Definition – Was ist eine Akkretionsscheibe?
Definition – Was ist eine Akkretionsscheibe?
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<strong>Akkretionsscheibe</strong>n<br />
Ein Vortrag im Rahmen des Astro III Seminars<br />
Gehalten von Tina Gier
1.) <strong>Definition</strong><br />
Inhaltsangabe<br />
2.) Verschiedene Zentralobjekte<br />
3.) Geschichte und Beobachtung<br />
4.) Scheibenmodelle<br />
5.) Evolution<br />
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<strong>Definition</strong> <strong>–</strong> <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>eine</strong><br />
<strong>Akkretionsscheibe</strong>?<br />
- Um ein zentrales Objekt (Akkretor) rotierende Scheibe<br />
- Transportiert Materie<br />
spiralförmig in Richtung<br />
des Zentrums (→ Gravitation)<br />
- Besteht aus atomarem Gas und<br />
Staub<br />
Thermische Strahlung durch:<br />
Künstlerische Darstellung<br />
- Erhitzung des Gases durch Viskosität <strong>eine</strong>r protoplanetaren Scheibe<br />
- „irradiation“: Stern erhitzt Gas durch s<strong>eine</strong> Strahlung<br />
(dominiert me<strong>ist</strong>)<br />
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Verschiedene Zentralobjekte<br />
- <strong>Akkretionsscheibe</strong>n können sich um<br />
verschiedene Objekte bilden, z.B.:<br />
● Sterne<br />
● Schwarze Löcher<br />
● Neutronensterne<br />
● Quasare<br />
Oben: Cygnus X-1: <strong>Akkretionsscheibe</strong> um<br />
Schwarzes Loch, Künstlerisch<br />
Links: Protoplanetare Scheiben im<br />
Orion Nebel, optisch;<br />
spacetelescope.org<br />
- Im Folgen befassen wir uns mit stellaren<br />
<strong>Akkretionsscheibe</strong>n<br />
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Geschichte und Beobachtung<br />
- 1755: Immanuel Kant : Planeten entstehen etwa zeitgleich zum<br />
Stern aus <strong>eine</strong>r rotierenden Wolke aus Gas und Staub<br />
- 1973: Lynden-Bell und Pringle: Strahlungsüberschuss von<br />
jungen Sternen durch protoplanetare Scheiben erklärt:<br />
→ infrarot: Emission der Scheibe<br />
[10] Spektrum von HD 107146<br />
Blau = Sternspektrum (angefittetes<br />
Plankspektrum)<br />
Rot = Gemessenes Spektrum<br />
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Geschichte und Beobachtung II<br />
- 1983: optisch dünne Restscheibe um<br />
junge Sterne (ß Pictoris (Bild) , Vega) <strong>–</strong><br />
infrarot<br />
- 1987: Erste gasreiche Protoplanetare<br />
Scheiben<br />
- Bis heute: Beobachtung von<br />
protoplanetaren Scheiben im optischen bis<br />
Mikrowellenbereich, in allen möglichen<br />
Lagen; Komposition teilweise mit Tracer-<br />
Molekülen erkennbar<br />
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Geschichte und Beobachtung III<br />
Hubble Space Teleskop Bilder von<br />
jungen Sternen<br />
NICMOS = Nahes Infrarot<br />
WFPC2 = UV bis nahes IR<br />
Hubble Space Teleskop<br />
Optischer Bereich<br />
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Wichtige Parameter<br />
● Geometrisch: Innen- und Außenradius R i , R a<br />
● Höhe H(r)<br />
● Kinematisch: Rotationsgeschwindigkeit Ω,<br />
Radialgeschwindigkeit v R<br />
● Temperatur T(r), Leuchtkraft<br />
● Dichte und Flächendichte ρ(r) , Σ(r)<br />
● Druck p(R)<br />
[11] Aufbau <strong>eine</strong>r <strong>Akkretionsscheibe</strong><br />
Typische Werte für stellare <strong>Akkretionsscheibe</strong>n:<br />
T = 10 <strong>–</strong> 10³ K , L < L eddington , R = 10 -2 - 1000 AU<br />
Lebensdauer ~ 10 Mio Jahre (älteste 25 Mio Jahre)<br />
Massen von 0,001 - 0,1 M Sonne<br />
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Flache Scheibe<br />
Annahme: Kreisbewegung der Teilchen begrenzt auf <strong>eine</strong> Ebene,<br />
Bahn bestimmt durch F Z = F G<br />
→ Lösung der Hydrodynamischen Gleichungen liefert Modelle für<br />
Entwicklung der <strong>Akkretionsscheibe</strong><br />
Kontinuitätsgleichung:<br />
∂ t ��∇⋅���v�=0 � ∂ t �� 1<br />
R ∂ R� R v R ��=0<br />
� ˙M =−2� R v R �<br />
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Mögliche Annahmen<br />
zur Lösung der<br />
Hydrodynamischen<br />
Gleichungen:<br />
● Viskosität <strong>ist</strong> konstant<br />
ν v = const<br />
Flache Scheibe <strong>–</strong> Konstante<br />
Viskosität<br />
● Flächendichte<br />
gegeben durch Ring<br />
bei Radius R1<br />
��R ,t=0�= ��R−R 1�<br />
2� R 1<br />
[2] S.135<br />
Zeitliche Entwicklung der Flächendichte<br />
Σ(r)<br />
→ mehr Masse geht nach innen als<br />
nach außen<br />
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- Annahmen:<br />
● Zeitlich konstante<br />
Akkretionsrate<br />
● Optisch dicht → Viskosität<br />
spielt k<strong>eine</strong> Rolle<br />
Spektrum:<br />
- Addition von Planckspektren<br />
der Scheibenringe<br />
Temperaturegradient: innen<br />
heiß, außen kälter<br />
Optisch Dichte Scheibe<br />
[2] S. 141<br />
Spektrum <strong>eine</strong>r optisch dichten, zeitlich<br />
konstant akkretierenden Scheibe<br />
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α <strong>–</strong> Scheibe (SSD)<br />
Drehimpulsübertrag durch molekulare Viskosität zu klein<br />
→ Einführung von turbulenter Viskosität (z.B. durch<br />
„magnetorotational instability“ - MRI):<br />
ν = α H c s<br />
Mit H = Höhe, α ≤ 1 Viskositätsparameter,<br />
c s = Schallgeschwindigkeit<br />
Durch Shakura and Sunyaev (1973):<br />
„Black Holes in Binary Systems.<br />
Observational Appearance“<br />
Me<strong>ist</strong>zitiertes Paper in der Astrophysik<br />
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„Flaring“ - Aufweitung der Scheibe<br />
Oben: [12] SEDs mit gefitteten Modellen<br />
Rechts: [1] S. 4 Aufbau des Spektrums<br />
<strong>eine</strong>r aufgeweiteten Scheibe<br />
- IR Spektrum wird unterschätzt<br />
→ Höhere Temperatur bei<br />
größeren Radien (→<br />
Aufweitung der Scheibe für<br />
mehr irradiation)<br />
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Flaring II - Beweis<br />
[12] Erklärung der Aufweitung<br />
Folgt aus hydrostatischem Gleichgewicht:<br />
E thermisch nimmt mit wachsendem r langsamer ab als E grav<br />
E therm ~ k * T ; E grav, vertikal ~ (- h/r) * G * M stern / R<br />
T ~ R -3/4 ( flache Scheibe)<br />
→ h ~ R 5/4 > R → klares Aufweiten<br />
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Temperaturgradient in der Scheibe<br />
- Scheibe wird durch Strahlung<br />
des Sterns erhitzt<br />
→ Oberfläche wird stärker<br />
erhitzt als Inneres<br />
(abgeschirmt)<br />
→ vertikaler<br />
Temperaturgradient<br />
- Horizontaler<br />
Temperaturgradient, da<br />
näheres Gas mehr Strahlung<br />
abbekommt und <strong>eine</strong><br />
schnellere Umlaufbahn hat<br />
[1] S. 6<br />
Vertikaler Temperaturgradient <strong>eine</strong>r SSD<br />
Kurvennamen → log Akkretionsrate (in Jahren)<br />
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Akkretionsmechanismus I<br />
[2] S.131<br />
Viskosität / Magnetfeld:Feder zwischen 2 Teilchen<br />
- Keplerbahnen: v ~ r -1/2 → innen schneller als außen<br />
→ Feder wird gedehnt<br />
→ Drehimpulsübertrag nach außen<br />
- Energieverlust durch Reibung<br />
→ inneres geht weiter nach innen<br />
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Akkretionsmechanismus II<br />
- Stern hat starkes magnetisches Feld<br />
→ Material löst sich von Scheibe und fällt entlang<br />
Magnetfeldlinien auf Stern (Pole) zu<br />
- Material fällt auf die Oberfläche und löst Schockwelle aus<br />
→ starke Strahlung<br />
[2] S. 160<br />
SED Komposition und<br />
Magnetische Akkretion<br />
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Löcher in der Scheibe<br />
Wie wirken sich Löcher in der Scheibe aus?<br />
- Es fehlt das Planck-Spektrum an dieser Stelle →<br />
Erniedrigung der Intensität bei <strong>eine</strong>r bestimmten Wellenlänge<br />
- Lücke muss groß sein, um beobachtbar zu werden<br />
[2] S.288<br />
Auswirkungen von<br />
Löchern auf das<br />
Spektrum<br />
Links: Loch bei 56 AU<br />
Rechts: Staub in <strong>eine</strong>m<br />
Loch bei 46 AU<br />
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Andere Scheibenmodelle<br />
- SSD (Sunyaev <strong>–</strong> Shakura Disk) nimmt lokales thermisches<br />
Gleichgewicht (LTE) an (gutes Modell für stellare<br />
<strong>Akkretionsscheibe</strong>n)<br />
- ADAF „advection-dominated accretion flow“ falls LTE nicht<br />
gilt → Aufheizung des Materials im Akkretionsstrom, Scheibe<br />
bläht sich zu <strong>eine</strong>m Torus auf (Modell bei schwarzen<br />
Löchern / Neutronensternen )<br />
- relativ<strong>ist</strong>ische Betrachtung der dünnen Scheibe (SSD<br />
unrelativ<strong>ist</strong>isch) → schwarze Löcher<br />
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Klassifizierung durch Beobachtung<br />
SEDs (Spektrale Energieverteilungen):<br />
- Eingeführt von Lada (1987)<br />
- Klassifikation durch den Abfall der<br />
SEDs ab Wellenlängen von 2μm: Mehr<br />
Material in der Scheibe → mehr<br />
Rotverschiebung der SED<br />
� F �~� s<br />
Klasse I : s > 0 ; starke Gasumhüllung<br />
Klasse II : -4/3 < s < 0 ; optisch dichte<br />
Scheibe<br />
Klasse III : s ~ -3 ; fast k<strong>eine</strong> IR<br />
Emission, „Debris Disk“<br />
[2] S.10 SED der Klassifikationen<br />
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Klassifizierung durch Beobachtung II<br />
Spektrallinien:<br />
-Stärke der Infraroten Emissionslinien aufgrund von<br />
Akkretion des Materials auf den Stern → Schock beim<br />
Aufprall → UV Überschuss<br />
- akkretiertes Gas hat breite Emissionslinien<br />
[2] S.175 Hα Linien<br />
Strahlungsfluss normiert auf Sonnenspektrum, Geschwindigkeit im Ruhesystem des Sterns<br />
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Evolution protoplanetarer Scheiben<br />
Stufe 1 <strong>–</strong> Massive, „flared“ äußere Scheibe und innere <strong>Akkretionsscheibe</strong><br />
Stufe 2 - UV und Röntgenstrahlung vom Stern verdampft / bläst weg die<br />
oberen und unteren Schichten der Scheibe<br />
Stufe 3 <strong>–</strong> immer größer werdende Staubpartikel formieren <strong>eine</strong>n Staubring<br />
im Mittleren der Scheibe<br />
Stufe 4 <strong>–</strong> Akkretion stoppt → Photoevaporation von innen nach außen<br />
Stufe 5 <strong>–</strong> Restscheibe „debris disk“ ohne Gas, kann Planeten enthalten<br />
(entspricht nicht den Bilderstufen)<br />
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Fazit<br />
- Aufgrund von Drehimpulserhaltung wird nicht die ganze<br />
Masse der Scheibe in Richtung Zentralobjekt bewegt<br />
- Größeres Verständnis von protostellaren<br />
<strong>Akkretionsscheibe</strong>n<br />
→ Bessere Kenntnis von früher Sternentwicklung<br />
→ Mehr Einsicht in Entstehung von Planetensystemen<br />
(s. Nächster Vortrag)<br />
→ wichtiges aktuelles Forschungsthema, noch lange<br />
nicht ganz verstanden<br />
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Und zu guter Letzt'<br />
Fröhliche Weihnachten auf Astronomisch ...<br />
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Weihnachtsmann im All?<br />
- 2007: große heiße Gaswolke (blau -<br />
Röntgen) in Sternentstehungsgebiet im<br />
Orion Nebel<br />
- wahrscheinlich entstanden durch<br />
Kollision von Sternwinden (θ 1 Orionis C,<br />
40 M sonne ) und dem umliegenden Gas<br />
„orange“ - Orion Nebel im infraroten<br />
- heiße Gaswolke soll<br />
Weihnachtsmannkopf darstellen<br />
(„The surrounding pattern of absorbing<br />
clouds gives the detected gas its Santa<br />
Claus shape, with his prominent hat<br />
outlined by the northern gas bubble.“) [7]<br />
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Literatur- / Bilderverzeichnis<br />
Bilder :<br />
Hintergrund: http://naoj.org/Pressrelease/2006/10/23/fig3.jpg<br />
http://www.bilderk<strong>ist</strong>e.de/galleryscript/gallery/cliparts/weihnachtsmann_schlitten_rentiere1.gif<br />
http://www.mpifr-bonn.mpg.de/public/pr/diskFlat.jpg<br />
http://www.spacetelescope.org<br />
Literatur :<br />
[1] Dullemond et al, Models of the Structure and Evolution of Protoplanetary Disks<br />
[2] Hartmann, Accretion Processes in Star Formation<br />
[3] Alexander, From discs to planetesimals I: evolution of gas and dust discs<br />
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/Accretion_disc<br />
[5] http://www.wissenschaft-online.de/astrowissen/lexdt_a02.html#akk<br />
[6] http://www.scholarpedia.org/article/Accretion_Discs<br />
[7] http://cmarchesin.blogspot.com/2007/11/credits-panel-xmm-newton-epic-guedel-et.html<br />
[8] http://www.daviddarling.info/encyclopedia/P/protoplandisk.html<br />
[9] http://cronodon.com/SpaceTech/TTauriStar.html<br />
[10] http://spiff.rit.edu/classes/phys301/lectures/blackbody/blackbody.html<br />
[11] http://www.lsw.uni-heidelberg.de/users/mcamenzi/Akkretion_Duchene.pdf<br />
[12] http://www.tat.physik.uni-tuebingen.de/~fgp/WS08/talks/wolf.pdf<br />
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