Presse Lingener Tagespost - Autor: Thomas Pertz 04. Dezember
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Große Spendenbereitschaft für Familie Beel: Lift für erkrankte Kinder eingebaut<br />
<strong>Autor</strong>: <strong>Thomas</strong> <strong>Pertz</strong> <strong>04.</strong> <strong>Dezember</strong> 2010<br />
„Du musst mich nicht mehr tragen“<br />
Lingen. Ssssssst. Leise summt der Plattformlift und setzt sich nach oben in Bewegung. Florian hält den<br />
Finger auf den Startknopf und lässt ihn los, als er und Bruder Simon im ersten Stock angelangt sind.<br />
Ohne Papa, der die beiden Kinder sonst immer mühsam huckepack über die Treppe nach oben und<br />
wieder hinunterbringen musste. Florian und Simon, zehn und acht Jahre alt, leiden an einer derzeit<br />
Ssssssst. Die Fahrstuhltür schwingt auf, die beiden strahlen. Als der Lift eingebaut wurde, hat Florian<br />
geweint. „Jetzt musst Du mich nicht mehr immer tragen“, habe er zu ihm gesagt, erinnert sich Vater<br />
Stefan Beel.<br />
Im März dieses Jahres berichtete unsere Zeitung zum ersten Mal über ihn und seine Frau Eva, die mit<br />
ihren beiden Söhnen im <strong>Lingener</strong> Ortsteil Clusorth-Bramhar wohnen. Auch Eva Beel ist von der<br />
Muskelkrankheit betroffen, allerdings in der abgeschwächten Form. Die bösartige Variante vom „Typ<br />
Duchenne“ beeinträchtigt immer mehr das Bewegungsvermögen von Florian und Simon. Längere<br />
Strecken können die Jungen nur noch im Rollstuhl zurücklegen. Sie sind in ständiger medizinischer<br />
und bewegungstherapeutischer Behandlung.<br />
Ihre Eltern tun mit Unterstützung der Familie und Freunde alles für die beiden, wissen aber auch, dass<br />
es finanzielle Grenzen gibt – Grenzen, die so unüberwindlich scheinen wie die Treppenstufen für die<br />
Kinder. Diese Grenzen haben viele Menschen im Emsland aber überwunden, indem sie Geld für<br />
Florian und Simon spendeten. Inzwischen ist so viel Geld zusammengekommen, dass sich der Einbau<br />
eines Lifts in das Wohnhaus realisieren ließ.
„Überwältigt“<br />
„Die Hilfsbereitschaft hat uns überwältigt“, sagt Stefan Beel. Eine große Zahl von unbekannten<br />
Spendern zahlte auf ein spezielles Konto der „Hilfsaktion Kimba“ des <strong>Lingener</strong> Lions-Clubs unter dem<br />
Stichwort „Florian und Simon“ Geld ein. „Bei ihnen allen möchten wir uns bedanken“, betonen die<br />
Eltern. Verschiedene Vereine, Fanklubs und andere Organisationen veranstalteten Feste, wo die<br />
Sammelbüchsen für die beiden Jungen kreisten. Aus den Altkreisen Aschendorf-Hümmling, Meppen<br />
und Lingen, aber auch aus anderen Regionen flossen Gelder auf das Spendenkonto. „Viele wollten<br />
uns Bargeld geben, aber wir haben immer auf das Spendenkonto verwiesen, damit alles seinen<br />
geordneten Gang geht“, betont Stefan Beel.<br />
Vier von zahlreichen Beispielen: Im <strong>Lingener</strong> Rathaus lief eine Aktion unter dem Stichwort „Kollegen<br />
helfen Kollegen“ für die Familie. Der Familienvater arbeitet beim städtischen Bauhof. Rund 1300 Euro<br />
kamen so zusammen. Eine Frauengemeinschaft aus Dreierwalde in NRW verkauft ein Kochbuch; fünf<br />
Euro aus dem Erlös jeden Buches fließen der Hilfsaktion zu. In Haselünne boten Kinder selbst<br />
gebackene Plätzchen und Marmelade zum Verkauf an. 300 Euro kamen zusammen. Motorradfahrer<br />
aus Niederlangen spendeten 2500 Euro. „Uns hat diese Unterstützung sehr beeindruckt“, berichtet<br />
Eva Beel bewegt.<br />
Bewegt – das war auch Hans-Bernd Kampen, als er von Florian und Simon Beel in der Zeitung<br />
gelesen hatte. Der gelernte Elektriker aus Niederlangen ist Chef von „Kampen Lift Service“.<br />
Aufzugstechnik ist sein Spezialgebiet. Der 47-Jährige bot der Familie seine Hilfe an, machte ein<br />
kostengünstiges Angebot zum Einbau des Lifts. Kampen ist selbst Familienvater. „Das lässt einen hier<br />
nicht unberührt“, sagt er und schaut zu, wie Florian und Simon nach oben fahren.<br />
Treffen geplant<br />
Der größere Bewegungsspielraum, den die beiden Jungen durch den Einbau des Lifts erhalten haben,<br />
stellt für die Familie eine große Erleichterung dar. Nicht nur deswegen, weil Vater Stefan die beiden<br />
nicht mehr hoch- bzw. hinuntertragen muss. Die Jungen können sich im Haus freier bewegen, können<br />
selbst entscheiden, ob sie mit ihren Freunden oben oder unten spielen wollen. Wer gesund ist, mag<br />
angesichts solcher „Selbstverständlichkeiten“ verständnislos den Kopf schütteln. Doch<br />
Muskelschwund vom Typ „Duchenne“ ist nicht normal, ist furchtbar für die, die davon betroffen sind.<br />
Stefan und Eva Beel stehen mit ihren Kindern nicht allein. Das hat die große Spendenaktion gezeigt,<br />
die auch weiterläuft. Ein behindertengerechtes Fahrzeug ist ein zweiter großer Wunsch der Familie.<br />
Beide Jungen sind auf Rollstühle angewiesen, es passt aber nur einer in den Kofferraum. Die<br />
Eheleute haben inzwischen auch zu anderen Familien Kontakt aufgenommen, die von einem solchen<br />
Krankheitsbild betroffen sind. Treffen sind geplant. „Wir würden uns darüber freuen, wenn sich weitere<br />
Familien bei uns melden würden“, betont Stefan Beel.<br />
Es schellt an der Tür. Ein Bekannter kommt rein. Der Besucher muss aufpassen. Im letzten Moment<br />
kann er den Fuß zur Seite nehmen, sonst hätte ihn ein ferngesteuerter Rennwagen von Florian<br />
getroffen. Auch Simons vierrädriger Flitzer macht das Parkett unsicher. Die beiden haben einen<br />
Riesenspaß. „Wir leben im Heute, Morgen und nächste Woche“, heißt es auf der Homepage der<br />
Familie.<br />
Weitere Infos: www.florianundsimon.de. Spendenkonto: Hilfsaktion Kimba, Stichwort: Florian und<br />
Simon, Volksbank Lingen BLZ 266 600 60, Konto 1121 953 001