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Garscha, Elisabeth - RPI der EKHN

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<strong>Elisabeth</strong> von Thüringen im Unterricht <strong>der</strong> Sek I<br />

von Jörg <strong>Garscha</strong><br />

Es ist keinesfalls einfach, die Bedeutung <strong>Elisabeth</strong>s<br />

für heute einzuschätzen. Denn bereits mit ihrem Tod<br />

beginnt eine »Vermarktung« ihrer Person. Ein Sinnbild<br />

dafür ist <strong>der</strong> kostbare goldene Schrein, in dem ihre<br />

Gebeine in <strong>der</strong> <strong>Elisabeth</strong>kirche zu Marburg aufbewahrt<br />

wurden. Er steht in krassem Gegensatz zu ihrem Umgang<br />

mit Gold und Geld. Auch wenn <strong>Elisabeth</strong> bewusst<br />

ihren fürstlichen Stand verlassen hatte, um in Armut<br />

und von ihrer eigenen Hände Arbeit zu leben, wurde sie<br />

nach ihrem Tod als »Königstochter« nachträglich von<br />

Kaiser Friedrich II gekrönt und als »Ahnfrau« <strong>der</strong> hessischen<br />

Fürsten zum Symbol fürstlicher Herrschaftsansprüche<br />

gemacht.<br />

Typisch ist auch das Schicksal<br />

des von ihr gegründeten Hospitals.<br />

<strong>Elisabeth</strong> hatte es zur Betreuung <strong>der</strong><br />

Armen und Kranken aus Marburg<br />

und Umgebung errichtet. Nach<br />

Übernahme durch den Deutschen<br />

Orden wurde es – entgegen <strong>der</strong> ursprünglichen<br />

Absicht – im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

zu einem <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

Deutschordenshospitale für die<br />

Pflege von Ordensbrü<strong>der</strong>n und begüterter<br />

Kranken. Schon diese<br />

»Nutzung« <strong>Elisabeth</strong>s, die bis in die<br />

Gegenwart reicht, könnte Thema<br />

des Unterrichts sein und damit an<br />

einem Beispiel Grundfragen des<br />

christlichen Glaubens und seiner gesellschaftlichen<br />

Auswirkungen behandeln.<br />

An <strong>Elisabeth</strong> von Thüringen entzünden<br />

sich Fragen, die trotz mancher<br />

historischer Unklarheiten auch<br />

für die Gegenwart Bedeutung haben.<br />

Sechs solcher Fragenkomplexe<br />

sind:<br />

Buch und Lernzirkel zu <strong>Elisabeth</strong> von Thüringen<br />

1. »Die peinliche Frage« – <strong>Elisabeth</strong><br />

protestiert gegen Unrecht.<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> Überlieferung,<br />

dass <strong>Elisabeth</strong> es als Fürstin demonstrativ<br />

vermied, Speisen zu sich zu<br />

nehmen, die aus unrechtmäßigem<br />

Erwerb stammten, kann die Frage<br />

nach Formen des Wi<strong>der</strong>standes gegen<br />

Unrecht gestellt werden. Auch<br />

ist es denkbar, sich daran anknüpfend<br />

mit <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Weltläden,<br />

und <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Herkunft von<br />

Lebensmitteln und Kleidungsstücken<br />

heute zu beschäftigen.<br />

2. »Contraria contrariis curare« –<br />

<strong>Elisabeth</strong> überwindet Gegensätze<br />

<strong>Elisabeth</strong> hat in Überwindung<br />

bestehen<strong>der</strong> Standesunterschiede<br />

selbst die Pflege von Kranken übernommen<br />

und damit die übliche Armenfürsorge<br />

durch Almosengeben<br />

mit einem Akt bewusster Gleichstellung<br />

erweitert. Damit ist die Frage<br />

nach <strong>der</strong> Überbrückung von Gegensätzen<br />

zwischen Menschen gestellt,<br />

die in Blick auf Armut und Reichtum<br />

in Deutschland und in <strong>der</strong> Welt sowie<br />

auf das Leben von Obdachlosen<br />

konkretisiert werden könnte.<br />

3. Abstieg von <strong>der</strong> Burg –<br />

Durch Verzicht gewinnen<br />

<strong>Elisabeth</strong> hat nach dem Tod ihres<br />

Mannes bewusst auf ein standesgemäßes<br />

Leben verzichtet. Daher kann<br />

an ihr die Frage des Verzichts (z.B.<br />

Fasten, Simplify your life) bzw. des<br />

Lebens in Armut (z.B. Roger Schutz,<br />

Klöster) gestellt werden.<br />

Zu den hier genannten sechs Fragenkomplexen liegen ausgearbeitete Unterrichtseinheiten/Stationen<br />

vor in dem Buch: Jörg <strong>Garscha</strong>, Hartmuth Koch, Jutta Soltendieck-<br />

Vuraldi: <strong>Elisabeth</strong> von Thüringen, Lernzirkel für den Religionsunterricht in <strong>der</strong> Sekundarstufe,<br />

Auerverlag, Donauwörth 2006, (ISBN 978-3-403-03384-8).<br />

Die sechs Stationen sind eingebettet in zwei Einstiegsmodule, durch die die Schülerinnen<br />

und Schüler über Bil<strong>der</strong> ihre Kenntnisse zum Mittelalter und zu <strong>Elisabeth</strong> zusammentragen<br />

können und ein Abschlussmodul, das zu einer Auseinan<strong>der</strong>setzung mit einem<br />

<strong>Elisabeth</strong>bild heute anregt. Dabei wurde die Grundstruktur des von Reinhard Kunz<br />

im Auerverlag veröffentlichten Unterrichtsentwurfes zu Franz von Assisi übernommen<br />

(Donauwörth 2002, ISBN 3-403-03384-8).<br />

Die Aufgabenstellung zu je<strong>der</strong> Station besteht zunächst aus einer kurzen Information<br />

über <strong>Elisabeth</strong> und einem entsprechenden Bild. Dann folgt über einen Quellentext (aus<br />

dem Libellus) eine Basisinformation und die Formulierung einer Fragestellung (Sachlage/Problematik)<br />

zum Gespräch für die Schüler. Dann werden mehrere Wahlaufgaben<br />

zur Vertiefung gestellt und durch weiteres Material Hintergrundinformationen gegeben.<br />

Schließlich werden durch Anregungen für häusliche Eigenarbeit weitere Aspekte <strong>der</strong><br />

jeweiligen Thematik aufgegriffen.<br />

Teilstück aus <strong>Elisabeth</strong>s Reliquienschrein<br />

in Marburg (1236-1249).<br />

4. Freiwilliger Gehorsam –<br />

<strong>Elisabeth</strong> und Konrad<br />

Einer <strong>der</strong> schwierigsten Aspekte<br />

an <strong>Elisabeth</strong> ist ihre freiwillige<br />

Unterwerfung unter Konrad und den<br />

damit verbundenen Demütigungen.<br />

Auch heute gibt es Formen des Gehorsams,<br />

<strong>der</strong> Abhängigkeit und <strong>der</strong><br />

Begleitung, mit denen sich Jugendliche<br />

auseinan<strong>der</strong>setzen müssten.<br />

5. »Mutter <strong>der</strong> caritas« –<br />

<strong>Elisabeth</strong> gründet das Hospital<br />

Dass <strong>Elisabeth</strong> ein Hospital gründete,<br />

ist auch für die damalige Zeit<br />

nichts Ungewöhnliches. Trotzdem ist<br />

sie zum Vorbild für eine persönliche<br />

Zuwendung zu Kranken und Armen<br />

geworden. Daraus ergibt sich die<br />

Frage nach Motiven, die zu einer solchen<br />

Haltung beitragen und nach<br />

dem Vorbildcharakter <strong>Elisabeth</strong>s bis<br />

in unsere Zeit.<br />

6. »<strong>Elisabeth</strong> wird zur Heiligen« –<br />

Was bleibt von <strong>Elisabeth</strong>?<br />

Niemand kann sich mit <strong>Elisabeth</strong><br />

beschäftigen, ohne zu berücksichtigen,<br />

dass sie heilig gesprochen wurde.<br />

Infolgedessen muss es bei <strong>Elisabeth</strong><br />

auch um Reliquienverehrung,<br />

den protestantischen Protest dagegen,<br />

um das unterschiedliche Verständnis<br />

von Heiligen in <strong>der</strong> katholischen<br />

und evangelischen Kirche und<br />

um das mo<strong>der</strong>ne Phänomen des<br />

Starkultes gehen. Siehe dazu M1.<br />

Dr. Jörg <strong>Garscha</strong> ist Religionspädagogischer<br />

Studienleiter des Pädagogisch-<br />

Theologischen Instituts in Marburg.<br />

Er wird im August 2007 in den Ruhestand<br />

gehen. Wir bedanken uns hier<br />

ganz herzlich für die hervorragende<br />

Zusammenarbeit! (Harmjan Dam)<br />

24 Schönberger Hefte 2|07


M1<br />

<strong>Elisabeth</strong>-Bil<strong>der</strong><br />

Niemand weiß heute genau, wie <strong>Elisabeth</strong> von Thüringen wirklich ausgesehen hat. Aber in den vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ten schufen Künstler verschiedene <strong>Elisabeth</strong>-Bil<strong>der</strong>.<br />

1. Vergleiche die drei unterschiedlichen <strong>Elisabeth</strong>-Bil<strong>der</strong>. Wie ist <strong>Elisabeth</strong> auf den einzelnen Bil<strong>der</strong>n gekleidet? Was hält sie jeweils in ihren Händen? Wem wendet sie sich<br />

jeweils zu, wen sieht sie an?<br />

2. Wie charakterisieren die Künstler jeweils <strong>Elisabeth</strong>? Gebt jedem Bild einen kurzen Titel.<br />

3. Vielleicht habt ihr eine eigene Vorstellung, ein eigenes Bild von <strong>Elisabeth</strong>. Welches <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Künstler kommt eurer Vorstellung, eurem <strong>Elisabeth</strong>-Bild am nächsten?<br />

Wählt eines <strong>der</strong> drei <strong>Elisabeth</strong>-Bil<strong>der</strong> aus und begründet eure Entscheidung.<br />

Materialblatt Schönberger Hefte 2|07<br />

Abb. 1: Glasgemälde, Graz um 1320 Abb. 2: L. Juppe, <strong>Elisabeth</strong>kirche Marburg um 1510 Abb. 3: B. Kühlen, Mönchengladbach um 1905<br />

<strong>Garscha</strong>/Koch/Soltendieck-Vuraldi: <strong>Elisabeth</strong> von Thüringen, Auerverlag GmbH, Donauwörth

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