14.01.2013 Aufrufe

Workspace Canada – gestern, heute, morgen - Deutsch-Kanadische ...

Workspace Canada – gestern, heute, morgen - Deutsch-Kanadische ...

Workspace Canada – gestern, heute, morgen - Deutsch-Kanadische ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kanada ein Gesicht geben<br />

Martin Weinhold ist Fotograf aus Berlin und zeigt in seinem Fotoprojekt „WorkSpace <strong>Canada</strong>“,<br />

dass das zweitgrößte Land der Welt mehr ausmacht, als blaue Seen und unendliche Weiten.<br />

Von Milva-Katharina Klöppel<br />

Wie sehen sie aus, die Menschen, die<br />

im 21. Jahrhundert in Kanada leben<br />

und arbeiten? Welches Gesicht hat das<br />

Land, das sich die Einwanderung wie<br />

kein anderes auf die Fahnen geschrieben<br />

hat? Martin Weinhold, Fotograf<br />

aus Berlin, versucht seit vier Jahren<br />

mit seiner Kamera, Antworten auf<br />

eben diese Fragen zu geben. In einem<br />

Gespräch mit dem 38-Jährigen erhielt<br />

Milva-Katharina Klöppel Einblicke<br />

in sein Porträt-Projekt „WorkSpace<br />

<strong>Canada</strong>“.<br />

Inhalt<br />

Leben in Iqaluit<br />

WSP 2010<br />

Aus den Regionen<br />

Wichtige Termine:<br />

20. November 2010:<br />

DKG-Jahrestreffen in München<br />

Ausgabe 2/2010<br />

Stephanie Coyne<br />

high school student (grade 12),<br />

working on the family’s farm<br />

Chesterville, Ontario 2007<br />

Die meisten Menschen sind von Kanadas Seen,<br />

Bergen, unendlichen Weiten begeistert und füllen<br />

damit ihre Fotoalben. Warum haben Sie sich für<br />

die arbeitende Bevölkerung entschieden?<br />

Martin Weinhold: Auch mich beeindruckt Kanadas<br />

Schönheit. Doch häufig habe ich das Gefühl,<br />

die Menschen verwechseln Kanada mit einem<br />

großen Nationalpark und sehen nicht die Leute,<br />

die hier leben. Ein Grund für mich, mein Fotoprojekt<br />

hier durchzuführen, denn: Mit „Work-<br />

Space <strong>Canada</strong>“ entsteht ein besonderes Porträt<br />

Kanadas <strong>–</strong> eben durch die Menschen, die hier leben<br />

und arbeiten. Inzwischen habe ich wohl rund<br />

130 Personen fotografiert.<br />

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Region<br />

und die Personen aus?<br />

weiter auf Seite 2


Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

jetzt ist alles drin. Mit einem Monat Verspätung<br />

trudelt das DKG Journal 2/2010 bei Ihnen ein.<br />

Ich hoffe, Sie haben unsere Mitgliederzeitschrift<br />

noch nicht allzu sehr vermisst. Das Warten hat<br />

sich gelohnt: Neben einem Bericht von der 1st<br />

German-Canadian Professionals Conference<br />

in Berlin finden Sie interessante Beiträge über<br />

das Werkstudierendenprogramm 2010 sowie das<br />

Sommerfest in Köln.<br />

Die Fotos von Martin<br />

Weinhold auf den ersten<br />

Seiten des Magazins sind<br />

natürlich richtige Hingucker.<br />

Viel Spaß beim Blättern<br />

und vergessen Sie bitte<br />

nicht: Wer im Sommer<br />

die Sonne genießt, wird<br />

sie im Winter im Herzen<br />

tragen.<br />

Ihre Milva-Katharina Klöppel<br />

Ben Cleveland <strong>–</strong> truck driver<br />

truck terminal, Dixie Road,<br />

Mississauga, Ontario,<br />

2006<br />

Bislang nach dem Zufallsprinzip. Mein Ziel ist<br />

aber, alle zehn Provinzen und drei Territorien<br />

zu dokumentieren, was sehr zeitaufwendig ist.<br />

Deshalb bin ich bei den neuesten Stationen wie<br />

Neufundland generalstabsmäßiger vorgegangen.<br />

Ich habe bereits im Vorfeld recherchiert, so dass<br />

die Atlantik-Provinz im Osten Kanadas nun abgeschlossen<br />

ist. Die Kontakte zu meinen Fotomotiven<br />

sind häufig durch persönliche Beziehungen<br />

und Zufälle entstanden.<br />

Lassen sich die Menschen gleich begeistert auf Ihr<br />

Projekt ein und posieren vor der Kamera?<br />

Ganz und gar nicht. Wobei es deutlich einfacher<br />

ist als in <strong>Deutsch</strong>land, wo ich ein ähnliches Pro-<br />

George Dalmakis<br />

car mechanic<br />

Downtown Gas & Auto Service<br />

Toronto, Ontario, 2006<br />

jekt probiert habe und auf große Skepsis in der<br />

Bevölkerung gestoßen bin. Es ist aber nicht ungewöhnlich,<br />

dass ich einige Tage, manchmal sogar<br />

Wochen mit den Menschen verbringe, ohne<br />

meinen Fotoapparat in die Hand zu nehmen. So<br />

war es beispielsweise auch bei Stephanie Coyne,<br />

die auf der Milchfarm ihrer Eltern in Chesterville,<br />

Ontario mitarbeitet. Anfänglich wollte die<br />

Schülerin sich auf gar keinen Fall ablichten lassen.<br />

Nach und nach ist die Distanz gewichen und<br />

am Ende hat Stephanie eingewilligt, ohne dass<br />

ich sie überreden musste <strong>–</strong> was ich auch nie tun<br />

würde. Dann habe ich 24 großartige Bilder von<br />

ihr gemacht. Die junge Frau in ihrer alltäglichen<br />

Lebenssituation strahlt eine unfassbare Schönheit<br />

aus.<br />

Warum gerade die Arbeitswelt der Kanadier?<br />

Das Thema ist an keinen bestimmten, geogra-<br />

Nelson Gibbons <strong>–</strong> forklift driver<br />

truck terminal, Dixie Road,<br />

Mississauga, Ontario, 2006<br />

2 DKG-Journal 2/2010


phischen Ort gebunden, Kanada steht exemplarisch<br />

für eine globale Entwicklung. „WorkSpace“<br />

handelt vom Arbeitsleben in einer Gegenwart, in<br />

der es an bezahlter Arbeit mangelt, diese teilweise<br />

auszugehen scheint. „WorkSpace“ versucht<br />

eine visuelle Inventur der beruflichen Möglichkeiten<br />

und ist gleichzeitig eine nahe Erkundung<br />

der Menschen, die diese Möglichkeiten nutzen.<br />

Den Anstoß gab Hannah Arendts philosophisches<br />

Werk „Vita activa“. Die darin beschriebenen Ka-<br />

Nelson Gibbons<br />

forklift driver<br />

truck terminal, Dixie Road,<br />

Mississauga, Ontario, 2006<br />

tegorien des menschlichen Tätigseins - Arbeiten,<br />

Herstellen, Handeln - führten zu der Frage, wie<br />

Menschen mit ihrer Lebenszeit umgehen. Idealerweise<br />

laden die Porträtaufnahmen dazu ein,<br />

über Arbeits- und Lebenszeit in der heutigen Gesellschaft<br />

nachzudenken. So gibt es Menschen in<br />

Jo Lentz <strong>–</strong> maple farmer<br />

Madawaska Maple Products<br />

Madawaska, Ontario, 2008<br />

Ottawa, die als Pendler nur einen Job machen<br />

und andere wie in Neufundland, die mit ihrer Tä-<br />

<strong>Workspace</strong> <strong>Canada</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>gestern</strong>, <strong>heute</strong>, <strong>morgen</strong><br />

2006 Ontario<br />

2007 Ontario/Alberta<br />

2008 Ontario/Québec<br />

Edward Sollbach <strong>–</strong><br />

CFA (Chartered Financial Analyst)<br />

Desjardins Securities<br />

Toronto, Ontario, 2007<br />

2009 Newfoundland/Ontario/Québec<br />

2010 Labrador/Ontario/Québec<br />

geplant: Saskatchewan (Recherche und<br />

möglicherweise erste Bilder)<br />

2011 Spätsommer-<br />

Herbst-Winter-Reise:<br />

Newfoundland für Ergebnisauswertung/<br />

Ontario <strong>–</strong> Ottawa Police Fortsetzung/<br />

Saskatchewan <strong>–</strong> Präriekapitel, eventuell<br />

in Verbindung mit Manitoba/Auswertung<br />

Cantons de L‘Est, Québec/Gastdozenturen<br />

an der Ryerson University Toronto,<br />

der Concordia University Montréal und<br />

der School of Photographic Arts Ottawa<br />

2012 Alberta II/British Columbia<br />

Recherche und möglicherweise erste Bilder<br />

ab 2013 die drei Territories im Norden<br />

Kapitel Westküste, British Columbia/möglicherweise<br />

eine Ergänzung Ostküste - New<br />

Brunswick und/oder Nova Scotia/Québec<br />

Ende 2014 Beginn der Buchproduktion<br />

Veröffentlichung spätestens 2015<br />

DKG-Journal 2/2010 3


Kenwyn Bertrand <strong>–</strong><br />

Labourer, Picker<br />

POSCOR Mill Services<br />

Hamilton, Ontario, 2007<br />

tigkeit am Meer fast kein Einkommen habe, das<br />

aber als zweitrangig ansehen.<br />

Und wie finanzieren Sie ihr Leben? Können Sie<br />

von dem Projekt leben?<br />

Ich ruiniere mich gerade (lacht). Als deutscher<br />

Staatsbürger in Nordamerika hänge ich zwischen<br />

den Stühlen. Begonnen hat alles 2006 als<br />

Auftragsarbeit für das Goethe Institut Toronto;<br />

konzipiert und präsentiert als eine Schwerpunkt-<br />

Ausstellung für das internationale Fotografiefestival<br />

„contact“ 2007 in Toronto zum Thema „Ur-<br />

Senlian Tu<br />

dressmaker<br />

Becker‘s Bridal<br />

Toronto, Ontario<br />

2008<br />

baner Raum“. Seither unterstützen mich die National<br />

Portrait Gallery of <strong>Canada</strong>, die Ryerson<br />

University Toronto und die Art Gallery of Ontario.<br />

Als Gastdozent an der Universität in Toronto,<br />

freier Künstler und mit kleineren Auftragsarbeiten,<br />

versuche ich über das Jahr genügend<br />

Geld zu verdienen, damit „WorkSpace <strong>Canada</strong>“<br />

weiter geht. Ich suche händeringend nach einem<br />

Hauptsponsor, denn die Größe meines Vorhabens<br />

übersteigt langsam meine Kräfte. Auch die<br />

Materialkosten sind hoch. Porträtaufnahmen digital<br />

zu machen, finde ich unhöflich. Alle 1.600<br />

Fotos, die bislang in vier Provinzen entstanden,<br />

habe ich auf Filmen analog fotografiert.<br />

Lucinda Carmona<br />

dressmaker<br />

Becker‘s Bridal<br />

Toronto, Ontario<br />

2008<br />

Gerade kommen Sie aus einer weiteren Region:<br />

Labrador. Wie war es dort?<br />

Labrador hat mich in Atem gehalten. Das erste<br />

Mal, dass ich an einem Ort in Kanada irgendwie<br />

froh war, wieder ausgeflogen zu werden. Keine<br />

Provinz für Touristen, so viel ist sicher. Einfach<br />

nur reisen ist dort auch nicht richtig. Wir, als Bewohner<br />

der urbanen Zivilisation, haben da nichts<br />

verloren. Ich glaube, so drastisch würde ich es<br />

formulieren. Zu roh und pur. Über die Bilder, die<br />

Victor Romandel<br />

pattern-cutter<br />

Becker‘s Bridal<br />

Toronto, Ontario<br />

2008<br />

4 DKG-Journal 2/2010


dort entstanden, kann ich noch nichts sagen, da<br />

bin ich zu abergläubisch. Lokale Schwerpunkte<br />

meiner Fotografie dort waren die Native-Community<br />

in Sheshatshiu, North-West-River und<br />

Goose Bay.<br />

Wie sehen Ihre nächsten Pläne aus?<br />

Bis Anfang August bin ich noch in Kanada, dann<br />

fliege ich wieder zurück nach Berlin. In Toronto<br />

kann ich bei einer Freundin wohnen. Überall<br />

sonst bin ich auf lokale Unterstützung angewiesen.<br />

Dabei hatte ich nach Tiefschlägen auch<br />

schon Glücksfälle, wie die Möglichkeit für 200<br />

Can Dollar in leerstehenden Ferienhäusern zu<br />

wohnen. Als nächste Ziele plane ich Quebec und<br />

Manitoba. Die Westküste fehlt mir auch noch.<br />

Zwei Monate rechne ich im Durchschnitt für ein<br />

Kapitel des Buches, was am Ende des Projektes<br />

herauskommen soll. Wenn mein Budget so klein<br />

wie bisher bleibt, wird es wohl leider noch bis<br />

2015 dauern.<br />

Noch weitere fünf Jahre. Eine lange Zeit...<br />

2015 habe ich mir als Limit gesetzt. Ich denke,<br />

spätestens dann sollte ein Themenwechsel sein.<br />

Zehn Jahre erscheinen mir eine gute Zeit für ein<br />

Land wie Kanada und ein Thema wie WorkSpace.<br />

Sollte es schneller gehen, wäre mir das natürlich<br />

recht. Speziell das Pendeln zwischen <strong>Deutsch</strong>land<br />

und Kanada zehrt <strong>–</strong> bei aller Begeisterung<br />

und Dankbarkeit für diesen unfassbaren Luxus.<br />

Trotzdem: Etwas besseres als „WorkSpace“ habe<br />

ich noch nie gemacht.<br />

Am Ende soll ein Bildband erscheinen. Was ist<br />

wenn jemand bereits <strong>heute</strong> so begeistert von Ihren<br />

Fotos ist und nicht länger warten möchte?<br />

Einfach bei mir melden. Ich verkaufe ein Original<br />

für 300 bis 350 Euro <strong>–</strong> ungerahmt, signiert,<br />

in Schutzhülle. Die Abzüge entstehen auf einem<br />

Der<br />

Fotograf:<br />

Foto: Jeremy Mimnagh, Toronto<br />

Martin Weinhold ist<br />

38 Jahre alt. Er selbst<br />

bezeichnet sich als<br />

Menschenfotograf<br />

und Wahlkanadier.<br />

Wenn er nicht in seiner<br />

Wahlheimat ist,<br />

dann lebt er in Berlin.<br />

Dort studierte er an der Universität der<br />

Künste Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation.<br />

Chlor-Brom-Silberpapier, das Papier heißt Bergger-warmton<br />

und kommt aus Frankreich. Originale<br />

im Ausstellungsformat sind 40 mal 50 Zentimeter<br />

groß (Papierformat) und in Museumsqualität.<br />

Das heißt archivsicher bis zu 120 bis 150 Jahre. Da<br />

es das Verfahren schon seit über 100 Jahren gibt,<br />

kann man hier tatsächlich eine derartige Aussage<br />

treffen, ohne im Hypothetischen zu landen.<br />

Sie möchten Martin Weinhold<br />

bei der Verwirklichung seines<br />

Fotoprojekts unterstützen?<br />

Schreiben Sie an:<br />

Am Goldmannpark 21<br />

12587 Berlin<br />

Telefon:<br />

+49 (0)1 73/9 62 62 36<br />

oder aber eine E-Mail an:<br />

mail-to@menschenfotograf.de<br />

Was gebraucht wird:<br />

• finanzielle Unterstützung<br />

• Assistent für Organisation und Arbeit im<br />

Labor, Hilfe beim Scannen der Negative<br />

und Bearbeiten der Dateien<br />

• Eigenes Fahrzeug in Kanada<br />

Wesley Quinn<br />

fire fighter<br />

Whitby, Ontario<br />

2007<br />

• Kontakte zu Verlagen aber auch zur Öl-,<br />

Stahl- und chemischen Industrie in<br />

Kanada<br />

DKG-Journal 2/2010 5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!