liederabend - Meister & Kammerkonzerte
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meister&kammerkonzerte<br />
der Moderne, die er als wehmütig Zurück blickender nur<br />
mehr sanft streifte. Sein musikdramatisches Temperament<br />
verschmolz der <strong>Meister</strong> der Opern und symphonischen<br />
Dichtungen in seinen Liedern mit einer ganz eigenen,<br />
von dramatischer Innenspannung erfüllten Melodik.<br />
Er goss die intime Form des Liedes in eine geweitete Form<br />
für eine größere Konzertöffentlichkeit als dem hausmusikalischen<br />
Rahmen, schuf von vielen Klavier liedern<br />
auch Versionen mit Orchesterbegleitung. Er schenkte<br />
den Sängerinnen und Sängern herrliche Liedschöpfungen<br />
zur Demonstration virtuoser Gesangskunst, aber auch<br />
zur Verinnerlichung dramatischer Gesten. Zur Vertonung<br />
fand er geeignete Verse sowohl in der zeitgenössischen<br />
Literatur als auch bei Klassikern und Romantikern.<br />
Die Brentano-Lieder stammen aus einer bereits<br />
reifen Kompositionsphase. Die großen Opern „Salome“,<br />
„Elektra“ und „Der Rosenkavalier“ und die meisten<br />
der symphonischen Dichtungen waren schon komponiert,<br />
als sich Richard Strauss auf die teils hymnische,<br />
von großen Gefühlen erfüllte, dann wieder idyllische<br />
Lyrik von Clemens von Brentano einließ. Strauss blickt<br />
mit des Dichters Versen „Ich woll’ ein Sträußlein<br />
binden“ noch einmal in die Zeit der Jugend zurück,<br />
die liebenswert und sanftmütig reflektiert wird. Dafür<br />
bietet „Säusle, liebe Myrthe“ der Sängerin stilvolle<br />
Verzierungen: „Zerbi-nette“ Operngrüße aus Naxos.<br />
Alban Berg war so wie Richard Strauss in erster Linie<br />
ein Musikdramatiker, dem aber auch die lyrischen Eingebungen<br />
und wunderbaren Melodien zuflogen. 88 Lieder<br />
hat der Schöpfer der Opern „Wozzeck“ und „Lulu“ geschaffen,<br />
die meisten davon in seinen jungen Jahren, Vorstufen<br />
zu seinen Hauptwerken, in denen er dann seine ganz eigene<br />
Art der Auflösung der jahrhundertelang vorherrschenden<br />
Tonalität, unter Beibehaltung starker melodischer<br />
Formung, verwirklichte. Die „Sieben frühen Lieder“, in den<br />
Jahren 1905 bis 1908, also während der Lehrzeit bei Arnold<br />
Schönberg, für Stimme und Klavier komponiert, wurden<br />
von Berg erst zwei Jahrzehnte später und nunmehr auch<br />
in Fassungen mit Orchesterbegleitung veröffentlicht.<br />
Bergs individuelle Tongebung und Gestaltung ist in<br />
ihnen schon verankert: Ganztonskalen, Harmonien mit<br />
—notizen—<br />
übermäßigen Dreiklängen und ungewöhnliche Intervallfolgen<br />
zeugen von seinem Aufbruch in eine neue<br />
musikalische Epoche, der aber in großen Melodiebögen<br />
und mit zum Teil spätromantischen Ausdrucksmitteln<br />
vonstatten geht. Berg befand sich in diesen Liedern<br />
zwischen dem leuchtenden Vorbild seiner Jugend, Richard<br />
Strauss, und seiner ganz speziellen Verinnerlichung der<br />
zukunftsträchtigen Zwölftonschule. Manchmal klingt<br />
noch Richard Wagners „Tristan“-Welt nach, manchmal<br />
auch ist Berg ganz nahe bei den Franzosen Debussy und<br />
Ravel. Aber alles ist von seiner ureigenen Ausdrucksweise<br />
mit emphatischen und ekstatischen Momenten erfüllt.<br />
Berg setzte bereits in diesen frühen Liedern, für die<br />
er passionierte Texte von Zeitgenossen mit großer Lyrik<br />
aus dem 19. Jahrhundert mischte, prägnante tonale<br />
Symbole und schuf starke formale Bezüge. Mit Ganztonschritten<br />
am Anfang des Liedes „Nacht“ bricht er<br />
in das weite Wunderland auf, in dem sich die Stimme<br />
mit grenzenloser Freiheit in großen Intervallsprüngen<br />
bewegen kann. In wiegenden Rhythmen wird die sehnsuchtsvolle<br />
Liebesstimmung im „Schilflied“ begleitet.<br />
Mit unbändiger musikalischer Energie wird Theodor<br />
Storms bild- und symbolkräftige Sprache in dem Lied<br />
„Nachtigall“ umgesetzt: steigende und sinkende Bewegungen<br />
hin zum strahlenden Aufblühen der Rose. Richard<br />
Strauss hätte es nicht schöner komponieren können.<br />
In „Traumgekrönt“ entspricht Berg Rainer Maria Rilkes<br />
dichterischer Modulation von ängstlicher Einsamkeit in<br />
zuversichtlichen Liebestraum mit einer schönen Symmetrie<br />
der Komposition. Zur Hälfte des Liedes übernehmen<br />
Stimme und Klavier jeweils die musikalische Motivik des<br />
Anderen im ersten Teil. So geht die aufsteigende Gesangslinie<br />
in die Tastenmusik und deren ungewöhnliche<br />
Intervallfolge in das Vokale über. Der Geborgenheit, die<br />
mit vertrauten musikalischen Wendungen das Lied „Im<br />
Zimmer“ vermittelt, folgt eine verklärte „Liebesode“,<br />
in der die ins Offene führenden Quartenakkorde den<br />
Austausch der Stimmungen zwischen dem Innen des<br />
Hauses und dem Außen der Natur eindringlich veranschaulichen.<br />
Die abschließenden „Sommertage“ bringen<br />
eine Rückkehr in das Wunderland des ersten Liedes.<br />
Rainer Lepuschitz<br />
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