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ankündigungen Indirekte Suizid - Dr. Steinweg

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Medizinische Probleme des Mannes<br />

aus psychiatrischer,<br />

psychotherapeutischer und<br />

neurologischer Sicht<br />

Autor<br />

<strong>Dr</strong>. Dipl.-Psych. Norbert Weißig, Rheinische Kliniken Düren<br />

Vortrag 6.0 390


1. Die generelle Bedeutung psychischer Probleme für das<br />

Gesundheitssystem<br />

2. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Hinblick auf Mortalität und<br />

Morbidität<br />

3. Identität und Rolle als Prädiktor des Gesundheitsverhaltens<br />

4. Wesentliche psychiatrische Erkrankungen des Mannes<br />

4.1. Depression und <strong>Suizid</strong>alität<br />

4.2. Angststörungen<br />

4.3. Schizophrenie<br />

4.4. Alkoholismus<br />

4.4. Narzisstische Persönlichkeitsstörungen<br />

4.5. Störung des sexuellen Erlebens und Verhaltens<br />

5. Neurologische Erkrankungen des Mannes<br />

5.1. Demenz<br />

5.2. Schlaganfall<br />

6. Überlegungen zur Prävention<br />

Vortrag 6.0 391


Weltweit führende Ursachen (%) der durch Behinderung beeinträchtigter<br />

Lebensjahre bezogen auf die gesamte Lebensspanne<br />

Vortrag 6.0 years of live lived with disability, World Health Report 2001<br />

392


DSM-IV Diagnosen<br />

Psychotische<br />

<strong>Dr</strong>ogen<br />

Alkohol<br />

Zwangsstörung<br />

Essstörungen<br />

Bipolare<br />

Dysthymie<br />

Depression<br />

Phobien<br />

GAE<br />

Panikstörungen<br />

Somatoforme<br />

0,3<br />

0,6<br />

0,7<br />

1,3<br />

2,3<br />

12-Monatsprävalenz nach Diagnose<br />

2,6<br />

2,5<br />

3,7<br />

4,5<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

Vortrag 6.0 393<br />

8,2<br />

Substanzstörungen 2,11<br />

Affektive Störungen 5,82<br />

11<br />

12,6<br />

Prävalenz (%)<br />

In Mill. der<br />

Bevölkerung<br />

Angststörungen 6,91


100.000<br />

90.000<br />

80.000<br />

70.000<br />

60.000<br />

50.000<br />

40.000<br />

30.000<br />

20.000<br />

10.000<br />

0<br />

Frühberentungen bei Männern und Frauen nach ausgewählten<br />

Diagnosehauptgruppen<br />

Psychische<br />

Erkrankungen:<br />

Skelett/Muskeln/Bindegewebe<br />

Psychische Erkrankungen<br />

Neubildungen<br />

Stoffwechsel/Verdauung<br />

inzwischen häufigster<br />

Grund Frühberentung!!<br />

Herz-/Kreislauferkrankungen<br />

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Vortrag 6.0 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (www.vdr.de)<br />

394


Gibt es Unterschiede zwischen Männern und<br />

Frauen?<br />

Männer sterben früher als Frauen (abhängig vom<br />

Zeitpunkt der Untersuchung zwischen sechs bis<br />

sieben Jahren).<br />

Insbesondere an:<br />

� Krebs<br />

� Herzinfarkt<br />

� Erkrankungen des Kreislaufsystems<br />

� Unfälle<br />

� <strong>Suizid</strong>e<br />

Vortrag 6.0 395


Frauen zeigen eher Emotionen im Hinblick auf den<br />

Ausdruck von<br />

� Angst<br />

� Traurigkeit, Niedergeschlagenheit<br />

� Scham, Schuld<br />

� Freude, Glück<br />

� Geselligkeit<br />

� Vertrauen, Zartgefühl<br />

Vortrag 6.0 396


Männer zeigen mehr Affekte im Hinblick auf<br />

� Aggressivität, Ärger<br />

� demonstrieren ein höheres Selbstwertgefühl<br />

Vortrag 6.0 397


Männer zeigen ein höheres Suchtverhalten im<br />

Hinblick auf:<br />

� Alkohol<br />

� <strong>Dr</strong>ogen<br />

� Rauchen<br />

Frauen sind stärker medikamentenabhängig.<br />

Vortrag 6.0 398


Bei Persönlichkeitsstörungen zeigen Männer<br />

folgende Akzentuierung:<br />

� dissoziale Persönlichkeit<br />

� impulsive Persönlichkeit<br />

� paranoide Persönlichkeit<br />

� schizoide Persönlichkeit<br />

Vortrag 6.0 399


Frauen zeigen eher eine Persönlichkeitsakzentuierung<br />

im Hinblick auf:<br />

� abhängige Persönlichkeit<br />

� ängstlich-vermeidende Persönlichkeit<br />

� zwanghafte Persönlichkeit<br />

� histrionische Persönlichkeit<br />

� emotional-instabile Persönlichkeit (BPS)<br />

Vortrag 6.0 400


Frauen klagen häufiger über körperliche, psychische<br />

und psychosomatische Beschwerden.<br />

Männer gehen dementsprechend weniger zum Arzt<br />

und nehmen weniger Vorsorgeuntersuchungen wahr.<br />

Vortrag 6.0 401


Traditionelle Männlichkeit besteht aus Leistung,<br />

Härte, Distanz, Konkurrenz, Kampf und kontrollierter<br />

Emotionen.<br />

James ONeill, der in den USA hunderte von Untersuchungen<br />

über den männlichen Sozialisationsprozess<br />

zusammengefasst hat, kommt zu dem<br />

Ergebnis, dass Buben sozialisiert werden, um primär<br />

wettbewerbsbetont, leistungsorientiert und sachkompetent<br />

zu sein.<br />

Dementsprechend glauben erwachsene Männer im<br />

Gegensatz zu Frauen, dass persönliches Glück und<br />

Sicherheit exklusiv von harter Arbeit, Erfolg und<br />

Leistung abhängig sind.<br />

Vortrag 6.0 402


Männliche Identität und Gesundheit<br />

Ein Grundzug männliche Identität besteht darin, Stärke zu demonstrieren.<br />

Dieses Merkmal steht in enger Beziehung zur Risikobereitschaft<br />

von Männern und zu ihrer Tendenz, keine Schwäche und Angst zu<br />

zeigen.<br />

Ausdruck dieser „Stärke“:<br />

� Rauchen und Konsum von Alkohol<br />

� Demonstration von körperlicher Kraft (Muskeln) und Fitness<br />

� In symbolischer Form wird Stärke in männlichem Imponiergehabe<br />

gezeigt, etwa im Autoverkehr, bei Risiko-Sportarten,<br />

bei Mutproben.<br />

Vortrag 6.0 403


Die andere Seite dieser Demonstration von Stärke ist es, keine<br />

Schwächen zu zeigen. Es äußert sich im gesundheitlichen Bereich<br />

darin, Schmerz und Beschwerden oder Krankheiten zu ignorieren,<br />

auszuhalten, zu bagatellisieren und abzuwehren.<br />

Weiterhin in der Tendenz, psychische Belastungen und soziale<br />

Probleme mit <strong>Dr</strong>ogen „zuzudecken“ und in der fehlenden<br />

Bereitschaft, bei gesundheitlichen Beschwerden Hilfe zu suchen.<br />

Vortrag 6.0 404


Für die Identität von Männern hat die „berufliche Arbeit und<br />

Leistung“ sowie der Erfolg im Beruf in der Regel eine sehr große<br />

Bedeutung.<br />

Damit verbunden ist der Erwerb von sozialem Status, der<br />

wesentlich über das Einkommen, das Prestige des Berufs und den<br />

Besitz erworben wird.<br />

Diese Leistungsfähigkeit kann über Statussymbole (Besitz) und<br />

Macht (über andere) öffentlich demonstriert werden.<br />

Diese attraktiven Ziele motivieren Männer oft über lange<br />

Lebensphasen zu einem hohen Arbeitseinsatz, der große<br />

körperliche und psychische Belastungen mit sich bringen kann.<br />

Eng verbunden mit beruflichem Erfolg und Leistung ist der Aspekt<br />

der Konkurrenz mit anderen. Die Konkurrenzorientierung ist<br />

Bestandteil einer traditionellen Maskulinität.<br />

Vortrag 6.0 405


Der „Körper“ hat für die männliche Identität eine<br />

zentrale Bedeutung.<br />

Es gilt, den Körper zu trainieren, um Kraft, Stärke<br />

und körperliche Fitness zu erreichen und damit<br />

Leistungsfähigkeit zu demonstrieren.<br />

Ein starker Körper signalisiert aus sexuelle Potenz.<br />

Vortrag 6.0 406


Für viele Männer hat die „Familie und Partnerbeziehung“ eine<br />

zentrale Bedeutung in ihren Lebensentwürfen, damit auch für ihre<br />

Identität.<br />

Familie und Partnerschaft dienen für Männer als Reservoir für<br />

exklusive soziale Unterstützungsleistungen. Sie bilden damit die<br />

Basis für ihren beruflichen Erfolg und die erfolgreiche<br />

Bewältigung der damit verbundenen Belastungen. Die Unterstützungsleistungen<br />

von Frauen bilden für die Männer eine<br />

gesundheitliche Ressource, jedoch nur solange, wie die<br />

Beziehung stabil bleibt. Die Defizite von Männern im emotionalen<br />

Bereich, in Expressivität und Empathie und in der Beziehungsfähigkeit<br />

gefährden jedoch langfristig genau jene<br />

Beziehungen, von denen sie gesundheitliche Vorteile haben.<br />

Vortrag 6.0 407


Gefahren für die Selbstwertregulation treten auf bei<br />

� Scheitern der Partnerschaften und Beziehungen durch<br />

Trennungen, Scheidungen usw.<br />

� Scheitern im Beruf, wie Arbeitslosigkeit, ein ausbleibender<br />

beruflicher Aufstieg, eine gescheiterte Selbständigkeit.<br />

� Das Altern wird oft als Verlust der Jugendlichkeit erlebt und<br />

bedeutet für Männer Einschränkungen in der eigenen<br />

Leistungsfähigkeit, körperlichen Stärke sowie der berufliche<br />

und sozialen Anerkennung.<br />

Jede dieser Verlust-Erfahrungen muss bewältigt werden und<br />

bedeutet in der Regel auch die Arbeit an der eigenen Identität, um<br />

negative psychische und gesundheitliche Folgen zu vermeiden.<br />

Für ein solches Krisenmanagement fehlen Männern jedoch oftmals<br />

die Kapazitäten im emotionalen Bereich.<br />

Vortrag 6.0 408


Depressionen<br />

Die klassischen Symptome einer Depression sind<br />

geprägt durch eine starke Ausprägung von Affekten<br />

(Freudlosigkeit, Trauer, Schuld, Wertlosigkeit) sowie<br />

Klagen über somatische Symptome (psychomotorische<br />

Hemmung, Appetitverlust, Morgentief,<br />

Schlafstörungen) sowie ein vermindertes Selbstwertgefühl<br />

und Selbstvertrauen.<br />

Vortrag 6.0 409


Depression – eine Frauenkrankheit?<br />

Frauen erkranken ungefähr 2½ mal häufiger an<br />

depressiven Episoden als Männer.<br />

Dabei stellt sich die Frage, ob dieses Risiko<br />

biologisch bedingt ist oder ob Frauen aufgrund<br />

ihrer Stellung in der Gesellschaft eher dazu neigen,<br />

depressiv zu werden, oder ob die Diagnostik von<br />

männlicher Depressivität grundsätzlich einer<br />

anderen Symptomatologie bedarf.<br />

Vortrag 6.0 410


<strong>Suizid</strong> – Männersache?<br />

Laut dem Landesgesundheitsbericht Nordhrein-<br />

Westfalen (2000) sind in Nordrhein-Westfalen 1.264<br />

Männer und 445 Frauen durch <strong>Suizid</strong>e verstorben.<br />

Diese Zahlen entsprechen einem weltweiten Trend.<br />

Nach dem Jahrbuch der Gesundheitsstatistik von<br />

Austria sind 2002 in Österreich 1.189 Männer und<br />

362 Frauen durch Selbstmord verstorben.<br />

Vortrag 6.0 411


Depressionen sind die überwiegende Ursache von<br />

<strong>Suizid</strong>en.<br />

Männer zeigen andere Symptome bei Depressionen<br />

als Frauen. Depressive Männer können unverhofft<br />

gereizt sein oder unsinnige Risiken eingehen. Statt<br />

den Arzt aufzusuchen, kommen sie gemäß einer<br />

schwedischen Untersuchung häufiger mit der<br />

Polizei, den Sozialbehörden oder Einrichtungen für<br />

Alkoholiker in Kontakt.<br />

Vortrag 6.0 412


Besondere Charakteristika der Depression<br />

(Frustration) beim Mann<br />

� Reizbarkeit und Verstimmung<br />

� Niedrige Impulskontrolle (schnelles Aufbrausen)<br />

� Wutanfälle, unbändiger Ärger<br />

� Neigung zu Selbstvorwürfen und nachtragendem Verhalten<br />

� Geringe Stresstoleranz<br />

� Hohe Risikobereitschaft<br />

� Sozial unangepasstes Verhalten<br />

� Höhere Bereitschaft, eine Straftat zu begehen<br />

� Höherer Gebrauch von Suchtmitteln (Alkohol und Nikotin)<br />

� Generelle Unzufriedenheit mit sich selbst und anderen<br />

� Erhöhtes Selbstmordrisiko<br />

Vortrag 6.0 413


Risikofaktoren für depressive Störungen<br />

� Lebensalter<br />

� Sozioökonomische Faktoren<br />

� Kritische Lebensereignisse und psychosoziale<br />

Belastungen<br />

� Einsamkeit<br />

� Chronische Erkrankungen<br />

� Substanzmissbrauch<br />

� Familiäre Belastungen<br />

Vortrag 6.0 414


Beim alternden Mann besteht ein erhöhtes<br />

Depressionsrisiko, vor allem, wenn psychosoziale<br />

und ökonomische Belastungen, berufliche Einbußen,<br />

Trennung oder Verwitwung zusammenkommen.<br />

Einsamkeit und Sucht steigern das <strong>Suizid</strong>risiko erheblich.<br />

Vortrag 6.0 415


Im Umgang mit <strong>Suizid</strong>gefährdeten sind aufmerksames<br />

Zuhören, Akzeptieren des Verhaltens, die<br />

Entlastung von Schuldgefühlen sowie das Vermeiden<br />

von autoritären Ratschlägen wirksame<br />

Methoden in der Gesprächsführung.<br />

Vortrag 6.0 416


Fragen zur Abschätzung der <strong>Suizid</strong>alität<br />

1. Haben Sie in letzter Zeit daran denken müssen, sich das Leben<br />

zu nehmen?<br />

2. Häufig?<br />

3. Haben Sie auch daran denken müssen, ohne es zu wollen?<br />

4. Haben sich Selbstmordgedanken aufgedrängt?<br />

5. Konnten Sie diese Gedanken bei Seite schieben?<br />

6. Haben Sie konkrete Ideen, wie Sie es tun würden?<br />

7. Haben Sie Vorbereitungen getroffen.?<br />

8. Umgekehrt: Gibt es irgendetwas, was Sie am Leben hält?<br />

9. Haben Sie schon zu jemandem über Ihre Selbstmordabsichten<br />

gesprochen?<br />

10. Haben Sie jemals einen Selbstmordversucht unternommen?<br />

11. Hat sich in Ihrer Familien oder Ihrem Freundes- und<br />

Bekanntenkreis schon jemand das Leben genommen?<br />

Vortrag 6.0 417


Stadien suizidaler Entwicklung<br />

Erwägung Ambivalenz Entschluss<br />

Psychodynamische<br />

Faktoren<br />

Aggressionshemmung<br />

Soziale Isolierung<br />

Suggestive<br />

Momente<br />

<strong>Suizid</strong>e in der<br />

Familie und Umgebung<br />

Pressemeldungen<br />

Literatur u. Film<br />

uws.<br />

Direkte <strong>Suizid</strong><strong>ankündigungen</strong><br />

Hilferuf als<br />

Ventilfunktion<br />

Kontaktsuche<br />

<strong>Suizid</strong>handlungen<br />

<strong>Indirekte</strong><br />

<strong>Suizid</strong><strong>ankündigungen</strong><br />

Vorbereitungshandlungen<br />

„Ruhe vor dem<br />

Sturm“<br />

Vortrag 6.0 418


Das präsuizidale Syndrom<br />

Zunehmende<br />

Einengung<br />

• situativ<br />

• affektiv<br />

• zwischenmenschliche<br />

Beziehungen<br />

• Werte<br />

Aggressionshemmung<br />

• Aggressionsstau<br />

• Autoaggression<br />

Todesphantasien<br />

• Selbstmordphantasien<br />

Vortrag 6.0 419


Behandlung der Depressionen<br />

Therapieplanung<br />

1. medikamentöse Therapie<br />

� Therapie mit Antidepressiva<br />

� Auswahl des Antidepressivums nach Nebenwirkungen<br />

bzw. unerwünschten Wirkungen<br />

2. Psychotherapeutische Behandlung<br />

� Psychotherapeutische Basisbehandlung durch den<br />

Hausarzt<br />

� Fachpsychotherapeutische Behandlung<br />

3. Phasenprophylaxe<br />

Vortrag 6.0 420


Die fünf ärztlichen Fehler bei Depression<br />

1. Mehr als zwei <strong>Dr</strong>ittel der Ärzte entscheiden sich bei leichten<br />

bis mittelschweren Depressionen dafür, erst einmal gar nichts<br />

zu tun, sondern abzuwarten.<br />

2. Verschreibt ein Arzt Antidepressiva, dann oft in zu niedriger<br />

Dosis.<br />

3. Beruhigungsmittel werden öfter verschrieben als nötig.<br />

4. Seltener, als die internationalen Leitlinien es empfehlen,<br />

schicken Hausärzte ihre Patienten zum Facharzt oder<br />

Psychotherapeuten.<br />

5. Oft wird nicht patientengerecht beraten - also nicht eine Behandlung<br />

gewählt, von der der Kranke überzeugt ist. So<br />

besteht die Gefahr, dass er sie vorzeitig abbricht.<br />

Vortrag 6.0 421


Angststörungen<br />

Angststörungen gehören mit einer Lebenszeitprävalenz<br />

von 15 % zu den häufigsten psychischen Störungen in der<br />

Allgemeinbevölkerung.<br />

� Sie werden häufig nicht oder erst spät diagnostiziert und sehr<br />

selten spezifisch und adäquat behandelt.<br />

� Unbehandelt zeigen Angststörungen zumeist einen chronischen<br />

Verlauf. Ein Spontanremission von Ängsten im Erwachsenenalter<br />

ist selten.<br />

� Der Anteil von Frauen zu Männern beträgt mindestens 2:1.<br />

� Das Auftreten primärer Angststörungen nach dem 45. Lebensjahr<br />

ist selten.<br />

� Das Erkrankungsrisiko ist für geschiedene, getrennt lebende<br />

und verwitwete Personen erhöht.<br />

Vortrag 6.0 422


Risiken einer Chronifizierung<br />

• Überbeanspruchung<br />

� des medizinischen Versorgungssystems:<br />

Risiken einer exzessiven Diagnostik<br />

Risiken einer Fehldiagnose oder Fehlbehandlung<br />

� des psychosozialen Versorgungssystems:<br />

Arbeitsaufallzeiten<br />

vorzeitige Berentung<br />

• Entstehung von sekundärem Alkohol- und Benzodiazepinmissbrauch<br />

oder -abhängigkeit<br />

• Entwicklung eine sekundären Depression<br />

• Einbußen der persönlichen und beruflichen Lebensqualität<br />

• Einbußen des Selbstwerterlebens<br />

Vortrag 6.0 423


Diagnostik<br />

Diagnostisches Vorgehen<br />

• Ausschluss einer körperlichen Grunderkrankung<br />

• Ausschluss einer psychiatrischen Grunderkrankung<br />

• Differentialdiagnostik der Angststörung / Komorbidität<br />

• Verhaltensanalyse der Symptomatik, ihrer auslösenden<br />

Bedingungen und Konsequenzen<br />

Merke<br />

• Grundsätzlich gilt: Angstsymptome können im<br />

Rahmen verschiedener körperlicher und psychischer<br />

Erkrankungen auftreten.<br />

• Kriterienorientierte, positive Diagnostik notwendig<br />

(nicht nur Ausschluss organischer Störungen)!<br />

• Die ausführliche Exploration ist das wichtigste<br />

Diagnoseinstrument.<br />

Vortrag 6.0 424


Vorschläge für den Umgang mit Angstpatienten<br />

1. Frühzeitiges Erkennen und das Verhindern von Chronifizierungsprozessen<br />

sind Hauptziele für den Umgang mit Angststörungen.<br />

2. Eine genaue Exploration des Patienten erfordert Zeit, verhilft aber zu<br />

einer sicheren Diagnose.<br />

3. Körperlich-diagnostische Untersuchungen sollen auf das Notwenige<br />

beschränkt bleiben.<br />

4. Aufklärung des Patienten über Angststörungen ist häufig bereits eine<br />

hilfreiche Maßnahme.<br />

5. Korrigieren Sie angstverstärkende Auffassungen des Patienten über die<br />

Gefährlichkeit von und Hilflosigkeit gegenüber Ängsten („Angstsymptome<br />

sind gelernte Fehlreaktionen, können aber wieder verlernt<br />

werden“).<br />

6. Entspannungsverfahren sind in den meisten Fällen hilfreich zur Beeinflussung<br />

der Erwartungsangst und allgemeinen Ängstlichkeit.<br />

7. Leiten Sie Patienten zur Anfertigung eines Angsttagebuchs zum Auffinden<br />

von situativen und/oder intrapsychischen Auslösern der Symptomatik<br />

an.<br />

Vortrag 6.0 425


8. Motivieren Sie Patienten dazu, trotz Erwartungsängsten und aufkommender<br />

Angst die angstauslösende Situation weiterhin aufzusuchen<br />

und die Angst „bewusst, wiederholt und ausreichend lange<br />

auf die Probe zu stellen“.<br />

9. Verdeutlichen Sie, dass der Patient nur durch Übungen das tatsächliche<br />

Eintreten oder Ausbleiben der ängstigenden Vorstellungen und<br />

Erwartungen überprüfen kann.<br />

10. Informieren Sie, dass Angstreaktionen nicht fortwährend ansteigen,<br />

sondern aus physiologischen Gründen zum Abklingen tendieren.<br />

11. Verdeutlichen Sie die negativen Auswirkungen und Folgen von Vermeidung<br />

und Ausweichverhalten.<br />

12. Loben Sie die Risikobereitschaft und auch kleine Fortschritte bei der<br />

Bewältigung von Ängsten (Veränderung erfolgt eher in kleinen<br />

Schritten als in Form spektakulärer Durchbrüche).<br />

13. Klären Sie bei ausbleibenden Veränderungen über spezifische Möglichkeiten<br />

der Angstbehandlung auf.<br />

Vortrag 6.0 426


Behandlungsplanung<br />

1. Medikamentöse Behandlung<br />

a) Benzodiazepine<br />

Tavor oder Tafil bei akuter Angstüberflutung,<br />

keine Langzeittherapie.<br />

b) Antidepressiva<br />

Hier insbesondere SSRI.<br />

c) Busperon<br />

2. Psychotherapeutisches Basisverhalten des Arztes<br />

3. Psychotherapeutische Behandlung<br />

Vortrag 6.0 427


Die psychiatrischen Erkrankungen im<br />

engeren Sinn<br />

Für die schweren psychiatrischen Erkrankungen<br />

wie Schizophrenien, bipolare affektive Erkrankungen<br />

(manisch-depressive Erkrankungen) und<br />

schwerste endogene Depressionen ist das Verteilungsverhältnis<br />

Männer zu Frauen nahezu gleich.<br />

Vortrag 6.0 428


Diagnostik<br />

Diagnostische Leitlinien nach ICD-10<br />

Zeitkriterium<br />

Während der meisten Zeit innerhalb eines Zeitraumes von mindestens<br />

einem Monat sollten eine psychotische Episode bestehen. Diese ist gekennzeichnet<br />

entweder durch<br />

1. mindestens eines der folgenden Merkmale:<br />

a) Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug oder<br />

Gedankenausbreitung;<br />

b) Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten,<br />

deutlich bezogen auf Körper- oder Gliederbewegungen oder<br />

bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen; Wahnwahrnehmung;<br />

c) Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über die Patienten<br />

reden oder andere Stimmen, die aus bestimmten Körperstellen<br />

kommen;<br />

d) Anhaltender, kulturell unangemessener, bizarrer Wahn, wie der,<br />

das Wetter kontrollieren zu können oder mit Außerirdischen in<br />

Verbindung zu stehen;<br />

Vortrag 6.0 429


Diagnostik<br />

Diagnostische Leitlinien nach ICD-10<br />

2. oder mindestens zwei der folgenden Merkmale:<br />

Fortsetzung<br />

a) anhaltende Halluzination jeder Sinnesmodalität, täglich während<br />

mindestens eines Monats, begleitet von flüchtigen oder undeutlich<br />

ausgebildeten Wahngedanken ohne deutliche affektive Beteiligung<br />

oder begleitet von lang anhaltenden überwertigen Ideen;<br />

b) Neologismen, Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den<br />

Gedankenfluss, was zu Zerfahrenheit oder Danebenreden führt;<br />

c) katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder<br />

wächserne Biegsamkeit (Flexibilitas cerea), Negativismuns,<br />

Mutismus und Stupor;<br />

d) „negative“ Symptome wie auffällige Apathie, Sprachverarmung,<br />

verflachte oder inadäquate Affekte. (Es muss sichergestellt sein,<br />

dass diese Symptome nicht durch eine Depression oder eine<br />

neuroleptische Medikation verursacht werden.)<br />

Vortrag 6.0 430


Diagnostik<br />

Diagnostische Leitlinien nach ICD-10<br />

Häufigste Ausschlusskriterien<br />

Fortsetzung<br />

a) Wenn die Patienten ebenfalls die Kriterien für eine manische Episode<br />

oder eine depressive Episode erfüllen, müssen die aufgelisteten Kriterien<br />

vor der affektiven Störung aufgetreten sein.<br />

b) Die Störung kann nicht einer organischen Gehirnerkrankung oder einer<br />

Alkohol- oder Substanzintoxikation, einem Abhängigkeitssyndrom oder<br />

einem Entzugssyndrom zugeordnet werden.<br />

Vortrag 6.0 431


Wegen des frühen Erkrankungsausbruchs, der<br />

hohen Rezidiv- und Chronifizierungsneigung, der<br />

hohen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit, Rehabilitations-<br />

und Frühberentungsmaßnahmen ist die<br />

Schizophrenie eine der teuersten psychiatrischen<br />

Erkrankungen.<br />

Vortrag 6.0 432


Epidemiologie und volkswirtschaftliche Bedeutung<br />

Epidemiologie<br />

� Der Pro-Kopf-Konsum reinen Alkohols betrug in<br />

Deutschland im Jahr 1994 knapp 12 Liter.<br />

� Bei Männern besteht eine Prävalenzrate für behandlungsbedürftige<br />

Alkoholabhängige von 7,1%, weitere<br />

7,9% weisen einen leichten Alkoholismus auf.<br />

� Lebenszeitprävalenz von Alkoholabhängigkeit: 13%.<br />

� Bei ca. 10% der Patienten in Allgemeinarztpraxen<br />

liegt ein Alkoholmissbrauch oder eine -abhängigkeit<br />

vor (1-Monats-Prävalenz)<br />

Vortrag 6.0 433


Diagnostik<br />

Screening<br />

1. Sebstbeurteilungsfragebogen CAGE<br />

• Haben Sie jemals das Gefühl gehabt, Sie müssten Ihren<br />

Alkoholkonsum vermindern?<br />

• Haben andere Personen Sie dadurch geärgert, dass diese<br />

Ihr Trinkverhalten kritisiert haben?<br />

• Haben Sie jemals Schuldgefühle wegen Ihres<br />

Alkoholkonsums gehabt?<br />

• Haben Sie jemals als erstes am Morgen ein<br />

alkoholhaltiges Getränk getrunken, um Ihre Nerven zu<br />

beruhigen?<br />

2. Körperlicher Befund (Foetor, Teleangiektasien/<br />

Palmarerythem, vegetative Symptome etc.)<br />

Vortrag 6.0 434


Diagnostik<br />

Anamnese<br />

� Psychische Auffälligkeiten (Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen,<br />

Gedächtnisstörungen, Nervosität, Anspannung,<br />

Angst, Depressivität)<br />

� Somatische Auffälligkeiten (Entzugssymptome, Organschäden,<br />

Krampfanfälle, Unfälle)<br />

� Soziale Beeinträchtigungen<br />

• privat (Trennung/Scheidung, finanzielle Probleme,<br />

Freizeitgestaltung)<br />

• beruflich (Arbeitsplatzverlust/Abmahnung, häufige<br />

Fehlzeiten, Führerscheinverlust)<br />

� Frühere ambulante/stationäre Behandlungen<br />

(Entgiftungen, ambulante/stationäre Entwöhnungsbehandlungen)<br />

Vortrag 6.0 435


Diagnostik<br />

Anamnese<br />

Fortsetzung<br />

� Trinkverhalten (Verlangen nach Alkohol, verminderte<br />

Kontrollfähigkeit, Toleranzentwicklung, ungefähre Trinkmenge<br />

pro Trinktag, ungefähre Anzahl der Trinktage<br />

während der letzten drei Monate)<br />

� Zusätzliche(r) Missbrauch/Abhängigkeit (Nikotin,<br />

Medikamente, <strong>Dr</strong>ogen, Spielen)<br />

Vortrag 6.0 436


Diagnostik<br />

Alkoholfolgekrankheiten<br />

� Psychiatrisch/neurologisch<br />

• Halluzinose • Hepatische Enzephalopathie<br />

• Eifersuchtswahn • Polyneuropathie<br />

• Delir • Myopathien<br />

• Wernicke-Korsakow-Syndrom • alkoholtoxische Kleinhirnatrophie<br />

• Demenz<br />

� Internistisch<br />

• Leberstörungen • Kardiovaskuläre Störungen<br />

• Pankreasstörungen • Hämatologische Störungen<br />

• Gastrointestinale Störungen<br />

Vortrag 6.0 437


Behandlung<br />

Motivationale Intervention<br />

In Anlehnung an Prochaska und DiClemente 1 wurden von Davidson 2<br />

ein Verlaufsmodell des Alkoholabusus entwickelt, das einen zirkulären<br />

Prozess beschreibt. Dieser beginnt mit der Vorahnungsphase,<br />

die über die Einsichts- und Handlungsphase in die<br />

Phase der Aufrechterhaltung mit der Gefahr des Rückfalls führt.<br />

Abstinenzbeendigung<br />

Vorahnung<br />

Aufrechterhaltung<br />

Einsicht<br />

Aktion<br />

Veränderung bei Alkoholabusus<br />

Vortrag 6.0 438


Behandlung<br />

Motivationale Intervention<br />

Veränderungsphasen 1<br />

� Vorahnungsphase („precontemplation“)<br />

Der Patient hat keine Problemeinsicht.<br />

Fortsetzung<br />

� Überlegungsphase („contemplation“)<br />

Der Patient ist ambivalent, ob er sein Trinkverhalten ändern soll.<br />

� Handlungsphase („action“)<br />

Der Patient bemüht sich um Veränderung.<br />

� Aufrechterhaltungsphase („maintenance“)<br />

Der Patient bemüht sich um Einhaltung der Abstinenz.<br />

� Phase der Abstinenzbeendigung („relapse“)<br />

Erneutes Trinken nach längerer Abstinenz.<br />

Vortrag 6.0 439


Entzugsbehandlung<br />

A - Durchführung der ambulanten Entzugsbehandlung<br />

- Heruntertrinken über zwei bis drei Wochen<br />

- abrupter Entzug<br />

- Begleitmedikation mit Carbamazepin<br />

B - Durchführung der stationären Entzugsbehandlung<br />

Vortrag 6.0 440


Entwöhnungsbehandlung<br />

1. Ambulante Entwöhnungsbehandlung<br />

� bei guter sozialer Integration<br />

� bei drohendem Arbeitsplatzverlust<br />

� bei längerer Fehlzeit<br />

� bei Angst vor Gruppen<br />

2. Stationäre Entwöhnungsbehandlung<br />

� bei behandlungsbedürftigen schweren psychiatrischen<br />

Störungen<br />

� bei schweren kognitiven Störungen<br />

� bei zahlreichen Hochrisikosituationen im sozialen<br />

Umfeld<br />

Vortrag 6.0 441


Aufrechterhaltung der Abstinenz<br />

� medikamentöse Rückfallprophylaxe, z. B. mit<br />

Acamprosat<br />

� regelmäßige Therapiekontrolle<br />

� Teilnahme an weiteren Therapiemaßnahmen<br />

(rückfallverhütende Techniken, z. B. bei den<br />

AA-Gruppen)<br />

Vortrag 6.0 442


Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung ist das<br />

Resultat eines elterlichen Erziehungsstils, der narzisstische<br />

Einstellungen und Verhaltensmuster<br />

fördert.<br />

Die Eltern suggerieren ihren Kindern von Anfang<br />

an, etwas Besseres zu sein. Entsprechend werden<br />

alle Verhaltensmuster der Kinder verstärkt durch<br />

ihre angebliche besondere Bedeutung und ihre<br />

höhere Wertigkeit unterstrichen. Zur Regulation des<br />

Selbstwertes sind Gratifikationen von außen<br />

notwendig.<br />

Vortrag 6.0 443


Narzisstische Gratifikationen von außen können im<br />

Erwachsenenalter sein:<br />

� Erfolg im Beruf<br />

� Erfolg bei Frauen<br />

� ewige Schönheit<br />

� der Anspruch, ohne wesentliches „dafür Tun“<br />

von anderen anerkannt, geliebt, gefürchtet zu<br />

werden.<br />

Vortrag 6.0 444


Das Dorian-Gray - Syndrom<br />

Narzisstische Trias mit<br />

� übermäßiger Beschäftigung mit dem Körper<br />

und einem eingebildeten Mangel in der äußeren<br />

Erscheinung<br />

� Selbstbezogenheit<br />

� Abwehr der Reife (und damit des Todes)<br />

Vortrag 6.0 445


� Im Jahr 2000 haben amerikanische Männer 129,9<br />

Millionen Dollar (knapp 120 Millionen Euro) alleine<br />

für Haarfärbemittel ausgegeben.<br />

� Über 500.000 Männer haben 1999 kosmetische<br />

Veränderungen vorgenommen (US-Gesellschaft für<br />

Ästhetische Plastische Chirurgie). Besonders häufig<br />

waren Lid- und Gesichtskorrekturen und Brustverkleinerungen.<br />

Bei den Gesichtskorrekturen steht<br />

das Kinnimplantat, das Wegspritzen von Stirnfalten<br />

oder das klassische Lifting an erster Stelle der<br />

vorgenommenen Eingriffe.<br />

� „Wachstumsmarkt“ Männerkosmetik:<br />

660 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2002 in<br />

Deutschland.<br />

Vortrag 6.0 446


Sexuelle Störungen<br />

Die Sexualität des Mannes ist im Rahmen eines biopsycho-sozialen<br />

Ursachenmodells einer Vielzahl von<br />

fördernden und hemmenden Einflüssen unterworfen.<br />

Im Hinblick auf die sexuellen Funktionsstörungen<br />

(Erektionsstörungen, Ejakulationsstörungen und<br />

Anhedonie) wurden die biologischen Ursachen und<br />

die damit zusammenhängenden pharmakologischen<br />

Therapieansätze an anderer Stelle bereits ausführlich<br />

diskutiert.<br />

Vortrag 6.0 447


Die Psychotherapie der männlichen sexuellen Funktionsstörungen<br />

gehört zu den<br />

� schwierigen Problembereichen (Übertragung/<br />

Gegenübertragung, Hemmung)<br />

� bei fachkundiger Behandlung aber zu den<br />

erfolgreichsten Handlungsfeldern der Psychotherapie<br />

Vortrag 6.0 448


Therapeutische Ansatzpunkte<br />

und Zielsetzungen<br />

� Bewältigung negativer Emotionen (Angst, aversive Gefühle,<br />

Versagensängste, Schuldgefühle usw.)<br />

� Erweiterung des Verhaltensrepertoires (z. B. Erlernen von<br />

Zärtlichkeit, Konfliktfähigkeit, Äußern von Wünschen und Bedürfnissen<br />

usw.)<br />

� Förderung sexueller Lust<br />

� Wissenserweiterung, Veränderung von Kognition und Einstellungen<br />

(z. B. Wissen um sexuelle Reaktionen, Funktionen,<br />

Entzaubern und Verändern von Mythen usw.)<br />

� Entwicklung positiven Erlebens (z. B. durch körperliche Selbstakzeptanz,<br />

Körperwahrnehmung, genussvolle Erfahrungen usw.)<br />

� Förderung und Stärkung der sozialen Kompetenz (z. B. Förderung<br />

konstruktiver und offener Kommunikation)<br />

Vortrag 6.0 449


Psychotherapeutische Verfahren und Methoden<br />

� Verfahren zum Angstabbau<br />

� Körperorientierte Verfahren zur körperlichen und sexuellen<br />

Selbsterfahrung<br />

� Kognitive Verfahren zur Bearbeitung von Informationsdefiziten<br />

und Mythen, zur Veränderung von Leistungs- und Versagensangst<br />

� Phantasiearbeit zur Veränderung negativer Gefühle, zur Förderung<br />

positiven Erlebens<br />

� Soziale Kompetenztherapie<br />

� Genusstraining zum Aufbau und zur Förderung genussvoller<br />

Aktivität in der Sexualität<br />

� Verfahren und Übungen zur Emotions- und Erlebensaktivierung,<br />

um Lust, Freude, Erregung und andere positive emotionale Reaktionen<br />

in sexuellen Situationen erleben zu können.<br />

Vortrag 6.0 450


Von Perversionen spricht man, wenn die sexuelle Befriedigung<br />

nahezu ausschließlich sich auf Praktiken bzw. Personen bezieht,<br />

die gemäß soziokultureller Definition außerhalb der Norm steht.<br />

Man unterscheidet:<br />

Sexuelle Perversion bezüglich der Praktik:<br />

- Exhibitionismus<br />

- Voyeurismus<br />

- Sadismus<br />

- Masochismus<br />

- Frotteurismus<br />

Sexuelle Perversion bezüglich des Partners bzw. des Partneräquivalents:<br />

- Pädophilie<br />

- Sodomie<br />

- Fetischismus<br />

Vortrag 6.0 451


Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen<br />

ist eine weitere Dominanz von Männern.<br />

Etwa 90% der Täter sind Männer, vor allem Väter<br />

oder Vaterfiguren, Verwandte, Freunde der Eltern,<br />

Lehrende aller Art, Ärzte, verschiedene Weisungsberechtigte.<br />

In der Bundesrepublik werden jährlich etwa 300.000<br />

Kinder sexuell missbraucht.<br />

Vortrag 6.0 452


Epidemiologie und volkswirtschaftliche Bedeutung<br />

Epidemiologie<br />

1. Bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 79 Mio. Einwohnern sind<br />

heute ca. 16 Mio. Bundesbürger 60 Jahre und älter. Diese Zahl<br />

wird in den nächsten Jahren weiter ansteigen, wobei die Zahl der<br />

Hochbetagten besonders stark anwachsen wird.<br />

2. Der Anteil von Patienten mit mäßiger und schwerer Demenz steigt<br />

von weniger als 5% im Alter von 60 bis 65 Jahren auf mehr als<br />

30% bei den über 90-jährigen an. Zur Zeit leiden ca. 800.000<br />

Menschen in Deutschland an einer mittelschweren bis schweren<br />

Demenz. Hochgerechnet werden im Jahr 2010 mehr als 1,5 Mio.<br />

Menschen in Deutschland an einer Demenz erkrankt sein.<br />

3. Obwohl die diagnostische Sicherheit ca. 90% beträgt und<br />

zunehmende Behandlungsoptionen entwickelt werden, wird nur<br />

ein <strong>Dr</strong>ittel aller Demenzpatienten hinsichtlich der Demenzsymptomatik<br />

überhaupt betreut.<br />

Vortrag 6.0 453


Diagnostik<br />

Leitgedanken<br />

Jeder Patient mit subjektiv empfundenen oder fremdanamnestisch<br />

mitgeteilten Gedächtnisstörungen muss<br />

sorfältig untersucht werden!<br />

Ein Test ist besser als kein Test!<br />

• ... da die Fassade der Patienten häufig täuschen<br />

kann.<br />

• ... da ein Test die Vergleichbarkeit mit anderen<br />

Patienten ermöglicht.<br />

• ... da die Wiederholung eines Tests eine bessere<br />

Verlaufskontrolle ermöglicht.<br />

Vortrag 6.0 454


Diagnostik<br />

Leitgedanken<br />

Fortsetzung<br />

Die Grenzen der Demenz sind nicht immer scharf zu<br />

ziehen, dies sollten aber in jedem Fall versucht werden!<br />

Die Frühzeichen einer Demenz können sein:<br />

• zunehmende Vergesslichkeit, insbesondere für kürzlich<br />

zurückliegende Ereignisse<br />

• Konzentrationsminderung<br />

• Orientierungsschwäche<br />

• Verstimmtheit<br />

• Antriebslosigkeit<br />

• Interesselosigkeit<br />

• Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens<br />

Vortrag 6.0 455


Diagnostik<br />

Klassifikation nach DSM-IV<br />

A1 Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses.<br />

A2 Störungen in mindestens einem der folgenden Bereiche:<br />

- abstraktes Denken<br />

- Urteilsvermögen<br />

- kortikale Werkzeugfunktion<br />

(Aphasie, Apraxie, Agnosie)<br />

- Persönlichkeit<br />

B Dadurch Beeinträchtigung von Arbeit, sozialen Beziehungen<br />

und selbstständiger Lebensführung.<br />

C Die Störung darf nicht nur während des Delirs vorkommen.<br />

D Ausschluss nicht-organisch bedingter Ursachen (z.B.<br />

Depression).<br />

Vortrag 6.0 456


Diagnostik<br />

Komorbidität<br />

Neben den Kernsymptomen (kognitive und mnestische<br />

Störungen, Hirnwerkzeugstörungen) gibt es bei der<br />

Alzheimer-Demenz häufig zusätzliche psychiatrische<br />

Symptome:<br />

• Depression bei 25 - 50%<br />

• visuelle, seltener akustische Halluzinationen<br />

• Wahn (insbesondere bestohlen oder aus der<br />

Wohnung gedrängt zu werden)<br />

• Schlafstörungen und Unruhe in den Nachmittags-<br />

und frühen Abendstunden<br />

Vortrag 6.0 457


Mini-Mental-State-Test 1<br />

1. Orientierung max. 5 Punkte<br />

Können Sie mir sagen, welche(n/s) Tag, Datum, Monat, Jahreszeit,<br />

Jahr wir haben?<br />

2. Nachsprechen max. 3 Punkte<br />

Sprechen Sie mir bitte nach: Apfel, Tafel, Pfennig<br />

(der Patient erhält 3 Punkte, wenn er nach einmaligen, zusammenhängendem<br />

Vorsagen die drei Wörter wiederholen kann; kann er<br />

nur zwei der Wörter wiederholen, erhält er 2, bei nur einem Wort<br />

1 Punkt. Maximal bis 5x vorsagen)<br />

3. Aufmerksamkeit und Rechnen max. 5 Punkte<br />

Bitte ziehen Sie von 100 fortlaufend jeweils 7 ab. (Für jede richtige<br />

Subtraktion bis 65 erhält der Patient 1 Punkt; Folgefehler werden<br />

nicht gewertet).<br />

4. Gedächtnis max. 3 Punkte<br />

Erinnern Sie sich an die Wörter, die ich Ihnen eben vorgesagt habe?<br />

5. Benennen max. 2 Punkte<br />

Was ist (Armbanduhr; Bleistift).<br />

Vortrag 6.0 458


Mini-Mental-State-Test 1<br />

6. Nachsprechen max. 1 Punkt<br />

Bitte sprechen Sie mir nach: „Ohne Fleiß kein Preis!“<br />

7. Sprachverständnis max. 3 Punkte<br />

Nehmen Sie bitte das Blatt Papier, falten Sie es in der Mitte und<br />

legen Sie es auf den Boden!<br />

8. Lesen max. 1 Punkt<br />

Bitte lesen Sie das und tun Sie es auch! (Auf einem separaten Blatt<br />

wird dem Patienten die Aufforderung „Schließen Sie die Augen!“<br />

vorgelegt.)<br />

9. Schreiben max. 1 Punkt<br />

Bitte schreiben Sie irgendeinen Satz (vollständiger Satz mit Subjekt<br />

und Prädikat).<br />

10. Zeichnen max. 1 Punkt<br />

Bitte zeichnen Sie ab (zwei sich überschneidende Fünfecke auf<br />

separatem Blatt).<br />

Gesamtwert max. 30 Punkte<br />

Merke: Werte über 24 sind noch nicht als pathologisch einzuschätzen.<br />

Vortrag 6.0 aus Folstein et al., 1975<br />

459


Schlaganfall<br />

Der Schlaganfall ist mit einer Inzidenz von 180 - 200<br />

auf 1.000 Einwohner die dritthäufigste Ursache für<br />

Tod und die häufigste Ursache für bleibende<br />

Behinderungen.<br />

Bei einem Schlaganfall handelt es sich in ca. 80%<br />

der Fälle um einen ischämischen Hirninfarkt und in<br />

20% der Fälle um eine primäre intracerebrale<br />

Blutung.<br />

Vortrag 6.0 460


Männer erleiden häufiger als Frauen und zu einem<br />

früheren Zeitpunkt einen Schlaganfall.<br />

Ein Hirninfarkt auf dem Boden einer Arteriosklerose<br />

ist bei Männern häufiger als bei Frauen, bei Frauen<br />

überwiegt eine embolische Hirninfarktgenese.<br />

Vortrag 6.0 461


Geschlechtsspezifische Inzidenz des Schlaganfalls<br />

für verschiedene Altergruppen<br />

Vortrag 6.0 nach Ellekjaer 1997<br />

462


Risikofaktoren<br />

Unbeeinflussbare Risikofaktoren:<br />

� hohes Alter<br />

� männliches Geschlecht<br />

Lebensstilassoziierte Faktoren:<br />

� Rauchen<br />

� Bewegungsmangel<br />

Medizinische Risikofaktoren:<br />

� Hypertonie<br />

� Diabetes<br />

� Hypercholesterinämie<br />

Rauchen und erhöhter Alkoholkonsum sind bei Männern<br />

mit Hirninfarkt häufiger als bei Frauen anzutreffen.<br />

Vortrag 6.0 463


Obwohl Männer nach einem Hirninfarkt durchschnittlich<br />

weniger behindert sind als Frauen und<br />

seltener in institutionalisierter Betreuung leben,<br />

geben Männer geringere Werte in Skalen zur<br />

Beurteilung der subjektiven Lebensqualität an.<br />

Vortrag 6.0 464


Die Primärprävention umfasst einen körperlich<br />

aktiven Lebensstil, Verzicht auf Rauchen und<br />

Verzicht auf Alkoholkonsum in größeren Mengen.<br />

Für Risikogruppen kann die primärpräventive Einnahme<br />

von Acetylsalicylsäure erwogen werden.<br />

Über 60-jährige Patienten mit Vorhofflimmern<br />

sollten Marcumar erhalten.<br />

Vortrag 6.0 465


Die Sekundärprävention beinhaltet die Gabe von<br />

Thrombozyteninhibitoren, die Antikoagulation im<br />

Falle einer kardiogenen Emboliequelle und die<br />

Behandlung einer symptomatischen Stenose der<br />

Arteria carotis interna.<br />

Vortrag 6.0 466


Das Gesundheitsförderungsparadoxum<br />

� Männer verfügen über eine deutlich geringere<br />

Lebenserwartung als Frauen<br />

� Männer gehen leichter Gesundheitsrisiken ein als<br />

Frauen<br />

� Männer weisen für einige Erkrankungen deutlich<br />

höhere Prävalenzraten auf<br />

� Männer nehmen geschlechtsneutrale Gesundheitsförderungsangebote<br />

kaum in Anspruch<br />

Dennoch werden geschlechtsspezifische Angebote<br />

weiterhin eher für Frauen als für Männer konzipiert und<br />

vorgehalten.<br />

Vortrag 6.0 467


Eine wirksame Prävention ist anzusetzen an:<br />

� einer Veränderung der Männerrolle und der<br />

damit einhergehenden männlichen Identitätsbildung<br />

� einer Veränderung der „männlichen Stressbewältigungsstrategien“<br />

� einer Förderung der Primärprävention für<br />

Männer<br />

Vortrag 6.0 468


Die empirische Forschung über Männermedizin<br />

sollte sich in Zukunft den Subgruppen zuwenden.<br />

Besonders spannend ist hierbei die Subgruppe der<br />

Männer, die relativ gesund sind und gesund leben.<br />

Wodurch unterscheiden sich diese von den anderen<br />

Männern?<br />

Vortrag 6.0 469

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