Verbindungen beenden - die antifa an der uni heidelberg
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Reihen vereinen: <strong>der</strong> Wille zur Tat und zur Waffe hat hier <strong>die</strong><br />
einzig wertvollen aktivistischen Elemente<br />
23<br />
zusammengefasst“. Fort<strong>an</strong> sollte sich zeigen, daß <strong>die</strong><br />
Antragsinitiativen des NSDStB <strong>die</strong> Unterstützung <strong>der</strong><br />
Korporationen f<strong>an</strong>d. So war es bei den Numerus-Clausus<br />
Anträgen gegen jüdische Studenten und so war es bei einer<br />
zweiten Serie von Anträgen zur „Wehrverstärkung“ des<br />
Deutschen Reiches, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Rücknahme <strong>der</strong> durch den<br />
Versailler Vertrag gesetzten Begrenzung des Berufsheeres<br />
auf 100.000 M<strong>an</strong>n vorsahen. Ausbau bzw. Erhalt <strong>der</strong><br />
Wehrhaftigkeit, damit r<strong>an</strong>nte m<strong>an</strong> bei den <strong>Verbindungen</strong><br />
offene Türen ein, wurde doch damit ein Ehrbegriff berührt.<br />
Über <strong>die</strong> Bel<strong>an</strong>ge <strong>der</strong> Hochschulpolitik hinaus unterstützten<br />
<strong>die</strong> meisten Korporationsverbände zusammen mit dem<br />
NSDStB <strong>die</strong> Kampagnen das von <strong>der</strong> Alli<strong>an</strong>z Hitler-<br />
Hugenberg-Seldte initiierte Volksbegehren gegen den<br />
Young-Pl<strong>an</strong>. Von <strong>der</strong> bestehenden Kooperation profitierte<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> NSDStB, <strong>der</strong> nicht zuletzt aufgrund von<br />
Listenverbindungen mit den Korporationen zu Beginn <strong>der</strong><br />
dreißiger Jahre bei den Wahlen <strong>der</strong> Studentenschaften <strong>an</strong><br />
vielen Hochschulen über 50% <strong>der</strong> Stimmen auf sich<br />
vereinigen konnte.<br />
Dennoch blieben Differenzen. Zwar konnte von einer<br />
wirklichen Opposition <strong>der</strong> Korporationen gegen eine<br />
Faschisierung <strong>der</strong> Deutschen Studentenschaft keine Rede<br />
sein, lediglich <strong>der</strong> katholische Cartell-Verb<strong>an</strong>d w<strong>an</strong>dte sich<br />
vom NSDStB ab doch ernsthafte Streitigkeiten entzündeten<br />
sich immer wie<strong>der</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Führungs- und Machtfrage. „Kritik<br />
am Alleinvertretungs<strong>an</strong>spruch völkisch-rassistischen<br />
Ged<strong>an</strong>kenguts seitens des NSDStB bei gleichzeitiger<br />
Zustimmung zu all seinen Zielen: Auf <strong>die</strong>se kurze Formel läßt<br />
sich das Agieren <strong>der</strong> Korporationsverbände in <strong>der</strong> Endphase<br />
24<br />
<strong>der</strong> Weimarer Republik reduzieren“.<br />
Wie vielfach <strong>an</strong>geklungen, best<strong>an</strong>den augenscheinliche<br />
inhaltliche Prallelen zwischen den Korporationen und dem<br />
NSDStB, ging von ersteren eine grundsätzliche Bejahung zu<br />
den Zielen des Faschismus aus. Nur folgerichtig war es<br />
daher, daß sie <strong>die</strong> Ernennung Hitlers zum Reichsk<strong>an</strong>zler<br />
emphatisch begrüßten. Die Deutsche Burschenschaft im<br />
März 1933: „Was wir seit Jahren ersehnt und erstrebt und<br />
wofür wir im Geiste <strong>der</strong> Burschenschafter von 1817 jahraus,<br />
jahrein <strong>an</strong> uns und in uns gearbeitet haben, ist Tatsache<br />
geworden.“ Der Kösener Senioren-Convent im J<strong>uni</strong>: „Das<br />
deutsche Corpsstudententum hat in einer einmütigen<br />
Kundgebung den Willen darget<strong>an</strong>, sich ohne jeden Vorbehalt<br />
einzuglie<strong>der</strong>n in <strong>die</strong> nationalsozialistische Bewegung.“<br />
Nachdem <strong>die</strong> deutschen Bischöfe auf <strong>der</strong> Fuldaer<br />
Bischofskonferenz ihre Reserve gegenüber den<br />
Nationalsozialisten aufgegeben hatten, konnte im Juli<br />
endlich auch <strong>der</strong> katholische Cartell-Verb<strong>an</strong>d (CV)<br />
einstimmen: Der CV bekennt sich zur nationalsozialistischen<br />
Revolution als dem großen geistigen Umbruch unserer Zeit.<br />
Der CV will und muß Träger und Kün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Idee des Dritten<br />
25<br />
Reiches sein.“ Dennoch war das Verhältnis zwischen den<br />
Korporationen und dem faschistischen Staat keineswegs<br />
ungetrübt. Streit best<strong>an</strong>d aber nicht, wie aufgezeigt, in<br />
welt<strong>an</strong>schaulichen Fragen, hier herrschte harmonische<br />
Eintracht. Die aufkommenden Konflikte waren vielmehr<br />
institutioneller Art. Zum einen Best<strong>an</strong>d Uneinigkeit im<br />
Umg<strong>an</strong>g mit dem Arierparagraphen. Zwar nahmen <strong>die</strong><br />
meisten Korporationen bereits vor 1933 keine Juden mehr<br />
auf, doch verbot es ihre „bundesbrü<strong>der</strong>liche Treue“, <strong>die</strong><br />
Altherrenschaft von Juden zu säubern. Die<br />
Nationalsozialisten, auf <strong>die</strong> konsequente Anwendung des<br />
Arierparagraphen pochend, for<strong>der</strong>ten genau <strong>die</strong>s.<br />
23 zit. nach: Heither, Dietrich; Lemling, Michael: Die studentischen <strong>Verbindungen</strong> in<br />
<strong>der</strong> Weimarer Republik und ihr Verhältnis zum Faschismus, S. 121, a.a.O.<br />
24 ebd.: S. 133.<br />
25 alle Zitate nach: ebd.: S. 133ff.<br />
14Zur Geschichte<br />
Der zweite Streitpunkt war <strong>die</strong> sogen<strong>an</strong>nte<br />
Kameradschaftserziehung. Zwecks unbedingter<br />
Kontrolle und perm<strong>an</strong>enter Indoktrination <strong>der</strong><br />
Studentenschaft sollten <strong>die</strong> Studenten in<br />
Kameradschaften zu etwa zw<strong>an</strong>zig M<strong>an</strong>n<br />
zusammengefaßt werden. Da nun aber dazu kaum<br />
<strong>an</strong>gemessene Unterbringungsmöglichkeiten best<strong>an</strong>den,<br />
richtete sich <strong>der</strong> begehrliche Blick <strong>der</strong> Faschisten auf <strong>die</strong><br />
Verbindungshäuser. Das mußte unweigerlich den Protest<br />
<strong>der</strong> Korporationen hervorrufen, <strong>die</strong> zu Recht um ihr<br />
ungestörtes Verbindungsleben fürchteten. Drittens und<br />
letztens brachten <strong>die</strong> Nationalsozialisten durch ihre<br />
For<strong>der</strong>ung, alle Studenten, nicht nur <strong>die</strong> Korporierten, auf<br />
einen Ehrencodex zu verpflichten, <strong>der</strong> <strong>die</strong> unbedingte<br />
Satisfaktion mit <strong>der</strong> Waffe vorsah, <strong>die</strong> christlichen<br />
Korporationen in arge Bedrängnis, da ihnen das Duell aus<br />
26<br />
religiösen Gründen untersagt war. Wie wenig <strong>die</strong><br />
Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzungen mit ideologischen Fragen zu tun<br />
hatten, bestätigt selbst <strong>die</strong> Gestapo. Die Sp<strong>an</strong>nungen<br />
innerhalb <strong>der</strong> Studentenschaft seien „weniger auf eine<br />
staatsfeindliche Einstellung <strong>der</strong> Korporationen o<strong>der</strong><br />
einzelner ihrer Mitglie<strong>der</strong> zurück(zu)führen, als auf eine<br />
Lebenshaltung, <strong>die</strong> vielleicht in das 19. Jahrhun<strong>der</strong>t, nicht<br />
aber in den nationalsozialistischen Staat“ passe.<br />
27<br />
Die<br />
<strong>an</strong>gedeuteten Konfliktlinien verweisen auf ein<br />
darüberliegendes Problem: Das <strong>an</strong>gestrebte und letztlich<br />
durchgesetzte Herrschaftsmodell <strong>der</strong> NSDAP duldete<br />
keine institutionell unabhängige und selbständige<br />
Einheiten, <strong>die</strong> ihr Innenleben autonom gestalten konnten.<br />
Für <strong>die</strong> Korporationen war kein Platz mehr. Die<br />
Wegbereiter und Steigbügelhalter des Faschismus<br />
störten und mußten weg. Die große Welle <strong>der</strong><br />
Verb<strong>an</strong>dsauflösung beg<strong>an</strong>n im September 1935. 1936<br />
wurde das Farbentragen und <strong>die</strong> Mitgliedschaft in den<br />
<strong>Verbindungen</strong> zunächst für den NSDStB, später für <strong>die</strong><br />
gesamte Partei verboten. Die Verb<strong>an</strong>dsauflösungen<br />
betrafen freilich nicht <strong>die</strong> Alten Herren. Diese konnten<br />
ungestört und von offizieller Seite geduldet ihre<br />
Zusammenkünfte abhalten. Einen Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d <strong>der</strong><br />
Korporationen hat es damit nicht gegeben. Nirgends.<br />
(DB)<br />
26 vgl.: Faust, Anselm: Studenten und Nationalsozialismus, S.34f. In: Kurth,<br />
Alex<strong>an</strong>dra; Schlicher, Jürgen (Hg.): Studentische Korporationen gestern und<br />
heute. Historische Erfahrungen und gegenwärtige Herausfor<strong>der</strong>ungen für eine<br />
demokratische Hochschulpolitik, Marburg 1992, S. 26-37.<br />
27 zit. nach: ebd., S.35.<br />
<strong>Verbindungen</strong> <strong>beenden</strong>