Was hat mein Kind? Was kann ich tun? - Kinder- & Jugendärzte im ...
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Dicke <strong>Kind</strong>er laufen Gefahr, übergew<strong>ich</strong>tige<br />
Erwachsene zu werden.<br />
Sie sind anfälliger gegen<br />
Infektionen, haben Skelettschäden oder<br />
eine schlechte Hal<strong>tun</strong>g, können Hungerperioden<br />
schlechter überstehen und haben<br />
ein erhöhtes Risiko für hohen Blutdruck,<br />
hohe Cholesterinwerte, koronare<br />
Herzerkrankungen und G<strong>ich</strong>t.<br />
Aus gutem Grund warnen <strong>Kind</strong>er- und<br />
<strong>Jugendärzte</strong>: Das falsche und ungesunde<br />
Schönheitsideal des barocken Posaunenengelchens<br />
muss verschwinden.<br />
Schlanke, drahtige Babys sind gesünder<br />
und widerstandsfähiger. Wer später<br />
ein „guter Esser“ wird, entscheidet s<strong>ich</strong><br />
näml<strong>ich</strong> bereits in den ersten Lebensmonaten.<br />
<strong>Kind</strong>er, die als Säuglinge überfüttert<br />
werden, werden auch später mehr<br />
essen als sie brauchen. Die Folge ist: Sie<br />
werden ihr ganzes Leben lang gegen ihr<br />
Übergew<strong>ich</strong>t ankämpfen – und meistens<br />
unterliegen.<br />
Der Inhalt macht’s,<br />
n<strong>ich</strong>t die Menge<br />
Schön und gut, werden jetzt manche<br />
Eltern sagen, aber wie soll <strong>ich</strong> das machen?<br />
Ich <strong>kann</strong> doch <strong>mein</strong> <strong>Kind</strong> n<strong>ich</strong>t<br />
plötzl<strong>ich</strong> hungern lassen, oder? Die Antwort<br />
lautet: Es kommt n<strong>ich</strong>t auf die Menge<br />
an, sondern auf den Inhalt. Ein Baby,<br />
das frei nach seinem Appetit isst, isst n<strong>ich</strong>t<br />
zu viel. Aus einem s<strong>ich</strong>eren Instinkt heraus<br />
best<strong>im</strong>mt es die Quantität seiner Nahrung<br />
ganz r<strong>ich</strong>tig selber. Das zeigt s<strong>ich</strong><br />
am Beispiel der Stillens am besten: Weil<br />
man be<strong>im</strong> Brustfüttern nur wenig falsch<br />
machen <strong>kann</strong>, haben Babys, die gestillt<br />
werden, weniger Gew<strong>ich</strong>tsprobleme<br />
als Flaschenkinder. Dazu der Münchner<br />
Ernährungsexperte, <strong>Kind</strong>er- und Jugendarzt<br />
Professor Dr. Berthold Koletzko:<br />
„Epidemiologische Untersuchungen in<br />
Deutschland zeigen, dass die Häufigkeit<br />
von Übergew<strong>ich</strong>t und Fettsucht („Adipositas“)<br />
<strong>im</strong> Schulalter bei früher gestillten<br />
Säuglingen nur ein Drittel der Häufigkeit<br />
früher n<strong>ich</strong>t gestillter <strong>Kind</strong>er beträgt.<br />
Empfohlen wird ein Vollstillen mögl<strong>ich</strong>st<br />
über vier bis sechs Monate“.<br />
W<strong>ich</strong>tige Regeln fürs<br />
Fläschchen<br />
Mit den heutigen hochwertigen<br />
Säuglingsmilchnahrungen können aber<br />
auch n<strong>ich</strong>t gestillte Babys s<strong>ich</strong>er und<br />
gut ernährt werden, vorausgesetzt, man<br />
hält s<strong>ich</strong> an einige w<strong>ich</strong>tige Regeln. Die<br />
W<strong>ich</strong>tigste dabei: Wenn Sie Fertignah-<br />
rung füttern, halten Sie s<strong>ich</strong> bitte genau<br />
an die Zuberei<strong>tun</strong>gsanweisungen auf<br />
der Packung, und geben Sie n<strong>ich</strong>t etwa<br />
– um dem Baby „etwas Gutes zu <strong>tun</strong>“<br />
– mehr Milchpulver ins Fläschchen. Im<br />
Ratgeber „Milch, die Babys brauchen“<br />
der Firma Nestle heißt es dazu: „Bei der<br />
Zuberei<strong>tun</strong>g von Babynahrung dürfen<br />
Messbecher oder Messlöffel n<strong>ich</strong>t gehäuft<br />
werden. Um eine Überdosierung<br />
zu vermeiden, den vollen Löffel jedes<br />
Mal mit einem Messerrücken abstreifen.<br />
Wird näml<strong>ich</strong> die Milchnahrung zu dick,<br />
bekommt das Baby zuviel Fett, Eiweiß<br />
und Mineralstoffe (und damit auch Kalorien),<br />
aber zuwenig Flüssigkeit. Die<br />
Folge: Weil das <strong>Kind</strong> Durst <strong>hat</strong>, wacht<br />
es schnell wieder auf und fängt an zu<br />
weinen. Es bekommt mögl<strong>ich</strong>erweise<br />
wieder zu essen, weil die Eltern <strong>mein</strong>en,<br />
ihr <strong>Kind</strong> sei n<strong>ich</strong>t satt geworden“.<br />
Füttern nach Bedarf,<br />
n<strong>ich</strong>t nach der Uhr<br />
Der Hunger eines Babys r<strong>ich</strong>tet s<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t nach dem Mittagsläuten, sondern<br />
nach seinem eigenen inneren Rhythmus.<br />
ERNÄHRUNG<br />
Ist Selbermachen vielle<strong>ich</strong>t<br />
besser?<br />
N<strong>ich</strong>t unter den heutigen Bedingungen, sagt Professor Dr. Berthold Koletzko:<br />
„Die früher verbreitete häusl<strong>ich</strong>e Selbstherstellung von Flaschennahrungen aus<br />
pasteurisierter Kuhmilch unter Zugabe von <strong>Was</strong>ser, Kohlenhydraten und Pfl anzenöl<br />
<strong>kann</strong> aufgrund von hygienischen und vor allem ernährungsphysiologischen<br />
Bedenken heute n<strong>ich</strong>t mehr empfohlen werden. Selbst hergestellte Säuglingsnahrungen<br />
können eine angemessene Deckung des kindl<strong>ich</strong>en Bedarfs an vielen<br />
Nährstoffen, wie z. B. Vitaminen, Spurenelementen und essentiellen Fettsäuren,<br />
n<strong>ich</strong>t s<strong>ich</strong>er gewährleisten und sollten nur ausnahmsweise in ökonomischen<br />
Notsituationen zur Anwendung kommen“. Der Münchner <strong>Kind</strong>er- und Jugendarzt<br />
warnt auch vor manchen esoterischen Empfehlungen: „Die aus alternativen Überzeugungen<br />
eingesetzten milchfreien Nahrungen auf der Grundlage von Mandelmus,<br />
Obst oder Vollkorngetreide sind als Säuglingsnahrung unphysiologisch und<br />
ebenfalls völlig ungeeignet. Diese Nahrungen decken oft n<strong>ich</strong>t den Nährstoffbedarf<br />
des Säuglings und es wurden mit ihnen sogar ernste kindl<strong>ich</strong>e Schädigungen<br />
ber<strong>ich</strong>tet“.<br />
Deshalb sollte man das <strong>Kind</strong> n<strong>ich</strong>t streng<br />
nach der Uhr füttern, sondern nach Bedarf.<br />
Nur so <strong>kann</strong> es lernen, mit seinem<br />
Hungergefühl umzugehen und zu entscheiden,<br />
wann es satt ist.<br />
Weitere w<strong>ich</strong>tige<br />
Empfehlungen:<br />
� Zwingen Sie Ihr <strong>Kind</strong> n<strong>ich</strong>t, die Flasche<br />
ganz auszutrinken. Sonst <strong>kann</strong><br />
es sein, dass es über seinen Hunger<br />
hinaus einfach <strong>im</strong>mer weiter trinkt.<br />
� Dicken Sie die Milch n<strong>ich</strong>t mit Schle<strong>im</strong>oder<br />
Trockenpräparaten ein. Von der<br />
Zugabe von Getreidesorten, die als<br />
Klebereiweiß Gluten enthalten, (dazu<br />
gehören Weizen, Roggen, Gerste,<br />
aber auch Haferflocken einschließl<strong>ich</strong><br />
so genannter Schmelzflocken)<br />
zur Flaschennahrung <strong>im</strong> ersten Lebenshalbjahr<br />
raten pädiatrische Ernährungsexperten<br />
wegen des damit<br />
verbundenen erhöhten Risikos für das<br />
frühe Auftreten der Stoffwechselstörung<br />
Zöliakie ab.<br />
Lajos Schöne<br />
jung+gesund 02/05 5<br />
Foto: Heidi Velten