Restaurator im Handwerk – Ausgabe 1/2010 - Kramp & Kramp
Restaurator im Handwerk – Ausgabe 1/2010 - Kramp & Kramp
Restaurator im Handwerk – Ausgabe 1/2010 - Kramp & Kramp
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Über lange Jahre galten Ornamentik und Dekor in<br />
der Innenraumgestaltung als Relikte einer vergangenen<br />
Epoche, die mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ihr<br />
endgültiges Ende nahm. Es waren klare Formen und<br />
Flächen gefragt, es stand nicht mehr der Sinn danach,<br />
Innenräume, Treppenhäuser und dergleichen so farbig<br />
zu dekorieren, wie es noch um 1900 gängig war. Zwar<br />
nahm schon in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts<br />
nach der kurzen Epoche von Jugendstil und Art<br />
Deco die Dekorationswütigkeit ab, letztlich best<strong>im</strong>mte<br />
aber die Zeit nach 1945 eine klare Umorientierung, was<br />
die Innenraumgestaltung betraf. Für viele Jahre war ein<br />
dekoratives Arbeiten praktisch von der Bildfläche verschwunden,<br />
ehe in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts<br />
langsam damit begonnen wurde, noch vorhandene Malereien,<br />
Schablonierungen und andere flächenschmückende<br />
Dekorationen vorrangig in Treppenhäusern freizulegen,<br />
zu restaurieren und, wenn nötig oder gewünscht, neu<br />
anzufertigen bzw. auch neu zu gestalten. Einen klaren<br />
Anschub dazu gab die in den 1990er Jahren begonnene<br />
Instandsetzung und Renovierung ganzer Altbauviertel<br />
in den Städten Ostdeutschlands, die bis dahin eher meist<br />
sich selbst oder ihrem Verfall überlassen waren, in denen<br />
aber durch fehlende Sanierung in den Jahrzehnten davor<br />
eine Vielzahl von noch vorhandenen dekorativ gestalteten<br />
Innenbereichen vorhanden waren, wenn auch teilweise<br />
in sehr schlechtem Zustand. In Großstädten wie<br />
Berlin, Leipzig, Dresden und anderswo kann man heute<br />
wieder in frischem Zustand bewundern, was bis vor ein<br />
paar Jahren noch überstrichen, übertapeziert, überputzt<br />
oder auch nur noch in Resten vorhanden war. Hauptsächlich<br />
in Berlin, wo ich in dieser Zeit tätig war und<br />
<strong>im</strong>mer noch bin, konnte ich gerade in Treppenhäusern<br />
Ch r i S t i a n Le u b n e r<br />
Fachbeiträge<br />
Das Schablonieren be<strong>im</strong> Restaurieren<br />
von Innenräumen<br />
eine große Anzahl von Originalschablonierungen auf<br />
Pergamentpapier oder Folie übertragen und fotografisch<br />
festhalten; Schablonierungen, die teilweise auch<br />
nicht wieder restauriert wurden und somit nicht mehr<br />
zugänglich sind. Auf diese Weise konnte ich mir einen<br />
reichhaltigen Fundus von Schablonen für praktisch jede<br />
Gelegenheit aufbauen, was mir bei meiner Tätigkeit <strong>im</strong><br />
Malereibetrieb Ach, Berlin zugute kommt.<br />
Neben der Gestaltung durch Stuck, der freien dekorativen<br />
Malerei und der Holz- und Stein- bzw. Marmor<strong>im</strong>itation<br />
wurde vielfach die Schablonenmalerei angewandt<br />
und dies sowohl <strong>im</strong> Eingangsbereich des Hauses,<br />
also in Hausflur und Treppenhaus, als auch in den verschiedenen<br />
Räumlichkeiten der Wohnung selbst, egal,<br />
ob es sich um Mietshäuser, Mietvillen oder Eigenhe<strong>im</strong>e<br />
handelte. Unterschiede gab es meist nur in der Qualität<br />
der ausgeführten Dekorationsgestaltung; wer es sich als<br />
Bauherr leisten konnte, ließ sein Haus mit Stuck, Vergoldungen<br />
und echtem Marmor ausgestalten, die Schablonenmalerei<br />
war, da schneller und somit preisgünstiger<br />
anzufertigen, eher in den billigeren Wohngegenden vorzufinden.<br />
Gerade durch die Schablonenmalerei gibt es die<br />
vielfältigsten Möglichkeiten der Ausgestaltung von Innenräumen.<br />
Durch Schablonierung wird die Wand von<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> <strong>–</strong> <strong>Ausgabe</strong> 1/<strong>2010</strong> 5<br />
Ist es aufgrund<br />
schlechten Untergrundes<br />
nicht<br />
möglich, direkt<br />
zu schablonieren,<br />
geht es auf Rauhfasertapete<br />
auch,<br />
nur zu grob sollte<br />
sie nicht sein.<br />
Mit Fingerspitzengefühl<br />
gelingt<br />
es auch, relativ<br />
feingliedrige<br />
Muster aufzubringen.<br />
Hier wurde<br />
zuerst die Wandfarbe<br />
mit Hilfe<br />
eine Schablone<br />
wellenartig <strong>im</strong><br />
oberen Abschluss<br />
aufgebracht,<br />
danach die einzelnen<br />
Farben des<br />
Schablonenmotivs,<br />
die sich an der<br />
Welle orientierten.