Die Firma und ihre Filialen - Christophorus Gesellschaft
Die Firma und ihre Filialen - Christophorus Gesellschaft
Die Firma und ihre Filialen - Christophorus Gesellschaft
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<strong>Die</strong> <strong>Firma</strong> <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> <strong>Filialen</strong><br />
2te-% Textilien<br />
50 Cent<br />
bis 3 Euro<br />
Grombühlstr. 46<br />
97080 Würzburg<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo – Fr 10.00 – 18.00 Uhr<br />
Sa 10.00 – 15.00 Uhr<br />
Frankfurter Str. 37<br />
97082 Würzburg<br />
Telefon (09 31) 4 04 67 40<br />
Öffnungszeiten:<br />
Di – Fr 10.00 – 18.00 Uhr<br />
Bonner Str. 10<br />
97084 Würzburg<br />
Telefon (09 31) 6 67 71 58<br />
Hartmannstr. 24, 97082 Würzburg<br />
Telefon (09 31) 4 60 72 24<br />
Grombühlstr. 52<br />
97080 Würzburg<br />
Telefon (09 31) 2 87 84 24<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo – Fr 10.00 – 18.00 Uhr<br />
Sa 10.00 – 15.00 Uhr<br />
Öffnungszeiten:<br />
Di 10.00 – 14.00 Uhr<br />
Mi 13.00 – 17.00 Uhr<br />
Do 10.00 – 14.00 Uhr<br />
Öffnungszeiten:<br />
Di – Fr 9.00 – 14.00 Uhr<br />
… wir freuen uns auf Sie!<br />
�
Sitz der <strong>Gesellschaft</strong><br />
Geschäftsstelle<br />
Geschäftsführer<br />
Telefon<br />
Telefax<br />
e-Mail<br />
Internet<br />
<strong>Gesellschaft</strong>er<br />
Rechtsform<br />
Amtsgericht Würzburg<br />
Finanzamt Würzburg<br />
Spenden<br />
Franziskanergasse 3, 97070 Würzburg<br />
Neubaustraße 40, 97070 Würzburg<br />
Günther Purlein<br />
0931 / 3 22 41 51<br />
0931 / 3 22 41 46<br />
info@christophorus-wuerzburg.de<br />
www.christophorus-wuerzburg.de<br />
Caritasverband für die Diözese Würzburg e. V.<br />
Diakonisches Werk Würzburg e. V.<br />
Stiftung St. Johannes / Stift Haug<br />
gemeinnützige GmbH<br />
HR B 7064<br />
257 147 00 106<br />
Konto 300 1881 bei Liga Bank eG (750 903 00)
5 Bildergalerie<br />
7 Editorial<br />
8 <strong>Die</strong> <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
10 Geschäftsstelle<br />
Aufenthalt <strong>und</strong> Hilfe<br />
11 Bahnhofsmission<br />
16 Wärmestube<br />
Übernachten <strong>und</strong> Wohnen<br />
18 Betreutes Wohnen<br />
19 Kurzzeitübernachtung<br />
20 Johann-Weber-Haus<br />
22 Wohnungsverwaltung<br />
Beratung <strong>und</strong> Hilfe<br />
23 Zentrale Beratungsstelle<br />
26 Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung<br />
30 Ehrenamt in der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
33 Ausblick
Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in der Bahnhofsmission<br />
Anstaltsbeirat der Justizvollzugsanstalt Würzburg<br />
von links: Martin Kraus, Rainer Boutter, Dr. Peter Motsch,<br />
Barbara Stamm, Günther Purlein, Jürgen Montag,<br />
Robert Hutter<br />
Eva-Maria Helmerich <strong>und</strong> Günther Ackerhans<br />
(Förderverein der Wärmestube)<br />
vor der Johanniskirche<br />
Spendenübergabe des Fre<strong>und</strong>eskreises St. Johannis<br />
Würzburg zu Gunsten der Wärmestube<br />
von links: Pfarrer Gerhard Neumeister, Günther Purlein,<br />
Prof. Dr. Eberhard Grötsch, Brigitte Klose, Anja Rapp<br />
Benefizkonzert in der Fachhochschule Würzburg<br />
für die Bahnhofsmission am 06. März 2005<br />
S. 5
GmbH-Geschäftsführer im Caritasbereich<br />
von links: Norbert Klemm, Direktor Martin Pfriem,<br />
Manfred Steigerwald, Manfred Bätz, Günther Purlein,<br />
Bernhard Götz<br />
Thomas Beckmann spielt zu Gunsten der Wärmestube<br />
am 25. April 2005<br />
<strong>Christophorus</strong> Tag 2005 im Johann-Weber-Haus.<br />
In der Bildmitte: Ulrike Ratajczak, Leiterin des Johann-<br />
Weber-Haus<br />
S. 6 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
Eberhard Nuß (Stellvertretender Landrat) <strong>und</strong><br />
Günther Purlein<br />
Spendenübergabe in der Regierung von Unterfranken<br />
zu Gunsten der Würzburger Straßenambulanz<br />
von links: Regierungspräsident Dr. Paul Beinhofer,<br />
Bruder Tobias von den Franziskaner Minoriten,<br />
Abteilungsdirektor Dr. <strong>Die</strong>ter Aufderhaar
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
das Jahr 2005 war ein ereignisreiches<br />
Jahr. Wir haben einen deutschen Papst.<br />
Welch eine Freude.<br />
Wir durften ebenfalls wählen – <strong>und</strong> das<br />
Parlament.<br />
Ergebnis: eine B<strong>und</strong>eskanzlerin <strong>und</strong> ein<br />
neues Kabinett.<br />
Und Hartz IV haben wir auch. Aber<br />
ob wir diese Gesetzgebung gewählt<br />
hätten?<br />
Wie auf dem Titelbild unseres Jahresberichtes<br />
symbolisch zu sehen: die betroffenen<br />
Menschen sind unter uns. Sie<br />
gehören zu uns, sind unsere Nachbarn,<br />
unsere Fre<strong>und</strong>e oder gehören zu unserer<br />
Familie. Berührt von Schulden, bedroht<br />
von Wohnungslosigkeit, Armut. Manche<br />
Verzweiflung führt zur Straffälligkeit.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
hat den Auftrag angenommen diesen<br />
Menschen Unterstützung zu geben, <strong>ihre</strong><br />
Probleme mit zu bewältigen, um einen<br />
Neustart beginnen zu können.<br />
Im Jahresbericht 2005 wollen wir Ihnen<br />
unsere soziale <strong>und</strong> vielfältige Arbeit<br />
vorstellen. Was wir erreicht haben, wie<br />
wir helfen konnten <strong>und</strong> was die Zukunft<br />
bringen soll. Um helfen zu können<br />
brauchen auch wir Hilfe. <strong>Die</strong>ses Motto<br />
werden Sie immer wieder entdecken.<br />
<strong>Die</strong> Inserenten, unsere Anzeigenk<strong>und</strong>en,<br />
haben uns bereits bei der Finanzierung<br />
unseres Jahresberichtes geholfen.<br />
An dieser Stelle herzlichen Dank <strong>und</strong><br />
meine Bitte an alle Leserinnen <strong>und</strong><br />
Leser: „Schauen Sie genau hin, wo<br />
Sie einkaufen – wo Sie Ihre <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
beziehen.“ Wir sind aufeinander<br />
angewiesen <strong>und</strong> ich bitte Sie die<br />
Freiberufler <strong>und</strong> Firmen, die für uns da<br />
sind, bei Ihren privaten <strong>und</strong> beruflichen<br />
Aufträgen zu berücksichtigen.<br />
Immer mehr Menschen geraten in Krisensituationen<br />
bis hin zur Armut. Kompetent<br />
helfen heißt für uns Zuhören,<br />
Zeit haben, im Team arbeiten, Aufgaben<br />
entwerfen, planen, Initiativen ergreifen.<br />
<strong>Die</strong> Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> lernen<br />
das nicht aus Büchern. Sie übernehmen<br />
Verantwortung. Unser eigener Lernprozess<br />
ist ein direkter Beitrag für die <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Nur mit unseren qualifizierten<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern werden<br />
wir bestehen <strong>und</strong> unseren Beitrag<br />
für die <strong>Gesellschaft</strong> leisten können.<br />
Neben den Angestellten brauchen wir<br />
Sie, Ihr Engagement, Ihre Zeitspende<br />
im Ehrenamt, Ihre Geldspende oder Ihre<br />
Sachzuwendung.<br />
Helfen Sie uns, damit wir helfen<br />
können.<br />
Wie? Rufen Sie mich an.<br />
Mein persönlicher Gruß gilt allen Beteiligten,<br />
ganz besonders den direkten<br />
Vertretern der <strong>Gesellschaft</strong>er – Herrn<br />
Dekan Kroth (Kirchenstiftung St. Johannes<br />
in Stift Haug), Herrn Schmitt<br />
(Diakonie-Geschäftsführer), Herrn Dekan<br />
Dr. Breitenbach (Vorsitzender des<br />
Diakonischen Werkes Würzburg), Herrn<br />
Domkapitular Seidel (Vorsitzender Diözesan-Caritasverband)<br />
<strong>und</strong> Herrn Pfriem<br />
(Caritasdirektor). Vielen Dank für Ihre<br />
gemeinsame Unterstützung der <strong>Christophorus</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> im Jahr 2005.<br />
Wir werden die Herausforderungen der<br />
Gegenwart <strong>und</strong> unserer Zukunft meistern<br />
– mit Ihrer Hilfe<br />
Ihr<br />
S. 7
GründunG:<br />
Am 17. April 2000 wurde die gemeinnützige<br />
<strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong>,<br />
diakonisch-caritative Hilfen für die Region<br />
Würzburg mbH gegründet.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Gesellschaft</strong> ist außerordentliches<br />
Mitglied im Diakonischen Werk Bayern<br />
<strong>und</strong> assoziiert korporatives Mitglied<br />
beim Caritasverband für die Diözese<br />
Würzburg.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Gesellschaft</strong>er sind:<br />
• das Diakonische Werk Würzburg<br />
• der Caritasverband für die Diözese<br />
Würzburg<br />
• die katholische Kirchenstiftung<br />
St. Johannes in Stift Haug<br />
Es handelt sich um den ersten ökumenischen<br />
Zusammenschluss niederschwelliger<br />
<strong>Die</strong>nste <strong>und</strong> Einrichtungen<br />
in dieser <strong>Gesellschaft</strong>sform.<br />
<strong>Die</strong> Gründung dieser <strong>Gesellschaft</strong><br />
entspricht dem erklärten Willen der<br />
katholischen <strong>und</strong> evangelischen Kirche<br />
von Würzburg <strong>und</strong> der von ihnen<br />
getragenen Wohlfahrtsverbände Caritas<br />
<strong>und</strong> Diakonisches Werk mit dem Ziel,<br />
in der Hilfe für Not leidende Menschen<br />
ein wirkungsvolles Zeichen praktizierter<br />
Ökumene zu setzen. Um diesen<br />
kirchlichen Auftrag zu verdeutlichen,<br />
ist die <strong>Gesellschaft</strong> nach dem heiligen<br />
<strong>Christophorus</strong> benannt.<br />
S. 8 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
Ziel:<br />
Auszug aus der Satzung:<br />
„Wir geben eine zeitgemäße Antwort<br />
auf die sozialen Notlagen <strong>und</strong> seelischen<br />
Krisen des modernen Menschen. In<br />
ökumenischer Verb<strong>und</strong>enheit sind wir<br />
für die Not leidenden Bürgerinnen <strong>und</strong><br />
Bürger aus Stadt <strong>und</strong> Landkreis präsent.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
übernimmt die Trägerschaft <strong>und</strong> Betriebsführung<br />
von Einrichtungen <strong>und</strong><br />
<strong>Die</strong>nsten für bedürftige <strong>und</strong> gefährdete<br />
Menschen – insbesondere Wohnungslose,<br />
Strafentlassene <strong>und</strong> Überschuldete<br />
– in der Region Würzburg.“<br />
FinanZierunG:<br />
<strong>Die</strong> Finanzierung 2005 erfolgte aus<br />
Eigenmitteln der <strong>Gesellschaft</strong>er Caritas<br />
<strong>und</strong> Diakonie, aus Spenden, Zuwendungen<br />
<strong>und</strong> Geldbußen, aus Pflegeentgelten<br />
<strong>und</strong> aus Zuschüssen der Stadt<br />
<strong>und</strong> des Landkreises Würzburg sowie<br />
des Freistaates Bayern.<br />
Der heilige <strong>Christophorus</strong><br />
(am Kilianshaus)
KontaKt<br />
Neubaustraße 40<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 3 22 41 - 51<br />
Bürozeiten:<br />
Montag - Donnerstag<br />
von 9.00 - 12.00 Uhr<br />
Team der Geschäftsstelle<br />
Leitung:<br />
Mitarbeitende:<br />
<strong>Die</strong> Geschäftsstelle<br />
der <strong>Christophorus</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> befindet<br />
sich in der Neubaustraße<br />
40 in Würzburg.<br />
Hier arbeitet<br />
der Geschäftsführer<br />
Günther Purlein <strong>und</strong><br />
Silvia Selzam (Sekretariat).<br />
Zwei FH<br />
Studentinnen, Birgit<br />
Gerleigner <strong>und</strong> Carolin<br />
Bernhardt absolvieren<br />
auf das Jahr<br />
verteilt ihr Praktikum.<br />
Max Müller (Freiwilliges<br />
Soziales Jahr)<br />
verstärkt das Team<br />
seit September.<br />
<strong>Die</strong> bei der Organisation<br />
<strong>und</strong> Verwaltung<br />
einer gemeinnützigen<br />
GmbH anfallenden<br />
administrativen<br />
Aufgaben werden<br />
in der Neubaustraße<br />
ausgeführt.<br />
In der Geschäftsstelle existiert ein<br />
ständiger Austausch zwischen den<br />
einzelnen Einrichtungen <strong>und</strong> den<br />
Mitarbeitenden.<br />
Zum Verwaltungsdienst in der Neubaustraße<br />
kommen die im Caritasverband<br />
arbeitenden KollegInnen der Gewerblichen<br />
Verwaltungsdienste (GVD)<br />
Günther Purlein<br />
Silvia Selzam<br />
Carolin Bernhardt (FH-Praktikantin)<br />
Birgit Gerleigner (FH-Praktikantin)<br />
Max Müller (Freiwilliges Soziales Jahr)<br />
S. 10 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
von links: Carolin Bernhardt, Birgit Gerleigner, Silvia<br />
Selzam, Günther Purlein, Max Müller<br />
hinzu, die für die <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
finanz- <strong>und</strong> personalbuchhalterische<br />
Aufgaben übernehmen.<br />
Für diese angenehme Zusammenarbeit<br />
bedanken wir uns bei allen Beteiligten,<br />
insbesondere bei Michael Sennefelder<br />
(Caritas – Finanzabteilung), Elisabeth<br />
Rein (Finanzbuchhaltung), Kerstin<br />
Keller (Löhne <strong>und</strong> Lohnbuchhaltung),<br />
Annette Bardorf (wirtschaftliche<br />
Beratung).<br />
• Carolin Bernhardt
Offiziell sind alle Menschen gleich. Den anderen helfen wir.<br />
nächste hilFe: BahnhoFsmission<br />
Ich habe Maria K. von Fotos in Erinnerung.<br />
Dabei könnte ich schwören, vor<br />
mir sitzt eine andere Frau, obwohl die<br />
meisten <strong>ihre</strong>r Fotos kaum älter als drei<br />
Jahre sind. Jene farbenfroh gekleidete,<br />
lebenslustig dreinblickende Lady sitzt<br />
hier in schmuddeligen Klamotten <strong>und</strong><br />
trüben Augen mir gegenüber. Das Leben<br />
ist über ihr zusammengebrochen.<br />
Seit sich ihr Mann von ihr getrennt hat<br />
lebt sie alleine. Nach Ablauf <strong>ihre</strong>r befristeten<br />
Anstellung hat sie keine neue<br />
Arbeit mehr gef<strong>und</strong>en. Mittlerweile hat<br />
sie auch den Kontakt zu <strong>ihre</strong>n beiden<br />
Töchtern <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>n Geschwistern verloren.<br />
Was ihr bleibt, trägt sie in <strong>ihre</strong>r<br />
kleinen Handtasche bei sich, die an<br />
bessere Zeiten erinnert. Maria fühlt sich<br />
unendlich müde <strong>und</strong> findet trotzdem<br />
keine Ruhe. Wenn es draußen dunkel<br />
wird, sucht Maria fast regelmäßig den<br />
Bahnhof auf. Obwohl sie Menschen<br />
scheut, hat sie gleichwohl Angst mit<br />
sich <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>n bedrohlichen Gedanken<br />
allein zu sein. Vor gut zehn Tagen sind<br />
wir auf Maria aufmerksam geworden,<br />
die bisher wortlos <strong>ihre</strong>n Tee bei uns getrunken<br />
<strong>und</strong> anschließend eilig unsere<br />
Räume verlassen hat. Heute gibt sie mir<br />
einmal mehr die Gelegenheit zurück in<br />
ihr Leben zu schauen <strong>und</strong> nach vorne:<br />
Was ihr den Mut zu leben genommen<br />
hat <strong>und</strong> was ihr dennoch wichtig geblieben<br />
ist, was ihr immer noch Wohlbefinden<br />
bereitet, was sie (möglicherweise<br />
mit Hilfe von Dritten) erreichen möchte<br />
– in kleinen Schritten, die gelingen.<br />
not ohne aussicht auF BesserunG<br />
macht krank<br />
Wo Menschen Krisen bewältigen,<br />
gewinnen sie Stabilität, Mut<br />
<strong>und</strong> Selbstvertrauen. Krisen,<br />
die hingegen ungelöst bleiben,<br />
verursachen Selbstzweifel, Angst,<br />
KontaKt<br />
Bahnhofplatz 4<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 5 23 10<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag - Sonntag von<br />
0.00 - 24.00 Uhr<br />
Verwaltung:<br />
Wallgasse 1 1/2<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 3 54 03 - 10<br />
S. 11
hinten von links: Barbara Dubanek, Sebastian Gerhard, Raphael Walter,<br />
Kerstin Ahner, Max Wagner, Stefanie Ringsleben, Wolfgang Eißen,<br />
Thomas Göser, Christian Diterich, Maria Hodes, Stefan Weinandy,<br />
Helmut Fries, Thomas Grüssner, Martina Schuff-Wünsch, Franz Kuhn,<br />
Angelika Fischer, Christa Rüger, Annette Jakobeit, Felicitas Burkert<br />
vorne von links: Ursula Heßler, Rita Roth, Michael Lindner-Jung<br />
große Verletzbarkeit <strong>und</strong> Isolation.<br />
Tatsächlich ist die Bahnhofsmission seit<br />
Jahren mit einer steigenden Zahl von<br />
Hilfesuchenden konfrontiert, bei denen<br />
die andauernde Aussichtslosigkeit <strong>ihre</strong>r<br />
Lebenssituation sich in der psychischen<br />
<strong>und</strong> physischen Verfassung manifestiert.<br />
3.621 Personenkontakte verzeichnet<br />
die Bahnhofsmission zu Menschen mit<br />
besonderen psychischen Belastungen<br />
im Jahr 2005. Zum Vergleich: 1995<br />
waren es noch 1.022 <strong>und</strong> im Jahr<br />
2000 2.655 Kontakte zur gleichen<br />
Personengruppe. So gesehen handelt es<br />
sich um einen längerfristigen Trend mit<br />
weiter steigenden Zahlen. Ereignisse<br />
wie der Arbeitsplatzverlust, die<br />
entstandene wirtschaftliche Notlage,<br />
eine schwerwiegende Erkrankung<br />
oder der Verlust einer wichtigen<br />
Bezugsperson – von Fall zu Fall<br />
kommen gleich mehrere belastende<br />
Lebensveränderungen zusammen<br />
– überfordern Menschen in <strong>ihre</strong>r<br />
Anpassungs- <strong>und</strong> Handlungsfähigkeit.<br />
Umso mehr sind sie, von <strong>ihre</strong>r<br />
sozialen Umgebung zurückgezogen,<br />
auf sich selbst gestellt. Betroffene<br />
wohnungslose Mitbürger sind folglich<br />
in einer ganz besonders prekären Lage.<br />
Obgleich sie unter wiederkehrenden<br />
S. 12 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
Ängsten <strong>und</strong> Depressionen,<br />
fortgeschrittener Sucht<br />
<strong>und</strong> einem zunehmenden<br />
körperlichen Verfall<br />
erkennbar leiden, sind<br />
sie häufig schwer in<br />
das vorhandene soziale<br />
Netz einzubinden. <strong>Die</strong>se<br />
Menschen stellen keine<br />
Anträge. Sie suchen keine<br />
Beratungsstelle auf <strong>und</strong><br />
gehen nicht zur Therapie.<br />
Sie nutzen bestenfalls die<br />
niederschwelligen Angebote<br />
der Wohnungslosenhilfe<br />
wie Notunterkünfte <strong>und</strong><br />
Tagesaufenthaltsstätten. Sie<br />
sind selten in der Lage, Termine<br />
einzuhalten oder st<strong>und</strong>enlang in<br />
einem Wartezimmer zu sitzen. Im<br />
Blick darauf wird verständlich,<br />
wie unabdingbar für unseren<br />
Kontakt zu der beschriebenen Klientel<br />
eine offene Gr<strong>und</strong>haltung ist. <strong>Die</strong>s<br />
gelingt im Versuch sich auf die Welt<br />
des Klienten einzulassen <strong>und</strong> einen<br />
Bezug zu unserer Realität herzustellen.<br />
Eventuelle Hilfeprozesse müssen<br />
konsequenterweise sehr individuell<br />
auf die jeweils eigenen Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Ressourcen abgestimmt sein.<br />
Sozialpolitisch ist hier die Entwicklung<br />
von niederschwelligen Einrichtungen<br />
angezeigt, die sich konzeptionell auf<br />
diese Personengruppe ausrichten<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig auf hochschwellige<br />
Aufnahmebedingungen wie beispielsweise<br />
Krankheitseinsicht <strong>und</strong> Therapiebereitschaft<br />
verzichten.<br />
not hat viele Gesichter<br />
Das Engagement der Bahnhofsmission<br />
ist nicht auf eine oder wenige Zielgruppen<br />
beschränkt. Als Angebot niedrigschwelliger<br />
professioneller Sozialarbeit<br />
ist sie offene Anlaufstelle für alle Menschen,<br />
die auf Unterstützung angewiesen<br />
sind, <strong>und</strong> das an einem der wichtigsten<br />
sozialen Brennpunkte unserer Stadt.<br />
Egal in welcher Situation sich jemand<br />
findet <strong>und</strong> mit welchen Anliegen <strong>und</strong><br />
Problemen er auf uns zukommt: Men
schen ohne Arbeit, ohne Wohnung, in<br />
wirtschaftlicher Not, mit Alkohol- <strong>und</strong><br />
Drogenproblemen, Menschen aus akuten<br />
Gewalterfahrungen, in Krisen, mit<br />
psychischer Erkrankung, Menschen<br />
in Beziehungskonflikten, Jugendliche<br />
mit Problemen im Elternhaus, in der<br />
Schule oder am Ausbildungsplatz <strong>und</strong><br />
natürlich auch mobilitätsbeeinträchtigte<br />
Reisende, die ohne fremde Hilfe keine<br />
öffentlichen Verkehrsmittel nutzen können...<br />
die Liste ließe sich noch endlos<br />
fortsetzen.<br />
38.829 Mal fragten Menschen bei der<br />
Bahnhofsmission Würzburg im Jahr<br />
2005 um Hilfe an. Dabei stehen Personen<br />
mit besonderen sozialen <strong>und</strong><br />
psychischen Belastungen mit insgesamt<br />
29.235 Kontakten im Zentrum der<br />
Arbeit.<br />
Kinder unter 14 Jahren 775<br />
Jugendliche bis 18 Jahre 1.602<br />
Junge Erwachsene bis 27 Jahre 6.237<br />
Männer 20.058<br />
Frauen 10.157<br />
Gesamtzahlen 38.829<br />
not hält sich nicht an ÖFFnunGsZeiten<br />
Ein besonderes Merkmal der Bahnhofsmission<br />
der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
ist <strong>ihre</strong> Erreichbarkeit r<strong>und</strong> um die<br />
Uhr <strong>und</strong> das täglich. Wo andere Einrichtungen<br />
in der Nacht oder am Wochenende<br />
geschlossen sind, gibt unsere<br />
Einrichtung mit <strong>ihre</strong>n Mitarbeitenden<br />
<strong>und</strong> Räumlichkeiten die Gelegenheit<br />
zum Rückzug, zum Gespräch <strong>und</strong><br />
schließt als Überbrückungsmöglichkeit<br />
in Krisensituationen die erheblichen<br />
Lücken im sozialen Netz.<br />
die nÖte unserer Besucher sind vielFältiG<br />
– unsere hilFen auch<br />
Das Angebot der Bahnhofsmission<br />
beinhaltet:<br />
• vertrauliche Gespräche <strong>und</strong><br />
Erstberatung<br />
• Informationen über bestehende<br />
Hilfeangebote <strong>und</strong> Leistungen im<br />
sozialen Netz<br />
• materielle Überbrückungshilfen<br />
(Nahrung, Kleidung, Hygiene)<br />
• vorübergehende Übernachtung für<br />
Frauen <strong>und</strong> Kinder<br />
• auf Wunsch Vermittlung <strong>und</strong> Begleitung<br />
zu fachlich spezialisierten<br />
Einrichtungen <strong>und</strong> Sozialdiensten<br />
• Reisehilfen (Informationen, Umsteigehilfen,<br />
Organisation von<br />
Fahrten <strong>und</strong> Fahrkarten)<br />
Über 95.000 verschiedene<br />
Unterstützungsleistungen haben unsere<br />
Besucherinnen <strong>und</strong> Besucher erhalten;<br />
darunter 3.442 Kriseninterventionen,<br />
Beratungen <strong>und</strong> Gespräche, 2.845<br />
Vermittlungen an andere Stellen <strong>und</strong><br />
Bahnhofsmissionen. 24.682 bzw. 22.150<br />
Mal wurden Getränke bzw. Verpflegung<br />
ausgegeben.<br />
soZiale<br />
eFFiZienZ<br />
vernetZunG schaFFt mehr<br />
Bahnhofsmission als generell für Notlagen<br />
zuständige Einrichtung braucht die<br />
enge Vernetzung mit inhaltlich spezia-<br />
Team der Bahnhofsmission<br />
Leitung:<br />
Mitarbeitende:<br />
Michael Lindner-Jung<br />
Angelika Fischer // Verwaltung<br />
Kerstin Ahner<br />
Christian Diterich<br />
Wolfgang Eißen<br />
Sebastian Gerhard<br />
Thomas Göser<br />
Thomas Grüssner<br />
Ursula Heßler<br />
Annette Jakobeit<br />
Barbara Leim<br />
Matthias Lübeck<br />
Holger Lux<br />
Stefanie Ringsleben<br />
Rita Roth<br />
Isolde Sommer<br />
Max Wagner<br />
Raphael Walter<br />
Ursula Wölfel<br />
<strong>und</strong> 17 Ehrenamtliche<br />
S. 13
lisierten Fachdiensten (psychosoziale<br />
Beratungsstellen, Frauenhäuser, Einrichtungen<br />
der Wohnungslosenhilfe),<br />
damit Hilfe gleichermaßen früh <strong>und</strong><br />
wirkungsvoll geleistet werden kann.<br />
Besonders bewährt hat sich hier die<br />
verstärkte Kooperation der Wohnungslosenhilfeeinrichtungen<br />
innerhalb der<br />
<strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong>, die flexible<br />
Unterstützung schnell <strong>und</strong> fachlich abgestimmt<br />
vorhält:<br />
• die Herberge (Kurzzeitübernachtung),<br />
die wohnungslosen Menschen<br />
vorübergehenden Schutz<br />
bietet<br />
• die Wärmestube als „Sozialraum“<br />
für Menschen, die sich einer neuen<br />
sozialen Umgebung annähern<br />
wollen<br />
• die Zentrale Beratungsstelle als<br />
Stelle für das Clearing <strong>und</strong> weitergehende<br />
Beratung<br />
• das Johann Weber Haus mit entsprechender<br />
pädagogischer Begleitung<br />
auf dem Weg in die neue<br />
Selbstständigkeit<br />
• das Betreute Wohnen für ehemals<br />
wohnungslose Menschen, die den<br />
Schritt in die „normale“ Bürgergesellschaft<br />
fast schon geschafft<br />
haben.<br />
Komplettiert wird dieses Angebot der<br />
Wohnungslosenhilfe in der Zusammenarbeit<br />
mit dem Arbeitskreis „Menschen<br />
Bischof Dr. Friedhelm Hofmann verteilt als kleines Geschenk Karten<br />
mit einem Engelsmotiv an die Zuhörer in der Bahnhofshalle<br />
S. 14 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
ohne Wohnung“ <strong>und</strong> der unverzichtbaren<br />
Würzburger Straßenambulanz<br />
mit Bruder Tobias (Franziskanerminorit),<br />
der je zweimal wöchentlich in der<br />
Bahnhofsmission <strong>und</strong> der Wärmestube<br />
vor Ort tätig ist.<br />
BürGerschaFtliche BeteiliGunG schaFFt<br />
neue mÖGlichkeiten<br />
Unsere Arbeit lebt <strong>und</strong> gewinnt, wird<br />
öffentlich <strong>und</strong> von Belang, wo Bürgerinnen<br />
<strong>und</strong> Bürger bereit sind, sich mit<br />
der Situation von Menschen in Not zu<br />
befassen <strong>und</strong> sich ideell, personell oder<br />
materiell an der Beseitigung der Notsituation<br />
beteiligen. Überwältigend war<br />
im Jahr 2005 das öffentliche Interesse<br />
an der Bahnhofsmission <strong>und</strong> dem was<br />
sie bewegt.<br />
Ein besonderes Licht auf unsere Einrichtung<br />
warf der vorweihnachtliche<br />
Besuch von Bischof Friedhelm, der es<br />
vor ca. 200 Gästen in der Bahnhofshalle<br />
mit den Worten auf den Punkt brachte:<br />
„Bahnhofsmission tut das, was wir eigentlich<br />
immer tun müssten: nämlich<br />
offen sein für die Not der Menschen.“<br />
Mit einer persönlich ausgesuchten<br />
Weihnachtsgeschichte <strong>und</strong> einem kleinen<br />
Geschenk gelang es ihm, den Anwesenden<br />
die Freude zu vermitteln, zu<br />
der Gottes Menschwerdung allen Gr<strong>und</strong><br />
gibt. Viele suchten auch das persönliche<br />
Gespräch mit dem Bischof <strong>und</strong> berichten<br />
noch heute beeindruckt von <strong>ihre</strong>r<br />
Begegnung.<br />
<strong>Die</strong> Unterstützung der Würzburger<br />
Bahnhofsmission in <strong>ihre</strong>m Engagement<br />
für Notleidende war auch das Thema<br />
eines Konzerts künftiger Sozialpädagog/-innen<br />
an der Fachhochschule<br />
Würzburg-Schweinfurt im März des<br />
Jahres. Nach dem Motto „Von Klassik<br />
bis Bahnhof“ begeisterten junge Musiker/-innen<br />
mit einem Repertoire von<br />
Barockmusik bis zu den Schlagern der<br />
30er Jahre ihr zahlreiches Publikum <strong>und</strong><br />
spendeten den Erlös von über 750 Euro<br />
unserer Einrichtung. Ein toller Erfolg!<br />
<strong>Die</strong> Sonne ging auf <strong>und</strong> Frau Bürger
meisterin Schäfer fing an zu tanzen,<br />
als die zehnköpfige Gruppe „Sunrise“<br />
mit <strong>ihre</strong>r musikalischen Mischung aus<br />
Folk- <strong>und</strong> Popsongs – nach erfolgreichen<br />
Konzerten in den Vorjahren - im<br />
Hauptbahnhof am 09. Dezember erneut<br />
durchstartete. „Bahnhof – Menschen<br />
begegnen sich“ war das Thema <strong>und</strong> es<br />
wurde unter mehreren h<strong>und</strong>ert Menschen<br />
tatsächlich zu einem Fest. Bürgermeisterin<br />
Marion Schäfer würdigte<br />
in einer leidenschaftlichen Begrüßungsrede<br />
die Arbeit der Bahnhofsmission:<br />
„<strong>Die</strong>ser <strong>Die</strong>nst am Menschen ist Zeugnis<br />
für eine lebendige Kirche!“<br />
Betroffenheit <strong>und</strong> Teilnahme an den Erfahrungen<br />
unserer Arbeit zeigten viele<br />
Besucher von Informationsveranstaltungen<br />
<strong>und</strong> Spender, die für den Fortbestand<br />
unseres <strong>Die</strong>nstes immer wichtiger<br />
werden. Beispielhaft genannt sei hier<br />
der mit der Bahnhofsmission besonders<br />
verb<strong>und</strong>ene Lions Club Würzburg West.<br />
Er überreichte der Bahnhofsmission seinen<br />
Erlös aus einem Bücherbasar <strong>und</strong><br />
dem Würzburger Stadtfest im Juni in<br />
Gestalt eines Schecks über 1500 Euro.<br />
Bürgerschaftliche Beteiligung findet<br />
nicht zuletzt in ehrenamtlichem Engagement<br />
statt. Bei insgesamt 36 Mitarbeitenden<br />
hat sich die Gruppe der<br />
Ehrenamtlichen innerhalb eines Jahres<br />
auf inzwischen 17 verdoppelt. Ehrenamtliche<br />
in der Bahnhofsmission tragen<br />
mit <strong>ihre</strong>r Zeit, <strong>ihre</strong>m Wissen <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r<br />
Person dazu bei, dass unsere Einrichtung<br />
auch künftig für hilfesuchende<br />
Menschen als Zufluchtsort r<strong>und</strong> um die<br />
Uhr geöffnet ist.<br />
Bleibt noch der Hinweis auf einen wichtigen<br />
Neuanfang: Am 01. Dezember<br />
2005 wurde der Förderverein Bahnhofsmission<br />
e.V. gegründet.<br />
• Michael Lindner-Jung<br />
S. 15
KontaKt<br />
Rüdigerstraße 2<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 1 50 23<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag - Sonntag von<br />
10.00 - 16.00 Uhr<br />
Besuch von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in der Wärmestube<br />
Was ist denn eine WärmestuBe?<br />
Auch nach achtjährigem Bestehen der<br />
Würzburger Wärmestube werden wir<br />
dies immer wieder gefragt.<br />
Spricht man von der Wärmestube,<br />
drängt sich einem unwillkürlich das<br />
Bild der „warmen Stube“ früherer<br />
Zeiten auf. <strong>Die</strong> warme Stube – das<br />
Zimmer, das geheizt wurde, in dem es<br />
warm <strong>und</strong> gemütlich war, wo man sich<br />
traf, um miteinander ins Gespräch zu<br />
kommen, zu spielen, miteinander Zeit<br />
zu verbringen.<br />
Und hier ist auch die Parallele zu sehen<br />
zur Wärmestube als soziale Einrichtung<br />
in unserer Stadt. <strong>Die</strong> Wärmestube<br />
bietet Menschen ohne Wohnung oder<br />
die von Wohnungslosigkeit bedroht<br />
sind <strong>und</strong> einsamen Menschen eine unverbindliche<br />
Aufenthaltsmöglichkeit in<br />
einer geschützten Umgebung.<br />
<strong>Die</strong> Einrichtung ist ein niedrigschwelliges<br />
Angebot, was bedeutet, dass<br />
die Anonymität der einzelnen Besucher<br />
nicht aufgegeben werden muss.<br />
Abgesehen von der Einhaltung der<br />
Hausordnung sind an den Besuch<br />
der Einrichtung keine Bedingungen<br />
geknüpft.<br />
S. 16 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
Um die Kontaktaufnahme zu erleichtern,<br />
stehen den Besuchern eine Vielzahl von<br />
Brett-, Karten- <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>sspielen<br />
zur Verfügung. So kann die Kommunikation<br />
mit den Mitarbeitern <strong>und</strong> anderen<br />
Besuchern gefördert werden.<br />
<strong>Die</strong> Niedrigschwelligkeit ist Gr<strong>und</strong>lage<br />
des sozialpädagogischen Arbeitsprinzips<br />
der Wärmestube <strong>und</strong> erleichtert den<br />
Aufbau einer tragfähigen, vertrauensvollen<br />
Beziehung zu unseren Gästen.<br />
Ist erst einmal eine solche Beziehung<br />
aufgebaut, ist von der kritischen Betrachtung<br />
der aktuellen, persönlichen<br />
Situation, über die Sensibilisierung<br />
für das öffentliche Hilfesystem <strong>und</strong><br />
die Unterstützung bei Ämterkontakten<br />
<strong>und</strong> Bewerbungsschreiben, bis hin zur<br />
Vermittlung in weiterführende Einrichtungen<br />
vieles möglich.<br />
Um nochmals zur Ausgangsfrage zurückzukehren:<br />
Wärmestube ist eine<br />
Stube, die versucht für äußere <strong>und</strong> auch<br />
innere Wärme zu sorgen.<br />
eine andere statistik<br />
Seit Oktober 2005 ist die Wärmestube<br />
Würzburg durch die Unterstützung des<br />
Fördervereins Wärmestube e.V. auch
montags geöffnet. Es ergeben sich für<br />
das Jahr 2005 insgesamt 308 Öffnungstage.<br />
So wurden unsere Duschen im<br />
Jahr 2005 ca. 2000 Mal benutzt, unsere<br />
Waschmaschinen r<strong>und</strong> 1100 mal in Anspruch<br />
genommen. <strong>Die</strong> durchschnittliche<br />
Besucherzahl in der Wärmestube<br />
beläuft sich auf 50 bis 55 Personen,<br />
die sich über den Tag verteilt bei uns<br />
aufhalten.<br />
ohne ehrenamtliches enGaGement Geht<br />
es nicht<br />
<strong>Die</strong> Würzburger Wärmestube steht mit<br />
<strong>ihre</strong>r Arbeit gr<strong>und</strong>sätzlich auf zwei<br />
Säulen.<br />
<strong>Die</strong> eine Säule bilden die beiden hauptamtlichen<br />
Sozialarbeiterinnen, die<br />
andere der Stamm von ehrenamtlichen<br />
Mitarbeitern, ohne deren Engagement<br />
die Aufgaben der Würzburger Wärmestube<br />
nicht in bedarfsgerechter Weise<br />
gelöst werden könnten.<br />
<strong>Die</strong> ehrenamtlichen Mitarbeiter unterstützen<br />
die Sozialpädagoginnen bei der<br />
Bereitstellung von Tee, Kaffee, Kleingebäck<br />
u.a., bei der Organisation des<br />
Hygienebereichs <strong>und</strong> im Kontakt mit<br />
den Besuchern durch Gespräche <strong>und</strong><br />
der Teilnahme an Spielen.<br />
<strong>Die</strong> Begleitung <strong>und</strong> Motivation unserer<br />
Ehrenamtlichen ist eine zentrale Aufgabe,<br />
schließlich müssen sie mit Freude<br />
zu den Menschen gehen.<br />
Neben regelmäßigen Fallbesprechungen<br />
<strong>und</strong> einer Exkursion in die<br />
Herzogsägmühle setzten wir uns 2005,<br />
zusammen mit Anne Herzog, Psychotherapeutin<br />
in Schweinfurt, mit dem<br />
Thema „Frühe Störung <strong>und</strong> Verwahrlosung“<br />
auseinander.<br />
So lernten die ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />
ein Modell zur Erklärung mancher<br />
schwieriger Verhaltensweisen von<br />
Menschen mit Verwahrlosungstendenzen<br />
kennen.<br />
Bis ins Babyalter <strong>und</strong> in die frühe<br />
Kindheit mit nur unregelmäßiger, nicht<br />
verlässlicher Zuwendung reichen die<br />
Ursachen von Störungen, wie geringe<br />
Frustrationstoleranz, Beziehungsdefizite<br />
<strong>und</strong> überzogen forderndes Verhalten,<br />
von links: Barbara Scheidl, Bruder Tobias, Gitte Pape, Renate<br />
Bellinger, Helga Kuttenkeuler, Jürgen Kluge, Miriam Deitmer, Steffi<br />
Knirlberger, Anja Rapp, Anita Haber, Günther Kandert, Brigitte Abt-<br />
Carola Litzen, Heinz Hofmann<br />
mit denen die ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />
in der Wärmestube konfrontiert<br />
sind.<br />
Als Resultat konnte abgeleitet werden,<br />
dass es wichtig ist, den Kontakt mit den<br />
Besuchern der Wärmestube vorsichtig<br />
<strong>und</strong> mit Ausdauer <strong>und</strong> Geduld aufzubauen,<br />
in den Aussagen <strong>und</strong> im Verhalten<br />
eindeutig zu sein <strong>und</strong> verlässliche klare<br />
Strukturen zu schaffen <strong>und</strong> aufrecht zu<br />
erhalten.<br />
<strong>Die</strong> positiven Rückmeldungen der TeilnehmerInnen<br />
machten deutlich, wie notwendig<br />
die Begleitung <strong>und</strong> Fortbildung<br />
für das ehrenamtliche Engagement in<br />
der Wärmestube ist <strong>und</strong> auch in Zukunft<br />
fester Bestandteil der Arbeit der Sozialpädagoginnen<br />
sein muss.<br />
An dieser Stelle danken wir unseren<br />
ehrenamtlichen Mitarbeitern <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen<br />
für ihr großes Engagement,<br />
ihr zuverlässiges Mittragen <strong>und</strong> das<br />
Vertreten der Idee der Wärmestube nach<br />
außen.<br />
• Anja Rapp, Brigitte Abt<br />
Team der Wärmestube<br />
Leitung:<br />
Mitarbeitende:<br />
Anja Rapp<br />
Brigitte Abt<br />
Martin Hoppe<br />
Bruder Tobias<br />
Miriam Deitmer (FH-Praktikantin)<br />
<strong>und</strong> 11 Ehrenamtliche<br />
S. 17
KontaKt<br />
Wallgasse 1 1/2<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 3 54 03 17<br />
Aufnahmegespräche<br />
nach individueller Vereinbarung<br />
<strong>Die</strong> Maßnahme<br />
„Betreutes<br />
Wohnen“ für<br />
wohnungslose<br />
<strong>und</strong> strafentlasseneMänner<br />
war auch<br />
in diesem Jahr<br />
wieder gefragt.<br />
Unsere neun<br />
Einzelwohnungen<br />
waren<br />
deshalb immer<br />
belegt. In der<br />
Maßnahme<br />
waren 2005<br />
23 Männer:<br />
<strong>Die</strong> Wohnraumentwicklung für diese<br />
23 Männer:<br />
9 Männer haben eigenen angemieteten<br />
Wohnraum<br />
2 Männer haben Wohnraum, den<br />
die <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
angemietet hat<br />
2 Männer haben die Maßnahme<br />
abgebrochen<br />
1 Mann wurde inhaftiert<br />
9 Männer wohnten zum Jahresende<br />
noch in den Wohnungen.<br />
Der Betreuungsaufwand für sechs Plätze<br />
wird von der Stadt Würzburg übernommen.<br />
Mittlerweile haben wir neun<br />
Wohnungen im Rahmen des Betreuten<br />
Wohnens, weil wir die Schwierigkeit<br />
haben innerhalb eines Zeitrahmens von<br />
6 Monaten eigenen Wohnraum mit unseren<br />
Betreuten zu finden. Einige Wohnungen<br />
sind somit von Nachbetreuten<br />
bewohnt.<br />
Team des Betreuten Wohnens<br />
Mitarbeitende: Werner Schühler (Verantwortlicher)<br />
Jochen Parnemann<br />
Zita Düll<br />
S. 18 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsituation für die Bewohner<br />
der Maßnahme gestaltet sich wie folgt:<br />
1 Mann Arbeitsstelle bei einer<br />
Zeitarbeitsfirma<br />
3 Männer Chance 2000<br />
1 Mann schulische Bildung<br />
3 Männer 1-Euro-Job (Brauchbar,<br />
Aktive Hilfe, Altenheim)<br />
2 Männer ALG II + Nebentätigkeit<br />
7 Männer ALG II - Empfänger <strong>und</strong><br />
ohne Arbeit<br />
1 Mann Rentner<br />
1 Mann wurde inhaftiert<br />
1 Mann im Jahr 2005 verstorben<br />
3 Männer unbekannt (wegen Abbruch<br />
der Maßnahme oder<br />
Wegzug aus Würzburg)<br />
An dieser Stelle möchten wir Wohnungseigentümer<br />
werben, die unseren<br />
Betreuten Wohnraum vermieten.<br />
<strong>Die</strong> Beschäftigungssituation für ehemals<br />
wohnungslose <strong>und</strong> aus der Haft<br />
entlassene Menschen ist bedauerlich<br />
schlecht.<br />
• Werner Schühler
von links: Jochen Parnemann, Caterina Valguarnera, Michael Schramm,<br />
Marian Kalka, Ingo Betz-Eichler<br />
<strong>Die</strong> Gäste der Kurzzeitübernachtung<br />
für wohnungslose <strong>und</strong> strafentlassene<br />
Männer melden uns auch weiterhin<br />
unisono, dass Sie gerne zu uns kommen.<br />
Besonderen Wert legen unsere<br />
Gäste auf die Tatsache, dass Sie hier<br />
Ruhe <strong>und</strong> erholsamen Schlaf finden<br />
können. <strong>Die</strong> Herberge wird von den<br />
Gästen bevorzugt aufgesucht, weil das<br />
Haus ansprechend, sauber <strong>und</strong> zweckmäßig<br />
geführt <strong>und</strong> eingerichtet ist. Der<br />
Betrieb der Herberge läuft weitgehend<br />
ruhig <strong>und</strong> konfliktfrei ab. <strong>Die</strong>ses friedliche<br />
Milieu lässt sich nur durch eine<br />
klare <strong>und</strong> nachvollziehbare Hausordnung<br />
erzielen.<br />
<strong>Die</strong> Hausordnung besteht im Wesentlichen<br />
aus zwei Gr<strong>und</strong>sätzen:<br />
1. dem einzelnen Gast soviel Freiraum<br />
wie möglich einzuräumen<br />
2. konsequentes Verbot des Genusses<br />
jeglicher Drogen <strong>und</strong><br />
Alkohol im Haus<br />
Seit sich die Herberge in der Betriebsträgerschaft<br />
des Diakonischen Werkes<br />
befand <strong>und</strong> seit sie sich in der Trägerschaft<br />
der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
befindet, haben sich diese beiden<br />
Gr<strong>und</strong>sätze immer bestens bewährt.<br />
<strong>Die</strong> Nachfrage nach dem<br />
Übernachtungsangebot hat durch die<br />
umwälzenden Veränderungen der Hartz<br />
IV Gesetze zu einem Nachfragerückgang<br />
von 30 % in der Herberge geführt. Der<br />
wachsende Kostendruck hat uns leider<br />
dazu gezwungen die Öffnungszeiten der<br />
Herberge einzuschränken.<br />
<strong>Die</strong> Herberge ist durchgehend täglich in<br />
Betrieb. Seit dem 02.05.2005 öffnet das<br />
Haus um 18:00 Uhr <strong>und</strong> schließt morgens<br />
nach dem Frühstück.<br />
Für den Tagesaufenthalt steht allen Gästen<br />
der Herberge die Wärmestube in<br />
der Rüdigerstraße 2 von 10 - 16 Uhr zu<br />
Verfügung.<br />
<strong>Die</strong>se ist täglich geöffnet.<br />
• Jochen Parnemann<br />
Team der Kurzzeitübernachtung<br />
Leitung:<br />
Mitarbeitende:<br />
Jochen Parnemann<br />
Ingo Betz-Eichler<br />
Marian Kalka<br />
Michael Schramm<br />
KontaKt<br />
Wallgasse 1 1/2<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 3 54 03 16<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag - Sonntag von<br />
18.00 - 22.00 Uhr<br />
S. 19
Das Johann-Weber Haus ist ein sozialtherapeutisches Wohnheim für Männer im Alter<br />
von 18 bis ca. 60 Jahren. Wir helfen <strong>und</strong> unterstützen in den Bereichen Wohnen,<br />
Arbeiten, Behörden, Schulen, Freizeit <strong>und</strong> vieles mehr.<br />
Herbert Hahn<br />
- im Ruhestand<br />
Über den Jahresverlauf 2005 hinweg<br />
betreuten wir 51 Bewohner:<br />
• 40% unserer Bewohner, die im<br />
Jahr 2005 die Maßnahme erfolgreich<br />
beendeten <strong>und</strong> unser<br />
Haus verließen, bezogen eine<br />
Wohnung im Stadtgebiet Würzburg<br />
– dies ist ein erfreulich<br />
hoher Anteil betrachtet man die<br />
Vielfältigkeit der vor Beginn der<br />
Aufnahme vorliegenden besonderen<br />
sozialen Schwierigkeiten.<br />
• 40% brachen leider die Maßnahme<br />
ab, die meisten Abbrüche<br />
finden in den ersten Wochen des<br />
Aufenthaltes statt.<br />
• 20% unserer Bewohner verließen<br />
unser Haus aus anderen<br />
Gründen, wie beispielsweise die<br />
Verlegung in eine Fachklinik<br />
oder Inhaftierung.<br />
S. 20 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
Zum Jahreswechsel 2005/2006 waren<br />
21 Bewohner im Haus.<br />
Über den regulären Arbeitsalltag hinaus<br />
haben sich noch folgende nennenswerte<br />
Ereignisse in <strong>und</strong> um unser Haus<br />
zugetragen:<br />
Im Februar 2005 stellten wir unseren<br />
„Spielsaal“ zur Austragung des öffentlichen<br />
Teiles des 120jährigen Bestehens<br />
der Kurzzeitübernachtung, der früheren<br />
„Herberge zur Heimat“, einer der Einrichtungen<br />
der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong>,<br />
zur Verfügung. Es fanden sich<br />
zahlreiche Gäste ein um den Vortrag<br />
„Arme wird es immer geben“ von Prof.<br />
Dr. Ernst Engelke zu hören.<br />
Seit April 2005 hat das Johann-Weber-Haus<br />
in der Wallgasse 1 ½ eine<br />
„dezentrale Wohngruppe“. <strong>Die</strong>s ist ein
Angebot für Bewohner des Johann-Weber-Hauses,<br />
die sich schon eine gewisse<br />
Selbständigkeit erarbeitet haben wie<br />
auch für Bewohner, die aufgr<strong>und</strong> früher<br />
gemachter Heimerfahrungen gegenüber<br />
stationären Einrichtungen zunächst<br />
eher ablehnend sind oder auch für Männer,<br />
die aus der Justizvollzugsanstalt<br />
kommen. Wir haben auch mit diesem<br />
Angebot auf die veränderten Bedarfslagen<br />
reagiert. <strong>Die</strong> Räumlichkeiten in der<br />
Wallgasse 1 ½ bestehen aus drei Einzelzimmern,<br />
einer Gemeinschaftsküche<br />
sowie sanitären Anlagen. <strong>Die</strong>ses Angebot<br />
wird sehr gut angenommen. <strong>Die</strong><br />
Wohngruppe war über das Jahr hinweg<br />
zu fast 100% belegt.<br />
Am 31.05.2005 mussten wir uns leider<br />
von Herbert Hahn, unserem langjährigen,<br />
stets zuverlässigen <strong>und</strong> von uns<br />
sehr geschätzten Buchhalter verabschieden,<br />
er trat seinen wohlverdienten<br />
Ruhestand an (s. Bild auf Seite 20<br />
unten).<br />
Im Juni 2005 veranstaltete unser Mitarbeiter<br />
Stefan Gerhard ein Benefizkonzert<br />
mit seiner Band „Voices 4 your<br />
Soul“ zu Gunsten der Wärmestube, der<br />
Bahnhofsmission <strong>und</strong> des Johann-Weber-Hauses<br />
im Bistro „Two Faces“ in<br />
der Peterstraße in Würzburg.<br />
Darüber hinaus können wir von einem<br />
sehr erfolgreichen Event im vergangenen<br />
Jahr berichten: Uns wurde<br />
die Austragung des jährlich zu begehenden<br />
<strong>Christophorus</strong>tages für das Jahr<br />
2005 übertragen. <strong>Die</strong>ser Festakt fand<br />
am 22.07.2005 in unseren Räumlichkeiten<br />
statt. Eine umfangreiche Power-<br />
Point-Präsentation unterlegten wir mit<br />
einem Referat über unsere Arbeit im<br />
Johann-Weber-Haus. Im Beisein vieler<br />
geladener Gäste aus den eigenen<br />
Reihen wie auch aus der Justiz, Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Presse fand dieser Teil der<br />
Feierlichkeiten im Spielsaal statt. Den<br />
sich anschließenden kleinen Imbiss servierten<br />
wir in den Räumlichkeiten unserer<br />
Holzwerkstatt mit der Möglichkeit<br />
des Aufenthaltes in unserem gepflegten<br />
von links: Sabine Zeisner, Ulrike Ratajczak, Heike Hochrein, Stefan<br />
Gerhard, Stefan Nothegger<br />
KontaKt<br />
Innenhof. <strong>Die</strong> Resonanz auf unsere<br />
Gestaltung des <strong>Christophorus</strong>tages war<br />
r<strong>und</strong>herum positiv, begeisterte Kollegen<br />
lobten unsere Art der Umsetzung des<br />
<strong>Christophorus</strong>tages.<br />
• Ulrike Ratajczak<br />
Team des Johann-Weber Haus<br />
Leitung:<br />
Mitarbeitende:<br />
Haugerring 4<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 32 10 20<br />
<strong>Christophorus</strong> Tag im Johann-Weber-Haus<br />
Aufnahmegespräche<br />
nach individueller Vereinbarung<br />
Ulrike Ratajczak<br />
Herbert Hahn // Verwaltung<br />
Karin Jarczak // Verwaltung<br />
Stefan Gerhard<br />
Heike Hochrein<br />
Alfred Janetzko<br />
Stefan Nothegger<br />
Sabine Zeisner<br />
Joachim Maurer (FH-Praktikant)<br />
Zivildienstleistende<br />
S. 21
KontaKt<br />
Neubaustraße 40<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 32241-51<br />
Fax: 0931 / 32241-46<br />
Bürozeiten:<br />
Montag - Donnerstag<br />
von 9.00 - 12.00 Uhr<br />
anGeBote<br />
Team der Wohnungsverwaltung<br />
Leitung:<br />
Mitarbeitende:<br />
• Hilfe bei der Wohnungsvermittlung<br />
(beziehungsweise<br />
Untervermietung)<br />
• Normalisierung der Wohn- <strong>und</strong><br />
Lebensverhältnisse<br />
<strong>Die</strong> Wohnungsvermittlung <strong>und</strong> – verwaltung<br />
der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
(WoV) vermietet Wohnräume<br />
an Wohnungslose <strong>und</strong> von Wohnungslosigkeit<br />
bedrohte Menschen, da sich<br />
eine Direktanmietung durch die Klienten<br />
selbst meist als schwierig gestaltet.<br />
Günstig angemietete Wohnungen<br />
Günther Purlein<br />
Birgit Gerleigner<br />
S. 22 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
werden durch die WoV weitervermietet.<br />
Langfristig sollen die Menschen wieder<br />
in Arbeit <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong> integriert<br />
werden <strong>und</strong> eigenständig eine Mietwohnung<br />
unterhalten können.<br />
ZielGruppe<br />
<strong>Die</strong> Wohnungsverwaltung der <strong>Christophorus</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> versteht sich als<br />
Anlaufstelle für Menschen, die<br />
• einen festen Wohnsitz in Würzburg<br />
suchen <strong>und</strong> hier leben<br />
möchten<br />
• unter einer bestimmten Einkommensgrenze<br />
liegen<br />
• insbesondere für Wohnungslose<br />
<strong>und</strong> Strafentlassene<br />
• Birgit Gerleigner
In der Zentralen Beratungsstelle (ZBS) werden wohnungslose <strong>und</strong> strafentlassene<br />
Menschen betreut <strong>und</strong> beraten. Rechtliche Ansprüche werden aufgeklärt <strong>und</strong> Lösungen<br />
gemeinsam erarbeitet. Unser Ziel ist es über die unterschiedlichen Möglichkeiten<br />
zum Aufbau einer neuen Existenzgr<strong>und</strong>lage zu informieren.<br />
Rechts im Bild: Werner Schühler, ZBS <strong>und</strong> 1. Vorsitzender der Mitarbeitervertretung<br />
Das umfassend prägende Ereignis des<br />
Jahres 2005 war zweifelsohne das Inkrafttreten<br />
der Hartz IV Reform. Damit<br />
wurde das alte, im Jahr 1962 in Kraft<br />
getretene B<strong>und</strong>essozialhilfegesetz<br />
(BSHG) abgeschafft <strong>und</strong> überwiegend<br />
von den Vorschriften der Sozialgesetzbücher<br />
(SGB) II <strong>und</strong> XII ersetzt.<br />
<strong>Die</strong>se Änderungen haben – vor allem<br />
im verwaltungstechnischen Bereich<br />
weit reichende Umwälzungen mit sich<br />
gebracht, die zu einem enorm erhöhten<br />
Arbeitsaufwand <strong>und</strong> zu einer völligen<br />
Umstellung des Leistungsabrechnungsverfahrens<br />
geführt haben. Bis 2004<br />
konnten alle erbrachten Leistungen der<br />
Zentralen Beratungsstelle <strong>und</strong> der Herberge<br />
mit zwei Sammelrechnungen bei<br />
einem Kostenträger, der Stadt Würzburg<br />
als örtlichem Träger der Sozialhilfe,<br />
abgerechnet werden.<br />
Seit 2005 müssen alle Leistungen der<br />
Zentralen Beratungsstelle <strong>und</strong> der Herberge<br />
personenbezogen als Einzelrechnung<br />
<strong>und</strong> gesplittet in Gr<strong>und</strong>sicherung<br />
mit Unterkunftskosten <strong>und</strong> sozialpädagogischem<br />
Betreuungsaufwand abgerechnet<br />
werden. <strong>Die</strong> Aufwendungen<br />
für die Gr<strong>und</strong>sicherung, auch als Regelleistung<br />
oder in unserem Bereich<br />
als Tagessätze bekannt, erstattet die<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeit <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>sicherung (ARGE) gemäß den<br />
Vorschriften des SGB II. Der sozialpädagogische<br />
Betreuungsaufwand wird<br />
Team der Zentralen Beratungsstelle<br />
Leitung:<br />
Mitarbeitende:<br />
Jochen Parnemann<br />
Zita Düll<br />
Werner Schühler<br />
Caterina Valguarnera (FH - Praktikantin)<br />
Katharina Hausmann (FH - Praktikantin)<br />
Gerda Hoh-Preis (FH - Praktikantin)<br />
S. 23
von links: Zita Düll, Caterina Valguarnera, Jochen Parnemann,<br />
Katharina Hausmann, Werner Schühler<br />
KontaKt<br />
Wallgasse 1 1/2<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 35 40 31 3<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag - Freitag von<br />
07.30 - 10.00 Uhr<br />
Mo, Mi, Do von<br />
14.00 - 15.00 Uhr<br />
uns gemäß § 67 SGB XII von der Stadt<br />
Würzburg als örtlichem Sozialhilfeträger<br />
vergütet.<br />
Grob vereinfacht ausgedrückt, hat mit<br />
der Einführung von Hartz IV gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
jeder der<br />
• arbeitslos<br />
• mittellos<br />
• erwerbsfähig <strong>und</strong><br />
• zwischen 15 <strong>und</strong> 65 Jahre alt ist<br />
• <strong>und</strong> seinen gewöhnlichen Aufenthalt<br />
in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland hat<br />
einen Anspruch auf das so genannte Arbeitslosengeld<br />
II.<br />
Neben den vielen einschneidenden<br />
Benachteiligungen <strong>und</strong> Kürzungen<br />
bei anderen Empfängergruppen dieser<br />
Leistungen hat das Arbeitslosengeld II<br />
für die von uns betreuten Menschen entscheidende<br />
Verbesserungen gebracht.<br />
Vielfach war es in der Vergangenheit<br />
bei den örtlichen Trägern der Sozialhilfe<br />
gängige Praxis, die Hilfen nach dem<br />
BSHG für allein stehende Wohnungslose<br />
<strong>und</strong> Strafentlassene gesetzeswidrig<br />
willkürlich zu befristen oder gänzlich<br />
zu verweigern. <strong>Die</strong>se Tatsachen konnten<br />
wir in der ZBS noch durch eine Umfrage<br />
im Jahr 2000 unter 24 mittleren<br />
<strong>und</strong> größeren Städten <strong>und</strong> Landkreisen<br />
im nordbayerischen Raum eruieren.<br />
S. 24 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
Von einem zum anderen Tag war die<br />
Praxis der willkürlichen Befristung oder<br />
gar der Verweigerung von Hilfe mit<br />
Beginn des Jahres 2005 entfallen. <strong>Die</strong><br />
Mobilität, das Umherreisen der Hilfeempfänger<br />
wurde gezwungenermaßen<br />
bei den Betroffenen hervorgerufen.<br />
Ständig waren die Ärmsten der Armen<br />
in unserer Wohlstandsgesellschaft gezwungen,<br />
nach Beendigung der Hilfen<br />
an einem Ort, einen Ortswechsel vorzunehmen,<br />
um erneut Hilfen für den<br />
Lebensunterhalt zu erhalten. <strong>Die</strong> Praktiken<br />
der gezielten Hilfeverweigerung<br />
<strong>und</strong> der vertreibenden Hilfe gehören<br />
endlich weitgehend der Vergangenheit<br />
an.<br />
statistische ausWertunG 2005<br />
• Jochen Parnemann<br />
Betrachtet man die Statistik des Jahres<br />
2005 <strong>und</strong> vergleicht sie mit dem<br />
Jahr 2004, dann lässt sich die größte<br />
Differenz bei den Übernachtungen in<br />
der Herberge feststellen. <strong>Die</strong> Zahl der<br />
Übernachtungen ist um 29 Prozent<br />
zurückgegangen. Unsere Vermutung<br />
ist, dass die Hartz IV Gesetzgebung<br />
zu dieser Veränderung geführt hat. Es<br />
genügt der gewöhnliche Aufenthalt<br />
B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, um Arbeitslosengeld<br />
II-Bezieher zu werden.<br />
Um Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe<br />
von der Agentur für Arbeit<br />
beziehen zu können, musste man, vor<br />
Inkrafttreten von Hartz IV, neben anderen<br />
Voraussetzungen auch einen festen<br />
Wohnsitz haben, damit man in die Zuständigkeit<br />
eines Arbeitsamtsbezirkes<br />
fiel. <strong>Die</strong> Folge war, dass bis Ende 2004<br />
wohnungslose Menschen Tagessätze<br />
aus der Sozialhilfe erhielten, jetzt haben<br />
Sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />
II. Wir sind ermächtigt aufgr<strong>und</strong><br />
vertraglicher Vereinbarungen mit der<br />
Arbeitsgemeinschaft für Arbeit <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>sicherung in Würzburg (ARGE)<br />
über einen unbefristeten Zeitraum Tagessätze<br />
des Arbeitslosengeldes II an<br />
Anspruchsberechtigte auszuzahlen.<br />
<strong>Die</strong>s hat den erfreulichen Effekt, dass
einige unserer Hilfesuchenden sich<br />
entschlossen haben, in Würzburg zu<br />
bleiben <strong>und</strong> nicht mehr umherzuziehen.<br />
Andere, früher regelmäßige Besucher<br />
von der Zentralen Beratungsstelle <strong>und</strong><br />
der Kurzzeitübernachtung, haben sich<br />
offensichtlich entschieden in einer anderen<br />
Kommune zu bleiben, dies wird<br />
vor allem im hohen Rückgang der Übernachtungszahlen<br />
deutlich, aber auch in<br />
der absoluten Anzahl von Personen, die<br />
die Zentrale Beratungsstelle aufsuchten<br />
(Rückgang von 628 auf 505 Personen,<br />
= -19,6 % <strong>und</strong> der Kontakte = -9,3 %).<br />
Der Rückgang bei den Beratungsgesprächen<br />
ist deshalb nicht so hoch, wie<br />
es der Rückgang der Übernachterzahlen<br />
erwarten ließe, weil wir nun die Kontakte<br />
mit den Menschen im „Betreuten<br />
Wohnen“ (+ 17,4 %) <strong>und</strong> in der „Nachbetreuung“<br />
(+ 8 Prozent) intensivieren<br />
konnten. Wir haben auch mehr Hausbesuche<br />
durchführen können als im Jahr<br />
zuvor (+ 20,4 Prozent).<br />
Interessant ist auch, dass wir eine Zunahme<br />
von Kontakten hatten, bei Personen<br />
deren Geburtsort Würzburg (+ 26,3 %)<br />
bzw. Bayern (+10,8 %) ist, oder die aus<br />
Unterfranken kommen (+25,2 %). <strong>Die</strong>s<br />
zeigt deutlich, dass wohnunglose Menschen<br />
seltener von einer Kommune in<br />
die nächste ziehen.<br />
Ein enormer Rückgang ist zu verzeichnen<br />
bei den Personen, die aus den anderen<br />
B<strong>und</strong>esländern kommen (alte<br />
B<strong>und</strong>esländer -24,9 %, neue B<strong>und</strong>es-<br />
länder -38,3 %). Besonders ins Gewicht<br />
fällt der Rückgang der Personen, die aus<br />
den alten B<strong>und</strong>esländern kommen, weil<br />
hier die absoluten Zahlen immer sehr<br />
hoch waren.<br />
Eine nur unwesentliche Änderung ist zu<br />
verzeichnen bei den Kontakten mit über<br />
65-jährigen Männern, ein Personenkreis,<br />
der nicht von der Hartz-IV-Gesetzgebung<br />
betroffen ist. <strong>Die</strong>se Männer<br />
verändern offensichtlich ihr Verhalten<br />
nicht.<br />
Noch ein Wort zum Geld:<br />
Der Rückgang bei der Auszahlung der<br />
Tages- <strong>und</strong> Wochenendsätze ist mit<br />
minus 866 ( - 17,7 %) Vorgängen überproportional<br />
hoch. <strong>Die</strong>ses Ergebnis relativiert<br />
sich, wenn man bedenkt, dass<br />
wir Männern, die im laufenden Bezug<br />
der ARGE stehen, auch teilweise für<br />
eine ganze Woche Ihr Geld aushändigen.<br />
Somit suchen diese Männer unsere<br />
Beratungsstelle nicht mehr so häufig<br />
zum Zwecke der Auszahlung auf.<br />
Unsere Kontakte mit Inhaftierten in der<br />
Justizvollzugsanstalt Würzburg sind angewachsen.<br />
<strong>Die</strong>s liegt vor allem daran,<br />
dass mehr <strong>und</strong> mehr Personen unsere<br />
Schulden- <strong>und</strong> Insolvenzberatung nutzen<br />
(+45 Prozent), die wir im Rahmen<br />
der „freien Straffälligenhilfe“ durchführen.<br />
<strong>Die</strong> staatlich gebotene Finanzierung<br />
von Schuldnerberatung in der JVA<br />
erfolgt leider noch nicht.<br />
• Werner Schühler<br />
S. 25
<strong>Die</strong> Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung für die Stadt <strong>und</strong> den Landkreis Würzburg<br />
hat ein ereignisreiches Jahr 2005 mit sehr vielen Klienten, Insolvenzfällen <strong>und</strong><br />
gesetzlichen Veränderungen hinter sich.<br />
KontaKt<br />
Neubaustr. 40<br />
97070 Würzburg<br />
Tel: 0931 / 1 79 79<br />
Beratungszeiten:<br />
nach Vereinbarung<br />
Bürozeiten:<br />
Montag - Freitag von<br />
9.00 - 12.00 Uhr<br />
GesetZliche veränderunGen<br />
<strong>Die</strong> Pfändungsfreigrenze (Tabelle zu<br />
§ 850c ZPO) wurde zum 01.07.2005<br />
erhöht.<br />
<strong>Die</strong>s garantiert einem alleinstehenden<br />
Schuldner ein unpfändbares Existenzminimum<br />
i. H. v. 989, 99 € monatlich.<br />
Bei einer oder mehreren Unterhaltsverpflichtungen<br />
erhöht sich der Betrag<br />
entsprechend (1359,99 € bei einer<br />
Unterhaltsverpflichtung, 1569,99 € bei<br />
zwei Unterhaltsverpflichtungen usw.<br />
siehe auch www.forum-schuldnerberatung.de<br />
<strong>und</strong> www.christophorus-wuerzburg.de).<br />
Ein Drittel unserer Klienten<br />
hat einen Arbeitsplatz <strong>und</strong> ein Lohneinkommen.<br />
Nur 14 % unseres Klientels<br />
verfügt überhaupt über ein pfändbares<br />
Einkommen, das für die Gläubiger bei<br />
dem Drittschuldner greifbar ist <strong>und</strong> im<br />
gerichtlichen Insolvenzverfahren an<br />
S. 26 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
die Gläubiger verteilt wird.<br />
Kehrseite der Medaille der für die<br />
Schuldner gesetzlich verbesserten Einkommensgarantie<br />
ist eine drastische<br />
Zunahme der Kontenpfändungen. Hier<br />
entsteht für die Betroffenen ein hoher<br />
Beratungsbedarf, damit sie <strong>ihre</strong> Schuldnerrechte<br />
(Freigabeantrag nach § 850 k<br />
ZPO) wahrnehmen können. Weiterhin<br />
bedeutet es einen hohen Arbeitsaufwand<br />
für alle Beteiligten (Bank, Gericht,<br />
Schuldner, Gläubiger). Eine notwendige<br />
gesetzliche Veränderung <strong>und</strong> Verbesserung<br />
i.S. Kontopfändung wird seit<br />
Jahren diskutiert - sie ist überfällig.<br />
Das erste Jahr „Hartz IV“ bzw. SGB II<br />
i.V.m. Arbeitslosengeld II ist vorbei. 20<br />
% unserer Klienten erhalten laufendes<br />
oder ergänzendes Arbeitslosengeld II;<br />
eine Schuldenregulierung ist hier i.d.R.<br />
aufgr<strong>und</strong> der vorrangigen Existenzsi-
cherung (Gewährleistung der Zahlung<br />
von Miete <strong>und</strong> Strom, Sicherung des<br />
Lebensunterhalts) <strong>und</strong> des geringen<br />
Einkommens unmöglich. <strong>Die</strong><br />
Schuldnerberatung kehrt hier<br />
in der Arbeit zurück zu <strong>ihre</strong>n<br />
Wurzeln; die betroffenen Klienten<br />
sind gezwungen <strong>und</strong><br />
müssen lernen mit einem<br />
schmalen Budget sinnvoll zu<br />
hauswirtschaften, damit am<br />
Ende des Geldes nicht noch<br />
viel Monat übrig ist.<br />
situation stadt WürZBurG<br />
In der Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung<br />
für die Stadt<br />
Würzburg wurden im Berichtsjahr<br />
460 Haushalte neu<br />
aufgenommen <strong>und</strong> beraten<br />
(eine Zunahme von 28,9 % gegenüber<br />
dem Vorjahr). <strong>Die</strong> ganze<br />
Palette von möglichen Beratungsleistungen<br />
ist gewährleistet, von<br />
der halbstündigen telefonischen Kurzberatung<br />
bis zum mit 20 – 30 St<strong>und</strong>en<br />
Arbeitszeit aufwendigen Fall eines Verbraucherinsolvenzverfahrens<br />
mit vielen<br />
Gläubigern. Bei insgesamt 892 Klienten<br />
für Stadt <strong>und</strong> Landkreis Würzburg waren<br />
in 267 Fällen Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> in<br />
197 Fällen Trennung <strong>und</strong> Scheidung die<br />
Hauptursachen für die Überschuldung.<br />
Unwirtschaftliche Haushaltsführung<br />
i.V.m. rechtlicher <strong>und</strong> wirtschaftlicher<br />
Unerfahrenheit bzw. eine mangelhafte<br />
Finanzkompetenz spielten in 237<br />
Fällen eine wesentliche Rolle. Eine<br />
weitere dramatische Tendenz zeigt die<br />
Zahl von 120 gescheiterten Selbständigkeiten<br />
<strong>und</strong> 55 gescheiterten Immobilienfi<br />
nanzierungen als Hauptgr<strong>und</strong><br />
der Zahlungsunfähigkeit.<br />
situation landkreis WürZBurG<br />
In der Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung<br />
für den Landkreis Würzburg wurden<br />
im Berichtsjahr 254 Haushalte neu<br />
aufgenommen <strong>und</strong> beraten (eine Zunahme<br />
von 30,7 % gegenüber dem Vorjahr).<br />
Bei insgesamt 892 Klienten für<br />
hinten von links: Günther Purlein, Edith Fiedler, Petra Müller, Peter<br />
Schneider, Thora Teske, Eva-Maria Helmerich<br />
vorne von links: Melanie Reinert, Thorsten Hilbig, Uta Riegel<br />
Es fehlt: Horst Rüger<br />
Stadt <strong>und</strong> Landkreis Würzburg umfasst<br />
das durchschnittliche Schuldenvolumen<br />
54.959,32 €; 190 Klienten hatten bereits<br />
die eidesstattliche Versicherung (früher<br />
Offenbarungseid) abgegeben. In der<br />
Hälfte aller Fälle sind Kinder von der<br />
Armuts- <strong>und</strong> Überschuldungssituation<br />
mitbetroffen; 96 Klienten sind alleinerziehend.<br />
<strong>Die</strong> Hälfe aller Haushalte verfügt<br />
über ein monatliches Einkommen<br />
Team der Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung<br />
Leitung:<br />
Günther Purlein<br />
Peter Schneider<br />
Mitarbeitende: Edith Fiedler // Verwaltung<br />
Eva-Maria Helmerich // Verwaltung<br />
Thorsten Hilbig // Verwaltung<br />
Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberater<br />
(Stadt):<br />
Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberater<br />
(Landkreis):<br />
Petra Müller<br />
Horst Rüger<br />
Uta Riegel (FH-Praktikantin)<br />
Peter Schneider<br />
Thora Teske<br />
Melanie Reinert (FH-Praktikantin)<br />
S. 27
zwischen 1000 – 1500 €; dies reicht in<br />
der Regel bei den heutigen Lebenshaltungskosten<br />
auch für einen Singlehaushalt<br />
für die Existenzsicherung aus, aber<br />
nicht mehr für einen finanztechnisch<br />
sinnvollen Schuldenabbau.<br />
insolvenZBeratunG<br />
Der b<strong>und</strong>esweite Trend einer sehr hohen<br />
<strong>und</strong> ansteigenden Anzahl von Verbraucherinsolvenzen<br />
in 2005 (u.a. bedingt<br />
durch die kontinuierlich steigende Überschuldung<br />
in Deutschland, mittlerweile<br />
ca. 3,7 Millionen private Haushalte,<br />
aber auch durch die seit 2001 mögliche<br />
St<strong>und</strong>ung der Verfahrenskosten für ein<br />
gerichtliches Verbraucherinsolvenzverfahren)<br />
spiegelt sich auch in unserer<br />
Beratungsstelle. Im Berichtsjahr haben<br />
die Mitarbeiter insgesamt 304 Klienten<br />
im Hinblick auf ein Verbraucherinsolvenzverfahren<br />
beraten <strong>und</strong> begleitet<br />
– von der Durchführung des außergerichtlichen<br />
Einigungsversuchs bis zu<br />
der Fertigstellung des Antrags für das<br />
gerichtliche Verbraucherinsolvenzverfahren.<br />
<strong>Die</strong>s bedeutet eine Steigerung<br />
in Höhe von 45 % gegenüber dem Vorjahr;<br />
wir sind hier am Ende der Fahnenstange<br />
unserer möglichen Kapazitäten<br />
angelangt. In 38 Fällen bzw. 12,5 %<br />
war eine außergerichtliche Einigung erfolgreich<br />
<strong>und</strong> ersparte diesen Klienten<br />
eine sechsjährige Wohlverhaltensperiode<br />
<strong>und</strong> ein gerichtliches Verfahren.<br />
Der mögliche Abrechnungszeitraum (in<br />
Bayern nach wie vor Abrechnung über<br />
nicht kostendeckende Fallpauschalen<br />
mit der Regierung) hat hier aufgr<strong>und</strong><br />
nicht ausreichend zur Verfügung gestellter<br />
Mittel des bayerischen Haus-<br />
S. 28 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
halts bis zum 30.09.2005 gedauert <strong>und</strong><br />
wird für 2006 noch einmal (bis zum<br />
31.08.2006) verkürzt. Weiterhin ist eine<br />
erneute gesetzliche Veränderung der<br />
Insolvenzordnung in aller M<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />
verschiedene Reformmodelle kursieren.<br />
Ob die geplanten Änderungen, die erhebliche<br />
Nachteile für die Verbraucher<br />
mit sich führen, durchgesetzt werden,<br />
bleibt abzuwarten.<br />
resümee <strong>und</strong> dank<br />
<strong>Die</strong> Nachfrage nach unserer Beratung<br />
ist unverändert auf einem sehr hohen<br />
Niveau <strong>und</strong> seit Jahren kontinuierlich<br />
steigend. <strong>Die</strong> Mitarbeiter leisten hier<br />
eine klassische Armenfürsorge: die<br />
Zahlen, Schulden <strong>und</strong> Gläubiger stehen<br />
im Vordergr<strong>und</strong>, dahinter zeigen sich<br />
die psychosozialen Folgen <strong>und</strong> Ursachen<br />
- Angst, Verunsicherung, Tränen,<br />
Familienschicksale, Krankheit, mangelnde<br />
Lebensqualität, moderne Armut<br />
<strong>und</strong> v. a. m.<br />
Der Dank der Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberater<br />
gilt der hervorragenden,<br />
erfrischenden Arbeit unserer beiden FH-<br />
Praktikantinnen Uta Riegel <strong>und</strong> Melanie<br />
Reinert, dem Management <strong>und</strong> der<br />
Entlastung durch unsere Sekretariats-<br />
<strong>und</strong> Verwaltungsfachleute, ohne die<br />
der Ansturm auf unsere Beratungsstelle<br />
nicht zu bewältigen wäre.<br />
• Peter Schneider
aktionsWoche schuldnerBeratunG<br />
13. - 17. Juni 2005<br />
Im Jahr 2005 hatte die <strong>Christophorus</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> die Gelegenheit sich <strong>und</strong><br />
ihr Teilarbeitsgebiet, Schuldner- <strong>und</strong><br />
Insolvenzberatung, einem breiten<br />
Teil der Bevölkerung in Würzburg zu<br />
präsentieren.<br />
Im Rahmen der b<strong>und</strong>esweiten Aktionswoche<br />
„Der Mensch hinter den Schulden“<br />
vom 13.-17.06.2005 konnte auf<br />
die steigende Ver- <strong>und</strong> Überschuldung<br />
von Privatpersonen aufmerksam gemacht<br />
werden.<br />
Den Auftakt bildete die Eröffnung der<br />
Bilderausstellung „Zwischen Mut <strong>und</strong><br />
Verzweiflung“ des Berliner Fotografen<br />
Günter Linke im Foyer des Würzburger<br />
Rathauses. Zu diesem Ereignis erschienen<br />
zahlreiche Politiker <strong>und</strong> Vertreter<br />
aus Wirtschaft <strong>und</strong> Kirche.<br />
<strong>Die</strong> Ausstellung konnte die ganze Woche<br />
während der regulären Öffnungszeiten<br />
des Rathauses besucht werden.<br />
Weitere Aktionen in dieser Woche<br />
waren Präventionsmaßnahmen mit<br />
Jugendlichen der Maria Ward Schule,<br />
der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe Grombühl<br />
<strong>und</strong> des Don Bosco Werks. Anhand von<br />
Fallbeispielen konnte eine beginnende<br />
Verschuldung nachvollzogen <strong>und</strong> Lösungsstrategien<br />
erarbeitet werden. <strong>Die</strong><br />
Schülerinnen der Maria Ward Schule<br />
führten 2 Wochen Haushaltsbuch <strong>und</strong><br />
werteten anschließend <strong>ihre</strong> Ausgaben<br />
<strong>und</strong> Einnahmen unter Anleitung einer<br />
Schuldnerberaterin aus.<br />
Am darauf folgenden Mittwoch informierte<br />
die <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
über <strong>ihre</strong> Einrichtungen <strong>und</strong> Arbeit mit<br />
einem Informationsstand am Sternplatz.<br />
<strong>Die</strong> Aktionswoche endete am Freitag,<br />
den 17.06.2005 mit einer Abschlussk<strong>und</strong>gebung<br />
in Berlin.<br />
• Uta Riegel<br />
Bilderausstellung „Zwischen Mut <strong>und</strong> Verzweiflung“ im Würzburger Rathaus<br />
von links: Dr. Peter Motsch, Manfred Ach, Paul Lehrieder, Dr. Adolf Bauer,<br />
Günther Purlein, Robert Hutter<br />
Bilderausstellung im<br />
Würzburger Rathaus<br />
Informationsstand am<br />
Sternplatz<br />
Bilderausstellung im<br />
Würzburger Rathaus<br />
S. 29
„Es war ein Mensch, der ging von<br />
Jerusalem hinab nach Jericho <strong>und</strong> fiel<br />
unter die Räuber; die zogen ihn aus <strong>und</strong><br />
schlugen ihn <strong>und</strong> machten sich davon<br />
<strong>und</strong> ließen ihn halbtot liegen. Es traf<br />
sich aber, dass ein Priester dieselbe<br />
Straße hinabzog; <strong>und</strong> als er ihn sah,<br />
ging er vorüber. Desgleichen auch ein<br />
Levit: als er zu der Stelle kam <strong>und</strong> ihn<br />
sah, ging er vorüber. Ein Samariter<br />
aber, der auf der Reise war, kam dahin;<br />
<strong>und</strong> als er ihn sah, jammerte er ihn; <strong>und</strong><br />
er ging zu ihm, goss Öl <strong>und</strong> Wein auf<br />
seine W<strong>und</strong>en <strong>und</strong> verband sie ihm, hob<br />
ihn auf sein Tier <strong>und</strong> brachte ihn in eine<br />
Herberge <strong>und</strong> pflegte ihn.“<br />
„Der barmherzige Samariter“ - dieses<br />
Gleichnis ist nicht nur ein gutes Beispiel<br />
für die Prägekraft von Bibel <strong>und</strong><br />
Christentum in Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart;<br />
es ist nach wie vor ein hilfreicher<br />
Schlüssel für die Bewertung aktueller<br />
Situationen <strong>und</strong> für den Zugang zu dem<br />
richtigen oder zumindest dem besseren<br />
S. 30 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
unter mehreren sich bietenden Wegen.<br />
Und es ist zum Urbild helfender Zuwendung<br />
zum Nächsten geworden.<br />
Wenn wir die Bereitschaft zur „<strong>Die</strong>nstleistung“<br />
von Christen <strong>und</strong> von der Kirche<br />
erwarten, dann haben wir – bewusst<br />
oder unbewusst – dieses Gleichnis im<br />
Sinn.<br />
Unser aufrichtiger Dank geht an dieser<br />
Stelle an unsere w<strong>und</strong>ervollen ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
in der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Sie alle leisten einen sehr wertvollen<br />
Beitrag für unsere Region <strong>und</strong> sind der<br />
lebendige Beweis für unsere aktive <strong>und</strong><br />
engagierte Bürgergesellschaft in Würzburg<br />
<strong>und</strong> Umgebung.<br />
Da möchten Sie auch mitmachen?<br />
Dann kommen Sie doch einfach mal<br />
vorbei – in der Wärmestube oder in der<br />
Bahnhofsmission. Dort sind inzwischen<br />
über 30 Ehrenamtliche aktiv.
Gründung:<br />
14. Juni 2004 als eingetragener Verein<br />
beim Registergericht Würzburg.<br />
Anerkannt als mildtätig <strong>und</strong><br />
gemeinnützig durch das Finanzamt.<br />
Vorstand:<br />
1.Vorsitzender: Günther Ackerhans<br />
2.Vorsitzender: Bernhard Christof<br />
Kassenwart: Heinz Hofmann<br />
Schriftführerin: Hildegard Balling<br />
Zielsetzung:<br />
Ehrenamtliche Unterstützung der<br />
Wärmestube durch Vorstand, Mitglieder<br />
<strong>und</strong> spendenbereiter Mitbürger/innen<br />
um die entstehende finanzielle Lücke<br />
ganz oder teilweise zu schließen. <strong>Die</strong><br />
notwendigen <strong>und</strong> sinnvollen Angebote<br />
<strong>und</strong> die Hilfestellung für Bedürftige<br />
durch die Mitarbeiter/innen der<br />
Wärmestube darf nicht gefährdet<br />
werden.<br />
Förderverein Wärmestube e.V.<br />
Etwas Wärme braucht der Mensch<br />
Wie kann geholfen werden ?<br />
Als einmaliger oder regelmäßiger<br />
Spender – jeder Cent hilft –<br />
<strong>und</strong> / oder<br />
als Mitglied des Fördervereins<br />
Jahresbeitrag 60,00 Euro<br />
Weitere Informationen durch den<br />
1. Vorsitzenden unter<br />
folgenden Telefonnummern:<br />
0931/56808 oder 0174/2915707<br />
Wie auch immer Sie sich<br />
entscheiden – jede Art von<br />
Hilfeleistung ist sehr wertvoll,<br />
dient der guten Sache <strong>und</strong> wird<br />
uns unserem gemeinsamen Ziel<br />
näher bringen!<br />
Helfen auch Sie mit, <strong>und</strong><br />
unterstützen Sie uns<br />
Förderverein Wärmestube e.V.<br />
c/o Central-Hotel<br />
Koellikerstraße 1; 97070 Würzburg<br />
Spendenkonto:<br />
Sparkasse Mainfranken<br />
Konto: 43 98 50 50<br />
BLZ: 790 500 00
Wieviel schulden die Reichen den Armen?<br />
Schulden sie ihnen überhaupt<br />
etwas?<br />
Mit der Vorstellung unseres <strong>Christophorus</strong>-Jahresberichtes<br />
2005 lade ich<br />
Sie ein mit mir Gewissenserforschung<br />
zu betreiben! „Leistung wird belohnt“<br />
sagt die Ideologie des Kapitalismus.<br />
Das ist zunächst eine Behauptung. Wie<br />
oft wird Leistung nicht angemessen belohnt,<br />
frage ich Sie.<br />
Wirkliche Empörung erfasst uns alle,<br />
wenn der Kapitalismus sein eigenes<br />
Gerechtigkeitsversprechen nicht einlöst.<br />
<strong>Die</strong>s ist, da bin ich mir allgemeiner<br />
Zustimmung sicher, der Fall, wenn<br />
gescheiterte Aufsichtsratsvorsitzende<br />
mit üppigen Abfindungen, trotz<br />
eindeutiger Minderleistung, nach Hause<br />
gehen.<br />
Gerechtigkeit versteht sich nicht von<br />
selbst. Jeder einzelne von uns muss den<br />
Begriff Gerechtigkeit definieren <strong>und</strong><br />
entscheiden, was im Detail gerecht ist.<br />
Gerechtigkeit soll zwar den Ohnmächtigen<br />
zugute kommen, was Gerechtigkeit<br />
aber am Ende ist, bestimmen jedoch<br />
die Mächtigen.<br />
Im letzten Wahlkampf stießen zwei<br />
Gerechtigkeitsmodelle aufeinander:<br />
das neoliberale <strong>und</strong> das sozialdemokratische<br />
Modell.<br />
• Beim sozialdemokratischen<br />
Modell verteilt der Staat um, er<br />
korrigiert <strong>und</strong> mildert den Kapitalismus.<br />
<strong>Die</strong> Reichen sollen geben,<br />
die weniger Reichen sollen<br />
bekommen<br />
• Beim neoliberalen Modell soll<br />
ein nicht ganz, aber weitgehend<br />
entfesselter Kapitalismus so viel<br />
Reichtum schaffen, dass auch<br />
die Verlierer davon<br />
profitieren.<br />
Ist das Gerechtigkeit? Eines haben<br />
beide Modelle gemeinsam, sie wollen<br />
Leistung belohnen, aber Nichtleistung<br />
darf nicht den Sturz ins Bodenlose zur<br />
Folge haben. Mit all diesen Modellen<br />
lässt sich jedoch nicht klären, was Gerechtigkeit<br />
ist <strong>und</strong> auf was der Mensch<br />
ein Recht hat.<br />
Innerhalb der <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
ist Horst Rüger als Mitarbeitervertreter<br />
in dieser Funktion auch für<br />
Gerechtigkeit zuständig. Sie sehen ihn<br />
im Bild rechts als Wegweiser, er weiß<br />
wo es lang geht, im Rahmen unseres<br />
Betriebsausflugs in voller Aktion. Als<br />
Insolvenz- <strong>und</strong> Schuldnerberater ist er<br />
in einem Arbeitsfeld, dessen Ausbau<br />
immer stärker seitens der Politik gefordert<br />
wird, als Wegweiser gefragt.<br />
Vielen Dank der Mitarbeitervertretung<br />
<strong>und</strong> allen Mitarbeitenden für die vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit. So werden<br />
wir weiterkommen, in die richtige<br />
Richtung.<br />
Ich glaube daran, dass es möglich ist<br />
einen Mindeststandard für ein menschenwürdiges<br />
Leben in diesem Land<br />
zu definieren <strong>und</strong> im Übrigen den Ungerechtigkeiten<br />
<strong>und</strong> Wechselfällen des<br />
Lebens <strong>ihre</strong>n Lauf zu lassen.<br />
Horst Rüger<br />
2. Vorsitzender der<br />
Mitarbeitervertretung<br />
(MAV)<br />
S. 33
Ich glaube an Gerechtigkeit – als Christ,<br />
als Geschäftsführer der <strong>Christophorus</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong>, in der die katholische<br />
Caritas <strong>und</strong> die evangelische Diakonie<br />
effizient zusammenarbeiten, um die regionale<br />
Armenfürsorge gemeinsam zu<br />
organisieren.<br />
In der Insolvenzberatung haben wir in<br />
den ersten neun Monaten 2005 über 300<br />
Menschen in das komplizierte Verfahren<br />
geholfen, damit nach weiteren sechs<br />
langen Jahren den Betroffenen die restlichen<br />
Schulden erlassen werden <strong>und</strong><br />
sie einen Neuanfang wagen können.<br />
Haben wir nicht auch ein bisschen Gerechtigkeit<br />
mit unserem Engagement<br />
erreicht, einen Ausgleich zwischen<br />
mächtigen Gläubigern <strong>und</strong> am Boden<br />
liegenden Schuldnern? Das schönste<br />
Erlebnis des Jahres hatte ich in diesem<br />
Bereich, als ein in Not geratener Würzburger<br />
vehement nach einem Termin<br />
bei mir als Geschäftsführer verlangte.<br />
„Er wolle sich beschweren, über die<br />
<strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong>, über seinen<br />
Schuldnerberater, <strong>und</strong> das bei mir<br />
als Gesamtverantwortlichem“. Ich<br />
dachte mir, was wohl auf mich zukommen<br />
wird. Der Betroffene kam festen<br />
Schrittes, blieb kurz vor mir stehen <strong>und</strong><br />
sagte mit ebenso fester Stimme: „Das<br />
haben Sie nun von Ihrer Hilfestellung,<br />
jetzt trete ich wieder in die Kirche ein.“<br />
Kirche ist kein Selbstzweck.<br />
„Caritas kann für die Kirche niemals ein<br />
Auslaufmodell sein.“ Mit diesem Satz<br />
brachte der Kölner Dompropst Norbert<br />
Feldhoff Anfang des Jahres 2004 unsere<br />
Arbeit in Erinnerung. Nächstenliebe, so<br />
formuliert es Papst Johannes Paul II. in<br />
seiner Enzyklika zur Jahrtausendwende,<br />
ist nicht weniger wichtig als die Rechtgläubigkeit,<br />
„sie ist ein Stück der Lehre<br />
von Christus“.<br />
Kardinal Georg Sterzinsky, Berlin: „Der<br />
sozial-caritative <strong>Die</strong>nst ist aus der Kirche<br />
nicht herauszulösen.“ Er verweist<br />
auf die erste Enzyklika „DEUS CARI-<br />
TAS EST“ von Papst Benedikt XVI.<br />
vom 25. Dezember 2005. „Gott ist die<br />
Liebe“.<br />
S. 34 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005<br />
Der Präsident des Diakonischen Werkes<br />
Bayern, Dr. Ludwig Markert, hat in<br />
einer Gr<strong>und</strong>satzrede festgestellt, dass<br />
„zur bisher überwiegend einzelfallorientierten<br />
Tätigkeit eine zweite Säule,<br />
die aktivierende Gemeinwohltätigkeit,<br />
treten müsse. Beim anstehenden Umbau<br />
des Sozialstaates gelte es Modelle<br />
auf Gegenseitigkeit zu schaffen<br />
<strong>und</strong> fallbezogene Hilfen mit Initiativen<br />
für Allianzen <strong>und</strong> Netzwerke zu<br />
kombinieren.“<br />
B<strong>und</strong>espräsident Horst Köhler hat zum<br />
125-jährigen Bestehen des Deutschen<br />
Vereins für öffentliche <strong>und</strong> private Fürsorge<br />
am 8. Dezember 2005 in Berlin<br />
klare <strong>und</strong> einleuchtende Worte gef<strong>und</strong>en:<br />
„Das Soziale neu denken <strong>und</strong><br />
unseren Sozialstaat zukunftsfest zu machen,<br />
das sind die Herausforderungen<br />
gestaltender Politik. Und mehr denn<br />
je sind dabei Ehrlichkeit, Stetigkeit<br />
<strong>und</strong> ein Blick für Gerechtigkeit über<br />
die Länge einer Legislaturperiode oder<br />
einer Koalition hinaus gefordert. <strong>Die</strong><br />
Menschen erwarten zu Recht, dass man<br />
ihnen sagt, was auf sie zukommt. Gerade<br />
Reformen in der Sozialpolitik vertragen<br />
keine Halbwertzeit von wenigen<br />
Monaten. <strong>Die</strong> tragfähige Erneuerung<br />
unseres Sozialstaates ist ein wesentlicher<br />
Prüfstein für das Vertrauen in<br />
unser politisches System“.<br />
Der Sozialstaat hat Verfassungsrang.<br />
Geben wir darauf Acht.<br />
• Günther Purlein<br />
Druck: Vinzenz Druckerei Würzburg<br />
Gestaltung: C. Bernhardt, M. Müller
S. 36 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2005