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Direktionsrecht und Versetzung in der Seelsorgeeinheit

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INFO 1/06<br />

a-5-versetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> SE-05-12-01<br />

Verfasser: Claudia Kuhner<br />

Rubrik: Allgem. H<strong>in</strong>weis<br />

Januar 2006<br />

<strong>Direktionsrecht</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Versetzung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Seelsorgee<strong>in</strong>heit<br />

Kann <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Seelsorgee<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Arbeitsplatz zugewiesen werden?<br />

Praxisfall:<br />

Die Kirchengeme<strong>in</strong>den St. Anna <strong>und</strong> St. Barbara bilden seit 1. Oktober 2005 die<br />

Seelsorgee<strong>in</strong>heit St. Andreas. Jede Kirchengeme<strong>in</strong>de hat e<strong>in</strong>en eigenen K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten. Leiter<br />

<strong>der</strong> Seelsorgee<strong>in</strong>heit ist <strong>der</strong> Pfarrer <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Anna. Er weist die Erzieher<strong>in</strong><br />

Eleonore, die seit Jahren im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Anna arbeitet, an ab<br />

1. Januar 2006 im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Barbara als Erzieher<strong>in</strong> zu arbeiten.<br />

Laut Arbeitsvertrag ist die Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Anna Dienstgeber<strong>in</strong> <strong>der</strong> Eleonore.<br />

Muss die Erzieher<strong>in</strong> künftig im Kiga <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Barbara arbeiten?<br />

Der Dienstgeber hat gr<strong>und</strong>sätzlich e<strong>in</strong> Weisungsrecht (<strong>Direktionsrecht</strong>) 1 . Das heißt, er kann<br />

Inhalt, Ort <strong>und</strong> Ausmaß <strong>der</strong> Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen,<br />

soweit diese Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebs- o<strong>der</strong> Dienstvere<strong>in</strong>barung,<br />

anwendbaren Tarifvertrag o<strong>der</strong> gesetzliche Vorschriften festgelegt s<strong>in</strong>d.<br />

Das bedeutet, dass das Weisungsrecht des Dienstgebers Grenzen hat. Würde beispielsweise<br />

im Arbeitsvertrag <strong>der</strong> Eleonore stehen, dass sie nur im Kiga <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Anna<br />

arbeiten muss, wäre ke<strong>in</strong> Raum für e<strong>in</strong> Weisungsrecht des Pfarrers für e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en<br />

E<strong>in</strong>satzort. E<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung des Arbeitsortes könnte <strong>in</strong> diesem Fall nur mit dem E<strong>in</strong>verständnis<br />

<strong>der</strong> Eleonore o<strong>der</strong> (ohne E<strong>in</strong>verständnis) durch e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ungskündigung erfolgen. Der<br />

Arbeitsvertrag <strong>der</strong> Eleonore enthält jedoch ke<strong>in</strong>e konkrete Festlegung auf den Arbeitsort.<br />

Die Maßnahme des Pfarrers könnte aber noch von se<strong>in</strong>em Weisungsrecht gedeckt se<strong>in</strong>, wenn<br />

e<strong>in</strong>e Umsetzung, Abordnung o<strong>der</strong> <strong>Versetzung</strong> <strong>der</strong> Eleonore vorliegt. Die Erzieher<strong>in</strong> könnte<br />

nach § 1 Abs. 2 S. 2 AVVO <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit § 12 BAT 2 verpflichtet se<strong>in</strong> die Anordnung des<br />

Pfarrers zu befolgen, wenn die Anweisung den Kiga zu wechseln e<strong>in</strong>e <strong>Versetzung</strong> o<strong>der</strong><br />

Abordnung darstellt.<br />

Die Abordnung ist e<strong>in</strong>e vorübergehende Zuweisung e<strong>in</strong>es Aufgabenbereiches <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />

E<strong>in</strong>richtung desselben Dienstgebers unter Aufrechterhaltung des Beschäftigungsverhältnisses<br />

zur abordnenden Dienststelle (Bleiste<strong>in</strong>/Thiel § 29 RN 49).<br />

Kurzform: Wechsel <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung + vorübergehen<strong>der</strong> Natur.<br />

Die <strong>Versetzung</strong> ist die Zuweisung e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Arbeitsplatzes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>richtung<br />

desselben Dienstgebers auf Gr<strong>und</strong> des arbeitsvertraglichen Weisungsrechtes (Bleiste<strong>in</strong>/Thiel<br />

§ 29 RN 50). Kurzform: Wechsel <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung + auf Dauer.<br />

Die Umsetzung h<strong>in</strong>gegen ist die Zuweisung e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en Arbeitsplatzes <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen<br />

E<strong>in</strong>richtung des Dienstgebers.<br />

Kurzform: Wechsel <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> gleichen E<strong>in</strong>richtung + auf Dauer.<br />

1 Allgeme<strong>in</strong>e Auffassung <strong>in</strong> Rechtsprechung <strong>und</strong> Literatur; siehe § 106 GewO, § 315 BGB.<br />

2 Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Caritas können unter den Voraussetzungen des § 9 AVR versetzt o<strong>der</strong><br />

abgeordnet werden. Siehe Info-Artikel „<strong>Versetzung</strong> <strong>und</strong> Abordnung“ von A. Künstle im Infomagaz<strong>in</strong> 1/05<br />

H<strong>in</strong>weis: MAV-Mitglie<strong>der</strong> können nur unter bestimmten Voraussetzungen gegen ihren Willen abgeordnet o<strong>der</strong><br />

versetzt werden, § 18 Abs. 2 MAVO.<br />

Diözesane Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften, Erzdiözese Freiburg Allgem. H<strong>in</strong>weis<br />

1 Stand: Januar 06


Übersicht:<br />

Abordnung <strong>Versetzung</strong> Umsetzung<br />

Wechsel <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung<br />

desselben Dienstgebers<br />

vorübergehend auf Dauer<br />

Ke<strong>in</strong> Wechsel<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung<br />

E<strong>in</strong>e Abordnung scheidet hier aus, weil die Erzieher<strong>in</strong> auf Dauer <strong>in</strong> dem an<strong>der</strong>en Kiga arbeiten<br />

soll. Es ist zu prüfen, ob die Eleonore <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung desselben Dienstgebers wechseln soll<br />

(<strong>Versetzung</strong>) o<strong>der</strong> <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung desselben Dienstgebers (Umsetzung).<br />

Was ist hier die E<strong>in</strong>richtung? Wer ist Dienstgeber? Kirchengeme<strong>in</strong>de o<strong>der</strong> Seelsorgee<strong>in</strong>heit?<br />

Nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 1a Abs. 3 Satz 1 MAVO s<strong>in</strong>d die Kirchengeme<strong>in</strong>den<br />

E<strong>in</strong>richtungen im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> MAVO, die zu Seelsorgee<strong>in</strong>heiten zusammengefasst werden<br />

können. Rechtsträger <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten s<strong>in</strong>d die jeweiligen Kirchengeme<strong>in</strong>den. Folglich ist <strong>in</strong><br />

den Arbeitsverträgen <strong>der</strong> Kiga-Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen die Kirchengeme<strong>in</strong>de als Dienstgeber genannt.<br />

Die Seelsorgee<strong>in</strong>heiten s<strong>in</strong>d nur Verwaltungse<strong>in</strong>heiten, die ke<strong>in</strong>e vermögensmäßige <strong>und</strong><br />

ke<strong>in</strong>e rechtliche Verschmelzung <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>den darstellen.<br />

Das bedeutet, dass nicht die Seelsorgee<strong>in</strong>heit St. Andreas Rechtsträger <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten <strong>der</strong><br />

Kirchengeme<strong>in</strong>den St. Anna <strong>und</strong> St. Barbara ist, son<strong>der</strong>n die betreffende Kirchengeme<strong>in</strong>de.<br />

Folglich weist <strong>der</strong> Pfarrer <strong>der</strong> Erzieher<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Dienstgeber zu, wenn er anordnet, dass<br />

sie künftig im Kiga <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Barbara arbeiten soll. E<strong>in</strong> solcher Wechsel ist aber<br />

nur mit dem E<strong>in</strong>verständnis <strong>der</strong> Eleonore (Aufhebungsvertrag) o<strong>der</strong> durch die Kündigung ihres<br />

Arbeitsvertrages möglich. Es liegt we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Versetzung</strong> noch e<strong>in</strong>e Umsetzung vor.<br />

Ergebnis:<br />

Der Leiter <strong>der</strong> Seelsorgee<strong>in</strong>heit kann die Erzieher<strong>in</strong> nicht anweisen, vom Kiga <strong>der</strong><br />

Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Anna <strong>in</strong> den Kiga <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de St. Barbara zu wechseln.<br />

Fazit:<br />

Der Zusammenschluss von Kirchengeme<strong>in</strong>den zu Seelsorgee<strong>in</strong>heiten bedeutet nicht, dass<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Seelsorgee<strong>in</strong>heit das Personal beliebig ausgetauscht werden kann. Denn<br />

Dienstgeber ist nicht die Seelsorgee<strong>in</strong>heit, son<strong>der</strong>n die jeweilige Kirchengeme<strong>in</strong>de. E<strong>in</strong>e<br />

<strong>Versetzung</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Seelsorgee<strong>in</strong>heit wäre nur möglich, wenn die bestehende<br />

Dienstgeberstruktur geän<strong>der</strong>t wird.<br />

Info zum Beteiligungsrecht <strong>der</strong> MAV bei Abordnung, <strong>Versetzung</strong> <strong>und</strong> Umsetzung:<br />

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 MAVO hat die MAV e<strong>in</strong> Zustimmungsrecht, wenn <strong>der</strong> Dienstgeber<br />

e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Mitarbeiter mehr als drei Monate <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>richtung<br />

abordnen o<strong>der</strong> versetzen will.<br />

Die MAV kann ihre Zustimmung nur unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 MAVO<br />

verweigern. Fehlt die Zustimmung <strong>der</strong> MAV <strong>und</strong> wird sie auch nicht durch Urteil des kirchlichen<br />

Arbeitsgerichtes ersetzt, so ist die Abordnung o<strong>der</strong> <strong>Versetzung</strong> dem betroffenen Mitarbeiter<br />

gegenüber unwirksam (Bleiste<strong>in</strong>/Thiel § 35 Rn. 4).<br />

Ausnahme: Plant <strong>der</strong> Dienstgeber die Abordnung (von mehr als drei Monaten) o<strong>der</strong> die <strong>Versetzung</strong> von<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeitern für pastorale Dienste o<strong>der</strong> religiöse Unterweisung, die zu ihrer<br />

Tätigkeit <strong>der</strong> ausdrücklichen bischöflichen Sendung o<strong>der</strong> Beauftragung bedürfen, so ist die MAV gemäß<br />

§ 29 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2 Satz 1 MAVO nur anzuhören.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Umsetzung h<strong>in</strong>gegen hat die MAV ke<strong>in</strong> Beteiligungsrecht.<br />

Diözesane Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften, Erzdiözese Freiburg Allgem. H<strong>in</strong>weis<br />

2 Stand: Januar 06

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