T R AU M& W I R K L I C H K E I T - Kletterzentrum Milandia
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NDOOR n a h a u f n a h m e<br />
T R <strong>AU</strong> M & W I R K L I C H K E I T<br />
ZÜRICH – KLETTERZENTRUM GAS W E R K<br />
Wahrscheinlich ist das <strong>Kletterzentrum</strong> Gaswerk die größte Indoor-Anlage<br />
der Welt. Mit Sicherheit schlägt dort das Herz einer neuen Kletterer-Generation.<br />
Von C h a r l e s M o r i (Text) und J ü r g e n S c h e l l e n b e r g (Fotos)<br />
2 4 CLIMB! 4|0 6<br />
Alles beginnt mit Träumen. Wer<br />
eine Kletterhalle bauen will,<br />
schwelgt schnell einmal in paradiesischen<br />
Wunschvorstellungen,<br />
landet aber ebenso schnell auf dem<br />
Boden der Realität. Aus dem Paradies<br />
werden Bauvorgaben, Sicherheitsauflagen,<br />
Budgetbeschränkungen und<br />
vor allem: Kompromisse. Planung ist<br />
alles, weiß der erfahrene Unterneh-<br />
mer, weshalb Neuanlagen heute als<br />
durchkalkulierte und fixfertige Sportkomplexe<br />
hingepflanzt werden. Einmal<br />
aufrichten und losklettern,<br />
schwuppdiwupp.<br />
Beim <strong>Kletterzentrum</strong> Gaswerk war<br />
das alles anders. In der Steinzeit des<br />
Hallenkletterns (1994) konnte noch<br />
niemand ahnen, dass nur ein Jahrzehnt<br />
später bald mehr Leute in Hallen klet-<br />
tern würden als draussen. Entsprechend<br />
schwierig war die Finanzierung.<br />
Wer wollte schon ein paar Magnesiabeutel-Trägern<br />
Geld für Holzwände<br />
und Plastikgriffe geben? Aber<br />
»was man will, das kann man«, war<br />
schon Wolfgang Güllich überzeugt.<br />
Dem Gaswerk-Initiator Patrick Hilber<br />
gefiel der Satz des großen Kletterers<br />
so gut, dass Güllich fürs Logo als Pate<br />
Zeitgemäß: Beim Gastrobereich setzt<br />
man auf großzügige Raumgestaltung<br />
Nicht nur groß – das Gaswerk<br />
hat ein besonderes<br />
Industriehallen-Ambiente<br />
Über 4000 Quadratmeter Kletterfläche<br />
in vier Hallen an ganz unter<br />
schiedlichen Wandstrukturen – ab<br />
wechslungsreicher geht’s nicht<br />
CLIMB! 4|0 6 2 5
NDOOR n a h a u f n a h m e<br />
Man vergleiche das<br />
Logo mit dem Bild in<br />
CLIMB! 2/2006, S. 44<br />
GASWERK | Zürich<br />
herhalten musste. Seinen berühmtesten<br />
Satz, dass das Gehirn beim Klettern<br />
der wichtigste Muskel sei,<br />
schrieb sich Patrick Hilber noch<br />
zusätzlich hinter die Ohren.<br />
Weil: Was fürs Klettern gilt, gilt<br />
ansonsten erst recht. Mit strategischem<br />
Geschick vermochte er<br />
den akademischen Sportverband<br />
Zürich sowie den Schweizerischen<br />
Alpenclub für die Realisierung<br />
seines Traums zu gewinnen.<br />
Bald stand die erste Halle, 1996 folgte<br />
die zweite, später die dritte, und heute<br />
besteht das Gaswerk aus ganzen vier<br />
Hallen. Während die erste mit Stahlgerüst,<br />
selbstgezimmerten Wand-<br />
Inhaber I Gaswerk AG, Patrick Hilber (Geschäftsleiter)<br />
Adresse: Kohlestr. 12b, CH-8952 Schlieren,<br />
Tel. +41/(0)44/7 55 44 33, www.kletterzentrum.com<br />
Öffnungszeiten: Mo–Fr 9–22:15, Sa/So 9–20,<br />
Feiertage siehe Website<br />
Größe Grundfläche: 1100 qm verteilt auf 4 Hallen und 4<br />
Boulderräume, zusätzlich Outdoorbereich im Sommer<br />
Kletterfläche: über 4000 qm, davon 270 qm outdoor<br />
max. Höhe/Kletterlänge: 17/25 m<br />
Routen (Anzahl): 260, davon 80 eingerichtete Topropes,<br />
70 Routen kinderfreundlich<br />
bis V+: 99<br />
VI– bis VII+: 121<br />
ab VIII–: 40<br />
Hersteller Kletterwände: Eigenbau, SintRoc Holz-,<br />
Struktur-, System Diamond-Wände / TÜV-geprüft<br />
Einzeleintritt: 7,– bis 26,– CHF<br />
Jahreskarte: 985 CHF (Erwachsene)<br />
Art der Kletterei: stark überhängend (bis 13m), senkrecht<br />
und geneigt<br />
Ambiente: Industrie-Romantik; viel Tageslicht dank hoher<br />
Fenster, verschiedene Etagen, offene Boulderräume;<br />
viel Platz zum Sein.<br />
Sonstige Kletter-Infrastruktur: 3 Toppas-Selbstsicherungsgeräte,<br />
Fitnessgeräte, Trainingsboards, Abseilstelle,<br />
Zwischenstände für Mehrseillängen-Übungen<br />
Kletterkurse: aller Art, zusätzlich Coaching, Lehrerfortbildung,<br />
professionelle Trainingsberatung<br />
Events: Night Climbing Marathon, Boulder&Spaghetti-<br />
Nacht, Vorträge und Diashows, nationale und internationale<br />
Wettkämpfe, Firmen-Events<br />
Ausrüstungsverleih: Gurte, Seile, Schuhe, Sicherungsgeräte<br />
Bistro: Getränke, Snacks, warme Mahlzeiten, Gebäck,<br />
70 Sitzplätze im Wintergarten, 12 an der Bar<br />
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paneelen, externen Garderoben und<br />
Kaffeemaschine damals noch ganz die<br />
Studenten-Halle mimte, zeugen die<br />
weiteren Ausbauten vom rasanten<br />
Boom des Indoor-Klettersports. Heute<br />
schmückt sich das Gaswerk mit modernsten<br />
Kletterwand-Systemen, Highend-Bistro,<br />
Vollsortiment-Shop,<br />
Website-Service und gilt landesweit<br />
als der Vorzeige-Klettertempel. Noch<br />
immer wird die Anlage laufend den<br />
steigenden Kundenbedürfnissen angepasst<br />
und vielleicht schon bald erweitert.<br />
Während Gerüchte über eine<br />
fünfte Halle kursieren, munkeln Insider<br />
sogar schon von Halle sechs und<br />
sieben.<br />
Diese Evolution vom Uni-Groove<br />
zum Breitband-<strong>Kletterzentrum</strong> ist<br />
noch immer gut zu sehen. Old-school<br />
existiert neben New Economy. Die<br />
Boulder-Freaks am Abend mögen’s<br />
lautstark mit entsprechender Mukke,<br />
die Banker über Mittag bevorzugen<br />
das sportlich-dynamische Ambiente.<br />
Das Ganze ist verpackt in Backsteinbauten<br />
aus der Industriezeit um die<br />
vorletzte Jahrhundertwende. Auf dieser<br />
Mischung beruht der Kult-Status,<br />
den diese Halle längst geniesst. Und<br />
zwar bei richtig vielen Fans: Täglich<br />
klettern hier im Schnitt gute 350 Personen<br />
– querbeet vom Kindergeburtstag<br />
bis zu den nationalen Wettkampf-<br />
Im letzten Jahr konnte Cédric Lachat den Weltcup im Gaswerk für sich entscheiden – den<br />
ersten Schweizer Weltcup-Titel im Klettern überhaupt<br />
grössen, die sich in den 8b's den Heimvorteil<br />
für den nächsten Weltcup zu sichern<br />
versuchen. Cédric Lachat,<br />
Schweizer Meister im Vorstieg, hat das<br />
letztes Jahr geschafft: Er konnte sich<br />
gegen die Konkurrenz durchsetzen<br />
und gewann knapp vor Timo Preussler<br />
den ersten Schweizer Weltcup-Titel<br />
überhaupt. Das Gaswerk verwandelte<br />
er nebenbei in einen brodelnden Hexenkessel.<br />
Nicht überraschend plant<br />
die Geschäftsleitung seither am liebsten<br />
Wettkämpfe.<br />
Voll ist die Halle jeweils auch am<br />
Tag danach, wenn das Fußvolk die von<br />
Kletterstars kreierten Routen nachsteigen<br />
darf – zum Beispiel nette Dynamos<br />
von François Legrand oder<br />
hübsche Traversen von Muriel Sarkany.<br />
Aber nicht nur diese quasi verlängerten<br />
Boulderprobleme locken an.<br />
Erfolgsrezept im Gaswerk war schon<br />
immer das häufige und regelmässige<br />
Umschrauben der Routen. Hierfür ist<br />
der Routenbau-Profi und Bergführer-<br />
Aspirant Aaron Richiger zuständig:<br />
»On sight-Kletterei an frisch polierten<br />
Griffen gehört nun einmal zum höchsten<br />
der Gefühle, und zwar auf jedem<br />
Kletterniveau.« Resultat: Wer nur alle<br />
paar Wochen ins Gaswerk pilgert,<br />
glaubt stets, zum ersten Mal dort zu<br />
sein – ein erfreulicher Effekt. Außer,<br />
wenn das Projekt vom letzten Mal<br />
nicht mehr da ist.<br />
Im <strong>Kletterzentrum</strong> sind ausschliesslich<br />
Profis am Werk. Anders könnte<br />
ein Betrieb von dieser Größe auch gar<br />
nicht funktionieren. Bis zu fünfzig<br />
Personen arbeiten dort und fangen einen<br />
jährlichen Ansturm von ungefähr<br />
100 000 Kletterern und Kletterinnen<br />
auf. Climb!-Experte Walter Britschgi<br />
ist für das Sicherheitskonzept verantwortlich,<br />
das Kurswesen betreut die<br />
Swiss Olympic-Diplomtrainerin Rachel<br />
Kernen. Ihr und ihrem Team ist es<br />
zu verdanken, dass der konstante Andrang<br />
interessierter Neukunden über-<br />
� Bouldern satt – es gibt insgesamt fünf Boulderanlagen<br />
mit Bouldern bis 12 Meter Länge<br />
haupt bewältigbar ist. Entscheidend ist<br />
hier eine gute Ausbildung von Anfang<br />
an – im Gaswerk ausschließlich durch<br />
zertifizierte Kletterinstruktoren.<br />
Mit dem Klettern ist es nämlich wie<br />
mit dem Bau von Kletterhallen.<br />
Schnell kann aus dem Traum von einem<br />
vertikalen Paradies eine unsanfte<br />
Landung werden. Aber nicht nur auf<br />
Bauvorschriften, sondern auf dem harten<br />
Hallenboden.<br />
� 270 Quadratmeter Kletterfläche warten draußen – gemessen an der Indoorfläche ziemlich wenig<br />
� Bei den Kursen im<br />
Gaswerk sind ausschließlich<br />
Profis am<br />
Werk – hier der Sicherheitsguru<br />
und<br />
Climb!-Autor Walter<br />
Britschgi<br />
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