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Hausnotruf Geschichte

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Fünfundzwanzig Jahre DRK-<strong>Hausnotruf</strong>. Eine Dokumentation.


1. Auflage<br />

2006<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Generalsekretariat<br />

Autor<br />

Jörg Marx


Inhalt<br />

Ziel und Vorgehen der Dokumentation 4<br />

„Eine gewisse Stolpergefahr“ – 5<br />

erste Gehversuche des <strong>Hausnotruf</strong>s<br />

in Deutschland (1973 - 1980)<br />

„Ein Sprung ins kalte Wasser“ – 7<br />

DRK-Kreisverbände wagen den ersten Schritt (1981 - 1983)<br />

„Kein Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen“ – 17<br />

Zurückhaltung in Bonn (1984 - 1988)<br />

„Aber auch keine Notrufsäule“ – 29<br />

zwischen Anspruch und Wirklichkeit (1989 - 1995)<br />

„Die Feuerwehr musste das Schloss aufbrechen“ – 35<br />

vom <strong>Hausnotruf</strong> zum Serviceruf (1996 - 2002)<br />

„Ungewöhnliche Methoden“ – 43<br />

Bundesmarketingkonzept macht<br />

dem <strong>Hausnotruf</strong> Beine (2003 - 2006)<br />

Die technische Entwicklung<br />

des <strong>Hausnotruf</strong>systems ging von Bosch aus 59<br />

Sebastian Seibt, Bosch Sicherheitssysteme


Ziel und Vorgehen der Dokumentation<br />

Aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>s und des 100.000sten DRK-<br />

<strong>Hausnotruf</strong>kunden im Jahr 2006 wird die <strong>Geschichte</strong> des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>s von der im Jahr<br />

1973 beginnenden Vorgeschichte bis zu den Jubiläumsfeierlichkeiten im September 2006<br />

dokumentiert.<br />

Die Dokumentation erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die 125 Etappen der<br />

<strong>Geschichte</strong> des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>s haben vielmehr exemplarischen Charakter. Sie vermitteln<br />

einen Eindruck vom Wandel der mit dem <strong>Hausnotruf</strong>dienst verbundenen individuellen Bedürfnisse,<br />

sozialpolitischen Visionen, gesellschaftlichen Diskussionen, wissenschaftlichen Ergebnissen,<br />

technischen und wirtschaftlichen Lösungen. Die <strong>Geschichte</strong> des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>s ist<br />

eine Erfolgsgeschichte, aber sie ist keine geradlinige Entwicklung.<br />

Für die Dokumentation wurden rund 5.000 Seiten Akten ausgewertet und die einschlägige<br />

Literatur gesichtet. Die jeweiligen Literaturangaben sind im Text angegeben. 25 Landes- und<br />

Kreisverbände, die ersten, die einen <strong>Hausnotruf</strong>dienst eingerichtet haben, wurden angeschrieben.<br />

Für Material und Auskunft bedanke ich mich bei Hanne Führer vom DRK-Kreisverband<br />

Dithmarschen, Gaby Göbig-Fricke vom DRK-Kreisverband Mainz, Erika Görge von der Firma<br />

Bosch, Dieter Goller vom BRK-Kreisverband Nürnberg, Stefan Hartig vom DRK-Kreisverband<br />

Rudolstadt, Elvira Kaulitzki und Linda Pilz vom BRK-Kreisverband Landshut, Konrad Segeler<br />

vom DRK-Kreisverband Münster, Michael Stein vom BRK-Kreisverband Würzburg, Anneke<br />

Vögele vom DRK-Kreisverband Böblingen sowie Petra Weingärtner und Irene Rückert vom<br />

DRK-Generalsekretariat.<br />

In der Dokumentation werden DM-Angaben durchgehend im Verhältnis 1:2 in Euro umgerechnet<br />

und können zurückgerechnet werden. In den Akten finden sich an einigen Stellen<br />

widersprüchliche Zahlen, insbesondere im Hinblick auf die Teilnehmerentwicklung. Im Zweifelsfall<br />

werden die vorsichtigeren Zahlen und Schätzungen angegeben. Bei widersprüchlichen<br />

Angaben zur Datierung wird grundsätzlich auf das zeitnaheste Dokument mit<br />

Quellenangabe zurückgegriffen. Einige Werbematerialien konnten nicht eindeutig einem Verband<br />

und/oder einem Erscheinungsjahr zugeordnet werden.<br />

Die Dokumentation hält sich an den chronologischen Ablauf. Die Chronologie der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>-<strong>Geschichte</strong><br />

wird in sechs Phasen eingeteilt: (1.) In der Vorgeschichte 1973 bis 1980<br />

dominiert die Suche nach einer technischen Lösung. (2.) Die Anfänge 1981 bis 1984 gestalten<br />

sich vor allem als finanzieller Kraftakt verschiedener Kreisverbände. (3.) Mit zunehmender<br />

Ausbreitung gerät der <strong>Hausnotruf</strong> 1984 bis 1988 in die gesellschaftspolitische Kritik. (4.) Der<br />

politischen Durchsetzung folgt 1989 bis 1995 das Verankern von Standards vor dem Hintergrund<br />

der Diskussion um die Pflegeversicherung. (5.) Unter dem Stichwort »Serviceruf« richtet<br />

sich der Fokus 1996 bis 2002 auf die Bedürfnisse der <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer. (6.) Die<br />

zunehmende Komplexität von <strong>Hausnotruf</strong>diensten verlangt neue, vernetzte Formen der<br />

Organisation und des Informationsmanagements, wie sie das DRK-Bundesmarketingprojekt<br />

seit 2003 umsetzt.<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


1973<br />

1974<br />

1975<br />

1977<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

„Eine gewisse Stolpergefahr“ –<br />

erste Gehversuche des <strong>Hausnotruf</strong>s<br />

in Deutschland (1973 - 1980)<br />

Ausgangspunkt des <strong>Hausnotruf</strong>s in Deutschland<br />

ist das soziale Modell der Telefonkette. Die<br />

Umsetzung in ein technisches Modell scheitert<br />

anfangs an Stolperdrähten. Auch bieten „Zugschnur“<br />

und „Beruhigungslampe“ keine erfolgversprechende<br />

Lösung. Geburtsort des ersten<br />

einsatzfähigen <strong>Hausnotruf</strong>-Systems für die Bundesrepublik<br />

wird 1979/80 das St. Willehad-Hospital<br />

in Wilhelmshaven, woran auch der damalige<br />

SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner seinen<br />

Anteil hat.<br />

In der Bundesrepublik werden erstmals Telefonketten für allein stehende<br />

Senioren organisiert. Sie bilden gewissermaßen das Urmodell für den<br />

<strong>Hausnotruf</strong>.<br />

Am St. Willehad-Hospital in Wilhelmshaven stellt der damalige Krankenhausdirektor<br />

Wilhelm Hormann 40 Teilzeitkräfte für die ambulante Außentätigkeit<br />

ein, die täglich bis zu 80 ältere und kranke Menschen versorgen. Um<br />

mobil zu sein, werden die Autos und Fahrräder der Mitarbeiter mit Funk<br />

ausgestattet.<br />

Am 28. März wird die bundesweit erste Sozialstation an einem Krankenhaus<br />

in Wilhelmshaven der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Auf der Suche nach geeigneten Funktechnologien für den Wilhelmshavener<br />

ambulanten Dienst nimmt Wilhelm Hormann Kontakt mit der niederländischen<br />

Firma Nira auf, um für die Bundesrepublik erstmals ein <strong>Hausnotruf</strong>system<br />

zu entwickeln. Es beginnt ein Kampf um Geld und Funkfrequenzen.<br />

Durch Vermittlung des damaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner<br />

kommt in Bonn Bewegung in die Sache.<br />

Im Bonner Forschungsministerium kommt es zu ersten Gesprächen über die<br />

Entwicklung eines <strong>Hausnotruf</strong>-Systems.<br />

In Brühl bei Köln wird das Notrufgerät »Delta 7« mit 12 Teilnehmern getestet.<br />

Die Erfahrungen sind nicht gut: Das tragbare Notrufgerät ist verkabelt, und es<br />

besteht für den Teilnehmer „eine gewisse Stolpergefahr“.<br />

5


6<br />

Juli<br />

1979<br />

März<br />

1980<br />

Wilhelm Hormann stellt am 18. Juli beim Bundesministerium für Forschung und Technologie<br />

einen Antrag für ein technisches Konzept eines <strong>Hausnotruf</strong>-Systems. Der Titel des<br />

Antrags: „Entwicklung, Errichtung und Erprobung eines Technischen Kommunikationssystems<br />

(Hausnot-Ruf) in Arbeitsteilung mit der AEG-Telefunken (Entwicklung der Nachrichtentechnischen<br />

Systembausteine) und dem St. Willehad-Hospital Wilhelmshaven als<br />

Anwender (Funktionale Entwicklung des Systems und dessen praktische Erprobung), basierend<br />

auf der langjährigen, umfangreichen Tätigkeit in diesem Bereich, Verbessern der<br />

Sozialen Dienste durch gesteigerte Effektivität, Schaffung von Sicherheit und dadurch Wiedermobilisierung<br />

der Familie zur Selbsthilfe, subsidiäre Unterstützung mit verbesserten,<br />

technischen Kommunikationsmitteln, Optimierung der Arbeitsbedingungen caritativer<br />

Hilfsorganisationen sowie Erleichtern und Verbessern der Nachbarschaftshilfe”.<br />

In einem weiteren Feldversuch von »Delta 7« mit 35 Teilnehmern in Neu-Isenburg wird der<br />

Einsatz eines mit dem Telefon verbundenen „kabellosen Notfallgeräts“ getestet. Statt Funk<br />

denkt man auch an Infrarot oder Ultraschall für die Notrufübertragung. Quittiert wird der<br />

Notruf mittels eines „gespeicherten Textes einer Tonbandkassette“. In der Zentrale arbeiten<br />

„vom Arbeitsamt zugewiesene und teilfinanzierte schwer behinderte und schwer vermittelbare<br />

Personen, in einem 14-tägigen Lehrgang geschult“. Die Teilnehmerkosten<br />

betragen umgerechnet 30 Euro im Monat oder 1.000 Euro Kaufpreis.<br />

In Bonn wird der Wilhelmshavener Antrag bewilligt: Im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Forschung und Technologie wird im St. Willehad-Hospital ein Forschungsprojekt in<br />

Zusammenarbeit mit der AEG ab März durchgeführt. Ziel ist es, „gesundheitlich Gefährdeten,<br />

insbesondere allein lebenden und älteren Patienten nach der Entlassung aus dem<br />

Krankenhaus die Möglichkeit zu geben, im Notfall schnell Hilfe herbeizuholen“.<br />

Vom 26. bis 27. Februar findet auf Wunsch des Bundesministeriums für Forschung und<br />

Technologie ein internationales Symposium über die »Probleme bei der Betreuung älterer,<br />

alleinlebender und behinderter Menschen« mit 120 Teilnehmern im St. Willehad-Hospital<br />

in Wilhelmshaven statt.<br />

Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen mit geplanten und bereits im Feldversuch erprobten<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Systemen. Berichtet wird über die Versuche mit der »Alarmanlage Nira« in<br />

England, mit dem System »Delta 7« in der Bundesrepublik und in Frankreich, über das in<br />

der Schweiz geplante System »Adia Santé«, über die Erfahrungen mit dem Sicherheitstelefon<br />

der Firma LM Ericsson in Schweden und Dänemark seit 1978 und über das Forschungsprojekt<br />

im Zusammenarbeit mit der AEG im St. Willehad-Hospital (vgl. Wilhelm<br />

Hormann, <strong>Hausnotruf</strong>-Systeme. Kommunikationstechnologie im Dienst am Menschen,<br />

Wilhelmshaven 1980).<br />

Während des Symposiums werden von der Firma AEG die ersten Prototypen einer <strong>Hausnotruf</strong>zentrale<br />

und einer <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmerstation vorgestellt. Der mittelfristige Bedarf<br />

wird auf 1,5 Teilnehmer pro 1.000 Einwohner geschätzt.<br />

Einige Landes- bzw. Kreisverbände des Deutschen Roten Kreuzes denken nun<br />

erstmals über den Einsatz von <strong>Hausnotruf</strong>-Systemen nach. Es gibt jedoch<br />

Vorbehalte wegen der hohen Investitionskosten und der ungesicherten<br />

Finanzierung.


„Ein Sprung ins kalte Wasser“ –<br />

DRK-Kreisverbände wagen den ersten Schritt<br />

(1981 - 1983)<br />

Technik ist das eine, Finanzierbarkeit das andere. Mögen die Apparaturen von damals heute monströs wirken,<br />

die Finanzzahlen waren es schon vor 25 Jahren. Dabei muss man in Rechnung stellen: 1981 liegt das<br />

Einkommen von 74 Prozent aller Haushalte allein lebender und älterer Frauen unter umgerechnet 700 Euro<br />

im Monat (bei den Männern sind es 49 Prozent), bei 42 Prozent sogar unter 500 Euro im Monat (bei den Männern<br />

sind es 21 Prozent). Der Regelsatz der Sozialhilfe beträgt umgerechnet 170 Euro plus Kosten der Unterkunft.<br />

An einen kostendeckenden Betrieb eines <strong>Hausnotruf</strong>-Systems ist da nicht zu denken. Die tatsächlich<br />

erhobenen monatlichen Teilnehmergebühren zwischen umgerechnet<br />

36 und 55 Euro gehen an die Grenze. Die Kostenbeteiligung<br />

der Sozialhilfe ist damals auch noch offen und wird<br />

von den Sozialämtern sehr unterschiedlich (von regelmäßiger<br />

Ablehnung in Wilhelmshaven bis zu großzügiger Bewilligung<br />

in einigen bayerischen Landkreisen) gehandhabt. Trotz aller<br />

finanziellen Unwägbarkeit schultern einige DRK-Kreisverbände<br />

das Risiko und machen den ersten Schritt hin zu einem<br />

eigenen DRK-<strong>Hausnotruf</strong>-System.<br />

1981<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Das <strong>Hausnotruf</strong>-System der Firma<br />

AEG wird in einer Ausstellung während<br />

der Heidelberger Tagung »Hilfen<br />

für die Familie« innerhalb des<br />

Deutschen Roten Kreuzes erstmals<br />

präsentiert.<br />

April In der Fachzeitschrift »Altenpflege« erscheint im April ein Beitrag „Funkbetätigte Alarmsysteme,<br />

Schutz älterer und behinderter Menschen“. Sarah Lomes, stellvertretende<br />

Direktorin der britischen »Disabled Living Foundation«, beschreibt darin die in England<br />

erprobten Systeme »Aid Call«, »Tye Security« und »Artella«.<br />

September Am 8. September meldet die »Berliner Morgenpost« anlässlich der Internationalen<br />

Funkausstellung in Berlin: „DRK will Patienten telefonisch behandeln und betreuen.<br />

Eine der sensationellsten Neuigkeiten zeigt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) im Übergang<br />

Halle 22/23: einen von der Firma AEG-Telefunken entwickelten 'Haus-Notruf'.“<br />

Und das »Volksblatt-Berlin« berichtet am selben Tag: „Das neuartige Haus-Notrufgerät<br />

– in der Größe eines tragbaren Kassetten-Recorders – soll hilfsbedürftigen Menschen<br />

den Kontakt nach außen erleichtern.“<br />

7


8<br />

Das Blatt zitiert Jörg-Michael Bornemann vom Berliner Landesverband: „Mit diesem<br />

neuen Notruf-System leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Kostendämpfung. Denn<br />

mit dieser Anlage brauchen alte, alleinstehende Menschen nicht mehr über die notwendige<br />

Zeit hinaus im Krankenhaus bleiben. So können sie in ihrer gewohnten Atmoshäre von<br />

ihrer Krankheit genesen, ohne auf schnelle Hilfe im Notfall verzichten zu müssen.“<br />

Bornemann betont „die seelsorgerische Funktion des Notrufs“ und schließt mit den Worten:<br />

„Mit dieser neuen Technik wollen wir Humanität nicht erschlagen.“<br />

Das DRK-Berlin ist nach Aussage der Firma Bosch der erste karitative Verband in<br />

Deutschland, der mit auf eine Zentrale aufgeschalteten <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmerstationen<br />

(HTS831) beliefert wird. Nach Zeitungsberichten belaufen sich die Kosten pro Notrufgerät<br />

auf umgerechnet 1.500 Euro. 1982 wird dann die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Vollversion mit<br />

Rechner beim Landesverband Berlin installiert, Kostenpunkt 75.000 Euro. Wiederum ein<br />

Jahr später nimmt der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienst in Berlin offiziell seine Arbeit auf.<br />

Nach Unterlagen des DRK-Generalsekretariats wird ebenfalls im Jahr 1981 ein erster<br />

Modellversuch für dieses System im Landesverband Bayerisches Rotes Kreuz in Landshut<br />

gestartet. Die Resonanz, so berichtet drei Jahre später der Landshuter Oberbürgermeister<br />

Josef Deimer seinen bayerischen Kollegen, sei groß gewesen. Die Teilnehmer<br />

hätten sich hinterher „ein Leben ohne die Sicherheit des Haus-Notruf-Systems gar nicht<br />

mehr vorstellen“ können. 1984 ist es dann so weit: In Landshut startet der BRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienst.<br />

Schlagzeilen der Lokalpresse um die<br />

Eröffnung der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale<br />

Dithmarschen 1982-1984<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


März<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

1982<br />

Das <strong>Hausnotruf</strong>-System der Firma AEG wird mit<br />

dem Frankfurter Innovationspreis der Deutschen<br />

Wirtschaft ausgezeichnet.<br />

Am 15. März wird im Bayerischen Roten Kreuz Bezirksverband Schwaben<br />

mit Unterstützung der „Kartei der Not“, einer Einrichtung der<br />

Augsburger Allgemeinen Zeitung, erstmals für eine Region ein <strong>Hausnotruf</strong>-System<br />

mit 30 Teilnehmern im Modellversuch eingerichtet. Die<br />

Anlage kostet umgerechnet 125.000 Euro, jede Teilnehmerstation<br />

2300 Euro. Nach Ablauf des Modellversuchs am 31.03.1983 liegen die<br />

Teilnehmerkosten bei umgerechnet 36 Euro im Monat.<br />

Juli Der Kreisverband Dithmarschen bereitet die Einrichtung einer DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale<br />

in Heide vor. „Wir wollen mit 30 oder 40 Geräten anfangen“,<br />

erklärt der stellvertretende Kreisvorsitzende Franz-Josef Böning der<br />

Lokalpresse. Neben Finanzierungsanträgen bei Kreis und Land stellt der<br />

Kreisverband im Juli beim Bundesministerium für Jugend, Familie und<br />

Gesundheit einen Antrag auf Modellförderung für den ländlichen Bereich.<br />

Die Kosten für den geschätzten Gesamtbedarf von 200 Teilnehmern<br />

belaufen sich auf umgerechnet 414.000 Euro.<br />

September Am 10. September wird im DRK-Generalsekretariat<br />

zu <strong>Hausnotruf</strong>-Systemen eine Liste von „Bedenken<br />

und offenen Fragen“ erstellt. Darin heißt es: „Technik<br />

kann keine Lösung oder Ersatz für fehlende zwischenmenschliche<br />

Kontakte sein. Wir beobachten<br />

mit Sorge die zunehmende Technisierung sozialer<br />

Hilfsangebote. Eine Zunahme der finanziellen Belastungen<br />

auf dem Sozialhilfe-Sektor kann weder für die<br />

Wohlfahrtsverbände noch für die öffentlichen Träger<br />

ein verfolgenswertes Ziel sein. […] Die Notrufsysteme<br />

sind nur in Verbindung mit anderen Hilfsangeboten<br />

(ambulante soziale Dienste, Notfalldienste u.a.)<br />

sinnvoll. Notrufsysteme sind in gewissem Maß<br />

unpersönlich und damit dem methodischen Vorgehen<br />

in der Sozialarbeit abträglich. Erfahrungen in 120<br />

Städten der USA haben gezeigt, dass 35 - 80 Prozent<br />

der Teilnehmer die Systeme nicht akzeptieren<br />

(lt. Prof. L. Lowy, Boston, auf dem XII. Internationalen<br />

Kongress für Gerontologie 1981 in Hamburg).“<br />

Bedenken bestehen auch wegen der hohen<br />

Investitions-, Betriebs und Personalkosten. Die<br />

Investitionskosten für die Zentrale werden mit umgerechnet<br />

8.500 bis 80.000 Euro, für die Teilnehmerstation<br />

mit 1.300 bis 2.000 Euro angegeben.<br />

9


Die Bundespost lässt durch das Marktforschungsinstitut<br />

»Socialdata« den Bedarf und die Einsatzmöglichkeiten<br />

von <strong>Hausnotruf</strong>-Systemen untersuchen. Das<br />

Deutsche Rote Kreuz wird zu „Experten-Gesprächen“<br />

am 16. und 17. September in Nürnberg sowie am 28.<br />

und 29. September in Köln eingeladen. Die Bundespost<br />

möchte das Komfort-Telefon »alpha« als ein weiteres<br />

Angebot in diesem Bereich auf den Markt bringen.<br />

Im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und<br />

Sozialordnung in Baden-Württemberg wird am 23. September<br />

ein weiterer Modellversuch mit wissenschaftlicher<br />

Begleitforschung im Kreisverband Pforzheim/<br />

Enzkreis gestartet. Bis Ende Dezember werden 17 Teilnehmer<br />

angeschlossen. Die monatlichen Kosten für<br />

jeden Teilnehmer betragen umgerechnet 43 Euro.<br />

Erste Planskizze aus dem Jahr 1982 zur Einrichtung des <strong>Hausnotruf</strong>dienstes im<br />

DRK-Kreisverband Mainz-Bingen<br />

10 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


November<br />

1983<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Im November nimmt der Kreisverband Starnberg ein <strong>Hausnotruf</strong>-System in Betrieb. Bei<br />

erheblicher Fluktuation sind bis Juni 1983 39, bis Januar 1984 131 Teilnehmer in Starnberg<br />

angeschlossen: Das Durchschnittsalter ist 74 Jahre. Fünf Prozent der Teilnehmer<br />

sind Sozialhilfeempfänger. Bei 30 Prozent der Teilnehmer wurde ein Heimplatz gespart.<br />

Der kostendeckende Preis je Teilnehmer würde bei umgerechnet 76 Euro liegen, der tatsächliche<br />

erhobene Teilnehmerbeitrag beträgt 48 Euro.<br />

Ende Januar nehmen 21 Personen am Probelauf des <strong>Hausnotruf</strong>-Systems ANT (bis dahin<br />

AEG) im Kreisverband Pforzheim/Enzkreis teil. Die monatlichen Teilnehmerkosten betragen<br />

umgerechnet 45 Euro zuzüglich der einmaligen Installationskosten in Höhe von 24<br />

bzw. 32 Euro (ab September 1983) an die Deutsche Bundespost. Bis Ende Mai werden im<br />

dortigen Modellversuch 15 medizinische Notrufe und 200 „Sozialrufe“ wie Gesprächswünsche,<br />

Ratsuche und Hilfeersuchen ausgelöst: „Dass der Notruf nicht selten auch für<br />

diese Anliegen benutzt wird, war für das DRK eine unerwartete Erfahrung“, heißt es im<br />

Bericht der wissenschaftlichen Begleitforschung.<br />

Als Kommunikationsmittel sei das <strong>Hausnotruf</strong>-System aber zu teuer, so das Fazit. Auf<br />

dem Markt erhältliche Telefonvarianten wie das »Alpha-Telefon« (umgerechnet 350 Euro)<br />

oder das Telefon für Behinderte der Firma Vitaphon (607 Euro) seien für diesen Zweck<br />

besser geeignet und ausreichend. Es wird aber betont, dass „die Einsatzmöglichkeiten<br />

steigen, wenn das <strong>Hausnotruf</strong>system in ein leistungsfähiges Netz ambulanter Dienste und<br />

Nachbarschaftshilfen eingebunden ist.“<br />

Weiter heißt es im Bericht: „Die Frage, ob durch den <strong>Hausnotruf</strong> die Gefahr besteht, dass<br />

soziale Beziehungen eher gelockert werden, kann verneint werden.“ Im Gegenteil würde<br />

das <strong>Hausnotruf</strong>-System familiäre und nachbarschaftliche Beziehungen entlasten. „Man ist<br />

eine ständige Sorge los und dadurch in den Beziehungen freier.“<br />

Ein weiteres Ergebnis der wissenschaftlichen Begleitforschung: „Die durch das <strong>Hausnotruf</strong>system<br />

effektiv ersparten Heimaufenthalte betragen im Modellversuch im Durchschnitt<br />

pro Teilnehmer und Jahr 1,9 Monate. [Dies ergibt] eine Ersparnis von Sozialhilfeaufwendungen<br />

von ca. 18.000 DM pro Jahr bei 20 Teilnehmern.“ Die kostendeckenden Teilnahmegebühren<br />

von umgerechnet 65 Euro im Monat seien aber von den Teilnehmern in der<br />

Regel nicht aufzubringen. Die Kosten müssten durch öffentliche Mittel und Spenden<br />

gesenkt werden.<br />

11


Den Bedarf von <strong>Hausnotruf</strong>-Systemen korrigiert der Bericht gegenüber Berechnungen im<br />

Wilhelmshavener Forschungsprojekt drastisch nach unten: „Der Bedarf dürfte mittelfristig bei<br />

0,25 bis 0,5 Teilnehmern pro tausend Einwohner liegen.“ (vgl. R. Weeber und H. Rossbach-<br />

Lochmann, <strong>Hausnotruf</strong>. Modellversuch zur Einführung eines <strong>Hausnotruf</strong>systems im Enzkreis<br />

und der Stadt Pforzheim. Bericht über die wissenschaftliche Begleitung, Stuttgart 1983)<br />

März/<br />

April<br />

Im Frühjahr werden <strong>Hausnotruf</strong>-Systeme in den Kreisverbänden<br />

Mainz-Bingen (03.03.), Nürnberg-Stadt (15.03.), Böblingen (01.04.),<br />

München (15.04.) und Kreuznach (27.04.) eingerichtet und in Betrieb<br />

genommen.<br />

In der Rettungsleitstelle Mainz-Bingen wird das „Telefon-Notrufsystem<br />

für ältere und behinderte Menschen“ in einem von der Landesregierung<br />

mit umgerechnet 115.000 Euro unterstützten Pilotprojekt in Betrieb<br />

genommen. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umwelt in<br />

Rheinland-Pfalz übernimmt auch die ersten Werbemaßnahmen für den<br />

<strong>Hausnotruf</strong>dienst. Die Broschüre »Im Alter sicher daheim« wird landesweit<br />

verteilt. Die Einrichtung der Zentrale in Mainz kostet umgerechnet<br />

93.000 Euro, jedes Teilnehmergerät nochmals 2.300 Euro. Nach einigen<br />

Anlaufschwierigkeiten sind ein Jahr später, im März 1984, 31 Teilnehmer<br />

an die Mainzer Notrufzentrale angeschlossen.<br />

Die Nürnberger Notrufzentrale, die auch die Kreisverbände Erlangen,<br />

Fürth und Nürnberger Land versorgt, startet mit zehn Teilnehmern.<br />

Bereits im Juni sind 30 Teilnehmer aufgeschaltet. Die Teilnehmerkosten<br />

liegen bei umgerechnet 45 Euro im Monat. Direkter Vorläufer des <strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

in Nürnberg war die im Dezember 1980 gestartete<br />

„Telefon-Notfallversorgung“, ein wöchentlicher Anrufdienst für Senioren<br />

(monatlicher Beitrag umgerechnet 18 Euro).<br />

Eine der ersten <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmerinnen in Böblingen heißt Käthe<br />

Drobeck. „I gebs nemme her“, lautet ihr Fazit schon nach wenigen<br />

Tagen. Die Lokalzeitungen machen den Satz zur Schlagzeile der<br />

Berichterstattung über den DRK-<strong>Hausnotruf</strong> in Böblingen.<br />

12 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


Juni Im Juni sind neben den neun DRK-<strong>Hausnotruf</strong>en mit insgesamt rund<br />

170 Teilnehmern weitere sechs <strong>Hausnotruf</strong>dienste in der Bundesrepublik<br />

in Betrieb:<br />

• Nach dem Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der AEG nimmt<br />

das St. Willehad-Hospital bereits im Mai 1981 seinen <strong>Hausnotruf</strong>dienst<br />

in Wilhelmshaven offiziell auf. Die monatlichen Teilnehmerkosten betragen<br />

umgerechnet 31 Euro.<br />

• Der größte <strong>Hausnotruf</strong>dienst mit 200 Teilnehmern wird seit August<br />

1982 vom Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe im Auftrag<br />

der Stadtverwaltung in einem zweijährigen Modellversuch organisiert.<br />

Die monatliche Teilnehmergebühr beträgt in Frankfurt am Main<br />

umgerechnet 63 Euro.<br />

• Der Transport- und Rettungsdienst der Firma Münstermann betreibt in<br />

Gießen seit Oktober 1982 einen <strong>Hausnotruf</strong>dienst.<br />

• Im November 1982 richtet der Arbeiter-Samariter-Bund seine ersten<br />

beiden <strong>Hausnotruf</strong>dienste in Köln mit 25 und in Wiesbaden mit 39 Teilnehmern<br />

ein. Die Teilnehmerkosten belaufen sich auf umgerechnet 32<br />

bzw. 51 Euro im Monat. In Köln übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen<br />

zu 90 Prozent die Finanzierung der Zentrale und der Teilnehmerstationen.<br />

• Der Caritasverband startet seinen ersten <strong>Hausnotruf</strong>dienst im Januar<br />

1983 in Mönchengladbach.<br />

Erster Flyer des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Mainz-Bingen<br />

13


August<br />

DRK-Präsident Prinz Botho zu<br />

Sayn-Wittgenstein bei der Eröffnung<br />

der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale in<br />

Dithmarschen<br />

Im August werden im Probebetrieb die ersten Teilnehmer an die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale<br />

des Landesverbands Berlin angeschlossen. Bis Ende 1984 gibt es in Berlin 110 Teilnehmer.<br />

Die Kosten für die Einrichtung des <strong>Hausnotruf</strong>s in Berlin belaufen sich auf<br />

umgerechnet 210.000 Euro und werden aus Mitteln der Klassenlotterie Berlin bestritten.<br />

Die monatlichen Teilnehmergebühren betragen umgerechnet 45 Euro.<br />

Am 22. August gibt DRK-Präsident Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein den Startschuss<br />

für den Notrufdienst im Kreisverband Dithmarschen. „Ein Sprung ins kalte Wasser“ sei<br />

das gewesen, berichtet später eine Mitarbeiterin in der Rotkreuz-Zeitung.<br />

Die Lokalpresse in Dithmarschen berichtet: „Bei Hertha Markmann in Nesserdeich in<br />

der Nähe von Lunden ist der erste <strong>Hausnotruf</strong> eingerichtet worden. Sie ist die erste<br />

Teilnehmerin im Kreis Dithmarschen. Günter Drossard vom Kreisverband des Deutschen<br />

Roten Kreuzes und Dieter Lüdemann von der das Gerät produzierenden Firma<br />

schlossen die Sendeeinheit in Größe eines Schuhkartons an. Den Netzstecker in die<br />

Steckdose und den zweiten Stecker an den von der Post vorbereiteten Anschluss –<br />

und schon stand die Verbindung in die Heider Zentrale. Hertha Markmann ging<br />

anschließend durchs Haus und probierte die neue Anlage aus. Sogar als sie sich in der<br />

Küche befand, war noch Sprechkontakt mit der Notrufeinrichtung in Heide möglich.<br />

Die Auslösung funktionierte auch von der ersten Etage aus. Sogar im Garten könne<br />

man sich bis zu einem Umkreis von 100 Metern aufhalten, erklärte Drossard, und trotzdem<br />

reagiere bei Auslösung des Funkfingers die Station im Haus.”<br />

Auf eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) im Bundestag, antwortet der<br />

Parlamentarische Staatssekretär Rawe am 31. August: „Soweit der Bundesregierung<br />

bisher Berichte über Versuche mit <strong>Hausnotruf</strong>anlagen vorliegen, ist zu erkennen, dass<br />

derartige Systeme die Situation hilfsbedürftiger Menschen verbessern können. Die<br />

Bundesregierung ist daher bestrebt, die Weiterentwicklung der technischen Einrichtungen<br />

mit dem Ziel einer Verbilligung zu unterstützen und das Interesse der als Träger<br />

in Frage kommenden Verbände und Organisationen an der Nutzung solcher<br />

Systeme zu fördern. […] Die Übernahme der teilnehmerbezogenen Kosten eines<br />

<strong>Hausnotruf</strong>systems kann als Leistung der Sozialhilfe in Betracht kommen, wenn der<br />

Hilfesuchende zur Gewährleistung seiner Sicherheit auf ein solches Hilfsmittel angewiesen<br />

ist und auch die maßgebenden Einkommens- und Vermögensvoraussetzungen<br />

vorliegen.“ (BT-Drucksache 10/341 vom 02.09.1983)<br />

14 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


Oktober<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Flyer des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Böblingen um 1983<br />

In Würzburg wird am 1. Oktober die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale im Altenheim Dr. Dahl eingerichtet.<br />

„Gesucht werden Männer und Frauen zur ehrenamtlichen Mitarbeit in<br />

der <strong>Hausnotruf</strong>zentrale“, heißt es in einem Aufruf. Und weiter: „Wir erwarten von<br />

Ihnen eine abgeschlossene Sanitätsausbildung oder eine Schwesterhelferinnenausbildung.<br />

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter sollen Montag bis Donnerstag von<br />

18:30 bis 6:00 Uhr, am Freitag von 18:30 bis 8:00 Uhr, am Samstag von 8:00 bis<br />

18:30 Uhr und von 18:30 bis 8:00 Uhr, am Sonntag von 8:00 bis 18:30 Uhr und<br />

von 18:30 bis 6:00 Uhr die Bedienung der <strong>Hausnotruf</strong>zentrale übernehmen. Die<br />

ehrenamtlichen Mitarbeiter erhalten eine kleine finanzielle Anerkennung.“<br />

Flyer des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Bad Kreuznach um 1983<br />

15


November In einem Schreiben des Bundesministeriums für Jugend,<br />

Familie und Gesundheit vom 21. November wird der<br />

Rechtsstandpunkt bestätigt, dass eine Übernahme der Teilnehmerkosten<br />

für das <strong>Hausnotruf</strong>-System nach dem Bundessozialhilfegesetz<br />

grundsätzlich möglich ist.<br />

Flyer (Innenteil)<br />

des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Bad Kreuznach<br />

um 1983<br />

Flyer des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Böblingen um 1983<br />

16 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


„Kein Ersatz für<br />

zwischenmenschliche Beziehungen“ –<br />

Zurückhaltung in Bonn (1984-1988)<br />

Die ersten Hürden der Finanzierung sind genommen. Immer mehr DRK-Kreisverbände<br />

und Landesverbände bieten den <strong>Hausnotruf</strong> an. Damit gerät der <strong>Hausnotruf</strong> nun aber auf<br />

die politische Bühne. Und die Frage nach der gesamtgesellschaftlichen Bewertung rückt<br />

in den Fokus. Der Rückzug des Sozialen wird von Kritikern befürchtet. Auch im DRK stellt<br />

man die Frage: „Wollen wir technokratische Ausgestaltung oder zwischenmenschliche<br />

Beziehungen stärken?“ Das Bonner Generalsekretariat argumentiert, der <strong>Hausnotruf</strong><br />

schließe „ein schwaches Glied der Rettungskette“, und gibt dem DRK-<strong>Hausnotruf</strong> mit<br />

einer »Rahmenkonzeption« grundsätzlich Rückendeckung. Gegenüber weitergehenden<br />

Forderungen einiger Landesverbände aber hält sich das Generalsekretariat zunächst<br />

bedeckt – bis 1988 der erste Flyer auf Bundesebene erscheint.<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

1984<br />

Rund zwanzig DRK-Kreis- und Landesverbände bieten mittlerweile<br />

den <strong>Hausnotruf</strong>dienst an.<br />

Januar Aus der Fachabteilung für Sozialarbeit des Generalsekretariats<br />

stammt ein Beitrag »Haus-Notruf-Systeme« in der Zeitschrift<br />

»Forum« (1/84): „Die Diskussion um 'für und wider' von Notruf-<br />

Systemen ist im Zusammenhang mit der allgemeinen Diskussion<br />

um die Grenzen technologischer Entwicklung einerseits<br />

und einer grundlegenden Wandlung von Werten andererseits<br />

zu sehen. Von ihrer Konstruktion her bedingen Notruf-Systeme<br />

als 'conditio sine qua non' die familiäre, nachbarschaftliche<br />

oder professionelle Hilfe. Technische Innovation und mit ihr<br />

wirtschaftliches Wachstum sind an bisher nicht gekannte Grenzen<br />

gestoßen. Diese bewirken, dass bei ihrem Erreichen ein<br />

Umschlagen in das direkte Gegenteil der Absicht stattfindet.<br />

Die Ziele (Werte) dieser Gesellschaft, wie Leistung, Erfolg, Fortschritt,<br />

Sicherheit u.a. sind von großen Teilen der Bevölkerung<br />

in Ziele (Werte) wie Zufriedenheit, Glück, Mitmenschlichkeit,<br />

Frieden u.a. gewandelt worden. In diesem Zusammenhang<br />

erfahren Notruf-Systeme ihre grundlegende Bewertung. Für<br />

die Fortentwicklung sozialer Arbeit sind zwei Feststellungen<br />

und eine Frage bzw. deren Beantwortung wichtig: (1.) Sozialpolitische<br />

Gesichtspunkte müssen neben den wirtschaftlichen<br />

Aspekten gleichrangig beim Ausbau von Hilfesystemen beachtet<br />

werden. (2.) Dem Ausbau ambulanter Hilfen (z.B. Pflegedienste,<br />

Fahrdienste, Essen auf Rädern) und der Stützung der<br />

nachbarschaftlichen Hilfe wird ein Vorrang eingeräumt. Und<br />

die Frage: Wollen wir technokratische Ausgestaltung oder zwischenmenschliche<br />

Beziehungen stärken?“<br />

17


18<br />

Februar<br />

März<br />

Flyer für den<br />

DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienst um 1984<br />

Am 6. Februar 1984 nimmt die BRK-Notrufzentrale in Landshut mit fünf<br />

Teilnehmern ihren Dienst für den Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz<br />

auf. Die Einrichtung der Zentrale kostete umgerechnet 18.500<br />

Euro, jedes Teilnehmergerät 2.250 Euro. 10.000 Euro wurden über die<br />

Ludwig-Straßer-Stiftung finanziert. Die übrigen Kosten trägt der BRK-<br />

Kreisverband. Die monatliche Teilnehmergebühr beträgt in Landshut 45<br />

Euro. 1981 war bereits ein erster Modellversuch in Landshut durchgeführt,<br />

das System im Jahr zuvor bei der Niederbayernschau vorgestellt<br />

worden<br />

1982 hatte Landshut neben den Städten Coburg und Schweinfurt den<br />

Landeswettbewerb »Behindertenfreundliche Gemeinde« gewonnen. Am<br />

21. September des Vorjahres hatte der damalige bayerische Ministerpräsident<br />

Franz-Josef Strauß das Preisgeld von umgerechnet 15.000<br />

Euro im Münchner Cuvilliés-Theater überreicht. Im März nun beschließt<br />

der Ältestenrat der Stadt Landshut den Gewinn in voller Höhe dem BRK-<br />

<strong>Hausnotruf</strong>dienst in Landshut zur Verfügung zu stellen.<br />

Im März nimmt DRK-Präsident Dr. Geiger öffentlich Stellung zum <strong>Hausnotruf</strong>:<br />

„Schnelle und gezielte Hilfe für in Not geratene Menschen ist<br />

eine der wesentlichen Aufgaben des Roten Kreuzes. Der Rettungsdienst<br />

in unserem Land hat sich in den letzten Jahren zu einer modernen<br />

und wirkungsvollen Einrichtung entwickelt […]. Ein schwaches<br />

Glied der Rettungskette aber war und ist die Notfallmeldung […]. Eine<br />

neuartige technische Einrichtung, das sogenannte <strong>Hausnotruf</strong>system,<br />

schließt zumindest bei Notfällen in der Wohnung die Lücke. Für kranke,<br />

ältere und behinderte Menschen, die in vielen Fällen auf sich selbst<br />

gestellt allein in ihrer Wohnung leben ist dieser 'elektronische Schutzengel'<br />

der ständige Kontakt zum Roten Kreuz, von dem zu Recht erwartet<br />

wird, dass es innerhalb von Minuten zur Stelle ist, wenn es gilt,<br />

Menschenleben zu retten. Es kann daher keine Frage sein, dass es Aufgabe<br />

des Roten Kreuzes sein muss, diese technische Einrichtung,<br />

wenn finanziell irgend möglich, vorzuhalten und sich darum zu bemühen,<br />

sie möglichst vielen Menschen zur<br />

Verfügung zu stellen. Es wird ihnen damit<br />

Sicherheit gegeben. Wahrlich eine Aufgabe<br />

des Roten Kreuzes; es gilt, ein<br />

Angebot, eine Möglichkeit der Technik<br />

zum Wohle des Menschen einzusetzen.<br />

Dass dadurch der Kontakt zum Hilfebedürftigen<br />

vielfach erst entsteht, und dass<br />

es uns dadurch oft erst möglich wird,<br />

auch andere Dienste des Roten Kreuzes<br />

anzubieten, ist ein Grund mehr zur Hoffnung,<br />

dass möglichst bald und von<br />

möglichst vielen Kreisverbänden das<br />

<strong>Hausnotruf</strong>system eingeführt wird.“<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

April<br />

Mai<br />

Die Auswertung einer Befragung des Generalsekretariats zu den Erfahrungen<br />

von sieben Kreisverbänden (mit jeweils 25 bis 131 Teilnehmern)<br />

mit dem <strong>Hausnotruf</strong>dienst ergibt im April, „dass das Haus-Notruf-System<br />

positiv aufgenommen wurde. Technische Probleme wurden nicht ersichtlich<br />

– es gab vielmehr das Gefühl der Sicherheit, wobei der Sprachkontakt<br />

große psychologische Bedeutung hat.“<br />

Die Anschaffungskosten für eine Teilnehmer-Station werden mit umgerechnet<br />

2.000 bis 2.300 Euro angegeben, die monatlichen Teilnehmergebühren<br />

variieren in den befragten Kreisverbänden zwischen umgerechnet<br />

33 und 55 Euro. Nacht- und Wochenendschichten in den Zentralen werden<br />

meistens von geschulten ehrenamtlichen Helfern übernommen, die<br />

für eine Schicht umgerechnet sieben Euro erhalten.<br />

In einer Stellungnahme vom Mai meldet die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der Freien Wohlfahrtspflege Bedenken gegen die Förderung von <strong>Hausnotruf</strong>-Systemen<br />

an. „Es wird befürchtet, dass <strong>Hausnotruf</strong>systeme zu sehr als<br />

technisches Instrument zur Verhinderung von Heimaufnahme eingeführt<br />

werden. […] Der Einsatz von <strong>Hausnotruf</strong>systemen erscheint allgemein nur<br />

dann sinnvoll, wenn eine entsprechende Infrastruktur qualifizierter, sozialer<br />

Dienste vorhanden ist. Daher wird unbedingt darauf zu achten sein, dass<br />

die Einrichtung von <strong>Hausnotruf</strong>systemen nicht als Argument dafür genutzt<br />

wird, die Wichtigkeit von ambulanten sozialen Diensten zum Erhalt der<br />

Selbständigkeit alter Menschen in Frage zu stellen und die Finanzierung<br />

bereits bestehender sowie den Ausbau weiterer Dienste zu vernachlässigen.<br />

<strong>Hausnotruf</strong>systeme dürfen keineswegs als Alibifunktion dienen, um<br />

notwendige stationäre und ambulante Hilfen zu verweigern.“<br />

Auch das Kuratorium Deutsche Altershilfe und die Aktion Sorgenkind<br />

äußern Befürchtungen, dass der <strong>Hausnotruf</strong> als technisches Hilfsmittel zu<br />

unpersönlich und dem bisherigen methodischen Vorgehen in der Sozialarbeit<br />

abträglich sein könnte.<br />

Am 12. Mai startet die »Dithmarscher Landeszeitung/Brunsbütteler Zeitung«<br />

die »DLZ/BZ-Aktion Leben retten«: „Mit dieser Aktion soll älteren<br />

Menschen, Behinderten und Kranken in Dithmarschen, die sich in einer<br />

besonderen Notsituation befinden, geholfen werden. […] Es geht um den<br />

Anschluss der zu helfenden Personen an das sogenannte Haus-Notruf-<br />

System, das von einer Zentrale des Deutschen Roten Kreuzes Dithmarschen<br />

in Heide aus für den gesamten norddeutschen Raum gesteuert und<br />

bedient wird. Dafür ist die Anschaffung eines Not-Telefons, das wir in<br />

Zusammenhang mit unserer Aktion 'Leben retten' in Zukunft der Einfachheit<br />

halber DLZ/BZ-Telefon nennen möchten.“<br />

Bis Ende Juli berichtet die Dithmarscher Landeszeitung jeden Samstag<br />

auf einer ganzen Seite über den <strong>Hausnotruf</strong>. Die Aktion, mit Sonderkonten,<br />

Sammelbüchsen und Sachspenden von Geschäftsleuten, läuft bis<br />

November weiter.<br />

19


Juni<br />

Juli<br />

Erfahrungsbericht des<br />

DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Böblingen 1984<br />

Im Juni dreht ein Team der ARD im Auftrag des Deutschen<br />

Hilfswerks »Aktion Ein Platz an der Sonne« in der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale<br />

Heide im Kreisverband Dithmarschen.<br />

Im Juli erscheint der »Erfahrungsbericht. 1 Jahr <strong>Hausnotruf</strong>« des Kreisverbands<br />

Böblingen. Hier sind inzwischen 32 Teilnehmer angeschlossen: 25 Frauen, vier<br />

Männer und drei Ehepaare. Im ersten Jahr wurden fünf medizinische Notrufe und<br />

800 Sozial- und Testrufe ausgelöst. Durch die Finanzierung der Zentrale über Firmenspenden<br />

konnte die monatliche Teilnehmergebühr von umgerechnet 55 Euro<br />

auf 47 Euro gesenkt werden. 27 Teilnehmer sind Selbstzahler, drei Teilnehmer<br />

erhalten Spendenmittel des DRK, so dass sie monatlich nur 30 Euro selber tragen<br />

müssen, für zwei Teilnehmer übernimmt das Sozialamt die Kosten.<br />

Wegen der Teilnehmerkosten ist das Fazit des Berichts zurückhaltend. Bereits in<br />

der Mitgliederzeitung »rotkreuz-aktiv« hatte es im März geheißen: „So groß das<br />

Echo und die Zustimmung im Kreis Böblingen auch sind, so gibt es doch ein Problem<br />

beim <strong>Hausnotruf</strong>, und das sind die Kosten.“ Wie der Pforzheimer<br />

Abschlussbericht hält auch der Böblinger Erfahrungsbericht einen Bedarf von<br />

0,25 bis 0,5 Teilnehmer pro tausend Einwohner realistischer als die im St. Willehad-Hospital<br />

prognostizierten 1,5 Prozent. Zudem, so bemerkt abschließend der<br />

Bericht: „Wichtig für die Frage des Bedarfs ist die absolute Anzahl der alten Menschen.<br />

Sie steigt jedoch bis 1990 kaum an.“<br />

Durch Preissenkungen der Hersteller und eine gezielte Spendenaktion kann in<br />

Böblingen die monatliche Teilnehmergebühr ab Dezember 1985 auf umgerechnet<br />

37 Euro gesenkt werden, im Juli 1986 durch Zuschüsse des Landkreises nochmals<br />

auf 29 Euro.<br />

September<br />

Vom 20. bis 21. September findet im<br />

Bonner Generalsekretariat des Deutschen<br />

Roten Kreuzes die erste<br />

Arbeitstagung »Haus-Notruf« auf<br />

Bundesebene statt. Pläne zur Finanzierung<br />

eines <strong>Hausnotruf</strong>-Systems<br />

durch die Rahmenvereinbarung mit<br />

einer privatrechtlichen Dienstleistungsgesellschaft<br />

(»Stöckl-Konzept«)<br />

stoßen mehrheitlich auf Ablehnung.<br />

20 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


1985<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

November Vom 22. bis 23. November findet in der DRK-Bundesschule Meckenheim-<br />

Merl eine zweite Arbeitstagung »Haus-Notruf« statt. Tagesordnungspunkte<br />

sind der Entwurf einer »Rahmenkonzeption« und die<br />

Überarbeitung einer bereits im Generalsekretariat ausgearbeiteten<br />

»Arbeitshilfe für den Haus-Notruf-Dienst«.<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Flyer der<br />

DRK-Kreisverbände Nienburg<br />

und Ennepe-Ruhr um 1984<br />

Am 10. Januar wird die »Rahmenkonzeption« zum <strong>Hausnotruf</strong>dienst vom DRK-Präsidium<br />

verabschiedet und erscheint als Broschüre. Darin heißt es zusammenfassend: „Die Entscheidung<br />

für oder gegen die Einrichtung eines Haus-Notruf-Dienstes kann nur vor Ort zusammen<br />

mit den Hilfesuchenden getroffen werden. […] Eine Ausweitung der sozialen Kommunikationsmittel<br />

durch den Haus-Notruf-Dienst für alte, kranke und behinderte Menschen ist zwar<br />

denkbar, birgt aber die Gefahr, dass diese technischen Mittel dem einzelnen die Verantwortung<br />

für seine Mitmenschen abnimmt. Die bisherigen Erfahrungen haben aber auch gezeigt,<br />

dass der Haus-Notruf im Rahmen einer gut organisierten Nachbarschaftshilfe in Verbindung<br />

mit anderen ambulanten sozialen Diensten älteren und behinderten alleinlebenden Personen<br />

helfen kann, besser in den Alltag der Mitmenschen einbezogen zu werden. So kommt nicht<br />

nur der Sicherheitsaspekt zum Tragen, sondern es wird mehr Lebensqualität für alleinlebende<br />

Personen durch zwischenmenschliche Kontakte und Abbau von Ängsten erreicht. Auch eine<br />

Überlastung von Angehörigen, Nachbarn oder ehrenamtlichen Helfern durch ständige Präsenz<br />

kann damit begegnet werden. Kontakte zwischen Menschen werden damit freier gestaltet.<br />

Eine oft mit Pflegebedürftigkeit einhergehende Isolierung kann teilweise aufgehoben<br />

werden. […] Das technisch Machbare kann kein Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen<br />

und Zuwendung sein, sondern stellt eine wertvolle Kommunikationshilfe dar. Im Hinblick<br />

auf mögliche weitere Entwicklungen dieses Systems wird man bereits heute Grenzen markieren<br />

müssen, und zwar dort, wo Fragen des Datenschutzes berührt werden. Der Einsatz von<br />

Haus-Notruf-Systemen kann nicht eine totale technische Überwachung, die die volle Einbeziehung<br />

des persönlichen Lebens- und Freiraums zur Folge hat, bedeuten.“<br />

21


Rahmenkonzeption zum<br />

DRK-Haus-Notruf-Dienst<br />

aus dem Jahr 1985<br />

In der zusammen mit der »Rahmenkonzeption« herausgegebenen »Arbeitshilfe für den Haus-Notruf-<br />

Dienst« wird von einem Bedarf von 40 Teilnehmerstellen pro 100.000 Einwohner ausgegangen. Das entspricht<br />

24.000 Teilnehmergeräten für die damalige Bundesrepublik. „Eine Steigerung des Bedarfs<br />

orientiert sich am Bekanntheitsgrad dieser Hilfe. Dagegen sind die noch sehr hohen Kosten der Anlagen<br />

und ihrer Finanzierung sowie die Scheu vor der Technik Grund für viele Betroffene, sich nicht dem Haus-<br />

Notruf-System anzuschließen.“ Als „unabdingbare Voraussetzung“ wird in der »Arbeitshilfe« „die Einbindung<br />

in bereits bestehende ambulante soziale und/oder sozialpflegerische Dienste“ betont. Dazu heißt<br />

es weiter: „Die bisherige Erfahrung zeigt, dass die Notrufe, die ausgelöst werden, nur zu einem geringen<br />

Teil Notfälle im medizinischen Sinne sind. Vielmehr vermischt sich diese Art von Notrufen mit sozialen<br />

und kommunikativen Anliegen der Teilnehmer.“<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Flyer des DRK-Kreisverbands<br />

Rhein-Neckar/ Heidelberg um 1985<br />

22 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


April Die Presseabteilung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie<br />

meldet am 3. April in einer Presseinformation: „<strong>Hausnotruf</strong>system<br />

bewährt sich im Alltag.“<br />

Juli<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Auf der Landesgeschäftsführertagung am 16. April wird erstmals angeregt,<br />

ein Bundesmarketingkonzept für den DRK-<strong>Hausnotruf</strong> zu entwickeln, allerdings<br />

wird der Vorschlag im Generalsekretariat abgelehnt.<br />

Broschüre des<br />

Kreisverbands Darmstadt<br />

zum DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienst<br />

Im Juli bieten insgesamt 49 DRK-Kreis- und Landesverbände den <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst<br />

an:<br />

• im Landesverband Baden Württemberg der KV Aaalen, KV Böblingen<br />

(zusammen mit dem KV Calw, KV Heilbronn, KV Reutlingen, KV Rottweil,<br />

KV Stuttgart und KV Zollernalb), KV Esslingen (zusammen mit KV<br />

Nürtingen), KV Göppingen, KV Heidelberg, KV Karlsruhe, KV Ludwigsburg,<br />

KV Pforzheim, KV Rems-Murr, KV Schwäbisch Hall, KV Tauberbischofsheim<br />

und KV Tübingen;<br />

• beim Bayerischen Roten Kreuz der KV Landshut, KV Nürnberg-Stadt,<br />

KV Regensburg, BV Schwaben, KV Starnberg und KV Würzburg;<br />

• der Landesverband Berlin;<br />

• im Landesverband Hessen der KV Darmstadt-Stadt (zusammen mit<br />

dem KV Groß-Gerau), KV Dieburg (zusammen mit dem KV Darmstadt-<br />

Land) und KV Odenwaldkreis;<br />

• im Landesverband Niedersachsen der KV Nienburg;<br />

• im Landesverband Rheinland-Pfalz der KV Bad Kreuznach und der KV<br />

Mainz-Bingen;<br />

• der Landesverband Saarland;<br />

• im Landesverband Schleswig-Holstein der KV Heide-Dithmarschen<br />

(zusammen mit dem OV Krempe, OV Niebüll, KV Pinneberg, OV Ratzeburg<br />

und KV Segeberg) und der KV Neumünster;<br />

• im Landesverband Südbaden der KV Bühl, KV Konstanz, KV Waldshut<br />

und KV Baden-Baden;<br />

• im Landesverband Westfalen-Lippe: KV Ennepe-Ruhr (zusammen mit<br />

KV Altena, KV Arnsberg, KV Borken, KV Iserlohn, KV Soest).<br />

23


Oktober<br />

In 28 DRK-Kreis- und Landesverbänden ist das <strong>Hausnotruf</strong>-System ANT (bis 1983 AEG) im<br />

Einsatz. Das System Digifon Knorr-Bremse wird in zehn Kreisverbänden, das System Adarma<br />

in sechs Kreisverbänden, das System Siemens SM 40 in drei Kreisverbänden, das System<br />

Linsoy und das System CCS-Sicherheitstechnik jeweils in einem Kreisverband eingesetzt.<br />

Die Anschaffungskosten für die Zentrale schwanken je nach System und Ausstattung zwischen<br />

umgerechnet 4.000 und 16.000 Euro, die Kosten einer Teilnehmerausrüstung zwischen<br />

1.200 und 2.300 Euro.<br />

September Auf der Landesgeschäftsführertagung am 24. September wird mehrheitlich<br />

die Empfehlung ausgesprochen, der neu gegründeten »Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Haus-Notruf-Systeme« des Frankfurter Verbandes für<br />

Alten- und Behindertenhilfe nicht beizutreten, weil sie fachlich nicht in<br />

der Lage sei, die Interessen der Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen<br />

zu vertreten.<br />

1986<br />

April<br />

Juni<br />

DRK-Kreis- und Landesverbände bieten den <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst an.<br />

Am 1. April wird im Kreisverband Münster der <strong>Hausnotruf</strong>dienst „als flankierende<br />

Maßnahme zur ambulanten Versorgung durch die Sozialstation“<br />

eingerichtet. Die Notrufe müssen zunächst den 100 Kilometer langen<br />

Umweg über die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Gevelsberg gehen. Im Juni 1990<br />

bekommt Münster schließlich eine eigene Zentrale.<br />

Ende 1987 sind 43 Teilnehmer in Münster angeschlossen. Für sie beträgt<br />

die monatliche Teilnehmergebühr umgerechnet 27 Euro.<br />

In Landshut übernimmt der örtliche Lions-Club die Patenschaft und<br />

damit die monatliche Miete von umgerechnet 35 Euro für zwei <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmerstationen.<br />

Die Anschaffungskosten von je 2.250 Euro trägt<br />

das BRK. Zwei Jahre nach dem Start des Landshuter <strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

sind inzwischen 37 Teilnehmer angeschlossen worden. Dank der Patenschaft<br />

können nun ein Ehepaar, 56 und 57 Jahre alt und beide körperlich<br />

schwer behindert, sowie eine 85-jährige gehbehinderte Frau auf die<br />

Landshuter <strong>Hausnotruf</strong>zentrale aufgeschaltet werden.<br />

Auf der Fachtagung <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst vom 8. bis 10. Oktober im Bonner Generalsekretariat<br />

wird von verschiedenen Landesverbänden angeregt, ein Faltblatt zum <strong>Hausnotruf</strong>dienst auf<br />

Bundesebene herauszugeben. So zum Beispiel vom Landesverband Schleswig-Holstein:<br />

„Wir halten es für sehr dringlich, auf Bundesebene ein Faltblatt zu entwickeln und entsprechend<br />

in das Vertriebsverzeichnis aufzunehmen. Der Haus-Notruf-Dienst als unlösbarer<br />

Bestandteil der ambulanten sozialen Dienste sollte also auch entsprechend durch eine einheitliche<br />

Unterlage dargestellt werden.“<br />

24 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Flyer für den<br />

DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienst<br />

um 1986<br />

Bundesweit wird die Gesamtzahl der <strong>Hausnotruf</strong>anschlüsse<br />

auf 7.000 geschätzt. 163 DRK-Kreis- und Landesverbände<br />

bieten den <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst an. Die monatlichen Teilnehmergebühren<br />

liegen in den einzelnen Kreisverbänden bei<br />

umgerechnet 22 bis zu 56 Euro.<br />

Dazu heißt es: „Eine Teilnahme am <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst scheitert<br />

häufig an der Höhe der Gebühren.“<br />

Beim DRK-Landesverband Baden-Württemberg wird eine<br />

»Projektgruppe <strong>Hausnotruf</strong>« gebildet, „um technische Entwicklungen<br />

sowie sozialhilferechtliche und andere Schwierigkeiten<br />

frühzeitig zu erkennen und darauf Einfluss<br />

nehmen zu können“<br />

März Auf der Fachtagung <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst vom 24. bis 26. März in Nürnberg<br />

wird das Faltblatt für den DRK-<strong>Hausnotruf</strong> auf Bundesebene inhaltlich<br />

vorbereitet.<br />

1988<br />

1987<br />

Mitte Januar wird das erste Faltblatt des DRK-Generalsekretariats zum<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Dienst »Hilfe in Rufnähe« mit einer Auflage von 50.000 Stück<br />

aufgelegt. Bereits im Juni ist die erste Auflage vergriffen.<br />

Kritik kommt vom Landesverband Nordrhein: „Dem Tenor nach beschreibt<br />

das Faltblatt den <strong>Hausnotruf</strong>dienst als einen eigenständigen Basisdienst<br />

der sozialen Arbeit, der durch andere Betreuungsmaßnahmen lediglich<br />

eine Ergänzung erfährt. Mit der hier implizierten Auffassung, dass ein technisches<br />

Hilfsmittel Sicherheit und Geborgenheit vermittelt, kann sich der<br />

DRK-Landesverband Nordrhein nicht einverstanden erklären. Wir sind vielmehr<br />

der Auffassung, dass das <strong>Hausnotruf</strong>system eine Ergänzung bzw.<br />

flankierende Maßnahme zu den eigentlichen Basisdiensten der sozialen<br />

Arbeit wie Nachbarschaftshilfe, Alten- und Krankenpflege und Besuchsdienst<br />

sein kann.“<br />

25


Erstes Faltblatt des<br />

DRK-Generalsekretariats<br />

zum <strong>Hausnotruf</strong>dienst 1988<br />

26<br />

Februar Seit Februar testet die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale des DRK Hamburg den sogenannten<br />

Temex-Anschluss der Bundespost. Der Temex-Feldversuch<br />

erstreckt sich auf Betriebsversuchsgebiete in der gesamten Bundesrepublik.<br />

Temex (Telemetry Exchange) ist ein Dienst zur Übertragung von<br />

„Fernwirkinformationen“ und steht für Messen, Regeln, Steuern und Überwachen<br />

aus der Distanz. Dieser Dienst erlaubt es etwa Versorgungsunternehmen,<br />

Gas- und Wasserzähler via Fernsprechleitung abzufragen. Auch<br />

für die Übertragung von Notrufen verspricht die Bundespost eine interessante<br />

Alternative gegenüber herkömmlichen Möglichkeiten. Hierfür nutzt<br />

die Post das bestehende Netz auf bislang brach liegenden Frequenzen<br />

oberhalb des Sprachbandes. Das Telefonieren wird durch dieses neue<br />

Angebot, das je nach Umfang zwischen umgerechnet 1,50 und neun Euro<br />

kosten soll, nicht beeinflusst.<br />

Auch Münster ist Temex-Standort. Das Amt für Wirtschaftsförderung zeigt<br />

sich an einer Beteiligung des <strong>Hausnotruf</strong>dienstes des Kreisverbands interessiert.<br />

Auf einer Temex-Tagung in Siegen am 12. September 1990 erteilt<br />

der <strong>Hausnotruf</strong>beauftragte des Kreisverbands<br />

aber eine Absage: „Für die Qualität des <strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

sind andere Aspekte als das<br />

Tempo der Signalübertragung weit wichtiger.“<br />

Der <strong>Hausnotruf</strong> sei in erster Linie kein „technisches<br />

Netz“, sondern ein „Kommunikationsnetz“.<br />

Die Stadt Münster gründet daraufhin<br />

den temexgesteuerten „Stiftungs-Notruf“ für<br />

städtisch-stiftungseigene Altenwohnungen.<br />

Am 22. Mai 1993 schreiben die »Westfälischen<br />

Nachrichten«: „Pech mit der Post“. Der Temex-<br />

Dienst wird bundesweit ersatzlos gestrichen.<br />

Die Zeitung fragt: „Übernimmt DRK die Temex-<br />

Anschlüsse?“


April<br />

Im April feiert der Kreisverband Böblingen das fünfjährige Bestehen seines <strong>Hausnotruf</strong>dienstes.<br />

Aus diesem Anlass erscheint die Broschüre »5 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>. Erfahrungen mit einem<br />

neuen Dienst«.<br />

In den vergangenen vier Jahren ist die Teilnehmerzahl in Böblingen von 32 auf 107 Teilnehmer,<br />

96 Frauen und 11 Männer, gestiegen. 105 der Teilnehmer sind in dieser Zeit wieder ausgeschieden:<br />

31 durch Umzug in ein Pflegeheim, 30 durch Tod, 30 durch Übergabe an andere Kreisverbände,<br />

12 durch Kündigung, zwei durch andere Umzüge.<br />

1987 wurden in Böblingen 4.302 Notrufe bearbeitet, 28-mal der Notarzt, 59-mal der Rettungsdienst<br />

und 68-mal Bezugspersonen benachrichtigt. 68 Prozent der Notrufe waren regelmäßige<br />

Proberufe.<br />

Broschüre des DRK-Kreisverbands<br />

Böblingen anlässlich des fünften<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Jubiläums und Rückblick<br />

auf die Presseberichterstattung<br />

27


Dezember<br />

Am 5. Dezember berichtet die »Frankfurter Rundschau« über den <strong>Hausnotruf</strong> und meldet:<br />

„Die Arbeitsgemeinschaft Haus-Notruf-Dienst, in der bundesweit mehr als 100<br />

gemeinnützige Träger vereinigt sind, fordert, dass die gesetzlichen Krankenkassen sich<br />

finanziell an dem Service beteiligen. Er sei, so der Vorsitzende Arthur Stern, ein nicht<br />

unwesentlicher Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen.“<br />

Nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft würden pro Teilnehmer im Durchschnitt<br />

vier Krankenhaustage im Jahr gespart. Ausgeweitet auf alle 9,1 Millionen Bundesbürger<br />

über 65 wäre dies eine Kostenersparnis von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro. Dafür<br />

wären Investitionen in das <strong>Hausnotruf</strong>system von jährlich 150 Millionen Euro notwendig.<br />

„Ein eingesparter Krankenhaustag deckt die Gebühren für sechs Monate“, zitiert<br />

die Frankfurter Rundschau Arthur Stern.<br />

Mai<br />

Juni<br />

Plakat des <strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Ennepe-Ruhr 1988<br />

Mitarbeiter vom <strong>Hausnotruf</strong>dienst des Kreisverbands Dithmarschen<br />

sind am 10. Mai zu Gast im von Wolf-Dieter Hermann moderierten Frühstücksfernsehen<br />

des Privatsenders SAT 1.<br />

Ende Juni wird die Gesamtzahl der <strong>Hausnotruf</strong>anschlüsse in der Bundesrepublik<br />

auf 10.000 geschätzt.<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Flyer des<br />

Bayerischen Roten Kreuzes<br />

1988<br />

28 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


„Aber auch keine Notrufsäule“ –<br />

zwischen Anspruch und Wirklichkeit<br />

(1989 - 1995)<br />

Grenzen fallen. Neue Realitäten werden sichtbar. Das Denken in Gegensätzen macht dem<br />

Denken des Sowohl-als-auch Platz. Technik und Soziales sind nicht länger Feinde. Es zeigt<br />

sich, dass der <strong>Hausnotruf</strong> die richtige Antwort auf viele Fragen ist, die in der Diskussion um<br />

die Pflegeversicherung aufgeworfen werden. Das DRK will in dieser aufgeregten Diskussion<br />

um Kostendämpfung die Standards von <strong>Hausnotruf</strong>diensten sichern. Das sei keine Sache<br />

organisierter Interessenspolitik. Es gehe nicht um Interessen, sondern um die qualitative Entwicklungs-<br />

und Zukunftsfähigkeit des <strong>Hausnotruf</strong>s. Durch Verbundsysteme wächst die Zahl<br />

der Notrufteilnehmer in der Bundesrepublik rasch auf über 100.000. In den Neuen Bundesländern<br />

hingegen fehlen anfangs noch die Telefone. Doch auch hier entstehen nun die ersten<br />

DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentralen.<br />

1989<br />

1990<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Zum fünfjährigen Bestehen des <strong>Hausnotruf</strong>s im Kreisverband Dithmarschen erscheint in der<br />

Rotkreuz-Zeitung ein Beitrag. Nach fünf Jahren sind 400 Teilnehmer im Alter von 40 bis 97 Jahren<br />

an die Notrufzentrale angeschlossen. 12.194 Notrufe wurden bearbeitet, davon 50 Prozent<br />

„soziale Notrufe“ und 18 Prozent „medizinische Notrufe“.<br />

Bundesweit ist die Gesamtzahl<br />

der <strong>Hausnotruf</strong>anschlüsse<br />

auf geschätzte<br />

16.000 gestiegen.<br />

Zweite Auflage des <strong>Hausnotruf</strong>-Flyers<br />

vom DRK-Generalsekretariat 1989<br />

Skizze des DRK-Kreisverbands<br />

Münster zum <strong>Hausnotruf</strong>dienst<br />

29


Juni<br />

1991<br />

Das Bundessozialgericht entscheidet mit seinem Urteil (3 RK 39/89) vom 26. Juni:<br />

<strong>Hausnotruf</strong>systeme sind keine Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung. Die Kosten<br />

können im Rahmen der Vorschriften des Sozialgesetzbuches nicht übernommen werden.<br />

Das Bundessozialgericht weist aber darauf hin, dass sich im Hinblick auf die sich in Diskussion<br />

befindliche Pflegeversicherung möglicherweise eine andere Rechtsbeurteilung<br />

ergibt. Die Spitzenverbände der Krankenkassen schließen sich dem Urteil in einem Treffen<br />

am 27. Juni an. Der <strong>Hausnotruf</strong> kann damit auch weiterhin nur sozialhilferechtlich<br />

finanziert werden.<br />

Die <strong>Hausnotruf</strong>-Firma Knorr (die später mit der schwedischen Firma Attendo, 2005<br />

wiederum mit der englischen Firma Tunstall fusioniert, heute mit jährlich 250.000 <strong>Hausnotruf</strong>geräten<br />

der weltweit größte Hersteller) legt der damaligen Gesundheitsministerin<br />

Gerda Hasselfeldt eine Kostenvergleichsberechnung vor, der nach der <strong>Hausnotruf</strong> in Verbindung<br />

mit ambulanter Versorgung durchschnittlich umgerechnet 630 Euro kostet.<br />

Der Durchschnittssatz einer Heimunterbringung liegt hingegen bei durchschnittlich<br />

1750 Euro. Somit ergibt sich nach dieser Rechnung ein Einsparungspotenzial von bis<br />

zu 5,78 Milliarden Euro. Im Bereich der Krankenhausversorgung wird das Einsparungspotenzial<br />

des <strong>Hausnotruf</strong>s mit 500 Millionen Euro beziffert.<br />

Flyer des<br />

DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Münster 1990<br />

Das im März 1983 mit 10 Teilnehmern gestartete <strong>Hausnotruf</strong>-Pilotprojekt<br />

im Kreisverband Mainz-Bingen hat<br />

sich zu einem Verbundsystem entwickelt, dem sich<br />

inzwischen 23 weitere Kreisverbände angegliedert<br />

haben. Am 19. März wird die fast 84-jährige Käthe Wilbert<br />

als 1.000ste Teilnehmerin des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

in Mainz begrüßt. Die Lokalpresse berichtet<br />

unter der Schlagzeile „1000 Mal auf Nummer Sicher“.<br />

1992 Die Gesamtzahl der <strong>Hausnotruf</strong>anschlüsse ist auf 26.000 gestiegen.<br />

Mit rund 13.000 <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmern hat das DRK einen Marktanteil<br />

von 50 Prozent.<br />

Oktober<br />

März<br />

Das DRK arbeitet mit Datum vom 23. Oktober eine Stellungnahme an das<br />

Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung aus, in der sich die Wohlfahrtsverbände<br />

dafür aussprechen, den <strong>Hausnotruf</strong>dienst in den Leistungskatalog<br />

der Pflegeversicherung aufzunehmen.<br />

1993 Am 6. Juli veröffentlicht das DRK erstmals bundesweite „Mindest-<br />

Standards Haus-Notruf-Dienst“.<br />

30 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Dezember<br />

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Pflegeversicherung gründen<br />

der Arbeiter-Samariter-Bund, der Malteser-Hilfsdienst und die Johanniter-<br />

Unfall-Hilfe am 10. Dezember in Köln den »Bundesverband <strong>Hausnotruf</strong>-<br />

Dienst – Interessengemeinschaft der Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen«.<br />

Das DRK lehnt eine Interessengemeinschaft in einer<br />

„organisatorisch geregelten Form“ ab und befürwortet lediglich eine<br />

„lose Zusammenarbeit“.<br />

Flyer des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Coburg 1994,<br />

Außen- und Innenseite<br />

1994<br />

Der Kreisverband Pforzheim<br />

startet mit 170 Teilnehmern im<br />

Mai einen Feldversuch mit dem<br />

Geborgenheitstelefon »TT90-<br />

Samariter« der Firma »Telelarm<br />

security« (Tochter der schwedischen<br />

»Telealarm«, einem<br />

Ableger der schwedischen<br />

Staatspost). Das Notrufsystem<br />

verfügt über einen separaten<br />

Service-Ruf, der nicht die Notrufleitung<br />

belegt. Zudem kann<br />

das Notrufsystem mit diversen<br />

Zusatzeinrichtungen wie Einbruch-<br />

und Brandmeldern und<br />

sogar einem computergesteuerten<br />

Tabletten-Spender gekoppelt<br />

werden. Für Aufsehen sorgt vor allem aber der Notruf-Finger RL90. „Der kleine leichte<br />

Funktaster wird durch sein ansprechendes Design am häufigsten in Verbindung mit einem<br />

Armband gebracht und wie eine Uhr am Handgelenk getragen“, heißt es im Ergebnisbericht.<br />

Für das Pressefoto hält die heutige SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ute Vogt<br />

den neuen Funkfinger in die Kamera.<br />

September Im September wird die DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale Rudolstadt mit sechs<br />

Teilnehmern in Betrieb genommen. Vier Wochen später sind es bereits 15,<br />

zum Jahresende 25 und ein Jahr später 56 Teilnehmer. Nach Jena und<br />

Nordhausen ist Rudolstadt der dritte Kreisverband in Thüringen, der den<br />

<strong>Hausnotruf</strong> anbietet. Im November 1997 werden die Kreisverbände Jena,<br />

Schleiz, Greiz und Meiningen in Rudolstadt aufgeschaltet. 1998 betreut<br />

die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Rudolstadt insgesamt 160 Teilnehmer.<br />

31


1995<br />

Der Aufbau des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>s in den Neuen Bundesländern<br />

gestaltet sich schwierig: „Das DRK der DDR<br />

war zum einen zentralistisch organisiert gewesen, vom<br />

Generalsekretariat über die Bezirks- und Kreiskomitees<br />

hinunter zu den Grundorganisationen in den Betrieben,<br />

in den Gemeinden und im Gesundheitswesen. Zum<br />

anderen hatte das DRK der DDR keinen Sozialen Dienst<br />

gehabt. Es gab den Krankentransport, die Blutspende,<br />

die Aus- und Fortbildung, die AG Junge Sanitäter, das<br />

Jugendrotkreuz, den Wasserrettungs- und Bergrettungsdienst<br />

sowie den Katastrophenschutz, aber keinen<br />

Sozialen Dienst. Die größte Schwierigkeit war aber das<br />

fehlende Telefonnetz. Oft gab es nur ein oder zwei Telefone<br />

in einem Dorf oder nur ein Telefon auf zwei Aufgänge<br />

eines Wohnblocks. Das DRK in Rudolstadt hat<br />

sich dann um Telefonanschlüsse für potenzielle Kunden<br />

gekümmert. Es kam aber nicht selten vor, dass, wenn<br />

der Anschluss dann gelegt war, die Leute plötzlich keinen<br />

<strong>Hausnotruf</strong> mehr wollten.“ (Stefan Hartig vom Kompetenz-Zentrum<br />

des DRK Rudolstadt)<br />

Dezember In einer Stellungnahme vom 16. Dezember begrüßt es<br />

der »Bundesverband <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst«, den <strong>Hausnotruf</strong><br />

in den Pflegehilfsmittelkatalog des § 78 SGB XI aufzunehmen,<br />

kritisiert aber den vorliegenden Entwurf: Der<br />

„Gedanke des <strong>Hausnotruf</strong>dienstes als eigenständigem<br />

Segment der ambulanten sozialpflegerischen Versorgung“<br />

werde reduziert auf „eine allein technisch orientierte<br />

'Notrufsäule' für den Fall 'Leben oder Tod'“.<br />

Auch das DRK kritisiert den Entwurf. Einen pflegerischen<br />

Notfall könne es nicht geben, weil: „Ein plötzlich<br />

auftretender Pflegefall ist eher unwahrscheinlich. […]<br />

Der Begriff 'Pflegenotstand' sollte im Zusammenhang<br />

mit dem Haus-Not-Ruf nicht verwendet werden.“<br />

In einem Gutachten zum <strong>Hausnotruf</strong> in Nordrhein-Westfalen werden die folgenden Empfehlungen<br />

gegeben (vgl. »<strong>Hausnotruf</strong>-Dienste in Nordrhein-Westfalen, Bestandsaufnahme,<br />

Konzeptionen, Empfehlungen«, herausgegeben vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit<br />

und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1995):<br />

• „Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Konzeption und Arbeitsweise von <strong>Hausnotruf</strong>-Diensten<br />

ist ein umfassendes Verständnis von risikohaften Lebenslagen sowie von<br />

Krisen- und Notfallsituationen. Die eigentliche Aufgabenstellung von <strong>Hausnotruf</strong>-<br />

Diensten ist eine bedarfsadäquate Krisenintervention für alte, chronisch kranke und<br />

behinderte Menschen, wobei dem Leitprinzip jeder ambulanten Krisenintervention<br />

'Richtige Hilfe zum richtigen Zeitpunkt ohne Wartezeiten und Verzögerungen' eine<br />

hohe Bedeutung zukommt.“<br />

32 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


• „<strong>Hausnotruf</strong>-Dienste sollen in Zukunft im Verbund ambulanter Versorgung eine vermittelnde<br />

und koordinierende Funktion im Sinne eines 'Dreh- und Angelpunktes'<br />

übernehmen. […] Aufgabe der <strong>Hausnotruf</strong>-Dienste sollte es sein, die Koordinierung<br />

und Vernetzung verschiedener Hilfeformen und -angebote gezielt zu fördern. Nicht<br />

eine additive Aneinanderreihung von Angeboten aus dem Spektrum medizinischer,<br />

pflegerischer und psychosozialer Hilfen, sondern Qualifizierung und Vernetzung eines<br />

wirkungsvollen Verbundsystems von begleitenden und unterstützenden Hilfen sind<br />

das Ziel.“<br />

• „[A]uf eine möglichst einheitliche Konzeptentwicklung bei allen Trägern von <strong>Hausnotruf</strong>-Diensten<br />

[ist] hinzuwirken. Innerhalb des Konzeptes sollte besonderer Wert auf die<br />

Organisation und Personalausstattung der <strong>Hausnotruf</strong>-Zentrale gelegt werden. Die<br />

Zentrale muss als eigenständige Einrichtung etabliert werden, damit sie als Anlauf- und<br />

Bündelungsstelle für unterschiedliche Bedarfe fungieren sowie die Kooperation verschiedener<br />

Dienste und Hilfen des ambulanten Versorgungssystems anregen und<br />

absichern kann.“<br />

• „[B]ei der Planung und Förderung zukünftiger <strong>Hausnotruf</strong>-Dienste [ist] großer Wert auf<br />

eine ausreichende Personalausstattung zu legen. Nur durch professionelles, qualifiziertes<br />

Personal kann gewährleistet werden, dass sich <strong>Hausnotruf</strong>-Dienste an den spezifischen<br />

Bedarfen alter, kranker und behinderter Menschen orientieren und<br />

Dienstleistungen fachkompetent, verbindlich und kontinuierlich anbieten.“<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

März<br />

April<br />

Am 24. März schließt das DRK mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen<br />

handelnd als Spitzenverbände der Pflegekassen den<br />

Vertrag über die zuzahlungsfreie Versorgung der Versicherten mit<br />

<strong>Hausnotruf</strong>geräten nach § 78 Abs. 1 SGB XI.<br />

Seit 1. April gewährt die am 1. Januar in Kraft getretene Pflegeversicherung<br />

(„Gesetz zur sozialen Absicherung der Pflegebedürftigkeit,<br />

Pflegeversicherungsgesetz - PflegeVG“) Leistungen für die<br />

häusliche Pflege. In „Produktgruppe 52, Pflegehilfsmittel zur selbständigen<br />

Lebensführung / Mobilität“ des Pflegehilfsmittelverzeichnisses<br />

werden <strong>Hausnotruf</strong>-Systeme aufgeführt.<br />

Die <strong>Hausnotruf</strong>leistungen im Rahmen der Pflegeversicherung<br />

betragen für den Erstanschluss umgerechnet 10,23 Euro einmalig<br />

und für die Grundleistung 17,90 Euro im Monat.<br />

„Es droht die Gefahr, dass Kunden nur noch eine Minimalleistung<br />

erhalten, die keine wirkliche Sicherheit bietet“, kommentiert die<br />

Fachpresse. Anspruch und Wirklichkeit der <strong>Hausnotruf</strong>dienste würden<br />

in Zukunft auseinanderklaffen. Es drohten „Horrorszenarien“<br />

(vgl. Hubertus Rosery, »Technik allein schafft keine Sicherheit«, in:<br />

Forum Sozialstation, Nr. 78 / Februar 1996, S. 22-25).<br />

33


Dezember<br />

1996<br />

September<br />

Dezember<br />

Zum 31. Dezember gibt es über 100.000 <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer<br />

in Deutschland, davon 36.000 beim DRK. Das<br />

DRK ist damit größter <strong>Hausnotruf</strong>anbieter vor der<br />

Johanniter-Unfall-Hilfe (15.000), dem Malteser-Hilfsdienst<br />

(12.000) und dem Arbeiter-Samariter-Bund<br />

(10.000), gefolgt von der Firma Vitakt (9.000), der Caritas<br />

(4.000), der Diakonie (4.000) und der Firma Sonotel<br />

(2.000). 16.000 <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer werden von kommunalen<br />

Trägern versorgt.<br />

Die DRK-Landesverbände Nordrhein und Westfalen-<br />

Lippe bewerben sich um die Teilnahme am vom Ministerium<br />

für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur<br />

und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen ausgeschriebenen<br />

Modellprojekt »Vom Haus(not)ruf zum Serviceruf«<br />

Das Projekt startet verspätet erst 1997. Einige<br />

Kreisverbände, die vom Ministerium nicht berücksichtigt<br />

werden, müssen im Hinblick auf Fördermittel<br />

gemachte Einstellungen wieder rückgängig machen.<br />

Nachdem der »Bundesverband <strong>Hausnotruf</strong>-Dienst –<br />

Interessengemeinschaft von Wohlfahrtverbänden« seinen<br />

Gesellschaftervertrag am 12. September geändert<br />

hat, beginnen erneute Beitrittsverhandlungen mit dem<br />

DRK. Die Arbeiter-Wohlfahrt tritt dem Bundesverband<br />

bei. Das DRK-Generalsekretariat hält an seinen Bedenken<br />

gegen die Form der Interessengemeinschaft als<br />

BGB-Gesellschaft fest, betont aber die Wichtigkeit<br />

einer Zusammenarbeit auf informeller Ebene.<br />

Das Generalsekretariat lässt im Dezember einen Fernsehbeitrag<br />

über den DRK-<strong>Hausnotruf</strong> produzieren.<br />

34 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


„Die Feuerwehr musste<br />

das Schloss aufbrechen“ –<br />

vom <strong>Hausnotruf</strong> zum Serviceruf (1998- 2002)<br />

Die Bedürfnisse der <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer rücken in den Fokus. Eine neue Altersgeneration<br />

ist »herangewachsen«. 15 Jahre sind eine Generation. Mit anderen Lebenserfahrungen verändern<br />

sich Alter und Altern. Und die älteren Menschen haben im Vergleich zum Anfang<br />

der 80er Jahre mehr Geld: 1998 stehen den 65- bis 70-Jährigen durchschnittlich umgerechnet<br />

2.234 Euro als „ausgabefähige Einkommen und Einnahmen“ pro Haushalt und<br />

Monat zur Verfügung, den über 70-Jährigen 1.833 Euro. Der Anspruch an das eigene<br />

Leben im Alter ist gestiegen. Es geht um Lebensqualität bis ins hohe Alter. Der <strong>Hausnotruf</strong><br />

wird zum Serviceruf, der <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer zum selbstbewussten <strong>Hausnotruf</strong>kunden.<br />

1997<br />

1998<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Aus einem Beschwerdebrief an die AOK in Berlin vom 16. März: „Sehr<br />

geehrte Frau S., beim Einrichten der <strong>Hausnotruf</strong>anlage der Firma S. durch<br />

den Pflegedienst der Firma V. wurde meiner Mutter, Frau Elisabeth B.,<br />

zugesichert, dass rund um die Uhr sich ein Mitarbeiter der Firma V. um den<br />

Notruf aus Hamburg kümmert und dann, mit dem vorhandenen Schlüssel,<br />

ihr zur Hilfe eilen würde. Da die Firma V. bisher bei einem Notruf mehrmals<br />

nicht erreichbar war und ich dann in Berlin und Brandenburg gesucht werden<br />

musste oder die Feuerwehr musste das Schloss aufbrechen (Schaden<br />

ca. 500.- DM) bin ich der Meinung, dass der Vertrag S.-V. nicht als Notruf<br />

funktioniert. Ich bitte Sie darum, die Firma S. zum 31.3.97 aus dem Vertrag<br />

zu entlassen. Als Alternative habe ich schon ein Gespräch mit dem DRK<br />

Berlin geführt und Frau V. wird am 20.3.97 meine Mutter besuchen. Ich<br />

möchte Sie darum bitten, die 35,- DM monatlich ab 1.4.97 an das DRK Berlin<br />

zu überweisen. Den Rest der Gebühr zahlt dann meine Mutter selbst an<br />

das DRK. Mit freundlichen Grüßen, Lothar B.“<br />

Der <strong>Hausnotruf</strong>dienst des Kreisverbands Münster sieht sich mit einem<br />

Problem konfrontiert. Neugeräte wurden angeschafft, aber immer mehr<br />

Teilnehmer wollen „ein <strong>Hausnotruf</strong>gerät mit einem Armband statt des<br />

Funkfingers an der Kordel“, wie es im Jahresbericht heißt. Und weiter:<br />

„Die technische Entwicklung im Bereich der <strong>Hausnotruf</strong>geräte hat in den<br />

letzten fünf Jahren einen Riesensprung gemacht. Wurden früher die vergleichsweise<br />

großen Handsender nur widerwillig oder auch gar nicht<br />

akzeptiert, werden die heutigen armbanduhrähnlichen Handsender doch<br />

konsequent getragen. Aktuelle Verbesserungen am Armband selbst, z.B.<br />

Stretchmaterial zum Überstreifen des Armbands, sind bei unseren Vertragspartnern<br />

angemahnt und bei anderen Anbietern zum Teil schon auf<br />

dem Markt. Diese 'Umrüstung' kommt aus betriebswirtschaftlicher Sicht<br />

natürlich viel zu früh.“<br />

35


Juni<br />

November<br />

1999<br />

April<br />

Am 16. April begrüßt der Kreisverband<br />

Dithmarschen seine 2000. Notrufteilnehmerin<br />

mit Blumen. Die<br />

Lokalpresse berichtet. Der 1983 mit<br />

zwei Teilnehmern gestartete <strong>Hausnotruf</strong>dienst<br />

war bis 1994 auf 1.220<br />

Teilnehmer angewachsen. Mittlerweile<br />

ist er bis nach Niedersachsen<br />

vorgedrungen und der größte Anbieter<br />

in Schleswig-Holstein. 1997 bearbeitete<br />

die Zentrale 52.000<br />

Alarmmeldungen, davon 500 medizinische<br />

Notrufe.<br />

Zwei Monate später, am 23. Juni, geht wieder ein solcher medizinischer<br />

Notruf bei der <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Heide ein. „Blinde Rentnerin in letzter<br />

Minute aus Rauchfalle gerettet“, titelt die Zeitung. Und weiter: „Der Aufmerksamkeit<br />

der Nachbarin und dem <strong>Hausnotruf</strong>system verdankt sie ihr<br />

Leben.“<br />

Im November erscheint eine »Rahmenempfehlung: Beschreibung der einzelnen<br />

Leistungspakete im <strong>Hausnotruf</strong>« vom Institut für Sozialforschung,<br />

Praxisberatung und Organisationsentwicklung (ISPO) in Saarbrücken. Das<br />

ISPO unterscheidet darin vier Angebote, die mit dem <strong>Hausnotruf</strong> verbunden<br />

sein können:<br />

• das „Grundleistungspaket“ bzw. „Pflegeversicherungspaket“,<br />

• das „Standard-Leistungspaket“,<br />

• das „Komfortpaket“ und<br />

• der „Zusatzleistungskatalog“.<br />

(Vgl. ISPO, »Arbeitshandbuch <strong>Hausnotruf</strong>. Rahmenvorschlag des zentralen<br />

Qualitätszirkels im Modellversuch '<strong>Hausnotruf</strong> als Fullservice'«, Saarbrücken,<br />

Endfassung November 1998)<br />

Unter Federführung des DRK erarbeitet der »Arbeitskreis Technik« des<br />

»Bundesverbandes Haus-Notruf-Dienstes« einen „gemeinsamen Mindeststandard<br />

HND – technischer Bereich“. Basis bilden die 1993 erarbeiteten<br />

„Mindest-Standards Haus-Notruf“ des DRK.<br />

Der Entwurf wird am 21. Juni allen Landesverbänden vorgelegt.<br />

36 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


Flyer für den<br />

DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienst<br />

Böblingen um 2000<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Flyer des<br />

DRK-Landesverbands<br />

Baden Württemberg<br />

um 2000<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

2000<br />

Nach Abschluss des Nordrhein-Westfälischen Modellprojekts<br />

»Vom Haus(not)ruf zum Serviceruf« (vgl. Clemens<br />

Adam u.a., »Vom <strong>Hausnotruf</strong> zum Serviceruf.<br />

Abschlussbericht der Wissenschaftlichen Begleitung<br />

des Modellprogramms des Ministeriums für Arbeit,<br />

Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen«, Dortmund 1999)<br />

erscheint eine Informationsbroschüre.<br />

Darin heißt es: „Die meisten Haus(not)ruf-Dienste in<br />

Nordrhein-Westfalen bieten mehr als schnelle Hilfe im<br />

Notfall. Auf dem Programm stehen Serviceleistungen<br />

wie Information und Beratung zu kulturellen Veranstaltungen<br />

und Vermittlung von weiteren Dienstleistungen<br />

wie Essen auf Rädern, Fahrdienste, Fußpflege.“ (vgl.<br />

Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums<br />

für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie,<br />

»Tipp. <strong>Hausnotruf</strong>. Verlässlicher Service auf<br />

Knopfdruck«, Düsseldorf 2000).<br />

Als Preisorientierung für das nach der ISPO-Empfehlung<br />

gestaffelte Angebot werden für das „Grundleistungspaket“<br />

umgerechnet 17,90 Euro, für das „Servicepaket“ 30<br />

bis 40 Euro, für das „Komfortpaket“ 40 bis 60 Euro<br />

genannt.<br />

Insgesamt gibt es nach Angaben des Bundesverbands<br />

<strong>Hausnotruf</strong> mittlerweile 190.000 <strong>Hausnotruf</strong>anschlüsse<br />

in Deutschland. Etwas mehr als ein Prozent der über 65-<br />

Jährigen haben somit einen Anschluss. In anderen Ländern<br />

Europas liegt die Quote bei bis zu 10 Prozent.<br />

Deutschland ist damit in Sachen <strong>Hausnotruf</strong> eher ein<br />

„Entwicklungsland“. Von den 1,3 Millionen pflegebedürftigen,<br />

zu Hause betreuten Menschen sind nur 35.000<br />

(2,7 Prozent) an ein <strong>Hausnotruf</strong>system angeschlossen.<br />

Durch ein verbessertes Marketingkonzept könnten zehn<br />

Prozent der über 65-Jährigen prinzipiell erreicht werden,<br />

was einem Marktpotenzial von 1,6 Millionen Teilnehmern<br />

entspricht (vgl. Elisabeth Weitzel und Jürgen Constien,<br />

»<strong>Hausnotruf</strong> ermöglicht mehr Sicherheit zu<br />

Hause«, in: Pro Alter 1/2002, S. 60-65).<br />

Nach Angaben des Bundesverbands <strong>Hausnotruf</strong> hat<br />

das DRK mit 72.000 Teilnehmern den größten Marktanteil<br />

im <strong>Hausnotruf</strong>dienst, gefolgt von der Johanniter-<br />

Unfall-Hilfe (32.599), dem Malteser-Hilfsdienst (21.694),<br />

dem Arbeiter-Samariter-Bund (12.000), der Arbeiter-<br />

Wohlfahrt (5.500), der Caritas (3.000) und der Diakonie<br />

(3.000). Bei den privaten Anbietern ist die Firma Vitakt<br />

mit 19.000 Anschlüssen der größte <strong>Hausnotruf</strong>-Anbieter,<br />

gefolgt von der Firma Sonotel (7.000) und dem SOS-<br />

Service-Ruf (3.000). Etwa 10.000 Anschlüsse werden<br />

von einzelnen kommunalen Anbietern betreut.<br />

37


An der Umfrage des »Strategischen Fragebogens« des DRK beteiligen sich<br />

167 von 529 Kreisverbänden (bereinigte Rücklaufquote: 40,6 Prozent). Innerhalb<br />

der 122 Aufgabenfelder des DRK kommt der Umfrage zufolge dem <strong>Hausnotruf</strong>dienst<br />

zentrale Bedeutung zu:<br />

• 83 Prozent der Kreisverbände sind im <strong>Hausnotruf</strong>dienst aktiv.<br />

• In der Zielgruppe ältere Menschen wird das höchste Entwicklungspotenzial<br />

gesehen (47 Prozent).<br />

• Nach der ambulanten Pflege wird im <strong>Hausnotruf</strong> das höchste Entwicklungspotenzial<br />

gesehen.<br />

• 28 Prozent der Kreisverbände, die im <strong>Hausnotruf</strong>dienst aktiv sind, erwirtschaften<br />

mit diesem Aufgabenfeld einen Überschuss.<br />

• 41 Prozent der Kreisverbände, die den <strong>Hausnotruf</strong> anbieten, geben an,<br />

mehr als 60 Prozent Marktanteil zu haben.<br />

• 78 Prozent der Kreisverbände, die einen <strong>Hausnotruf</strong>dienst betreiben,<br />

schätzen die Zufriedenheit ihrer Teilnehmer hoch bzw. sehr hoch ein.<br />

März<br />

Mai<br />

An einer Umfrage des Generalsekretariats zum Einsatz von <strong>Hausnotruf</strong>geräten<br />

(Stichtag: 31. März) beteiligen sich 153 Kreisverbände in 13<br />

Landesverbänden (Rücklaufquote: 42,4 Prozent).<br />

Nach dieser Umfrage<br />

• betreiben 32,7 Prozent der Kreisverbände eine eigene <strong>Hausnotruf</strong>zentrale,<br />

• sind 44 Prozent der Mitarbeiter hauptberuflich, 17 Prozent nebenberuflich<br />

und 39 Prozent ehrenamtlich tätig,<br />

• werden vor allem Geräte der Herstellerfirmen Telealarm (45,5 Prozent)<br />

und Bosch (30,6 Prozent) eingesetzt,<br />

• liegt das Verhältnis von ausgelösten Alarmen zu eingeleiteten Maßnahmen<br />

etwa bei 5:1 (21,9 Prozent eingeleitete Maßnahmen),<br />

• sind zwei Drittel der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>kunden Selbstzahler, nur vier<br />

Prozent beziehen Leistungen nach dem BSHG, rund 30 Prozent<br />

erhalten die Kosten von den Pflegekassen erstattet,<br />

• erheben 68 Prozent der Kreisverbände für die Grundleistung einen<br />

Monatsbeitrag von umgerechnet 17,90 Euro, 21 Prozent von bis zu<br />

35 Euro und drei Prozent darüber,<br />

• liegt das Durchschnittsalter der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer bei 78<br />

Jahren, die Durchschnittsverweildauer bei 26 Monaten.<br />

Am 21. Mai überreicht Konrad Segeler, <strong>Hausnotruf</strong>beauftragter des<br />

Kreisverbands Münster, Blumen an Elfriede Pawlikowski. Sie ist die<br />

1000. Teilnehmerin am <strong>Hausnotruf</strong>system des Kreisverbands. Binnen<br />

zehn Jahren hat sich die Zahl der Teilnehmer von 232 im Jahr<br />

1991 auf 1.080 am Jahresende 2000 verfünffacht. Die Zahl wächst<br />

in den kommenden Jahren bis 2005 nochmals auf 1.600 <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer.<br />

38 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Im gleichen Zeitraum hat sich bis 2000 die monatliche Teilnehmergebühr<br />

in Münster von umgerechnet 35 Euro auf 17,90 Euro halbiert.<br />

Im Jahresbericht zeigt Segeler auf, wohin der Trend beim <strong>Hausnotruf</strong><br />

gehen wird: „Es ist ein langer Weg im Haus-Notruf von der Gedankenwelt<br />

der Notfallrettung von 'Opfern' zum HausServiceruf mit Betonung<br />

auf Dienstleistungen, die eine Notfallrettungsmaßnahme einschließen,<br />

jedoch im Zentrum vor allem die täglichen Bedürfnisse der 'Kundschaft'<br />

sehen. […] Zum 'Service' der DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale muss auch die<br />

Kooperation mit den ambulanten Pflegediensten gehören.“<br />

Beim <strong>Hausnotruf</strong> schreibt man im Jahr 2000 'Kunden' und 'Service'<br />

immer noch in Anführungsstrichen.<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Flyer des<br />

DRK-Landesverbands Thüringen<br />

2002<br />

39


2002<br />

Der Verein »Selbständig Wohnen Heidelberg« und die Firma Antenna<br />

Deutschland kommen in einer Befragung von 266 Teilnehmern des<br />

DRK-<strong>Hausnotruf</strong>s Heidelberg zu dem Fazit: „Wenige Teilnehmer nutzen<br />

die Technik regelmäßig und wenn, dann meist nur zur 'Hintergrundsicherung'.“<br />

(vgl. Hans Peter Tewes, »Die Tragehäufigkeit ist niedrig«, in:<br />

Häusliche Pflege 1/2003, S. 26-29).<br />

Nur 44 Prozent der befragten Teilnehmer geben bei der Befragung an,<br />

den Notruf im Verlauf des letzten Jahres „ein- bis zwei Mal“ ausgelöst<br />

zu haben. 47 Prozent geben an, den <strong>Hausnotruf</strong> „fast nie“ zu benutzen,<br />

16 Prozent „eher selten“, nur sieben Prozent „meistens“. Bei der Nutzung<br />

dominiert eindeutig die „Notruforientierung“. Als auslösendes<br />

Ereignis werden an erster Stelle Stürze (33 Prozent) genannt, gefolgt<br />

von Problemen mit Herz-Kreislauf (18 Prozent) und Schwindelanfällen<br />

(15 Prozent). 36 Notrufe wurden „aus Versehen“ ausgelöst. Nur bei 32<br />

Notrufen ging es um Einsamkeit und Ängste (9), Ratsuche (6), Gespräch<br />

und Kontakt (5), Probleme mit der Versorgung (5) und Pflege (3) oder<br />

kleinere Reparaturen (4) 50 Prozent der Befragten nehmen keine weiteren<br />

Dienste in Anspruch. Nur eine Minorität wünscht sich mit dem<br />

<strong>Hausnotruf</strong> verknüpfte Dienstleistungen. 38 Prozent der Teilnehmer<br />

wollen lediglich eine Absicherung im Notfall. 24 Prozent kreuzen<br />

„Sicherheit im Hintergrund“ an. Neun Prozent wollen zusätzliche Information<br />

und Beratung, acht Prozent die Erweiterung ihres Hilfenetzes.<br />

Für einen Einkauf-Bringdienst, eine Einkauf-Begleitung, einen Reiseservice<br />

für Behinderte oder ähnliche Angebote nach dem „Pizza-Service-<br />

Modell“ sprechen sich nur einzelne Teilnehmer aus. „Ein zusätzliches<br />

großes Geschäft ist hier also nicht zu machen“, schlussfolgert die Studie.<br />

„Dies schließt aber die Möglichkeit mit dem <strong>Hausnotruf</strong> sinnvoll<br />

kombinierter Angebote keineswegs aus.“ Denn immerhin finden 18 Prozent<br />

der Befragten das Angebot einer Doppeltaste (<strong>Hausnotruf</strong> und Serviceruf)<br />

praktisch. Und elf Prozent interessieren sich für Zusatzgeräte<br />

wie Rauchmelder oder Einbruchsalarm-Melder.<br />

40 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


Dafür, dass die Nutzpotenziale des <strong>Hausnotruf</strong>s nur selten ausgeschöpft<br />

werden, führt die Studie im Wesentlichen drei Gründe an:<br />

• Mit längerer Dauer des Anschlusses ist tendenziell eine geringere<br />

Nutzung verbunden. Vielen langjährigen <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmern<br />

ist das Angebot <strong>Hausnotruf</strong> nicht mehr präsent. Das<br />

Gerät liegt vergessen in einer Schublade.<br />

• Der <strong>Hausnotruf</strong> wird von langjährigen Teilnehmern als rein medizinisches<br />

Notfallgerät betrachtet. Sie sind äußerst unsicher und<br />

wissen häufig nicht mehr, wie das Gerät funktioniert.<br />

• Das <strong>Hausnotruf</strong>system als solches hat eine beruhigende Wirkung<br />

und erzeugt ein Gefühl der Sicherheit. Hingegen wird das<br />

Tragen des Funkfingers häufig als lästig empfunden. Die Studie<br />

stellt die Frage, ob für die nächste Altersgeneration das Handy<br />

eine bessere Alternative bietet.<br />

Die Heidelberger Studie erbringt eine Reihe weiterer empirischer<br />

Ergebnisse, die allerdings in keinem Zusammenhang mit der Nutzungshäufigkeit<br />

stehen:<br />

• Der <strong>Hausnotruf</strong> wird häufig auf Fremdinitiative hin durch Angehörige<br />

und Familie (29 Prozent), Freunde und Nachbarn (18 Prozent)<br />

oder ambulante Dienste und Sozialstationen (12 Prozent)<br />

installiert. Nur bei 29 Prozent wurde die Einrichtung des <strong>Hausnotruf</strong>s<br />

allein durch die Betroffenen veranlasst.<br />

• Ausschlaggebend für die Installation des Notrufgeräts war bei<br />

43 Prozent ein Schlüsselerlebnis wie Sturz (42 Prozent) oder<br />

Schlaganfall (10 Prozent). Weitere Motive sind Krankheiten,<br />

Schwindelanfälle, Operationen oder Rollstuhlabhängigkeit.<br />

• Der typische Nutzer des <strong>Hausnotruf</strong>s ist weiblich, älter als 80<br />

Jahre und lebt allein in der eigenen Wohnung. Die Hälfte hat<br />

Angehörige in der Nachbarschaft oder im gleichen Ort. Die Pflegestufe<br />

II oder III sind bei den Nutzern eher selten. 34 Prozent<br />

der Befragten sind in die Pflegestufe I eingestuft.<br />

In einem Bericht an das Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend heißt es, dass <strong>Hausnotruf</strong>dienste, obwohl primär<br />

Unterstützungsangebote für Notfälle, in der Praxis vor allem<br />

auch für Beratung und Information genutzt werden. Sie sind damit<br />

de facto ein wichtiges telefonisches Beratungsangebot für ältere<br />

Menschen. Notrufdienste würden sich inzwischen „explizit als Vermittler<br />

und Anbieter von allgemeinen Dienst- und Serviceleistungen<br />

[begreifen], so dass sich der <strong>Hausnotruf</strong> zunehmend zum Serviceruf<br />

entwickelt.“ Der Anteil medizinischer Notrufe bei <strong>Hausnotruf</strong>diensten<br />

würde in der Literatur mit drei bis unter zehn Prozent<br />

angegeben, der Anteil von Anrufen mit dem Zweck der Alltagsbewältigung<br />

liege bei bis zu 90 Prozent (vgl. Thomas Görges u.a.,<br />

»Erkundung des Bedarfs für ein bundeseinheitlich erreichbares<br />

telefonisches Beratungsangebot für ältere Menschen. Bericht an<br />

das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,<br />

Justus-Liebig-Universität Gießen 2002).<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

41


April<br />

Am 1. April startet das mit 2,5 Millionen Euro geförderte<br />

EU-Projekt »Locomotion« (Locationbased mobile phones<br />

applications for independent living of disabled and<br />

elderly citizens) unter Beteiligung des DRK-Kreisverbands<br />

Nürnberg-Stadt. Weitere Partner des Projekts<br />

sind Cellguide Ltd (Israel), Universidad Politécnica de<br />

Madrid (Spanien), Barnsley District Gen. Hospital (Großbritannien),<br />

University of Edinburgh (Großbritannien),<br />

LocatioNet Systems 2000 Ltd (Israel) und Société Française<br />

de Radiotéléphone S.A. (Frankreich). Die Laufzeit<br />

des Projekts beträgt 30 Monate; es endet am<br />

30.09.2004.<br />

Aus der Kurzbeschreibung des Projekts: „Viele ältere<br />

oder behinderte Menschen sind unnötig an ihre häusliche<br />

Umgebung gebunden. Sie könnten sich freier und<br />

selbstbewusster bewegen, wenn damit verbundene<br />

Risiken minimiert werden könnten. Sei es das Risiko<br />

sich zu verirren, vorübergehend desorientiert zu sein,<br />

ärztliche oder medikamentöse Hilfe zu brauchen oder<br />

nur das Risiko, vor all diesen Dingen Angst zu haben.<br />

Das Projekt »Locomotion« will mit der Entwicklung und<br />

Erprobung intelligenter Lokalisationstechnologien<br />

(Advanced Global Positioning System [AGPS]) dazu beitragen,<br />

die Mobilität dieser Menschen zu verbessern<br />

und sie so länger am sozialen Leben Teil haben zu lassen.“<br />

Im Rahmen des Projekts ist der Kreisverband Nürnberg-<br />

Stadt für den Praxistest des Global Positioning Systems<br />

verantwortlich.<br />

Vom 9. bis 10. April veranstaltet das DRK-Generalsekretariat<br />

in Berlin eine Arbeitstagung »Offene und<br />

Ambulante Altenhilfe«. Bei der Bestandsaufnahme der<br />

Angebote kommt dem DRK-<strong>Hausnotruf</strong> eine zentrale<br />

Bedeutung zu.<br />

August Vier Jahre nach dem 2.000. Notrufteilnehmer feiert der<br />

Kreisverband Dithmarschen im August seinen 4.000<br />

Teilnehmer. Mittlerweile laufen täglich bis zu 200 Notrufe<br />

in der <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Heide auf, die mit insgesamt<br />

20 Mitarbeitern rund um die Uhr besetzt ist.<br />

Nicht nur Senioren und Behinderte zählen zu den <strong>Hausnotruf</strong>kunden,<br />

auch Tankstellen, der Nationalpark Wattenmeer,<br />

Gerichte und Klärwerke. Und die Ärzte des<br />

Kreises Plön stellen ihren Bereitschaftsdienst ebenfalls<br />

über das DRK Dithmarschen sicher.<br />

42 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

„Ungewöhnliche Methoden“ –<br />

Bundesmarketingkonzept macht<br />

dem <strong>Hausnotruf</strong> Beine (2003 - 2006)<br />

Drei Jahre nach dem Start wurde den „ungewöhnlichen Methoden“ des DRK-Bundesmarketingprojekts<br />

Erfolg bescheinigt. Der <strong>Hausnotruf</strong>dienst hat sich zu einem immer komplexeren Geschäftsfeld<br />

entwickelt. Der mobile <strong>Hausnotruf</strong> ist nur ein Beispiel. Neue technische Entwicklungen müssen<br />

geprüft, neue Qualitätsstandards entwickelt werden. Mit neuen technischen Entwicklungen öffnet<br />

sich der <strong>Hausnotruf</strong> neuen Kundenkreisen. Der Manager mit Herzschwäche hat aber andere<br />

Bedürfnisse als das reisefreudige Seniorenehepaar. In dieser Situation entwickelt das Bundesmarketingprojekt<br />

geeignete Angebote, sichert deren Qualität, sorgt für den Informationsfluss, organisiert<br />

individuelle Beratung über eine neue bundeseinheitliche Servicerufnummer und vernetzt alle<br />

DRK-Aktivitäten rund um den <strong>Hausnotruf</strong>.<br />

Festschrift des DRK-Kreisverbands<br />

Mainz-Bingen zum 20-jährigen<br />

Jubiläum des <strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

43


2003<br />

Im März feiert die Notrufzentrale des Kreisverbands Mainz-Bingen 20jähriges<br />

Jubiläum. Der Festakt findet am 30. September im Mainzer<br />

Staatstheater statt. Die Festrede hält die rheinland-pfälzische Ministerin<br />

für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Malu Dreyer. „Ein<br />

Modell, das Vorbildfunktion hat“, so die Ministerin in ihrem Grußwort zu<br />

der vom Kreisverband herausgegebenen Festschrift. Und weiter: „Die<br />

Anschlusszahlen haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich nach<br />

oben entwickelt, während die Preise stabil geblieben sind.“<br />

In Zahlen ausgedrückt: Nachdem die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Mainz, der<br />

sich mittlerweile 32 weitere Kreisverbände angeschlossen haben, den<br />

1.000 <strong>Hausnotruf</strong>-Teilnehmer im März 1991 begrüßt hatte, stiegen die<br />

Teilnehmerzahlen 1993 auf 1.296, 1995 auf 1.839, 1997 auf 2.200,<br />

1999 auf 3.844, 2001 auf 6.512 und liegen 2003 bei 9.105 Teilnehmern.<br />

Der Trend wird weiter anhalten. 2005 sind bereits 10.877 Teilnehmer an<br />

die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Rheinland-Pfalz angeschlossen. Im Frühjahr<br />

2006 sind es dann fast 14.000 <strong>Hausnotruf</strong>-Teilnehmer.<br />

Im zurückliegenden Jahr 2002 wurden in der Mainzer <strong>Hausnotruf</strong>zentrale<br />

149.604 Alarme ausgelöst. Daraus resultierten 11.653 Rettungseinsätze<br />

(2.520 medizinische Notfälle, 8.140 Stürze, 993 sonstige<br />

Notfälle) und 6.577 eingeleitete Maßnahmen (549-mal Hausarzt verständigt,<br />

5.211-mal Bezugspersonen informiert, 817-mal Sozialstation<br />

verständigt).<br />

Ein anderes Beispiel für die Entwicklung des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>s in den<br />

vergangenen beiden Jahrzehnten: Im Juni berichten die »Nürnberger<br />

Nachrichten« über die Notrufzentrale des BRK Nürnberg, die vor zwanzig<br />

Jahren, am 15.03.1983, als eine der ersten DRK-Notrufzentralen mit<br />

zehn Teilnehmern startete.<br />

Im August 1995 hatte die Zeitung über die 3.750. Teilnehmerin des<br />

Nürnberger <strong>Hausnotruf</strong>s berichtet. Der durchschnittliche Zuwachs an<br />

BRK-Notrufteilnehmern in Nürnberg und Umgebung lag damit damals<br />

bei über 80 Prozent pro Jahr. 2003 sind es bereits 27.000 Menschen,<br />

die von der Nürnberger Zentrale mit dem BRK-Notrufdienst versorgt<br />

worden sind.<br />

Aktuell gibt es in Nürnberg inzwischen 1.050, in den angeschlossenen<br />

Regierungsbezirken Ober- und Mittelfranken 2.710 Teilnehmer. Der<br />

jüngste Teilnehmer ist ein 18 Monate altes Mädchen, der älteste ist 105<br />

Jahre alt. Pro Jahr werden im Betreuungsgebiet der Nürnberger BRK-<br />

Notrufzentrale 50.000 Alarmrufe ausgelöst, in 24 Stunden bedeutet<br />

dies bis zu 250 Rufe.<br />

Die monatlichen Teilnehmerkosten konnten in Nürnberg von umgerechnet<br />

45 Euro im Jahr 1983 um ein Drittel – gestiegene Einkommen<br />

und Inflation unberücksichtigt – auf 30 Euro reduziert werden.<br />

44 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Juni Das Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes veranstaltet vom<br />

2. bis 3. Juni in Göttingen eine Fachtagung zum Thema »DRK-<strong>Hausnotruf</strong><br />

(und Mahlzeitendienste): Marktführer sein und bleiben?« mit 75 Teilnehmern.<br />

Damit reagiert das Generalsekretariat auf Forderungen der Kreisund<br />

Landesverbände, die in einer von der Unternehmensberatung Rosenbaum<br />

& Nagy präsentierten Umfrage unter den DRK-Kreisverbänden zum<br />

Ausdruck kommt:<br />

• Die Kreisverbände wünschen sich für den <strong>Hausnotruf</strong> ein zentral<br />

gesteuertes Marketing nach Vorbild der deutschlandweiten Werbung<br />

für Blutspenden.<br />

• Sie wünschen sich einen Service der Marktbeobachtung und -analyse<br />

sowie die Bereitstellung von Informationen zur technischen und sonstigen<br />

Entwicklung des <strong>Hausnotruf</strong>s.<br />

• Sie befürworten eine Arbeit am Image des <strong>Hausnotruf</strong>s mit einem bundeseinheitlichen<br />

Erscheinungsbild.<br />

Drei Wochen später, vom 23.-25. Juni, trifft sich erstmals die Projektgruppe<br />

»Bundesmarketingkonzept <strong>Hausnotruf</strong>«, die von DRK-Generalsekretär Clemens<br />

Graf von Waldburg-Zeil im Berliner Generalsekretariat begrüßt wird.<br />

Ziel der Projektgruppe ist es, Qualitätsstandards und Marketingmaßnahmen<br />

für den DRK-<strong>Hausnotruf</strong> auf Bundesebene zu entwickeln. Die wissenschaftliche<br />

Begleitung übernimmt Prof. Dr. Hans-Christian Walter vom<br />

Fachbereich Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften der Technischen<br />

Fachhochschule Berlin. Der Projektgruppe haben sich Vertreter aus<br />

11 (später 13) Landesverbänden angeschlossen. Die Schirmherrschaft hat<br />

DRK-Vizepräsidentin Gräfin Soscha zu Eulenburg übernommen.<br />

Juli Im Juli-Heft der Stiftung Warentest erscheint unter dem Titel »Selbstständig<br />

und sicher« ein Testbericht zu <strong>Hausnotruf</strong>-Anbietern in Hamburg. Der<br />

DRK-Kreisverband Hamburg-Nord landet bei zwei Testanrufen der Stiftung<br />

Warentest nur auf einem hinteren Platz, erhält bei der persönlichen Beratung<br />

und Geräteeinweisung allerdings die zweitbeste Note.<br />

45


August<br />

Oktober<br />

November<br />

Der Landesverband Baden-Württemberg mit seinen 34<br />

Kreisverbänden bietet seit dem 1. August die neue<br />

Dienstleistung »DRK-MobilRuf« an. Mit einem GPS<br />

Handy der Firma Benefon kann der Teilnehmer die<br />

DRK-eigene Mobilruf-Zentrale »Call-Us« mit Sitz in<br />

Stuttgart-Bad Cannstatt erreichen. Die Nachfrage nach<br />

ortungsfähigen Handys steigt.<br />

Zur gleichen Zeit plant die DRK Service GmbH ab<br />

1. März 2004 ein Pilotprojekt mit dem mobilen Notrufsystem<br />

»Mobile Care«, das auf GSM-Basis in Verbindung<br />

mit TDRP-Peilung geortet werden kann.<br />

Innerhalb des DRK wird der Wunsch laut, sich im<br />

Bereich des mobilen Notrufs mit seinen verschiedenen,<br />

noch in der Pilotphase befindlichen Ortungsverfahren<br />

auf Bundesebene deutlicher zu positionieren.<br />

DRK-Generalsekretär Clemens Graf von Waldburg-Zeil<br />

unterstreicht am 31. Oktober in einer Empfehlung an<br />

alle Kreis- und Landesverbände die Notwendigkeit, ein<br />

mobiles Notrufsystem im DRK einzuführen.<br />

Die Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept <strong>Hausnotruf</strong>«<br />

trifft sich vom 5. bis 7. November zur zweiten<br />

Arbeitstagung im Berliner Generalsekretariat.<br />

Flyer des Landesverbands Baden Württemberg<br />

für den 2003 gestarteten DRK-MobilRuf<br />

46 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Dezember Eine Umfrage der Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept <strong>Hausnotruf</strong>«<br />

zum Bekanntheitsgrad des <strong>Hausnotruf</strong>s in der Bevölkerungsgruppe<br />

über 65 Jahre kommt zu folgenden Ergebnissen:<br />

• 60 Prozent der Befragten kennen den <strong>Hausnotruf</strong>.<br />

• 56 Prozent der Befragten äußern Interesse am <strong>Hausnotruf</strong>.<br />

• 49 Prozent der Befragten würden einen monatlichen Beitrag<br />

von 18 Euro für den <strong>Hausnotruf</strong>dienst zahlen, nur 17 Prozent<br />

einen Beitrag von 28 Euro und höher.<br />

• 47 Prozent der Befragten bevorzugen das Armband als<br />

Handsender, nur 20 Prozent den traditionellen Funkfinger.<br />

Buswerbung des<br />

BRK-Kreisverbands Landshut<br />

im 20. Jubiläumsjahr des<br />

<strong>Hausnotruf</strong>dienstes 2004<br />

47


2004<br />

Januar<br />

Flyer des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes<br />

Böblingen 2004<br />

„20 Jahre Hilfe auf Knopfdruck“, titelt die Landshuter Lokalpresse. Die<br />

Landshuter BRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale, die im Februar 1984 mit fünf Teilnehmern<br />

gestartet war, betreut inzwischen 270 Teilnehmer. Weil aber<br />

immer noch viele Menschen den <strong>Hausnotruf</strong>dienst nicht kennen, tragen<br />

die Landshuter Stadtbusse im Jubiläumsjahr das Logo des BRK-<strong>Hausnotruf</strong>dienstes.<br />

Vom 21. bis 23. Januar findet das dritte Treffen der Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept<br />

<strong>Hausnotruf</strong>« in Berlin statt. Die Ergebnisse der<br />

drei Projekttreffen werden in einem 100seitigen Arbeitspapier festgehalten,<br />

das zudem das weitere Vorgehen der Projektgruppe festlegt. Dazu<br />

heißt es im Arbeitspapier: „Das Marketingkonzept ist langfristig im Sinne<br />

eines Strategiekonzepts ausgelegt und nicht an eine einzelne Werbemaßnahme<br />

gebunden.“ Einige Ergebnisse sind:<br />

• Im Bereich der Vertriebsorganisation wird eine bundesweite Telefon-<br />

Servicenummer eingerichtet. Beratungszentren werden organisiert,<br />

ein CRM (Customer Relationship Management)-System etabliert<br />

und Schulungskonzepte für Kundenberater umgesetzt.<br />

• Im Bereich des Produkts <strong>Hausnotruf</strong> sollen die Qualitätskriterien<br />

weiter entwickelt werden. Überlegt wird ferner, das <strong>Hausnotruf</strong>-System<br />

in Mobiltelefone zu implementieren und mit Serviceleistungen<br />

zu einem zentralen Kommunikationsinstrument zu erweitern, das<br />

auch jüngere Zielgruppen anspricht.<br />

• Im Bereich bundeseinheitlicher Werbung wurden Agenturen in die<br />

Entwicklung von Lösungen einbezogen. Ein erster Kreativvorschlag<br />

liegt von fünf Agenturen vor. Ein Konzept für eine bundesweite<br />

Werbekampagne wird erarbeitet und umgesetzt.<br />

48 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Februar Am 17. Februar 2004 berichtet der WDR in seinem Fernsehprogramm<br />

über die Entwicklung des mobilen Notrufs auf Handy-Basis. Anlass ist die<br />

Präsentation des »Mobile Care« Systems auf der »Altenpflege & Health-<br />

Care« Messe in Hannover. Das Fazit des Berichts lautet: Zusätzliche Entwicklungsschritte<br />

in Richtung auf eine Gesamtlösung im mobilen Notruf<br />

seien noch notwendig. Die EU erwarte aber bereits bis zum Ende des Jahres<br />

erste ausgereifte Lösungen.<br />

Mai<br />

September<br />

Auf der Landesgeschäftsführertagung am 19. und 20. Februar in Berlin<br />

wird die Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept <strong>Hausnotruf</strong>« beauftragt,<br />

auch den mobilen <strong>Hausnotruf</strong> zu untersuchen. Im Protokoll heißt es: „In<br />

der Diskussion wird deutlich, dass bei den bereits vorhandenen Systemen<br />

Probleme nicht hinreichend ausgeschlossen werden können. […] Grundsätzlich<br />

bestehen bei Mobilrufsystemen möglicherweise erhebliche Haftungs-<br />

und Imagerisiken.“<br />

Die Projektgruppe »Bundesmarketingkonzept <strong>Hausnotruf</strong>« bildet die<br />

Arbeitsgruppe Technik, um mögliche Mobilruflösungen zu bewerten. Die<br />

Arbeitsgruppe trifft sich zum ersten Mal vom 4. bis zum 5. Mai im Berliner<br />

Generalsekretariat, um einen Überblick der Marktsituation zu gewinnen.<br />

Sie kommt vorerst zu folgenden Ergebnissen:<br />

• Der bestehende <strong>Hausnotruf</strong> mit seinen stationären Geräten wird auch<br />

in Zukunft von wesentlicher Bedeutung sein.<br />

• Es wird zusätzlich nach mobilen Notruflösungen gesucht, bei denen<br />

unterschiedliche Geräte je nach Anforderung des Kunden zum Einsatz<br />

kommen. Dazu wird ein Feldversuch auf Bundesebene mit verschiedenen<br />

Geräten im Kreisverband Fallingbostel durchgeführt. Die Notrufzentrale<br />

des Kreisverbands dort besitzt eine Ortungssoftware.<br />

Weitere Arbeitstreffen der Gruppe finden im Juni und Dezember statt. Zwei<br />

Besuche beim Flugdienst des DRK in Bonn sowie beim »SOS-Call« in<br />

Stuttgart sollen Möglichkeiten und Grenzen der GPS-Ortung ausloten.<br />

Die DRK-<strong>Hausnotruf</strong>zentrale Rudolstadt in Thüringen begeht im September<br />

ihr zehnjähriges Jubiläum. Die lokale Presse berichtet. Mittlerweile<br />

sind 365 Teilnehmer aus sechs Kreisverbänden auf die Computeranlage in<br />

der Breitscheidstraße aufgeschaltet. Der jüngste Teilnehmer ist 26, der<br />

älteste 101 Jahre alt. 5.634 Alarmauslösungen werden in Rudolstadt bearbeitet.<br />

Zwei Jahre später, im Juni 2006, verzeichnet die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale<br />

Rudolstadt bereits 542 Teilnehmer aus 23 Kreisverbänden.<br />

49


Dezember Seit dem 1. Dezember ist der <strong>Hausnotruf</strong>dienst des Kreisverbands<br />

Dithmarschen auch für 1.300 Teilnehmer zuständig, die bisher von der<br />

DRK-Zentrale im Krankenhaus Hamburg-Rissen betreut worden sind.<br />

Damit versorgt die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale in Heide nun 6.300 <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer.<br />

„Nicht nur Kliniken, Banken und Energieversorger schließen sich<br />

zusammen oder kooperieren. Auch unser Wohlfahrtsverband sucht<br />

nach Wegen sinnvoller Kooperation“, kommentiert Hanne Führer vom<br />

Kreisverband Dithmarschen in der Dithmarscher Landeszeitung.<br />

2005<br />

Juni<br />

Am 13. April findet im Rahmen der Fachmesse »Altenpflege und Pro-<br />

Pflege« in Nürnberg eine Veranstaltung »25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>« statt. Der<br />

geistige »Vater des <strong>Hausnotruf</strong>s«, Wilhelm Hormann, ehemaliger Verwaltungsleiter<br />

des St. Willehad-Hospitals in Wilhelmshaven, berichtet über<br />

die Beweggründe und die Entstehung des <strong>Hausnotruf</strong>systems:<br />

„Der <strong>Hausnotruf</strong> ist kein Zufallsergebnis, sondern eine logische, fast<br />

selbstverständliche Konsequenz des von mir seit 1971 entwickelten<br />

Führungskonzepts 'Erst der Sinn, dann der Gewinn'. Sinn war es, und<br />

ist es heute noch: Transfer der alten christlichen Soziallehre in die<br />

Gegenwart, in Betriebe, Krankenhäuser und Heime zu bringen. Daneben<br />

Kenntnisse aus Technologie und Managementwissen der Wirtschaft,<br />

der Industrie, in diese Überlegungen einzubeziehen. […]<br />

Ich erkannte damals schnell, dass der <strong>Hausnotruf</strong> eine viel größere<br />

Dimension besaß und herkömmliche Strukturen verändern würde, und<br />

zwar nach dem Prinzip der dezentralisierten Kommunikation, bestimmte<br />

Informationen zu zentralisieren und Aktionen hingegen zu dezentralisieren,<br />

ein inzwischen allgemeines Delegationsprinzip in der Industrie.“<br />

Im Juni erscheint die erste Ausgabe des Seniorenmagazins »Gut<br />

leben«, in dessen Mittelpunkt der DRK-<strong>Hausnotruf</strong> steht. Herausgeber<br />

Ralph Hoffert von der Zentrale in Herten setzt bewusst auf die Vermittlung<br />

des <strong>Hausnotruf</strong>s und weiterer Serviceangebote des DRK über ein<br />

"Kundenmagazin", das ein positives Lebensgefühl im Alter vermittelt<br />

und eine neue und zeitgemäße Ansprache der primären Zielgruppe der<br />

Senioren, aber auch ihrer jüngeren Angehörigen ermöglicht. Die erste<br />

Ausgabe wird im Kreis Recklinghausen und den aufgeschalteten<br />

Kooperationspartnern in Witten, Gevelsberg, Castrop-Rauxel und<br />

Gelsenkirchen an die <strong>Hausnotruf</strong>nutzer und in Arztpraxen, Apotheken,<br />

Friseursalons und weiteren geeigneten Orten verteilt.<br />

Im DRK-Fachmagazin »Rotes Kreuz« erscheint im gleichen Monat der<br />

erste Bericht über das bundesweite Marketing für den DRK-<strong>Hausnotruf</strong><br />

(vgl. Hans-Christian Walter, »<strong>Hausnotruf</strong> macht den Anfang«, in: Rotes<br />

Kreuz 6/2005, S. 52-53).<br />

50 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Die erste und die aktuelle, dritte Ausgabe<br />

des DRK-<strong>Hausnotruf</strong>-Kundenmagazins<br />

»Gut leben«.<br />

In der dritten Ausgabe stand Tagesschau-<br />

Chefsprecher und DRK-Botschafter<br />

Jan Hofer für das Titelfoto und ein<br />

interessantes Gespräch rund um das<br />

Alter(n) zur Verfügung.<br />

November Das Internetportal www.drk.de/marketingprojekt.de geht im November<br />

online. Unter dem Slogan »Lange gut leben« starten die ersten<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Werbekampagnen im Rahmen des Bundesmarketingkonzepts,<br />

die auch die neue bundeseinheitliche Servicerufnummer<br />

0180 365 0180 bekannt machen. Zum Beispiel:<br />

• in Schleswig-Holstein: In einer Weihnachtsaktion »Kunden werben<br />

Kunden« werden 10.000 Plakate geklebt, 10.000 Exemplare<br />

der Zeitschrift »Gut leben« und 150.000 Flyer verteilt, zudem<br />

50.000 Streichholzpackungen, 12.500 Taschentuchpäckchen und<br />

10.000 Kugelschreiber. Zudem werden 3.500 Multiplikatoren wie<br />

Ärzte, Apotheker, aber auch Friseure angeschrieben. Auf den<br />

Autos der DRK-Mitarbeiter kleben 500 Aufkleber. 25 Werbespots<br />

gehen über die Radiosender. Die Kreisverbände verzeichnen im<br />

Laufe ihrer Kampagne einen Zuwachs an Neukunden von bis zu<br />

450 Prozent (in Flensburg).<br />

• in Thüringen: Im Zuge einer am 1. Dezember gestarteten Werbekampagne<br />

in Thüringen werden bis zum 31. März 2006 136 Neuanschlüsse<br />

im Landesverband realisiert.<br />

• im Landesverband Nordrhein: Auf der Jahrestagung am 10. Februar<br />

2006 nimmt der Landesverband eine Auswertung seiner im<br />

November gestarteten Pilotphase vor: In den Kreisverbänden<br />

Düsseldorf, Rheinberg und Mühlheim wurden Radiospots bei<br />

lokalen Sendern geschaltet. Parallel wurde in Printmedien geworben<br />

sowie Flyer und Plakate gestreut. Eine Messung der Wirkung<br />

im Einzelnen ist schwierig, eine Steigerung der Neuanmeldungen<br />

aber deutlich erkennbar, wobei die Kombination der Radiowerbung<br />

mit anderen Werbeträgern entscheidend scheint.<br />

51


Bundesweite Flyermotive 2005.<br />

Dezember Der DRK-<strong>Hausnotruf</strong> verzeichnet zum 31. Dezember<br />

bundesweit 98.300 <strong>Hausnotruf</strong>anschlüsse. Die<br />

Gesamtanzahl aller <strong>Hausnotruf</strong>anschlüsse in<br />

Deutschland wird auf 350.000 geschätzt.<br />

52 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


2006<br />

März<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Am 30. Januar berichtet das Wirtschaftsmagazin »Profile«<br />

des Bayerischen Fernsehens über <strong>Hausnotruf</strong>systeme.<br />

Vom 29. bis 31. März tagen die Arbeitsgruppen<br />

des »Bundesmarketingkonzepts<br />

<strong>Hausnotruf</strong>« im Berliner Generalsekretariat.<br />

Die einzelnen Kreis- und Landesverbände<br />

präsentieren erste Ergebnisse aus der<br />

Pilotphase des Bundesmarketingprojekts<br />

(vgl. auch das Interview »Auf Erfolgskurs«<br />

mit Hanne Führer, Leiterin der Abteilung<br />

Ambulante Dienste im Kreisverband Dithmarschen,<br />

und Michael Hendricks, <strong>Hausnotruf</strong>-Fachberater<br />

im Kreisverband<br />

Niederrhein, in: Rotes Kreuz 3/2006, S. 18-<br />

19). Die Teilnehmer diskutieren ferner die<br />

Einbettung des Bundesmarketingkonzepts<br />

in die »Strategie 2010plus« des DRK. Dazu<br />

Generalsekretär Clemens Graf von Waldburg-Zeil<br />

(in: »Rotes Kreuz« 3/2006, S. 24-<br />

27): „Um die Profilbildung erreichen zu<br />

können, brauchen wir ein wesentlich höheres<br />

Maß an Koordination unserer Arbeit.<br />

Das DRK muss als starker Verband insgesamt<br />

handlungsfähig sein.“<br />

Auf der Tagung werden die Ergebnisse<br />

einer vom Generalsekretariat in Auftrag<br />

gegebenen Marktstudie »Neue Konzepte<br />

für Notrufsysteme« vorgestellt. Der <strong>Hausnotruf</strong>-Markt<br />

bietet demnach aktuell 14<br />

klassische und 36 mobile Endgeräte.<br />

„Mobiler Notruf ist die Zukunft“, so das<br />

Fazit der Studie. Und: „Aufgrund der Technik<br />

ist 100prozentig zuverlässige Ortbarkeit<br />

noch nicht machbar.“<br />

Um die Entscheidungsvielfalt für Senioren<br />

zu wahren, wird das DRK den mobilen Serviceruf<br />

mit unterschiedlichen Endgeräten<br />

ohne direkte Ortung einführen. Dazu wird<br />

das DRK in den kommenden Monaten<br />

nochmals verschiedene Endgeräte testen,<br />

darunter ein spezielles Seniorenhandy.<br />

Damit ist das DRK der erste Wohlfahrtsverband,<br />

der ein Seniorenhandy testet.<br />

Weihnachtskampagne 2005<br />

des DRK-Stadtverbands<br />

Herten mit einem variierten<br />

Motiv des Bundesmarketingprojekts<br />

<strong>Hausnotruf</strong><br />

53


Mai<br />

Juli Ein Beispiel für die Altersstruktur und<br />

Anschlussdauer von DRK-<strong>Hausnotruf</strong>teilnehmern:<br />

Im Kreisverband Böblingen<br />

sind im Juli 849 Teilnehmer an den <strong>Hausnotruf</strong><br />

angeschlossen (gegenüber 107<br />

Teilnehmern im Jahr 1988). Neun Teilnehmer<br />

sind älter als 100 Jahre, 144 Teilnehmer<br />

älter als 90 Jahre. Zusammen sind<br />

das 18,1 Prozent aller Teilnehmer. 442<br />

Teilnehmer bzw. 52,1 Prozent sind zwischen<br />

80 und 89 Jahren alt. 70 bis 79<br />

Jahre sind 188 Teilnehmer bzw. 22,2 Prozent<br />

und nur 65 Teilnehmer bzw. 7,7 Prozent<br />

sind jünger als 70 Jahre.<br />

Länger als zehn Jahre an den <strong>Hausnotruf</strong><br />

angeschlossen sind 24 Teilnehmer bzw.<br />

2,8 Prozent, fünf bis zehn Jahre 143 Teilnehmer<br />

bzw. 16,8 Prozent. Der kontinuierlich<br />

wachsende Zugang an<br />

Teilnehmern in den letzten Jahren spiegelt<br />

sich auch in der Anschlussdauer<br />

wider, die nicht allein durch vorzeitiges<br />

Ausscheiden erklärt werden kann (durchschnittliche<br />

Anschlussdauer 36,5<br />

Monate): bis fünf Jahre 9,3 Prozent, bis<br />

vier Jahre 11,4 Prozent, bis drei Jahre<br />

14,4 Prozent, bis zwei Jahre 17,7 Prozent,<br />

bis ein Jahr 27,6 Prozent.<br />

Die Arbeitsgruppe »Technik« des »Bundesmarketingkonzepts<br />

<strong>Hausnotruf</strong>« tagt am 14. Mai nochmals<br />

im Berliner Generalsekretariat. Die Testphase<br />

des mobilen DRK-Servicerufes wird durch eine<br />

qualitative Untersuchung begleitet, deren Konzeption<br />

vorgestellt und diskutiert wird.<br />

Flyer des DRK-Bundesmarketingprojekts<br />

<strong>Hausnotruf</strong> für Urlaubskampagnen 2006<br />

54 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


Am 5. Juli verabschiedet die Bundesregierung den bereits im August 2005<br />

vorgelegten »Fünften Altenbericht: Potenziale des Alters in Wirtschaft und<br />

Gesellschaft«. Im Kapitel „Chancen der Seniorenwirtschaft“ wird dem<br />

<strong>Hausnotruf</strong> zukunftsfähiges Entwicklungspotenzial bescheinigt: „Die<br />

Haus-Notruf-Systeme werden erweitert und verwandeln sich zu einem<br />

Serviceruf, der auch zur Kontaktvermittlung und zur Vermittlung von<br />

Dienstleistungen genutzt werden kann.“ Die neuen Altersgenerationen<br />

seien zunehmend offen dafür, ihre selbständige Lebensführung durch die<br />

Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zu<br />

unterstützen. Dabei kann bei den über 50-jährigen Deutschen zurzeit zwischen<br />

vier Nutzertypen unterschieden werden: „erfahrene Vorreiter“ (35<br />

Prozent), „gedanklich Offene“ (32 Prozent) „ältere Neueinsteiger“ (14 Prozent)<br />

und die „Verweigerer“ (19 Prozent).<br />

Der Bericht sieht Chancen vor allem für Handylösungen. 43 Prozent in der<br />

Altersklasse 60-69 Jahre und 24 Prozent in der Altersklasse 70-79 Jahre<br />

verwendeten 2002 ein Handy. Dazu die Sachverständigenkommission:<br />

„Mit einem den Bedürfnissen der Älteren entsprechenden Geräteangebot<br />

und einem Zusatzangebot an Information und Beratung für die neue Zielgruppe<br />

können in diesem Bereich noch unausgeschöpfte Potenziale aktiviert<br />

werden.“<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

55


August<br />

September<br />

Die Arbeitsgruppen des »Bundesmarketingkonzepts<br />

<strong>Hausnotruf</strong>« treffen sich erneut am 3. August, um<br />

Einzelheiten zur Einführung des mobilen DRK-Servicerufes<br />

abzustimmen.<br />

Unter dem Titel »Perspektiven im Alter. <strong>Hausnotruf</strong><br />

und vernetzte Angebote für Senioren« lädt das<br />

DRK-Generalsekretariat am 28. und 29. September<br />

zum zweitägigen Bundeskongress nach Berlin ein.<br />

Der Kongress steht unter der Schirmherrschaft von<br />

DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters und findet im<br />

Berliner Hotel »Maritim proArte« statt. Auf der Rednerliste<br />

stehen prominente Namen wie der von Prof.<br />

Dr. Ursula Lehr und Prof. Dr. Rita Süssmuth.<br />

Im Rahmen des öffentlichen Festakts begrüßt Frau<br />

Dr. med. Bergmann-Pohl vom Landesverband<br />

Berlin offiziell den 100.000sten DRK-<strong>Hausnotruf</strong>kunden.<br />

56 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

57


Das erste <strong>Hausnotruf</strong>gerät: die HTS831<br />

Die technische Entwicklung<br />

des <strong>Hausnotruf</strong>systems ging von Bosch aus<br />

Die Geburtsstunde des<br />

<strong>Hausnotruf</strong>s<br />

Wilhelm Hormann, damaliger Verwaltungsdirektor<br />

des St. Willehad Hospitals in Wilhelmshaven, hatte<br />

bereits 1973 die Idee eines Notrufsystems, welches<br />

für Patienten einfach zu handhaben war und gleichzeitig<br />

schnellstmögliche Hilfe garantierte. Sein Ziel<br />

war es, Patienten früh aus dem Hospital nach Hause<br />

entlassen zu können, ohne dass diese im Bedarfsfall<br />

auf medizinische Hilfe verzichten mussten. Es sollte<br />

ein Gerät entstehen, das einfach zu bedienen ist und<br />

durch Knopfdruck eine Sprechverbindung zu einer<br />

rund um die Uhr besetzten Zentrale herstellt. Und da<br />

ein Krankenhaus immer mit medizinisch ausgebildetem<br />

Personal besetzt ist, sollte auch die Notrufzentrale<br />

in diesem installiert werden. Mit seiner Idee des<br />

<strong>Hausnotruf</strong>s trat Wilhelm Hormann an die damalige<br />

AEG-Telefunken AG (heute: Bosch Sicherheitssysteme)<br />

aus Backnang heran. Die Entwicklung des ersten<br />

<strong>Hausnotruf</strong>gerätes erfolgte im Rahmen eines<br />

Forschungsauftrages durch das Bundesministerium<br />

für Forschung und Technologie im März 1979.<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Erste Prototypen eines<br />

<strong>Hausnotruf</strong>gerätes 1980 vorgestellt<br />

Im Rahmen des Symposiums über die „Probleme<br />

bei der Betreuung älterer, alleinlebender und<br />

behinderter Menschen“ am 26./27. Februar 1980<br />

in Wilhelmshaven konnten bereits die ersten Prototypen<br />

einer <strong>Hausnotruf</strong>-Zentrale und sowie der<br />

<strong>Hausnotruf</strong>-Teilnehmerstation vorgestellt werden.<br />

Ostermann, Leiter der Entwicklungsabteilung von<br />

AEG-Telefunken in Backnang, erläuterte die Funktion<br />

des <strong>Hausnotruf</strong>systems „St. Willehad“ folgendermaßen:<br />

„Das Ziel des Haus-Notruf-Systems ist es, das<br />

Gefühl der Sicherheit eines möglicherweise hilfebedürftigen<br />

Menschen im gewohnten häuslichen<br />

Bereich zu stärken, ohne ihn dauernd personell zu<br />

begleiten oder ihn durch technische Einrichtungen<br />

unter Beobachtung zu stellen. Er soll vielmehr auch<br />

in der durch Krankheit oder Gebrechen veränderten<br />

Lebenssituation frei und unbeobachtet leben<br />

können".<br />

59


Das erste offizielle Pressebild vom <strong>Hausnotruf</strong> –<br />

AEG vermarktet die HTS831<br />

Im Falle einer unerwartet auftretenden Notsituation<br />

soll dem <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmer aber ein Gerät zur<br />

Verfügung stehen, mit dessen Hilfe er entweder<br />

durch eigene Handlung oder, falls er nicht mehr in<br />

der Lage sein sollte, auch automatisch einen Notruf<br />

aussenden kann, der zur Hilfeleistung führt und ihm<br />

Unterstützung gibt. Dieses Gerät sollte nun<br />

- bei einfacher Bedienung<br />

- an jedem Ort des häuslichen Bereiches<br />

- zu jeder Tages- und Nachtzeit<br />

- mit hoher Zuverlässigkeit<br />

- und aus jeder Position<br />

den Notruf aussenden können.<br />

Sogar im Falle plötzlicher Bewusstlosigkeit kann<br />

durch Aktivitätskontrollen, die sich in vorgegebenen<br />

Zeitabständen durchführen lassen, automatisch ein<br />

Notruf ausgesendet werden. Der Notruf geht direkt<br />

an die Notrufzentrale. An diese Zentrale werden<br />

hohe Anforderungen gestellt:<br />

- unbedingte Erreichbarkeit (24 Stunden)<br />

- lückenlose und automatische Protokollierung aller<br />

Notrufe und der daraufhin veranlassten<br />

Maßnahmen sowie<br />

- schnelle und umfassende Informationsbereitstellung<br />

über<br />

- Identität des Hilfesuchenden<br />

- Lebens- bzw. Krankheitssituation<br />

- Maßnahmen- und Verhaltenskatalog für das<br />

Personal der Notrufzentrale“<br />

Die damals vorgestellten Prototypen der Teilnehmerstationen<br />

HTS831 und die AEG-Zentrale waren in der<br />

Lage, die vielfältigen Anforderungen zu erfüllen. Mit<br />

dem bereits integrierten modularen Aufbau der<br />

Geräte konnte man auch auf unterschiedliche Situationen<br />

in den Wohnungen vor Ort reagieren. Sogar<br />

für die Übertragung medizinischer Messwerte, der<br />

heutigen Telemedizin, wurden bereits damals die<br />

Grundlagen gelegt.<br />

1983 wurde das <strong>Hausnotruf</strong>system mit dem „Innovationspreis<br />

der deutschen Wirtschaft ´82“ ausgezeichnet.<br />

Dieser Preis wird seit 1980 ausgeschrieben und<br />

ist damit weltweit die älteste Auszeichnung dieser<br />

Art. Schirmherr ist der Bundesminister für Wirtschaft<br />

und Technologie.<br />

60 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>


Modernste Technik von heute – die aktuelle<br />

Teilnehmerstation von Bosch: die HTS3100.<br />

Der <strong>Hausnotruf</strong> hat sich inzwischen zum Haus-ServiceRuf<br />

entwickelt. Er wird hauptsächlich von älteren<br />

und hilfsbedürftigen Menschen genutzt, die den<br />

Wunsch haben, möglichst lange selbstständig in den<br />

eigenen vier Wänden zu leben. Die Bedienung der<br />

Teilnehmerstation ist ganz einfach. Die beleuchteten<br />

Tasten haben gut fühlbare Symbole, die es auch sehbehinderten<br />

Menschen erleichtern, die richtige Taste<br />

zu finden. Mit einem kleinen Funksender kann direkt<br />

der Kontakt zur <strong>Hausnotruf</strong>zentrale hergestellt werden.<br />

Der Funksender kann um den Hals, an der Kleidung<br />

oder am Handgelenk getragen werden. In der<br />

<strong>Hausnotruf</strong>zentrale werden alle erforderlichen Daten<br />

des <strong>Hausnotruf</strong>teilnehmers angezeigt (Adresse,<br />

Angehörige, evtl. Medikamente, Art der Behinderung,<br />

uvm.) und eine Sprechverbindung aufgebaut. In der<br />

<strong>Hausnotruf</strong>zentrale wird umgehend entschieden, welche<br />

Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Handelt<br />

es sich um einen medizinischen Notfall, wird umgehend<br />

der Rettungsdienst informiert. In anderen Fällen<br />

erfolgt die Hilfeleistung durch den DRK-Bereitschaftsdienst<br />

oder durch Angehörige oder Nachbarn.<br />

Eine Schlüsselhinterlegung beim DRK-Bereitschaftsdienst<br />

ist möglich. Die Zentrale hält die Sprechverbindung<br />

so lange aufrecht, bis Hilfe eingetroffen ist.<br />

25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong><br />

Eine wichtige Ergänzung zum<br />

<strong>Hausnotruf</strong>system bilden Funkmelder<br />

Ein Funk-Rauchmelder erkennt frühzeitig den bei<br />

einem Brand entstehenden Rauch. Die Bewohner<br />

werden durch einen lauten Signalton gewarnt und<br />

gleichzeitig sendet die Teilnehmerstation einen<br />

Alarm an die <strong>Hausnotruf</strong>zentrale. Auf Sicherheit<br />

muss auch im Badezimmer nicht verzichtet werden.<br />

Mit einer fest an der Wand installierten Funkfliese<br />

kann ganz einfach Alarm ausgelöst werden. Der<br />

Funk-Bewegungsmelder kann auch als Einbruchmeldeanlage<br />

genutzt werden. Zum Schutz von<br />

dementen Personen kann der Funk-Kontaktmelder<br />

verwendet werden.<br />

Der <strong>Hausnotruf</strong> wird häufig zu einem Serviceruf<br />

erweitert. So können über das <strong>Hausnotruf</strong>gerät<br />

zum Beispiel Fahrdienste, Menüservice oder Pflegedienste<br />

bei der <strong>Hausnotruf</strong>zentrale angefordert<br />

werden.<br />

61


Haus-ServiceRuf von Bosch im Wandel der Zeit<br />

Frost & Sullivan vergibt „Competitive Strategy<br />

Leadership Award 2006“ – Bosch für<br />

Haus-ServiceRuf-Systeme ausgezeichnet<br />

Bosch Sicherheitssysteme GmbH hat für seine<br />

Leistungen im europäischen Markt für <strong>Hausnotruf</strong>systeme<br />

von der Unternehmensberatung Frost &<br />

Sullivan den „Competitive Strategy Leadership<br />

Award 2006“ erhalten. Damit wurde Bosch für die<br />

Umsetzung seiner innovativen Strategie in der<br />

bestehenden Wettbewerbslandschaft ausgezeichnet.<br />

Für die Bewertung hat Frost & Sullivan Marktfaktoren<br />

anhand festgelegter Kriterien wie<br />

Marktwachstum, Korrelation zwischen Umsatz und<br />

Investition oder Durchdringung neuer Märkte analysiert<br />

und quantifiziert sowie Haus-ServiceRuf-<br />

Experten und -Benutzer befragt. Bosch entwickelt<br />

seit Anfang der 80er Jahre Haus-ServiceRuf-Teilnehmerstationen<br />

und Leitstellen-Managementsysteme.<br />

Insbesondere älteren und behinderten<br />

Menschen wird damit ein weitestgehend selbstständiges<br />

Leben im eigenen Heim ermöglicht mit<br />

der Sicherheit, immer Kontakt zu einer Hilfe leistenden<br />

Stelle zu haben. Anfang 2003 übernahm Bosch<br />

die Estafette Holding B.V., ein Haus-ServiceRuf-<br />

Unternehmen mit eigenen Vertriebsgesellschaften<br />

in den Benelux-Ländern und Deutschland.<br />

Seit 2004 dehnt Bosch seine Präsenz auf weitere<br />

europäische Länder aus, um die Märkte noch besser<br />

zu erschließen und den Bedürfnissen der<br />

zunehmenden Zahl älterer Menschen in Europa<br />

Rechnung zu tragen.<br />

Seit 1980 nutzen eine Million Teilnehmer den <strong>Hausnotruf</strong>.<br />

Zu dieser Entwicklung hat Bosch wesentlich<br />

beigetragen.<br />

Bosch Sicherheitssysteme GmbH bekommt den<br />

„Competitive Strategy Leadership Award 2006“ von<br />

Frost & Sullivan.<br />

62 25 Jahre <strong>Hausnotruf</strong>

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