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Der Clajus-Gedenkstein vor dem Altar der Kirche Bendeleben

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<strong>Der</strong> <strong>Clajus</strong>-<strong>Gedenkstein</strong> <strong>vor</strong> <strong>dem</strong> <strong>Altar</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong><br />

<strong>Bendeleben</strong><br />

Eines <strong>der</strong> ältesten Zeugnisse des Wirkens von Johannes <strong>Clajus</strong><br />

im thüringischen <strong>Bendeleben</strong> ist ein Gedenk- und Grabstein <strong>vor</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Altar</strong> <strong>der</strong> Dorfkirche, die zu seinen Lebzeiten, vermutlich<br />

unter seiner Leitung als Bauherr neu gebaut und geweiht<br />

wurde. Die Inschrift, die heute kaum noch zu entziffern ist,<br />

wurde durch Chronisten, insbeson<strong>der</strong>e We<strong>dem</strong>ann 1899,<br />

überliefert. Sie lautet: "Christo sacrum / Obiit Theologus M. /<br />

Johannes <strong>Clajus</strong> / Herzbergensis / III. Idus April. MDXCII / Gener<br />

P.P."<br />

Wann dieser <strong>Gedenkstein</strong> gesetzt wurde, ob es sich um einen<br />

Grabstein handelt, und ob <strong>Clajus</strong> in <strong>der</strong> Gruft unter <strong>dem</strong> <strong>Altar</strong><br />

begraben wurde, konnte bisher nicht ermittelt werden. Auch<br />

wer jener Schwiegersohn ("Gener P.P") gewesen sein könnte,<br />

war bisher völlig ungeklärt.<br />

Im Oktober 1997 nun lag ein unscheinbarer Brief in meinem<br />

Postkasten. <strong>Der</strong> Absen<strong>der</strong> war mir ganz unbekannt. Ich öffnete<br />

den Umschlag und staunte nicht schlecht. Eine Frau Ursula<br />

Einolf aus Berlin schickte mir einen Auszug ihrer Recherchen zur<br />

eigenen Familiengeschichte, verbunden mit <strong>der</strong> Bitte, einige<br />

ausstehende Fragen diesbezüglich zu beantworten. Zunächst<br />

hatte sie sich an den Son<strong>der</strong>shäuser Geschichts- und<br />

Altertumsverein gewandt, <strong>der</strong> aber zum Verfasser lateinischer<br />

und deutscher Gedichte <strong>vor</strong>allem aber <strong>der</strong> ersten deutschen<br />

Grammatik Johannes <strong>Clajus</strong> wenig aussagefähig war und an<br />

mich verwiesen hatte.<br />

1<br />

Gerald Höfer<br />

© Barbara Rossa, 1999


Die mit <strong>der</strong> sprichwörtlichen heißen Nadel gestrickte Festschrift<br />

zum 400. Todestag des Johannes <strong>Clajus</strong> 1992 1 bot zwar erstmals<br />

eine erweiterte Biografie des Dichters, konnte aber viele Fragen<br />

nur aufwerfen. Also auch die nach jenem Schwiegersohn und<br />

<strong>dem</strong> Namen von dessen Ehefrau.<br />

<strong>Clajus</strong> hatte schließlich 6 Kin<strong>der</strong> aus erster, 3 Kin<strong>der</strong> aus zweiter<br />

Ehe und eine Tochter aus dritter Ehe, von denen bisher auch<br />

nur 5 Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> ersten Ehe namentlich bekannt waren. Ursula<br />

Einolfs Recherche und Fin<strong>der</strong>glück ist es zu danken, dass <strong>der</strong><br />

Biografie nun neue Mosaiksteinchen eingepasst werden<br />

können.<br />

Einem ihrer Vorfahren wurde zum Begräbnis im Jahre 1704 eine<br />

Leichenpredigt gehalten, die wichtige Informationen enthält<br />

und bis zu <strong>Clajus</strong> weist. Im Archiv <strong>der</strong> Stadtkirche St. Martini zu<br />

Stolberg/ Harz ist unter <strong>der</strong> Nr. 229 besagte Predigt erhalten. Sie<br />

würdigt das Leben des Consulenten, Ratsherren und<br />

Stadtschreibers Justus Balthasar Leopold, <strong>der</strong> am 28.02.1645 als<br />

Sohn des Amts-, Gerichtsverwalters und Stadtschreibers Johann<br />

Leopold in Kelbra geboren wurde.<br />

Sein Vater war, ehe er nach Kelbra kam, um Stadtschreiber zu<br />

werden, Amts- und Gerichtsverwalter in Keula, Roßla und eben<br />

<strong>Bendeleben</strong>, das zu <strong>Clajus</strong> Lebzeiten eine eigenständige<br />

Gerichtsbarkeit hatte. Einige Jahre zu<strong>vor</strong> hatte <strong>der</strong> Großvater<br />

Hieronymus Bartholomaei seinen Dienst als Pfarrer in<br />

<strong>Bendeleben</strong> versehen. Dessen jüngste Tochter Dorothea<br />

Elisabeth sollte später den Verwalter heiraten.<br />

Bartholomaei war 1565 in Kindelbrück zur Welt gekommen und<br />

übernahm vermutlich 1609 die Pfarrei <strong>Bendeleben</strong>, nach<strong>dem</strong><br />

Johannes <strong>Clajus</strong>`Nachfolger Nicolaus Caspari gestorben war.<br />

1 Höfer, Lange, Schaller: Festschrift zum 400. Todestag des M. Johannis <strong>Clajus</strong> d.Ä..<br />

Son<strong>der</strong>shausen/<strong>Bendeleben</strong>: Geschichts- und Altertumsverein für Son<strong>der</strong>shausen und<br />

Umgebung e.V. Son<strong>der</strong>heft. 1992<br />

2<br />

Gerald Höfer


Casparis Epitaph aus rotem Kyffhäusersandstein, das sein<br />

lebensgroßes Bildnis zeigt, steht heute rechts hinter <strong>dem</strong> <strong>Altar</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Bendeleben</strong>er Dorfkirche.<br />

<strong>Clajus</strong>`einzigstes Kind aus dritter Ehe wurde nach seinen<br />

eignenen Aufzeichnungen am 17. August 1588 geboren. Da<br />

die <strong>Bendeleben</strong>er <strong>Kirche</strong>nregister vermutlich den Wirren des<br />

Dreißigjährigen Krieges zum Opfer fielen, konnte ihr Name<br />

bisher nicht ermittelt werden. Die Stolberger Leichenpredigt für<br />

Justus Balthasar Leopold liefert auch ihn nach. Denn die<br />

Großeltern waren besagter Hieronymus Bartholomaei und<br />

dessen Frau Amalia, geborene <strong>Clajus</strong>.<br />

Somit scheint auch schlüssig, daß Pfarrer Bartholomaei<br />

vermutlich jener Schwiegersohn des Johannes <strong>Clajus</strong> war, <strong>der</strong><br />

ihm den <strong>Gedenkstein</strong> <strong>vor</strong> <strong>dem</strong> <strong>Altar</strong> setzen ließ. Das läßt den<br />

Schluss zu, dass es sich nicht um einen Grabstein, son<strong>der</strong>n einen<br />

<strong>Gedenkstein</strong> handelt, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Stelle seines Wirkens an ihn<br />

erinnern sollte. Die von We<strong>dem</strong>ann in <strong>der</strong> Chronik<br />

nie<strong>der</strong>geschriebene Deutung <strong>der</strong> Inschrift muss meines<br />

Erachtens ebenso korrigiert werden: Die Unterschrift auf <strong>dem</strong><br />

Stein heißt vermutlich: "Gener B.P." (Schwiegersohn<br />

B[artholomaei] P[astor]). Freilich brächte erst eine intensive<br />

Untersuchung den Beweis ans Licht.<br />

Noch ein Nachsatz: Justus Balthasar Leopold heiratete 1680 in<br />

<strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> zu <strong>Bendeleben</strong> die Tochter des dortigen Pfarrers<br />

Christoph Hoffmann, Rahel. Hoffmanns Vater Otto Willibald war<br />

Superintendent in Weißensee, aber das ist schon wie<strong>der</strong> eine<br />

an<strong>der</strong>e Geschichte.<br />

3<br />

Gerald Höfer


Wortlaut <strong>der</strong> Leichenpredigt für Justus Balthasar Leopold 2<br />

(Auszug)<br />

Nach gehaltener Leichen Predigt wollen wir Christ= / löblichem<br />

Gebrauch nach Von unsers seel.(ig) Versorbenen Herrn /<br />

Mitbru<strong>der</strong>s, des weiland Edlen und Rechts wohlgelahr= / ten<br />

Herrn Justi Balthasaris Leopoldi, E.(ines) E. (hrwürdigen) Raths<br />

alhir / gewesenen Consulenten und Stadtschreibers Ankunftt /<br />

auf diese Welt, Christlich geführtem Lebenswandel, / und<br />

endlich erfolgtem seeligem Abschiede noch etwas / weniges<br />

gedenken.<br />

<strong>Der</strong>selbe ist aus einem reinen und keuschen Ehebette / von<br />

Christlichen Eltern auff diese Welt erzielet und / gebohren<br />

worden zu Kelbra A (nn) o 1645, 28sten / Februarii Vormittags<br />

um 10 Uhr.<br />

Sein Vater ist gewesen <strong>der</strong> weiland wohlEhrenveste H. (err) /<br />

Johann Leopold, <strong>vor</strong>mals Amts und Gerichts Verwalter / zu<br />

Keula, Roßla und <strong>Bendeleben</strong>, und letztlich Stadt= / schreiber<br />

zu Kelbra.<br />

Die Fr. (au) Mutter ist gewesen die weiland WohlEhrbare und /<br />

tugendbegabte Fr. (au) Dorothea Elisabeth, H. (errn) Hieronymi<br />

Bar= / tholomaei, damaligem Pfarrers zu <strong>Bendeleben</strong> jüngste /<br />

Tochter.<br />

<strong>Der</strong> GroßVater vom H. (errn) Vater ist gewesen...//<br />

//...<strong>Der</strong> H. (err) GroßVater von <strong>der</strong> Fr. (au) Mutter ist gewesen<br />

<strong>der</strong> wei= / land wolEhrwürdige und wolgelahrte H. (err)<br />

Hieronymus / Bartholomaei, Pastor zu <strong>Bendeleben</strong>.<br />

Die Fr. (au) GroßMutter von <strong>der</strong> Fr. (au) Mutter die wolEhrbare<br />

und / Gottseelige, Fr. (au) Amalia, eine gebohrne C l a j i n.<br />

2 Leichenpredigt Nr. 229, Archiv <strong>der</strong> Stadtkirche St. Martini zu Stolberg/Harz,<br />

Originalabschrift gefertigt im Mai 1995 von Dietrich Lücke, Historiker, Halle/Saale,<br />

wie<strong>der</strong>entdeckt von Ursula Einolf, Berlin<br />

4<br />

Gerald Höfer


Von diesen Eltern und Vorfahren, <strong>der</strong>en man noch / Viele<br />

anher sezzen, und den Väterl. (ichen) Stamm noch über / Die<br />

Vor Ober älter Vater und Mutter biß auf Trita= / rum und<br />

Tritariam hienaus führen könnte, wo man / es nicht die Zeit zu<br />

mesnagiren Vorbeygeschlagen, / ist <strong>der</strong> seel. (ig) Verstorbene<br />

entsproßen. / ...<br />

5<br />

Gerald Höfer

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