Freiheit, Gesundheit, Gerechtigkeit - Hanfjournal
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#148 | Juli 2012<br />
Da gehts lang!<br />
die diesjährige Strecke der hanfparade<br />
Abschlusskundgebung<br />
16 - 22 Uhr<br />
Brandenburger Tor<br />
Scheiß Nikotin<br />
rauch- statt rauschvermeidung<br />
von Michael Knodt<br />
neuere Studien zum Konsum<br />
von Cannabis bescheinigen<br />
dem illegalisierten<br />
Kraut, dass es nicht<br />
die bösen Erkrankungen verursacht,<br />
die die Volksdroge<br />
Nikotin zweifelsfrei und millionenfach<br />
hervorruft. Dass solche<br />
Studien hier kaum beachtet<br />
werden, liegt zum Einen an der<br />
seit Jahren ignoranten Haltung<br />
der Bundesregierung, wenn es<br />
darum geht, wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse aus der Cannabis-Forschung<br />
zu evaluieren.<br />
Ein anderer, meist vernachlässigter<br />
Grund ist der besonders<br />
in Europa verbreitete Mischkonsum<br />
von Cannabis und<br />
Nikotin. Einem Cannabiskonsumierenden<br />
oder gar eine/r<br />
ANZEIGEN<br />
<strong>Gesundheit</strong>sministerium<br />
15 Uhr<br />
route der<br />
hanfparade<br />
Patientin/en aus den USA oder<br />
aus Kanada käme es gar nicht<br />
in den Sinn, Hanf mit Tabak<br />
zu vermischen. Selbst Zigarettenraucher/innen<br />
rauchen dort<br />
ihre Hanfblüten pur und trennen<br />
so strikt zwischen Nikotin<br />
und Cannabis. Das ist auch der<br />
Grund für die „Mini-Joints“,<br />
die in Übersee Standard sind,<br />
ohne Tabak enthielte ein Dübel<br />
in Europäischem Format locker<br />
mal 1,5- 2 Gramm Weed und<br />
wäre so viel zu stark für die<br />
meisten. Aber so ein US-amerikanischer<br />
Pur-Joint enthält<br />
ungefähr so viel wie einer von<br />
hier: Ungefähr 0,2-0,5 Gramm<br />
Gras, aber kein Nikotin.<br />
Smoke your Ganja raw<br />
Leider beeinträchtigt der<br />
Mischkonsum nicht nur die<br />
Auftaktveranstaltung<br />
13-14 Uhr<br />
Alexanderplatz<br />
Weltzeituhr<br />
<strong>Gesundheit</strong> viel mehr als es<br />
pures Gras, er führt nebenbei<br />
zu einer Reihe weiterer Nebenwirkungen,<br />
die eine objektive<br />
Betrachtung der Stellung von<br />
Hanf in unserer Gesellschaft<br />
erschwert:<br />
Die Legalisierungsdebatte<br />
dreht sich oft um das Thema<br />
„Rauchen“, wobei einfach davon<br />
ausgegangen wird, dass,<br />
wie in europäischen Studien<br />
üblich, Hanf mit Tabak vermischt<br />
wird. So muss man sich<br />
als Cannabiskonsumierender<br />
für die Folgen einer Droge<br />
rechtfertigen, die prinzipiell<br />
wenig mit den eigenen Vorlieben<br />
zu tun hat. Man bekommt<br />
selbst als Pur-Raucher die<br />
Folgen des zweifelsfrei schädlichen<br />
Tabakkonsums unter<br />
die Nase gerieben. Rauchen<br />
ist selbst ohne Tabak die ungesündeste<br />
Applikationsform<br />
von Hanfblüten, andere, gesündere<br />
Konsumformen wie<br />
das Vaporisieren oder die orale<br />
Aufnahme setzen sich jedoch<br />
die Hanfparade beginnt<br />
um 13 Uhr mit einer<br />
Auftaktkundgebung<br />
auf dem Berliner Alexanderplatz<br />
an der Weltzeituhr. Im<br />
Anschluss ziehen die Teilnehmer<br />
begleitet von knapp<br />
zwei Dutzend Paradewagen<br />
über den Hackeschen Markt<br />
und die Oranienburger Straße<br />
zum Bundesministerium<br />
für <strong>Gesundheit</strong>.<br />
Dort wird gegen 15 Uhr<br />
eine Zwischenkundgebung<br />
erst langsam durch. Das liegt<br />
daran, dass die traditionellen<br />
Rauchgewohnheiten unserer<br />
Gesellschaft einfach 1:1 auf<br />
Hanf übertragen wurden, weil<br />
zur Zeit der „Hanf-Renaissance“<br />
in den 1970er Jahren sich<br />
kaum jemand über die Gefahren<br />
von Nikotin und des<br />
Rauchens bewusst war und sowieso<br />
alle Kippen geraucht haben.<br />
So wurde der Tabak-Joint<br />
nur gesellschaftsfähig, weil<br />
Rauchen damals nicht als Problem<br />
oder gar als gefährlich<br />
galt. Andere Kulturen, wo<br />
Cannabis seit Jahrtausenden<br />
zum Alltag gehört, nehmen<br />
Gras oft oral auf oder rauchen<br />
es wenigstens pur, kaum jemand<br />
mischt es traditionell mit<br />
Tabak.<br />
Die Vermischung mit Tabak<br />
steigert das Suchtpotential<br />
ungemein. Dem Autor dieses<br />
Artikels sind nicht wenige<br />
Gelegenheits-Kiffer bekannt,<br />
die aufgrund von unregelmäßigen<br />
Cannabiskonsums erst<br />
im Geiste von Wolfang<br />
Neuss stattfinden.<br />
Im Anschluss folgt die Demonstration<br />
der Friedrichstraße<br />
und der Straße „Unter<br />
den Linden“ bis zur Ecke<br />
Schadowstraße.<br />
Über die Wilhelm- und<br />
Dorotheenstraße führt die<br />
Hanfparade 2012 danach<br />
die Teilnehmer am Reichstag<br />
vorbei zur Straße des 17.<br />
Juni. Dort wird von 16 bis<br />
22 Uhr die große Abschlusskundgebung<br />
stattfinden.<br />
angefangen haben, Zigaretten<br />
zu rauchen, weil sie ihre Feierabend-Joints<br />
mit Tabak vermischt<br />
haben. Wie oft hört man<br />
den Satz: „Ohne Weed habe<br />
ich keine Probleme, aber ich<br />
rauche dann viel mehr Zigaretten“.<br />
Von Pur-Rauchern wird<br />
man so etwas nie hören.<br />
Ärzte, die Cannabis-Patienten<br />
behandeln, sind sich<br />
dieses Phänomens oft nicht bewusst<br />
und raten den Patienten<br />
in den seltensten Fällen, parallel<br />
zur Cannabismedikation einen<br />
Nikotinentzug zu machen<br />
oder zumindest den Konsum<br />
beider Drogen zu trennen, um<br />
so den positiven Effekt der Medizin<br />
nicht zu beeinflussen. Oft<br />
wird der parallele Nikotinkonsum<br />
erst gar nicht thematisiert.<br />
Last but not least wirkt pur<br />
konsumiertes Cannabis ganz<br />
anders als die umgangssprachliche<br />
„Mischung“: Patienten<br />
und Genussraucher bestätigen<br />
übereinstimmend, dass die<br />
Kombination Nikotin-Cannabis<br />
zwar auch entspanne, die<br />
Schmerzen lindere und/oder<br />
high mache, aber viel stärkere<br />
Müdigkeit als Nebeneffekt verursache<br />
als pur konsumiertes<br />
Weed.<br />
Lungenkiller Nikotin<br />
Dem Autor des Artikels geht<br />
es übrigens auch so.<br />
All diese Fakten sind für sich<br />
genommen schon bedenklich<br />
genug und sollten die Hanfliebhaber/innen<br />
in Europa<br />
einmal ihre Konsumgewohnheiten<br />
reflektieren lassen, desaströs<br />
wird die ganze Sache<br />
aber, weil die Gefahren der<br />
legalen Droge Nikotin mittlerweile<br />
das häufigst angeführte<br />
Argument sind, wenn es um<br />
die rechtliche Stellung von<br />
White Widdow, Jack Flash und<br />
ihren Schwestern geht.<br />
„Wir können doch nicht auf<br />
der einen Seite versuchen, das<br />
Rauchen durch Gesetze einzudämmen<br />
und andererseits<br />
Cannabis legaliseren.“<br />
Wieso eigentlich nicht? Dazu<br />
müssen wir aber schon wieder<br />
über den großen Teich schielen,<br />
denn dort sind Anti-Raucher<br />
Kampagnen schon viel länger<br />
präsent und auch entsprechend<br />
erfolgreich. So rauchen<br />
jüngsten Erhebungen zufolge<br />
dort nur noch 18 Prozent der<br />
Schüler Zigaretten, 23 Prozent<br />
gaben dagegen an, in jüngster<br />
Zeit gekifft zu haben.<br />
Prof. Donald Tashkin hat<br />
sich als einer der führenden<br />
amerikanischen Lungenspezialisten<br />
Jahrzehnte lang für die<br />
Aufrechterhaltung der Hanfprohibition<br />
eingesetzt, weil<br />
er davon überzeugt war, dass<br />
das Rauchen von Gras ein sehr<br />
hohes Risiko berge, an Lungenkrebs<br />
oder COPD (Chronisch<br />
obstruktive Lungenerkrankung)<br />
zu erkranken.<br />
Er hat auf diesem Gebiet 30<br />
Jahre lang geforscht, die um-<br />
hanfParade<br />
5<br />
Die Hanfparade 2012 folgt<br />
also im Wesentlichen der von<br />
den Vorjahren bekannten<br />
Route.<br />
Dies tun wir, weil wir<br />
möglichst viele Menschen<br />
aus unterschiedlichen gesellschaftlichen<br />
Schichten<br />
auf die negativen Auswirkungen<br />
des Cannabisverbots<br />
aufmerksam machen und<br />
sie durch unsere Botschaften<br />
dazu anregen wollen, die<br />
Cannabisprohibition kritisch<br />
zu hinterfragen.<br />
fassendste Studie überhaupt<br />
zum Thema veröffentlicht und<br />
war bis vor wenigen Jahren<br />
davon überzeugt, dass Hanf<br />
und Lungenkrebs einen kausalen<br />
Zusammenhang haben,<br />
schlimmer noch als bei Tabak.<br />
Seine jüngsten Auswertungen<br />
der Langzeitstudien<br />
haben ihn jedoch zum Umdenken<br />
bewegt, 2009 klingt das so:<br />
„Früher, als unsere Forschungsergebnisse<br />
den Anschein<br />
erweckt haben, er (der<br />
Cannabiskonsum) habe negative<br />
Auswirkungen auf die Lungenfunktion<br />
beziehungsweise<br />
deren <strong>Gesundheit</strong>, war ich davon<br />
überzeugt, dass eine Legalisierung<br />
einen Anstieg des<br />
Konsums und somit negative<br />
Auswirkungen auf die <strong>Gesundheit</strong><br />
der Bevölkerung mit sich<br />
bringe. Ich rate jedem davon<br />
ab, überhaupt zu rauchen. Mittlerweile<br />
bin ich jedoch für eine<br />
Legalisierung. Es (Cannabis)<br />
sollte nicht als illegale Substanz<br />
stigmatisiert sein, Tabak ist viel<br />
gefährlicher. Und was das Vergiftungspotential<br />
anbetrifft, so<br />
ist Alkohol viel gefährlicher.“<br />
Setzt man also voraus, dass<br />
es den Gesetzgebern wirklich<br />
um den <strong>Gesundheit</strong>sschutz<br />
geht, müsste man drei Dinge<br />
von ihm erwarten:<br />
Die umgehende Beauftragung<br />
von hiesigen Studien, die<br />
das Gefahrenpotential von pur<br />
konsumierten Cannabis in den<br />
verschiedenen Applikationsformen<br />
bewerten (Rauchen,<br />
Verdampfen, Essen)<br />
Einen Blick auf den internationalen<br />
Stand der Forschung<br />
zu werfen<br />
Echte Aufklärung Heranwachsender<br />
und junger Erwachsener,<br />
natürlich auch über<br />
das zweifelsohne vorhandene<br />
Gefahrenpotential von Cannabis,<br />
mit Schwerpunkt „Rauchstatt<br />
Rauschvermeidung“<br />
Was muss sich ändern?<br />
Eine Aufklärung unter rein<br />
wissenschaftlichen Aspekten,<br />
welche weder verharmlost<br />
noch verherrlicht und die fast<br />
schon sprichwörtliche „German<br />
Drogen-Angst“ außen vor<br />
lässt , ist die beste Vorbeugung<br />
gegen die Entwicklung problematischer<br />
Konsummuster,<br />
die selbst in Zeiten staatlicher<br />
Drogenpropaganda bei Cannabis<br />
am seltensten von allen<br />
verbreiteten Drogen auftreten.<br />
Selbst die in den vergangenen<br />
Jahren so oft und kontrovers<br />
diskutierten psychischen<br />
Probleme beim „Missbrauch“<br />
von Cannabis sind ein Witz<br />
gegenüber den Aussetzern,<br />
die der Alkoholmissbrauch so<br />
mit sich bringt, die Stichworte<br />
heißen hierbei weiße Mäuse,<br />
Korsakow Syndrom, sexuelle<br />
Gewalt, Gehirnzellentod oder<br />
Atemlähmung.<br />
Deshalb kann man heute<br />
ohne Übertreibung sagen:<br />
„Cannabis ist sicherer“.