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Die 40 Höhepunkte der Weinkultur

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<strong>Die</strong> <strong>40</strong> <strong>Höhepunkte</strong> <strong>der</strong> <strong>Weinkultur</strong><br />

INHALT<br />

Ahr<br />

• Weingut Kloster Marienthal: Einstige Staatsdomäne in alten Gemäuern<br />

• Mayschoß-Altenahr: Wiege <strong>der</strong> Winzergenossenschaft<br />

Baden<br />

• Weinbaumuseum Meersburg am Bodensee: Wo <strong>der</strong> Torkel zuhause ist<br />

• Weinbauinsel Reichenau: südlichstes Anbaugebiet Deutschlands<br />

• Vulkanfelsgarten Winklerberg: <strong>Die</strong> vulkanische Note im Wein<br />

• <strong>Die</strong> vier Großen Fässer im Heidelberger Schloss<br />

Franken<br />

• Staatlicher Hofkeller Würzburger: Kellerlabyrinth unter <strong>der</strong> Residenz<br />

• Weingut Bürgerspital und Würzburg Steinwein: Bocksbeutel und Silvaner<br />

• Juliusspital: Heimat des Bocksbeutels mit Bocksbeutelrelief<br />

• Castell: Wo <strong>der</strong> Fürst dem Silvaner die Wiege bereitete<br />

Hessische Bergstraße<br />

• Wein und Stein: Wo Rebensaft und Kunst sich paaren<br />

• Kloster Lorsch: Gedächtnis des Weinbaus<br />

Mittelrhein<br />

• Boppar<strong>der</strong> Hamm: Wein mit Haken in <strong>der</strong> Rheinschleife<br />

• Weinumschlagplatz Bacharach: Wo Gott Bacchus Zuhause ist<br />

Mosel<br />

• Römische Kelteranlage Piesport: Wo einst die Römer den Moselwein traten<br />

• Weingut <strong>der</strong> Vereinigten Hospitien, Trier: Ältester Weinkeller<br />

• Weinbergs-Sonnenuhren: Maßstab für die heiteren (Wein-)Stunden<br />

• Jugendstil-Stadt Traben-Trarbach: Zweitwichtigste Weinhandelsstadt <strong>der</strong> Welt<br />

• Der Bremmer Calmont: Wo <strong>der</strong> Fels den Wein gebiert<br />

Nahe<br />

• Klosterruine Disibodenberg: Wo die ältesten Reben Deutschlands wachsen<br />

• Weinbaudomäne Nie<strong>der</strong>hausen-Schloßböckelheim: Riesling auf Kupfer<br />

• Freilichtmuseum Bad Sobernheim: Wo historischer Weinbau lebendig wird<br />

Pfalz<br />

• Römervilla Weilberg und Weinkelter: Antike Weinproduktion<br />

• Rhodt unter Rietburg: Ältester noch tragen<strong>der</strong> Weinberg <strong>der</strong> Welt<br />

• Römerwein in Speyer: Der älteste flüssige Wein <strong>der</strong> Welt<br />

• Weinstadt Deidesheim: Hort deutscher Qualitätsweinkultur<br />

Rheingau<br />

• Kloster Eberbach: Der Wein <strong>der</strong> Mönche<br />

• Schloss Johannisberg: Geburtsort <strong>der</strong> Spätlese<br />

• Östrich mit Weinkran: Wo <strong>der</strong> Wein auf Reisen ging<br />

Rheinhessen<br />

• Kupferberg-Museum in Mainz: Tiefschichtiger Sektgenuss<br />

• Weinlage Liebfrauenstift, Worms: So weit <strong>der</strong> Turm seinen Schatten werfe<br />

• Niersteiner Glöck: Älteste Weinbergslage Deutschlands


Saale-Unstrut<br />

• Steinernes Bil<strong>der</strong>buch: Albumblätter für den Wein<br />

• Rotkäppchen Sektkellerei: 150 Jahre Sektgeschichte mit Cuvéefass<br />

• <strong>Die</strong> Weinbergshäuschen von Saale-Unstrut – Ensemble Schweigenberg<br />

Sachsen<br />

• Staatsweingut Schloss Wackerbarth: älteste Sektkellerei Sachsens<br />

• Hoflößnitz: Sachsenkeule und Weinfeste <strong>der</strong> Kurfürsten<br />

Württemberg<br />

• Kessler in Esslingen: Älteste Sektkellerei Deutschlands<br />

• Pfedelbach: Fürstenfass und Herrschaftskelter


Ahr<br />

Mayschoß-Altenahr: Wiege <strong>der</strong> Winzergenossenschaft<br />

<strong>Die</strong> Wiege <strong>der</strong> Winzergenossenschaften, sie steht in Mayschoß an <strong>der</strong> Ahr. Im Jahr 1868,<br />

genau am 20. Dezember, wurde hier von 18 Winzern die erste Winzergenossenschaft <strong>der</strong><br />

Weinbaugeschichte aus <strong>der</strong> Taufe gehoben. <strong>Die</strong> Vereinigung wurde ein Jahr später unter<br />

dem Namen „Winzer Verein zu Mayschoß – Eingetragene Genossenschaft“ in das<br />

Handels- und Genossenschaftsregister in Koblenz eingetragen. Erster Präsident wurde<br />

Nikolaus Näkel.<br />

Es war eine Geburt aus <strong>der</strong> Not heraus: Seit etwa 1860 war <strong>der</strong> Weinbau an <strong>der</strong> Ahr in<br />

einer tiefen Krise, verursacht durch Missernten, die Reblaus und den Zusammenbruch des<br />

Weinhandels zwischen den preußischen Gebieten und den europäischen Nachbarn. Der<br />

Zusammenschluss versprach Hilfe in <strong>der</strong> Not, bis zum Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurden<br />

an <strong>der</strong> Ahr rund 20 Winzergenossenschaften gegründet. Noch heute sind 90 Prozent <strong>der</strong><br />

Ahr-Winzer in zwölf Winzergenossenschaften organisiert.<br />

<strong>Die</strong> Mayschoßer Genossenschaft wuchs schnell, bereits 1881 wurden 141 Mitglie<strong>der</strong><br />

gezählt. 1873 hatten die Winzer begonnen, erste Gänge eines großen Gewölbekellers zu<br />

errichten. 1888 und 1889 kam dann <strong>der</strong> zweite und größte Kellergang zur Fasslagerung<br />

hinzu, ebenso <strong>der</strong> erste Stock des heutigen Bürogebäudes. 1968 feierten bereits 2<strong>40</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> das 100-jährige Bestehen <strong>der</strong> Genossenschaft. 1982 wurde die Fusion mit <strong>der</strong><br />

Winzergenossenschaft von Altenahr beschlossen, seitdem lautet <strong>der</strong> Name<br />

Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr. An die Geschichte des Weinbaus in <strong>der</strong><br />

Region erinnert in den Kellergewölben ein kleines Weinbaumuseum. Hier sind allerlei<br />

Geräte aus <strong>der</strong> Traubenbereitung zu sehen, etwa Kiepen, Handwagen zum<br />

Traubentransport, Scheren-Modelle, eine Traubenmühle aus dem Jahr 1900, eine<br />

Handkorkmaschine und eine halbautomatische Flaschenspülmaschine.<br />

<strong>Die</strong> Winzervereinigung hat heute 320 Mitglie<strong>der</strong>, die eine Rebfläche von 121 Hektar<br />

bewirtschaften. 60 Prozent davon sind im Rotwein-Land Ahr mit Spätburgun<strong>der</strong><br />

bewachsen, auf 20 Prozent wachsen Rieslingtrauben. Mit einer Jahresproduktion von<br />

mehr als einer Million Litern gehört die Winzergenossenschaft zu den mittelgroßen in<br />

Deutschland - und zu den besten: 2000 wurde die Genossenschaft im renommierten Gault<br />

Millau zur "Entdeckung des Jahres" gekürt und wird dort als einzige Genossenschaft mit<br />

drei Trauben geführt. Zum 1<strong>40</strong>. Jubiläum <strong>der</strong> Genossenschaft im Jahr 2008 gab es einen<br />

Jubiläumswein, gekeltert aus dem sehr guten Jahrgang 2007 – natürlich ein<br />

Spätburgun<strong>der</strong>.<br />

Infokasten<br />

Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr eG<br />

Ahrrotweinstraße 42<br />

53508 Mayschoß/Ahr<br />

Telefon: +49 2643 – 9360-0<br />

Fax: +49 2643 – 9360-93<br />

www.winzergenossenschaft-mayschoss.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Mai bis Oktober<br />

täglich von 9:00 bis 18:30 Uhr,<br />

auch Sonn- und Feiertags<br />

November bis April<br />

Montags bis Freitags von 8:00 bis 18:00 Uhr<br />

Samstags, Sonn- und Feiertags von 10:00 bis<br />

18:00 Uhr.


Weingut Kloster Marienthal: Einstige Staatsdomäne in alten Gemäuern<br />

Es war einst das älteste Kloster an <strong>der</strong> Ahr, <strong>der</strong> Nonnenkonvent <strong>der</strong> Augustinerinnen bei<br />

Dernau. 1137 wurde das Kloster Marienthal gegründet, und für die religiösen Frauen war<br />

das Leben offenbar nicht leicht: Von Prozessen und Ärger mit den Nachbargemeinden ist<br />

in alten Annalen die Rede, auch sorgte <strong>der</strong> Hubach für häufige Überschwemmungen.<br />

Sieben Werkstätten beherbergte das Kloster, darunter auch eine Brennerei und ein<br />

Gästehaus – und natürlich besaß man "Weingärten". Heute blüht in den Ruinen <strong>der</strong> alten<br />

Mauern wie<strong>der</strong> neues Leben: 2004 kaufte ein Zusammenschluss von Winzern <strong>der</strong><br />

Marienthaler Umgebung die ehemalige Staatsdomäne. Kloster Marienthal wurde wie<strong>der</strong> zu<br />

einem privaten Weingut.<br />

Bis zum Dreißigjährigen Krieg konnten sich die Nonnen in Marienthal halten, dann – im<br />

Jahr 1646 – plün<strong>der</strong>ten die Schweden das Kloster, 1646 brannten die Franzosen es<br />

endgültig nie<strong>der</strong>. Der Wie<strong>der</strong>aufbau begann 1699, <strong>der</strong> Garten wurde erweitert und bekam<br />

im Jahr 1762 sogar einen Gartenpavillon, <strong>der</strong> bis heute erhalten ist. Doch 1802 kam das<br />

endgültige Aus: Der französische Kaiser Napoleon Bonaparte verfügte nach <strong>der</strong><br />

Eroberung <strong>der</strong> Lande die Säkularisierung <strong>der</strong> Klöster, danach wurden die Gebäude<br />

verkauft, das Gotteshaus verfiel zur Ruine. Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Auflösung hatte das Kloster<br />

einen Küfer samt Gesellen beschäftigt, so berichten es die Annalen, dazu "vier <strong>Die</strong>ner für<br />

die Weinbergskultur".<br />

Wein wurde auch danach weiter angebaut, von wechselnden Besitzern. 1910 ließ einer<br />

von ihnen ein großes Herrenhaus errichten, das bald von <strong>der</strong> Ahrtalbahn als<br />

Verwaltungsgebäude gekauft wurde. 1925 wurde das Anwesen zur Preußisch Staatlichen<br />

Weinbaudomäne Marienthal. 1952 wurde ein Teil <strong>der</strong> 19 Hektar Rebhänge in eine<br />

Versuchsanstalt des Landes Rheinland-Pfalz zur Züchtung neuer Rebsorten<br />

umgewandelt. Von 2004 an entstand in den alten Ruinen von 1137 ein mo<strong>der</strong>nes Weingut,<br />

das von den Winzergenossenschaften Dagenova und Mayschoß-Altenahr sowie den<br />

privaten Weingütern Brogsitter und Meyer-Näkel gemeinsam betrieben wird.<br />

Infokasten<br />

Weingut Kloster Marienthal<br />

Franz-Josef Appel<br />

Klosterstraße 3-5<br />

53507 Marienthal<br />

Telefon (0 26 41) 9 80 60<br />

Fax (0 26 41) 98 06 20<br />

Email: mail@weingut-kloster-marienthal.de<br />

Internet: www.weingut-kloster-marienthal.de<br />

Ahr Rhein Eifel Tourismus & Service GmbH<br />

Klosterstraße 3-5<br />

53507 Marienthal<br />

Tel.: 02641/ 9773-0<br />

Fax: 02641/9773-73<br />

E-Mail: info@ahr-rhein-eifel.de<br />

Internet: www.ahr-rhein-eifel.de


Baden<br />

Weinbaumuseum Meersburg am Bodensee: Wo <strong>der</strong> Torkel zuhause ist<br />

Von <strong>der</strong> "Torkel", <strong>der</strong> Weinkelter, hat dieses Museum seinen Namen: "Heilig Geist Torkel".<br />

Das kleine Museum wurde 1961 in den Räumen des ehemaligen Meersburger Heilig-<br />

Geist-Spitals eingerichtet. Im Untergeschoss befand sich einst <strong>der</strong> Torkel, eine Weinkelter,<br />

die noch heute erhalten ist: <strong>der</strong> Heilig-Geist-Torkel von 1607 ist die wohl älteste noch<br />

erhaltene und funktionsfähige Kelter des Bodenseegebietes. Bis 1922 war diese wuchtige<br />

Baumkelter noch in Betrieb. Sie ist ein Denkmal <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te alten <strong>Weinkultur</strong> am<br />

Bodensee und vor allem seiner Weinstadt Meersburg.<br />

Prähistorische Funde am Bodensee legen nahe, dass es erste Wildreben hier schon lange<br />

vor den Römern gab. <strong>Die</strong> brachten später neue Sorten wie den Elbling und Begriffe wie<br />

den „Torkel“ mit: Das Wort kommt von „torquere“ für drehen und wurde zum Fachwort für<br />

die mächtigen Weinpressen. <strong>Die</strong> erste dokumentierte <strong>Weinkultur</strong> wird Karl Martell<br />

zugeschrieben, dem Hausmeier <strong>der</strong> Merowinger, <strong>der</strong> um 724 erste Reben bei Ermatingen<br />

am Untersee Reben gepflanzt haben soll.<br />

In Meersburg ist <strong>der</strong> Weinbau seit 1324 urkundlich belegt, die Fläche umfasst heute rund<br />

120 Hektar und liefert etwa eine Million Liter Wein. Möglich macht den Weinanbau in<br />

dieser immerhin bis zu 500 Meter hohen Gegend das beson<strong>der</strong>e Seeklima: Der Bodensee<br />

wirkt als riesiger Wärmespeicher, <strong>der</strong> das Klima mild macht. Von <strong>der</strong> Wasserreflexion<br />

profitieren dazu beson<strong>der</strong>s die Hanglagen am See – ihre Blätter erhalten mehr Licht. Dazu<br />

sorgt die Höhenlage aber auch für kühle Nächte, das bringt die beson<strong>der</strong>e Fruchtigkeit in<br />

die Weine.<br />

Das Gebäude des Meersburger Heilig-Geist-Spitals wurde im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t errichtet.<br />

Der Weinbau diente zur Finanzierung <strong>der</strong> karitativen Einrichtung. <strong>Die</strong> Gegenstände des<br />

Museums sammelte in den 1950er Jahren <strong>der</strong> damalige Kellermeister des<br />

Staatsweingutes Meersburg, Willy Stingl. Zu sehen sind etwa schön geschnitzte<br />

Fassböden, eine Flaschensammlung, ein alter „Buttenkarren“ – ein Traubenwagen –<br />

sowie zahlreiche traditionelle Küferwerkzeuge. Hauptattraktionen aber sind das<br />

"Türkenfass", ein reich verziertes Weinfass <strong>der</strong> Deutsch-ordenskommende Mainau, mit<br />

einem Fassungsvermögen von rund 50 000 Litern – und eben <strong>der</strong> Heilig-Geist-Torkel.<br />

Infokasten<br />

Weinbaumuseum<br />

Vorburggasse 11<br />

88709 Meersburg<br />

Telefon: 0 75 32 / 4 <strong>40</strong>-<strong>40</strong>0<br />

www.meersburg.de/ceasy/modules/cms/main.php5?cPageId=160<br />

Öffnungszeiten:<br />

Geöffnet von April bis Oktober<br />

<strong>Die</strong>nstag, Freitag und Sonntag<br />

jeweils von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr<br />

Eintrittspreise:<br />

Eintritt 2,00 €<br />

mit Gästekarte 1,50 €<br />

Kin<strong>der</strong> bis 6 Jahre frei<br />

Freier Eintritt mit <strong>der</strong> Bodensee Erlebniskarte<br />

Weitere Informationen<br />

www.bodenseetouren.de/portrait/wein-und-winzer-auf-hoehenfluegen


Weinbauinsel Reichenau: südlichstes Anbaugebiet Deutschlands<br />

Mitten im Bodensee wachsen die südlichsten Weinreben Deutschlands: auf <strong>der</strong> Insel<br />

Reichenau. Heute ist sie mehr bekannt als "Gemüseinsel", doch <strong>der</strong> Weinanbau bildete<br />

über Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg die wirtschaftliche Grundlage für die Bauern auf <strong>der</strong> Insel. <strong>Die</strong><br />

ersten Reben pflanzte Abt Hatto I. vom Kloster Reichenau auf <strong>der</strong> Bodenseeinsel, das war<br />

im Jahr 818. Erst 724 war die Insel überhaupt besiedelt worden. Der Wan<strong>der</strong>bischof<br />

Priminius errichtete auf dem Urwald artig bewachsenen Gelände das erste<br />

Benediktinerkloster. Schon Abt Walahfrid Strabo musste, so erzählt es die Geschichte,<br />

Mitte des 9. Jahrhun<strong>der</strong>ts zahlreiche Rebleute auf die Insel holen, um die Arbeit zu<br />

bewältigen.<br />

Der Bodensee ist "schuld" an dem Erfolg <strong>der</strong> Reichenau-Weine: <strong>Die</strong> Wasserfläche rund<br />

um die Insel wirkt als großer Wärmespeicher und Lichtreflektor, <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s im Herbst<br />

und Winter seine Wärme an die Rebhänge abgibt. Wie eine natürliche Klimaanlage sorgt<br />

<strong>der</strong> See für geringe Temperaturschwankungen und verhin<strong>der</strong>t Frühjahrs- und Herbstfröste.<br />

Dazu kommt die hohe Sonnenscheindauer – ein ideales Klima für den Weinbauanbau. Bis<br />

zu 1<strong>40</strong> Hektar Rebflächen wurden hier einst bewirtschaftet, <strong>der</strong> Höhepunkt im Jahr 1913.<br />

In dem Jahrhun<strong>der</strong>t zuvor hatten auch die Reichenauer Winzer unter schlechten Ernten,<br />

Rebschädlingen und dem allgemeinen Preisverfall beim Wein zu leiden gehabt. 1896<br />

gründete deshalb <strong>der</strong> Reichenauer Pfarrer Meinrad Meier zusammen mit 62 Winzern den<br />

Winzerverein Reichenau, heute die kleinste selbstständige Winzergenossenschaft in<br />

Baden. Sie bewirtschaftet noch 18 Hektar Rebflächen auf <strong>der</strong> Klosterinsel, die seit dem<br />

Jahr 2000 Unesco-Weltkulturerbe ist. <strong>Die</strong> Weine werden heute noch im alten Klosterkeller<br />

gekeltert – natürlich nach neuesten Erkenntnissen. Probieren kann man die Ergebnisse<br />

unter an<strong>der</strong>em beim Wein- und Fischerfest im August – und natürlich im Weinverkauf.<br />

Infokasten<br />

Winzerverein Insel Reichenau eG<br />

Münsterplatz 4<br />

78479 Reichenau<br />

Telefon: 0049 (0) 7534 293<br />

Telefax: 0049 (0) 7534 998662<br />

E-Mail: info@winzerverein-reichenau.de<br />

www.winzerverein-reichenau.de<br />

Öffnungszeiten für den Weinverkauf:<br />

Mo / Di / Do / Fr:<br />

9- 12 Uhr und 14 - 17.30 Uhr<br />

Mi / Sa:<br />

9 - 12 Uhr


Vulkanfelsgarten Winklerberg: <strong>Die</strong> vulkanische Note im Wein<br />

Auf den Resten eines vor 15 Millionen Jahren erloschenen Vulkans wächst in Ihringen am<br />

Kaiserstuhl <strong>der</strong> Wein. Zwei Lavaströme, poröses Auswurfgestein, Lavabomben - <strong>der</strong><br />

Winklerberg hat alles, was ein alter Vulkan braucht. Berühmt aber ist er durch das, was<br />

auf <strong>der</strong> Lava so hervorragend gedeiht: Seit 962 wird in <strong>der</strong> Gemeinde am Kaiserstuhl Wein<br />

angebaut – mindestens. Wahrscheinlich waren schon die Römer in Sachen Weinbau hier<br />

aktiv, schließlich ist <strong>der</strong> Kaiserstuhl das sonnenreichste und wärmste Rebengebiet in<br />

Deutschland.<br />

Schon im Jahr 962 war Ihringen eine beachtliche Rebengemeinde, heute gehört die<br />

Gemeinde westlich von Freiburg mit ihren rund 600 Hektar Rebflächen zu einer <strong>der</strong><br />

größten Weinbaugemeinden Deutschlands. Ihre berühmteste Lage ist <strong>der</strong> Winklerberg,<br />

<strong>der</strong> seinen Namen von dem verwinkelten Charakter seiner Rebanlagen hat. <strong>Die</strong> steilen<br />

Vulkanverwitterungsböden mit Kalkeinschlüssen sind heute in Terrassen gezähmt und<br />

ergeben gehaltvolle, mineralische Weine.<br />

Natur und Weine in höchster Qualität - unter diesem Motto steht denn auch <strong>der</strong> im<br />

Oktober 2006 eingeweihte Rundweg durch den Vulkanfelsgarten im Winklerberg. Entlang<br />

des beschil<strong>der</strong>ten Rundwegs gibt es allerlei Geschichten rund um Geologie, Natur und vor<br />

allem den Wein zu erfahren. Der Weg führt vorbei am Alten Rebhäusle, dem<br />

"Winklerbergbrünnele", und einem historischen Treppenweg, allesamt Zeugnisse einer<br />

alten <strong>Weinkultur</strong>. Zu <strong>der</strong> gehört auch die Pioniertat des Winzers Georg Ernst Lythin: Der<br />

pflanzte 1813 am Winklerberg erstmals Edelsorten wie Burgun<strong>der</strong>, Traminer und<br />

Muskateller – die Geburtsstunde des Kaiserstühler Edelweinbaus – Dank des<br />

Vulkangesteins.<br />

Infokasten<br />

Vulkanfelsgarten Winklerberg<br />

Beginn in Ihringen hinter dem jüdischen Friedhof<br />

www.ihringen.de/servlet/PB/menu/1335773_l2/index.html<br />

Gemeinde Ihringen<br />

Bachenstraße 42<br />

79241 Ihringen am Kaiserstuhl<br />

Tel.: 0 76 68 / 71 08 - 0<br />

Fax: 0 76 68 / 71 08 - 50<br />

Email: gemeinde@ihringen.de<br />

www.ihringen.de<br />

Weitere Informationen<br />

http://www.kaiserstuhl.eu/Orte/Ihringen/ihringen.htm<br />

Projektpartner<br />

Weingut Dr. Heger<br />

Bachenstr. 21, 79241 Ihringen, 0 76 68/78 33<br />

Ecovin-Weingut Hubert Lay<br />

Scherkhofenstr. 52, 79241 Ihringen, 0 76 68/18 70<br />

Winzergenossenschaft Ihringen<br />

Winzerstr. 6, 79241 Ihringen, 0 76 68/9 03 60


<strong>Die</strong> vier Großen Fässer im Heidelberger Schloss<br />

Sie sind legendär und ein Publikumsmagnet, auch wenn heute nur noch das letzte<br />

Exemplar zu sehen ist: die vier Großen Fässer im Heidelberger Schloss. <strong>Die</strong><br />

Bewun<strong>der</strong>ung war schon 1595 groß: "Viele kommen daher aus <strong>der</strong> Ferne/ Zu guten<br />

Freunden, um dieses Fass/ Sehen zu können, gleichwie ich selbst kürzlich tat./ Und<br />

fürwahr, dieses Werk ist bei Gott wert, dass man’s/ Besichtigt, wenn sich eine passende<br />

Gelegenheit ergibt./ Solch ein Gefäß mit so großer Gabe des Weinstocks, glaub’ ich,/<br />

Gibt’s nicht, soweit <strong>der</strong> riesige Erdkreis reicht." So schrieb damals <strong>der</strong> Theologe und<br />

Hexenbekämpfer Anton Praetorius nach einem Besuch in Heidelberg.<br />

Bewun<strong>der</strong>t hatte Praetorius indes nur das erste von vier Fässern, die zwischen 1591 und<br />

1751 entstanden. Das älteste, das Praetorius bestaunte, ist das so genannte Johann-<br />

Casimir-Fass, erbaut vom Küfer Michael Werner aus Landau und benannt nach Pfalzgraf<br />

Johann Casimir. Was den Theologen so zum Staunen brachte, war das<br />

Fassungsvermögen von 127 000 Litern, eine enorme Größe auch noch für die heutige<br />

Zeit. Bewun<strong>der</strong>n können wir es nicht mehr: Das Casimir-Fass wurde im Dreißigjährigen<br />

Krieg zerstört, sein Holz verfeuert.<br />

Ersatz kam 1664: Da ließ Kurfürst Karl Ludwig unter Leitung des Heidelberger<br />

Kellermeisters Johannes Meyer ein noch größeres Fass bauen: 195 000 Liter fasste das<br />

Holzgebilde, und hatte sogar einen Tanzboden oben drauf. Das Karl-Ludwig-Fass<br />

überstand die Zerstörung des Schlosses im Pfälzer Erbfolgekrieg in den Jahren 1689 und<br />

1693. 1702 wurde eine Reparatur durchgeführt - ohne grundlegende Verbesserung des<br />

Zustands des Fasses.<br />

So entstand 1728 Fass Nummer drei – noch eine Nummer größer: 202 000 Liter fasste<br />

das von Kurfürst Karl Philipp in Auftrag gegebene Werk und war damit rund 4700 Liter<br />

größer als das alte. Doch das Fass wurde immer wie<strong>der</strong> undicht, so dass schon 17<strong>40</strong> ein<br />

Neubau geplant wurde. Der wurde 1751 unter Kurfürst Karl Theodor vollendet und fasste<br />

stolze 221 726 Liter Wein. Heute gehen nur noch 219 000 Liter ins Fass – das Holz ist<br />

eingetrocknet. Gefüllt wurde das Große Fass ohnehin nur drei Mal, es war ständig undicht.<br />

Befüllt wurde es durch ein großes Loch in <strong>der</strong> Decke mit Hilfe eines Schlauchs. Es ist<br />

dieses Karl-Theodor-Fass, das heute noch im Heidelberger Schloss zu bestaunen ist.<br />

Bewacht wird es von dem Fasswächter Perkeo, <strong>der</strong> Statue von Karl Philipps Hofnarren.<br />

Der brachte <strong>der</strong> Legende nach den nur rund einen Meter großen, aber 100 Kilogramm<br />

schweren Zwerg aus Tirol mit, machte ihn zum Hofnarren und fragte ihn eines Tages, ob<br />

er das Große Fass allein austrinken könne. Der Narr antwortete - wie auf alles an<strong>der</strong>e -<br />

„Perché no?“, was auf Italienisch bedeutet: warum nicht? So bekam <strong>der</strong> Fasswächter<br />

seinen Namen. Er soll ein idealer Bewacher des Weins gewesen sein, berichtete doch die<br />

Legende, dass Perkeo seit seiner Kindheit als einziges Getränk Wein zu sich genommen<br />

hatte. Als er im hohen Alter erstmals krank wurde, riet ihm sein Arzt dringlich von<br />

Weingenuss ab und empfahl ihm, Wasser zu trinken. Perkeo nahm den Rat an - und starb<br />

am nächsten Tag<br />

Infokasten<br />

Heidelberger Schloss<br />

Service-Center<br />

Telefon (0 62 21) 53 84 31 und (0 62 21) 65 57 16<br />

info@service-centerschloss-heidelberg.com<br />

www.schloss-heidelberg.de<br />

Öffnungszeiten Schlosshof, Großes Fass<br />

täglich 8.00 - 17.30 Uhr<br />

Eintrittspreise<br />

Kombikarte (Bergbahn, Schlosshof, Großes Fass,<br />

Deutsches Apothekenmuseum)<br />

Erwachsene 5,00 €, Ermäßigte 3,00 €<br />

Audioguide zusätzlich zum Eintritt: 4,00 €<br />

Führungen zusätzlich zum Eintritt<br />

Erwachsene 4,00 €, Ermäßigte 2,00 €, Familienkarte 10,00 €<br />

Gruppen (ab 20 Personen) pro Person 3,60 €<br />

Schlosskasse, Telefon (0 62 21) 53 84 21


Franken<br />

Staatlicher Hofkeller Würzburg: Kellerlabyrinth unter <strong>der</strong> Residenz<br />

<strong>Die</strong>ser Keller hat Rekord verdächtige Ausmaße: Auf 4557 Quadratmeter Größe erstreckt<br />

sich <strong>der</strong> Weinkeller unter <strong>der</strong> Bischöflichen Residenz in Würzburg. Das mächtige Gebäude<br />

über dem Boden ist das außergewöhnlichste aller Barockschlösser und mit seinem<br />

Spiegelkabinett und seinem Treppenhaus mit den Tiepolo-Deckenfresken 1981 von <strong>der</strong><br />

Unesco zum Weltkulturerbe erhoben worden. Doch auch die Kellergewölbe darunter sind<br />

ein Teil des Weltkulturerbes: Der berühmte Baumeister Balthasar Neumann konstruierte<br />

die Gewölbe mit ihren bis zu fünf Meter dicken Mauern gemeinsam mit dem oberirdischen<br />

Bau 1720 bis 1744.<br />

Der Hofkeller selbst geht auf eine Schenkungsurkunde des Würzburger Bischofs Embricho<br />

aus dem Jahr 1128 zurück und ist damit das älteste urkundlich belegte Weingut in<br />

Deutschland, das sich seit <strong>der</strong> Gründung ohne Unterbrechung im Besitz <strong>der</strong> jeweiligen<br />

regierenden Macht befindet. Der fürstbischöfliche Weinbau hat Bestand bis zur<br />

Säkularisation, 1814 fällt <strong>der</strong> gesamte Weinbergsbesitz an die Bayerische Krone, <strong>der</strong><br />

Keller nennt sich fortan “Königlich Bayerischer Hofkeller”. Das Ende <strong>der</strong> Monarchie in<br />

Bayern 1918 leitet über zum selbstständigen bayerischen Staatsweingut “Staatlicher<br />

Hofkeller Würzburg”. Mit einer Rebfläche von 120 Hektar in ganz Franken und einer<br />

Jahresproduktion von etwa 850 000 Flaschen zählt es zu den großen Weingütern in<br />

Deutschland.<br />

Seinen Sitz hat das VDP-Weingut im Würzburger Rosenbachpalais – und darunter. 891<br />

Meter lang, bis zu sechs Meter hoch - <strong>der</strong> Hofkeller ist eine gigantische Unterwelt für sich.<br />

Sieben verschiedene Keller und ein Tunnel erstrecken sich unter den beiden Flügeln <strong>der</strong><br />

Residenz: Rondellkeller, Kammerkeller, Rotweinkeller und <strong>der</strong> berühmte Stückfasskeller<br />

mit seinen 100 Holzfässern zu je 1200 Litern. In <strong>der</strong> "Bacchusecke" befindet sich die<br />

Schatzkammer, im "Beamtenkeller" stehen die drei riesigen “Beamtenweinfässer”, erbaut<br />

1784: Aus ihnen floss vor über 200 Jahren nichts Geringeres als <strong>der</strong> flüssige Sold <strong>der</strong><br />

Hofbediensteten.<br />

Hier steht auch das sogenannte Schwedenfass: 1631 wollten die Würzburger Bürger ihren<br />

Jahrtausendjahrgang von 15<strong>40</strong> vor den anrückenden schwedischen Truppen in Sicherheit<br />

bringen – und vergruben den Wein im Wald. 1684 wird er durch Fürstbischof Konrad von<br />

Wernau zufällig entdeckt, <strong>der</strong> ein Fass für den Wein bauen lässt – eben jenes<br />

Schwedenfass. Bei einer Verkostung 1966 wurde festgestellt, dass <strong>der</strong> Wein noch immer<br />

trinkbar ist.<br />

Das Lager mit den mo<strong>der</strong>nen Stahltanks unter dem Südflügel und den Holzfasskeller unter<br />

dem Nordflügel verbindet heute ein 63 Meter langer Gang aus den 1960er Jahren, quer<br />

unter dem Ehrenhofplatz durch. 2004 wurde er im Zuge des Vinothek-Neubaus als<br />

"Geschichtstunnel" gestaltet, in dem mehr als 875 Jahre Weinbaugeschichte lebendig<br />

werden. <strong>Die</strong> neue, preisgekrönte Vinothek erhielt eine stählerne Verkostungslounge, die<br />

wie eine Weinlaube anmutet, mo<strong>der</strong>ne Schauvitrinen und "Steintabletts" – ein mo<strong>der</strong>nes<br />

Lesebuch <strong>der</strong> Kulturgeschichte des Weins.<br />

Infokasten<br />

Staatlicher Hofkeller<br />

Residenzplatz 3<br />

97070 Würzburg<br />

Tel. 0931/3050929<br />

Fax 0931/3050966<br />

www.hofkeller.de


Weingut Bürgerspital und Würzburg Steinwein: Bocksbeutel und<br />

Silvaner<br />

Der eine ist <strong>der</strong> älteste Weinberg mit eigener Lagenbezeichnung, das an<strong>der</strong>e das älteste<br />

Spitalweingut Deutschlands: Der Wein vom Stein in Würzburg wurde Jahrhun<strong>der</strong>te lang im<br />

Bürgerspital zum Heiligen Geist weiter verarbeitet, und noch heute gehen die beiden Orte<br />

alter <strong>Weinkultur</strong> eine enge Symbiose ein - im Bürgerspital lagert einer <strong>der</strong> ältesten noch<br />

flüssigen Weine Deutschlands: ein "Steinwein" aus dem Jahrtausendjahrgang 15<strong>40</strong>.<br />

Den Wein vom Stein nannte schon Johann Wolfgang von Goethe seinen Lieblingswein,<br />

und auch sonst hat <strong>der</strong> Hang über dem Mainufer mit seiner seltenen Konstellation von<br />

Neigung, Richtung, Geländeform und Flussnähe Geschichte geschrieben: Bereits um das<br />

Jahr 779 wuchsen hier Reben, damit ist die 85 Hektar große Lage nicht nur die größte<br />

Einzellage Deutschlands, son<strong>der</strong>n auch die älteste Weinlage mit eigener Bezeichnung.<br />

1665 pflanzte hier <strong>der</strong> Zisterzienserabt Aberich Degen erstmals Silvaner-Reben an. 1965<br />

wurde bei <strong>der</strong> Flurbereinigung ein Gedenkstein dafür gefunden - er ist heute im Keller des<br />

Bürgerspitals zu besichtigen. Hier lagert auch <strong>der</strong> älteste erhaltene Wein Frankens, die<br />

letzte Flasche eines 15<strong>40</strong>er. Als <strong>der</strong> Weinkritiker Hugh Johnson diesen Weißwein 1961 in<br />

London verkostete, stellt er überrascht fest, er sei tatsächlich „noch lebendig“ - und lasse<br />

„sogar seinen deutschen Ursprung ahnen.“<br />

<strong>Die</strong> Geschichte des Bürgerspitals beginnt im Jahr 1316, als <strong>der</strong> noble Würzburger Patrizier<br />

Johannes und seine Frau Mergardis von Steren ihr Anwesen <strong>der</strong> Stadt überlassen. Der<br />

Zweck: die Aufnahme pflegebedürftiger Menschen in dem "Neuen Spital", das ab dem 16.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t „Bürgerspital zum Heiligen Geist“ genannt wird. Durch weitere Stiftungen<br />

reicher Würzburger Bürger wächst das Spital weiter, 1334 kommen die ersten Weinberge<br />

zur Finanzierung des Stifts dazu – und zur Deckung des eigenen Bedarfs. 1598 etwa<br />

bekamen die Spitalbewohner, Männer wie Frauen, täglich ein Maß Wein, das entsprach<br />

für damalige Verhältnisse maßvollen 1,22 Litern.<br />

Bald finanzierte das Bürgerspital aus den Reberträgen, <strong>der</strong> Landwirtschaft und <strong>der</strong><br />

Vermögensverwaltung seine wohltätigen Unternehmungen. Der Weinbau aber erlebte<br />

immer wie<strong>der</strong> Krisen – 1726 sieht man etwa die Notwendigkeit, sich gegen "böswillige<br />

Machenschaften" zu schützen, in diesem Fall die Weinpanscherei. So ließ <strong>der</strong> Stadtrat<br />

"Auf gnädige, fürstliche Anordnung hin die im Keller des Bürgerspitals zum Hl. Geist<br />

lagernden Steinweine ab dem Jahrgang 1718 in Bocksbeuteln mit 1 Maß Inhalt abfüllen<br />

und mit dem Stadtwappen versiegeln." <strong>Die</strong> Maßnahme war erfolgreich: Der Preis für ein<br />

Fu<strong>der</strong> stieg daraufhin von 100 auf 500 Reichstaler. Zugleich war dies die Geburtsstunde<br />

<strong>der</strong> Bürgerspital-Weine im Bocksbeutel. Heute kann man hier eine Sammlung historischer<br />

Bocksbeutelflaschen bestaunen – und dazu den größten Holzfasskeller Deutschlands mit<br />

rund 200 wertvollen, teils verzierten Eichenholzfässern.<br />

Durch den Stein führt ein etwa vier Kilometer langer Stein-Wein-Pfad, ein Panorama-<br />

Rundweg, <strong>der</strong> am Weingut am Stein mit seiner außergewöhnlichen Architektur endet.<br />

Deren Besitzer Ludwig Knoll hält einige Parzellen im "Stein" – <strong>der</strong> Großteil gehört zu je<br />

einem Drittel dem Juliusspital, dem Staatlichen Hofkeller und eben dem Bürgerspital.<br />

Infokasten<br />

Stiftung Bürgerspital z. Hl. Geist<br />

Theaterstraße 19, D-97070 Würzburg<br />

Telefon: +49 (0)931 3503-441


Telefax: +49 (0)931 3503-444<br />

E-Mail: weingut@buergerspital.de<br />

Internet: www.buergerspital.de<br />

Stein-Wein-Pfad Würzburg<br />

http://uploa<strong>der</strong>.wuerzburg.de/stein-wein-pfad/<br />

Weingut am Stein<br />

Ludwig Knoll<br />

Mittlerer Steinbergweg<br />

97080 Würzburg 5<br />

Tel.: 0931 / 25808 Fax: 0931 / 25880<br />

E-Mail: mail@weingut-am-stein.de<br />

www.weingut-am-stein.de


Juliusspital: Heimat des Bocksbeutels mit Bocksbeutelrelief<br />

Es ist die wohl älteste mo<strong>der</strong>ne Darstellung eines Bocksbeutels: Auf dem Gründungsrelief des<br />

Weinguts Juliusspital im Herzen von Würzburg ist tatsächlich genau in <strong>der</strong> Bildmitte, zwischen den<br />

Füßen <strong>der</strong> vielen Besucher, eine kleine kolbenartige Flasche zu sehen. Vielleicht steht sie für ein<br />

medizinisches Heilgefäß, vielleicht aber auch für einen Bocksbeutel, das Relief gilt jedenfalls als<br />

ältester Beleg für das Vorkommen einer Bocksbeutel-ähnlichen Flasche in <strong>der</strong> Neuzeit. <strong>Die</strong><br />

Hauptbotschaft des Reliefs im Jahr 1576 war allerdings eine an<strong>der</strong>e: Es ist die Gründungsurkunde<br />

des Juliusspitals.<br />

Der Würzbürger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn stiftete 1576 das Spital mit seinem<br />

Privatvermögen. Er kaufte eine große Garten- und Seenlandschaft vor den Toren <strong>der</strong> Stadt auf –<br />

alles für das neue Stift. Nach dem Willen des Bischofs sollten hier "allerhand Sorten Arme, Kranke,<br />

unvermugliche, auch schadhafte Leut, die Wund- und an<strong>der</strong>er Arznei notdürftig sein, desgleichen<br />

verlassen Waysen und dann füruberziehende Pilgram und dörftige Personen" behandelt und<br />

betreut werden. Der Grundstein für den Spitalbau wurde am 12. März 1576 gelegt, im<br />

Stiftungsbrief sicherte <strong>der</strong> Fürstbischof den Unterhalt <strong>der</strong> Anlage durch Überschreibung von<br />

Grundbesitz wie Äcker, Wäl<strong>der</strong>n – und Weinbergen, auch solche in <strong>der</strong> weltberühmten Lage<br />

Würzburger Stein.<br />

Das Juliusspital betreut noch heute viele Kranke und Alte – in einem Krankenhaus <strong>der</strong><br />

Schwerpunktversorgung, mit 365 Betten, einem Seniorenzentrum und einer Beratungsstelle für<br />

Menschen mit Epilepsie. Ergänzt werden diese Leistungsbereiche durch eine Akademie für<br />

Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit, je eine Fachschule für Kranken- und Altenpflege<br />

sowie eine Weiterbildungsstätte für Intensivpflege. Auch ein Tagungszentrum gehört zu <strong>der</strong><br />

Stiftung, ebenso wie eine großer landwirtschaftlicher Gutshof und ein ausgedehnter Waldbesitz –<br />

und natürlich das Weingut, das heute mit 172 Hektar Rebflächen das zweitgrößte in Deutschland<br />

ist. Herzstück <strong>der</strong> Kellerei ist <strong>der</strong> 250 Meter lange Holzfasskeller unter dem Fürstenbau von<br />

Antonio Petrini aus dem Jahre 1699. Hier werden die großen Weine des Gutes hergestellt, die<br />

Weltruhm genießen: So wurde bei <strong>der</strong> Krönung von Königin Elizabeth II. im Jahr 1953 eine 1950er<br />

Riesling Auslese des Juliusspitals aus <strong>der</strong> Lage Iphöfer Julius-Echter-Berg ausgeschenkt.<br />

Natürlich befand sich auch dieser Wein in einer Bocksbeutel-Flasche – dem heute traditionellen<br />

Frankenweingefäß. <strong>Die</strong> Flaschenform selbst ist bereits uralt: Ein keltisches Tongefäß aus <strong>der</strong> Zeit<br />

um 1<strong>40</strong>0 vor Christus in Form einer Flachkugelflasche gilt als Urahn – gefunden auf fränkischem<br />

Boden bei Wenigumstadt. Auch die Römer pflegten die Bocksbeutelform bereits als Feldflasche,<br />

im Mittelalter war sie als Pilgerflasche beliebt: Geformt wie ein "flacher, run<strong>der</strong> Käse", konnte sie<br />

am Gürtel getragen werden, ohne den Träger allzu sehr zu behin<strong>der</strong>n. 1726 bestimmte <strong>der</strong> Rat <strong>der</strong><br />

Stadt den Bocksbeutel zum Gütezeichen im Kampf gegen die weit verbreitete Weinpanscherei und<br />

ließ die ersten Exemplare im Bürgerspital einlagern. 1862 heißt es, ein Bocksbeutel sei "eine<br />

gedrückte, runde, nach Art des Beutels o<strong>der</strong> Hodensacks <strong>der</strong> Böcke geformte Flasche zum<br />

Einfüllen und Versenden des Steinweins." Heute ist <strong>der</strong> Bocksbeutel das Markenzeichen des<br />

Frankenweins und seit 1989 auch für Qualitäts- und Prädikatsweine aus Franken urheberrechtlich<br />

geschützt.<br />

Infokasten<br />

Weingut Juliusspital<br />

Klinikstr. 1<br />

97070 Würzburg<br />

Tel.: 0931/ 393-1<strong>40</strong>0<br />

Fax: 0931/ 393-1414<br />

E-Mail: weingut@juliusspital.de<br />

www.juliusspital.de


Castell: Wo <strong>der</strong> Fürst dem Silvaner die Wiege bereitete<br />

Ein Meilenstein in <strong>der</strong> Geschichte des fränkischen Ortes Castell war <strong>der</strong> 6. April 1659: Da<br />

ließ <strong>der</strong> Amtmann des Gräflichen Gutes <strong>der</strong>er zu Castell, Georg Körner, am Fuße des<br />

Schlossbergs in Castell neue Reben pflanzen – allerdings nicht irgendwelche Reben: „25<br />

Österreicher Fechser“ hatte am Tag zuvor ein Bote vom Dorf Obereisenheim nach Castell<br />

gebracht, so ist es im umfangreichen Archiv des Fürstlich Castell’schen Domänenamts zu<br />

lesen. Anschließend wurden die Fechser – die Stecklinge - im Schloßberg zum<br />

„ausbüßen“ verwandt. Es war die Wiege eines großen Erfolges: von hier trat <strong>der</strong> Silvaner<br />

seinen Siegeszug quer durch Deutschland und insbeson<strong>der</strong>e Franken an.<br />

Der Silvaner gehört zu den ältesten heute noch kultivierten Reben – bereits <strong>der</strong> römische<br />

Dichter Gaius Plinius Secundus beschrieb im ersten Jahrhun<strong>der</strong>t eine Sorte mit den<br />

gleichen Eigenschaften. Im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t gelangte die Rebsorte wahrscheinlich aus<br />

dem Donauraum nach Deutschland - vermutlich mit den Ebracher Zisterzienser-Mönchen,<br />

die ihn aus ihren Töchter-Klöstern in Österreich nach Obereisenheim mitbrachten.<br />

Entstanden ist <strong>der</strong> Silvaner durch eine Kreuzung aus Traminer und 'Österreichisch-Weiß',<br />

nach seinem Ursprung im Alpenraum wurde er deshalb lange als "Österreicher"<br />

bezeichnet.<br />

1659 trieben die Fürsten von Castell schon seit über <strong>40</strong>0 Jahren Weinbau: 1224 werden<br />

erstmals Weinberge erwähnt, die Castell dem Kloster Ebrach schenkte. <strong>Die</strong><br />

Weinbergslagen in Castell selbst tauchen erstmals 1266 in einer Urkunde auf, es ist aber<br />

wohl nicht anzunehmen, dass die Fürsten <strong>40</strong> Jahre lang auf Wein vor <strong>der</strong> Haustür<br />

verzichteten. <strong>Die</strong> Weinbergslagen wuchsen, im späten Mittelalter ist Wein Volksgetränk<br />

und natürlich Pachtzahlungsmittel. Erst ab 1600 verursacht die "kleine Eiszeit" einen<br />

erheblichen Rückgang <strong>der</strong> Mostmengen und eine Häufung von Missernten.<br />

Dem Silvaner ebnet diese und eine an<strong>der</strong>e Katastrophe den Weg: Der 30-jährige Krieg hat<br />

ganze Landstriche verwüstet und zu einer Aufgabe von bis zu 75 Prozent <strong>der</strong> damals <strong>40</strong><br />

000 Hektar großen Rebfläche in Franken geführt. Dazu kommt die Klimaverän<strong>der</strong>ung, für<br />

den Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Weinberge werden deshalb Reben gesucht, die den Winterfrösten<br />

wi<strong>der</strong>stehen, durch späten Austrieb den Frühjahrsfrösten entgehen, und dank einer<br />

zügigen Reifeentwicklung zu guten Ernten führen konnten - Kriterien, die <strong>der</strong> Silvaner<br />

erfüllte.<br />

So erfolgreich war das Experiment, dass Johann Christian Fischer 1791 in seinem<br />

Standardwerk „Der Fränkische Weinbau auf dem Felde und im Keller“ riet, jeden zehnten<br />

Stock mit "Österreichern" zu besetzen. Das wie<strong>der</strong>um müssen viele Winzer beherzigt<br />

haben, denn 1833 beobachtete Johann Philipp Bronner, <strong>der</strong> Silvaner werde so häufig „wie<br />

das Salz in den Speisen angetroffen“. Mit dem Aufkommen <strong>der</strong> sortenreinen Pflanzung im<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>t konnte <strong>der</strong> Silvaner seine Stellung als Botschafter des Frankenweins<br />

ausbauen –hier wurde und wird er in die besten Weinbergslagen gepflanzt und zu<br />

wahrhaft „Großen Weinen“ veredelt. Das Fürstlich Castell’sche Domänenamt pflegt diese<br />

Tradition bis heute: auf den 70 Hektar Rebflächen wachsen zu <strong>40</strong> Prozent Silvanerreben.<br />

Infokasten<br />

Fürstlich Castell’sches Domänenamt<br />

Schlossplatz 5 - 97355 Castell<br />

Telefon: 09325 601-60<br />

Telefax: 09325 601-88<br />

E-Mail: weingut@castell.de, www.castell.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag 8.00 bis 18.00 Uhr<br />

Samstag 10.00 bis 16.00 Uhr<br />

o<strong>der</strong> je<strong>der</strong>zeit nach Vereinbarung


Hessische Bergstraße<br />

Wein und Stein: Wo Rebensaft und Kunst sich paaren<br />

Hier gehen Wein und Kunst eine einmalige Verbindung ein: Auf dem Erlebnispfad "Wein und<br />

Stein" in Heppenheim an <strong>der</strong> Bergstraße wird die Kulturgeschichte des Weins in Kunstwerken<br />

erzählt. Auf 6,9 Kilometern Länge finden sich hier insgesamt 70 Stationen zum Thema Weinbau –<br />

das dürfte europaweit ein einmaliger Rekord sein. Hier kann man Tage zubringen, und hat noch<br />

immer nicht ausgelernt: Das Jahr des Winzers, die römische Geschichte, Erhaltungszüchtung,<br />

Rebenernährung, Reblaus, Weinbergshäuschen - es gibt kein Thema, das hier nicht informativ und<br />

spannend aufbereitet ist. Höhepunkt des Rundwegs aber sind 14 Kunstwerke, die zentrale<br />

Stationen <strong>der</strong> Weinbaugeschichte an <strong>der</strong> Bergstraße in künstlerische Formen gießen.<br />

Bereits vor 2000 Jahren entdeckten die Römer die Schönheit und das milde Klima <strong>der</strong> "strata<br />

montana", <strong>der</strong> Bergstraße. Sie pflanzten die ersten Reben auf den sonnenbeschienenen Hügeln,<br />

die erstmals in einer Urkunde von 755 erwähnt werden – natürlich im Kodex des Kloster Lorschs.<br />

Damit ist Heppenheim die älteste Weinbaugemeinde <strong>der</strong> Bergstraße – und die größte: Allein 230<br />

Hektar <strong>der</strong> gerade 450 Hektar großen Rebfläche des Anbaugebietes Hessische Bergstraße finden<br />

sich in Heppenheim und seinen eingemeindeten Stadtteilen. Ihren Sitz hat hier auch <strong>der</strong> größte<br />

Weinproduzent des Anbaugebietes, die 1904 gegründete Bergsträßer Winzergenossenschaft, in<br />

<strong>der</strong> rund 500 Winzerfamilien entlang <strong>der</strong> gesamten Bergstraße etwa 265 Hektar Weinberge<br />

bewirtschaften.<br />

Heppenheim war also die logische Wahl für den am 27. April 2007 eröffneten Erlebnispfad "Wein<br />

und Stein". In Zusammenarbeit mit dem Unesco Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald und den<br />

Bergsträßer Winzern entstand ein einmaliges Projekt. Startpunkt ist <strong>der</strong> 1967 erbaute Winzerbrunnen,<br />

von da geht es durch die Weinlage Steinkopf, Centgericht und Stemmler kreuz und quer<br />

durch die Heppenheimer Weinberge. Dabei darf natürlich auch die Starkenburg nicht fehlen, die<br />

einst zum Schutz des Klosters Lorsch errichtet wurde. Und dann geht es los: Bodenprofile, die<br />

Abstammung <strong>der</strong> Weinrebe, Bodenerhaltung, integrierter Weinbau, autochthone Rebsorten,<br />

Eichenholzfässer, Korkeichen und Klimawandel – über alles informieren ausführliche und<br />

übersichtlich gestaltete Schautafeln entlang des Weges.<br />

Dazwischen aber ziehen immer wie<strong>der</strong> Kunstwerke die Augen <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>nden auf sich: Da wird<br />

<strong>der</strong> Zyklus <strong>der</strong> Natur in einem überdimensionalen Kreisgebilde dargestellt, <strong>der</strong> "Strata Montana"<br />

und den alten Rebsorten ein Denkmal in Stein gesetzt, <strong>der</strong> "Dank an die Reben" ganz sinnbildlich<br />

verdeutlicht, und das Thema Wein und Stein wörtlich genommen: Eines <strong>der</strong> Kunstwerke montiert<br />

Weinflaschen in den Stein hinein – die wörtliche Verbindung von Terroir und Reben. Dazu wird den<br />

Römern an <strong>der</strong> Bergstraße ein Denkmal in Form eines Centurios gesetzt, und dem Sieg über die<br />

Reblaus gedacht: Eine überdimensionale Laus ragt, aufgespießt auf einen Stab, weit über die<br />

Weinberge. Und schließlich erklärt eine riesige Wein- und Steinflasche ganz handfest die Hauptgesteinsarten<br />

<strong>der</strong> Georegion Bergstraße – ein echtes Sinnbild <strong>der</strong> Verknüpfung von Wein und<br />

Stein.<br />

Infokasten<br />

Erlebnispfad Wein und Stein im Internet:<br />

www.weinundstein.net/<br />

BERGSTRÄSSER WINZER eG<br />

Darmstädter Strasse 56<br />

D-64646 Heppenheim / Bergstrasse<br />

Telefon: 06252 / 7994-0<br />

Telefax: 06252 / 7994-51<br />

E-mail: info@bweg.de<br />

www.bergstraesserwinzer.de<br />

Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald e.V.<br />

Nibelungenstraße 41<br />

64653 Lorsch<br />

Tel: 06251/707990 - Erdgeschoss<br />

Fax: 06251/7079915<br />

Tel: 06251/7079920 - 2. Obergeschoss<br />

Fax: 06251/7079925<br />

E-mail: info@geo-naturpark.de<br />

www.geo-naturpark.de


Kloster Lorsch: Gedächtnis des Weinbaus<br />

Wohl kein Ort in Deutschland hat so viel zum Erhalt <strong>der</strong> Weinbau-Historie getan, wie das Kloster Lorsch an<br />

<strong>der</strong> hessischen Bergstraße. Unzählige Orte bis hinunter nach Baden, hinüber nach Franken und<br />

Rheinhessen können ihre Weinbaugeschichte bis ins frühe Mittelalter zurückverfolgen – Dank des Klosters<br />

Lorsch. Hier nämlich entstand Endes 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>der</strong> Codex Laureshamensis, ein gigantisches<br />

Verzeichnis von Weinbergslagen, Schenkungen und Besitzverhältnissen. Der Lorscher Kodex wurde so zum<br />

wohl wichtigsten Gedächtnis <strong>der</strong> Weinbaugeschichte – und zeigt die Bedeutung <strong>der</strong> Klöster für den<br />

Weinbau.<br />

Kloster Lorsch selbst wird 764 gegründet, zunächst als sogenanntes Eigenkloster des Alemannischen<br />

Grafen Cancor und seiner Mutter Williswinth, die die Neugründung gleich an einen Verwandten<br />

verschenkten: Erzbischof Chrodegang von Metz ist in dieser Zeit <strong>der</strong> einzige Erzbischof nördlich <strong>der</strong> Alpen.<br />

Chrodegang, ein einflussreicher Kirchenmann mit besten Verbindungen zum fränkischen Fürstenhof,<br />

schickte die ersten Mönche nach Lorsch. Plötzlich rückt das kleine Kloster ins Rampenlicht <strong>der</strong> „großen“<br />

Geschichte – und es erhält Reliquien aus Rom: die Überreste des Märtyrerheiligen Nazarius.<br />

Der Heilige bringt Besucher und wachsende Bedeutung nach Lorsch, schon wenige Jahrzehnte nach seiner<br />

Gründung gehört das Benediktinerkloster zu den reichsten Grundbesitzern östlich des Rheins, mit<br />

Besitzungen von <strong>der</strong> heute nie<strong>der</strong>ländischen Nordseeküste bis hinunter in die heutige Schweiz. Der<br />

Reichtum weckte Begehren, und so wurde Kloster Lorsch 771 zum Schutz Karl dem Großen persönlich<br />

unterstellt und war damit fortan Reichs- und Königskloster mit angeschlossener Kaiserpfalz. Dem Zentrum<br />

<strong>der</strong> Kloster- und Geisteskultur machte die Reformation den Garaus: 1564 hob die Kurpfalz, inzwischen<br />

Eigentümerin von Lorsch, das Kloster auf. In den Kriegen blieb lediglich die "Königshalle" unversehrt, sie<br />

verhalf 1991 dem Kloster zur Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe.<br />

Der Klosterbesitz aber war durch Schenkungen gewachsen, und darin waren meist Weinberge enthalten.<br />

<strong>Die</strong> Quellen berichten, Kloster Lorsch habe schon um 850 an über hun<strong>der</strong>t Orten mehr als 900 Weinlagen<br />

besessen, mit einer Konzentration im Mainzer Raum und an <strong>der</strong> Hessischen Bergstraße. Gleich mit <strong>der</strong><br />

Gründung 764 ist als Schenkung eine Weinlage im rheinhessischen Hahnheim verzeichnet. Bis um das Jahr<br />

1100 sind an mindestens 170 Orten Erträge von mehr als 923 Weingärten verzeichnet, vermutlich waren es<br />

noch mehr.<br />

Enthalten ist all dies im Codex Laureshamensis, dem Lorscher Kodex, einer umfassenden Aufstellung <strong>der</strong><br />

Rechte und Besitztümer des Klosters. Das zwischen 1167 und 1190 erstellte Werk enthält 3836<br />

Eintragungen samt Urkunden und erwähnt mehr als 1000 Orte – ein wahres Gedächtnis, auch für die<br />

Weinbaugeschichte. Der Codex selbst ist heute in Würzburg zu sehen, Kloster Lorsch aber kann besichtigt<br />

werden, und im Museumsshop gibt’s heute wie<strong>der</strong> "Klosterwein" zu kaufen.<br />

Infokasten<br />

Kuratorium Weltkulturdenkmal Kloster Lorsch<br />

Verein zur För<strong>der</strong>ung des Weltkulturdenkmals e. V.<br />

Nibelungenstraße 32<br />

64653 Lorsch<br />

www.kuratorium-weltkulturdenkmal.de<br />

BERGSTRÄSSER WINZER eG<br />

Darmstädter Strasse 56<br />

D-64646 Heppenheim / Bergstrasse<br />

Telefon: 06252 / 7994-0<br />

Telefax: 06252 / 7994-51<br />

E-mail: info@bweg.de<br />

www.bergstraesserwinzer.de<br />

Museumszentrum Lorsch<br />

Nibelungenstraße 32<br />

D 64653 Lorsch<br />

Telefon 0 62 51/ 51446 (Sprechstunde)<br />

Telefon: 06251/ 10382 - 11 (Empfang)<br />

Fax: 06251/ 5871 <strong>40</strong><br />

E-mail muz@kloster-lorsch.de<br />

www.kloster-lorsch.de


Boppar<strong>der</strong> Hamm: <strong>Die</strong> größte Wein-Rheinschleife<br />

Inmitten <strong>der</strong> größten Schleife des Rheins liegt auch das größte zusammenhängende<br />

Weinbaugebiet des Mittelrheins: <strong>der</strong> Boppar<strong>der</strong> Hamm. Der Name leitet sich wohl vom<br />

lateinischen Wort "hamus" ab, was soviel wie Haken bedeutet und auf die S-Form <strong>der</strong><br />

berühmten Rheinschleife anspielt. Schon die Römer bauten hier wohl Wein an – in<br />

Boppard wurde 370 nach Christus ein römisches Kastell errichtet, und <strong>der</strong> Wein war Teil<br />

<strong>der</strong> Truppenverpflegung. Erstmals urkundlich erwähnt wird <strong>der</strong> Weinbau in Boppard im<br />

Jahr 643, bis weit in die Neuzeit hinein blieb Wein das Hauptwirtschaftsgut <strong>der</strong> kleinen<br />

Stadt im engen Mittelrheintal. Seit 2002 ist das Tal Unesco-Weltkulturerbe, in Boppard hat<br />

man einen <strong>der</strong> schönsten Ausblicke in das Rheintal.<br />

75 Hektar Fläche umfasst die Weinlage Boppar<strong>der</strong> Hamm heute. <strong>Die</strong> Südlage weist einen<br />

idealen Neigungswinkel zur Sonne auf, <strong>der</strong> Hang nutzt die Wasserfläche des Flusses als<br />

Wärmespeicher, und das Schiefergestein ist ideal für große Rieslingweine mit feiner<br />

Mineralität und Aromen von Apfel, Minze und an<strong>der</strong>en Gewürzen.<br />

Das Tagwerk <strong>der</strong> Winzer in den aufwändigen Steillagen ist noch immer von viel<br />

Handarbeit geprägt. Sechzehn Vollerwerbswinzer bewirtschaften zurzeit die Weinberge im<br />

Boppar<strong>der</strong> Hamm, die Jahresproduktion liegt bei ungefähr 600 000 Litern – fast<br />

ausschließlich <strong>der</strong> Vorzeigesorte Riesling. Denn sie war und ist noch heute die mit<br />

Abstand am meisten angebaute Rebsorte im Boppar<strong>der</strong> Hamm sowie des gesamten<br />

Mittelrheins.<br />

Einen Höhepunkt <strong>der</strong> Weinbergserkundung mit ausgesprochen kulinarisch-vinologischem<br />

Charakter stellt am letzten Aprilsonntag <strong>der</strong> „Mittelrheinische Weinfrühling“ dar. Rund ein<br />

Dutzend Boppar<strong>der</strong> Winzerbetriebe bieten in Abwechslung mit feinen kleinen Speisen ein<br />

ganz beson<strong>der</strong>s sinnliches Rhein- und Weinerlebnis an.<br />

Wer größere sportliche Herausfor<strong>der</strong>ungen sucht, dem sei <strong>der</strong> Mittelrhein-Klettersteig<br />

empfohlen, <strong>der</strong> in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alpenverein geschaffen wurde. Mit<br />

einem spektakulären Blick von oben auf den Boppar<strong>der</strong> Hamm gilt es in etwa drei Stunden<br />

insgesamt 11 Kletterpassagen an steilen Felswänden zu überwinden.<br />

Infokasten<br />

Tourist Information Boppard<br />

Marktplatz<br />

D-56154 Boppard<br />

Tel.: +49-(0)6742-3888<br />

E-Mail: tourist@boppard.de,<br />

www.boppard-tourismus.de<br />

Mittelrhein-Klettersteig:<br />

http://www.boppard.de/2001/html/Klettersteig/allgemein.htm<br />

Weitere Informationen zum Mittelrhein-Wein<br />

www.mittelrhein-wein.com<br />

www.mittelrhein-weinfuehrer.de/Boppard.html


Weinumschlagplatz Bacharach: Wo Gott Bacchus Zuhause ist<br />

<strong>Die</strong>se Stadt trägt den Bacchus schon im Namen: <strong>der</strong> Name Bacharach kommt, so heißt<br />

es, von dem keltischen "Baccaracum" – das hieße dann das Landgut des Baccarus - o<strong>der</strong><br />

dem lateinischen "Bacchi ara" – und das bedeutet "Altar des Bacchus". Der Gott des<br />

Weins hat wahrlich diese kleine Stadt im Mittelrheintal geprägt, wie kaum eine an<strong>der</strong>e. Im<br />

Mittelalter war Bacharach ein wichtiger Umschlagplatz für Wein. Das lag vor allem an dem<br />

berüchtigten "Binger Loch": <strong>Die</strong> felsige Engstelle im Rhein war damals für große Schiffe<br />

nicht befahrbar. So wurde <strong>der</strong> Wein hier von kleineren Lastkähnen, die rheinabwärts<br />

kamen, auf die großen Schiffe umgeladen – <strong>der</strong> Wein hieß von hier ab deshalb "<strong>der</strong><br />

Bacharacher".<br />

<strong>Die</strong> Weingeschichte hat auch das Stadtbild geprägt: Zahlreiche alte Fachwerkhäuser rund<br />

um den historischen Marktplatz spiegeln dies wi<strong>der</strong>. Das älteste davon ist das 1368<br />

erbaute "Alte Haus", ein mittelalterliches Fachwerkhaus, das eine berühmte Weinstube<br />

beherbergt, die sogar Schauplatz einer Operette von Robert Stolz wurde. Im 1585<br />

erbauten "Haus Utsch" residierte zwei Jahrhun<strong>der</strong>te später Friedrich Wilhelm Utsch, <strong>der</strong><br />

den "Jäger aus Kurpfalz" erdichtete. Das Städtchen im romantischen Mittelrheintal – heute<br />

Unesco-Weltkulturerbe - galt denn auch im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t als eine <strong>der</strong> schönsten Städte<br />

<strong>der</strong> Welt. Das war zur Hochzeit <strong>der</strong> Rheinromantik, und Bacharach wurde ihr<br />

Wahrzeichen.<br />

Grund waren vor allem zwei Markenzeichen: die mittelalterliche Burg Stahleck oberhalb<br />

des Ortes – heute eine Jugendherberge – und die Wernerkappelle. Der Legende nach soll<br />

hier am Gründonnerstag des Jahres 1287 ein 16 Jahre alter christlicher Tagelöhner mit<br />

Namen Werner von Juden ermordet worden sein, die sein Blut für das Passah-Fest<br />

verwenden wollten. <strong>Die</strong> Geschichte vom Ritualmord war falsch, dennoch löste sie eine<br />

Verfolgungswelle gegen Juden aus, die bis an die Mosel und den Nie<strong>der</strong>rhein schwappte.<br />

In <strong>der</strong> Folge wurde die Wernerkapelle im gotischen Stil errichtet, jedoch nie vollendet. Mit<br />

ihrer markanten Ruinensilhouette wurde sie zu dem rheinromantischen Wahrzeichen<br />

überhaupt. Dem Wein aber wird heute in zahlreichen Weinstuben in Bacharach gedacht.<br />

Infokasten<br />

Rhein-Nahe Touristik<br />

Oberstr. 45<br />

55422 Bacharach<br />

Tel.: 06743-919303<br />

E-Mail: info@rhein-nahe-touristik.de<br />

www.bacharach.de<br />

Weitere Infos<br />

www.bacharach.mittelrhein.net<br />

www.mittelrheintal.de/posthof<br />

www.regionalgeschichte.net<br />

www.rheinreise.de


Mosel<br />

Römische Kelteranlage Piesport: Wo einst die Römer den Moselwein<br />

traten<br />

Hier traten einst die Römer den Moselwein mit den Füßen – buchstäblich: in Piesport an<br />

<strong>der</strong> Mosel wurde die größte römische Kelteranlage nördlich <strong>der</strong> Alpen gefunden. 1985 war<br />

das, im Zuge <strong>der</strong> Flurbereinigung. Direkt zu Füßen <strong>der</strong> berühmten Steillage "Piesporter<br />

Goldtröpfchen" trat eine 44 mal 20 Meter große Anlage aus dem 4. Jahrhun<strong>der</strong>t nach<br />

Christus zutage. Bis zu 130 Arbeiter waren hier einst an den sechs Becken <strong>der</strong> Anlage mit<br />

dem Auspressen des Weins beschäftigt, bis zu 60 000 Liter Wein wurden hier verarbeitet.<br />

<strong>Die</strong> Anlage beweist, wie alt die Weinbautradition an <strong>der</strong> Mosel ist. Eigentlich bauten ja<br />

schon die Kelten hier Wein an, doch es waren die Römer, die den Weinbau an <strong>der</strong> Mosel<br />

professionell in großen Weingütern betrieben. Niemand an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Feldherr Gaius<br />

Julius Caesar eroberte um 50 vor Christus das Moseltal, nur wenige Jahrzehnte später<br />

entsteht mit Augusta Treverorum, dem heutigen Trier, die Römermetropole und spätere<br />

Hauptstadt des weströmischen Reiches an <strong>der</strong> Mosel. Das Moseltal ist damit die älteste<br />

Weinregion Deutschlands.<br />

1992 wurde in Piesport noch eine zweite Römerkelter gefunden, 15 mal 6 Meter groß, mit<br />

vier Becken und aus dem 2. Jahrhun<strong>der</strong>t. Auch in Erden, Brauneberg und Maring-Noviand<br />

wurden antike Kelteranlagen ausgegraben und für die Nachwelt gesichert. <strong>Die</strong> Anlage in<br />

Erden hatte gleich sieben Räume und wurde zwischen dem 3. Jahrhun<strong>der</strong>t nach Christus<br />

und dem 7. Jahrhun<strong>der</strong>t mehrfach neu errichtet. Heute kann sie auch für Veranstaltungen<br />

genutzt werden – für Weinproben o<strong>der</strong> auch für Kochkurse mit antiker römischer Küche.<br />

Auch die Römerkelter in Piesport kann heute besichtigt werden, sie umfasst noch die alten<br />

Maischebecken, das Fumarium, die Räucherkammer – und die große Baumkelter. <strong>Die</strong><br />

Anlage ist wie<strong>der</strong> voll funktionstüchtig, zu Besichtigen ist das (nicht nur) beim Römischen<br />

Kelterfest jedes Jahr Anfang Oktober. Dann werden hier wie<strong>der</strong> Trauben gepresst – wie zu<br />

Römer's Zeiten.<br />

Infokasten<br />

Römerkelter<br />

Führungen nach Vereinbarung im Verkehrsbüro Piesport<br />

o<strong>der</strong> nach Absprache mit örtlichen Winzern und WeinErlebnisBegleitern<br />

Wissenschaftliche Informationen zu den Römerkeltern<br />

http://www.guenter-hauenstein.de/dehio/HISTE.html#Erden<br />

Tourist-Information Piesport/Minheim<br />

Heinrich-Schmitt-Platz 1<br />

54498 Piesport<br />

Tel: 06507/2027<br />

Fax: 06507/2026<br />

Email: info@piesport.de<br />

www.piesport.de<br />

Verkehrsbüro Erden<br />

Hauptstrasse 72, 54492 Erden<br />

Tel.: 06532-2549, Fax: 06532-1585<br />

Email: info@erden.de, www.erden.de


Weingut <strong>der</strong> Vereinigten Hospitien, Trier: Ältester Weinkeller<br />

Das Erbe <strong>der</strong> Römerzeit – hier ist es mit den Händen zu greifen: <strong>Die</strong> Ursprünge des<br />

Weinkellers im Weingut <strong>der</strong> Vereinigten Hospitien in Trier reichen zurück bis ins Jahr 330.<br />

Damals standen hier am Moselufer zwei große Lagerhäuser, die sogenannten Horrea.<br />

Hier wurde <strong>der</strong> Wein gelagert, <strong>der</strong> die Mosel hinauf kam, unter an<strong>der</strong>em von den Keltern<br />

entlang <strong>der</strong> Mosel. 70 Meter lang und 20 Meter breit waren die Lagerhäuser zur<br />

Römerzeit. Ein Teil <strong>der</strong> bis zu acht Meter hohen Mauern ist noch heute erhalten – und<br />

bildet einen Teil des heutigen Hospitien-Weinkellers, <strong>der</strong> damit <strong>der</strong> älteste Weinkeller<br />

Deutschlands sein dürfte. Den Eingangsbereich schmückt <strong>der</strong> sehr gut erhaltene römische<br />

Ziegelboden.<br />

<strong>Die</strong> Vereinigten Hospitien entstanden 1805 durch ein Edikt des französischen Kaisers<br />

Napoleon Bonaparte. Er säkularisierte die Klöster und fasste in seinem Edikt mehrere<br />

ehemals katholische Einrichtungen zu einer Einrichtung <strong>der</strong> Alten- und Krankenpflege<br />

zusammen. <strong>Die</strong> Vereinigten Hospitien übernahmen bei ihrer Gründung von den Klöstern<br />

und Stiften auch <strong>der</strong>en Weinbergsbesitz, einige <strong>der</strong> besten Lagen an Saar und<br />

Mittelmosel.<br />

<strong>Die</strong> Vereinigten Hospitien sind heute eine gemeinnützige Stiftung öffentlichen Rechts, die<br />

ein Alten- und Pflegeheim sowie mehrere geriatrische Einrichtungen unterhält. <strong>Die</strong><br />

Weinberge werden von einem eigenen Weingut betrieben, das auch den ältesten<br />

Nachweis für den Rieslinganbau an <strong>der</strong> Mosel hütet: 1464 wurde in einem<br />

Rechnungsbuch des damaligen Hospitals St. Jakob <strong>der</strong> Riesling erwähnt. Auf den 25<br />

Hektar Rebflächen, die das Weingut heute verwaltet, wachsen denn auch zu 90 Prozent<br />

Rieslingtrauben. Zu den berühmten Lagen des VDP-Weinguts zählen Weinberge im<br />

Piesporter Goldtröpfchen, sowie <strong>der</strong> Trierer Augenscheiner, die Wiltinger Hölle an <strong>der</strong><br />

Saar sowie <strong>der</strong> Saarfel<strong>der</strong> Schlossberg in Serrig, die alle komplett im Alleinbesitz des<br />

Weinguts sind.<br />

Infokasten<br />

Weingut <strong>der</strong> Vereinigten Hospitien Trier<br />

Krahnenufer 19<br />

54290 Trier<br />

Telefon: +49 (651) 9451210<br />

Fax: +49 (651) 9452060<br />

http://weingut.vereinigtehospitien.de/<br />

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag für Besucher offen.<br />

Weinproben im ältesten Weinkeller Deutschlands nach Vereinbarung<br />

Vereinigte Hospitien<br />

-Stiftung öffentlichen Rechts-<br />

Krahnenufer 19<br />

54290 Trier<br />

Telefon: 0651-945-0<br />

Telefax: 0651-945-1217<br />

www.vereinigtehospitien.de


Weinbergs-Sonnenuhren: Maßstab für die heiteren (Wein-)Stunden<br />

Sie sind Maßstäbe für das Fortschreiten des Tages und so alt wie die Menschheit: Bis<br />

zum Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts waren Sonnenuhren das Synonym für Uhren überhaupt<br />

– an<strong>der</strong>e gab es nicht. Das Prinzip ist einfach: Parallel zur Erdachse wird ein Stab<br />

verankert, dessen Schattenwurf zeigt dann auf <strong>der</strong> Fläche darunter den Stand <strong>der</strong> Sonne,<br />

und damit Stunden o<strong>der</strong> Minuten an. <strong>Die</strong> Steillagen <strong>der</strong> Mosel, oft gen Süden ausgerichtet,<br />

boten also ideale Voraussetzungen für Sonnenuhren. In den Zeiten bevor Taschen- o<strong>der</strong><br />

gar Armbanduhren verfügbar waren, dienten sie den Weinbergsarbeitern als Zeitmesser<br />

ihrer Tage.<br />

Mehrere Hun<strong>der</strong>t dieser meist steinernen Zeitmesser dürfte es an <strong>der</strong> Mosel heute noch<br />

geben. So markant waren viele von ihnen, dass sie sogar den Weinbergslagen ihren<br />

Namen gaben. Der Zusammenhang ist klar: Wo eine Sonnenuhr steht, gedeiht auch<br />

erstklassiger Wein, denn es handelt sich um eine sonnenverwöhnte Südlage. <strong>Die</strong><br />

berühmtesten heißen Wehlener Sonnenuhr, die nur wenige hun<strong>der</strong>t Meter entfernte<br />

Zeltinger Sonnenuhr sowie die Brauneberger Juffer-Sonnenuhr. Weitere Sonnenuhren gibt<br />

es in Ürzig im Turm einer ehemaligen Burganlage, die zwischen Weinreben in die Felsen<br />

gebaut wurde. Aber auch in Neumagen, in Maring und in Pommern sind die meist weithin<br />

sichtbaren Zeitmesser in den steilen Weinhängen zu sehen.<br />

In Wehlen wurde die berühmte Sonnenuhr im Weinberg zum Wahrzeichen des Ortes.<br />

Errichtet wurde sie 1842 von dem Weinbergsbesitzer Jodocus Prüm. Sie zeigt, wie alle<br />

alten Sonnenuhren, die wahre Ortszeit an: Wenn also die Sonne ihren Höchststand über<br />

Wehlen erreicht, fällt <strong>der</strong> Zeigerschatten genau auf zwölf Uhr. Im Vergleich zur<br />

Mitteleuropäischen Zeit (MEZ), die 1893 verbindlich eingeführt wurde, gibt es allerdings<br />

einen Unterschied von 32 Minuten - die Sonnenuhr geht also um rund eine halbe Stunde<br />

nach. Um das Jahr 1900 wurde die Weinbergslage dann nach <strong>der</strong> berühmten Uhr<br />

"Wehlener Sonnenuhr" benannt.<br />

Wehlen hat sich heute zum Ziel gesetzt, Ort <strong>der</strong> 100 Sonnenuhren zu werden. Mehr als 50<br />

gibt es bereits, die ältesten stammen aus dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t. Doch auch neue Uhren<br />

entstehen, in unterschiedlichster Ausprägung: Da gibt es horizontale Sonnenuhren, etwa<br />

auf alten Weinfässern, vertikale Uhren an Hauswänden, Äquatorial-Sonnenuhren, die<br />

aussehen wie ein Globus, und digitale Sonnenuhren, bei denen nicht ein Zeiger wan<strong>der</strong>t,<br />

son<strong>der</strong>n die Sonne durch ein Zahlenband scheint und so die Uhrzeit auf den Untergrund<br />

projiziert. Ein Überblick im Internet listet alle Sonnuhren in Wehlen auf. Und wer weiß,<br />

vielleicht inspirierten die Sonnenuhren <strong>der</strong> Mosel die alte Schlager-Zeile: "Mach' es wie die<br />

Sonnenuhr, zähl' die heitren Stunden nur."<br />

Infokasten<br />

Fundort: diverse Steillagen an <strong>der</strong> Mosel<br />

Bekannteste Sonnenuhren:<br />

Wehlen; Zeltingen, Ürzig, Brauneberg<br />

Wehlener Sonnenuhren<br />

Internet: www.wehlen.de/sonnenuhren.html<br />

Wehlen, Wein und Wiesen e.V.<br />

www.wehlen.de


Jugendstil-Stadt Traben-Trarbach: Zweitwichtigste Weinhandelsstadt<br />

<strong>der</strong> Welt<br />

Ein wahres Denkmal für die Bedeutung des Weinhandels an <strong>der</strong> Mosel, das ist die<br />

Jugendstil-Stadt Traben-Trarbach an <strong>der</strong> Mittelmosel. Um 1900 war die kleine Stadt im<br />

Moseltal die wichtigste Weinhandelsstadt <strong>der</strong> Welt – nach dem französischen Bordeaux.<br />

Es war die Hochzeit des Moselweins, <strong>der</strong> von hier in die ganze Welt verschifft wurde. Mehr<br />

als einhun<strong>der</strong>t Kellereien und Weinhandlungen hatten hier ihren Sitz und verschifften von<br />

Traben-Trarbach aus ihren Tropfen nach England, Russland und natürlich auch quer<br />

durchs Deutsche Reich.<br />

Der Reichtum aus dem Weinhandel zeigte sich schnell auch in <strong>der</strong> Architektur des Ortes:<br />

<strong>Die</strong> reichen Weinhändler und Weingutsbesitzer ließen sich von prominenten Architekten<br />

wie dem Berliner Professor Bruno Möhring prachtvolle Villen im Jugendstil sowie<br />

Kellereigebäude und weitläufige Kelleranlagen errichten. Eine komplette Route führt durch<br />

den Ort zu den schönsten Jugendstil-Villen wie etwa die Villa Huesgen, erbaut 1904 für<br />

den Weinhändler Adolph Huesgen im formvollendeten Jugendstil, o<strong>der</strong> die ein Jahr später<br />

errichtete Villa Breucker, ein kubisch-verschachtelter Jugendstilbau für den Weinhändler<br />

Gustav Breucker.<br />

Zum Markenzeichen für die Jugendstil-Epoche <strong>der</strong> Stadt wurde das Brückentor, 1899<br />

ebenfalls von Möhring errichtet. Es markierte die erste Straßenbrücke, die es zwischen<br />

Bernkastel und Koblenz gab. Nebenan erbaute Richard Feist nach den Plänen Möhrings<br />

1903 das Hotel "Clauss-Feist", das schnell zu legendärem Ruf kam. In dem Bau finden<br />

sich zahlreiche Elemente mit Bezug zum Wein, nicht zuletzt wurde <strong>der</strong> Turm dem Hals<br />

einer Sektflasche nachempfunden –Drahtverschluss und Korken inklusive.<br />

Mehrere <strong>der</strong> alten Kellereien sind noch – o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> – in Betrieb. So führt noch heute ein<br />

Adolph Huesgen die Weinhandlung "Wildbad Wein" in historischen Gebäuden – samt<br />

einem Riesling <strong>der</strong> Marke "Villa Huesgen". Und wem das oberirdische Traben-Trarbach<br />

nicht reicht, <strong>der</strong> geht in den Untergrund: Im Zuge des Erfolgs des Moselweins wurden<br />

nämlich in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts große Flächen des Stadtkerns<br />

unterkellert, teilweise in mehreren Stockwerken untereinan<strong>der</strong>. Auch das spiegelt die<br />

Bedeutung von Traben-Trarbach als <strong>der</strong> einst bedeutenden Weinhandelsstadt <strong>der</strong> Welt<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

Informationen<br />

Tourist-Information Traben-Trarbach<br />

Am Bahnhof 5<br />

D-56841 Traben-Trarbach<br />

Tel: 0 65 41 - 8 39 80<br />

Fax 0 65 41 - 83 98 39<br />

E-Mail: info@traben-trarbach.de<br />

www.traben-trarbach.de<br />

www.bellevue-hotel.de<br />

Ausflüge in die Unterwelt:<br />

jeden letzten Freitag im Monat um 18.00 Uhr<br />

Dauer: ca. 1,5 Stunden<br />

Kosten: 5 Euro (inkl. 1 Glas Wein)<br />

Gruppenführungen (max. <strong>40</strong> Pers.):<br />

nach Terminabsprache je<strong>der</strong>zeit möglich<br />

Kosten: 70 Euro (deutsch), 92 Euro (englisch)<br />

Auch Weinproben möglich.


Der Bremmer Calmont: Wo <strong>der</strong> Fels den Wein gebiert<br />

Steiler geht es nicht einmal an <strong>der</strong> Mosel: Mit einer Hangneigung von bis zu 60 Grad ist<br />

<strong>der</strong> Calmont <strong>der</strong> steilste Weinberg Europas. Der gut 290 Meter hohe Hang zwischen den<br />

Moselorten Bremm und Ediger-Eller entstand vor <strong>40</strong>0 Millionen Jahren in <strong>der</strong> Erdzeit<br />

Devon und besteht aus Schiefer und Grauwacke-Verwitterungsgestein. Der Steilhang<br />

sorgt für eine optimale Sonneneinstrahlung und damit ideale Wachstumstemperaturen für<br />

den hier wachsenden Riesling. Hohe Schiefermauern, quer zum steilen Hang gebaut,<br />

sichern die weichen Tonschieferböden vor dem Abrutschen und prägen den<br />

Terrassenweinbau in Europas steilstem Weinberg. Als "Natur-Amphitheater, wo auf<br />

schmalen, hervorragenden Kanten <strong>der</strong> Weinstock zum allerbesten gedieh" beschrieb<br />

schon <strong>der</strong> Dichter Johann Wolfgang von Goethe den berühmten Weinberg.<br />

Tatsächlich hat <strong>der</strong> Calmont eine schon Jahrtausende währende Anbautradition. Der<br />

älteste sichere Beleg stammt aus dem epischen Gedicht „De navigo suo“, geschrieben um<br />

588 von Venantius Fortunatus, dem Bischof von Poitiers. Der begleitete damals den<br />

Merowingerkönig Childebert II. auf einer Schiffsreise von Metz nach An<strong>der</strong>nach am Rhein.<br />

Schon damals gab es Schiffsreisen auf <strong>der</strong> Mosel, und schon damals fielen dem Auge des<br />

Betrachters die dichtgedrängten Rebstöcke zwischen den Felsen des Steilhanges auf:<br />

"Dort, wo steiles Geklüft kostbarste Süße <strong>der</strong> Beeren zeugt", schwärmte Venantius, "wo<br />

Weinberge belaubt aufstreben zu kahlen Berghöhen", dort "sammelt die Ernte <strong>der</strong><br />

gefärbten Trauben <strong>der</strong> Winzer, selbst am Felshang hänget er, lesend die Frucht." So steil<br />

seien die Hänge und so kahl <strong>der</strong> Schiefer, dass hier wohl "selbst <strong>der</strong> Felsen gebiert und es<br />

entströmet <strong>der</strong> Wein."<br />

Der schroffe und steile Fels verlangt den Winzern allerdings bis heute harte Handarbeit<br />

ab, bis zu 1800 Stunden sind es pro Hektar. <strong>Die</strong> Trauben müssen auf dem Rücken den<br />

steilen Hang hinunter zum Erntewagen getragen werden. Seit den 90er Jahren hilft eine<br />

Monorack-Zahnradbahn bei <strong>der</strong> Arbeit, auch sie ist ein Stück sehenswerte <strong>Weinkultur</strong>.<br />

Trotzdem bleibt die Arbeit hart, weshalb heute nur etwa 13 <strong>der</strong> insgesamt 22 Hektar<br />

Fläche bewirtschaftet werden. Der Name Calmont soll sich denn auch von lateinisch<br />

"calidus" = warm und "mons" = Berg ableiten – o<strong>der</strong> aber vom keltischen "kal" = hart –<br />

also <strong>der</strong> Felsenberg. Erfahren kann man beides auf dem Klettersteig des Calmont, einem<br />

spektakulären Kletterweg, <strong>der</strong> auch "die Eigernordwand <strong>der</strong> Weinberge" genannt wird.<br />

Infokasten<br />

Tourist-Information Bremm<br />

Moselstraße 27<br />

56814 Bremm (Mosel)<br />

Telefon: (0 26 75) 3 70 zu<br />

E-Mail: tourist@bremm-mosel.de<br />

www.bremm-mosel.de<br />

www.bremmer-calmont.de


Nahe<br />

Klosterruine Disibodenberg: Wo die ältesten Reben Deutschlands<br />

wachsen<br />

Er ist berühmt durch Hildegard von Bingen, doch <strong>der</strong> Disibodenberg in O<strong>der</strong>nheim an <strong>der</strong> Nahe hat<br />

auch eine uralte Weinbau-Geschichte: Spuren weisen auf römische Reben am Südhang des<br />

Disibodenbergs hin, seit dem 11. Jahrhun<strong>der</strong>t trägt <strong>der</strong> Klosterweinberg ununterbrochen Reben.<br />

Weingut und Klosterruine befinden sich seit 1753 im Besitz <strong>der</strong> Familie von Racknitz, die noch<br />

heute das Weingut unterhalb <strong>der</strong> alten Klosterruine betreibt. Hier sorgte im Jahr 2008 ein<br />

sensationeller Fund für Aufhorchen: Auf dem Disibodenberg wurden fünf Rebstöcke <strong>der</strong> Sorte<br />

Weißer Orleans gefunden – eine eigentlich ausgestorbene Sorte. Rebsortenkundlern zufolge<br />

dürfte es sich um die ältesten Reben Deutschlands handeln.<br />

Der Orleans war bis ins 19. Jahrhun<strong>der</strong>t in Deutschland verbreitet, vor allem am Rüdesheimer<br />

Berg im Rheingau, wo man die späte, sehr säurebetonte Rebsorte schätzte. <strong>Die</strong> fünf verwil<strong>der</strong>ten<br />

Reben des Weissen Orleans am Disibodenberg überlebten an <strong>der</strong> äußeren Mauerkante. Quellen<br />

im Weingut von Racknitz belegen, dass die Reben aus <strong>der</strong> Zeit zwischen 1108 und <strong>der</strong> Aufgabe<br />

des Klosters in 1559 stammen müssen.<br />

Gegründet wurde das Kloster am Zusammenfluss zwischen Nahe und Glan von dem irischen<br />

Wan<strong>der</strong>mönch Disibod, <strong>der</strong> zunächst eine Kappelle und eine Klause errichtete. An <strong>der</strong> verwil<strong>der</strong>ten<br />

Stelle errichtete <strong>der</strong> Mainzer Erzbischof Willigis ein Stift, das einer seiner Nachfolger, Ruthard,<br />

1108 in ein Benediktinerkloster umwandelte. Im Jahr 1112 trat in dieses Kloster ein junges<br />

Mädchen namens Hildegard ein. Sie wird <strong>40</strong> Jahre bleiben und später als Hildegard von Bingen<br />

mit ihren Schriften zu Ethik, Welt, Mensch und ihren Visionen Berühmtheit erlangen. Auch dem<br />

Wein sprach die Heilerin eine bedeutende Rolle zu: "Ein Wein von <strong>der</strong> Rebe, wenn er rein ist,<br />

macht dem Trinker das Blut gut und gesund."<br />

Das Kloster wurde nach <strong>der</strong> Reformation geschlossen und verfiel zu einem romantischen<br />

Ruinenpark, wie er noch heute zu sehen ist. Seit 1998 gehört das Klostergelände einer Stiftung.<br />

<strong>Die</strong> beson<strong>der</strong>e Atmosphäre des Disibodenbergs mit den alten Klostermauern und seinen uralten<br />

Weinbergen zieht noch heute Besucher in ihren Bann. Genießen kann man sie mit einem Picknick-<br />

Korb, den das Weingut von Racknitz zusammenstellt – ein Riesling vom Disibodenberg inklusive.<br />

Über das Kloster selbst informiert ein kleines Museum am Eingang zum Klosterberg. Hildegard von<br />

Bingen aber erwähnte als eine <strong>der</strong> ersten den "Hunnischen Wein", zu dem auch <strong>der</strong> Hartheunisch<br />

alias Gelber Orleans gehörte.<br />

Infokasten<br />

Klosterruine und Scivias-Stiftung Disibodenberg<br />

Ansprechpartner: Andrea Hein<br />

Tel.: 06755/9699188<br />

Telefax +49 (0)6755 1653<br />

E-Mail: stiftung@disibodenberg.de<br />

www.disibodenberg.de<br />

Öffnungszeiten und Preise<br />

Klosterruine: je<strong>der</strong>zeit über ein Drehkreuz mit Ticketautomat<br />

Preis: pro Person 3,- Euro<br />

Gruppen ab 10 Personen je 2,50 Euro/pro Person<br />

Führungen<br />

Offene Führungen im Sommer jeweils am 2. und 4. Sonntag im Monat um 14.00 Uhr<br />

Gruppenführungen nach schriftlicher Voranmeldung<br />

Museum: 1. April bis 31. Oktober:<br />

<strong>Die</strong>nstag bis Freitag 9 – 18 Uhr,<br />

Samstag und Sonntag 11 – 17 Uhr<br />

Montags geschlossen<br />

Im Winter Führungen nach Vereinbarung


Weinbaudomäne Nie<strong>der</strong>hausen-Schloßböckelheim: Riesling auf Kupfer<br />

Wo heute herausragen<strong>der</strong> Riesling wächst, wurden einst Kupfererze geschürft: <strong>Die</strong><br />

Weinbergslage Schlossböckelheimer Kupfergrube war bis 1901 genau das – eine<br />

Kupfergrube. 1901 kaufte <strong>der</strong> preußische Staat das Gelände, ebnete das alte<br />

Haldenmaterial ein, baute Terrassen und pflanzte darauf einen Weinberg. 1914 war <strong>der</strong><br />

Versuchsweinberg fertig, weltberühmt wurde er im Jahr 1921: In dem legendären Weinjahr<br />

wurde auf dem Kupferberg eine Riesling Trockenbeerenauslese mit sagenhaften 308 Grad<br />

Öchsle geerntet.<br />

Bis heute ist <strong>der</strong> Riesling das Hauptthema <strong>der</strong> Weinbaudomäne Nie<strong>der</strong>hausen-<br />

Schlossböckelheim. Den Weinbau brachten <strong>der</strong> Überlieferung zufolge die Römer an die<br />

Nahe, urkundlich verbrieft ist er für das Jahr 1128: In einem Güterverzeichnis des Klosters<br />

Rupertsberg wird erstmals Weinbau im damals Böckelheim genannten Ort erwähnt. 1901<br />

hatte <strong>der</strong> preußische Staat damit begonnen, an <strong>der</strong> Nahe steiles, zerklüftetes und felsiges<br />

Gelände aufzukaufen. Dem Weinbau in Deutschland ging es damals schlecht, Krankheiten<br />

und Schädlinge, vor allem die Reblaus, hatten zu einem regelrechten Weinbausterben<br />

geführt. <strong>Die</strong> preußischen Weinbaudomänen wurden gegründet, um wirtschaftliche und<br />

qualitativ hochwertige Musterbetriebe zu schaffen – und den Ruf des deutschen Weins zu<br />

retten.<br />

<strong>Die</strong> ersten Rodungsmaßnahmen für die Weinbaudomäne an <strong>der</strong> Nahe begannen 1902,<br />

1903 wurden die ersten Rieslingreben gepflanzt. 1907 erfolgte die erste Lese eines noch<br />

recht rohen Jungweins. 1911 konnte aber bereits <strong>der</strong> erste herausragende Jahrgang<br />

gekeltert werden. Mit dem legendäre 1921er Jahrgang reihte sich die Domäne dann in die<br />

Riege <strong>der</strong> besten Weingüter Deutschlands ein. Auch war man Gründungsmitglied des<br />

heutigen Verbands <strong>der</strong> Prädikatsweingüter im Jahr 1910 – bis heute ist das Weingut<br />

Mitglied in dem erlesenen Kreis.<br />

Auch als Staatsdomäne des Landes Rheinland-Pfalz von 1946 an widmete man sich hier<br />

<strong>der</strong> Forschung in Sachen Qualität und Fortschritt. Hier wurden erstmals Versuche mit <strong>der</strong><br />

Kaltvergärung durchgeführt, Versuche zu Düngemitteln und Spritzmitteln unternommen,<br />

und <strong>der</strong> berühmte Rieslingklon DN 500 selektioniert. Bis heute ist dieser Rieslingklon für<br />

seine hohe Mostgewichts- und Ertragsleistung sowie seine fruchtbetonte Art bekannt.<br />

Heute heißt die ehemals preußische Weinbaudomäne Gut Hermannsberg, benannt nach<br />

<strong>der</strong> Toplage Nie<strong>der</strong>häuser Hermannsberg und ist seit Sommer 2009 im Besitz des<br />

Unternehmers Jens Reidel. Auf den sechs als Erste Lagen klassifizierten Weinbergen<br />

wachsen zu 95 Prozent Riesling. Das alte Kellerei- und Verwaltungsgebäude aus dem<br />

Jahr 1910 wurde mit seinen schönen Jugendstilelementen neu hergerichtet. Darunter<br />

erstrecken sich zwei 90 Meter lange Keller, in denen bis heute <strong>der</strong> Wein ausgebaut und so<br />

mancher Schatz gehütet wird: In <strong>der</strong> Schatzkammer neben dem Holzfasskeller lagern<br />

Weine seit dem Jahr 1907.<br />

Infokasten<br />

Gutsverwaltung Nie<strong>der</strong>hausen-Schlossböckelheim<br />

55585 Nie<strong>der</strong>hausen an <strong>der</strong> Nahe<br />

Telefon: 06758 / 9250 – 0<br />

Telefax: 06758 / 9250 – 19<br />

Email: info@riesling-domaene.de<br />

www.riesling-domaene.de


Freilichtmuseum Bad Sobernheim: Wo historischer Weinbau lebendig<br />

wird<br />

Weinbau vom Mittelalter an bis heute – nirgendwo wird das anschaulicher präsentiert als im<br />

Freilichtmuseum von Bad Sobernheim an <strong>der</strong> Nahe. Das 1973 gegründete Museum im<br />

idyllischen Nachtigallental ist mit einer Fläche von 35 Hektar und rund 60 000 Besuchern pro<br />

Jahr das größte seiner Art in Rheinland-Pfalz. Knapp <strong>40</strong> historische Bauten, die aus allen<br />

Landesteilen stammen, zeigen hier ganz lebendig, wie die Rheinland-Pfälzer früher<br />

gewohnt, gearbeitet und gelebt haben. Dass dazu auch <strong>der</strong> Weinbau gehört, ist im größten<br />

Weinbau treibenden Bundesland selbstverständlich: Weinbau und <strong>Weinkultur</strong> sind im<br />

Museum ein wichtiges Thema – präsentiert natürlich zum Anfassen.<br />

In mehreren alten Winzerhäusern aus den Moselorten Zell-Merl und Ürzig, sowie aus<br />

Weinsheim an <strong>der</strong> Nahe, können die Besucher hautnah nachvollziehen, wie die Weinbauern<br />

in verschiedenen Epochen gewohnt haben und wie ihre Weinkeller aussahen. Zwei teilweise<br />

aus dem späten Mittelalter stammende Kelterhäuser aus Bruttig und aus Brie<strong>der</strong>n an <strong>der</strong><br />

Mosel sind mit verschiedenen Keltern ausgestattet, darunter eine Baumkelter von 1726,<br />

verschiedene Spindelkeltern des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts aus Holz und Keltern mit Metallspindeln<br />

aus dem 20. Jahrhun<strong>der</strong>t – Beispiele <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Keltertechnik.<br />

<strong>Die</strong> verschiedenen Arbeiten im Weinberg wie<strong>der</strong>um können auf dem 2200 Quadratmeter<br />

großen Museumsweinberg nachvollzogen werden. Auf dem 1983, in Steillage angelegten<br />

Wingert sind die verschiedenen Reberziehungsarten - Pfahlerziehung,<br />

Drahtrahmenerziehung in Bockschnitt sowie Ein- und Mehrbogenanschnitt – zu sehen, ein<br />

historisches Weinbergshäuschen lädt zum Verweilen ein. Bewirtschaftet wird <strong>der</strong> Weinberg<br />

von <strong>der</strong> Winzergenossenschaft Rheingrafenberg e.G. aus dem benachbarten Med<strong>der</strong>sheim,<br />

angebaut werden die traditionellen Rebsorten Gewürztraminer, Riesling, Portugieser,<br />

Rulän<strong>der</strong>, Müller-Thurgau und Silvaner.<br />

Der daraus entstehende "Museums-Schoppen" ist natürlich im Laden erhältlich, in <strong>der</strong><br />

Gaststätte und <strong>der</strong> historischen Kegelbahn können die Nahe-Weine verkostet werden.<br />

Beson<strong>der</strong>es Highlight ist auch <strong>der</strong> jedes Jahr Mitte Mai stattfindende Wein- und Winzertag,<br />

ein Aktionstag im Museum, bei dem sich alles um den Weinbau dreht. In Vorführungen wird<br />

gezeigt, wie <strong>der</strong> Weinberg früher gepflügt, Weinfässer aus den Weinkellern geschrotet<br />

wurden o<strong>der</strong> Sekt degorgiert wird. Bis Ende 2011 entsteht zudem auf dem Gelände des<br />

Freilichtmuseums das "Haus <strong>der</strong> rheinland-pfälzischen <strong>Weinkultur</strong>" mit Vinothek und einem<br />

mo<strong>der</strong>nen Informationszentrum zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Weinbaus.<br />

Infokasten<br />

Stiftung Rheinland-Pfälzisches Freilichtmuseum<br />

Nachtigallental / Postfach 18<br />

D-55560 Bad Sobernheim / Nahe<br />

Tel.: 06751-38<strong>40</strong> Fax: 06751 - 1207<br />

Email: info@freilichtmuseum-rlp.de<br />

Internet: www.freilichtmuseum-rlp.de<br />

Öffnungszeiten<br />

1. April bis 31. Oktober, täglich außer montags 9 - 17 Uhr


Pfalz<br />

Römervilla Weilberg und Weinkelter: Antike Weinproduktion<br />

Unter einem roten Dach liegt in den Weinbergen am Rand <strong>der</strong> Kur- und Kreisstadt Bad-<br />

Dürkheim ein wahrer Schatz verborgen: eine fast 2000 Jahre alte Kelteranlage aus <strong>der</strong><br />

Römerzeit. <strong>Die</strong> Anlage ist die einzige ihrer Art zwischen <strong>der</strong> Südpfalz und <strong>der</strong> Mosel. Ihr<br />

Fund bei Grabungsarbeiten im Rahmen <strong>der</strong> Flurbereinigung in unmittelbarer Nähe des<br />

Stadtteils Ungstein im Jahr 1981 war nichts weniger als eine Sensation: Mit <strong>der</strong> Römerkelter<br />

von Ungstein konnten die Archäologen endlich auch beweisen, dass die Römer an den<br />

Hängen <strong>der</strong> Pfalz Weinbau betrieben.<br />

Vor allem die große Römervilla, etwas oberhalb <strong>der</strong> Kelter gelegen, ließ die Experten<br />

staunen: Das gewaltige Anwesen aus dem 1. Jahrhun<strong>der</strong>t nach Christus, erbaut von einem<br />

reichen Römer aus Worms, wies einst drei Stockwerke auf. 70 Meter maß allein die Front<br />

des Herrenhauses, das Gebäude war 15 Meter tief und hatte je zwei vorgezogene<br />

Seitenschiffe. <strong>Die</strong> Villa war <strong>der</strong> erste gefundene römische Großbau in <strong>der</strong> Pfalz und wies<br />

nach: Auch hier betrieben die Römer Landwirtschaft im großen Stil. Gut 75 000<br />

Quadratmeter umfasste das Gut, angebaut wurde Getreide – und Wein.<br />

Gekeltert wurde <strong>der</strong> in den drei unscheinbaren Becken im Nebengebäude. Deren Funktion<br />

wurde den Archäologen erst durch weitere Funde klar: Ein Rebmesser aus <strong>der</strong> Antike, eine<br />

Sichel, eine Weinbergshacke, dazu zahlreiche Rebsamen alter Weinsorten fanden die<br />

Forscher in und neben den Becken. <strong>Die</strong> wissenschaftliche Untersuchung ergab: Es handelte<br />

sich um Wildreben sowie um frühe Formen von Riesling-, Traminer- und Burgun<strong>der</strong>-<br />

Trauben. Damit war <strong>der</strong> Nachweis erbracht, dass hier schon die Römer die Trauben mit den<br />

Füßen traten.<br />

<strong>Die</strong> Trauben wurden in die beiden äußeren Becken gefüllt und dort zertreten, <strong>der</strong> Most floss<br />

in das etwas tiefere mittlere Becken, wo er ausgeschöpft und in Fässer gefüllt wurde. Etwa<br />

200 000 Liter konnte hier nach Schätzungen <strong>der</strong> Experten pro Jahr produziert werden. Am<br />

25. Oktober 1991 wurde in dem antiken Kelterhaus nach rund 1500 Jahren Betriebspause<br />

wie<strong>der</strong> die Produktion aufgenommen: In den restaurierten Becken wurden erneut Trauben<br />

mit Füßen getreten und <strong>der</strong> Rebensaft zu Wein verarbeitet. Auch <strong>der</strong> Weinbau selbst ist bis<br />

heute geblieben: Ein reaktivierter römischer Weinberg trägt heute wie<strong>der</strong> Trauben - mit<br />

mo<strong>der</strong>ner amtlicher Prüfnummer. Römisches Leben herrscht ansonsten wie<strong>der</strong> Ende Juni<br />

eines jeden Jahres im Weingut Weilberg - wenn das "Weinfest an <strong>der</strong> Römerkelter" gefeiert<br />

wird.<br />

Infokasten<br />

www.ungstein.de<br />

http://www.archaeopro.de/Archaeopro/Strukturen/UngsteinR.htm<br />

Achtung: Ansprechpartner ergänzen!!


Rhodt unter Rietburg: Ältester noch tragen<strong>der</strong> Weinberg <strong>der</strong> Welt<br />

<strong>Die</strong>se Reben sind wahrlich Veteranen: Mehr als <strong>40</strong>0 Jahre hat <strong>der</strong> "Rhodter Rosengarten"<br />

bereits auf dem Buckel – und liefert noch immer Wein. Der Wingert im Weinort Rhodt unter<br />

Rietburg soll <strong>der</strong> mündlichen Überlieferung zufolge bereits vor dem 30-jährigen Krieg<br />

existiert haben, und <strong>der</strong> fand von 1618 bis 1648 statt. Damit ist <strong>der</strong> Rosengarten <strong>der</strong> älteste<br />

noch immer Reben tragende Weinberg zumindest <strong>der</strong> Pfalz – wenn nicht <strong>der</strong> Welt.<br />

<strong>40</strong>0 Rebstöcke stehen bis heute auf den rund 900 Quadratmetern Fläche, zumeist sind es<br />

Traminerreben mit einzelnen Silvanerstöcken dazwischen. Wer sie einst pflanzte, ist nicht<br />

bekannt. Wein wurde aber in Rhodt unter Rietburg wohl schon seit <strong>der</strong> Römerzeit angebaut<br />

– bekannt ist <strong>der</strong> Ort jedenfalls bereits im Mittelalter für seinen Traminer. 1603 erwarb <strong>der</strong><br />

Markgraf Ernst Friedrich von Baden den Ort, bis 1801 herrschten die Badener hier – und<br />

machten den kleinen Ort unterhalb <strong>der</strong> 1200 erbauten Rietburg durch den Weinhandel reich.<br />

<strong>Die</strong> Folge: stattliche Winzerhäuser entstanden. Bis heute sind die alten Höfe mit ihren alten<br />

Torbögen zu sehen – fast 80 Prozent des Ortes steht unter Denkmalschutz.<br />

Wie schön es hier in <strong>der</strong> "Toskana des Nordens" war, wusste auch ein an<strong>der</strong>er Herrscher:<br />

König Ludwig I. von Bayern erbaute 1846 oberhalb des Ortes seine Sommerresidenz, die<br />

Villa Ludwigshöhe. Von welcher Bedeutung <strong>der</strong> Weinbau für den Ort war, zeigt die lokale<br />

Spezialität: Neben dem üblichen Pfälzer Weinschoppen von 0,5 Liter Größe wird hier <strong>der</strong><br />

Wein auch im "Rhodter Piff" ausgeschenkt - ein Schoppen in einem Ein-Liter-Glas.<br />

Im Rosengarten aber, am östlichen Ortsrand gegenüber <strong>der</strong> Gebietswinzergenossenschaft<br />

Rietburg, stehen noch heute - knorrig-pittoresk und steinhart - die wurzelechten Reben in<br />

dem Uralt-Wingert. Jahr für Jahr liefern sie bis zu 500 Liter Wein, <strong>der</strong> daraus entstehende<br />

Gewürztraminer ist natürlich die Spezialität des Weinguts Arthur Oberhofer in Edesheim,<br />

den Besitzern des Wingerts. Der Wein betört allein schon durch seine Herkunft, aber auch<br />

durch das für Gewürztraminer typische Rosenaroma – passend zum Lagennamen “Rhodter<br />

Rosengarten”.<br />

Infokasten<br />

Fremdenverkehrsverein Rhodt unter Rietburg e.V.<br />

Durlacher Hof/Weinstr. 44,<br />

76835 Rhodt,<br />

Tel. 06323-980079,<br />

Fax -980769,<br />

Email: tourismus@rhodt.de<br />

www.rhodt.de<br />

Weingut Arthur Oberhofer<br />

67483 Edesheim<br />

Am Linsenberg 1<br />

Telefon: 06323- 94 49- 0<br />

Fax: 06323- 94 49- 49


Römerwein in Speyer: Der älteste flüssige Wein <strong>der</strong> Welt<br />

Es ist <strong>der</strong> älteste erhaltene Traubenwein <strong>der</strong> Welt – und er ist noch flüssig. Das Historische<br />

Museum <strong>der</strong> Pfalz in Speyer hütet einen <strong>der</strong> größten weinkulturellen Schätze Deutschlands:<br />

Einen Wein etwa aus dem Jahr 325 n. Christus, erhalten in einer grünlich-gelben,<br />

zylin<strong>der</strong>förmigen Glasflasche mit zwei angesetzten Henkeln in Delphinform. Das Gefäß<br />

wurde im Jahr 1867 bei Ausgrabungen in Speyer in einem Grab entdeckt, in dem man zwei<br />

Steinsarkophage fand – Gräber für einen Mann und eine Frau aus dem frühen 4.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Ingesamt sechs Glasgefäße fand man in dem Frauengrab, zehn Gefäße sogar in dem<br />

Sarkophag des Mannes. Sie alle dürften einmal Flüssigkeiten enthalten haben, Wegzehrung<br />

für die Verstorbenen für ihre lange Reise in die Unterwelt. Doch nur in einer blieb eine<br />

Flüssigkeit erhalten, in eben jener Weinflasche. Sie enthält einen flüssig-klaren Bodensatz<br />

und – zu etwa zwei Dritteln - ein festes, harziges Gemisch. Analysen ergaben, dass es sich<br />

zumindest bei einem Teil <strong>der</strong> Flüssigkeit um Wein gehandelt haben muss. Alkohol ist darin<br />

heute aber sicher nicht mehr enthalten.<br />

Dass sich <strong>der</strong> Wein in ausgerechnet dieser einen Flasche erhalten hat, erklären die<br />

Experten mit <strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Flüssigkeit: Der (wenige) Wein wurde einst<br />

zusammen mit einer Würzmischung in die Glasflasche gegossen, darüber kam dann eine<br />

größere Menge Olivenöl, um den Wein von <strong>der</strong> Luft abzuschließen. <strong>Die</strong> Ölmenge war so<br />

groß und so dicht, das es in seiner verharzten Form schließlich sogar ausreichte, um den<br />

"Römerwein" bis heute zu konservieren – mehr als 1680 Jahre lang.<br />

Der "Römerwein" ist nicht das einzige Zeugnis für die 2000 Jahre lange Weingeschichte in<br />

<strong>der</strong> Pfalz: Das "Weinmuseum", eine Unterabteilung des Historischen Museums <strong>der</strong> Pfalz,<br />

dokumentiert mit zahlreichen weiteren Exponaten wie Weinpressen und Prunk-Weinfässern<br />

die Geschichte des Weinbaus am Rhein und drüber hinaus: Hier steht auch die 1913 am<br />

Steinauer Weinberg bei Naumburg an <strong>der</strong> Saale gefundene Weinflasche des Jahrgangs<br />

1678 – die älteste vollständig gefüllte Weinflasche Deutschlands.<br />

Infokasten<br />

Historisches Museum <strong>der</strong> Pfalz<br />

Domplatz<br />

67346 Speyer<br />

Zentrale<br />

Telefon: 06232 13 25 0<br />

Fax: 06232 13 25 <strong>40</strong><br />

E-Mail: info@museum.speyer.de<br />

Information<br />

Telefon: 06232 13 25 0<br />

Führungsbuchung:<br />

Telefon: 06232 62 02 22<br />

Fax: 06232 62 02 23<br />

Öffnungszeiten<br />

<strong>Die</strong>nstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr


Weinstadt Deidesheim: Hort deutscher Qualitätsweinkultur<br />

Hier wurde <strong>der</strong> erste Qualitätswein <strong>der</strong> Pfalz hergestellt, von hier aus die deutsche<br />

Weinbaupolitik maßgeblich mitgestaltet – kaum eine an<strong>der</strong>e Stadt darf sich so sehr zu Recht<br />

"Hüter <strong>der</strong> Weinbaukultur" nennen wie das pfälzische Deidesheim. 85 professionelle<br />

Weinbau-Betriebe gibt es heute – darunter die ganz großen Namen <strong>der</strong> Weinbauzunft wie<br />

Bassermann-Jordan und Reichsrat von Buhl. <strong>Die</strong> Weine des Reichsrats rühmte einst<br />

Reichskanzler von Bismarck, mit diesen Weinen wurde zur Einweihung des Suez-Kanals<br />

angestoßen – die Tropfen des Reichsrats gehörten einst zu den teuersten Weinen <strong>der</strong> Welt.<br />

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Deidesheim zu einem Hort höchster deutscher<br />

<strong>Weinkultur</strong> wurde: <strong>Die</strong> Lage im Schutz des Pfälzerwaldes bringt wenig Nie<strong>der</strong>schläge und<br />

eine hohe Sonnenscheindauer mit sich – ein fast mediterranes Klima, in dem Feigen,<br />

Mandeln, Bitterorangen und natürlich <strong>der</strong> Wein gedeihen. So wurden bei Ungstein, rund<br />

zehn Kilometer nördlich von Deidesheim 4,5 Millionen Jahre alte Reste von Wildreben<br />

gefunden. Den Kulturweinbau brachten die Römer, in Deidesheim wurden Weinamphoren<br />

und eine Glaskanne in Fassform gefunden.<br />

Im Mittelalter gehörte <strong>der</strong> Ort im Wesentlichen dem lothringischen Adligen Erimbert und<br />

dessen Nachfahren – darunter einige Grafen von Metz, oberlothringischen Herzögen und<br />

Saliern – bis das Domstift von Speyer1086 Eigentümer wurde, samt <strong>der</strong> um 700 erstmals<br />

erwähnten Weinberge. Mit dem so genannten „Ungeld“, einer Steuer auf Wein, wurden Bau<br />

und Instandhaltung <strong>der</strong> Stadtmauer finanziert. Das Stadtrecht erhält man 1395, es folgen<br />

Kriege, Plün<strong>der</strong>ungen und Brände. Der Weinbau bleibt die Konstante: 1504 wird die<br />

Rebsorte Gänsfüßer verzeichnet, es ist die früheste Nennung einer Rebsorte in Deidesheim.<br />

Seine Blütezeit erlebt das Städtchen aber zu Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts: 1802 produziert<br />

hier <strong>der</strong> Gutsbesitzer Andreas Jordan als erster Qualitätswein nach strengen<br />

Auslesekriterien und führt die Spätlese ein. Jordan verwendet auch als erster Jahrgang,<br />

Rebsorte und Lagenbezeichnung zur Kennzeichnung seiner Weine und setzt damit den<br />

Trend, <strong>der</strong> Deidesheim weltweit berühmt macht. 1848 stirbt Jordan, sein enormer Besitz wird<br />

im Zuge <strong>der</strong> "Jordanschen Teilung" aufgeteilt: es entstehen die Weingüter Geheimer Rat Dr.<br />

von Bassermann-Jordan, Reichsrat von Buhl und Dr. Deinhard. Auch Jordans Erben<br />

engagieren sich für den Weinbau: Jordans Enkel Ludwig Bassermann-Jordan hatte großen<br />

Anteil an <strong>der</strong> Neufassung des Weingesetzes von 1909 und war maßgeblich an <strong>der</strong><br />

Gründung des "Vereins <strong>der</strong> Naturweinversteigerer <strong>der</strong> Rheinpfalz“ beteiligt, dem heutigen<br />

Verband <strong>der</strong> Prädikatsweingüter VDP.<br />

Franz Armand Buhl, ein weiterer Nachfahre, war Grün<strong>der</strong> und Präsident des deutschen<br />

Weinbauverbandes und Hauptverfasser des Reblausgesetzes 1873. Quer durch<br />

Deidesheim kann man noch heute die Zeugnisse dieser großen Zeit sehen: Das Weingut<br />

Bassermann-Jordan im 1770 erbauten Ketschauer Hof, das alte Schloss, das einstige Spital<br />

o<strong>der</strong> das Gasthaus zu Kanne, das einst als Anwesen <strong>der</strong> Zisterzienser errichtet wurde und<br />

seit 1374 nachgewiesenermaßen als Gasthaus betrieben wird – das älteste <strong>der</strong> Pfalz. <strong>Die</strong><br />

Weingeschichte von Deidesheim aber lässt das 1986 eröffnete Museum für <strong>Weinkultur</strong> im<br />

Historischen Rathaus lebendig werden.<br />

Infokasten<br />

Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan<br />

Kirchgasse 10, 67146 Deidesheim<br />

Tel +49 (0) 6326-6006, Fax +49 (0) 6326-6008<br />

info@bassermann-jordan.de, www.bassermann-jordan.de<br />

Reichsrat von Buhl<br />

Weinstraße 16<br />

D-67146 Deidesheim<br />

Tel.: 0 63 26 / 96 50 19<br />

Fax: 0 63 26 / 96 50 24<br />

E-Mail: info@reichsrat-von-buhl.de<br />

www.reichsrat-von-buhl.de


Rheingau<br />

Kloster Eberbach: Der Wein <strong>der</strong> Mönche<br />

Hier liegt wohl die Wiege des Weinbaus im Rheingau und kaum ein Gemäuer steht so sehr<br />

für eine Jahrhun<strong>der</strong>te alte <strong>Weinkultur</strong> wie Kloster Eberbach bei Eltville im Rheingau. 13<br />

Mönche hielten hier einst im Jahre des Herrn 1136 Einzug in dem abgelegenen Rheingautal<br />

– ein Jahr zuvor hatten <strong>der</strong> berühmte Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux zusammen<br />

mit dem Mainzer Erzbischof Adalbert das idyllische Tal besucht, als vor ihnen aus <strong>der</strong> Hecke<br />

ein Eber über den Bach sprang. Ob Kloster Eberbach wirklich so zu seinem Namen kam, ist<br />

nicht belegt, die Franzosen aber waren echt: Direkt aus Clairvaux in Burgund gründeten sie<br />

im Kisselbachtal eine neue Abtei – und sie brachten Wein mit.<br />

Kloster Eberbach entwickelte sich schnell zu einem <strong>der</strong> größten und bedeutendsten Klöster<br />

Deutschlands – wohl auch dank des Rebensaftes. <strong>Die</strong> aus dem Burgund mitgebrachten<br />

Reben <strong>der</strong> Sorte Pinot Noir werden jedenfalls zum ersten Exportschlager <strong>der</strong> Rheingauer<br />

<strong>Weinkultur</strong>: Weil die Mönche vom Zoll auf dem Rhein befreit waren, dominierten sie den<br />

Weinhandel bis hinauf nach Köln, ein äußerst lukratives Geschäft. 1162 besaß das Kloster<br />

in Köln gar ein von Papst Alexan<strong>der</strong> IIII. privilegiertes Lagerhaus.<br />

Gegen Ende des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurden klösterliche Räume wie die Fraternei und das<br />

Laienrefektorium in Weinkeller umgewandelt – da lebten bis zu 150 Priestermönche und 600<br />

Laienbrü<strong>der</strong> in dem Kloster. In den Kriegen <strong>der</strong> nächsten Jahrhun<strong>der</strong>te erleidet das Kloster<br />

erheblichen Schaden, <strong>der</strong> Weinbau jedoch blüht weiter. 1730 etwa richten die<br />

Zisterziensermönche für ihre kostbarsten Kreszenzen eigens eine Weinschatzkammer ein –<br />

ein Eltviller Zimmermann schrieb die Rechnung für den „cabernedt keller“. Bis heute lagern<br />

in dem Cabinet-Keller wertvolle Schätze längst verflossener Jahrzehnte.<br />

Mit <strong>der</strong> Säkularisierung von 1803 endet das Klosterleben, nicht aber <strong>der</strong> Weinbau. Seine<br />

Tradition wird von weltlichen Besitzern fortgeführt, erst dem Herzog von Nassau, ab 1866<br />

von den Preußen und schließlich seit 1945 vom Land Hessen. Heute verwaltet das Weingut<br />

Kloster Eberbach sechs Staatsdomänen im Rheingau und an <strong>der</strong> Hessischen Bergstraße,<br />

und ist mit 200 Hektar Rebflächen <strong>der</strong> größte Weinbaubetrieb Deutschlands. <strong>Die</strong> Rotweine<br />

aus Kloster Eberbach selbst sind ein Markenzeichen geblieben, auf 32 Hektar wächst hier<br />

noch immer Spätburgun<strong>der</strong>.<br />

Im Sommer 2008 wurde nur wenige hun<strong>der</strong>t Meter unterhalb <strong>der</strong> alten Klosteranlage mit<br />

dem Steinbergkeller eine <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nsten Weinproduktionsstätten Europas eingeweiht. Pro<br />

Tag können hier bis zu 7000 Liter Traubensaft verarbeitet werden, die Kellerräume reichen<br />

auf 5000 Quadratmetern mehrere Ebenen in die Tiefe – direkt unter den Steinberg, <strong>der</strong><br />

ältesten und ersten Lage in Eberbach. Umgeben ist <strong>der</strong> Weinberg von einer 3000 Meter<br />

langen mittelalterlichen Bruchsteinmauer, die den Rieslingreben zu einem beson<strong>der</strong>en<br />

Mikroklima verhilft - man sagt, <strong>der</strong> Steinberg sei <strong>der</strong> Lieblingsweinberg <strong>der</strong> Mönche<br />

gewesen. <strong>Die</strong> Ergebnisse können in <strong>der</strong> Vinothek im Kloster Eberbach verkostet werden –<br />

o<strong>der</strong> bei einer <strong>der</strong> zahlreichen Weinproben.<br />

Infokasten<br />

Stiftung Kloster Eberbach<br />

65346 Eltville am Rhein<br />

Telefon: +49 (0) 6723 / 9178-100<br />

sowie -111, -112 o<strong>der</strong> -113


Fax: +49 (0) 6723 / 9178-101<br />

E-Mail: info@klostereberbach.de<br />

Internet: www.klostereberbach.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

April bis Oktober, täglich 10 bis 18 Uhr<br />

November bis März täglich von 11.00 - 17.00 Uhr<br />

(letzter Einlass jeweils 30 Min. vor Kassenschluss )<br />

Hessische Staatsweingüter GmbH<br />

Kloster Eberbach<br />

Schwalbacher Straße 56-62<br />

65343 Eltville am Rhein<br />

Tel.: +49 (0) 6123 92 300<br />

Fax: +49 (0) 6123 92 30 90<br />

E-Mail: info@weingut-kloster-eberbach.de<br />

Internet: www.weingut-kloster-eberbach.de


Schloss Johannisberg: Geburtsort <strong>der</strong> Spätlese<br />

<strong>Die</strong>s war das Ziel des legendären Spätlesereiters: Schloss Johannisberg bei Geisenheim im<br />

Rheingau. Seit dem Jahr 817 wird hier Wein angebaut, seit rund 300 Jahren dominiert <strong>der</strong><br />

Riesling. Damit ist das Weingut ein monumentales Gedächtnis für die Verbreitung des<br />

Rieslings. Im Weinbaulexikon von 1930 zum Thema Riesling ist kurz und bündig vermerkt:<br />

„Heimat: Deutschland. Wahrscheinlich ein Sämling aus dem Rheingau.“ Eines stimmt in<br />

jedem Fall: Schloss Johannisberg ist eine gigantische Schatzkammer des Rieslings und ein<br />

Hort <strong>der</strong> <strong>Weinkultur</strong>.<br />

Der Legende nach geht die Anlage des Weinbergs auf Karl den Großen zurück – er soll vom<br />

rheinhessischen Ingelheim aus beobachtet haben, dass <strong>der</strong> Schnee auf dem Johannisberg<br />

als erster schmolz. Möglich wäre es, in jedem Fall wird die Lage am Elsterbach 817 erstmals<br />

in einer Urkunde erwähnt. Um das Jahr 1100 gründen hier, genau auf dem 50. Breitengrad,<br />

die Mönche des Mainzer Benediktinerklosters Sankt Alban eine neue Gemeinschaft und<br />

erbauen um 1130 eine Basilika. Das neue Kloster wird dem heiligen Johannes geweiht, in<br />

<strong>der</strong> Mitte des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts erscheint erstmals die Bezeichnung „Sankt Johannisberg“ für<br />

den Besitz.<br />

Ab 1716 gehört das Weingut dem Fürstbischof in Fulda, <strong>der</strong> 1715 das große, dreiflügelige<br />

Schloss erbauen lässt. 1720 werden in den Weinbergen 294 000 Riesling-Reben gepflanzt.<br />

Es ist eine Initialzündung, die den Kellermeister Odo Staab notieren lässt: „In dem ganzen<br />

Rheingau darf keine an<strong>der</strong>e Traubensorte zur Verfertigung <strong>der</strong> Weine gepflanzt werden, als<br />

nur Rüßlinge.“ Es ist auch die Geburt des "Johannisbergers", in den folgenden Jahrzehnten<br />

wird er zum Inbegriff für Qualitätswein schlechthin – bis heute ist "Johannisberg Riesling" in<br />

den USA ein Synonym für Riesling.<br />

Dazu trägt 1775 ein inzwischen legendärer "Unfall" bei: Der Kurier, <strong>der</strong> in Fulda die<br />

Erlaubnis zum offiziellen Beginn <strong>der</strong> Weinlese einholen musste, verspätete sich um einige<br />

Wochen. Als er endlich in Johannisberg eintrifft, wiesen die Trauben an den Rebstöcken<br />

bereits die - bis dahin unbekannte - Edelfäule auf. Der beherzte Kellermeister lässt trotzdem<br />

ernten – es ist die Geburtsstunde <strong>der</strong> Spätlese, die vom Johannisberg aus ihren Siegeszug<br />

um die Welt antritt. Ein Denkmal vor <strong>der</strong> Vinothek erinnert an diese erste späte Lese von<br />

edelfaulen Traube, die fortan zur Regel auf dem Johannisberg wird.<br />

Der Johannisberg aber wird 1816 vom österreichischen Kaiser seinem berühmten<br />

Außenminister Clemens Fürst von Metternich geschenkt, bis heute ist das Gut in Händen<br />

<strong>der</strong> Familie Metternich – Weinzehnt an Österreich inklusive. Auf den 35 Hektar Weinbergen<br />

wächst weiter ausschließlich Riesling – und die „Bibliotheca subterranea“, die berühmte<br />

unterirdische Schatzkammer im Weinkeller, hütet Raritäten bis zurück ins Jahr 1848.<br />

Infokasten<br />

Schloss Johannisberg<br />

65366 Geisenheim-Johannisberg<br />

Telefon: +49 (0) 6722 / 70090<br />

Fax: +49 (0) 6722 / 700933<br />

E-Mail: info@schloss-johannisberg.de<br />

Internet: www.schloss-johannisberg.de<br />

Täglich ab 11.30 Uhr geöffnet, ohne Ruhetag.


Oestrich mit Weinkran: Wo <strong>der</strong> Wein auf Reisen ging<br />

Er ist das Wahrzeichen <strong>der</strong> Weinstadt Oestrich-Winkel: <strong>der</strong> Weinverladekran am Rheinufer<br />

ist <strong>der</strong> einzig erhaltene Zeuge <strong>der</strong> früheren Technik zum Be- und Entladen von Schiffen. Von<br />

hier aus ging <strong>der</strong> Wein auf die Reise, hier kamen die neuen Fässer an. Bis 1926 war <strong>der</strong> von<br />

Menschenkraft angetriebene Kran noch in Betrieb, um den Rheingauer Wein auf Schiffe zu<br />

verladen. Erbaut wurde <strong>der</strong> Kran zwischen April 1744 und Februar 1745, für das mächtige<br />

Fundament mussten 170 Kubikmeter Sandstein herangeschafft werden – ein enormes<br />

Denkmal <strong>der</strong> <strong>Weinkultur</strong> am Rhein.<br />

Der Betrieb eines Krans war zu jener Zeit ein erzbischöfliches Privileg, die Gebühren, die<br />

<strong>der</strong> Kranmeister erheben durfte, waren exakt festgelegt. So genossen auch nur wenige<br />

Städte im Rheingau das Recht, eine solche Anlage zu betreiben. Im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

besaßen lediglich Eltville, Rüdesheim und später auch Lorch ein <strong>der</strong>artiges Privileg.<br />

<strong>Die</strong> Konstruktion beruht auf einer 2000 Jahre alten Technik, die bereits zur Zeit <strong>der</strong> Römer<br />

auf Baustellen verwendet worden war: Zwei mächtige Mühlrä<strong>der</strong> wurden durch das<br />

Vorwärtstreten zweier im Inneren laufen<strong>der</strong> Kranknechte in Bewegung versetzt und zogen<br />

an Ketten die Lasten empor. Das Oberteil des Krans mit dem Kranarm war beweglich und<br />

konnte gedreht werden, so konnten die Lasten dann entwe<strong>der</strong> auf ein Schiff o<strong>der</strong> von<br />

diesem an Land gehievt werden. Verladen wurden in Oestrich vorwiegend Baumstämme –<br />

und vor allem Weinfässer. Oestrich-Winkel rühmt sich nicht umsonst, die größte Weinstadt<br />

Hessens zu sein: <strong>der</strong> Wein spielt hier seit Jahrhun<strong>der</strong>ten die Hauptrolle. Zahllose<br />

Weinstuben und Gutsschänken zeugen davon im Ort.<br />

Stadt ist man allerdings erst seit 1972, als die Orte Oestrich, Winkel und Mittelheim<br />

zusammengelegt wurden und die Stadtrechte verliehen bekamen. <strong>Die</strong> Weinbautradition ist<br />

aber natürlich erheblich älter: In Winkel fand man bei Ausgrabungen ein römische<br />

Rebenmesser – <strong>der</strong> Name Winkel könnte denn auch vom lateinischen "Vini cella",<br />

Weinkeller, abstammen. Erstmals historisch erwähnt wird Winkel im Jahr 850, als <strong>der</strong><br />

berühmte Kirchenmann Rhabanus Maurus die Leitung des Erzbistums Mainz übernahm,<br />

und in seiner Diözese Winkel eine Armenspeisung durchführte. Das sogenannte "Graue<br />

Haus" soll Maurus' Wohnsitz gewesen sein, heute gilt es als das älteste steinerne<br />

Wohngebäude Deutschlands.<br />

Im östlich davon gelegenen Oestrich – möglicherweise kommt daher <strong>der</strong> Name – bauten im<br />

17. und 18. Jahrhun<strong>der</strong>t zahlreiche begüterte Familien ihre Herrensitze an <strong>der</strong> Rheinfront.<br />

Das berühmte Schloss Vollrads, aber auch Schloss Reichartshausen, heute Sitz <strong>der</strong><br />

European Business School, zeugen noch davon. Das Wahrzeichen aber ist <strong>der</strong> Weinkran<br />

geblieben, eine einfache dunkle Bretterverschalung verbirgt die Technik vor dem Auge. Das<br />

Innere kann an Wochenenden und in den Sommermonaten kostenlos besichtigt werden, um<br />

die alte Technik zu bestaunen. Den Wein dazu gibt’s gleich nebenan – in einer <strong>der</strong> vielen<br />

Weinausschanks direkt am Rheinufer.<br />

Infokasten<br />

Tourist-Information<br />

An <strong>der</strong> Basilika 11a<br />

65375 Oestrich-Winkel<br />

Telefon 06723 - 19433<br />

e-Mail: touristinfo@oestrich-winkel.info<br />

www.oestrich-winkel.de


Rheinhessen<br />

Kupferberg-Museum in Mainz: Tiefschichtiger Sektgenuss<br />

Prickeln<strong>der</strong> Sektgenuss hat in Mainz eine lange Tradition – und eine tiefschürfende: 60<br />

Keller in sieben Etagen unter <strong>der</strong> Erde nennt die Kupferberg Sektkellerei auf dem Mainzer<br />

Kästrich ihr Eigen – es sind die tiefstgeschichteten Sektkeller <strong>der</strong> Welt. <strong>Die</strong> alten Gärkeller<br />

stammen zum großen Teil noch aus dem Mittelalter, bis in die Zeit <strong>der</strong> Römer reichen die<br />

hier zutage geför<strong>der</strong>ten Funde: Weinamphoren, Krüge und Trinkschalen, gut 2000 Jahre alt.<br />

Ein guter Grund und Boden für die wohl berühmteste Sektkellerei in Deutschland: 1850<br />

wurde sie von dem Exportkaufmann Christian Adalbert Kupferberg in Mainz als "Fabrication<br />

moussiren<strong>der</strong> Weine" gegründet. Bereits 1852 ließ man sich den Namen "Kupferberg Gold"<br />

schützen, er ist damit eine <strong>der</strong> ältesten Marken in Deutschland. Der Firmengrün<strong>der</strong><br />

präsentierte seine Sekte auf <strong>der</strong> Weltausstellung in London 1862, pflegte persönliche<br />

Verbindungen zu Reichskanzler Otto von Bismarck und zur französischen Champagne.<br />

Bereits seit 1872 ist Kupferberg eine Aktiengesellschaft, 1978 erwarb die Binger Firma<br />

Racke den Großteil <strong>der</strong> Aktien. 2004 wurde die Marke „Kupferberg“ an die Sektkellerei<br />

Henkell verkauft, die zur Oetker-Gruppe gehört.<br />

<strong>Die</strong> alte Kellerei auf dem Mainzer Kästrich aber steht bis heute – und beherbergt ein<br />

einmaliges Museum mit <strong>der</strong> weltweit größten Sammlung von Sekt- und Champagnergläsern.<br />

Auch Pioniere <strong>der</strong> Werbung waren die Kupferbergs, davon zeugt die Ausstellung ebenfalls.<br />

Dazu kommt <strong>der</strong> "Traubensaal", ein für die Weltausstellung 1900 in Paris entworfener<br />

Pavillon aus schmiedeeisernem Weinlaub, Trauben und Ranken – ein Meisterwerk des<br />

Jugendstils. Und natürlich sind die historischen Kelleranlagen zu besichtigen, in <strong>der</strong>en<br />

prunkvoll verzierten Fässern zum Teil heute noch Wein für die Sektbereitung lagert.<br />

Edle Sektproben dürfen da nicht fehlen, im Kupferberg-Park finden regelmäßig Konzerte<br />

statt. 2008 wurde das Programm rund um Sekttradition und <strong>Weinkultur</strong> mit dem "Best of<br />

Weintourism-Award" <strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> Great Wine Capitals ausgezeichnet.<br />

Infokasten<br />

Kupferberg-Museum<br />

Kupferbergterrasse 17-19<br />

55116 Mainz<br />

Telefon: 0 61 31/9 23-0<br />

Fax: 0 61 31/9 23-2 22<br />

E-Mail: info@kupferbergterrasse.de<br />

www.kupferbergterrasse.de<br />

Öffnungszeiten <strong>der</strong> Verkaufsboutique: Mo - Sa. 10 -18 Uhr


Weinlage Liebfrauenstift, Worms: So weit <strong>der</strong> Turm seinen Schatten werfe<br />

Im Ausland war sie lange das Synonym für den deutschen Wein überhaupt: die<br />

Liebfraumilch. Ihren Ursprung hat sie in <strong>der</strong> Weinlage Liebfrauenstift rund um die Wormser<br />

Liebfrauenkirche. Schon im Mittelalter bauten hier die Mönche Wein an, mitten zwischen den<br />

Weinbergen aber stand die katholische Pfarrkirche "Liebfrauen" – eine kleine gotische<br />

Basilika wie aus dem Bil<strong>der</strong>buch – mit Doppelturmfassade, figurengeschmücktem<br />

Westportal und einem schmucken Chorgang. Von 1267 bis 1465 wurde sie erbaut, vor allem<br />

als Stifts- und Wallfahrtskirche. Dem überlebensgroßen Madonnenbild aus dem 13.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t wurden Wun<strong>der</strong> zugeschrieben, schnell wurde das Bildnis Ziel einer großen<br />

Marienwallfahrt.<br />

Den Pilgern zum Wallfahrtsort Liebfrauenstift aber kredenzten die Mönche <strong>der</strong> Legende<br />

nach den Wein, <strong>der</strong> um die Kirche herum wuchs. Und <strong>der</strong> kam den Pilgern so lieblich vor,<br />

als schmeckten sie "die Milch unserer lieben Frau". <strong>Die</strong> Lage wurde, so sagt es die<br />

Legende, daraufhin "Liebfraumilch" benannt. Schriftlich erwähnt wurde <strong>der</strong> Name erstmals in<br />

einem Reisebericht eines Englän<strong>der</strong>s aus dem Jahr 1687 – <strong>der</strong> Name Liebfraumilch und <strong>der</strong><br />

mit ihm verbundene deutsche Wein vom Rhein trat von hier aus seinen Siegeszug um die<br />

Welt an.<br />

England war ein wichtiger Exportpartner <strong>der</strong> Wormser Winzer, insbeson<strong>der</strong>e des<br />

Weinhandelshauses J.P. Valckenberg, gegründet 1786. Valckenberg nennt sich das älteste<br />

Familiengeführte Weinhandelshaus in Deutschland, ihm gehören heute noch 90 Prozent <strong>der</strong><br />

Weinbergslagen rund um die Liebfrauenkirche. 1908 schuf Nikolaus Valckenberg mit <strong>der</strong><br />

Liebfraumilch "Madonna" den ersten deutschen Markenwein. Der Name "Liebfraumilch"<br />

selbst war nicht geschützt – 1834 schrieb <strong>der</strong> Weinbaupionier Philipp Bronner die Regel<br />

nie<strong>der</strong>, die damals galt: „… man sagt, nur so weit <strong>der</strong> Turm seinen Schatten werfe, wachse<br />

die eigentliche Liebfrauenmilch.“<br />

Der Erfolg <strong>der</strong> Liebfraumilch zog indes Nachahmer nach sich: Auch an<strong>der</strong>e Winzer sprangen<br />

auf den erfolgreichen Zug auf und produzierten "Liebfrauenmilch"-Weine, die oft mit dem<br />

Ursprung nichts mehr gemein hatten. Seit 1971 ist nach dem deutschen Weinbaugesetz<br />

eine Liebfraumilch ein lieblicher weißer Qualitätswein aus den Anbaugebieten Nahe, Pfalz,<br />

Rheingau und Rheinhessen, <strong>der</strong> zu mindestens 70 Prozent aus Trauben <strong>der</strong> Rebsorte<br />

Riesling hergestellt wird. Seine Restsüße darf nicht unter 18 Gramm pro Liter liegen. <strong>Die</strong><br />

Originallage um die Liebfrauenkirche heißt heute "Liebfrauenstift-Kirchenstück", umfasst 17<br />

Hektar und ist als Lage "Großes Gewächs Rheinhessen" beim Spitzenverband <strong>der</strong><br />

Deutschen Weingüter, dem VDP, klassifiziert. Und natürlich wächst hier vor allem eine<br />

Sorte: <strong>der</strong> Riesling.<br />

Infokasten<br />

Kath. Pfarrkirche Liebfrauen<br />

Liebfrauenring 21, 67541 Worms<br />

Tel. 06241-44267<br />

E-Mail: info@liebfrauen-worms.de<br />

www.liebfrauen-worms.de<br />

Öffnungszeiten <strong>der</strong> Kirche:<br />

Sonntag, 14 – 16 Uhr und nach Absprache<br />

Weinhaus P.J. Valckenberg<br />

Ältestes Familiengeführtes<br />

Weinhandelshaus in Deutschland<br />

Weckerling Platz 1<br />

67547 Worms<br />

Telefon: +49 (0)6241 91110<br />

Fax: +49 (0)6241 9111-60/61<br />

Email: info@valckenberg.com<br />

www.valckenberg.de<br />

Weitere Informationen im Internet:<br />

http://www.worms.de/deutsch/tourismus/sehenswuerdigkeiten/liebfrauen.php?navid=5


Niersteiner Glöck: Älteste Weinbergslage Deutschlands<br />

Eine Urkunde beweist es: die "Niersteiner Glöck" ist die älteste namentlich bekannte<br />

Weinbergslage in Deutschland. Es war im Jahr 742, als <strong>der</strong> Karolinger Karlmann –<br />

Nachfolger von Karl Martell und Onkel Karls des Großen – dem Bistum Würzburg eine<br />

Kirchenbesitzung am Rhein schenkte. Gemeint war die Pfarrei <strong>der</strong> St. Marienkirche in<br />

Nierstein, und zu ihr gehörte ein Weinberg – <strong>der</strong> Glöck.<br />

Seinen Namen hatte <strong>der</strong> Weinberg zweifellos von <strong>der</strong> Kirche und ihren Glocken – ob es<br />

allerdings vom Geläut her stammt, o<strong>der</strong> weil <strong>der</strong> Kirchenglöckner mit dem Wein aus <strong>der</strong><br />

Lage bezahlt wurde, ist heute unklar. Fest steht: an den Bischof von Würzburg war fortan<br />

<strong>der</strong> Zehnte zu entrichten, und das blieb über viele Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg so. Heute grenzt die<br />

St. Kilianskirche an den Weinberg, die Nachfolgerin <strong>der</strong> einstigen Marienkirche.<br />

<strong>Die</strong> "Glöck" selbst ist heute im Besitz <strong>der</strong> Staatlichen Weinbaudomäne Oppenheim. Nur 2,1<br />

Hektar klein ist die berühmte Lage, auf <strong>der</strong> zurzeit Riesling und Gewürztraminer wachsen.<br />

<strong>Die</strong> Weine zeichnen sich durch ihr Spiel aus Fruchtigkeit und Mineralität aus, sie wachsen<br />

auf einem Lehm-Löss-Gemisch unmittelbar am Rhein. Der Fluss sorgt für das beson<strong>der</strong>e<br />

Klima, die Hangneigung von 20 Prozent – und eine Jahrhun<strong>der</strong>te alte Mauer, die den<br />

Weinberg vollständig umgibt. <strong>Die</strong> Mönche im Mittelalter bauten solche Mauern um ihre<br />

Weinberge zum Schutz vor kalten Winden, bis heute sorgen die alten Mauern für ein<br />

beson<strong>der</strong>es Kleinklima. 1992 wurde die Mauer um den "Glöck" im mediterran anmutenden<br />

Stil renoviert.<br />

<strong>Die</strong> Lage selbst ist beim Verband <strong>der</strong> Prädikatsweingüter VDP als "Großes Gewächs<br />

Rheinhessen" klassifiziert. Ihre Weine kann man in <strong>der</strong> Staatlichen Weinbaudomäne<br />

verkosten.<br />

Infokasten<br />

Staatliche Weinbaudomäne Oppenheim<br />

Wormser Straße 162<br />

55276 Oppenheim<br />

Tel.: 06133 / 930-305<br />

E-Mail: info@domaene-oppenheim.de<br />

www.domaene-oppenheim.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag - Donnerstag 9.00 - 12.00 und 13.00 - 16.00 Uhr;<br />

Freitag 9.00 - 12.00 Uhr und 13.00 - 18.00 Uhr


Saale-Unstrut<br />

Steinernes Bil<strong>der</strong>buch: Albumblätter für den Wein<br />

Es war in <strong>der</strong> Zeit des Rokoko große Mode: das geschriebene o<strong>der</strong> gemalte Albumblatt, das<br />

sich dem Wein widmete o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Jagd. Vor den Toren von Naumburg, im Blütengrund beim<br />

Stadtteil Großjena, liegt ein solches Album in <strong>der</strong> wohl ungewöhnlichsten Form: An einer<br />

großen Sandstein-Terrassenmauer, inmitten eines Weinbergs, prangen zwölf mehr als<br />

mannshohe Bildreliefs in <strong>der</strong> Steinwand. Das Steinerne Bil<strong>der</strong>buch ist eines <strong>der</strong><br />

ungewöhnlichsten Denkmäler für den Wein, und das größte Bildrelief im europäischen<br />

Raum, das je in ein stehendes Felsgestein gearbeitet wurde.<br />

Urheber war <strong>der</strong> Juwelier Johann Christian Steinauer, <strong>der</strong> ab 1705 in Naumburg als<br />

Hoflieferant von Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels zu Reichtum kam. So<br />

beschloss Steinauer um 1720, einen Weinberg zu erwerben. Als Huldigung an den Herzog<br />

aber kam ihm aus Anlass von dessen zehnjährigem Thronjubiläum die Idee, ein Relief aus<br />

den Felsen seines Weinbergs heraus arbeiten zu lassen. Der Bildhauer ist unbekannt, doch<br />

er schuf ein Meisterwerk: Auf einer Länge von 150 Metern entstanden zwölf Szenen, von<br />

denen zehn Geschichten aus <strong>der</strong> Bibel darstellen – die beiden übrigen zeigen eine<br />

Fuchsjagd sowie das Reiterbild Herzog Christians.<br />

Sechs <strong>der</strong> Reliefs drehen sich um Weingeschichten aus <strong>der</strong> Bibel. Da wird die Berauschung<br />

Lots durch seine Töchter dargestellt, Noah als erster Weinbauer, Christus in <strong>der</strong> Kelter,<br />

Josua und Kaleb, die mit einer schweren Weintraube zurückkehren sowie das Gleichnis von<br />

den Arbeitern im Weinberg des Herrn. Bild Nummer fünf zeigt die Hochzeit zu Kanaa, wo<br />

Jesus <strong>der</strong> Bibel nach Wasser in Wein verwandelte – samt einer Inschrift: "Gott macht immer<br />

aus Wasser Wein/ Gesegnet ist die Frucht/ Verdammt soll <strong>der</strong> Mischer sein/ <strong>der</strong> nicht<br />

Erquickung sucht."<br />

Im Fundament von Steinauers Villa oberhalb des Weinbergs aber wurde im Jahr 1913 ein<br />

spektakulärer Fund gemacht: Vier Flaschen Wein <strong>der</strong> Jahrgänge 1678, 1680 und zwei Mal<br />

1687 kamen zutage. <strong>Die</strong> Flasche des Jahres 1678 steht seither als älteste gefüllte<br />

Weinflasche aus Deutschland im Weinmuseum in Speyer. Eine Flasche des Jahrgangs<br />

1687 wurde in Berlin verkostet, die aus dem Jahr 1680 in Naumburg. <strong>Die</strong> letzte Flasche<br />

behielt <strong>der</strong> damalige Eigentümer Me<strong>der</strong> – sie ist seither verschwunden. <strong>Die</strong> "Naumburger<br />

Flasche" von 1680 befindet sich heute im Besitz des Stadtmuseums Naumburg.<br />

Infokasten<br />

Steinernes Bil<strong>der</strong>buch<br />

Max-Klinger-Straße/ Im Blütengrund<br />

06618 Großjena<br />

Informationen im Internet: http://home.arcor.de/okrim22/Sehen/NRelief.html<br />

Tourist- und Tagungsservice<br />

Markt 12<br />

06618 Naumburg<br />

Tel. 03 44 5 / 27 31 25<br />

Fax: 03445 / 27 31 28<br />

e-mail: info@naumburg-tourismus.de<br />

www.naumburg-tourismus.de


Rotkäppchen Sektkellerei: 150 Jahre Sektgeschichte mit Cuvéefass<br />

Der Sekt mit <strong>der</strong> roten Kappe ist ein Markenzeichen für Deutschland: Rotkäppchen Sekt. <strong>Die</strong><br />

Brü<strong>der</strong> Moritz und Julius Kloss gründeten zusammen mit ihrem Freund Carl Foerster am 26.<br />

September 1856 die Weinhandlung Kloss & Foerster in Freyburg an <strong>der</strong> Unstrut. <strong>Die</strong> ersten<br />

6000 Flaschen wurden in einer Wohnung im Hinterhaus <strong>der</strong> Familie Kloss abgefüllt – die<br />

erste Flasche Sekt wurde zur Heirat von Julius Kloss mit seiner Verlobten Emma Gabler am<br />

17. Juni 1858 geöffnet. Das Unternehmen war enorm erfolgreich - schon zehn Jahre später,<br />

1867, konnten die Freyburger Winzer die erfor<strong>der</strong>liche Menge an Wein nicht mehr liefern, es<br />

musste Most aus Württemberg und Baden zugekauft werden. 1870 wurden bereits 120 000<br />

Flaschen produziert.<br />

1894 lieferte sich ein französisches Champagnerhaus einen Rechtsstreit mit Kloss &<br />

Foerster um den Namen "Monopol" – die Bezeichnung für die erfolgreichste Sektlinie. Der<br />

Name ging an die Franzosen und Kloss & Foerster benannten fortan ihren Sekt nach <strong>der</strong><br />

roten Kapsel, die Geburtsstunde <strong>der</strong> Marke Rotkäppchen, und ließen sie am 15. Juli 1895<br />

als Warenzeichen eingetragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Familie Kloss im Juli<br />

1948 enteignet, die Sektkellerei als Volkseigener Betrieb Rotkäppchen-Sektkellerei<br />

Freyburg/Unstrut weiter geführt. Im Jahr 1988 werden allein 15 Millionen Flaschen abgefüllt.<br />

Nach <strong>der</strong> Wende droht Rotkäppchen in <strong>der</strong> Versenkung zu verschwinden – im 2. Halbjahr<br />

1990 werden nur noch 1,8 Millionen Flaschen verkauft. <strong>Die</strong> Sektkellerei arbeitet erst einmal<br />

unter <strong>der</strong> Treuhand weiter, bis 1993 Leitende Mitarbeiter mit <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Familie<br />

Harald Eckes-Chantré den Schritt eines Management Buy Out wagen. Der Mut und <strong>der</strong><br />

große Einsatz zahlte sich in den Folgejahren aus: Rotkäppchen gehört heute wie<strong>der</strong> zu den<br />

größten Sektkellereien in Deutschland und seit 2002 konnten von „Deutschlands Haus aus<br />

Sekt, Spirituosen und Wein“ Sektmarken wie Mumm und Spirituosenmarken wie Chantré<br />

übernommen werden.<br />

<strong>Die</strong> Architektur <strong>der</strong> Kellerei spiegelt bis heute ihre Geschichte: <strong>Die</strong> Gebäude in <strong>der</strong><br />

Freyburger Sektkellereistraße 5 sind ein Industriedenkmal allerersten Ranges. Beson<strong>der</strong>s<br />

beeindruckend ist <strong>der</strong> 1893 erbaute, rund eintausend Quadratmeter große Lichthof mit<br />

seinem freitragenden Glasdach, damals und auch heute noch eine architektonische<br />

Sensation. Auch die Keller sind sehenswert: 1887 wurde mit dem Bau begonnen, fünf<br />

Stockwerke tief reichen sie in das Muschelkalk-Gestein hinunter und bietet 13 000<br />

Quadratmeter Platz. Im 1896 angebauten Domkeller steht das Prunkstück des Hauses: Das<br />

größte geschnitzte Cuvéefass Deutschlands. Das riesige Fass wurde 1896 von dem Küfer<br />

Georg Feldmann aus dem Holz von 25 Eichen erbaut. Fortan konnten 120 000 Liter Wein<br />

auf einmal vermischt werden, die jeweils 160 000 Flaschen einer Sektsorte füllten. Mit über<br />

100.000 Besuchern pro Jahr ist die Sektkellerei in Freyburg ein großer Besuchermagnet.<br />

Infokasten<br />

Rotkäppchen Sektkellerei<br />

Sektkellereistraße 5<br />

06623 Freyburg (Unstrut)<br />

Tel. 034464 - 34 0<br />

Fax. 034464 – 27237<br />

Email: info@rotkaeppchen.de<br />

www.rotkaeppchen.de


<strong>Die</strong> Weinbergshäuschen von Saale-Unstrut – Ensemble Schweigenberg<br />

Sie sind das Markenzeichen <strong>der</strong> Weinbauregion Saale-Unstrut: die Weinbergshäuser. Wohl<br />

in keiner Region in Deutschland gibt es eine so hohe Dichte von Häusern, Hütten und<br />

manchmal sogar richtigen Villen. Mehrere Hun<strong>der</strong>t Weinbergshäuschen werden in <strong>der</strong><br />

ganzen Region geschätzt, darunter regelrechte Kleinode ihrer jeweiligen Epoche. Als<br />

ältestes datiertes Beispiel gilt ein Fachwerk-Türmchen in <strong>der</strong> Lage Steinmeister bei<br />

Rossbach, <strong>der</strong> "Steinkauz" aus dem Jahre 1555.<br />

<strong>Die</strong> höchste Dichte an Weinbergshäusern aber weist <strong>der</strong> Freyburger Schweigenberg auf:<br />

allein hier finden sich auf rund 20 Hektar Fläche ganze 90 Weinbergshäuschen, entstanden<br />

zwischen 1700 und 1800.<br />

Der Freyburger Schweigenberg ist <strong>der</strong> wohl bekannteste Terrassenweinberg <strong>der</strong> Region:<br />

<strong>Die</strong> rund 25 Hektar große Fläche ist in fünf bis zehn übereinan<strong>der</strong>liegende Terrassen gestuft<br />

und in zahlreiche kleine und kleinste Parzellen unterglie<strong>der</strong>t – ein wahres Kulturdenkmal für<br />

diese traditionelle Bewirtschaftungsform. Mehr als <strong>40</strong> Winzer bewirtschaften heute auf 65<br />

Flurstücken insgesamt rund zwölf Hektar bestockte Rebfläche. Auf ihnen finden sich rund<br />

zehn Kilometer Trockenmauern, etwa fünf Kilometer Umfassungsmauer, einige hun<strong>der</strong>t<br />

Meter Treppenanlagen – und eben die rund 90 Weinbergshäuser, Gebäude und Hütten.<br />

Sie dienten ursprünglich natürlich zum Schutz <strong>der</strong> Arbeiter im Weinberg, zur Rebenwacht<br />

und zur Aufbewahrung von Arbeitsmaterialien. Das erklärt auch die hohe Dichte im<br />

Schweigenberg: weil <strong>der</strong> Berg in viele kleine Parzellen unterteilt war und viele Winzer hier<br />

arbeiteten, errichtete je<strong>der</strong> sein eigenes Häuschen. Weil <strong>der</strong> Schweigenberg nie Opfer <strong>der</strong><br />

Flurbereinigung wurde, haben sich die Häuser in ihrer Vielzahl erhalten.<br />

Später entwickelten sich die Weinbergshäuschen zu Orten <strong>der</strong> Geselligkeit, oft fanden hier<br />

Weingesellschaften des Besitzers statt. Mit <strong>der</strong> Zeit entstanden Bauten, die nach<br />

repräsentativen Vorstellungen und Baustilen geformt wurden, und zuweilen entstanden reine<br />

Repräsentations- o<strong>der</strong> Wohngebäude. Dazu gehört etwa die 1722 erbaute Villa des<br />

Hofjuweliers Carl Gottlieb Steinauer, <strong>der</strong> dieses repräsentative Wohnhaus über seinem<br />

Weinberg errichten ließ. Zu Repräsentationszwecken wurde auch die pompöse<br />

„Schlifterhütte“ im Freyburger Schlifterweinberg erbaut, von den Besitzern <strong>der</strong> Rotkäppchen<br />

Sektkellerei Förster und Kloss. Zu den beeindruckendsten Vertretern gehört außerdem das<br />

Rokokoweinbergshaus im Herzoglichen Weinberg in Freyburg. Das um 1774 vom<br />

kursächsischen Steuereinnehmer Carl Gottlieb Barthel erbaute sechseckige Gebäude<br />

besticht durch sein Fachwerk, sein französisches Dach und ein tonnengewölbtes<br />

Kellergeschoss.<br />

Das berühmteste aller dieser Weinbergshäuser aber ist das "Toskanaschlösschen", gelegen<br />

im Freyburger Schweigenberg: das Kleinod wird <strong>der</strong>zeit restauriert und ist zum Wahrzeichen<br />

<strong>der</strong> Weinbergshäuser überhaupt geworden. Wo die Weinbergshäuser liegen und welche<br />

besichtigt werden können, ist beim Weinbauverband Saale-Unstrut zu erfahren.<br />

Infokasten<br />

Weinbauverband Saale-Unstrut e. V.<br />

Querfurter Str. 10<br />

06632 Freyburg<br />

Telefon: 034464 / 26110<br />

Telefax: 034464 / 29416<br />

Email: info@natuerlich-saale-unstrut.de<br />

www.natuerlich-saale-unstrut.de


Sachsen<br />

Staatsweingut Schloss Wackerbarth: älteste Sektkellerei Sachsens<br />

Adel verpflichtet – das war auf Schloss Wackerbarth schon immer Lebensmotto. Das<br />

beginnt mit dem Erbauer des Schlosses, Generalfeldmarschall und Reichsgraf Christoph<br />

August von Wackerbarth, reicht über königliche Lebenslust und endet noch lange nicht<br />

beim heutigen Weingut: Schloss Wackerbarth ist weit über die Grenzen Sachsens hinaus<br />

bekannt – nicht nur für seine Weine, auch für seinen erstklassigen Sekt. Als Erbe <strong>der</strong><br />

traditionsreichen Marke Bussard ist Wackerbarth heute die älteste Sektekellerei Sachsens<br />

– und die zweitälteste von ganz Deutschland.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte von Schloss Wackerbarth hat ihren Ursprung 1727 mit dem Erwerb von<br />

Grund und Weinbergen durch den Grafen von Wackerbarth. Von Landesbaumeister<br />

Johann Christoph Knöffel lässt sich <strong>der</strong> Minister Augusts des Starken und Gouverneur von<br />

Dresden zwischen 1727 und 1730 "Schloss Wackerbarth's Ruh'" erbauen – ein Weingut<br />

mit barockem Herrenhaus, großzügiger Gartenanlage und einem Lusthäuschen, dem<br />

Belve<strong>der</strong>e, errichtet gar vom berühmten Architekten Matthäus Daniel Pöppelmann<br />

persönlich. <strong>Die</strong> Legenden berichten von rauschenden Festen des kurfürstlichen Hofes,<br />

Schloss Wackerbarth wurde schnell zum Tempel <strong>der</strong> Lebenslust, und natürlich des Weins.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte des Schlosses gestaltete sich wechselvoll, <strong>der</strong> Wein aber blieb. 1836<br />

wurde ganz in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> "Actienverein zur Fabrikation moussieren<strong>der</strong> Weine"<br />

gegründet – die Geburt <strong>der</strong> Sektkellerei Bussard, wie sie ab 1897 hieß. <strong>Die</strong> Fabrik in<br />

Nie<strong>der</strong>lößnitz machte mit ihrer Sektherstellung im klassischen Flaschengärverfahren<br />

Furore, im Jahr 1846 wurde eine Höchstleistung von 150 000 Flaschen erreicht. Bis nach<br />

dem zweiten Weltkrieg bestand sie, dann wurde Bussard 1972 enteignet und in den<br />

Volkseigenen Betrieb Weinbau Radebeul integriert – <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> Kooperation mit<br />

Schloss Wackerbarth. Bis heute führt das Schlossweingut die Bussardsche Tradition fort –<br />

eine <strong>der</strong> Radebeuler Steillagen im Steinrücken heißt heute Bussardberg.<br />

Schloss Wackerbarth selbst wurde 1928 Staatsweingut, ab 1950 "Volksweingut Radebeul"<br />

– und ist seit 1992 wie<strong>der</strong> Sächsisches Staatsweingut. Seitdem wird hier konsequent<br />

mo<strong>der</strong>nisiert und auf Qualität gesetzt, sichtbares Zeichen dafür ist <strong>der</strong> 2002 eingeweihte<br />

Neubau mit großem Weinkeller darunter. Seitdem ist Schloss Wackerbarth das erste<br />

Erlebnisweingut Europas: In den alten barocken Häusern finden heute Weinseminare,<br />

Veranstaltungen und wie<strong>der</strong> zahlreiche Feste statt. Schloss Wackerbarth bietet<br />

Weinerlebnis mit allen Sinnen - natürlich mit den Weinen aus rund 90 Hektar<br />

Weinbergslagen und den Sekten <strong>der</strong> Marken Schloss Wackerbarth, Bussard und August<br />

<strong>der</strong> Starke. Adel verpflichtet eben.<br />

Öffnungszeiten Markt: Täglich 9.30 bis 20.00<br />

Infokasten<br />

Uhr<br />

Sächsisches Staatsweingut GmbH<br />

Schloss Wackerbarth<br />

Wackerbarthstraße 1<br />

01445 Radebeul<br />

Tel. 03 51.89 55-0<br />

Fax 03 51.89 55-150<br />

www.schloss-wackerbarth.de<br />

Führungen mit Verkostung<br />

Montag bis Freitag:<br />

14.00 Uhr Wein-Führung<br />

17.00 Uhr Sekt-Führung<br />

Samstag:<br />

12.00, 14.00, 16.00 Uhr Wein-Führung<br />

13.00, 15.00, 17.00 Uhr Sekt-Führung<br />

Sonntag:<br />

12.00, 14.00, 16.00 Uhr Wein-Führung<br />

13.00, 17.00 Uhr Sekt-Führung<br />

15.00 Uhr Schloss- und Garten-Führung


Hoflößnitz: Sachsenkeule und Weinfeste <strong>der</strong> Kurfürsten<br />

<strong>Die</strong>s ist wahrlich die Wiege des sächsischen Weinbaus: Auf dem Weingut Hoflößnitz<br />

feierten die sächsischen Kurfürsten ihre Weinlese, und hier wurde die berühmte<br />

Sachsenkeule erfunden – und hier ist eine 600-jährige Weinbautradition zuhause. Bereits<br />

für das Jahr 1271 ist <strong>der</strong> Weinbau in <strong>der</strong> Lößnitz belegt. Am 8. Mai 1<strong>40</strong>1 erwarb Markgraf<br />

Wilhelm <strong>der</strong> Einäugige von Meißen das Presshaus nebst umliegendem Gelände für eine<br />

Kaufsumme von 1660 Schock Meißnischer Groschen. Damit brachte das Fürstenhaus <strong>der</strong><br />

Wettiner den verstreuten Weinbergbesitz <strong>der</strong> Umgebung für fast fünf Jahrhun<strong>der</strong>te - bis<br />

1889 - unter seine Kontrolle. Bis ins 19. Jahrhun<strong>der</strong>t war <strong>der</strong> Hof <strong>der</strong> Mittelpunkt des<br />

herrschaftlichen Weinbaus und Stätte höfischer Festlichkeiten.<br />

Der heutige Name "Hoflößnitz" findet urkundlich zum ersten Male mit dem Datum des 14.<br />

Januars 1622 seine Erwähnung. 1650 ließ Kurfürst Johann Georg I. ein Schlösschen<br />

neben das Presshaus bauen, das Berg- und Lusthaus. Sein Sohn Johann Georg II. feierte<br />

hier alljährlich die Weinlese. Dessen Hofmaler war <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> Albert Eckhout, er<br />

schmückte den Festsaal mit einem riesigen Leinwanddeckengemälde, ein Meisterwerk,<br />

das 80 brasilianische Vögel zeigt. Auch die Holzwände sind mit Tafelmalereien über und<br />

über geschmückt.<br />

Wie sehr sich hier alles im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t um den Weinbau drehte, zeigt das Klein-<br />

Viniculturbüchlein, das <strong>der</strong> kurfürstliche Weinbergsverwalter und Bauschreiber Johann<br />

Paul Knohll 1667 in <strong>der</strong> Hoflössnitz verfasste. Es war ein Kommentar zu <strong>der</strong> Kurfürstlich<br />

Sächsischen Weingebürgsordnung vom 23. April 1588 und enthielt den Kanon <strong>der</strong> 24<br />

feststehenden Regeln zu den Weinbergsarbeiten, ergänzt durch eigene Erfahrungen. Bis<br />

in das 19. Jahrhun<strong>der</strong>t hinein war es das Standardwerk sächsischer Winzerei. Kurfürst<br />

August <strong>der</strong> Starke (1677–1733) lud seine Jagdgesellschaften nach Hoflößitz ein und<br />

veranstaltete Tanzfeste mit Weinausschank – rauschende Winzerfeste sollen es gewesen<br />

sein. In seiner Zeit entstand auch das Winzerhaus, in dessen Weinkeller sich eine<br />

Probierstube, die Kellerstube, für den Kurfürsten befand.<br />

1843 erhielt die Hoflössnitz den Status eines Staatsweingutes und blieb es bis zum<br />

Nie<strong>der</strong>gang des Weinbaus in <strong>der</strong> Lößnitz, verursacht vor allem durch die Reblaus im Jahr<br />

1889. <strong>Die</strong> Weinbau-Tradition wurde 1911 wie<strong>der</strong>aufgenommen, als eine<br />

Rebveredelungsstation eingerichtet wurde. Ihr Leiter war seit 1916 <strong>der</strong> Landwirtschaftsrat<br />

Carl Pfeiffer, <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>belebung des Weinanbaus in Sachsen. Er rebte von<br />

1913 an die Lößnitz mit <strong>der</strong> neuen Propfrebe wie<strong>der</strong> auf und übernahm 1916 die Leitung<br />

<strong>der</strong> Rebenveredlungsstation, aus <strong>der</strong> 1927 die Weinbau-Versuchs- und Lehranstalt<br />

hervorging. In Pfeiffers Zeit fällt auch die Erfindung einer Beson<strong>der</strong>heit: Um die Attraktivität<br />

<strong>der</strong> Elbtalweine zu steigern, wurde hier auf Hoflößnitz 1931 die Sachsenkeule erfunden,<br />

eine grüne Flasche in Keulenform.<br />

<strong>Die</strong> weinkulturelle und weinbauliche Tradition setzen heute die 1998 gegründete Stiftung<br />

Weingutmuseum Hoflössnitz sowie Stiftung Weingut- und Schoppenstube Hoflössnitz<br />

GmbH fort. Das Weingut bewirtschaftet knapp acht Hektar Rebflächen nach den<br />

Richtlinien des kontrolliert ökologischen Weinbaus. Das frühere Lustschloss beherbergt<br />

heute ein Museum zum Weinbau im Elbtal und zum ehemaligen kurfürstlichen Weingut.<br />

Infokasten<br />

Stiftung Weingutmuseum Hoflössnitz<br />

Knohlweg 37, 10445 Radebeul<br />

Telefon: +49 (0)351-8 39 83 33<br />

Telefax: +49 (0)351-8 39 83 30<br />

Email: info@hofloessnitz.de<br />

www.hofloessnitz.de<br />

www.weinmuseum.de


Württemberg<br />

Kessler in Esslingen: Älteste Sektkellerei Deutschlands<br />

Hier stand die Champagnermarke Veuve Cliquot persönlich Pate: Am 1. Juli 1826<br />

gründete Georg Christian von Kessler in Esslingen am Neckar die erste Sektkellerei<br />

Deutschlands. Gelernt hatte <strong>der</strong> Unternehmer sein Handwerk in <strong>der</strong> Champagne: Von<br />

1807 an war Kessler bei <strong>der</strong> berühmten Firma Veuve Cliquot-Fourneaux & Cie. als<br />

Buchhalter beschäftigt, 1815 war er bereits Mitglied <strong>der</strong> Geschäftsführung. Kessler führte<br />

die Champagnerkellerei zu enormen Erfolgen, vor allem durch das Auslandsgeschäft, das<br />

er aufbaute. Doch Intrigen verhin<strong>der</strong>ten, dass er 1824, wie geplant, das Unternehmen<br />

übernehmen durfte.<br />

Gut für Esslingen und gut für Deutschland: Kessler kehrte in seine Heimatstadt zurück,<br />

und gründete dort 1826 die G.C. Kessler & Compagnie in <strong>der</strong> ehemaligen Kelter des<br />

Kaisheimer Pfleghofes. Aus Frühburgun<strong>der</strong> wurden die ersten <strong>40</strong>00 Flaschen<br />

Schaumwein hergestellt und unter dem bescheidenen Namen "schäumen<strong>der</strong><br />

Württemberger Wein" in den Handel gebracht. Der Schaumwein nach Champagnerart<br />

hergestellt, machte schnell Furore: In den ersten zehn Jahren verkaufte Kessler rund eine<br />

halbe Million Flaschen seines moussierenden Weines. 1829 exportierte Kessler bereits<br />

nach Russland, Großbritannien und in die Vereinigten Staaten, Hauptabsatzgebiet blieb<br />

aber Württemberg und sein Königshaus.<br />

1832 erfolgte <strong>der</strong> Kauf <strong>der</strong> ersten Gewölbekeller im Speyrer Pfleghof. Der eindrucksvolle<br />

frühere Zehnthof wurde wohl um das Jahr 1213 errichtet und ist bis heute Firmensitz und<br />

Produktionsstandort <strong>der</strong> Sektmanufaktur Kessler. In Kesslers Todesjahr 1842 verkauft das<br />

Unternehmen bereits 46 500 Flaschen – das Unternehmen führte Carl Weiss weiter. Auf<br />

<strong>der</strong> Leipziger Messen im Jahr 1850 erschien dann zum ersten Mal die Marke „Kessler<br />

Cabinet“ - die älteste bekannte Sektmarke Deutschlands. Auch im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t ging<br />

die Erfolgsgeschichte weiter: Kessler-Sekt wurde während <strong>der</strong> Weltfahrt des Luftschiffes<br />

„LZ 127 Graf Zeppelin“ kredenzt, Konrad Adenauer machte ihn 1956 zum Sekt <strong>der</strong><br />

Bundesregierung für Staatsempfänge.<br />

Dennoch musste das Traditionsunternehmen im Dezember 2004 Insolvenz anmelden, ein<br />

Neustart unter dem Esslinger Betriebswirt Christopher Baur verhin<strong>der</strong>te 2005 das Aus.<br />

Und so können die zwei Kellner mit dem Sektkühler – das Markenzeichen <strong>der</strong> Firma –<br />

noch heute Kessler-Sekt servieren. Gezeichnet wurden sie übrigens vom Simplicissimus-<br />

Karikaturist Josef Benedict Engl im Jahr 1904. Heute heimst Kessler-Sekt wie<strong>der</strong> Preise<br />

ein – Dank seines eigenen Stils, ganz in <strong>der</strong> Tradition Veuve Cliquots. Zu besichtigen ist<br />

das im neuen Kessler-Karree 18 mitten in Esslingen mit Bar, Verkostungsraum und<br />

historischem Gewölbekeller.<br />

Infokasten<br />

Kessler Sekt GmbH & Co. KG<br />

Marktplatz 21 - 23<br />

73728 Esslingen<br />

Telefon 0711 310593-0<br />

Fax: 0711 3508751<br />

www.kessler-sekt.de<br />

Kessler Karree 18<br />

Telefon: +49-(0)711 31 05 93-41<br />

Montag bis Freitag 11 bis 19 Uhr<br />

Samstag: 10 bis 16 Uhr


Pfedelbach: Fürstenfass und Herrschaftskelter<br />

In dieser Landschaft markieren Weinkeltern die Wege, und das ganz buchstäblich:<br />

Zwischen Öhringen und Pfedelbach standen einst acht Weinkeltern. Sie hießen<br />

Pfaffenkelter, Meisenkelter o<strong>der</strong> Wachol<strong>der</strong>kelter, die meisten sind heute verschwunden,<br />

doch Keltersteine erinnern noch an sie – und eine Kelterrunde, ein Wan<strong>der</strong>weg, <strong>der</strong> die<br />

alten Stätten verbindet. Sie sind Marksteine einer wohl 2000 Jahre alten Weinbaukultur,<br />

denn wahrscheinlich brachten schon die Römer den Weinbau in die Region. Der Weinort<br />

Pfedelbach entstand wohl im 11. Jahrhun<strong>der</strong>t, 1037 wird er erstmals in einer Urkunde<br />

erwähnt. <strong>Die</strong> Römer waren aber schon um das Jahr 150 nach Christus hier: Durch<br />

Pfedelbach verläuft <strong>der</strong> Obergermanisch-Raetische Limes, <strong>der</strong> seit 2005 Weltkulturerbe<br />

<strong>der</strong> Unesco ist.<br />

Der Weinbau kann keine kleine Rolle gespielt haben, im Jahre 1604 entsteht jedenfalls <strong>der</strong><br />

"Lange Bau", ein langgestrecktes Fachwerkhaus mit einem 70 Meter langen und 12 Meter<br />

breiten Herrenkeller - groß genug, um darin mehrere hun<strong>der</strong>ttausend Liter Wein zu lagern.<br />

Heute dokumentiert hier das Pfedelbacher Weinbaumuseum die Geschichte des<br />

Rebenanbaus in <strong>der</strong> Region. Das Prunkstück ist das drittgrößte Weinfass Deutschlands:<br />

das Fürstenfass von 1752, in Auftrag gegeben von Fürst Joseph von Hohenlohe<br />

Bartenstein - mit sagenhaften 64 664 Litern Fassungsvermögen. Letztmals wurde es 1828<br />

mit dem Zehntwein für den Fürsten gefüllt, <strong>der</strong> ihn an seine Truppen ausgab.<br />

Hier, im historischen Fürstenfass-Keller, wurde 1950 die Weinkellerei Hohenlohe<br />

gegründet, von damals 14 Winzern. 450 Weingärtner aus 16 Weinbauorten kultivieren<br />

heute ihre Trauben für die "Fürstenfass-Weine", die Kellerei selbst hat ihren Sitz in<br />

Bretzfeld-Adolzfurt.<br />

Der Weg <strong>der</strong> Keltern aber hört am Weinbaumuseum noch lange nicht auf: Im<br />

Pfedelbacher Ortsteil Heuholz steht eine <strong>der</strong> ältesten noch erhaltenen Herrschaftskeltern<br />

in Nordwürttemberg. <strong>Die</strong> Fürstlich-Hohenlohische Herrschaftskelter entstand im Jahr 17<strong>40</strong><br />

als Gemeinschaftskelter <strong>der</strong> Fürstenhäuser Hohenlohe-Waldenburg und Hohenlohe-<br />

Öhringen. <strong>Die</strong> stützenfreie Dachkonstruktion über einer Grundfläche von 15 mal 18 Metern<br />

war eine zimmermannstechnische Meisterleistung. <strong>Die</strong> Kelter ist heute im Eigentum eines<br />

Privatmannes und wurde 1990 aufwändig saniert.<br />

Infokasten<br />

Keltern-Runde: http://www.hohenlohe.de/showpage.php?SiteID=268<br />

Weinbaumuseum Pfedelbach<br />

Im Fürstenkeller<br />

Baierbacher Str. 12<br />

74629 Pfedelbach<br />

Öffnungszeiten:<br />

Mai bis Oktober: Sonn- und Feiertage von 14 00 Uhr bis 16 00 Uhr und nach Voranmeldung<br />

Eintritt: frei<br />

Ansprechpartner:<br />

Bürgermeisteramt Pfedelbach<br />

Hauptstraße 17<br />

74629 Pfedelbach<br />

Tel. 0 79 41 / 60 81 11<br />

http://www.hohenlohe.de/showpage.php?SiteID=148


Weingut Burg Hornberg: Der Götz und das zweitälteste Weingut <strong>der</strong><br />

Welt<br />

Hier trieb einst <strong>der</strong> legendäre Götz von Berlichingen Weinbau: 45 Jahre lang lebte <strong>der</strong><br />

berühmt-berüchtigte fränkische Reichsritter mit <strong>der</strong> eisernen Hand auf Burg Hornberg bei<br />

Neckarzimmern. Was viele aber nicht wissen: Der durch seine Kämpfe im schwäbischen<br />

Bauernkrieg bekannt gewordene Ritter trieb auch Weinbau auf seiner 1517 erworbenen<br />

Burg Hornberg, und zwar so erfolgreich, dass er – wie die Annalen berichten – seinen<br />

"Neckarwein - Schleckerwein" bis an den Kaiserhof <strong>der</strong> Donaumetropole Wien verkaufte.<br />

<strong>Die</strong> Burg Hornberg wird erstmals 1184 in einem durch Kunrad von Hohenstaufen,<br />

Pfalzgraf bei Rhein, verfassten Dokument erwähnt – samt Weingut und Weinbergen. Doch<br />

die Experten sind sich heute sicher, dass dies nicht <strong>der</strong> Beginn des Weinbaus am<br />

Hornberg war: Auf dem Gebiet <strong>der</strong> „Unteren Au“ und des zur Burg Hornberg gehörenden<br />

Stockbronner Hofes wurden 1893 zwei römische Villae Rusticae gefunden. Auffallend<br />

viele Scherben von teils großen Keramikgefäßen legen eine Verbindung <strong>der</strong> beiden<br />

Landgüter zum Weinbau nahe – damit dürfte in <strong>der</strong> Gegend, durch die auch <strong>der</strong> Limes<br />

führte, schon im 2. Jahrhun<strong>der</strong>t Weinbau betrieben worden sein.<br />

In jedem Fall gilt das Weingut Burg Hornberg allein schon wegen <strong>der</strong> Urkunde von 1184<br />

als das zweitälteste noch existierende Weingut <strong>der</strong> Welt - und als das älteste Weingut in<br />

Baden-Württemberg. Eigentlich liegt das Weingut auf badischem Gebiet und galt auch bis<br />

in die 1980er Jahre als badisches Weingut. Seitdem wird die Lage an <strong>der</strong> Grenze zu<br />

Württemberg jedoch als württembergisch geführt. Auf insgesamt zehn Hektar Rebfläche<br />

werden eine Vielzahl von Weinen angebaut, darunter auch historische Weinsorten wie<br />

Muskateller und Traminer - auch auf den steilen Terrassen des Burgberges in den Lagen<br />

Burg Hornberger Wallmauer und Burg Hornberger Götzhalde.<br />

Über neun Kilometer Natursteinmauern sorgen für einen thermischen Ausgleich im<br />

Weinberg, weil das Mauerwerk tagsüber die Wärme <strong>der</strong> Sonne speichert und nachts die<br />

Wärme an die Rebstöcke abgibt. Noch heute wird das Traubengut vom Weinberg direkt in<br />

die Kelter des unterhalb bei Neckarzimmern liegenden, <strong>40</strong>0 Jahre alten Schlosses zur<br />

Verarbeitung gebracht. Der Ausbau <strong>der</strong> Weine erfolgt im alten Schlosskeller mit seinem <strong>40</strong><br />

Meter langen und über 6 Meter hohen, freitragenden Gewölbe. <strong>Die</strong> Weinproben finden in<br />

<strong>der</strong> Romanischen Unteren Burg statt, dem größten Wohngebäude aus <strong>der</strong> Staufferzeit<br />

nördlich <strong>der</strong> Alpen. Der offizielle Gutsausschank befindet sich in <strong>der</strong> Alten Neckarmühle in<br />

Gundelsheim. Oenologe und Burgherr ist heute Baron Dajo von Gemmingen-Hornberg –<br />

in 12. Generation Erbe des Freiherrn von Gemmingen, <strong>der</strong> 1612 Burg Hornberg kaufte,<br />

und Bewahrer einer rund 1500-jährigen Weinbautradition. Götz von Berlichingen-Hornberg<br />

war 1562 mit 82 Jahren gestorben – seine Originalrüstung ist bis heute auf <strong>der</strong> Burg zu<br />

sehen.<br />

Infokasten<br />

Burgherr Baron Dajo von Gemmingen-Hornberg<br />

Burg Hornberg 1<br />

74865 Neckarzimmern<br />

Telefon: 06261-5001 (ab 10:00 Uhr)<br />

Telefax: 06261-2348<br />

Mobil: 0172-1030167<br />

E-Mail: Info@Burg-Hornberg.de<br />

Homepage: www.Burg-Hornberg.de

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