Die Burg Vetzberg - Heimatverein-Rodheim-Bieber.de
Die Burg Vetzberg - Heimatverein-Rodheim-Bieber.de
Die Burg Vetzberg - Heimatverein-Rodheim-Bieber.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
______________________________________________________________________________________________________________________<br />
___<br />
Jahrgang 2001 Mai 2001 Nr.9<br />
Geschäftsstelle: Helmut Failing Grabenstr. 15 35444 <strong>Bieber</strong>tal Tel. privat 06409/9215, ges. 06033/897-118<br />
eMail-Adresse: <strong>Heimatverein</strong>.<strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong>@gmx.<strong>de</strong><br />
Der Blick über <strong>de</strong>n Tellerrand: <strong>Die</strong> <strong>Burg</strong> <strong>Vetzberg</strong> mit Treppe<br />
Seit etwa 12 Jahren flattert die Fahne von <strong>Bieber</strong>tal auf <strong>de</strong>m <strong>Burg</strong>fried vom <strong>Vetzberg</strong>. In früheren<br />
Zeiten war das ein Zeichen dafür, daß <strong>de</strong>r <strong>Burg</strong>herr im Lan<strong>de</strong> war. <strong>Die</strong> damaligen Besitzer, eine "Ganerbengemeinschaft",<br />
sind schon lange ausgezogen. <strong>Die</strong> <strong>Burg</strong> wur<strong>de</strong> nicht etwa durch kriegerische<br />
Umstän<strong>de</strong> zerstört, son<strong>de</strong>rn lieferte über 100 Jahre billiges und wohlvorbereitetes Baumaterial. Beson<strong>de</strong>rs<br />
für <strong>de</strong>n Häuserbau, zuletzt auch für <strong>de</strong>n Straßenbau Gießen - Gla<strong>de</strong>nbach z. B. <strong>de</strong>n Streckenabschnitt<br />
<strong>Rodheim</strong> / Fellingshausen. Der <strong>Vetzberg</strong>verein hat in Verbindung mit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> <strong>Bieber</strong>-<br />
tal aber <strong>de</strong>m langsamen Verfall ein En<strong>de</strong> gesetzt.<br />
Nach <strong>de</strong>m "regelrechten"<br />
Einbau eines Wasserhochbehälters<br />
mit integrierter<br />
Gaststätte vor ca.<br />
22 Jahren, zog neues Leben<br />
in die Mauerreste <strong>de</strong>r<br />
alten Raubritterburg ein.<br />
Seit dieser Zeit bemüht<br />
sich <strong>de</strong>r <strong>Vetzberg</strong>verein<br />
um die Erhaltung <strong>de</strong>r neben<br />
<strong>de</strong>m <strong>Burg</strong>fried noch<br />
vorhan<strong>de</strong>ne Mauerreste.<br />
Der lang gehegte Wunsch<br />
- die Begehbar- machung<br />
<strong>de</strong>s <strong>Burg</strong>frieds -, konnte<br />
teilweise im Jahre 2000 erfüllt wer<strong>de</strong>n. So<br />
wur<strong>de</strong> eine Außentreppe in verzinktem Stahl,<br />
zwischen <strong>Burg</strong>fried und <strong>de</strong>s noch vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Mauerrestes von <strong>de</strong>r Giebelwand <strong>de</strong>s Palais,<br />
errichtet. Über diese Treppe kann man <strong>de</strong>n<br />
"alten" Eingang, oberhalb <strong>de</strong>s <strong>Burg</strong>verlies erreichen.<br />
<strong>Die</strong>ser Eingang wur<strong>de</strong> ca. 800 Jahre<br />
lang von <strong>de</strong>r Ritterschaft genutzt.<br />
In <strong>de</strong>r Entstehungszeit war diese Tür, <strong>de</strong>r Ein-<br />
Ruine <strong>Vetzberg</strong> nach <strong>de</strong>m Giessener<br />
Professor <strong>de</strong>r Medizin Johann Wil-<br />
helm Baumer (1779)<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 1<br />
Nachrichten<br />
gang zum Wohnturm und<br />
war über eine Leiter erreichbar.<br />
Bei Gefahr und<br />
Kriegszeit wur<strong>de</strong> diese<br />
Leiter einfach eingezogen<br />
und die Bewohner waren<br />
vor je<strong>de</strong>m Überfall sicher.<br />
<strong>Die</strong> im Fuße <strong>de</strong>s <strong>Burg</strong>frieds<br />
vorhan<strong>de</strong>ne Tür<br />
wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n 30 Jahren<br />
<strong>de</strong>s 20 Jahrhun<strong>de</strong>rt gebrochen.<br />
Bautechnisch und <strong>de</strong>nkmalbedingt<br />
war es un-<br />
möglich, die Turmplatt-<br />
form für Besucher begehbar zu machen. Um<br />
aber einen Blick auf die nahe Universitätsstadt<br />
Gießen und <strong>de</strong>m Lahntal zu ermöglichen, wur<strong>de</strong><br />
vor <strong>de</strong>m gegenüber liegen<strong>de</strong>m Fenster (Tür)<br />
ein "eisernen" Balkon ebenfalls aus verzinktem<br />
Stahl, vorgebaut.<br />
Mit Spannung erwarten wir die offizielle<br />
Einweihung <strong>de</strong>r Treppe 2001.
Inhalt<br />
Blick über <strong>de</strong>n Tellerrand: <strong>Die</strong> <strong>Burg</strong> <strong>Vetzberg</strong> mit<br />
Treppe<br />
Inhaltsverzeichnis/Veranstaltungen 2001<br />
100 Jahre CVJM <strong>Rodheim</strong> – <strong>Bieber</strong> (1901 – 2001)<br />
<strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> in <strong>de</strong>r Neuzeit<br />
Der <strong>Bieber</strong>bach<br />
Zeitpunkt<br />
09.06.2001<br />
(16.00 Uhr)<br />
25.06.2001<br />
(10.00 – 12.00 Uhr)<br />
07.07.2001<br />
(10.00 – 12.00 Uhr)<br />
12.07.2001<br />
(ab 14.00 Uhr)<br />
13.07.2001<br />
(16.00 – 18.00 Uhr)<br />
14.07.2001<br />
(14.30 – 17.00 Uhr)<br />
17.-19.08.2001<br />
17.08.2001<br />
(20.00 Uhr)<br />
18.08.2001<br />
(ab 9.00 Uhr)<br />
19.08.2001<br />
21. Dezember 2001,<br />
19.00 Uhr<br />
Was steht drin?<br />
Verantwortlich<br />
Jürgen Steinmüller<br />
Redaktion<br />
Jürgen Steinmüller<br />
Günther Leicht<br />
Jürgen Steinmüller<br />
Veranstaltungskalen<strong>de</strong>r 2001<br />
Thema und Treffpunkt<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 2<br />
Seite<br />
Friedhofsführung <strong>Rodheim</strong> (Inschriften, barocke Steine) mit Jutta Failing und<br />
Andreas Schmidt<br />
Ferienspiele 2001: "Heil- und Zauberpflanzen <strong>de</strong>r Kelten"<br />
Ferienspiele 2001: "Erlebnisbacken im Backhaus: Hessiche Pizza" (Backhaus<br />
<strong>Rodheim</strong>)<br />
Ferienspiele 2001: "Mühlenwan<strong>de</strong>rung: Von <strong>de</strong>r Obermühle zur Reehmühle"<br />
(auch für Erwachsene)<br />
Ferienspiele 2001: "Volkstanz für Jugendliche" (Altersgruppe ab 10 Jahre,<br />
Bürgerhaus <strong>Rodheim</strong>)<br />
Ferienspiele 2001: "Keltische Tatoos: Körperbemalung nach keltischen Motiven"<br />
(Altersgruppe ab 8 Jahre, Ort wird noch bekannt gegeben)<br />
Eröffnung <strong>de</strong>s Heimatmuseums <strong>de</strong>s <strong>Heimatverein</strong>s <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.<br />
Vortrag "Heimische Trachten" von Inge Thies<br />
Brotbacken im Backhaus <strong>Rodheim</strong><br />
Eröffnung <strong>de</strong>s Heimatmuseums: Festgottesdienst, Trachtenausstellung, Volkstanz,<br />
Theater "Zeitfenster" aus <strong>de</strong>n Fenstern <strong>de</strong>s Heimatmuseums<br />
Arbeitskreis "Volkstum/Brauchtum": "<strong>Die</strong> lange Nacht", Bürgerhaus <strong>Rodheim</strong><br />
Ein Hinweis in eigener Sache:<br />
Der Termin "Historische Kartoffelernte" (in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Obstund<br />
Gartenbauverein <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong>) wird in das Jahr 2002 verschoben<br />
Über weitere Termine, Treffpunkte o<strong>de</strong>r Veranstaltungsorte wird über das Mitteilungsblatt<br />
<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> <strong>Bieber</strong>tal rechtzeitig informiert!<br />
Der <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V. freut sich über Ihre aktive Teilnahme!<br />
1<br />
2<br />
3<br />
5<br />
17
100 Jahre CVJM <strong>Rodheim</strong> – <strong>Bieber</strong> (1901 – 2001)<br />
Der CVJM <strong>Rodheim</strong> - <strong>Bieber</strong> blickt in diesem Jahr auf sein 100 jähriges Bestehen zurück.<br />
Der Start gelang Pfarrer Vömel 1901 mit 7 Mitglie<strong>de</strong>r, die <strong>de</strong>n Posaunenchor bil<strong>de</strong>ten.<br />
Der erste Auftritt, <strong>de</strong>r auch als Gründungsdatum gilt, war <strong>de</strong>r erste Advent 1901.<br />
<strong>Die</strong>ser Chor bil<strong>de</strong>t auch heute noch mit die Säule <strong>de</strong>s CVJM, zu <strong>de</strong>m sich aber bald<br />
weitere Gruppen bil<strong>de</strong>ten.<br />
War in <strong>de</strong>n vergangenen 100 Jahren so mancher Sturm mit Gotteshilfe zu überstehen,<br />
so sei doch an dieser Stelle an die Zeit <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Weltkriege erinnert. Manches Vereinsmitglied<br />
mußte sein Leben fern <strong>de</strong>r Heimat in <strong>de</strong>n Kriegswirren lassen. Aber auch<br />
an die Zeit von 1933 bis 1945 soll erinnert wer<strong>de</strong>n, wo <strong>de</strong>r Wind <strong>de</strong>m CVJM direkt ins<br />
Gesicht geblasen ist.<br />
Nun in Kurzform die Vereinschronik die ein Bild <strong>de</strong>r Zeit wie<strong>de</strong>r spiegelt.<br />
1901 Gründung <strong>de</strong>s CVJM und erster Auftritt <strong>de</strong>s Posaunenchores am 1.<br />
Advent<br />
1904 Gründung <strong>de</strong>s Gemischten Chores.<br />
1908 <strong>Die</strong> Kirchengemein<strong>de</strong> stellte eigene Räume für <strong>de</strong>n CVJM in <strong>de</strong>r kurz<br />
vorher erworbenen "Villa" in <strong>de</strong>r <strong>Vetzberg</strong>er Straße (heute Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
<strong>Rodheim</strong>) zur Verfügung.<br />
1909 Der CVJM <strong>Rodheim</strong> - <strong>Bieber</strong> entsen<strong>de</strong>t ein Mitglied als Kreisvertreter<br />
zur Weltkonferenz <strong>de</strong>s CVJM nach Barmen - Wuppertal.<br />
1910 Beginn einer aktiven Sportarbeit, zu <strong>de</strong>r eigene Geräte gekauft wur<strong>de</strong>n.<br />
1914 Erster Wechsel in <strong>de</strong>r Vereinsführung. Pfarrer Vömel verläßt <strong>Rodheim</strong>,<br />
sein Nachfolger wird Pfarrer Ohly. Ausbruch <strong>de</strong>s ersten Weltkrieges.<br />
Viele Vereinsmitglie<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n zur Wehrmacht eingezogen.<br />
Sieben von ihnen, so auch Chorleiter Ludwig Weigel aus Kleinlin<strong>de</strong>n,<br />
sahen ihre und unsere Heimat nicht wie<strong>de</strong>r.<br />
1918 Neuaufbau <strong>de</strong>s CVJM mit 39 Mitglie<strong>de</strong>r.<br />
1925 Rückkehr von Pfarrer Vömel in die Kirchengemein<strong>de</strong> <strong>Rodheim</strong>.<br />
1926 Posaunenfest in <strong>Rodheim</strong>.<br />
1928 Posaunenfest in Kassel, zu <strong>de</strong>m einige Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s CVJM <strong>Rodheim</strong><br />
mit <strong>de</strong>m Fahrrad fahren.<br />
1933 Politische Verän<strong>de</strong>rungen in Deutschland. Wohl die schwerste Zeit <strong>de</strong>s<br />
CVJM <strong>Rodheim</strong> - <strong>Bieber</strong> beginnt. Viele Bereiche <strong>de</strong>s CVJM wer<strong>de</strong>n<br />
verboten, so z.B. die Jugendarbeit.<br />
1937 Pfarrer Trautwein kommt nach <strong>Rodheim</strong>.<br />
1938 Kreisposaunenfest in <strong>Rodheim</strong>.<br />
1945 En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s schrecklichen zweiten Weltkrieg. Auch ist wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Tod<br />
von Mitglie<strong>de</strong>rn zu beklagen. Trotz <strong>de</strong>r Drangsalen und Not, o<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>shalb wird <strong>de</strong>r <strong>Die</strong>nst <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Chöre neu belebt und die<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 3
Jungschar so wie die Jugendarbeit blühen auf.<br />
1951 Wird die 50-Jahrfeier gefeiert. In <strong>de</strong>r inzwischen an Stelle <strong>de</strong>r Pfarrscheune<br />
errichtetes ev. Gemein<strong>de</strong>haus ist nun auch <strong>de</strong>r CVJM mit eingezogen.<br />
2001 Der CVJM zählt im Festjahr 81 Mitglie<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>n Vorsitz hat sein<br />
1999 Klaus Moos wie<strong>de</strong>r inne. Aus Anlaß dieses Jubiläumsjahres sind<br />
viele Feste geplant, auf die wir freundlich hinweisen dürfen.<br />
Bitte beachten sie die Anzeigen im Gemein<strong>de</strong>blatt.<br />
Der <strong>Rodheim</strong>er Posaunenchor im Jahr 1915<br />
Auszug aus: 100 Jahre CVJM Festschrift 1901 – 2001<br />
An dieser Stelle dürfen wir auf ein weiteres Jubiläum hinweisen:<br />
30 Jahre Kin<strong>de</strong>rgarten <strong>Vetzberg</strong><br />
Geplant ist eine Festwoche mit einer Vernissage, mit <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn gestaltete<br />
Bil<strong>de</strong>rn, in <strong>de</strong>r Mehrzweckhalle <strong>Vetzberg</strong>. Beginn Sonntag, 13.05.2001 und soll en<strong>de</strong>n<br />
mit <strong>de</strong>m Sommerfest am 19.05.2001.<br />
<strong>Die</strong> Redaktion<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 4
<strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> in <strong>de</strong>r Neuzeit<br />
von Günther Leicht<br />
Wenn Sie <strong>de</strong>n Begriff Neuzeit hören, dann <strong>de</strong>nken Sie sicher zunächst in Zeitabschnitten<br />
von überschaubaren Jahrzehnten. Der geschichtlich nicht so bewan<strong>de</strong>rte Mensch<br />
verbin<strong>de</strong>t damit vermutlich nicht die Zeitspanne von 500 Jahren.<br />
Tatsächlich ist es aber so, dass die Neuzeit in Europa vom En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mittelalters (um<br />
1500) bis in die Gegenwart gesehen wird. Von 1945 an sprechen die Geschichtsbücher<br />
von <strong>de</strong>r neusten Zeit.<br />
Insofern schließe ich trotz <strong>de</strong>s vielleicht von vielen fehlinterpretierten Begriffs "Neuzeit"<br />
nahtlos an die von Herrn Prof. Kaminski dargestellte mittelalterliche Aera an. Ich<br />
will diese Neuzeit im wesentlichen am Beispiel <strong>de</strong>r Mark <strong>Rodheim</strong> darstellen, eines auf<br />
germanischen Ursprung zurück zu führen<strong>de</strong>n frühgenossenschaftlichen Zusammenschlusses.<br />
Wenn ich die heimische Geschichte immer wie<strong>de</strong>r in Kontext bringe zu <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
und europäischen Geschichte, dann soll dies <strong>de</strong>r besseren Zuordnung zu bekannten Ereignissen<br />
und einem höheren Verständnis dienen.<br />
<strong>Die</strong> Neuzeit wird eingeleitet durch eine Reihe tiefgreifen<strong>de</strong>r geistiger, politischer und<br />
wirtschaftlicher Umwälzungen, <strong>de</strong>ren Keime vielfach bereits im späten Mittelalter liegen.<br />
Das allgemeine Kennzeichen <strong>de</strong>r Entwicklung ist die Lösung <strong>de</strong>s Individuums aus<br />
<strong>de</strong>n kirchlichen und sozialen Bindungen. <strong>Die</strong> alten Ordnungen zersetzen sich mehr und<br />
mehr, und neue Kräfte wer<strong>de</strong>n entbun<strong>de</strong>n durch die freie, auf die Vernunft bauen<strong>de</strong><br />
menschliche Persönlichkeit.<br />
Im Reich kommt es im ausgehen<strong>de</strong>n Mittelalter und in <strong>de</strong>r Frühen Neuzeit zur Herausbildung<br />
mo<strong>de</strong>rner Lan<strong>de</strong>sherrschaften, die die Macht <strong>de</strong>s Kaisertums zunehmend einschränken,<br />
sich aber ihrerseits mit <strong>de</strong>n Landstän<strong>de</strong>n (A<strong>de</strong>l, Geistlichkeit und Städten)<br />
auseinan<strong>de</strong>r setzen müssen.<br />
Der Übergang in Europa wird gekennzeichnet durch die Ent<strong>de</strong>ckungen <strong>de</strong>r Portugiesen<br />
und Spanier, durch Humanismus und Renaissance, in Deutschland mehr durch die Reformation,<br />
die in Verbindung mit politischen und sozialen Fragen Glaubenskämpfe hervorruft.<br />
Der Portugiese Bartolomeo Diaz umsegelt 1485 das Kap <strong>de</strong>r Guten Hoffnung. Christoph<br />
Kolumbus ent<strong>de</strong>ckt 1492 Amerika. Vasco da Gama fin<strong>de</strong>t 1498 <strong>de</strong>n Seeweg nach<br />
Ostindien. Um 1520 erobert Ferdinand Cortez Mexiko und umsegelt Ferdinand Magalhaes<br />
erstmals die Er<strong>de</strong>. In Italien wirken Leonardo da Vinci, Raffael und Michelangelo,<br />
in Deutschland Albrecht Dürer und Hans Holbein. Geistige Impulse kommen in Holland<br />
durch <strong>de</strong>n Humanisten Erasmus von Rotterdam, in Deutschland durch Philipp Me-<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 5
lanchthon. Nikolaus Kopernikus entwickelt das kopernikanische Weltsystem und zeigt<br />
die Unendlichkeit <strong>de</strong>s Weltenraumes.<br />
Am 31. Oktober 1517 veröffentlicht Martin Luther in Wittenberg 95 lateinische Thesen<br />
gegen <strong>de</strong>n Missbrauch das Ablasses und löst damit eine geistes- und weltgeschichtliche<br />
Eruption aus und markiert die Geburtsstun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Reformation.<br />
Abb. 1: Das restaurierte Lutherbild<br />
mit <strong>de</strong>m Schwan<br />
<strong>Die</strong> seit Jahrzehnten vorhan<strong>de</strong>ne Unzufrie<strong>de</strong>nheit<br />
<strong>de</strong>r Landbevölkerung bricht durch Luthers Gedankengut<br />
auf, es kommt zu <strong>de</strong>n Bauernkriegen<br />
in 1524/25. <strong>Die</strong> For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Bauern zielen<br />
keineswegs auf einen vollständigen Umsturz <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft. Wenn die Bauern die persönliche<br />
Freiheit for<strong>de</strong>rn, so wollen sie doch nicht alle<br />
Herrschaft beseitigen. Sie wollen nur einen Zustand<br />
dörflicher Selbstverwaltung wie<strong>de</strong>r herstellen.<br />
Ihre radikalen For<strong>de</strong>rungen richten sich auf<br />
die religiöse Reform o<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n durch diese<br />
begrün<strong>de</strong>t, als das sind: freie Wahl <strong>de</strong>s Pfarrers,<br />
Predigt <strong>de</strong>s Evangeliums ohne allen menschlichen<br />
Zusatz und Abschaffung <strong>de</strong>r Unfreiheit.<br />
<strong>Die</strong> Nie<strong>de</strong>rlage <strong>de</strong>r Bauern ist von größter Be<strong>de</strong>utung<br />
für die weitere <strong>de</strong>utsche Geschichte.<br />
Neben <strong>de</strong>n Bauern hat auch die kaiserliche Zentralregierung mit <strong>de</strong>m Rittertum gegen<br />
die Fürstenstaaten gekämpft. So ist <strong>de</strong>r Sieg <strong>de</strong>r Fürstenstaaten nicht nur ein Sieg über<br />
die Bauern, son<strong>de</strong>rn auch über <strong>de</strong>n A<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n Bauernkrieg geschwächt wird.<br />
Es sind spannen<strong>de</strong> Zeiten am geschichtlichen Übergang in die Neuzeit.<br />
Es kommt sicher die Frage auf, was hat das alles mit <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> zu tun? Sie wer<strong>de</strong>n<br />
erkennen, welche Auswirkungen die weltgeschichtliche Entwicklung auch auf unseren<br />
eng begrenzten Raum hat.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Rodheim</strong>er Mark ist ein be<strong>de</strong>utsamer Rest altgermanischer Bauernfreiheit und<br />
Selbstverwaltung. Das Markwesen kann als eine sehr frühe Vorläuferin <strong>de</strong>r 1848 von<br />
Raiffeisen und Schultze-Delitzsch ins Leben gerufenen Genossenschaften gesehen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Unermessliche Wäl<strong>de</strong>r müssen zur Zeitenwen<strong>de</strong> das Gebiet zwischen Lahn und Dünsberg<br />
- <strong>de</strong>m sogenannten "gemeinen (gemeinsamen) Land an <strong>de</strong>r Lahn" - be<strong>de</strong>ckt haben.<br />
<strong>Die</strong> Bewohner <strong>de</strong>r dort liegen<strong>de</strong>n Orte – vermutlich sind es <strong>Rodheim</strong>, Fellingshausen,<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 6
Kinzenbach, Heuchelheim, Kleinlin<strong>de</strong>n, Allendorf, Atzbach, Dorlar und Waldgirmes –<br />
verwalten und bewirtschaften die Waldflächen in <strong>de</strong>r Mark <strong>Rodheim</strong> gemeinsam.<br />
Abb. 2: <strong>Die</strong> Waldgrenzen am Königsstuhl<br />
<strong>de</strong>r früheren <strong>Rodheim</strong>er Mark<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 7<br />
<strong>Die</strong> Leitung liegt in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />
heimischen Nie<strong>de</strong>ra<strong>de</strong>ls. Im späten<br />
Mittelalter ist die Mark dann geteilt<br />
wor<strong>de</strong>n, wobei alte Rechte <strong>de</strong>r ausgeschie<strong>de</strong>nen<br />
Markgenossen noch<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rte bestehen und Grundlage<br />
für Streitereien bleiben. <strong>Die</strong> neue<br />
Mark <strong>Rodheim</strong> bil<strong>de</strong>n nunmehr nur<br />
noch die Orte <strong>Rodheim</strong>, Fellingshausen<br />
und <strong>Vetzberg</strong>.<br />
Das stolze Rittertum hat sich im<br />
Vergleich zu <strong>de</strong>r Zeit vor und nach<br />
<strong>de</strong>n Kreuzzügen vollkommen geän<strong>de</strong>rt.<br />
Durch unaufhörliche Feh<strong>de</strong>n mit feindlichen Nachbarn und <strong>de</strong>r bereits dargelegten generellen<br />
Strukturverän<strong>de</strong>rung verarmt gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>ra<strong>de</strong>l immer mehr. <strong>Die</strong> Wirrungen<br />
um die Zeit <strong>de</strong>r Bauernkriege und <strong>de</strong>r Reformation haben sicher auch die Mark einer<br />
starken Zerrüttung ausgesetzt. In einer Genossenschaft, <strong>de</strong>ren Grundpfeiler ja die<br />
Zusammenarbeit mehrerer ist, muss sich eine Feh<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Dorfbewohnern und<br />
<strong>de</strong>m A<strong>de</strong>l sehr nachteilig auswirken.<br />
Man hat aber dann auf bei<strong>de</strong>n Seiten erkannt, dass es im wohlverstan<strong>de</strong>nen bei<strong>de</strong>rseitigen<br />
Interesse liegt, eine friedliche Lösung herbeizuführen.<br />
Vermutlich gibt es bis dahin keine schriftlich festgelegten Ordnungen. Es beruht alles<br />
auf ungeschriebenem Brauch und Herkommen. Deshalb wird mit <strong>de</strong>m Vergleich von<br />
1557 auch eine schriftliche Markregel festgelegt. <strong>Die</strong> drei A<strong>de</strong>lsgeschlechter Lesch,<br />
Holzapfel und Wolfskehlen übernehmen abwechselnd die Verwaltung <strong>de</strong>r Mark als<br />
Obermärker. Oberste Herren <strong>de</strong>r Mark sind natürlich die Lan<strong>de</strong>sherren, <strong>de</strong>r Landgraf<br />
zu Hessen und <strong>de</strong>r Graf zu Weilburg.<br />
Aufgabe und Zweck <strong>de</strong>r Mark ist die möglichst sachgemäße und nutzbringen<strong>de</strong> Bewirtschaftung<br />
<strong>de</strong>s gemeinsamen Grundbesitzes. <strong>Die</strong>ser besteht ursprünglich nur in<br />
Wald. Mit <strong>de</strong>r fortschreiten<strong>de</strong>n Differenzierung <strong>de</strong>s gesamten Wirtschaftslebens kommen<br />
Ackerland, Wiesen, Kalksteinbrüche und bares Kapital hinzu. Eine staatliche Beaufsichtigung<br />
gibt es von seiten <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sherren nicht. Sie liegt bei <strong>de</strong>n örtlichen Obermärkern.<br />
Der Zugriff <strong>de</strong>s Staates entwickelt sich erst in <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Jahrhun<strong>de</strong>rten<br />
mit gravieren<strong>de</strong>n Folgen.
<strong>Die</strong> 1557 geschaffene Verfassung hat fast 300 Jahre überdauert. Neben <strong>de</strong>m wirtschaftlichen<br />
Aspekt für die Bewohner <strong>de</strong>r drei Orte hat die Mark auch enormen positiven<br />
Einfluss auf die Kirchen und die Schulen genommen. <strong>Die</strong> bei<strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utendsten Geschlechter<br />
Lesch und Holtzapfel hat man in <strong>de</strong>r <strong>Rodheim</strong>er Kirche durch einen Kirchenstuhl<br />
bzw. durch Grab<strong>de</strong>nksteine verewigt.<br />
Nach <strong>de</strong>m Tod Philipps <strong>de</strong>s Großmütigen im Jahre 1567 und <strong>de</strong>r danach vorgenommenen<br />
Lan<strong>de</strong>steilung zweigt sich die Geschichte <strong>de</strong>r Landgrafschaft Hessen-Darmstadt<br />
von <strong>de</strong>r Landgrafschaft Hessen-Kassel ab. Oberhessen und damit <strong>de</strong>r hessische Anteil<br />
am "Gemeinen Land an <strong>de</strong>r Lahn" fallen danach an Hessen-Darmstadt.<br />
<strong>Die</strong> Streitigkeiten über Rechte und Besitzungen häufen sich, sodass es durch Vertrag<br />
vom 31.12.1585 zur Teilung kommt. Kinzenbach, Launsbach und Wißmar gehen in Alleinbesitz<br />
von Nassau, <strong>Rodheim</strong>, Fellingshausen und Heuchelheim in Alleinbesitz von<br />
Hessen-Darmstadt. Aus dieser Zeit rührt wohl noch die beson<strong>de</strong>re Liebe zwischen<br />
Heuchelheim und Kinzenbach her.<br />
<strong>Die</strong> Reformation hat auch unmittelbare Auswirkungen auf unser Gebiet. Philipp <strong>de</strong>r<br />
Großmütige führt bereits 1526 die Reformation in Hessen ein. Marx Lesch, <strong>de</strong>r Besitzer<br />
<strong>de</strong>r Schmitte, sowie die bei<strong>de</strong>n <strong>Vetzberg</strong>er A<strong>de</strong>ligen unterstützen <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherren.<br />
Auch Graf Philipp von Nassau-Weilburg führt <strong>de</strong>n evangelischen Glauben ein, so<br />
dass die Bewohner <strong>de</strong>r geteilten Mark zumin<strong>de</strong>st in dieser Glaubensfrage nicht zerrissen<br />
wer<strong>de</strong>n. Marx Lesch stellt in dieser Zeit auch die ersten reformierten Pfarrer in<br />
<strong>Rodheim</strong> und in Krofdorf ein. Heute noch erinnert <strong>de</strong>r Lesch’e (o<strong>de</strong>r auch Barons)<br />
Stuhl mit <strong>de</strong>r Jahreszahl 1546 in <strong>de</strong>r <strong>Rodheim</strong>er Kirche an diese Zeit und diesen für uns<br />
so be<strong>de</strong>utsamen Mann.<br />
Abb. 3: Das Wappen am Schmitter<br />
Weibsstuhl<br />
In <strong>de</strong>r Zeit bis zum 30-jährigen Krieg erlebt die<br />
Mark eine Blütezeit. Schweineher<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n zur<br />
Eichelmast in die Wäl<strong>de</strong>r getrieben. Gegen ein<br />
Entgelt wer<strong>de</strong>n auch frem<strong>de</strong> Schweine gehütet.<br />
Eine weitere Einnahmequelle wird durch die Bewirtschaftung<br />
<strong>de</strong>r Kalkbrüche bei <strong>Bieber</strong> aufgetan.<br />
Von nun an wird <strong>de</strong>r Kalk durch die Mark<br />
gewonnen und gebrannt und nach Gießen und<br />
Wetzlar verkauft.<br />
<strong>Die</strong> finanzielle Lage ist offenbar so gut, dass die<br />
Mark 1622 – also bereits im Dreißigjährigen<br />
Krieg) ein Gebäu<strong>de</strong> zur Einrichtung einer Schule<br />
kauft und die Hälfte <strong>de</strong>r Baukosten für ein neues<br />
Pfarrhaus übernimmt.<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 8
Der große Krieg wirkt sich in <strong>de</strong>r Folge in unserem Bereich zwar schlimm, aber nicht<br />
in <strong>de</strong>m verheeren<strong>de</strong>n Maße auswirkt wie an<strong>de</strong>renorts. Der Krieg hat aber weitreichen<strong>de</strong><br />
Folgen für die Mark. Weniger auf <strong>de</strong>n wirtschaftlichen Bestand, als auf das rechtliche<br />
und moralische Gefüge. Sie kommt infolge <strong>de</strong>s Krieges fast während <strong>de</strong>s ganzen<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts nicht zur Ruhe.<br />
1639 wird offenbar erstmals die Mark zur staatlichen Besteuerung herangezogen.<br />
<strong>Die</strong> schlimmste Zeit <strong>de</strong>s ganzen Krieges sind für Oberhessen, mit Ausnahme <strong>de</strong>s Pestjahres<br />
1635, die Jahre 1646/47 gewesen, als Gleiberg und Königsberg durch Schwe<strong>de</strong>n<br />
und Kasseler zerstört wer<strong>de</strong>n.<br />
<strong>Die</strong> Regentin von Kassel, Landgräfin Amalie Elisabeth hat 1639 einen Bündnisvertrag<br />
mit Frankreich geschlossen. Hessen-Kassel wird dadurch als selbständige kriegsführen<strong>de</strong><br />
Macht anerkannt. Aus dieser gestärkten Position heraus will sie Oberhessen zurück<br />
erobern, das Hessen-Kassel 1627 an Hessen-Darmstadt verloren hat. Es kommt<br />
innerhalb <strong>de</strong>s großen Dreißigjährigen Krieges zum "Hessenkrieg". Kaiser Ferdinand hat<br />
aus Hass gegen das evangelische Nassau das Amt Gleiberg an <strong>de</strong>n Landgrafen von<br />
Hessen-Darmstadt verpfän<strong>de</strong>t. 1628 erobern kaiserliche Truppen <strong>Burg</strong> Gleiberg. 1646<br />
bekommt Nassau sein Amt Gleiberg wie<strong>de</strong>r zurück. <strong>Die</strong> <strong>Burg</strong> bleibt aber mit hessendarmstädtischen<br />
Truppen besetzt. Im Erbstreit zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Staaten greifen<br />
kurhessische Truppen die <strong>Burg</strong> an, nehmen sie ein und zerstören sie. Das gleiche<br />
Schicksal erlei<strong>de</strong>t ein Jahr später die <strong>Burg</strong> Königsberg.<br />
Nach Pestwellen in <strong>de</strong>n Jahren 1620 und 1632 hält <strong>de</strong>r "Schwarze Tod" reiche Ernte.<br />
Das Hin und Her <strong>de</strong>s Krieges mit rasch wechseln<strong>de</strong>n Einquartierungen <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Armeen mit ihrem unkontrollierbaren Tross sind die Wegbereiter. Beson<strong>de</strong>rs<br />
schlimm ist es in <strong>de</strong>n mit Flüchtlingen voll gestopften Städten, in <strong>de</strong>ren Mauern die Bevölkerung<br />
<strong>de</strong>r umliegen<strong>de</strong>n Dörfer Schutz sucht. Allein in Nidda sterben in diesem Jahr<br />
1800 Personen, davon 1200 Auswärtige.<br />
Der Krieg hat auch die Obermärker schwer mitgenommen; die bei<strong>de</strong>n Geschlechter<br />
Wolfskehlen und Holzapfel sterben aus. <strong>Die</strong> dritte Familie Lesch verarmt. <strong>Die</strong> übrigen<br />
Markgenossen (es sind Hörige und Leibeigene) versuchen, diese Situation zu nutzen<br />
und sich von <strong>de</strong>r verhassten A<strong>de</strong>lsherrschaft zu befreien und die Macht in <strong>de</strong>r Mark an<br />
sich zu reißen.<br />
<strong>Die</strong> Rechtsnachfolger <strong>de</strong>r drei A<strong>de</strong>lsfamilien sind Militär- und Zivilbeamte im nahen<br />
Gießen. Ihr Führer ist Dr. Justus Synoldt genannt "Schütz" (siehe Abb. 4). Mit solcher<br />
Autoritätsstellung ist es ihnen sicher nicht schwer gefallen, sich mit <strong>de</strong>n Bauern <strong>de</strong>r drei<br />
Gemein<strong>de</strong>n auseinan<strong>de</strong>r zu setzen. 1663 kommt ein Vergleich zustan<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r die Verfassung<br />
von 1557 fast unverän<strong>de</strong>rt zur Grundlage hat.<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 9
Abb. 4: Dr. Justus Synoldt, gen. Schütz<br />
(Hess. Darmstädtischer Vizekanzler,<br />
1592 – 1657)<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 10<br />
Bald schon steht die Mark in wirtschaftlicher<br />
Hinsicht sehr gut da. Bereits 14 Jahre<br />
nach <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>nsschluss kann wie<strong>de</strong>r<br />
Geld gegen Zins ausgeliehen wer<strong>de</strong>n.<br />
So en<strong>de</strong>t die letzte schwere innere Krise<br />
<strong>de</strong>r Mark, das letzte Ringen zwischen A<strong>de</strong>l<br />
und Bauernschaft, mit einem vollen<br />
Sieg <strong>de</strong>r Obermärker. Das Jahrhun<strong>de</strong>rt von<br />
1590 bis 1690, das <strong>de</strong>r Genossenschaft<br />
zahlreiche heftige Stürme von innen und<br />
außen gebracht hat, ist zu En<strong>de</strong>.<br />
Nun kommen für die Mark weitere 150<br />
Jahre einer gewissen Ruhe, in <strong>de</strong>nen sie zu<br />
Reichtum und weittragen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung<br />
geführt wird.<br />
Im Jahre 1720 beträgt die Zahl <strong>de</strong>r Markgenossen etwa 100. Der vorhan<strong>de</strong>ne Ackerbo<strong>de</strong>n<br />
reicht für die Ernährung <strong>de</strong>r rasch anwachsen<strong>de</strong>n Menschenmenge nicht mehr aus.<br />
Es muss für größere Anbauflächen Sorge getragen wer<strong>de</strong>n. Im selben Jahr wird <strong>de</strong>shalb<br />
ein großes Rodungswerk in Angriff genommen. Der größere Teil unserer heutigen Gemarkung<br />
wird damals urbar gemacht wor<strong>de</strong>n sein.<br />
Dadurch entstehen unter <strong>de</strong>n Markgenossen, die bisher überwiegend auf waldwirtschaftliche<br />
Arbeiten eingestellt sind, kleinbäuerliche Betriebe, in <strong>de</strong>nen sich auch ein<br />
geringer Wohlstand bemerkbar macht. So kauft die Mark 1754 die erste Feuerspritze,<br />
die <strong>de</strong>r Pflichtfeuerwehr <strong>Rodheim</strong> zur Verfügung gestellt wird.<br />
Abb. 5: Luftaufnahme Hof Schmitte<br />
<strong>Die</strong> Geschichte <strong>Rodheim</strong>s und <strong>de</strong>r<br />
Mark ist eng mit <strong>de</strong>r Schmitte verbun<strong>de</strong>n.<br />
Sie wird erstmals 1412 urkundlich<br />
im Zusammenhang mit<br />
<strong>de</strong>m Gleiberg erwähnt. <strong>Die</strong> Schmitte<br />
ist zunächst ein Eisenhammer.<br />
Sie heißt Waldschmie<strong>de</strong>, da sie an<br />
<strong>de</strong>m großen Wald zum Launscheid<br />
hin liegt. Darüber hinaus gibt es in<br />
dieser Zeit noch ei-
nen zweiten Eisenhammer, die Waldschmie<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r <strong>Bieber</strong>, in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r späteren<br />
Steinmühle. Das eisenhaltige Gestein <strong>de</strong>r näheren Umgebung wird im Wald durch<br />
Holzfeuer zum Ausschmelzen <strong>de</strong>s Eisens gebracht. <strong>Die</strong> weitere Bearbeitung erfolgt<br />
dann in <strong>de</strong>n Eisenhämmern. <strong>Die</strong> Besitzer <strong>de</strong>r Schmitte wechseln mehrfach. Zunächst<br />
sind es die Herren von <strong>Rodheim</strong>. Um 1500 kommen dann die Lesch von Mühlheim.<br />
1687 geht <strong>de</strong>r Besitz an die Familien Goldmann und Bierau über. Durch ständige Vererbungen<br />
zersplittert <strong>de</strong>r Besitz immer mehr. Um 1730 sind es über 15 Eigentümer. Sie<br />
haben zehntel und zwanzigstel Anteile an Gebäu<strong>de</strong>n, Mühle, Inventar, Fel<strong>de</strong>rn und<br />
Waldungen. Selbst die Glocke <strong>de</strong>s Brauhauses wird geteilt. In <strong>de</strong>n Jahren 1764 – 1771<br />
führt Johann Eckhard Schmidt <strong>de</strong>n Besitz wie<strong>de</strong>r zusammen. <strong>Die</strong>ser hat sich dabei aber<br />
finanziell übernommen, sodass die Schmitte 1771 an die Freiherren Firnhaber von Eberstein<br />
übergeht. In 1849 vermacht <strong>de</strong>r letzte Freiherr von Firnhaber die Schmitte an<br />
seinen Stiefsohn Willem-Gerrit van <strong>de</strong>r Hoop, <strong>de</strong>ssen Familie heute noch Eigentümer<br />
ist.<br />
<strong>Die</strong> Schmitte ist das letzte <strong>de</strong>r drei alten Stammhäuser <strong>de</strong>r früheren Mark <strong>Rodheim</strong>.<br />
Nach <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>s Eisenhammers ist sie über Jahrhun<strong>de</strong>rte land- und forstwirtschaftlich<br />
bewirtschaftet wor<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>r Erbauseinan<strong>de</strong>rsetzung in 1952 sind große Waldflächen<br />
und Län<strong>de</strong>reien von <strong>de</strong>r damaligen Gemein<strong>de</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> gekauft wor<strong>de</strong>n.<br />
Unterbrochen wird die friedliche Entwicklung <strong>de</strong>r Mark <strong>Rodheim</strong> immer wie<strong>de</strong>r durch<br />
kriegerische Ereignisse. Im 3. Schlesierkrieg, <strong>de</strong>m Siebenjährigen Krieg von 1756 –<br />
1763 geht es für Preußen um Schlesien und grundsätzlich um seine Existenz und Stellung<br />
im europäischen Konzert <strong>de</strong>r Großen. Kriegsgegner sind Österreich, Russland,<br />
Frankreich und Schwe<strong>de</strong>n und die Mehrzahl <strong>de</strong>r Reichsfürsten. Lediglich England ist<br />
als europäische Macht mit Preußen verbün<strong>de</strong>t.<br />
Hessen hat unter diesem Krieg beson<strong>de</strong>rs zu lei<strong>de</strong>n. Hier kämpfen Franzosen, Württemberger,<br />
Sachsen und Hessen-Darmstadt einerseits gegen Preußen, Hessen-Kassel,<br />
Hannover, Schaumburg und England in <strong>de</strong>r sogenannten alliierten Armee mit unterschiedlichem<br />
Erfolg. Das wechseln<strong>de</strong> Waffenglück bedingt die dauern<strong>de</strong>n Durchmärsche<br />
<strong>de</strong>r Truppen durch unsere Heimat.<br />
Seit 1758 ist die Festung Gießen in französischer, also österreichischer Hand und bleibt<br />
es bis zum Frie<strong>de</strong>nsschluss. 1759 liegt <strong>de</strong>r auf preußischer Seite stehen<strong>de</strong> Herzog Ferdinand<br />
von Braunschweig mit seinem Heer auf <strong>de</strong>r nordwestlichen Lahnseite <strong>de</strong>n Franzosen<br />
gegenüber. Schanzen <strong>de</strong>r Alliierten in <strong>de</strong>r Linie Waldgirmes – <strong>Rodheim</strong> - Krofdorf<br />
– Wißmar sind am Königstuhl und am Dünsberg heute noch zu sehen. <strong>Die</strong> Braunschweiger<br />
Truppen wer<strong>de</strong>n durch ein englisches Regiment unterstützt. Zu Ehren <strong>de</strong>s<br />
damals in <strong>Rodheim</strong> verstorbenen englischen Generals Elliot wird 1932 von Angehörigen<br />
eine Messingge<strong>de</strong>nktafel in <strong>de</strong>r <strong>Rodheim</strong>er Kirche angebracht.<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 11
Abb. 6: <strong>Die</strong> Festung Giessen im Jahr 1775 Abb. 7 <strong>Die</strong> Sternschanze<br />
am Himberg<br />
<strong>Die</strong> Mark <strong>Rodheim</strong> ist in diesem Krieg ausgezehrt wor<strong>de</strong>n durch Quartierlasten, Gespannstellungen<br />
und Erpressungen.<br />
Nach <strong>de</strong>r Teilung <strong>de</strong>r Mark und <strong>de</strong>s "Gemeinen Lan<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>r Lahn" kommt es immer<br />
wie<strong>de</strong>r zu Streitigkeiten um <strong>de</strong>n Wald. Er hat für die damalige Bevölkerung eine ganz<br />
an<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung als heute. Er ist Lebensgrundlage. Es wird von einem massiven<br />
Streit zwischen Heuchelheim, Kinzenbach und Atzbach berichtet, in <strong>de</strong>m es zu Arrestierungen<br />
untereinan<strong>de</strong>r kommt. Auch die <strong>Rodheim</strong>er sind zu manchen Zeiten beteiligt.<br />
Es ist oft so, dass Waldfrevel in Wäl<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Nachbargemein<strong>de</strong>n betrieben wird.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Rodheim</strong>er z.B. schnei<strong>de</strong>n die Hainbuchen- und Birkenschösslinge zum Bin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Reisigwellen im nahe gelegenen Atzbacher Wald. <strong>Die</strong>ser Waldfrevel hat uns <strong>de</strong>n<br />
Spitznamen "Ralier", also Baumdiebe, eingebracht. Er hat sich allerdings nicht so<br />
durchgesetzt wie z.B. die Fellingshäuser "Füchse" o<strong>de</strong>r die Kinzenbacher "Miernschwänz".<br />
Eine dieser Waldstreitigkeiten wird am 12. August 1772 in <strong>de</strong>r Amtmannsmühle durch<br />
Hessen-Darmstädtische und Nassau-Weilburgische fürstliche Kommissionen mit einem<br />
Grenzabkommen beigelegt.<br />
Knapp zwei Jahrzehnte später erschüttert die 1789 beginnen<strong>de</strong> französische Revolution<br />
<strong>de</strong>n Aufbau <strong>de</strong>r alten Ordnungen von Grund auf. Auch außerhalb von Frankreich fin<strong>de</strong>n<br />
die For<strong>de</strong>rungen Wi<strong>de</strong>rhall, dass Stan<strong>de</strong>svorrechte beseitigt, Urrechte <strong>de</strong>r Menschen<br />
auf Freiheit und politische Selbstbestimmung wie<strong>de</strong>r hergestellt wer<strong>de</strong>n sollen. Französische<br />
Volksheere dringen über die Grenzen und gehen zum Angriff über. Ihnen stellen<br />
sich die Österreicher in Gießen entgegen. Auch hier wird die Bevölkerung erheblich<br />
betroffen.<br />
Auch die nachfolgen<strong>de</strong>n napoleonischen o<strong>de</strong>r Koalitionskriege führen zu weiteren Belastungen<br />
für die Bevölkerung. Als 1812 Napoleons Krieg gegen Russland beginnt,<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 12
wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Zug dorthin 30 Mann aus <strong>de</strong>m <strong>Rodheim</strong>er Kirchspiel rekrutiert. Im<br />
Herbst wird Napoleons "Große Armee" in Russland völlig aufgerieben. Nur 3 Mann<br />
aus <strong>Rodheim</strong> sehen ihre Heimat wie<strong>de</strong>r.<br />
Nach <strong>de</strong>m Zusammenbruch <strong>de</strong>r napoleonischen Vorherrschaft teilt <strong>de</strong>r Wiener Kongress<br />
Europa neu auf. Der Kleinstaaterei wird ein En<strong>de</strong> gemacht. <strong>Die</strong> Solmser Fürstenhäuser<br />
verlieren ihre Unabhängigkeit und gehen in <strong>de</strong>m nun preußisch gewor<strong>de</strong>nen<br />
Nassau auf. In Mittelhessen bringt er aber nur mehr Unordnung. Das Gebiet <strong>de</strong>s ehemaligen<br />
Kreises Wetzlar wird mit Ausnahme <strong>de</strong>s Amtes Königsberg <strong>de</strong>r preußischen<br />
Rheinprovinz zugeordnet. Damit wird die Mark <strong>Rodheim</strong> zwei verschie<strong>de</strong>nen Staaten<br />
zugeteilt. Während <strong>Rodheim</strong> und Fellingshausen bei Hessen-Darmstadt verbleiben, ist<br />
<strong>Vetzberg</strong> an das preußische Nassau gefallen. Dadurch müssen die <strong>Vetzberg</strong>er Kin<strong>de</strong>r<br />
in die nunmehr "ausländische" <strong>Rodheim</strong>er Schule gehen.<br />
Der Staat (Hessen-Darmstadt) hat schon seit langem <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>r Mark <strong>Rodheim</strong> erkannt.<br />
<strong>Die</strong> Markgenossen wer<strong>de</strong>n mit Steuern und an<strong>de</strong>ren Ausgaben belegt. <strong>Die</strong> Leitung<br />
<strong>de</strong>r Mark<br />
wird <strong>de</strong>n Obermärkern genommen und staatlichen Beamten übertragen.<br />
Aus <strong>de</strong>n vorgenannten Grün<strong>de</strong>n kommt es zu einem allmählichen Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>r<br />
Mark. <strong>Die</strong>se Entwicklung wird begünstigt durch die mit <strong>de</strong>m Co<strong>de</strong> Napoleon neu geschaffenen<br />
Rechtsgrundlagen, die u.a. die Aufhebung <strong>de</strong>r Erbuntertänigkeit <strong>de</strong>s Volkes<br />
bringen.<br />
Als 1838 die Mark <strong>Rodheim</strong> aufgelöst wird, en<strong>de</strong>t damit eine jahrhun<strong>de</strong>rtelange Phase<br />
<strong>de</strong>r Selbstverwaltung. Lediglich die <strong>Vetzberg</strong>er Markgenossen schließen sich erneut<br />
zusammen. Mit ihrem vorhan<strong>de</strong>nen Vermögen erbauen sie eine eigene Schule, ehe sie<br />
sich dann 1895 ebenfalls endgültig auflösen.<br />
<strong>Die</strong> napoleonischen Kriege bringen <strong>de</strong>n leibeigenen Bürgern zwar die Freiheit und<br />
Gleichheit im Staate, nicht aber die Befreiung von Hunger und Not. <strong>Die</strong> Region Mittelhessen<br />
bleibt ein armes Land. Trotz <strong>de</strong>r zukunftsträchtigen Entwicklungsdynamik stellen<br />
sich schwerwiegen<strong>de</strong> Reibungsverluste in <strong>de</strong>n Umstellungsprozessen, insbeson<strong>de</strong>re<br />
in <strong>de</strong>r Agrarreform ein; es ist eine sehr trügerische Bie<strong>de</strong>rmeier-Idylle.<br />
<strong>Die</strong> Bevölkerung nimmt zu, nicht aber die landwirtschaftliche Nutzfläche. Hinzu kommen<br />
in <strong>de</strong>n Vierzigern die Dürrejahre, insbeson<strong>de</strong>re das Jahr 1842. Eine Folge von<br />
Missernten und die nachfolgen<strong>de</strong> Kartoffelfäule lassen ganze Landstriche verarmen und<br />
zwingen die Not lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Bevölkerung zur Auswan<strong>de</strong>rung. Weltgeschichtlich bekannt<br />
gewor<strong>de</strong>n sind die verheeren<strong>de</strong>n Auswirkungen in Irland mit einer riesigen Auswan<strong>de</strong>rungswelle<br />
nach Amerika.<br />
Auch unsere Region ist davon betroffen, insbeson<strong>de</strong>re die Tagelöhner in <strong>Bieber</strong>. Doch<br />
die Ausreise ist nicht einfach. Rund 100 Gul<strong>de</strong>n müssen die Auswan<strong>de</strong>rer zahlen, ein<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 13
gewaltiger Batzen Geld für diese Zeit; zumal ja nur die Armen sich zur Auswan<strong>de</strong>rung<br />
gezwungen sehen. Darüber hinaus müssen wichtige Formalitäten erfüllt sein: Antrag<br />
auf Entlassung aus <strong>de</strong>m Untertanenverband durch <strong>de</strong>n Landrat, Antrag auf Ausstellung<br />
eines Passes und wenn das Geld nicht reicht, Bitte an die Gemein<strong>de</strong> um Gewährung<br />
<strong>de</strong>s fehlen<strong>de</strong>n Betrages. Ist Betrag nicht zu groß, ist er mit <strong>de</strong>r Gewährung <strong>de</strong>r Versicherung<br />
verbun<strong>de</strong>n, nicht wie<strong>de</strong>r in die Gemein<strong>de</strong> zurück zu kehren. Der Gemein<strong>de</strong>rat<br />
muss in <strong>de</strong>n allermeisten Fällen helfen. Er hilft damit aber auch <strong>de</strong>n Hiergebliebenen,<br />
in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r soziale Druck vor Ort vermin<strong>de</strong>rt wird.<br />
In Südhessen organisieren Gemein<strong>de</strong>verwaltungen die Auswan<strong>de</strong>rung und übernehmen<br />
die gesamten Kosten, um sich von <strong>de</strong>r Pflicht zur Armenunterstützung zu befreien.<br />
Manche Transporte wer<strong>de</strong>n aus Kostengrün<strong>de</strong>n anstatt nach Texas nach Algerien geleitet.<br />
Sicher ist, dass alle Auswan<strong>de</strong>rer einer äußerst ungewissen Zukunft entgegen gingen.<br />
Ein Antragsteller schreibt an die Stadt Michelstadt:<br />
Nicht Mutwillen, nicht Auswan<strong>de</strong>rungslust noch sonst irgend etwas bringt uns <strong>de</strong>n<br />
Entschluss hervor, unser <strong>de</strong>utsches, liebes, wertes Vaterland, unsere Heimat zu verlassen<br />
und in einem uns allen unbekannten Weltteil unser ferneres Auskommen, unser<br />
Wohl o<strong>de</strong>r Weh für uns und unsere Familien zu suchen und zu begrün<strong>de</strong>n. Nein, nur<br />
durch die größte Not, dadurch dass <strong>de</strong>r Geldmangel zu groß ist und die Gewerbe<br />
darnie<strong>de</strong>rliegen, kommen wir zu diesem Entschluss. So glauben wir, dass durch das<br />
Wegziehen <strong>de</strong>r unterschriebenen Familien <strong>de</strong>r Stadtkasse nicht Scha<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />
Nutzen bereitet wer<strong>de</strong>.<br />
<strong>Die</strong> Gemein<strong>de</strong>n Fellingshausen und <strong>Rodheim</strong> begegnen diesem Notstand zu Anfang <strong>de</strong>r<br />
fünfziger Jahre mit <strong>de</strong>m Abholzen <strong>de</strong>r Waldungen <strong>de</strong>s Hain und <strong>de</strong>s Rillscheids und die<br />
Übergabe <strong>de</strong>r Flächen insbeson<strong>de</strong>re an die <strong>Bieber</strong>er Bevölkerung.<br />
Gehen wir noch einen kleinen Schritt weiter im Zeitgeschehen. Bismarck hat es vorausgesehen:<br />
Über kurz o<strong>de</strong>r lang muss die Rivalität Österreich – Preußen militärisch<br />
ausgekämpft wer<strong>de</strong>n. Es kommt zu <strong>de</strong>m Gott sei Dank nur 42 Tage dauern<strong>de</strong>n, gar<br />
nicht populären Bru<strong>de</strong>rkrieg, <strong>de</strong>m sogenannten Deutschen Krieg im Juni/Juli 1866.<br />
Folge dieses Krieges ist, dass Österreich von Deutschland getrennt wird und für uns<br />
von Be<strong>de</strong>utung: <strong>Die</strong> wesentliche gebietliche Verän<strong>de</strong>rung unseres Bereiches. Nassau<br />
und Kurhessen-Kassel müssen ihre Parteinahme für Österreich mit <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>r<br />
Selbständigkeit und <strong>de</strong>r Einverleibung in Preußen bezahlen. Hessen-Darmstadt bleibt<br />
zwar selbständig, muss aber das sogenannte "Hinterland" um Bie<strong>de</strong>nkopf und das Amt<br />
Königsberg, <strong>de</strong>m <strong>Rodheim</strong>, <strong>Bieber</strong> und Fellingshausen zugehören, an Preußen abtreten.<br />
Damit geht eine nahezu 300-jährige Zugehörigkeit zu Hessen-Darmstadt und damit<br />
Gießen vorläufig zu En<strong>de</strong>. <strong>Die</strong> Gebiete wer<strong>de</strong>n aber nicht <strong>de</strong>m Kreis Wetzlar zugeschlagen,<br />
son<strong>de</strong>rn es wird ein neuer preußischer Kreis Bie<strong>de</strong>nkopf gebil<strong>de</strong>t.<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 14
Abb. 8: Staatsgrenzen 1866<br />
<strong>Rodheim</strong> ist sogar für kurze Zeit "Kreisstadt" gewesen. <strong>Die</strong> Gemein<strong>de</strong>n <strong>Rodheim</strong>, Fellingshausen,<br />
Krumbach, Frankenbach, Königsberg, Waldgirmes, Naunheim und Hermannstein<br />
bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kreis <strong>Rodheim</strong>, <strong>de</strong>r aber 1867 bereits mit <strong>de</strong>m Kreis Bie<strong>de</strong>nkopf<br />
vereinigt wird. Zumin<strong>de</strong>st teilweise lebt dieses Verwaltungsgebiet wie<strong>de</strong>r auf, als mit<br />
Wirkung vom 1.1.1876 das Katasteramt <strong>Rodheim</strong> für diese 8 Gemein<strong>de</strong>n eingerichtet<br />
wird. <strong>Die</strong>ses besteht bis zur nächsten Gebietsneuglie<strong>de</strong>rung in 1932 und hat seinen Sitz<br />
in Haus Nr. 72 in <strong>de</strong>r Giessener Straße.<br />
<strong>Die</strong> Bevölkerung steht nicht hinter <strong>de</strong>n verwaltungsinternen Verschiebungen. <strong>Die</strong> <strong>Rodheim</strong>er<br />
neuen "Musspreußen" haben Probleme mit <strong>de</strong>n nassauischen Alt-Preußen (z.B.<br />
<strong>Vetzberg</strong> und Krofdorf).<br />
Aus dieser Zeit sind zwei Begebenheiten überliefert, die ich Ihnen nicht vorenthalten<br />
möchte:<br />
Der hessische Patriotismus in <strong>Rodheim</strong>, <strong>de</strong>r durch das schnelle Erscheinen <strong>de</strong>r Preußen<br />
in Gießen zunächst stark gedämpft war, wur<strong>de</strong> durch die Anwesenheit starker mit<br />
Österreich alliierter Truppen an <strong>de</strong>r Lahn wie<strong>de</strong>r entfacht. Man hoffte, die "Malefizpreußen"<br />
bald militärisch zu überwin<strong>de</strong>n.<br />
Wie immer in solch turbulenten Zeiten wur<strong>de</strong> eifrig nach Spionen gefahn<strong>de</strong>t. Da<br />
wohnte in <strong>de</strong>r heutigen <strong>Bieber</strong>er Straße eine junge Frau, die als Tochter <strong>de</strong>s Vorstehers<br />
von <strong>Vetzberg</strong> <strong>de</strong>r Nachrichtenübermittlung an <strong>de</strong>n Feind verdächtigt wur<strong>de</strong>. Sie<br />
sollte militärische Geheimnisse über ihren Vater, <strong>de</strong>n bösen Preußen, verraten haben.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Rodheim</strong>er Patrioten wollten ihr "das Dach über <strong>de</strong>m Kopf anstecken". In ihrer<br />
Not rief die junge Frau ihren Vater zu Hilfe. Da ging <strong>de</strong>r preußische Gemein<strong>de</strong>vor-<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 15
steher von <strong>Vetzberg</strong> nach <strong>de</strong>m hessischen <strong>Rodheim</strong> und beruhigte die erregten Gemüter.<br />
Eine weitere Anekdote berichtet ebenfalls von <strong>Rodheim</strong>er Patrioten:<br />
Eine preußische Streife auf Leiterwagen von Hohensolms kommend, besetzte <strong>Rodheim</strong>.<br />
In Karls-Wirtschaft tranken die Preußen auf Kosten <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Kaffee. Einige<br />
<strong>Rodheim</strong>er Patrioten hatten angesichts <strong>de</strong>r preußischen Besetzung aber das Hasenpanier<br />
ergriffen und sich versteckt. Ein junges Mädchen aus einem <strong>de</strong>r Nachbarhäuser<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaft unterhielt sich vor ihrem Haus mit einem preußischen Krieger.<br />
Der Vater jammerte hinter <strong>de</strong>m Stubenfenster und befürchtete Mord und Totschlag.<br />
Aber außer einigen Scherzworten und bei<strong>de</strong>rseitigem frohen Lachen ereignete sich<br />
nichts.<br />
Auch in <strong>de</strong>r Linsengasse, in <strong>de</strong>r heutigen Grabenstraße, stand ein preußischer Posten<br />
an <strong>de</strong>m in die "Gänsgräben" führen<strong>de</strong>n Pfad. Neugierig und ängstlich bestaunten die<br />
Buben <strong>de</strong>n schwer bewaffneten preußischen Landwehrmann. Da kam auch ein älterer<br />
<strong>Rodheim</strong>er hinzu und sagte staunend: "Ach, das ist ja <strong>de</strong>r Christian aus Wißmar".<br />
Schnell, wie sie gekommen waren, so verschwan<strong>de</strong>n die Preußen noch am gleichen<br />
Tag und fuhren mit ihrem Leiterwagen wie<strong>de</strong>r in Richtung Hohensolms.<br />
Der Schritt in das 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt ist verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r industriellen Revolution, mit<br />
besserer sozialer Absicherung, aber auch mit immer rasanter ablaufen<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen.<br />
<strong>Die</strong>se Zeit ist <strong>de</strong>n meisten von uns sicher bekannt und teilweise mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r<br />
lange selbst miterlebt und teilweise mit erlitten wor<strong>de</strong>n.<br />
Lassen Sie mich <strong>de</strong>shalb aus <strong>de</strong>m gera<strong>de</strong> erst vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rt nur noch auf<br />
wenige Daten hinweisen, die für unseren Ort in seiner territorialen Zugehörigkeit von<br />
grundsätzlicher Be<strong>de</strong>utung sind.<br />
In 1932 führt Preußen eine weitere Gebietsglie<strong>de</strong>rung durch. Dabei wird <strong>de</strong>r Kreis<br />
Wetzlar aus <strong>de</strong>r Rheinprovinz herausgelöst und <strong>de</strong>r Provinz Hessen-Nassau zugeteilt,<br />
zugleich aber auch abgerun<strong>de</strong>t. <strong>Die</strong> südlichen Orte <strong>de</strong>s Kreises Bie<strong>de</strong>nkopf, u.a. <strong>Rodheim</strong><br />
wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Kreis Wetzlar zugeordnet, <strong>de</strong>r in dieser Zusammensetzung bis zur<br />
Neuglie<strong>de</strong>rung in 1977 besteht.<br />
Ebenfalls in 1932 (mit Wirkung vom 1.4.1933) wird <strong>Bieber</strong>, das bisher zu <strong>de</strong>n drei<br />
Gemein<strong>de</strong>n <strong>Rodheim</strong>, Fellingshausen und Königsberg gehört und durch <strong>de</strong>ssen Mitte<br />
die Gemarkungsgrenzen verlaufen, endgültig mit <strong>Rodheim</strong> vereinigt. <strong>Die</strong> Gemein<strong>de</strong><br />
führt <strong>de</strong>n Namen <strong>Rodheim</strong> an <strong>de</strong>r <strong>Bieber</strong>, ab 1954 die heutige Bezeichnung <strong>Rodheim</strong>-<br />
<strong>Bieber</strong>.<br />
1970 kommt dann <strong>de</strong>r Zusammenschluss <strong>de</strong>r 5 Orte zur Gemein<strong>de</strong> <strong>Bieber</strong>tal, <strong>de</strong>m sich<br />
1977 dann noch Frankenbach anschließt.<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 16
Es ist schwierig, die Geschichte eines ländlichen Ortes nachzuzeichnen, <strong>de</strong>r keine wesentliche<br />
regionale Be<strong>de</strong>utung hat, über <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mzufolge kaum Urkun<strong>de</strong>n und Unterlagen<br />
bestehen. Ich habe versucht, Ihnen die Entwicklung im Zusammenhang mit zeitgeschichtlichen<br />
Ereignissen darzustellen. Dabei zeigt sich, dass auch eine kleine, eher<br />
unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Dorfgemeinschaft sehr wohl im Rä<strong>de</strong>rwerk <strong>de</strong>r großen Geschichte mit<br />
eingebun<strong>de</strong>n ist.<br />
Natürlich beinhaltet die Geschichte <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong>s noch viele interessante Facetten,<br />
gera<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r neueren o<strong>de</strong>r neuesten Zeit. Der zeitlich vorgegebene Rahmen hat aber<br />
nur einen Einblick in einen Teilbereich zugelassen.<br />
Ich hoffe, es ist mir gelungen, Ihr Interesse zu wecken und ein Gefühl <strong>de</strong>r Verbun<strong>de</strong>nheit<br />
zu Ihrem, zu unserem Heimatort <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> zu vermitteln, bzw. zu vertiefen.<br />
Mögen <strong>de</strong>n 850 Jahren nachweisbarer Geschichte noch viele Jahrhun<strong>de</strong>rte erfolgreicher,<br />
friedlicher Entwicklung folgen.<br />
Für das Jahr 2001 hat <strong>de</strong>r <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong> - <strong>Bieber</strong> e.V. einen kleinen Bru<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Heimatkalen<strong>de</strong>rs 2000 heraus gegeben. Mit <strong>de</strong>r Darstellungen <strong>de</strong>r Mühlen.<br />
Der <strong>Bieber</strong>bach<br />
Einst trieb er die Rä<strong>de</strong>r von 14 Mühlen, davon 12 in <strong>de</strong>r Gemarkung <strong>Rodheim</strong> - <strong>Bieber</strong>.<br />
Von diesen erzählt <strong>de</strong>r Kalen<strong>de</strong>r 2001. Zusätzlich trieb die <strong>Bieber</strong>bach noch eine Mühle<br />
in Kinzenbach und eine in Heuchelheim auf ihren ca. 10 km Lauf.<br />
Zeitweise stan<strong>de</strong>n noch zwei Eisenhämmer und ein Hüttenwerk am <strong>Bieber</strong>bach.<br />
Der <strong>Bieber</strong>bach war einst die Schlaga<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r heimischen<br />
Wirtschaft. <strong>Die</strong> durch die <strong>Bieber</strong>lies mit <strong>de</strong>r weiten<br />
Welt verbun<strong>de</strong>n war. Heute dreht sich nur noch das<br />
Mühlrad <strong>de</strong>r Reehmühle und ist ein optischer Anziehungspunkt.<br />
Nebenbei treibt das Mühlrad einen Generator<br />
an. <strong>Die</strong> Stromerzeugung von 4 KW ist beschei<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>r Steinmühle ist die Welle <strong>de</strong>s Mühlra<strong>de</strong>s gebrochen,<br />
so wur<strong>de</strong> bis zu Einstellung <strong>de</strong>s Mühlenbetriebes<br />
noch die Tagesleistung von 1 Tonne Mahlgut nicht mit<br />
Wasserkraft son<strong>de</strong>rn mit Strom gemahlen.<br />
Der <strong>Bieber</strong>bach, <strong>de</strong>ssen Quelle aus mehreren Teilquellen<br />
besteht, die im Dünsbergsgrund und im Frankenba-<br />
Das Mühlrad <strong>de</strong>r Reehmühle<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 17
cher Wald entspringen, mün<strong>de</strong>t bei Heuchelheim in die Lahn. An manchen Stellen ist<br />
ihr Lauf ruhig und scheinbar stehend, an an<strong>de</strong>ren Stellen rauscht er fast "wildbachreif"<br />
dahin. <strong>Die</strong> Gemein<strong>de</strong>n <strong>Bieber</strong>tal und Heuchelheim sind zur Zeit bemüht <strong>de</strong>n<br />
Bachlauf wie<strong>de</strong>r zu "Naturrieren" um auch bei Hochwasser im Frühling bzw. bei<br />
starken Regenfälle <strong>de</strong>n Bachlauf zu regulieren. Aber auch Niedrigwasser, was früher<br />
zur Einstellung <strong>de</strong>s Mahlbetriebes bei <strong>de</strong>n Mühlen führte, ist keine Seltenheit. So ist<br />
z. B. <strong>de</strong>r "Kehlbach", ein Seitenarm <strong>de</strong>r <strong>Bieber</strong>bach <strong>de</strong>r aus Fellingshausen kommt<br />
und in <strong>Bieber</strong> mün<strong>de</strong>t, im Sommer wochenlang ausgetrocknet.<br />
Darunter lei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r dünne Fischbestand von "Bachforelle" mit ihren Begleitfischen "Elritze"<br />
und "Schmerle", die in <strong>de</strong>m "Restwasser" in große Schwierigkeiten kommen.<br />
<strong>Die</strong> "Stichlinge" vergraben sich im Schlamm, wovon es lei<strong>de</strong>r zuviel im <strong>Bieber</strong>bach<br />
und in <strong>de</strong>n Mühlgräben gibt.<br />
Der <strong>Bieber</strong>bach "wildbachreif"<br />
Jg. 2001/1 “Nachrichten <strong>Heimatverein</strong> <strong>Rodheim</strong>-<strong>Bieber</strong> e. V.“ Seite: 18