Sie liess alle Deutschen hinter sich
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TIERHALTUNG | Franziska Duss die grüne | Nr. 9/2012
Sie liess alle Deutschen
hinter sich
Franziska Duss und Adrian Schädler haben als beste Schweizer Melker unser Land
am «Bundeswettbewerb Melken» in Deutschland vertreten. Beide hätten sich in
den Top-Ten klassieren können, Franziska Duss sogar mit grossem Abstand auf dem
ersten Platz. Da sie aber nur als «Gastmelker» zugelassen waren, sind sie offiziell
nicht in der Rangliste aufgeführt. Dies tut der grossen Ehre aber keinen Abbruch.
Am 15. April war es
soweit: In Nordrhein-
Westfalen fand der
32. DLG-Bundeswettbewerb
im Melken statt. Jeweils drei
Melkerinnen oder Melker aus
zwölf deutschen Bundesländern
haben sich während vier
Tagen in einem strengen Wettkampf
gemessen. Dabei konnten
die beiden besten Schweizer
Melker als so genannte
«Gastmelker» ebenfalls teilnehmen.
Für die Schweiz
waren Franziska Duss und
Adrian Schädler am Start.
Schweizer nur «Gastmelker»
Diese beiden Jungmelker hatten
vor zehn Wochen am
Schweizer Melkwettbewerb
die beiden ersten Plätze belegt
und waren damit für die Deutsche
Meisterschaft qualifiziert.
Sie wurden zwar voll in
den Wettbewerb integriert, in
der offiziellen Schlussrangliste
wurden sie dann aber lei-
der nicht aufgeführt, weil es
eben nur eine «Deutsche»
Meisterschaft ist.
Das «leider» bezieht sich auf
die hervorragende Leistung
der beiden: Während der
deutsche Gesamtsieger Johannes
Henkelmann auf 129
Punkte kam, schaffte die Entlebucherin
Franziska Duss
sagenhafte 140,5 Punkte. Sie
liess damit alle anderen deutschen
Teilnehmer weit hinter
sich. Auch Adrian Schädler
schlug sich prächtig. Er erreichte
eine Punktzahl, die
ihn in die ersten zehn Ränge
gebracht hätte.
«Die beiden Schweizer Teilnehmer
haben den Wett -
bewerb sehr bereichert», erklärt
Friederike Kaths, Organisatorin
des DLG-Bundeswettbewerbs
Melken. Sie erklärt
auch, warum die beiden
Schweizer Teilnehmer ausser
Konkurrenz starten mussten:
«Der Wettbewerb läuft unter
Gruppenbild aller 38 Teilnehmer und Vertreter der Organisatoren.
Bild: zVg
der Schirmherrschaft des
Bundesministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, ist also
staatlich gefördert. Deshalb
gilt er auch als eine Art offizieller
Wettbewerb für
Deutschland.»
Friederike Kaths machte
aber die Beobachtung, dass
die beiden Schweizer während
des Wettbewerbs an sich
überhaupt nicht aufgefallen
seien. «Bis auf die Bewertung
am Ende und etwas angepassten
Fragen im Theorieteil
sind sie ganz normal am Wettkampf
mitgelaufen.» Nach ihrer
Beobachtung hätten es
auch die anderen Teilnehmer
des Wettbewerbs geschätzt,
dass ausländische Kollegen
teilgenommen haben.
Es geht beim Wettbewerb ja
nicht nur um den Wettkampf,
sondern für die Jungmelker,
die aus allen Teilen Deutschlands
stammen, auch um das
Gefragt sind Theorie und Praxis
Der DLG-Melkwettbewerb fand
Mitte April in Nordrhein-West -
falen statt. Dabei wurden Theorie
und Praxis getestet. Weil es
mit insgesamt 38 Teilnehmern
viel mehr Melker als Melkplätze
hatte, zog sich der Wettbewerb
über vier Tage. Zur Auswahl
standen ein Fischgrat- und ein
Karrussell-Melkstand. Während
der Sonntag noch für Besich -
tigungen zur Verfügung stand,
gegenseitige Kennenlernen
der jeweiligen Besonderheiten
im Bereich Melken und
Milchwirtschaft.
Interesse an Alpwirtschaft
«An einem Abend mussten
alle Gruppen mit einer Power-
Point-Präsentation jeweils
ihre speziellen Melkstrukturen
vorstellen. Auch die
Schweizer waren dazu eingeladen,
und es war für uns
spannend, die Besonderheiten
der Schweiz kennenzulernen»,
so Kaths. Dabei habe
man mit besonderem Interesse
von der Schweizer Milchproduktion
in Einbezug der
Alpwirtschaft gehört. Das sei
ein System, das man in
Deutschland ja höchstens im
Süden Bayerns noch kenne.
Die beiden Schweizer Teilnehmer
können also durchaus
stolz sein, auch wenn sie
keinen offiziellen Titel nach
Hause nehmen können. Dass
ihr Erfolg aber Folgen haben
könnte, zeigt das mit der
Schweizer Beteiligung und
wohl auch dem Schweizer Erfolg
gestiegene Interesse der
DLG an internationaler Beteiligung.
Mit der Ukraine, Lu-
begannen die Melkerinnen und
Melker am Montagmorgen nacheinander
mit dem praktischen
Teil, der sich dann insgesamt
über fünf Melkzeiten hinzog.
Jedes Bundesland stellte drei
Teilnehmer sowie einen Betreuer
und einen Experten. Der Deutsche
DLG-Melkwettbewerb
findet ebenso wie der Schweizer
Wettbewerb alle zwei Jahre
statt.
Nr. 9/2012 | die grüne
xemburg und Österreich will
Friederike Kaths und ihr
Team von der DLG in nächster
Zeit einen intensiveren
Kontakt pflegen, damit auch
junge Melkerinnen und Melker
aus diesen Ländern am
Wettbewerb teilnehmen können.
Es wäre schön, wenn daraus
vielleicht eine Art Europameisterschaft
entstehen
könnte und wir eine so starke
Vertretung wie an der dies -
jährigen DLG-Meisterschaft
schicken könnten.
| Stefan Kohler
«Dass ich besser war als der deutsche
Meister ist ein unbeschreibliches Gefühl»
■ Herzliche Gratulation zu
Ihrem überragenden Erfolg.
Was ist es für ein Gefühl, nach
dem Schweizer auch den
deutschen Melkwettbewerb
dominiert zu haben?
Franziska Duss: Es ist ein unbeschreibliches
Gefühl. Bereits der
Schweizer-Meister-Titel war wunderschön.
Dass ich es nun auch in
Deutschland gegen die Besten der
Besten geschafft habe, ist eine
grosse Anerkennung und für mich
persönlich eine Bestätigung.
■ Haben Sie damit gerechnet?
Nein, das hätte ich nicht erwartet.
In Deutschland wird der Melkwettbewerb
beinahe wie ein Sport betrieben.
Von allen Bundesländern
werden die drei Besten ausgewählt,
es wird auf den Wettkampf
hin trainiert, und die Teilnehmer
werden betreut. Entsprechend
herrscht ein riesiger Ehrgeiz unter
den Finalisten.
■ Sie haben dem Gesamt -
sieger mehr als 10 Punkte
abgenommen. Was haben Sie
besser gemacht bzw., was
ist Ihnen besonders gut ge -
lungen?
Anhand der einzelnen Auswertungen
in der Rangliste hatte ich in
der Theorie und im Schalmtest
einen kleinen Vorsprung. Die meisten
Punkte konnte ich aber beim
Melken selber herausholen, was
für mich von grosser Bedeutung
Ministerialdirektor Theodor Seegers, des für die Landwirtschaft zuständigen deutschen Bundesamts,
zusammen mit den beiden Schweizer Teilnehmern Franziska Duss und Adrian Schädler.
ist. Es wurde grossen Wert darauf
gelegt, dass wir uns während des
Melkens mitteilen, das heisst, dass
wir erklären, warum wir was wie
machen. Das habe ich zu Hause
während des Melkens innerlich
geübt. Klar war ich auch nervös
vor meinem Auftritt. Da ich aber
als Nummer 1 starten konnte,
hatte ich nicht lange Zeit zum
überlegen. Mein Gefühl direkt
nach meinem Auftritt war nicht
besonders gut. Zwei bis drei
kleine Sachen hätten besser ge -
lingen können. Ich weiss aber
auch, dass es nie ganz perfekt
läuft, denn man arbeitet immerhin
mit Tieren.
■ Sie haben zusammen mit
Adrian Schädler die Schweiz
als Gastland vertreten und
mussten deshalb ausser Konkurrenz
antreten. Was war der
Ansporn bei dieser Teilnahme?
Es war für uns eine grosse Ehre,
unser Land vertreten und repräsentieren
zu dürfen. Deshalb war es
uns auch wichtig, einen guten
Eindruck zu hinterlassen. Weil wir
ausser Konkurrenz starteten, hatten
wir auch nichts zu verlieren.
Der Druck während des Schweizer
Melkwettbewerbs war deutlich
grösser.
■ Wie haben die Deutschen
auf Ihren Erfolg reagiert?
Sie haben sich gefreut und mir
gratuliert. Ich erhielt zudem viele
sehr positive Feedbacks, die ich mit
nach Hause nehme.
■ Wie haben Sie sich auf
den Wettbewerb vorbereitet?
Vor unserer Abreise sind Adrian
Schädler und ich auf einem Betrieb
zusammengekommen. Unter den
strengen Augen unserer Betreuer
konnten wir beide je eine halbe
Stunde melken. Unklarheiten konnten
bei dieser Gelegenheit geklärt
werden. Zudem haben wir unsere
Arbeit vom Schweizer Melkwett -
bewerb analysiert. Die beste
Vorbereitung ist aber nach wie
vor das Melken zu Hause oder auf
anderen Betrieben.
■ Wie beurteilen Sie Niveau
und Anforderungen des
deutschen Melkwettbewerbs
im Vergleich zum Schweizer
Melkwettbewerb?
Das Niveau der Finalisten ist na -
türlich sehr hoch. Es gelten aber
die gleichen Kriterien wie beim
Schweizer Melkwettbewerb. Diese
werden extrem streng bewertet.
Punkte und Abzüge werden knallhart
nach den Richtlinien ver -
geben. Beim Melken waren fünf
Richter anwesend, in der Schweiz
waren es nur zwei. Es war schon
etwas ungewohnt, im Melkstand
immer jemanden hinter seinem Rücken
zu wissen. Obwohl jeder Richter
seinen Bereich zu beurteilen
hatte, haben alle alles mitverfolgt.
■ Welchen Eindruck nehmen
Sie vom bundesdeutschen
Melkwettbewerb mit nach
Hause?
Adrian Schädler und ich sind gut
aufgenommen worden, und das
Interesse an der Schweizer Landwirtschaft
war gross. Es ist ein
riesiger Anlass, das kann man sich
gar nicht vorstellen, wenn man
nicht selber dabei war. Der Wettbewerb
erstreckte sich über vier
Tage. Dabei hatten wir auch Ge -
legenheit, interessante Betriebe
zu besichtigen. Im Gegensatz zum
Schweizer Wettbewerb haben in
Deutschland sehr viele Melkerinnen
teilgenommen. Frauen als
Melkerinnen haben im Ausland
einen anderen Stellenwert als in
der Schweiz.
■ Was ist Ihr Erfolgs -
geheimnis?
Für mich ist es wichtig, es einfach
so zu machen wie immer. Auch ist
es wichtig, sich strikt an die Richtlinien
zu halten und – trotz Nervosität
– möglichst ruhig zu bleiben,
insbesondere im Umgang mit den
Tieren. | Interview: Aline Küenzi