenzpartnerschaft setzte nach den Beschlüssen des EGB<br />
vom März 2001 in Stockholm eine Regelung der gemeinsamen Repräsentanz der<br />
Gewerkschaften in Form eines IGR voraus. Die gemeinsamen Erfahrungen des ÖGB-<br />
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Vorarlberg und der <strong>DGB</strong>-Region Allgäu in der EURES Grenzpartnerschaft Interalp bekamen<br />
dadurch ein großes Gewicht für den Fortgang der Dinge und entfalteten eine stimulierende<br />
Wirkung. Es zeichnete sich die Möglichkeit der kurzfristigen Bildung einer EURES-<br />
Grenzpartnerschaft-Bodensee bereits im Jahr 2002 ab. Dr. Jochen Reuter (MKW GmbH),<br />
Koordinator der beiden bayrisch-österreichischen Grenzpartnerschaften war um die<br />
Vorbereitung einer Machbarkeitsstudie gebeten worden. Er wartete lediglich auf eine offizielle<br />
Bestätigung der Kommission bzw. der EURESco aus Brüssel.<br />
Sowohl der ÖGB-Vorarlberg als auch die <strong>DGB</strong>-Region Allgäu brachten in den Bregenzer<br />
Gesprächen unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie sich auf jeden Fall der neuen<br />
Grenzpartnerschaft Bodensee anschließen wollten, wenn diese denn Realität werden würde.<br />
Dies selbst um den Preis, möglicherweise aus der Grenzpartnerschaft Interalp aussteigen zu<br />
müssen. In den Gewerkschaftsbünden zeigte sich damit eine starke Orientierung auf den internationalen<br />
Bodenseeraum als gemeinsamem Bezugsrahmen.<br />
Im Oktober 2001 folgten unsererseits Abstimmungen des eingeschlagenen Weges mit der<br />
<strong>DGB</strong>-Nachbarregion Allgäu und den Verwaltungsstellen der IGM, (Der IGM-Bezirk veranstaltete<br />
am 17./18.10.01 in Titisee-Neustadt ein Kooperationsseminar mit dem SMUV und der GTM.)<br />
am 14.2.02 mit allen Gewerkschaften der <strong>DGB</strong>-Region anlässlich einer Geschäftsführertagung<br />
in Singen.<br />
Im Oktober 2001 war erstmals eine praktische Anfrage zu beantworten. Das<br />
Regierungspräsidium Tübingen wollte wissen, wie das einzige Arbeitnehmermandat für alle<br />
Gewerkschaften rund um den See und für die Arbeiterkammer Vorarlberg im Begleitausschuss<br />
des Programms InterregIIIA besetzt werden sollte. Die Gewerkschaften beauftragten in<br />
unkompliziertem Reihumentscheid Gottfried Christmann mit der Wahrnehmung des Mandats.<br />
Die Arbeiterkammer intervenierte beim Regierungspräsidium in Tübingen, fügte sich schließlich<br />
aber der Mehrheitsentscheidung.<br />
Am 09.01.02 kam in Bregenz die internationale Vorbereitungsgruppe für die IGR-Gründung<br />
zusammen. Manuela Auer und Christian Pellini (ÖGB-Vorarlberg), Irene Haak-Nessensohn<br />
(SGB-St.Gallen), Charly Schmidt (<strong>DGB</strong>-Bayern), Gottfried Christmann (<strong>DGB</strong>-<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>)<br />
bereiteten in weiteren Sitzungen am 31.3. und am 25.4. jeweils in Bregenz die Satzung<br />
vor und berieten einen Vorschlag für die Besetzung des Präsidiums. Dr. Jochen Reuter<br />
(Machbarkeitsstudie EURES-T-Bodensee) wirkte als Gastreferent in der Vorbereitungsgruppe<br />
als Katalysator, indem er die Gründung einer EURES-Grenzpartnerschaft-Bodensee für den<br />
Sommer des Jahres anregte. Damit war wiederum die Frage einer international abgestimmten<br />
Repräsentanz als drängendes Problem gestellt. Mit der Entscheidung für Friedrichshafen als<br />
Gründungsort des IGR-Bodensee und Anfang Juli als gewünschten Zeitpunkt fiel die<br />
organisatorische Vorbereitung ebenso an die gastgebende <strong>DGB</strong>-Region Bodensee-Oberschwaben<br />
wie die Ausarbeitung der Tagungsunterlagen (Entwurf eines Aktionsprogramms,<br />
Projektskizze Beratungsnetz, Grundsätze der Zusammenarbeit) und die Abstimmung mit dem<br />
EGB in Brüssel.<br />
Durch eine geschickte Regie Jochen Reuters und durch sein Zusammenspiel mit der Arbeitsgruppe<br />
der Arbeitsämter am Bodensee schien es geraten, das Angebot anzunehmen, auch die<br />
Organisation und Durchführung der Auftaktveranstaltung der beabsichtigten EURES-Grenzpartnerschaft<br />
Bodensee zu übernehmen. Das ist der Hintergrund für die Doppelkonferenz am<br />
5.7.02 im Graf-Zeppelin Haus in Friedrichshafen, in denen morgens der IGR-Bodensee<br />
gegründet und nachmittags EURES-T-Bodensee auf den Weg gebracht wurde.<br />
Die Zusammenarbeit mit Brüssel war lediglich in den Kontakten zum dortigen <strong>DGB</strong>-<br />
Verbindungsbüro erfreulich. Im Dialog mit dem EGB wurden die Satzungsfragen geklärt, welche<br />
Gewerkschaften in der Schweiz neben den SGB-Gewerkschaften als EGB-Mitglieder (SYNA;<br />
Christliche Gewerkschaftsvereinigung) beteiligt werden mussten und wie mit dem LANV in<br />
Liechtenstein umzugehen sei.<br />
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Der EGB zeigte sich in Person der Bundessekretärin Maria Helena André nicht begeistert vom<br />
Entstehen eines neuen IGR (ITUC), verhielt sich sperrig und unterstellte separatistische<br />
Bestrebungen gegenüber schon ins Bodenseegebiet hineinreichenden IGR. Der EGB im fernen<br />
Brüssel hatte offenbar nur unklare geographische Vorstellungen von der süddeutschen Grenz-<br />
und von der internationalen Bodenseeregion und empfahl den Anschluss an bestehende IGR.<br />
Am 2. Juli teilte der EGB uns brieflich die Ergebnisse einer Konferenz des „Koordinationskommittees<br />
der IGR“ am 4. April 2001 in Besancon mit. In dieser Konferenz war die Rolle der<br />
IGR an der Grenze zur Schweiz diskutiert worden. Der EGB nahm schließlich am 2.7.02 offiziell<br />
Kenntnis von der Gründung des „ITUC Bodensee“ und wünschte erfolgreiche Arbeit.<br />
1.3.2. Delegiertenkonferenz des Interregionalen Gewerkschaftsrates Bodensee<br />
am 5.7.02 in Friedrichshafen (Gründungsversammlung)<br />
24 von 27 geladenen Delegierten aus Österreich, den ostschweizer Kantonen, Bayern und<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> und Gastdelegierte nahmen an der Konferenz teil. Zwei weitere<br />
Gastdelegierte des LANV aus dem Fürstentum Liechtenstein unterstrichen die Wichtigkeit der<br />
begonnnen internationalen Zusammenarbeit. Fünf dieser Delegierten hatten schon an den<br />
Beratungen in Kreuzlingen teilgenommen.<br />
Die Konferenz verabschiedete die Satzung, den vorgeschlagenen Aktionsplan und die<br />
Projektskizze „Beratungsnetz Bodensee“. Das Präsidium – bestehend aus den Kollegen/innen<br />
Rainer Bliesener, Arthur Andermatt, Norbert Loacker, Manuela Auer, Irene Haak-Nessensohn,<br />
Erich Thoma, Karlheinz Schmidt, Gottfried Christmann - wurde en bloc in offener Abstimmung<br />
gewählt. Siggi Langenbahn, Präsident des LANV, erhielt von der Versammlung einstimmig ein<br />
Gastmandat für das Präsidium. In der anschließenden Präsidiumssitzung wurde Rainer<br />
Bliesener (<strong>DGB</strong>) zum ersten Präsidenten des IGR-Bodensee gewählt, Norbert Loacker (ÖGB)<br />
und Arthur Andermatt (SGB) wurden als Vizepräsidenten gewählt, die das Präsidentenamt nach<br />
jeweils zweijähriger Amtszeit übernehmen sollten. Die Vertretung im Koordinationsrat in Brüssel<br />
übernahm Rainer Bliesener als Präsident. (Die Tagung in Friedrichshafen ist in einer Broschüre<br />
dokumentiert und kann im <strong>DGB</strong>-Regionsbüro eingesehen bzw. nachgefragt werden.)<br />
Bis zur Einrichtung des „Büros für grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bodenseeraum“<br />
im März 2003 durch Andreas Pfeuffer als Sekretär des <strong>DGB</strong>-Bezirks <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
versah dessen Aufgaben in der Betreuung der Präsidiumsarbeit Gottfried Christmann.<br />
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Präsidium v. rechts nach links:<br />
Gottfried Christmann<br />
(<strong>DGB</strong>-Region Bodensee-Oberschwaben),<br />
Irene Hag-Nessensohn<br />
(Kantonale Gewerkschaftsbünde),<br />
Karlheinz Schmidt<br />
(<strong>DGB</strong>-Region Allgäu),<br />
Manuela Auer<br />
(ÖGB-Vorarlberg),<br />
Rainer Bliesener<br />
(<strong>DGB</strong>-Bezirk <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>),<br />
Arthur Andermatt<br />
(Kantonale Gewerkschaftsbünde),<br />
Sigi Langenahn<br />
(Liechtensteiner ArbeitnehmerInnenverband).<br />
Nicht auf dem Bild:<br />
Norbert Loacker (ÖGB-Vorarlberg),<br />
Erich Thoma (Christliche Gewerkschaftsvereinigung<br />
der Schweiz).
Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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1.3.3.) Die Arbeit des Präsidiums<br />
Das IGR-Präsidium tagte nach seiner Gründung im Normalfall drei bis viermal pro Jahr:<br />
5.9.2002 Bregenz<br />
17.10.2002 Bregenz<br />
6.12.2002 Lindau<br />
13.3.2003 Bregenz<br />
3.7.2003 Markelfingen vor EURES-Tagung Gesundheitssysteme<br />
11.9.2003 Triesen FL<br />
20.11.2003 Ravensburg; zugleich Delegiertensitzung vor EURES-Tagung Rentensysteme<br />
24.6.2004 Markelfingen<br />
9.9.2004 Bregenz<br />
29.11.2004 St. Gallen<br />
22.3.2005 Konstanz<br />
2.6.2005 Triesen<br />
28.9.2005 Konstanz<br />
Die wichtigsten Veränderungen während dieser Zeit betrafen die Übergabe der Präsidentschaft<br />
während der Sitzung am 24.6.2004 in Markelfingen von Rainer Bliesener auf Norbert Loacker,<br />
den Vorsitzenden des ÖGB Vorarlberg, die Ablösung Erich Thomas von Travail Suisse<br />
aufgrund von zeitlichen Problemen durch Emil Hauser aus St. Gallen. Am 22.3.2005 wurde<br />
Charly Schmidt von der <strong>DGB</strong>-Region Allgäu aufgrund seines Wechsels zur <strong>DGB</strong>-Region<br />
München verabschiedet. Sein Nachfolger im IGR-Präsdium ist Ludwin Debong von der <strong>DGB</strong>-<br />
Region Donau-Iller, die mit der Region Allgäu fusioniert wurde. Im Sommer 2006 steht dann die<br />
Übergabe der Präsidentschaft auf Arthur Andermatt vom Kantonalen Gewerkschaftsbund St.<br />
Gallen an.<br />
Rainer Bliesener bzw. Andreas Pfeuffer nahmen für den IGR Bodensee jeweils die Einladungen<br />
zu den zweimal im Jahr stattfindenden Sitzungen des Koordinationsausschusses der IGR’s<br />
innerhalb des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) in Brüssel wahr. Dies auch nach der<br />
Übergabe der Präsidentschaft an den ÖGB Vorarlberg. Für diesen Koordinationsausschuss<br />
wurde im Frühjahr 2005 eine Steuerungsgruppe gewählt, der mit Heide Langguth (stellvertretende<br />
Vorsitzende des <strong>DGB</strong>-Bezirks Bayern) eine Kollegin angehört, zu der gute Kontakte<br />
mit dem IGR Bodensee bestehen.<br />
Leider wurde schon bald nach der parallelen Gründung der EURES-Grenzpartnerschaft sowie<br />
des IGR Bodensee deutlich, dass es nicht möglich sein wird, für den IGR eine Finanzierung<br />
über EURES-Bodensee zu bekommen. So müssen die anfallenden Kosten von Aktivitäten<br />
jeweils aufgeteilt und Fahrt- oder Bewirtungskosten bei Sitzungen jeweils von der<br />
gastgebenden Organisation getragen werden. Das wirkte sich beispielsweise aus bei der<br />
Finanzierung eines eigenen Internetauftritts. Seit September 2004 ist der IGR nämlich auch im<br />
Netz (Adresse: www.igr-bodensee.net ) vertreten. Die Seite ist in erster Linie mit Links<br />
ausgestattet, die zu den nationalen Bünden bzw. deren regionalen Untergliederungen<br />
verweisen. Daneben besteht die Möglichkeit, die Satzung sowie die Adressdaten der<br />
Präsidiumsmitglieder einzusehen sowie die im Rahmen von EURES-Bodensee erstellten<br />
Broschüren herunter zu laden. Das Angebot soll in Kürze um eine periodische Übersicht über<br />
die die Bodenseeregion betreffenden aktuellen Gewerkschaftsthemen erweitert werden.<br />
Die Sitzungen des Präsidiums befassten sich naturgemäß mit den von den Gewerkschaftsbünden<br />
eingebrachten EURES-Projekten, angefangen vom Beratungsnetz bis zu den größeren<br />
Tagungen zu den Gesundheits- und Rentensystemen. Das Präsidium fungierte vor allem als<br />
beratendes Organ der im Lenkungsausschuss von EURES-Bodensee vertretenen Gewerk-<br />
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Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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schaften. Daneben boten die Sitzungen aber auch die Möglichkeit, sich über die<br />
allgemeinpolitische und sozialpolitische Lage, die gewerkschaftlichen Aktivitäten, Probleme und<br />
Aktionen in den jeweiligen Ländern auszutauschen. Dabei wurden Probleme diskutiert, die sich<br />
in allen Bodenseestaaten zugleich stellen, wie etwa die Themen Arbeitszeitverlängerung,<br />
Europäische Dienstleistungsrichtlinie oder Leiharbeit.<br />
Letzteres Thema bildete den Gegenstand mehrerer Sitzungen. Es entstand die Idee, mit den<br />
seriösen Verbänden der Leiharbeitsbranche in Gespräche zu kommen, um so gewerkschaftliche<br />
Interessen mit den Interessen der Zeitarbeitsfirmen zusammenzubringen und eine<br />
Art Gütesigel für „gute Praxis“ zu vergeben. Dies sollte angesichts vielfältiger Missstände im<br />
liechtensteinisch-vorarlbergischen oder dem deutsch-schweizer Raum vor allem auch im Hinblick<br />
auf das grenzüberschreitende Vermittlungsgeschehen erfolgen. Dabei wollte man auf die<br />
Erfahrungen der inzwischen zur Gewerkschaft Unia fusionierten Schweizer Gewerkschaften<br />
SMUV, GBI und VHTL zurückgreifen. Diese führte im Jahr 2005 mit dem Verband der<br />
Schweizer Personaldienstleister (VPDS) Tarifverhandlungen durch, deren Eckpunkte v.a. in der<br />
Einführung von Mindestlöhnen und einer obligatorischen Krankentaggeldversicherung bestand.<br />
Wie der Verhandlungsleiter André Kaufmann vom Unia-Zentralsekretariat in Bern in seinem<br />
Vortrag auf der Sitzung des IGR-Präsidiums am 28.9.2005 in Konstanz berichtete, sind diese<br />
Verhandlungen inzwischen allerdings gescheitert. Dies vor allem aufgrund einer Uneinigkeit bei<br />
den genannten zentralen Punkten.<br />
Die Idee einer gemeinsamen 1. Mai-Feier, die innerhalb des IGR geboren wurde, musste<br />
wieder fallen gelassen werden, da sich die Gepflogenheiten in den Ländern und Regionen allzu<br />
sehr unterscheiden. So wird der 1. Mai in Vorarlberg im wesentlichen von der SPÖ begangen<br />
und in den Ostschweizer Kantonen existiert ein roulierendes System, was bedeutet, dass nur in<br />
machen Jahren der Feiertag am See begangen wird. Ähnlich erging es der Idee einer<br />
Kampagne für ArbeitnehmerInnenrechte, die in Gestalt einer Fahrradtour die größeren Orte im<br />
Großraum Bodensee hätte anfahren sollen und dort zusammen mit den ansässigen<br />
Gewerkschaften Aktionen öffentlichkeitswirksam hätte durchführen sollen. Diese Idee scheiterte<br />
an den mittlerweile eingetretenen Personalreduzierungen innerhalb des <strong>DGB</strong> und der<br />
Beteiligung der Schweizer Gewerkschaften.<br />
Die große Herausforderung des IGR Bodensee für die nächsten Jahre besteht wohl darin, die<br />
Aktivitäten von der Ebene der Bünde auch zu den Gewerkschaften zu transportieren und –<br />
insoweit sie nicht schon selbst grenzüberschreitende Aktivitäten entfaltet haben – deren<br />
Interesse zu wecken. Ein konkreter Ansatzpunkt wäre etwa – so lange die Idee einer europaweiten<br />
Gewerkschaftsmitgliedschaft noch in weiter Ferne steht – die wechselseitigen Abkommen<br />
auf Anerkennung der Mitgliedschaft (Gewährung von Rechtsschutz etc.) zu dokumentieren<br />
und den GrenzgängerInnen in der Region als Angebot zur Verfügung zu stellen. Dies oder eine<br />
spezielle Bodenseeleistung der Gewerkschaften könnte GrenzgängerInnen zu einer Mitgliedschaft<br />
bewegen. In solchen greifbaren Aktivitäten könnte der IGR zusätzliches Profil gewinnen.<br />
2. ) Das EU+Schweiz-Programm „EURES-T-Bodensee“<br />
Die wichtigsten Vorbereitungsarbeiten zum Aufbau einer „EURES-Transfrontalier“ am<br />
Bodensee sind im Rahmen einer seeumspannenden Arbeitsgruppe der Arbeitsämter zu sehen,<br />
die diese innerhalb der IBK-Kommission Wirtschaft seit etwa 2000 zusammengeführt hatte. Die<br />
einzelnen, weiteren Schritte sind für uns wegen der Reibungsverluste im Aufbauprozess der<br />
<strong>DGB</strong>-Region bis heute nicht ganz transparent. Im Juli 2001 fand in Ravensburg eine<br />
Besprechungsrunde im Arbeitsamt bei Heinz Schnäbele statt, an der für den <strong>DGB</strong> Hans<br />
Lambacher (<strong>DGB</strong>-Landesbezirk) und Karlheinz Schmidt (<strong>DGB</strong>-Region Allgäu) teilnahmen. Es<br />
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Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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ging um die Erläuterung des Programms European Employment Services (EURES). Das<br />
Programm hat die Aufgabe, europaweit die Freizügigkeit der Arbeitnehmer/innen zu befördern.<br />
In unserem Bodenseeraum lag die Besonderheit darin, dass mit den Staaten Schweiz und<br />
Liechtenstein Nicht-EU-Mitglieder in eine Kooperation mit den EU-Mitgliedern Deutschland und<br />
Österreich eintreten wollten. Des weiteren müssen im Bodenseeraum entgegen des gern<br />
bemühten Bildes von einem einheitlichen Kulturraum die Grundlagen einer vergleichenden<br />
Beschreibung der Lebens- und Arbeitsbedingungen erst noch geleistet werde.<br />
Nach einer weiteren Vorkonferenz am 8.11.01 in Lindau kam der uns als <strong>DGB</strong>-Regionsbüro einbeziehende<br />
und die Gründung auslösende Impuls im Frühjahr 2002 sozusagen von außen. Dr.<br />
Jochen Reuter (MTU-München), Koordinator zweier bayrisch-österreichischen EURES-<br />
Grenzpartnerschaften, stellte die Frage, ob die <strong>DGB</strong>-Region bereit wäre, die Organisation und<br />
Durchführung der Auftaktveranstaltung für eine „EURES-Grenzpartnerschaft Bodensee“ zu<br />
übernehmen. Die gewerkschaftliche Repräsentanz im Lenkungsausschuss einer solchen<br />
Grenzpartnerschaft musste nach den Richtlinien des europäischen Gewerkschaftsbundes<br />
(EGB) ein Interregional Trade Union Council (ITUC = IGR) sein.<br />
Die internationale Konferenz der Interessenten an einer EURES-Grenzpartnerschaft Bodensee<br />
am 5.7.02 im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen wurde für die <strong>DGB</strong>-Region als<br />
Einladerin und verantwortliche Moderatorin zu einem großen Erfolg. Die Vertreter/innen von<br />
Arbeitgebern, Arbeitsämtern und Gewerkschaften aus den vier Staaten am Bodensee tagten<br />
zusammen mit dem Vertreter der EURESco, Michael Teutsch, aus Brüssel unter der <strong>DGB</strong>-<br />
Fahne als Saalschmuck. Im Nachhinein rätselhaft ist, warum Brüssel die Öffentlichkeit der<br />
Medien nicht wünschte. Nach einer Vorstellung einer Machbarkeitsstudie durch Dr. Jochen<br />
Reuter zeigte die Diskussion, dass die Akteure aller Kooperationspartner keine Zeit mehr<br />
verlieren wollten und die provisorisch für das erste Haushaltsjahr vorgesehenen Projektmittel<br />
von 240 000 € sobald wie möglich in Anspruch nehmen wollten. Es kam in Friedrichshafen zur<br />
Einsetzung einer Gründungsgruppe, die als provisorischer Lenkungsausschuss in den<br />
beteiligten Ländern die Vertragspapiere vorbereiten und die praktische Arbeit in die Wege leiten<br />
sollte.<br />
Jochen Reuter stellte seine Erfahrungen als Koordinator zweier bayrisch-österreichischen<br />
Grenzpartnerschaften zur Verfügung, indem er als provisorischer Koordinator am Bodensee<br />
arbeitete. Bereits am 16.09.02 wurde die konstituierende Sitzung des Lenkungsausschusses im<br />
Amt für Arbeit in St. Gallen durchgeführt. Johannes Rutz (Schweiz, Arbeitsämter) wurde zum<br />
Präsidenten vorgeschlagen, Dr, Christoph Jenny (Österreich, Arbeitgeber) und Gottfried<br />
Christmann (Deutschland, Arbeitnehmer) zu designierten Co-Präsidenten. Manuela Auer vom<br />
ÖGB-Vorarlberg übernahm die Leitung der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit. Dr. Werner<br />
Schelling, Arbeitsmarktservice Vorarlberg, fungierte als Treuhänder. Mit der Unterzeichnung<br />
einer Absichtserklärung und der Besprechung erster Projektvorhaben unterstrichen alle<br />
Beteiligten an der Grenzpartnerschaft ihren Willen zur schnellen Zusammenarbeit. Zum ersten<br />
Mal in der Geschichte der Grenzpartnerschaften in Europa beteiligte sich die Schweiz über ihr<br />
„seco“ (Staatssekretariat für Wirtschaft) direkt und mit einem Drittel des Finanzvolumens. Mit<br />
400 bis 500 Tsd €/pro Jahr gehört das Programm EURES-Grezpartnerschaft-Bodensee zu den<br />
kleineren europäischen Programmen im internationalen Bodenseeraum. Es ist sehr effektiv.<br />
Bereits im November war die Grenzpartnerschaft dann in der Lage, zur Auswahl des<br />
Koordinators in Bregenz zusammen zu kommen. Es ist für die <strong>DGB</strong>-Region angenehm, dass<br />
sich mit Wolfgang Himmel (impuls, später translake GmbH) ein Konstanzer durchsetzen konnte,<br />
zu dem bereits eine Kooperationsbeziehung bestand.<br />
Im Winter 2001 wurden von uns die ersten Schritte zur Realisierung unseres Konzepts „Beratungsnetz“<br />
angegangen. Es war der Beginn der Projektarbeit auf finanzieller Vertrauensbasis.<br />
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Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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Zur offiziellen Gründungsversammlung im Januar 2002 lud Heinz Schnäbele, Direktor des<br />
Arbeitsamtes Ravensburg und späterer Treuhänder, ein. Mit der Wahl Friedrichshafens als<br />
Gründungsstadt der 21. europäischen Grenzpartnerschaft wurde die Rolle der <strong>DGB</strong>-Region<br />
noch einmal unterstrichen.<br />
Die Projekte der <strong>DGB</strong>-Region folgten dem einfachen Konzept, die Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
in der internationalen Bodenseeregion so zu erfassen und beschreibend aufzubereiten,<br />
dass gewerkschaftliche und andere Berater/innen in einem Beratungsnetz inhaltlich<br />
befähigt würden. Im Schnittpunkt eines Ensembles von Veranstaltungen und Beratungen und<br />
von deren Dokumentationen sollte eine Broschüre zur Beratung von Grenzgänger/innen entstehen.<br />
Das Beratungsnetz selbst sollte dem Prinzip von umfassender Problembearbeitung und<br />
Beratung aus einer Hand (one-stop-agencies) folgend aufgebaut werden. Die Leistungsbilanz<br />
der <strong>DGB</strong>-Region und des <strong>DGB</strong>-Landesbezirks im Rahmen der EURES-Grenzpartnerschaft<br />
Bodensee ist Anlass zum Stolz. Trotzdem darf nicht übersehen werden, dass unser Kernprojekt,<br />
die Schaffung eines hauptamtlich gestützten Beratungsnetzes rund um den Bodensee<br />
bisher nicht realisiert werden konnte. Brüssel hat 2003 die Finanzierung einer hauptamtlichen<br />
Arbeitskraft abgelehnt.<br />
Tagung „Grenzenlose Gesundheit“<br />
Eine der ersten größeren öffentlichkeitswirksamen<br />
Veranstaltungen im Rahmen von EURES-Bodensee<br />
wurde von der <strong>DGB</strong>-Region im Rahmen des<br />
EURES-Projekts „Gesundheitssysteme am Bodensee<br />
im Vergleich“ in Form einer Tagungsveranstaltung<br />
unter dem Titel „Grenzenlose Gesundheit?“ am<br />
4. Juli 2003 im Konstanzer Kulturzentrum am<br />
Münster durchgeführt. Beteiligt an den umfangreichen<br />
Vorarbeiten waren neben der <strong>DGB</strong>-Region<br />
und dem <strong>DGB</strong>-Büro für transnationale Kooperation<br />
in Konstanz auch die KAB mit Peter Niedergesäß,<br />
die Katholische Betriebsseelsorge Ravensburg mit<br />
Werner Langenbacher sowie die Attac-Gruppe Ravensburg<br />
mit Markus Herzog. Die Veranstaltung –<br />
als ein Baustein im Rahmen einer Veranstaltungsreihe<br />
zur sozialen Sicherung in den Bodenseeanrainerstaaten<br />
gedacht – sollte von vornherein<br />
ein dreifaches Ziel verfolgen: Nämlich für die<br />
Akteure von EURES-Bodensee das Wissen um die<br />
Gesundheitssysteme in den vier Ländern zusammen<br />
zu tragen, daneben aber auch das Netzwerk<br />
der Experten für die für Grenzgänger relevanten<br />
Fragen voranzutreiben und nicht zuletzt den <strong>DGB</strong><br />
im Rahmen der EURES-Partnerschaft öffentlichkeitswirksam<br />
zu platzieren.<br />
Den Kern der Veranstaltung, die als erste öffentliche Veranstaltung der EURES-Partnerschaft<br />
von ca. 70 Personen aus dem Gesundheitswesen, den Krankenkassen, den Gewerkschaften,<br />
Betriebsräten und Arbeitsämtern um den See repräsentativ besucht war, bildeten nach einer<br />
Einführung in das Thema durch Gottfried Christmann vier Vorträge über die jeweilige<br />
Architektur, die Reformvorhaben und die für GrenzgängerInnen relevanten Aspekte der<br />
nationalen Systeme. Hierfür konnten der Leiter der „Stiftung KVG – gemeinsame Einrichtung“,<br />
der Clearing-Stelle zwischen den Schweizer und ausländischen Krankenversicherern in<br />
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Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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Solothurn, Herr Rolf Sutter, Frau Dr. Irene File vom Amt für Volkswirtschaft Liechtenstein, Dr.<br />
Erich Zündel von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse und schließlich Uwe Daltoe von der<br />
Bezirksdirektion der AOK Konstanz gewonnen werden.<br />
Interessant waren die damit möglichen Vergleiche insofern, als den Anwesenden in zeitlicher<br />
Nähe zur deutschen Gesundheitsreform die Hintergründe des Schweizer Prämiensystems<br />
vermittelt wurden, welches bei uns kontrovers unter dem Stichwort „Kopfpauschale“ diskutiert<br />
wurde und wird; ebenso aber auch etwa die Gründe für die niedrigeren Sozialbeiträge für das<br />
österreichische Krankenversicherungssystem, welches durchaus Ähnlichkeiten mit der bei uns<br />
diskutierten Bürgerversicherung aufweist.<br />
Der Titel der Veranstaltung „Grenzenlose Gesundheit“ sollte aber nicht nur die Chancen in<br />
einem Europa beleuchten, dessen Barrieren hinsichtlich der Personenfreizügigkeit abgebaut<br />
werden. Sondern auch die Schattenseiten des Gesundheitsmarktes in einem globalen Raum, in<br />
dem Gesundheit zunehmend zu einer Ware degradiert wird. Das Referat des Schweizer<br />
Sozialwissenschaftlers und Attac-Vertreters Alessandro Pelizzari arbeitete diese Problematik<br />
am Beispiel des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) für<br />
den Gesundheitsbereich heraus und lieferte damit den nachfolgenden Diskussionen innerhalb<br />
und mit dem Podium, bestehend aus Manfred Hoff vom <strong>DGB</strong>-Landesbezirk, Jürgen Sendler<br />
vom <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand, Erich Zucalli von Attac-Vorarlberg und Alessandro Pelizzari selbst<br />
reiches Material, welches durch Berichte von TeilnehmerInnen aus den verschiedenen Ländern<br />
über Privatisierungsprozesse im Gesundheitsbereich ergänzt wurde.<br />
Das zwar auf den Südkurier und die Ostschweizer Gewerkschaftspresse beschränkte, aber<br />
durchaus positive Echo und vor allem der überraschende Absatz der gedruckten<br />
Dokumentation, die nach kurzer Zeit schon vergriffen war, bestätigte das Engagement der<br />
<strong>DGB</strong>-Region auf diesem Gebiet. Sie sorgte zusammen mit der später erschienen Broschüre<br />
„Infos für Grenzgänger“ schon bald dafür, dass der <strong>DGB</strong> als einer der Schrittmacher innerhalb<br />
der EURES-Partnerschaft Bodensee angesehen wird.<br />
Tagung „Alterssicherung an den Grenzen“<br />
Am 22. November 2003 fand dann im Anschluss an die erste Delegiertensitzung des IGR-<br />
Bodensee seit seiner Gründung die zweite größere, vom <strong>DGB</strong> organisierte und vom LVA-<br />
Regionalzentrum organisatorisch unterstützte Veranstaltung zu Themen der sozialen Sicherung<br />
in den vier Bodenseeanrainerstaaten in den Räumlichkeiten der Agentur für Arbeit Ravensburg<br />
statt. Sie war diesmal dem Thema Alterssicherung gewidmet, wofür neben dem Vorsitzenden<br />
des <strong>DGB</strong>-Bezirks, Rainer Bliesener, Experten wie der ehemalige Nationalrat und Direktor des<br />
Schweizer Bundesamtes für Sozialversicherung, Otto Piller, der Direktor der Pensionsversicherungsanstalt<br />
Vorarlberg, Roman Heinzle, Irene File vom Amt für Volkswirtschaft Liechtenstein<br />
und schließlich Direktor Hubert Seiter von der LVA <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> gewonnen werden<br />
konnten. Gerade in einer Zeit der ständigen Rentenversicherungs- und Pensionsreformen<br />
gaben gerade das Österreichische System mit seiner einer Bürgerversicherung nahe<br />
kommenden Pflichtversicherung auch für Selbständige und das Schweizer AHV-System, in das<br />
die gesamte Wohnbevölkerung einbezogen ist, und dessen Solidität unter anderem darauf<br />
basiert, dass man auf sein gesamtes Erwerbseinkommen ohne Beitragsbemessungsgrenze<br />
Beiträge bei einer nach oben hin gedeckelten Rente zahlt, wichtige Impulse für die Debatte im<br />
eigenen Land.<br />
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Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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73<br />
Im Anschluss an die Länderüberblicke erklärten<br />
dann die Experten der Vorarlberger<br />
Pensionsversicherungsanstalt und der LVA<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>, die für Grenzgängerinnen<br />
und Grenzgänger relevanten Regelungen.<br />
Auch für diese Veranstaltung, über die<br />
der Südkurier wie auch die Schwäbische Zeitung<br />
ausführlich berichteten, wurden die Ergebnisse<br />
in gedruckter Form als Broschüre unter<br />
dem doppelsinnigen Titel „Alterssicherung<br />
an den Grenzen“ festgehalten. Die Broschüre<br />
wird bis heute immer wieder stark nachgefragt,<br />
da sie ebenso wie ihr Pendant zu den<br />
Gesundheitssystemen, Überblicke zu den so<br />
genannten „Best Practices“ aus dem Ausland<br />
für die hiesige Reformdebatte zur Verfügung<br />
stellt.<br />
Tagung „Typisch atypisch!“<br />
Die bisher letzte dieser - mit ca. 50 Teilnehmenden<br />
größeren vom <strong>DGB</strong> im Rahmen<br />
von EURES-Bodensee am 7. März 2005<br />
erneut im Kulturzentrum der Stadt Konstanz organisierten Veranstaltungen versuchte unter dem<br />
Titel „Typisch atypisch – Arbeiten jenseits des Normalarbeitsverhältnisses am Bodensee“ die<br />
Problematik der sozialen Absicherung im Allgemeinen, von Grenzgängerinnen und Grenzgängern<br />
im Besonderen einmal quer zu den einzelnen Versicherungszweigen mit Blickwinkel<br />
auf die so genannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse anzugehen. Ausgangsgedanke<br />
war dabei, dass sich bei einem zunehmend mehr zusammen wachsenden Lebens- und<br />
Arbeitsraum grenzüberschreitende Erwerbsmobilität nicht mehr nur in den gut bezahlten und<br />
hoch qualifizierten Beschäftigungssegmenten abspielt, sondern zunehmend auch geringfügige<br />
Beschäftigung, Teilzeit-, Honorar- oder Leiharbeit angeboten bzw. nachgefragt werden. Als<br />
Referierende im Rahmen des interdisziplinär gestalteten Programms konnten der Konstanzer<br />
Politikwissenschaftler Prof. Berndt Keller, der Züricher Arbeitsrechtler Dr. Peter Böhringer, die<br />
Wiener Gewerkschaftssekretärin und Organisatorin der Initiative „workflex“, Eva Scherz und der<br />
Präsident des LANV Liechtenstein, Sigi Langenbahn gewonnen werden. Die Ergebnisse dieser<br />
Tagung sollen für den praktischen Gebrauch von Grenzgängerinnen und Grenzgängern<br />
aufbereitet und 2006 als weitere <strong>DGB</strong>-Broschüre veröffentlicht werden.<br />
Infos für Grenzgänger<br />
Die Broschüre „Infos für Grenzgänger“ (Grenzgängerbroschüre), die erstmals im April 2004<br />
von der <strong>DGB</strong>-Region herausgegeben werden konnte, ist der eigentliche Renner der bisherigen<br />
Publikationen der EURES Grenzpartnerschaft Bodensee. Der Erfolg ist das Ergebnis eines<br />
internationalen Teams von Fachleuten und so ein Ausweis für die Leistungsfähigkeit der<br />
internationalen Bodenseeregion.
Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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Ohne die bemerkenswerten Leistungen der<br />
für die Erarbeitung des Textes zuständigen<br />
Diplom-Volkswirtin, Elisabeth Grübel, mindern<br />
zu wollen, muss auf die tragende<br />
Rolle dieses informellen Netzwerkes von<br />
Fachleuten in Ämtern, Behörden, Verbänden,<br />
Versicherungen und Informationszentren<br />
rund um den Bodensee mit großer<br />
Dankbarkeit hingewiesen werden.<br />
Das schnell einleuchtende und optisch angenehme<br />
Navigationssystem durch 11<br />
Kapitel in den drei farblich unterschiedenen<br />
Bereichen Arbeit, Soziales und Steuern, ist<br />
das Produkt einer steuernden Arbeitsgruppe<br />
des <strong>DGB</strong>, in die die Konstanzer<br />
Firmen impuls GmbH, FGAT GmbH und<br />
durch eine überzeugende Gestaltung besonders<br />
die Firma „albers mediendesign“<br />
ihre Kompetenzen eingebracht haben. Die<br />
Broschüre wird jährlich überarbeitet und<br />
wird aktuell zusätzlich in die Form eines<br />
elektronischen Buches (e-book) gebracht.<br />
Das <strong>DGB</strong>-Regionsbüro hat seine Arbeitskraft<br />
und Mittel sehr gern als Kofinanzierung<br />
und zur Herausgeberschaft in dieses<br />
Projekt eingebracht. Efi Binder freut sich über die internationale Nachfrage weit über den<br />
Bodenseeraum hinaus und versorgt Woche für Woche ca. fünf Nachfragende per Einzelversendung.<br />
In vielen Ämtern sind die „Infos für Grenzgänger“ in der kurzen Zeit ihres<br />
Erscheinens bereits zum Standardhandbuch geworden.<br />
Gewerkschaftliche EURES-Beratung<br />
Im Rahmen des EURES-Netzwerks und insbesondere in EURES-Bodensee wird das Netzwerk<br />
der EURES-Beraterinnen und Berater stets als das „Herzstück“ der Initiative bezeichnet. Gewöhnlich<br />
sind die EURES-BeraterInnen bei den nationalen Arbeitsämtern mit der transnationalen<br />
oder grenzüberschreitenden Vermittlung von Stellen befasst. Aufgabe der gewerkschaftlichen<br />
EURES-BeraterInnen ist es hingegen, Mitglieder wie auch Nicht-Mitgliedern mit<br />
Information, Unterstützung und Vermittlung in den Feldern Sozialversicherung, Steuern,<br />
Familienleistungen, Aufenthaltsbewilligung, Arbeitsrecht, Löhne usw. zu bieten. Seit Abschluss<br />
seiner EURES-Berater-Ausbildung im Juni 2004 wird dieser Service von Andreas Pfeuffer im<br />
Büro für transnationale Kooperation im Konstanzer Gewerkschaftshaus telefonisch, per Internet<br />
oder im persönlichen Gespräch angeboten. Diese Tätigkeit wird entsprechend des Zeitaufwands<br />
durch EURES nur zur Hälfte bezuschusst.<br />
Andreas Pfeuffer hatte seit Aufnahme der Tätigkeit als EURES-Berater zwischen Juli 2004 und<br />
September 2005 ca. 400 Anfragen zu bearbeiten. Ca. 70% davon kamen von deutschen<br />
potenziellen oder tatsächlichen oder ehemaligen Grenzgänger/innen in die Schweiz sowie<br />
Aufenthaltern, ca. 20% von deutschen Grenzgänger/innen nach Österreich, der Rest bezog sich<br />
auf Anfragen im Rahmen der transnationalen EURES-Beratung (auch hier wieder vorwiegend<br />
aus Deutschland) außerhalb des Bodenseegebiets.<br />
Inhaltlich können die „Fälle“ nicht auf einen Nenner gebracht werden. Eine Liste von Beispielen<br />
soll die Bandbreite der zu bearbeitenden Anfragen etwas illustrieren:<br />
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Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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- Höhe der Tariflöhne im Ostschweizer Baugewerbe oder in der Metallindustrie<br />
- Hilfe bei Falschauskünften von Arbeitsvermittlern über die Einlösbarkeit von<br />
Vermittlungsgutscheinen der BA bei Vermittlung in die Schweiz<br />
- Ausländerrechtliche Probleme bezüglich Praktika von Studierenden der Uni Konstanz<br />
aus Drittstaaten in der Schweiz<br />
- Meldepflicht und Meldeverfahren für selbständige Dienstleistungserbringer in der<br />
Schweiz<br />
- Probleme bei der Krankenversicherung für Rentner nach Umzug in die Schweiz<br />
- Probleme der Anwartschaften auf Arbeitslosengeld nach Umzug von Österreich nach<br />
Deutschland<br />
- Unterstützung bei der Entscheidung hinsichtlich der Krankenversicherung bei<br />
beruflichem Wechsel in die Schweiz<br />
- Zuständigkeit der Finanzämter bei Zweit- und Drittwohnsitzen in Deutschland und<br />
- Österreich bei Tätigkeit in Liechtenstein<br />
- Vermittlung einer Unterstützung für eine deutsche Grenzgängerfamilie mit<br />
Krankenversicherung in der Schweiz wegen nicht vorhandenem Lohnersatz durch<br />
den Schweizer Arbeitgeber bei einer Familienrehabilitation in Deutschland<br />
- Illegale Vermittlung durch deutsche private Vermittlungsagentur in die Schweiz<br />
- Anerkennung einer österreichischen Lehramtsexamens in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
- Staatliche Zuständigkeit bei der Auszahlung von Kindergeld/-zulagen<br />
Seminarreihe Kompetenzerwerb Arbeits- und Sozialrecht<br />
Noch aus dem Gedanken eines Beratungsnetzwerkes heraus übernahm die <strong>DGB</strong>-Region die<br />
Realisierung einer über mehrere Jahre hinweg laufenden grenzüberschreitenden Seminarreihe<br />
zum Thema Arbeits- und Sozialrecht. Praktisch umgesetzt von Alexander Matwejew von der<br />
<strong>DGB</strong> Rechtsschutz GmbH in Ravensburg, widmeten sich drei Sitzungen (10.12.2003<br />
Friedrichshafen: Arbeitsrecht, 26.2.2004 Friedrichshafen: Sozialrecht, und 24.2.2005 Romanshorn:<br />
Sozialrecht) abwechselnd den beiden Bereichen. Die Grundlage bildete jeweils das Referat<br />
eines Ländervertreters zu einem Thema. Die Teilnehmenden aus den anderen Ländern<br />
berichteten hierzu die abweichenden und übereinstimmenden Regelungen und Verfahrensweisen<br />
in ihren Ländern. So referierte Karlheinz Schierle von der <strong>DGB</strong>-Rechtschutz GmbH<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> über das deutsche Arbeitsrecht, Alexander Matwejew über das deutsche<br />
Modell der Versicherung bei betrieblichem Unfall und Berufserkrankung (Wartezeiten, Anwartschaften,<br />
Kausalität, etc.) und schließlich Lorenz Joos von der AHV-IV Thurgau zum Thema<br />
Invalidität und Erwerbsminderung in der Schweiz.<br />
EURES – ein Fördertopf mit Haken und Ösen<br />
Im Vergleich zu anderen EU-Fördertöpfen hat EURES-Bodensee die entscheidenden Vorteile,<br />
dass zum einen die Beantragung recht unaufwendig ist, zum andern – und das ist für die<br />
Gewerkschaften das entscheidende Argument – Eigenmittel auch in Form von Einsatz von<br />
Personal und Büroinfrastruktur eingebracht werden können. Freilich offenbaren sich im<br />
Nachhinein dann doch oft noch Folgekosten durch immensen bürokratischen Aufwand bei den<br />
Nachweisen und Abrechnungen.<br />
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75
Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
____________________________________________________________________________<br />
Insgesamt bekamen die <strong>DGB</strong>-Region Bodensee-Oberschwaben bzw. das Büro für<br />
transnationale Kooperation in Konstanz im Rahmen ihres Engagements bei EURES-Bodensee<br />
während des Förderzeitraums 2003 bis 2005 (jeweils April bis März des Folgejahres) für die<br />
unter ihrer bzw. seiner Regie durchgeführten Projekte Zuschüsse für Reise- und<br />
Aufenthaltskosten, Dienstleistungen und Personal in folgender Höhe:<br />
Maßnahme Zuschüsse<br />
„Grenzenlose Gesundheit“ (HJ 2003/04) 9.465,19 €<br />
„Alterssicherung an den Grenzen“ (HJ 2003/04) 9.163,22 €<br />
Beratungsnetzwerk (HJ 2003/04) 826,92 €<br />
Kompetenzerwerb Arbeits- und Sozialrecht I und II (HJ 2003/04<br />
und 2004/05)<br />
Das Interreg-Programm der EU (EFRE) arbeitet zusammen mit dem Schweizer Bund für die<br />
Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit. Sinn des Programms ist die Sicherung<br />
_____________________________________________________________________________________________<br />
76<br />
1.907,80 €<br />
513,32 €<br />
Gewerkschaftliche EURES-Beratung (Juni 2004/März 2005) 2.451,56 €<br />
Sommerakademie Pflegeberufe 253,55 €<br />
Grenzgängerbroschüre I und II (HJ 2003/04 und 2004/05) 26.707,12 €<br />
21.985,96 €<br />
„Typisch atypisch!“ (HJ 2004/05) 4.781,04 €<br />
Gesamt Haushaltsjahre 2003-2005 78.055,68 €<br />
Neben den erfreulichen Seiten zeigten sich die Schattenseiten des Ganzen neben dem schon<br />
erwähnten bürokratischen Aufwand in den Beziehungen zwischen den Akteuren vor Ort, also<br />
dem Lenkungsausschuss von EURES-Bodensee, und der Brüsseler Kommission in Gestalt der<br />
Einheit EURESCo. Nur zu häufig waren die in meist konsensueller Atmosphäre innerhalb des<br />
Lenkungsausschusses verabschiedeten gewerkschaftlichen Anträge von willkürlich erscheinenden<br />
Kürzungen und Streichungen betroffen, die obendrein noch nicht einmal begründet<br />
wurden. Streichungen betrafen etwa die von der <strong>DGB</strong>-Region bzw. dem <strong>DGB</strong>-Bezirk eingebrachten<br />
Projekte Beratungsnetzwerk, eine grenzüberschreitende Tagung zur beruflichen<br />
Bildung, eine Erhebung über die Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Chemie- und<br />
Pharmabranche der Region. Dadurch, dass als Instanz zur Vorbegutachtung für den EU-Teil<br />
der Projekte von die Zentralstelle für Arbeitvermittlung (ZAV) Bonn zwischengeschaltet wurde,<br />
wodurch es offiziell keine Kommunikation mehr zwischen der EURES-Partnerschaft und Brüssel<br />
geben sollte, während EURESCo sich aber ein einseitiges Entscheidungsrecht über die vom<br />
Lenkungsausschuss mit Beteiligung der ZAV beschlossenen Projekte einräumte, wurde der<br />
EURES-Partnerschaft Bodensee jede Einflussmöglichkeit jenseits von um Aufklärung bemühten<br />
Schreiben nach Brüssel genommen.<br />
EURESCo hingegen fühlte sich bemüßigt, über nicht offizielle Kanäle ihren Unmut über die<br />
Beteiligung der globalisierungskritischen Bewegung Attac an der Organisation und Durchführung<br />
der von der <strong>DGB</strong>-Region ausgerichteten Tagung „Grenzenlose Gesundheit“ und v.a. an<br />
deren Behandlung des Themas der grenzenlosen Gesundheitsmärkte im Zeitalter von GATS<br />
durch einen Vertreter von Attac Schweiz auszudrücken.<br />
2. ) InterregIIIA Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein
Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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einer ausgewogenen Entwicklung grenzüberschreitender Räume und zwar orientiert an zwei<br />
Hauptzielen: Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und Aufbau/Intensivierung von Netzwerken.<br />
Allen fünf hierfür angegebenen Strategien - Sicherung der Erwerbsmöglichkeiten in<br />
allen Teilregionen des gemeinsam zu entwickelnden Wirtschaftsraums; Verbesserung der<br />
ökologischen Gesamtsituation; Erhöhung der Lebensqualität/der Entwicklungschancen der<br />
Menschen; Ausbau und Entwicklung der Infrastruktur; Verstärkung der Zusammenarbeit über<br />
die Grenzen - können sich die Gewerkschaften vorbehaltlos anschließen. Sie haben dies im<br />
„Aktionsprogramm des IGR-Bodensee“ unterstrichen.<br />
Das InterregIIIA-Programm für unsere internationale Region startete 2002/03 und reicht bis ins<br />
Jahr 2008. Es ist mit 17,5 Millionen € der EU und mit 3,1 Millionen € der Schweiz ausgestattet<br />
und umfasst zusammen mit den erforderlichen 50% Kofinanzierungsmitteln eine Gesamtvolumen<br />
von 42,3 Millionen €. Von den drei Förderschwerpunkten, auf die sich der Lenkungsausschuss<br />
und dann der Begleitausschuss im November 2002 verständigt hatten<br />
(Wirtschaftliche Entwicklung, Umwelt- und Raumentwicklung, Soziokulturelle Entwicklung) bot<br />
sich vor allem der dritte für ein Engagement der Gewerkschaften an.<br />
Nur mit einem einzigen Mandat (von 42) im Begleitausschuss ausgestattet, waren die<br />
gewerkschaftlichen Einflussmöglichkeiten gering. Auf der deutschen Seite waren/sind vier <strong>DGB</strong>-<br />
Regionen (kurz: Freiburg, Tuttlingen, Ravensburg/Konstanz, Kempten) von dem Programm<br />
berührt. Das Regierungspräsidium Tübingen – federführend für den Lenkungsausschuss - lud<br />
neben den Sitzungen des Begleitausschusses je eine/n Repräsentanten/in der Wirtschaft, der<br />
Arbeitnehmer und der Bereiche Umwelt und Gleichstellung zu unregelmäßigen Aussprachen<br />
mit dem Lenkungsausschuss ein. Die <strong>DGB</strong>-Region hat diese Möglichkeit insgesamt dreimal<br />
nutzen können. Die schwierige Handhabbarkeit sowie der hohe Prozentsatz der Kofinanzierung<br />
des Programms im Vergleich zur einfachen im EURES-T-Programm ist in erster Linie dafür<br />
verantwortlich, dass unsererseits schon Anfang 2003 (Projekt Beratungsnetz) auf unmittelbare<br />
Projektanstrengungen verzichtet wurde.<br />
Wir haben in der praktischen Bilanz dieses EU-Programms also nichts Eigenständiges<br />
vorzuweisen. Vorträge im Regionsvorstand und 2003 beim Vorstand der Ortsverwaltung der<br />
IGM in Singen und beim Bezirksvorstand der IG BCE in Freiburg erbrachten keine Wünsche auf<br />
Beteiligung. Aus den <strong>DGB</strong>-Regionen und aus den Mitgliedsgewerkschaften kamen keine<br />
Nachfragen. Wir haben als <strong>DGB</strong>-Region aber indirekt das im „Förderkreis Wirtschaft Konstanz“<br />
entstandene Wirtschaftsentwicklungsprojekt „Inkubator Umwelttechnologien“ unterstützt,<br />
2003 im Lenkungsausschuss ein zweistufiges Projekt zur Erarbeitung einer gemeinsamen<br />
statistischen Plattform für den internationalen Bodenseeraum eingefordert und wir haben<br />
schließlich im Juni 2005 gemeinsam mit der Bodenseestiftung im Gewerkschaftshaus Konstanz<br />
eine Veranstaltung zur Unterstützung von deren Projekt „Weltkulturlandschaft Bodensee“<br />
durchgeführt.<br />
Das große „Statistikprojekt-Bodensee“ wurde in der ersten Stufe in einem EURES-Projekt der<br />
Firma ‚translake’ in einer Arbeitsgruppe in St. Gallen (Johannes Rutz, Amt für Arbeit,<br />
Projektträger) mit unserer Beteiligung gestartet und hat beeindruckende erste, öffentlich<br />
zugängliche Ergebnisse in der Darstellung des internationalen Arbeitsmarktes Bodensee<br />
erbracht. Wegen der entscheidenden Rolle der hinter den statistischen Ämtern der Kantone,<br />
Länder und Staaten im Bodenseeraum stehenden Regierungen ist von Anfang an die Ebene<br />
der „<strong>Internationale</strong>n Bodensee Konferenz“ (IBK) und des InterregIIIA-Programms als die<br />
anzustrebende mittel- und langfristige Einmündungsebene des Projektes gesehen worden. Das<br />
kleine EURES-Programm als Katalysator als Anstoß für ein größeres andauerndes<br />
Grundlagenprojekt, das war die Position und Perspektive, die wir 2003 als Arbeitnehmer im<br />
Lenkungsausschuss des InterregIIIA-Programms vorgetragen hatten. Folgerichtig gehören wir<br />
im Sommer 2005 zu den Unterstützern eines von ‚translake’ koordinierten weiterführenden<br />
Projektantrages an das InterregIIIA-Programm und prüfen eine Kooperationspartnerschaft.<br />
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77
Region<br />
Bodensee-Oberschwaben<br />
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Zu Beginn des Jahres 2005 waren 77 Projekte mit einem Fördervolumen von 35 Millionen €/SF,<br />
weitere 8 Projekte mit einem Fördervolumen von 2,6 Millionen € in der Entscheidungsfindung.<br />
Vor allem die Mittel für den Schwerpunkt „Soziokulturelle Entwicklung“ konnten bisher nicht<br />
ausgeschöpft werden.(SK18.02.05)<br />
4. ) Bodenseerat und IBK<br />
Der Bodenseerat mit seinen 43 Akteuren aus Deutschland, der Schweiz und Österreich besteht<br />
aus Mitgliedern, die ein Wahlmandat ausüben. Unter demokratischen Gesichtspunkten ist er<br />
dennoch eine hinterfragbare Einrichtung. Spiegelbildlich zu den Kommissionen der internationalen<br />
Bodensee Konferenz (IBK) hat er acht Arbeitsgruppen. Die Leiter der Kommissionen<br />
und Arbeitsgruppen werden zu Sitzungen wechselseitig eingeladen. Berücksichtigt man<br />
zusätzlich, dass über die IBK der beste Weg zu den Mitteln des InterregIIIA-Programms führt,<br />
dann wird seine Bedeutung in einem Teilaspekt klarer.<br />
Die Leitung der „AG Gesundheit und Soziales“ des Bodenseerates wurde über viele Jahre vom<br />
ehemaligen Bevollmächtigten der IGM-Verwaltungsstelle Singen, Heinz Rheinberger, geleistet.<br />
2004 stellte der Kollege das <strong>DGB</strong>-Regionsbüro vor die Wahl, entweder dieses Amt zu<br />
übernehmen oder die einzige Gewerkschaftsposition im Bodenseerat und in dem geschilderten<br />
Zusammenhang aufzugeben. Der Vorstand der Region hat 2004 mit skeptischem Unterton<br />
gebilligt, dass der Regionsvorsitzende dieses Mandat 2004 übernehmen sollte. Verbunden mit<br />
dem Mandat sind die Teilnahme an Sitzungen des erweiterten Präsidiums des Bodenseerates,<br />
sowie an dessen Veranstaltungen.<br />
Inhaltlich hat eine Reihe von Gesprächen unter anderem mit allen Hochschulen im<br />
Regionsgebiet und in St. Gallen viel Zeit beansprucht, um zu sondieren, ob es möglich ist,<br />
einen konsekutiven, internationalen Studiengang Pflegewissenschaft zwischen der Fachhochschulen<br />
Weingarten und St. Gallen auf den Weg zu bekommen. Ein workshop zum Vergleich<br />
der Pflegeausbildung in den Staaten des Bodenseeraums hat bisher nicht zu der erhofften<br />
internationalen Konferenz geführt.<br />
Bisher gibt es keine Verbindung zwischen der AG und dem IGR-Bodensee auch nicht zu<br />
einzelnen Mitgliedsgewerkschaften.<br />
Foto: Raoul Ulbrich und Günter Stadelhofer (IGM Singen)<br />
beim Besuch der Gewerkschaften der Ukraine im Raum<br />
Poltawa, eine bereits langjährige Kooperation.<br />
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78<br />
Ausblick: Die Strukturen für die<br />
internationale <strong>Gewerkschaftsarbeit</strong><br />
am Bodensee sind auf unserer<br />
Seite ausgebaut wie vermutlich<br />
nie zuvor. Die <strong>DGB</strong>-Region<br />
hat hier viel Zeit, Kraft und<br />
Mittel investiert. Die Nutzung<br />
durch die Gewerkschaften ist<br />
eher schwach! Die Andockfähigkeit<br />
der Mitgliedsgewerkschaften<br />
bzw. von Gewerkschaftsprojekten<br />
an die vom <strong>DGB</strong><br />
übernommenen Mandate und an<br />
die in den europäischen Programmen<br />
zur Verfügung stehenden<br />
öffentlichen Mittel müsste<br />
dringend verbessert werden.