Der Gottes- beweis - Emmaus-Ölberg-Kirchengemeinde Berlin ...
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verschont<br />
12<br />
Mario Clemens / Aufgewachsen<br />
bin ich zwischen Spree und<br />
Landwehrkanal. <strong>Der</strong> Kanal ist<br />
nicht nur ein Ort für Einkaufswagen,<br />
Fahrradgestelle<br />
und Autowracks, sondern<br />
auch für meine Kindheitserinnerungen.<br />
Ich erinnere mich an<br />
ein Frühjahr, in dem der<br />
Kanal einmal mit toten Fischen<br />
übersät war. Mein<br />
Freund und ich waren sehr<br />
besorgt. Das Schicksal der<br />
Fischpopulation lag allein in<br />
unseren Kinderhänden. Wir nahmen<br />
uns einen Kescher und einen<br />
Eimer und gingen zum Kanal. An einer<br />
der Anlegestellen, wo ein paar<br />
Stufen in den Stein gehauen sind und<br />
die unterste Stufe schon bei geringem<br />
Wellengang unter Wasser steht, positionierten<br />
wir uns. Unser Anglerglück<br />
war beträchtlich! Was auch immer da<br />
in den Kanal geleitet wurde, sicher<br />
war, dass es die Fische, die noch lebten,<br />
verdammt träge gemacht hatte.<br />
Nach ein paar Stunden hatten wir unseren<br />
Eimer voller Fische. Diese Fische<br />
– davon waren wir überzeugt –<br />
würden die einzigen sein, die das gro-<br />
Die<br />
Fischarche<br />
Kindheit am Landwehrkanal<br />
ße<br />
Sterben<br />
überleben. Sie wieder in den Kanal<br />
zu entlassen, bevor dieser wieder einen<br />
sicheren Lebensraum darstellte,<br />
kam nicht in Frage. Die Fische landeten<br />
in der Badewanne der Nachbarn.<br />
Den ganzen Sommer über fütterten<br />
und päppelten wir die Geretteten in<br />
dieser „urbanen Arche“ im ersten<br />
Stock einer Kreuzberger Altbauwohnung<br />
auf. Die Eltern unserer Nach-<br />
barn kamen zum Duschen<br />
zu uns, wir Kinder hatten<br />
ohnehin auch vorher<br />
schon zusammen gebadet.<br />
Nach einigen Wochen<br />
schwammen<br />
keine Fischleichen<br />
mehr im Kanal. Mit<br />
großer Behutsamkeit<br />
und begleitet<br />
vom erleichterten<br />
Aufatmen unserer Eltern<br />
schöpften wir die<br />
wohlgenährten Fische<br />
aus der Wanne und trugen<br />
sie zum Kanal. Dieser schien<br />
tatsächlich keinen einzigen<br />
Fisch mehr zu beherbergen. Wir<br />
wünschten unseren Fischen viel<br />
Glück und Fruchtbarkeit.