AdVoice 03/2009September 2009 - Forum Junge Anwaltschaft
AdVoice 03/2009September 2009 - Forum Junge Anwaltschaft
AdVoice 03/2009September 2009 - Forum Junge Anwaltschaft
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<strong>03</strong>/09<br />
w w w . d a v f o r u m . d e<br />
Anwalt der Anwälte<br />
FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im DeutschenAnwaltverein<br />
Thema:<br />
Mobilität<br />
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Aus dem Inhalt:<br />
Pilotenkoffer & Co<br />
Im Urlaub Mandanten gewinnen<br />
Nische: Autobahnanwalt<br />
Checkliste: Als Anwalt unterwegs<br />
Das gesunde Büro<br />
WENDE-EXTRA<br />
20 Jahre Mauerfall<br />
FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong>
Mauerfall, Meerblick, Mobilität<br />
Caddy<br />
Metro<br />
Helikopter<br />
Rolltreppe<br />
Motorrad Moped<br />
S-Bahn<br />
Zu Fuß<br />
Editorial<br />
20 Jahre ist es her, dass die Mauer fiel. Der Einigungsvertrag<br />
selbst mit seinen 177.373 Wörtern<br />
(Seite 62) ist fast schon Stoff für die Rechtshistoriker.<br />
Das Thema DDR spielt vor Gerichten<br />
immer weniger eine Rolle. Wenn junge Anwält/<br />
innen mit dem Thema DDR in Berührung kommen,<br />
scheint das schon fast exotisch zu sein. Da wir<br />
unsere Bestandsaufnahme in der kommenden<br />
Ausgabe fortsetzen wollen, gilt: schreibt uns. Was<br />
habt Ihr in Eurem Anwaltsalltag erlebt zum Thema<br />
DDR und Mauerfall?<br />
Caddy oder Power Blades. So unterschiedlich wie<br />
die <strong>Anwaltschaft</strong>, sind auch die anwaltlich bevorzugten<br />
Fortbewegungsmittel (Seite 10). Wer Palmen<br />
mit Meerblick sucht muss allerdings ein Flugzeug<br />
besteigen. Auf Seite 12 verrät ein Strafverteidiger,<br />
wie man trotz Urlaub die Kanzlei nicht komplett<br />
schließen muss und Mandate annehmen kann.<br />
Fahrstuhl<br />
Tram<br />
Tandem<br />
Rollstuhl<br />
Flugzeug<br />
Roller<br />
Taxi<br />
Bus<br />
Seilbahn<br />
Wer wissen will, welch absurde Streitigkeiten Anwälte<br />
in eigener Sache führen, kann im letzten Wort<br />
(Seite 51) nachlesen, warum ein Anwalt für erstrittene<br />
zwei Euro 123,19 Euro an Kosten zahlen muss.<br />
Die Geheimnisse für ein gutes Raumklima verraten<br />
wir im Magazin (Seite 18).<br />
Wie immer gilt: Schreibt uns, wir freuen uns über<br />
Feedback, Leserbriefe (Seite ??) und Eure Geschichten<br />
aus dem Anwaltsalltag (Seite ??)!<br />
Euer RA Tobias Sommer<br />
P.S. Die schönste Bildunterschrift in dieser Ausgabe<br />
ist die „Flucht in die Säumnis“ auf Seite 7.<br />
U-Bahn Inline-Skates<br />
Fahrrad<br />
Boot<br />
Straßenbahn<br />
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Rikscha<br />
Auto Eisenbahn<br />
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Thema: Mobilität<br />
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Flügel unter der Robe<br />
Mobilität als Chance oder Belastung<br />
Jürgen träumt von Pool und Sonne<br />
... und macht mobil<br />
Recht auf Rad<br />
Anwälte steigen aufs Fahrrad<br />
Autofahren lohnt sich (nicht)<br />
Das Für und Wider des Kfz-Betriebs<br />
Taschen machen Leute<br />
Über Tragebehälter im Anwaltsberuf<br />
Kanzlei mit Meerblick<br />
Im Urlaub Mandanten gewinnen<br />
Tipps für unterwegs<br />
Was in den Koffer gehört<br />
Reisen kostet<br />
RVG und Reiskosten<br />
Rasende Mandantschaft<br />
Deutschlands erster Autobahnanwalt<br />
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Inhalt<br />
Magazin<br />
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Biosphäre Büro<br />
Das gesunde Büro<br />
Rotstift ./. Kauderwelsch<br />
Redaktionsstab für verständlichere<br />
Gesetze<br />
Anekdoten aus dem Anwaltsleben<br />
Skurrile Mandate<br />
Aufschwung durch Unabhängigkeit<br />
Die mobile Anwältin<br />
Passwörter und Co<br />
Technische Anforderungen an den<br />
Datenschutz<br />
Reden ist Silber, Zuhören ist Gold<br />
Von der Ökonomie der Kommunikation<br />
Das selbstständige Beweisverfahren<br />
Tipps zur richtigen Abwicklung<br />
Kein Versteck für Schuldner<br />
Neues Mahnverfahren erleichtert<br />
Forderungseinzug<br />
Haftungsvermeidung<br />
Haftungsbeschränkungen richtig<br />
vereinbaren<br />
Erfahrungsbericht Kanzleigründung<br />
Autonärrin und Anwältin<br />
Euer FORUM<br />
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Vorteile der FORUMs-Mitgliedschaft<br />
Fälle von der FORUMs-Mailingliste<br />
Termine <strong>AdVoice</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Ehe und Familie<br />
Studienreise Griechenland<br />
FORUM in Kiel<br />
Regional- und Länderbeauftragte<br />
stellen sich vor<br />
Dresden, Slowakei und Türkei<br />
Leserbriefe<br />
News
Bücherforum<br />
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Werkstattbuch Mediation<br />
Formularbuch<br />
Außergerichtliche Streitbeilegung<br />
Mietminderungstabelle<br />
Sozialgerichtsgesetz / Kommentar<br />
Kommentar zum Sozialrecht<br />
Strategie und Taktik im<br />
Kündigungsschutzprozess<br />
Münchener AnwaltsHandbuch<br />
Arbeitsrecht<br />
Handbuch Internet, Arbeitsrecht<br />
Beck´sches Formularbuch Arbeitsrecht<br />
Mietrecht aktuell<br />
Münchener AnwaltsHandbuch<br />
Medizinrecht<br />
Zivilprozessordnung<br />
Kommentiertes Prozessformularbuch<br />
Der Autokauf<br />
Stiftungsrechts-Handbuch<br />
Info + Service<br />
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Autorenverzeichnis<br />
Links<br />
Das letzte Wort<br />
Impressum<br />
Inhalt<br />
Wende-Extra<br />
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Kanzleigründung im<br />
Plattenbauschlafzimmer<br />
Von der Ostrichterin zur Westanwältin<br />
Die Osteroberung<br />
Damals Jurist, heute Friseurkettenchef<br />
Inspektor Grünschnabel<br />
42 Monate BVS<br />
Fall ohne Gleichen<br />
100 Tage Treuhand<br />
DDR Folgen Recht<br />
Gegenstand bundesdeutschen Rechts<br />
45 Mal geschützte DDR<br />
Zahlen, Daten, Zeichen<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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Thema<br />
Flügel unter der Robe<br />
Mobilität als Gelegenheit oder Belastung – eine Frage der inneren Haltung<br />
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos<br />
sein …“ Reinhard Mey singt von der<br />
Benutzung des Verkehrsmittels Flugzeug, aber<br />
eigentlich geht es ihm um Freiheit. Bitteschön,<br />
da haben wir‘s. Wir sprechen über Mobilität, aber<br />
wir meinen: Freiheit. Was also hat die Ausübung<br />
des freien Berufs Rechtsanwalt mit Mobilität zu<br />
tun? Wir könnten fein säuberlich nach räumlicher<br />
und geistiger Mobilität sortieren. Aber<br />
irgendwie haben beide doch ständig miteinander<br />
zu tun. Also lassen wir das Aufteilen in Kästchen.<br />
Stattdessen stellen wir entschieden fest: Noch<br />
nie haben (in unserem Land) die technischen und<br />
rechtlichen Bedingungen uns Anwälten eine<br />
solche (körperliche) Mobilität ermöglicht, wie<br />
heute. Die Kehrseite ist womöglich, dass uns die<br />
wirtschaftlichen Bedingungen eine bisher nicht<br />
gekannte Mobilität abverlangen.<br />
Wenn die Flügel unter der Robe jucken?<br />
Dann auf! Ein kleiner Flug, was soll schon dabei sein?<br />
4 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Vom Nordkap bis Kreta<br />
Der Wegfall der Residenzpflicht erlaubt uns die<br />
Tätigkeit in ganz Deutschland, Befugnis zum Betreiben<br />
von Zweigstellen inklusive. Dank der europäischen<br />
Dienstleistungsfreiheit können wir im<br />
Prinzip unseren Beruf im gesamten Raum zwischen<br />
Kreta, Gibraltar und dem Nordkap ausüben.<br />
Als Kölner Anwalt einen Termin in Berlin oder<br />
München wahrzunehmen ist grundsätzlich kein<br />
Problem ( – vermutlich sogar unkomplizierter, als<br />
von Köln zu einem Amtsgericht im westfälischen<br />
Hochsauerlandkreis zu gelangen). Dank Mobiltelefon<br />
und drahtloser Datenübertragung können<br />
wir auch von unterwegs unser Büro koordinieren<br />
und Schriftsatzentwürfe verschicken.<br />
Das hat seinen Preis: Die neu gewonnenen Möglichkeiten<br />
werden alltäglich, vielleicht sogar lästig.<br />
Die Projektion jedenfalls, die Reinhard Mey vor<br />
vielen Jahren mit dem Fliegen im Flugzeug verband,<br />
wirkt heute fast schon putzig. Im Zeitalter<br />
der Billigflieger macht es für viele emotional keinen<br />
Unterschied, ob sie den Linienbus besteigen oder<br />
sich ins Flugzeug setzen. Das Mobilitätsmittel als<br />
solches ist eben doch nicht mit dem erstrebten (?)<br />
Zustand der Freiheit gleichzusetzen.<br />
Die Mittel der Berufsausübungsfreiheit können zur<br />
Falle werden. Wenn der Anwalt mobil zu erreichen<br />
ist, hat der Mandant als König Kunde einen Anspruch<br />
darauf, ihn jederzeit sprechen zu können,<br />
oder nicht? Kein Ort, nirgends, um noch Privatmensch<br />
zu sein. Gerade für die selbstständigen<br />
Kollegen, die angeblich selbst und ständig arbeiten,<br />
entstehen mit den neuen Möglichkeiten auch neue<br />
Herausforderungen.<br />
Standpunktfrage<br />
Es gibt Kollegen, denen gefällt es, abends um 23<br />
Uhr mit Mandanten am Telefon zu plaudern oder<br />
beim Sonntagsbrunch mit Freunden vor dem<br />
zweiten Cappuccino mal schnell die letzten Mails<br />
zu checken. Mobilität ist also eine Frage des<br />
Standpunktes, nicht wahr? Ohne Bezugspunkt<br />
könnten wir Bewegung und Beweglichkeit gar<br />
nicht feststellen. Es ist vor allem eine Frage der<br />
inneren Haltung, ob ich Möglichkeiten von Mobi-<br />
lität als Gelegenheit oder eher als Belastung empfinde.<br />
Und schließlich: Freiheit hat für uns doch<br />
wohl auch viel mit der Fähigkeit zur Selbstbeschränkung<br />
zu tun. Wenn es mir gelingt, auf<br />
Möglichkeiten der Tätigkeit zu verzichten, etwa:<br />
nicht heute im Recht der unbeweglichen Gegenstände<br />
und morgen im Recht des körperlosen<br />
geistigen Eigentums unterwegs zu sein, bin ich<br />
hoffentlich weniger in Gefahr, von den Umständen<br />
getrieben zu werden (überall auf der Höhe sein zu<br />
wollen und diesen Anspruch an keiner Stelle<br />
einlösen zu können). In der Bescheidung liegt die<br />
Chance, auch die Möglichkeiten von Mobilität als<br />
Mittel der (selbstbestimmten) Gestaltung der<br />
eigenen beruflichen Tätigkeit nutzen zu können.<br />
Überlegene geistige Mobilität drückt sich dann<br />
darin aus, ruhig am richtigen Punkt zu stehen, statt<br />
atemlos durch Zeit und Raum zu hasten. (So wie<br />
ein guter Verteidiger ganz cool zwischen Ball und<br />
Tor steht, statt von hinten die Blutgrätsche<br />
anzusetzen.)<br />
Mobilität braucht Mut<br />
Mobilität braucht Mut: „Dürfen hätten wir schon<br />
gewollt – aber können haben wir uns nicht getraut“<br />
so sagt lakonisch (nach meiner Erinnerung)<br />
der alte Karl Valentin. Und schon kommt der noch<br />
viel ältere Ikarus um die Ecke geflogen. Der hatte<br />
Mut und wollte es wissen. Bis zur Sonne ist er<br />
geflogen. Da ist ihm das Wachs, das die Federn<br />
seiner Flügel hielt, geschmolzen und der Kerl ist<br />
abgeraucht. Der Gebrauch von Mobilität – sprich:<br />
Freiheit – kann selbstzerstörerisch sein. Also bitte,<br />
liebe Junganwälte, erfüllt brav und gradlinig Eure<br />
Pflichten als Organe der Rechtspflege und vollführt<br />
keine tollkühnen Sprünge. (Womit wir wieder bei<br />
Karl Valentin wären.)<br />
Und wenn die Flügel unter der Robe trotzdem<br />
weiter jucken? Dann auf! Ein kleiner Flug, was soll<br />
schon dabei sein? Jeder, der sich durch zwei Staatsexamen<br />
gearbeitet hat, dürfte ausreichend bodenständig<br />
sein, um nicht gleich den direkten Weg zur<br />
Sonne zu nehmen. (Und schließlich: Was dem<br />
einen ein kleiner Hüpfer ist, bedeutet für den<br />
anderen eine Erfahrung von Grenzüberschreitung.<br />
Alles eine Frage des Standpunktes.)<br />
RA Percy Ehlert, Berlin
Jürgen träumt von Pool und Sonne<br />
... und macht mobil<br />
Der Jürgen – der sitzt in seinem schicken Büro,<br />
grübelt über seinem schwierigen Steuerfall eines<br />
neuen Mandanten, den er gestern bekommen<br />
hat und schaut zum Fenster heraus. Die Sonne<br />
scheint – endlich, nachdem der Sommer ja nicht<br />
wirklich toll war. „Ach, wie wär das schön, jetzt<br />
in seinem Garten zu sitzen, am Pool, mit einer<br />
Tasse Kaffee, die Sonne genießen ...“<br />
träumt der Jürgen und denkt im gleichen Moment:<br />
„Warum eigentlich nicht?“ Schließlich ist er ja mobil<br />
mit seinem silbernen Laptop, der elektronischen<br />
Akte und so. Und, er hat sich die Technik ja nicht<br />
nur angeschafft, um immer und überall auf seine<br />
Akten zugreifen zu können, und dann doch nur im<br />
Büro zu sitzen. Ach ja, und das viele Papier wollte er<br />
auch ein wenig reduzieren. Kostet ja schließlich<br />
alles Geld.<br />
Das ist ihm auch ganz gut gelungen. Seine Mandanteninformationen<br />
schickt er jetzt immer direkt<br />
aus der Akte - übers Internet. Einige seiner Kollegen<br />
benutzen sie mittlerweile auch, die elektronische<br />
Akte. Bis jetzt hat der Jürgen ja trotzdem noch seine<br />
„richtigen“ Akten gehabt und auch immer<br />
mitgenommen. Nur neulich, da war ein Kollege, der<br />
hatte seine Akte nur elektronisch mit. Also das wäre<br />
dem Jürgen nichts.<br />
Man stelle sich das mal vor. Da sitzen sich die<br />
beiden Anwälte gegenüber. Jeder guckt in seinen<br />
Laptop und redet so vor sich hin. Nein – so weit<br />
geht die Liebe zur Technik und Mobilität auch<br />
wieder nicht. Außerdem – was ist eigentlich mit<br />
dem Datenschutz? Darüber hat sich der Jürgen<br />
auch so seine Gedanken gemacht. Was, wenn die<br />
Daten seiner Mandanten bei ihrer Reise durch die<br />
virtuelle Welt des Internets verloren gehen?<br />
Nicht, dass bei der guten alten Deutschen Post<br />
nichts verloren ginge. Aber mit diesen Datenpiraten<br />
ist wirklich nicht zu spaßen. Der Vertreter seines<br />
neuen Anwaltsprogrammes jedenfalls hat ihm<br />
versichert, dass das jetzt absolut sicher ist, mit der<br />
elektronischen Akte, den Mandantenschreiben<br />
übers Internet und so. Und das nette Fräulein aus<br />
seinem Vorzimmer meinte auch, dass das alles ganz<br />
plausibel klinge, was der Herr Schulze von der Firma<br />
Supersoftware ihnen da erklärt habe.<br />
Thema<br />
Weil Jürgen so viel Technik angeschafft hat, die ihn total mobil macht, setzt er sich jetzt an seinen Dreiringepool und bearbeitet seine Akten im Internet. Illustration: RAin Anke Schiller-Mönch<br />
Trotzdem, so richtig sicher ist sich der Jürgen da<br />
nicht. Aber verschließen will er sich der neuen<br />
Technik auch nicht. Schließlich möchte er mithalten<br />
können mit den anderen Kollegen und auch so<br />
flexibel und mobil sein wie sie. Es soll ja auch einen<br />
Nutzen für die Mandanten bringen. Schließlich<br />
können die dann immer und von überall per<br />
Passwort auf ihre ganz persönliche Akte zugreifen<br />
und lesen, was ihr Anwalt der Gegenseite geschrieben<br />
hat.<br />
Apropos immer und überall. Eigentlich wollte der<br />
Jürgen doch nach Hause auf seinen Balkon. Also<br />
packt er seine sieben Sachen, gibt dem netten<br />
Fräulein noch ein paar Aufgaben und verabschiedet<br />
sich von ihr. Zu Hause angekommen klappt er<br />
sein schickes Notebook auf und stellt fest, dass ihm<br />
die Sonne direkt aufs Display scheint und er nichts,<br />
aber auch gar nichts lesen kann. Was solls, denkt<br />
sich der Jürgen, schlägt die <strong>AdVoice</strong> auf, die im<br />
Briefkasten war, und beginnt zu lesen.<br />
RAin und Journalistin<br />
Anke Schiller-Mönch, Weimar<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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6 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Thema<br />
Recht auf Rad<br />
Anwälte steigen auf´s Fahrrad<br />
Es ist kein Geheimnis, dass sich im täglichen<br />
Berufsverkehr der Großstädte Autos wie eine<br />
träge Blechlawine von Ampel zu Ampel wälzen.<br />
Wer selbst ein motorisiertes Gefährt allmorgendlich<br />
von daheim zur Kanzlei bewegt, der<br />
kennt die unzähligen Stop-and-Goes, das Gehupe,<br />
das mit den lokalen Verkehrsnachrichten<br />
verschmilzt. Nerven wie Drahtseile sind mitunter<br />
gefordert, doch nicht nur das. Eine kurze Strecke<br />
benötigt Zeit, Extrazeit, die am Frühstückstisch<br />
nicht vertan werden darf. Und Zeit ist bekanntlich<br />
Geld.<br />
Was wäre in so verkehrsreichen Zeiten nicht nahe<br />
liegender, als die nicht rosten wollende Liebe in der<br />
Garage stehen zu lassen und auf die Öffentlichen<br />
oder den Drahtesel umzusatteln. Davon macht die<br />
<strong>Anwaltschaft</strong> zunehmend Gebrauch. Nicht nur bei<br />
strahlendem Sonnenschein wissen „bikende“ Advokaten,<br />
warum sie die mit Muskelkraft betriebenen<br />
Zweiräder so sehr schätzen.<br />
Baurechtsspezialist und <strong>AdVoice</strong>-Redakteur Percy<br />
Ehlert zum Beispiel nutzt den täglichen Radweg,<br />
um sein kleines persönliches Sportprogramm zu<br />
absolvieren. „Gut zum Runterkommen, bevor der<br />
Bürotag startet“, sagt Ehlert. Bei den gut 20 km, die<br />
eine einfache Strecke bis zu seinem Office braucht,<br />
dürfte der Bequeme erst gar nicht auf das Fahrrad<br />
aufsteigen. Doch den erfahrenen Autor Ehlert stört<br />
die Anstrengung nicht. Selbst bei Wind und Wetter<br />
wird geradelt. Er könne sich ja kurz frisch machen,<br />
wenn er angekommen ist, sagt er und begegnet so<br />
allen Kritikern des Frühsports.<br />
Doch es gibt auch eine Kehrseite der Zweiradnutzung.<br />
Die jährliche Unfallstatistik spricht eine<br />
deutliche Sprache. Radfahrer sind nach wie vor<br />
erheblicher Gefährdung im Straßenverkehr ausgesetzt.<br />
Trotz des Ausbaus von Radwegen in den<br />
Metropolen der Republik werden Radler häufig von<br />
stärkeren Verkehrsteilnehmern übersehen. Nicht<br />
selten verlaufen Unfälle besonders schwer, weil<br />
dem Biker bekanntlich die schützende Knautsch-<br />
zone fehlt. Neben der Gefährdung durch andere<br />
Verkehrsteilnehmer müssen die Rad fahrenden Anwälte<br />
die gestiegenen Umweltbelastungen wie<br />
Stickoxide, Kohlenwasserstoffe und Feinstaub hinnehmen,<br />
besonders wenn der Radweg an einer<br />
Hauptverkehrsachse entlangführt.<br />
Doch dies soll kein Plädoyer gegen die Risiken des<br />
Radfahrens, sondern auch ein Beitrag zur Steigerung<br />
der ökologisch sinnvollen Fortbewegung sein.<br />
Der regelmäßige Fahrradnutzer hat längst sein<br />
Lieblingsbike entdeckt und bewegt es fleißig von A<br />
nach B. Besonders allen, die darüber nachdenken,<br />
sich ein zweirädriges Gefährt zuzulegen, seien die<br />
folgenden Zeilen gewidmet. Wie es ungezählte<br />
Bekleidungsstücke zu kaufen gibt, so unterschiedlich<br />
ist das Radangebot im Handel. Und auch dem<br />
Anwalt ist erlaubt, was ihm nutzt und gefällt. Hierbei<br />
gilt unzweifelhaft, dass Qualität, Marke und<br />
Ausstattung ihren Preis haben. Hier eine kleine<br />
Radfibel, die zwischen den einzelnen Typen unterscheiden<br />
hilft:<br />
Entspannt einrollen zum Termin. Schuhputzkontrolle „Wo eigentlich findet mein Termin statt?“
Das Hollandrad<br />
Die gemütlichste und aufrechteste Art zu fahren<br />
kommt aus den Niederlanden. 28 Zoll-Laufräder an<br />
gemufften, aber schweren Stahlrahmen mit gefederten<br />
Ledersätteln erfreuen sich großer Beliebtheit<br />
bei allen, die es gemächlich lieben. Da der<br />
Kettenlauf traditionell geschützt ist, eignet sich das<br />
Hollandrad exzellent zur schmutzfreien Ankunft<br />
bei Gericht.<br />
Das Trekkingrad<br />
Zügig unterwegs sein geht nicht nur mit einem<br />
Rennrad. Gerader Lenker an leichtem Aluminium-<br />
Diamantrahmen, dazu 28er Felgen und Profilreifen<br />
mit geringem Querschnitt, eine gutgängige Kettenschaltung<br />
machen die Technik dieser Radkategorie<br />
aus. Die Radposition ist nach vorn geneigt und<br />
somit erkennbar sportlicher als beim Hollandrad.<br />
Flott reisende Rechtsberaterinnen und -berater, die<br />
auch mit unebenen Straßenverhältnissen leben<br />
müssen, sind mit einem Trekkingrad bestens bedient.<br />
Das Mountainbike<br />
Ihren Siegeszug traten die teils vollgefederten<br />
Geländemaschinen Ende der 1980er Jahre an.<br />
Zwischen 600,- und 6.000,- Euro darf man für<br />
Aluminium- oder Carbonboliden hinblättern. Dass<br />
es wie bei Autos längst um mehr als um Fortbewegung,<br />
sondern vor allen Dingen um Prestige<br />
geht, haben die Hersteller sowie ihre Kunden längst<br />
erkannt. Schick ist eben das, was kostet. In Großstädten<br />
sind sie gerade deswegen beliebtes „Klauobjekt“.<br />
Das sollte man auch beim Anketten vor der<br />
Kanzlei bedenken. Besser in das Büro mitnehmen!<br />
Das Rennrad<br />
Ohne Blutdoping geht es auch, und jeder darf es<br />
fahren, das Rennrad. Elegant sind sie schon,<br />
besonders die alten „Retro-Stahlramen“, die auf der<br />
Internetplattform Ebay für gutes Geld ihren Besitzer<br />
wechseln. Für Furore haben in jüngster Zeit<br />
so genannte Single-Speed-Rennräder („Fixies“)<br />
gesorgt. Sie werden üblicherweise ohne Gangschaltung,<br />
Bremse, ohne Rücktritt und ohne Freilauf<br />
gefahren. Damit sind sie offiziell nicht im<br />
Straßenverkehr zugelassen. Dennoch rasen gern<br />
Fahrradkuriere mit ihnen wie wild durch die<br />
Straßenschluchten.<br />
Flucht in die Säumnis Fotos: Andrea Vollmer<br />
Thema<br />
Das Klapprad<br />
Die guten, aus Oversized-Alurohren gefertigten<br />
Mini-Räder kosten mehr als 500,- Euro und lassen<br />
sich mit wenigen Handgriffen auf ein tragbares<br />
Packmaß zusammenklappen. Damit geht es dann<br />
in Bus und Bahn. Am Ziel angelangt wird auseinander<br />
gefaltet, arretiert und in die Pedale getreten.<br />
Reiseanwälte werden die praktischen Bikes<br />
schätzen und lieben lernen.<br />
Das BMX/Cruiser<br />
Eher für schräge Vögel und juristische Individualisten<br />
geeignet sind BMX-Räder mit ihren 20 Zoll<br />
Laufrädern und Cruiser-Bikes, die an alte Motorräder<br />
erinnern. In jedem Fall ist man so beim Absteigen<br />
vor der Staatsanwaltschaft im piekfeinen<br />
Anzug ein echter Hingucker. Ob sich das in barer<br />
Münze auszahlt, gilt es noch zu überprüfen.<br />
Ganz gleich, welcher Radtyp bevorzugt wird, in<br />
jedem Fall lohnt der Ritt auf dem Drahtesel. Über<br />
geeignete Radwege in der Stadt informieren die<br />
Kommunen selbst oder der ADFC (Allgemeiner<br />
Fahrrad-Club e. V.).<br />
RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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Thema<br />
Autofahren lohnt sich (nicht)<br />
Das Für und Wider des Kfz-Betriebs<br />
Oben ohne, aber immer very busy. Weil Kollegin Anke<br />
nicht nur Wind macht, sondern auch welchen braucht,<br />
fährt sie einen flotten Mini Cooper Cabriolet.<br />
Nirgendwo anders in der Welt ist die Liebe zum<br />
Auto so groß wie in Deutschland. Statussymbol,<br />
Hobby und Leidenschaft vereinen sich in diesem<br />
eigentlich profanen Gebrauchsgegenstand. Ein<br />
Blick zum europäischen Nachbarn Frankreich<br />
zeigt, dass dort wichtiger noch als das Auto der<br />
Mensch ist. Eben das, was durch den Magen<br />
geht, nämlich die Liebe und das Essen. So wundert<br />
es nicht, dass in Frankreichs Hauptstadt<br />
verbeulte Nobelkarossen aus dem Hause BMW<br />
und Jaguar ganz ungeniert durch die Avenuen<br />
rollen. Tatsache ist, es stört dort niemanden.<br />
In Deutschland wäre solcher Gleichmut undenkbar.<br />
Bereits der TÜV hätte an der einen oder anderen<br />
frankophonen Blessur etwas auszusetzen. Außerdem<br />
wird im Mutterland des Autotunings getreu<br />
dem Motto „tiefer, breiter, schneller“ geforscht und<br />
vor allen Dingen geschraubt. Erleben es Rechtsanwälte<br />
gänzlich anders?<br />
8 ADVOICE <strong>03</strong>/09 02/09<br />
Zumindest wird manch einer als ausgemachter<br />
Verkehrsrechtler von rein professioneller Seite erfahren,<br />
was Autofahren und alles, was sich darum<br />
rankt, für rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.<br />
So werden Experten für Gebrauchtautokäufe ihre<br />
Anekdoten zu erzählen haben, ebenso die Umweltrechtler,<br />
die illegal in der Landschaft abgestellte<br />
Autowracks bewerten müssen und die<br />
Steuerrechtler, die Fahrtenbücher und Kilometerpauschalen<br />
ihrer Klienten prüfen.<br />
»Der Autotyp ist ein Fingerzeig auf die<br />
beratene Klientel.«<br />
Selbstverständlich unterliegt der in Robe plädierende<br />
Berufsstand allen Begehrlichkeiten, die der<br />
Automobilsektor weckt. Das Kraftfahrzeug ist<br />
nicht zuletzt das Aushängeschild der Kanzlei, an<br />
dem Mandanten den wirtschaftlichen Erfolg<br />
meinen, messen zu können und zu sollen. Der<br />
Autotyp ist ein Fingerzeig auf die beratene beziehungsweise<br />
noch zu gewinnende Klientel. Eine<br />
auf Bank- und Wirtschaftsrecht ausgerichtete<br />
Rechtsanwältin mit einem Porsche Boxter kann<br />
ihre vermögende Kundschaft standesgemäß begrüßen.<br />
Zumindest wäre dies kein Sakrileg. Führe<br />
man jedoch mit derartiger Karosse als Sozialrechtler<br />
bei ratsuchenden Hartz-IV-Empfängern<br />
vor, hätte man wohl rasch ein massives Glaubwürdigkeitsproblem.<br />
Umweltaspekte im Focus<br />
Doch geht es nicht nur um Ansehen und Statussymbolik.<br />
Der Umweltaspekt beeinflusst immer<br />
stärker die Entscheidung, ob und vor allen Dingen<br />
welches Kfz gefahren werden soll. Serienreife<br />
Hybridtechnik aus Fernost contra CO2-reduzierte<br />
Verbrennungstechnik aus Europa, die Kaufentscheidung<br />
wird niemandem leicht gemacht.<br />
Dietmar Wegjahn vom Mercedes-Benz-Autohaus<br />
Rosier aus Oldenburg weist darauf hin, dass<br />
Nachhaltigkeit auf ein gesamtes Autoleben von der<br />
Herstellung bis hin zur Verschrottung betrachtet<br />
werden müsse. So könne, sagt Wegjahn, ein<br />
aktueller Hybrid-Wagen in der Ökobilanz deutlich<br />
schlechter abschneiden, „wenn beispielsweise<br />
dessen Produktion besonders energieintensiv ist“.<br />
Leasing oder Rate<br />
Wenn des Anwalts Dienstflitzer endlich ausgewählt<br />
ist, sind die Kosten zu klären. Leasen oder Abbezahlen?<br />
Vorteil des Leasings ist die steuerliche Berücksichtigung<br />
der monatlichen Raten in Gänze.<br />
Wer vor Kaufvertragsabschluss nicht auf den Mund<br />
gefallen ist, kann durchschnittlich zwischen drei<br />
und sieben Prozent Rabatt auf den Neuwagenpreis<br />
aushandeln. Dietmar Wegjahn rät aber auch hier<br />
zur Vorsicht und genauem Hinschauen. Neue<br />
Wagen stünden bis zu zwölf Monaten in Verkaufsräumen.<br />
Wer sich für ein solches Fahrzeug<br />
entscheide, so der Händler, der sollte überlegen, ob<br />
der Nachlass in einem guten Verhältnis zu möglichen<br />
Standschäden stehe.<br />
Ob sich für Rechtsanwälte der Betrieb eines Autos<br />
lohnt, bedarf einer individuellen Bewertung. Distanzen<br />
zwischen der Wohnung und der Kanzlei,<br />
zwischen Mandanten und Gerichten müssen flexibel<br />
überbrückt werden, was für ein Auto spricht.<br />
Nervtötende Staus und Parkplatzsuche sind ein<br />
deutliches Argument dagegen. Auch muss die<br />
finanzielle Seite stimmen, denn es ist nicht nur die<br />
Finanzierungs- oder Leasingrate, sondern auch der<br />
Treibstoff, die Kfz-Steuer, die Versicherung und<br />
etwaige Werkstattkosten – letzteres wird in Businessplänen<br />
gern vergessen.<br />
Tipp Fahrtenbuch:<br />
Sollen die Fahrten mit dem dienstlich betriebenen<br />
Kraftfahrzeug steuerlich geltend gemacht<br />
werden, hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen<br />
der Führung eines Fahrtenbuchs oder<br />
einer Pauschale, die sich anteilig am Bruttolistenpreis<br />
in Verbindung mit der Laufleistung<br />
des Neuwagens bemisst. Bei Fahrtenbüchern ist<br />
unbedingt darauf zu achten, dass diese nicht<br />
nachträglich am Computer erstellt werden –<br />
auch dann nicht, wenn alle erforderlichen Daten<br />
wie Abfahrts- und Ankunftsort, Kilometerstand<br />
und Zweck der Fahrt wahrheitsgemäß angegeben<br />
wurden. Solche Fahrtennachweise weisen<br />
Finanzämter regelmäßig zurück.<br />
RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln
10 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Thema<br />
Taschen machen Leute<br />
Über Tragebehälter im Anwaltsberuf<br />
Winkeladvocat – nein danke. Von ungeschützter Akte bis safer Sex ist alles drin im Anwaltscrumpler. Foto: Andrea Vollmer<br />
„Jut auf Tasche“, so wie Wohlsituiertheit auf<br />
„Berliner Schnauze“ heißt, will jeder einmal<br />
sein, der in den anwaltlichen Beruf startet.<br />
Doch der Weg dorthin ist mitunter ein steiniger,<br />
werden erfahrene Standesvertreter nicht müde<br />
mahnend zu sagen. Und wenn der Broterwerb<br />
schon als ein harter gilt, dann soll möglichst<br />
viel Arbeitserleichterung für Perspektive sorgen.<br />
Erleichterung bedeutet für fleißige Bürohengste<br />
und -stuten nicht nur der Einsatz von Kanzleisoftware<br />
und die Beschäftigung von Büropersonal.<br />
Die Tasche, basales Transportutensil,<br />
entscheidet ganz wesentlich darüber, mit wie<br />
viel Entspanntheit der Arbeitsalltag begonnen<br />
und dem Gegner im Gerichtssaal begegnet wird.<br />
In Gedanken wandert der Blick über die Heerscharen<br />
von Taschenträgern und -trägerinnen, die<br />
mehr oder weniger gekrümmt unter der Last<br />
des Geschleppten zusammenzubrechen drohen.<br />
Schweißperlen als Ergebnis morgensportlichen<br />
Engagements gehören zu den wenigen positiven<br />
Seiten. Tatsächlich schädigt sich ein gehöriger Teil<br />
der Geplagten beim einseitigen Belasten der<br />
Schulterpartie. Besonders die Frauenwelt steht im<br />
Fokus orthopädischen Interesses.<br />
Bandscheibenvorfälle werden nicht erst durch die<br />
falsche Haltung hinter dem PC ausgelöst. Mit der<br />
Tasche fängt das Übel erst richtig an. Überladene<br />
Trolleys, die die Stufen zum historischen Gerichts-<br />
gebäude hochgewuchtet werden, Attaché-Koffer<br />
mit Laptop und Aufziehfüller inside, die in der<br />
Hand getragen den Arm überdehnen, und zum<br />
Bersten mit Schönfelder und Co. gefüllte Rucksäcke,<br />
die eher lose als fest auf dem Rücken<br />
galoppieren, geben ein skurriles Bild ab.<br />
Schick ist wichtig<br />
Der gesundheitliche Aspekt ist bei Tragegeräten<br />
nur einer unter vielen. Er wird gar vernachlässigt,<br />
wenn man den bunten Auslagen der Fachgeschäfte<br />
glauben darf. Spätestens nach Verlassen der<br />
Grundschule hat der rückenschonende Tornister<br />
ausgedient. Den meisten Anwälten kommt es eher<br />
auf die Funktionalität ihrer Tasche an. Dabei darf<br />
zudem der Schick nicht auf der Strecke bleiben.<br />
Denn ähnlich wie beim Autokauf werden via Taschenmodell<br />
auch Lebensansichten transportiert.<br />
Die Auswahl an Taschen, Koffern und Hüllen ist<br />
schier unerschöpflich. Da tut professsionelle Beratung<br />
Not. In diesem Dschungel kennt sich die<br />
Fachverkäuferin des Kölner Lederwarengeschäfts<br />
Voegels, Sandra Cornely, perfekt aus.<br />
Im Gespräch mit <strong>AdVoice</strong> sagt sie, dass sich<br />
Rechtsanwälte selten als solche zu erkennen<br />
geben. Zuweilen könne man aber schon von dem<br />
gewünschten Taschenmodell auf den Beruf schließen.<br />
„Die Businesskunden wissen meist sehr genau,<br />
was sie wollen“, so Cornely. „Besonders gefragt<br />
sind hochwertige Lederaktentaschen.“ Das verwundert<br />
insofern nicht, als in den Augen vieler<br />
Mandanten Kleider, eben auch Taschen, Leute<br />
machen.<br />
„Wer eine langlebige Tasche sucht“, rät die Kölnerin,<br />
„der achte darauf, dass die Tasche aus der<br />
oberen Rindslederschicht gemacht ist. Die riechen<br />
dann auch wirklich nach echtem Leder und nicht<br />
nach chemischen Zusätzen.“ Wer eine derart gediegene<br />
Alternative bevorzugt, der sollte mit bis zu<br />
500,- Euro als Kaufpreis rechnen. Dafür hat er aber<br />
obendrein die Garantie, dass es „Made in Italy“ und<br />
nicht „Made in Cambodia“ heißt.<br />
Im Folgenden eine kleine Übersicht über die unterschiedlichen<br />
Tragebehältnisse und ihre typische<br />
Trägerschicht.
Pilotenkoffer<br />
Das Urbild in Sachen Aktentransport. Geometrisch<br />
klar, stabil, einfach gut, sagen seine NutzerInnen<br />
über ihn. Gegner behaupten, man könnte den Anwalt<br />
anhand des Pilotenkoffers nicht von Landärzten<br />
oder Hausmeistern unterscheiden.<br />
Vorteil: Ein großer oder mehrere kleinere zu einem<br />
„Gürteltier“ zusammengefügte Ordner plus Robe<br />
finden darin locker Platz, oftmals auch ein Laptop.<br />
Rucksack<br />
Wer längere Strecken zu Fuß oder auf dem Fahrrad<br />
zurücklegen muss, der tut sich und seinem Rücken<br />
sicherlich etwas Gutes mit einem ergonomisch<br />
geformten Rucksack. Wie bei den großen Trekkingvertretern<br />
gilt auch hier der dringende Rat der<br />
Anprobe. Nicht alles, was nach Rückenpflege aussieht,<br />
passt wirklich.<br />
Vorteil: bequem, wenn auf den Rücken des Trägers<br />
angepasst, hochwertige Modelle robust, funktional<br />
Anwaltstyp: Jeansträger auch außerhalb des<br />
„Casual Fridays“, Jugendstraf-, Ausländer- und<br />
Sozialrecht, Alter 35-85<br />
Aktentasche<br />
Besonders edel in braunem oder schwarzem Rindsleder,<br />
wird in der Hand getragen und ist beinah ein<br />
Muss bei Nadelstreifen oder Kostüm.<br />
Vorteil: Gute Ledertaschen halten ein ganzes<br />
Anwaltsleben. Schick und repräsentativ.<br />
Nachteil: oftmals geringes Fassungsvermögen,<br />
teuer (durchschnittlich zwischen 300 und 500 Euro)<br />
Anwaltstyp: Arriviert, Businessdress, Alter 27-67<br />
Umhängetasche<br />
Sie helfen längst Bike-Kurieren, Fotografen, sind<br />
jugendlich und cool. Sie erfüllen garantiert kein<br />
Anwaltsklischee vom Aktenkoffer- und Schlipstragenden<br />
Winkeladvokaten.<br />
Vorteil: Sehr funktional dank unzähliger Fächer,<br />
gern auch mit gepolstertem Bereich für Laptop und<br />
Digicam.<br />
Nachteil: Nylon ist haltbar, Polyester in aller Regel<br />
weniger. Beschädigung beim Tragen von Stoffhosen<br />
und Jacken möglich<br />
Anwaltstyp: Modisch hip und frisch, Urheber- und<br />
Medienrecht, Alter 30-55<br />
Thema<br />
Unterm Arm<br />
Akten, Notizen, Bücher werden locker unter den Arm<br />
geklemmt. Macht einen dynamischen und viel beschäftigten<br />
Eindruck. Je kräftiger der Träger, desto<br />
umfangreicher sein Transportvolumen.<br />
Vorteil: Schnell zur Hand und null Kosten.<br />
Nachteil: Fällt schnell runter.<br />
Anwaltstyp: Der, der keine Zeit und Tasche zur<br />
Hand hat und mit dem Auto vor Gericht vorfährt.<br />
Trolley<br />
Sie werden auch liebevoll „Hackenporsche“ genannt<br />
und folgen einem dank des Teleskopgriffs<br />
und der Inlineskaterollen überall hin. Aus Aluminium-Bi-Carbonat-Kunststoff<br />
gefertigt oder aus<br />
Cordura sind sie in den unterschiedlichsten Größen<br />
stabile Begleiter besonders auf Flugreisen.<br />
Vorteil: Funktional wegen Fächeraufteilung, zeitlos<br />
Nachteil: teuer<br />
Anwaltstyp: Einer für alle, alle für einen, das<br />
gesamte Recht, Alter 27-67<br />
RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln<br />
??? Fotos: links oben, rechts oben, rechts unten - Rainer Sturm . C. Nöhren . pixelio.de / links unten, mittig unten . Andrea Vollmer<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
11
12 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Thema<br />
Kanzlei mit Meerblick<br />
Mit wenig Aufwand im Urlaub neue Mandanten gewinnen<br />
„Wenn ich Sonne brauche, fahre ich weg.“ Wer<br />
möchte das nicht von sich sagen können. Die<br />
Aktenberge in der Kanzlei sind das Eine – doch<br />
was, wenn sich gerade ein neuer Mandant<br />
meldet? Es gibt einen Strafverteidiger, der fliegt<br />
oder fährt in die Sonne, wenn er meint, er<br />
brauche dies – und neue Mandate, die gehen<br />
ihm dabei nicht durch die Lappen.<br />
Rechtsanwalt Thomas M. Amann ist dieser Strafverteidiger.<br />
Wer sich als Mandant an ihn wendet,<br />
hat es oft eilig, kann nicht warten, bis der Anwalt<br />
aus dem dreiwöchigen Jahresurlaub zurückkehrt.<br />
„Die Mandanten sind in Notlagen. Wenn ich nicht<br />
erreichbar bin, gehen sie zu jemand anderem.“<br />
begründet Strafverteidiger Amann, warum er<br />
in seinen Jahresurlaub sein mobiles Büro mitnimmt.<br />
„So viel ist das gar nicht. Telefon und Mini<br />
PC“ meint er.<br />
So hat er es im vergangenen Jahr gehandhabt und<br />
sich drei neue Mandate gesichert.<br />
Per SMS wird Amann benachrichtigt, dass sich ein<br />
neuer Mandant gemeldet hat. Dann ruft er ihn an,<br />
bespricht die ersten Schritte. Per e-büro kann er<br />
ihm die wichtigsten Unterlagen zuschicken. Sind<br />
Vollmacht und Vergütungsvereinbarung unterzeichnet<br />
und der Vorschuss überwiesen, beantragt<br />
er Akteneinsicht. „Das ist in Strafverfahren das<br />
Erste, was zu tun ist. Eh die Akte da ist, passiert<br />
meist nicht wirklich viel“, weiß er und fügt hinzu:<br />
„Ich kann diese Sachen auf den Weg bringen und<br />
mich, wenn ich zurück bin, dem eigentlichen Fall<br />
widmen.“<br />
Dass er im Urlaub ist, wissen seine Mandanten –<br />
auch die neuen. Aber sie wissen auch, dass er<br />
trotzdem erreichbar ist und die wichtigen Schritte<br />
veranlasst.<br />
Der Erfolg gibt ihm Recht. Seine Mandanten sind<br />
zufrieden. Einen Stundensatz von 300,00 Euro<br />
netto und mehr – den durchzusetzen ist für den<br />
erfolgreichen Strafverteidiger kein Problem.<br />
Seit einem Jahr rechnet er nur noch nach Zeit ab.<br />
Dafür ist er immer erreichbar – auch abends und<br />
am Wochenende. “Nein, das wird nicht zu viel. Die<br />
Mandanten melden sich ja nicht wegen jeder<br />
Belanglosigkeit. Wenn, dann ist es wirklich wichtig.“<br />
Und es rechnet sich für ihn, denn wenn das<br />
Telefon klingelt, läuft die Gebührenuhr – auch im<br />
Urlaub. Eine gute Stunde täglich ist er da mit<br />
Kanzleiarbeit beschäftigt. Das ist Amann lieber, als<br />
der große Berg auf dem Schreibtisch, wenn er aus<br />
dem Urlaub kommt.<br />
RAin und Journalistin<br />
Anke Schiller-Mönch, Weimar<br />
Auch unter Palmen floriert die Kanzlei von Strafverteidiger Thomas M. Amann Foto: privat Foto: Michael Heimann . pixelio.de
14 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Thema<br />
Immer auf Draht<br />
Blackberry, Miniduschgel und Wechselbluse müssen im Reisekoffer sein<br />
Alles drin im Koffer? Foto: Karl Heinz Laube . pixelio.de<br />
Auf Reisen zu sein gehört für Anwälte heute<br />
zum täglichen Geschäft. Auswärtige Gerichtstermine,<br />
Treffen mit Mandanten, Seminare und<br />
Konferenzen erfordern hohe Mobilität. Was<br />
dafür ins Gepäck muss, sollte gut geplant<br />
und überlegt sein. Eine Vielreisende berichtet<br />
von Erfahrungen und gibt Tipps für das Leben<br />
unterwegs.<br />
Da ich recht häufig für das FORUM unterwegs bin,<br />
stellt sich mir die Frage, was ich denn nun<br />
unbedingt mitnehmen muss und was entbehrlich<br />
ist, immer wieder. Aus meiner Erfahrung kann ich<br />
berichten, dass es auf Tagungen immer hilfreich ist,<br />
mehr als nur eine Bluse und einen Anzug dabei zu<br />
haben. Wenn der Gesprächspartner zu später Stunde<br />
sein Sektglas nicht mehr allzu sicher balanciert,<br />
habt ihr dem Problem der hartnäckigen Flecken<br />
Checkliste<br />
auswärtiger Gerichtstermin<br />
Robe<br />
Akte<br />
Stift<br />
Notizblock<br />
Zugverbindungen<br />
Taschenrechner<br />
Fahrkarten, bei der Bahn ausgedrucktes<br />
Onlineticket und Kreditkarte<br />
Gesetzestexte<br />
Lektüre<br />
Schriftsätze<br />
Bargeld für unvorhergesehene Dinge<br />
Kosten klären<br />
Infos über Ankunftsort<br />
Weitere Treffen vor Ort vorab vorbereiten<br />
Mobile Endgeräte laden<br />
Schlüssel<br />
Notrufnummern<br />
Zusammengetragen von RA Tobias Sommer, Berlin<br />
damit schon mal souverän abgeholfen. Zur Kleidung<br />
gehört auch immer etwas Bequemes, ein<br />
Jogging – oder Hausanzug, denn wer tagsüber<br />
immer topp gestylt sein muss, der braucht auch<br />
einen Ausgleich und das Gefühl, im eigenen<br />
Hotelzimmer abschalten zu können.<br />
Wichtig ist, auch auf Reisen unproblematisch<br />
Kontakt mit der Kanzlei, mit den anderen Mitgliedern<br />
des GFAs und den RBs halten zu können.<br />
Dies gelingt einfach und kostengünstig mit einem<br />
mobilen Prepaid – Internet - USB – Stick, der<br />
eingestöpselt ins Notebook, das mit muss, den<br />
preislich überschaubaren Zugang zum Internet und<br />
damit zu E-Mails ermöglicht. Auf diese Weise erspare<br />
ich mir, den oftmals recht teuren WLAN –<br />
Zugang der Hotels nutzen zu müssen und bleibe<br />
dennoch immer erreichbar.<br />
Rufen unterwegs Mandanten an, sehe ich das beim<br />
E-Mail Check zeitnah und kann in einer Sitzungspause<br />
zurückrufen. Das hat den positiven Effekt,<br />
dass sich Mandanten immer wieder erfreut über<br />
ein schnelles Feedback äußern. Zudem habe ich<br />
mein Blackberry dabei, bei dem eintreffende<br />
E-Mails lediglich durch ein unauffälliges Blinken<br />
angezeigt werden. Wer also keine Romane und<br />
längere Antworten auf E-Mails verfassen will,<br />
sondern nur zügig informiert sein möchte, der<br />
kann so sehen, was sich gerade tut.<br />
»Nach einem anstrengenden Sitzungstag<br />
ist es wichtig, abzuschalten.«<br />
Abgesehen von diesen arbeitstechnischen Utensilien,<br />
die ich so rumtrage, habe ich aber auch die<br />
Erfahrung gemacht, dass es nach einem anstrengenden<br />
Sitzungstag oder nach einem mit<br />
Informationen voll gepackten Seminar wichtig ist,<br />
abzuschalten. Das kann ich am Besten, indem ich<br />
die Hoteltür zumache und ein Entspannungsbad in<br />
der Hotelbadewanne nehme.<br />
Die meisten Drogerien bieten Produkte auch in<br />
Mini-Größen an, was das Schleppen großer Duschgelflaschen<br />
erspart. Zusammen mit der Lektüre<br />
einer nicht juristisch angehauchten und mit völlig<br />
unnötigen Informationen, die man sich ganz bestimmt<br />
nicht merken muss, gespickten Zeitschrift,<br />
kann ich dann entspannen und auftanken.<br />
Das ist mindestens genauso wichtig, wie der Ersatz<br />
– Anzug, denn nur wer mitdenken kann, kann von<br />
einem Seminar profitieren oder sich auf einer<br />
Sitzung fundiert einbringen.<br />
Fazit: Arbeitsmaterial ist ein unbedingtes Muss,<br />
optimal auf eine Sitzung und / oder Seminar<br />
vorbereitet zu sein, bedeutet, das Handwerkszeug<br />
anständig gepackt und durchgelesen dabei zu<br />
haben, die passende Kleidung für die jeweilige<br />
Reise muss dabei sein und das nicht nur in<br />
einfacher Ausführung. Es ist aber mindestens genauso<br />
wichtig, für die nötige Entspannung nach<br />
der Seminarteilnahme zu sorgen und auch dafür<br />
zu beachten, dass Hinzugelerntes in Ruhe verarbeitet<br />
können werden muss.<br />
RAin Silke Waterschek, Heilbronn
Thema<br />
Reisen kostet Geld<br />
Wer nicht noch welches mitbringen will, muss Reisekosten geltend machen<br />
Wenn Anwälte auf Reisen gehen, dann bedeutet<br />
das im beruflichen Bereich, dass auch Reisekosten<br />
abzurechnen sind. Vielfach werden in<br />
den Kanzleien Reisekosten jedoch gar nicht<br />
berechnet. Ob aus Unwissenheit oder Nachlässigkeit,<br />
womöglich aus Angst, der Mandant<br />
könnte abspringen, es gibt viele Gründe.<br />
Wir wollen uns mit den Möglichkeiten, die das<br />
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder eine<br />
Vergütungsvereinbarung bieten, befassen.<br />
Man sollte meinen, dass es doch recht einfach sei,<br />
Fahrtkosten zum einen und Tage- und Abwesenheitsgeld<br />
zum anderen abzurechnen, der Kommentar<br />
zu den entsprechenden Ziffern des RVG enthält<br />
immerhin zweiundzwanzig Seiten.<br />
Nach VV 70<strong>03</strong> RVG entstehen für eine Geschäftsreise<br />
bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs<br />
für jeden gefahrenen Kilometer Fahrtkosten von<br />
0,30 EUR. Mit den Fahrtkosten sind die Anschaffungs-,<br />
Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie<br />
die Abnutzung des Kraftfahrzeuges abgegolten. Aus<br />
betriebswirtschaftlicher Sicht wird klar, dass die<br />
0,30 EUR pro Kilometer nicht kostendeckend sind.<br />
Der ADAC hat in einem Test errechnet, dass der<br />
billigste Kleinwagen (Toyota Aygo, Neupreis 9350<br />
EUR) mit monatlichen Kosten von 305 EUR zu<br />
Buche schlägt, das entspricht einem Kilometerpreis<br />
von 0,24 EUR. Der preiswerteste Golf, Neupreis<br />
16.300 EUR, weist schon 0,35 EUR aus. Leistet sich<br />
der Cabrio-Fan ein Mini Cabrio, Neupreis 19.350<br />
EUR, sind bereits 0,37 EUR fällig.<br />
„Kraftfahrzeug“ ist im Sinn von § 1 Abs. 2 StVG zu<br />
verstehen. Also gehören dazu auch Motorrad,<br />
Moped oder Mofa. VV 7004 RVG besagt, dass andere<br />
Verkehrsmittel, soweit sie angemessen sind, in<br />
voller Höhe zu erstatten sind. Dies bedeutet, dass<br />
Bahnfahrten 1. Klasse ebenso zulässig sind wie die<br />
Benutzung von Taxis, von dem RA kann nicht erwartet<br />
werden, dass er grundsätzlich nur mit der<br />
Straßenbahn fährt. Die Kosten einer Bahncard sind<br />
nicht anzusetzen. Bei der Benutzung eines eigenen<br />
Fahrrads können nur die tatsächlichen Aufwendungen<br />
erstattet werden. Eine Pauschale ist insoweit<br />
nicht vorgesehen. Für Fußwegstrecken erhält<br />
der RA keinen Auslagenersatz, das Besohlen der<br />
Schuhe ist im RVG nicht enthalten.<br />
Was sich im ersten Augenblick liest wie eine Glosse<br />
zum Schmunzeln, ist ein Zitat aus der „Bibel“ des<br />
RVG, dem Gerold/Schmidt, langjährig bewährter<br />
RVG-Kommentar. Der unternehmerisch denkende<br />
Anwalt erkennt, dass beim Thema Reisekosten eine<br />
Vergütungsvereinbarung die zwangsläufige Folge<br />
sein muss, will er nicht noch Geld mitbringen.<br />
Ebenso verhält es sich mit VV 7005 RVG: Tage- und<br />
Abwesenheitsgeld bei einer Geschäftsreise<br />
1. von nicht mehr als vier Stunden 20,00 EUR<br />
2. von mehr als vier bis acht Stunden 35,00 EUR<br />
3. von mehr als acht Stunden 60,00 EUR<br />
Bei Auslandsreisen kann ein Zuschlag von 50 %<br />
berechnet werden.<br />
Auch hier ist die gesetzliche Grundlage unzureichend.<br />
Selbst eine Aushilfskraft hat netto mehr<br />
als fünf Euro zur Verfügung.<br />
Da das Tage- und Abwesenheitsgeld vergütungstechnisch<br />
zu den Honoraren zählt, ist es wie dieses<br />
zu versteuern, d. h. es zählt für den Anwalt zum<br />
Umsatz und wird durch die Kanzleikosten entsprechend<br />
reduziert.<br />
Unabhängig davon, welches Verkehrsmittel der Anwalt<br />
benutzt oder ob er teilweise die Fahrzeiten<br />
auch zum mobilen Arbeiten nutzen könnte, ist eine<br />
Vergütungsvereinbarung ratsam.<br />
Besonderheiten ergeben sich bei Prozesskostenhilfe-Mandaten,<br />
hier wird der Anwalt in der Regel<br />
zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts<br />
beigeordnet, dies bedeutet, dass aus der Staatskasse<br />
keine Reisekosten gezahlt werden.<br />
Bei Rechtsschutz-Mandaten sehen die Bedingungen<br />
in der Regel vor, dass Reisekosten nach RVG<br />
erst dann erstattet werden, wenn die Entfernung<br />
zum Gericht über einhundert Kilometer beträgt.<br />
Daher gehören die Reisekosten nicht nur bei Kanzleien<br />
im ländlichen Raum oder einem Einzugsgebiet<br />
mit verteilten Gerichten, sondern bei allen Kanzleien<br />
auf die Checkliste für das Mandantengespräch.<br />
Ermitteln Sie, welche individuellen Kosten das<br />
Kanzleifahrzeug verursacht. Sie finden die Tabelle<br />
des ADAC unter:<br />
> http://www.autobild.de/artikel/grosseautokosten-tabelle_376884.html<br />
Mindestens diese Kosten sind für die Fahrtkosten<br />
anzusetzen, alternativ 0,50 EUR pro Kilometer.<br />
Anstelle des gesetzlichen Tage- und Abwesenheitsgeldes<br />
sollten mindestens folgende Pauschalen<br />
vereinbart werden: bis zu vier Stunden: 80 EUR, bis<br />
zu acht Stunden: 160 EUR, mehr als acht Stunden:<br />
240 EUR.<br />
Checkliste für Mandantengespräche unter:<br />
> www.davforum.de/mandatsannahme.<br />
Ilona Cosack, Mainz<br />
Ganz schön teuer. Foto: Rainer Sturm . pixelio.de<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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16 ADVOICE <strong>03</strong>/09 02/09<br />
Thema<br />
Rasende Mandantschaft<br />
Autobahnanwalt Möller ist jederzeit über CB-Funk zu erreichen<br />
Vor fünf Jahren hat alles angefangen. Eines<br />
Abends saß er mit einem befreundeten Richter<br />
beim Bier, und sie wetteten, dass er es nicht<br />
schaffen würde innerhalb von drei Jahren eine<br />
Kanzlei aufzubauen, die sich ausschließlich mit<br />
Straßenverkehrs-, Straßenverkehrsbußgeld- und<br />
Straßenverkehrsstrafsachen beschäftigt.<br />
Der Wetteinsatz: eine Kiste guter Rotwein.<br />
Die Wette kam zur rechen Zeit und war nur der<br />
letzte Anstoß, endlich seine Idee einer Autobahnkanzlei<br />
umzusetzen. Die hatte er nämlich schon<br />
lange, seit er am Darmstädter Kreuz zweimal hintereinander<br />
geblitzt wurde, einmal mit 178 km/h<br />
und einmal mit 148 km/h; 100 km/h waren erlaubt.<br />
So machte er erste intensive Erfahrungen mit dem<br />
Verkehrsrecht, auch die, dass es keinen Kollegen zu<br />
geben schien, der dieses Gebiet intensiv bearbeitet:<br />
„Irgendwie scheinen das alle so mal mit zu machen,<br />
obwohl es so ein spezielles Feld ist.“ Also eröffnete<br />
Peter Möller, nachdem er bereits seit drei Jahren<br />
Mandanten in Straßenverkehrsrecht- und Buß-<br />
geldsachen vertrat, die erste seiner „Autobahnkanzleien“<br />
in Berg, natürlich direkt an der Autobahn,<br />
auf dem Autohof an der A9, Abfahrt 31.<br />
Heute ist er DER Autobahnanwalt, hat nach Berg<br />
seine zweite Anlaufstelle auf dem Autohof Mellingen<br />
an der A4, Abfahrt 50, eröffnet und plant in<br />
Kürze auch in Uhrsleben, Feuchtwangen und<br />
Mellendorf bei Hannover für seine Mandanten on<br />
tour zu sein.<br />
»Wir Juristen sind viel zu oft viel zu<br />
weit weg von unseren Mandanten.«<br />
Letzteres ist wörtlich zu nehmen. Von seinen Mitarbeitern<br />
verlangt er es und selbst hat er es auch<br />
schon getan. Er war on tour – eine ganze Woche<br />
lang mit einem Truck. Peter Welscher – einer seiner<br />
Mandanten- hat ihn mitgenommen. Seitdem weiß<br />
Peter Möller: „Mit Truckerromantik hat das Arbeiten<br />
und Leben off road nicht wirklich was zu tun.“ Wer<br />
geht schon gern auf versiffte Toiletten ohne Klo-<br />
brille, duscht sich in Duschen ohne Duschköpfe<br />
und verschließbare Türen, kauft sich von seinem<br />
kargen Gehalt den Kaffe für 2,80 EUR an der Raststätte<br />
und kriecht schon um 18:00 Uhr in die enge<br />
LKW-Koje, weil nun die gesetzlich vorgeschriebene<br />
elf-stündige Wartepause ansteht?<br />
Peter Möller wollte erleben, wie es ist, das Leben<br />
seiner Mandanten. Er wollte sie verstehen lernen,<br />
um besser in ihrem Sinne vor Gericht argumentieren<br />
zu können. „Wir Juristen sind viel zu oft viel<br />
zu weit weg von unseren Mandanten. Ich verstehe<br />
ohnehin nicht, warum es keine Lehrgänge für LKW-<br />
Fahrerrecht oder PKW-Fahrerrecht, sondern nur für<br />
Verkehrsrecht gibt“ sagt er und plädiert dafür, dass<br />
sich Anwältinnen und Anwälte mehr als Dienstleister<br />
am Menschen sehen. „Das Recht dient dem<br />
Menschen“ ist seine Maxime. „Wir müssen aus dem<br />
Anwaltsmuff raus – hin zum modernen Dienstleister<br />
am Menschen“ sagt er nicht nur, sondern setzt<br />
es auch in die Tat um. So gibt es in seiner Kanzlei<br />
einen „Mandantenbetreuer“. Der kümmert sich z. B.<br />
um den Mandanten, der von der Bußgeldstelle die<br />
Für Ruhe und Luft, geht Peter Möller in seinen Garten. Der Autobahnanwalt auf seiner Flurpiste. Die „Tatorte“ von Peter Möllers Kanzlei sind deutschlandweit.
Mitteilung bekommt, dass sein Verfahren an die<br />
Staatsanwaltschaft abgegeben wurde.<br />
„Der bekommt einen Riesenschreck. Staatsanwaltschaft<br />
– Verfahren – Führerschein – mein Job – das<br />
geht dem dann alles gleichzeitig durch den Kopf.<br />
Da kann der keinen klaren Gedanken mehr fassen“<br />
weiß Peter Möller. Deshalb gibt es seinen Mandantenbetreuer,<br />
der das erklärt und auch die Gerichtstermine<br />
koordiniert. Die hat die Autobahnkanzlei<br />
bundesweit; und: „Wir nehmen die Gerichtstermine<br />
alle selber wahr, nicht über Korrespondenzanwälte“.<br />
Das ist der Anspruch des Autobahnanwaltes.<br />
»Ein gepackter Rucksack gehört bei<br />
den Autobahnanwälten zur Kanzleiausstattung.«<br />
Also müssen er und seine Kollegen mobil sein. Ein<br />
gepackter Rucksack gehört bei den Autobahnanwälten<br />
zur Kanzleiausstattung. Mittlerweile sind<br />
sie fünf Anwälte, fünf Sekretärinnen, ein Fahrer<br />
und ein Messstellenprüfer. Ja, einen Messstellenprüfer<br />
gibt es bei Peter Möller tatsächlich. Der ist<br />
ständig unterwegs, schaut sich die deutschlandweiten<br />
„Tatorte“ an, sucht die Ursachen, warum der<br />
Mandant das 30 – Schild nicht gesehen hat, ob<br />
wirklich genug Abstand zwischen Ortseingangsschild<br />
und Messgerät war, wie lang die Gelbphase<br />
der Ampel ist, und und und.<br />
„Ich muss für meinen Mandanten eine Lösung finden,<br />
erklären, warum der meist unstreitig feststehende<br />
Sachverhalt zu entschuldigen ist.“<br />
Deshalb macht sich Peter Möller von seinen Fällen<br />
immer ein ganz genaues Bild – er visualisiert den<br />
Tathergang, stellt den vorgeworfenen Sachverhalt<br />
nach und hält ihn aus der Sicht des Mandanten per<br />
Foto fest. Da kann es schon mal passieren, dass er<br />
sich anderthalb Stunden an eine Kreuzung stellt,<br />
um sich in einen Fall hineinzufühlen. Ja, so ein<br />
„Spinner“ sei er, lacht der 50-jährige sympathische<br />
Kollege mit dem schon ergrauten Haar und der<br />
kleinen runden Brille, die er sich gern auf die Stirn<br />
schiebt und mit den tausend Ideen im Kopf, wie er<br />
noch besser für seine Mandanten da sein kann, wo<br />
er die nächste Autobahnkanzlei eröffnet, welches<br />
Highlight das nächste Kanzleifest haben könnte.<br />
Dabei hält es ihn nicht wirklich lange auf dem<br />
Stuhl. Er braucht Bewegung zum Nachdenken. Die<br />
findet er im Garten des Kromsdorfer Schlosses bei<br />
Weimar, wo die Zentrale der Autobahnkanzlei ist.<br />
Idyllisch gelegen, mitten im Grünen, mit kanzleieigenem<br />
Kräutergarten, Tischtennisplatte, Hasen<br />
im Garten, einer Katze und bald auch einem<br />
Kanzleihund. Wenn er wirklich Ruhe und Luft zum<br />
Nachdenken braucht, geht er raus – runter an die<br />
Ilm, manchmal auch mit Mandanten.<br />
In so entspannter Atmosphäre versteht mancher,<br />
warum Peter Möllers Strategie für den anstehenden<br />
Prozess erste Wahl ist.<br />
Aktenberge überall – für die meisten Mandanten geht es um den Führerschein und damit um ihren Job. Fotos: Sascha Mönch<br />
Thema<br />
Er nimmt sich die Zeit für den Mandanten, die es<br />
für eine gute Lösung braucht. Das lohnt sich.<br />
Derart gut vorbereitet gehen seine Mandanten oft<br />
als Sieger mit Führerschein aus der Verhandlung.<br />
Das danken sie ihrem Anwalt auf die, wie Peter<br />
Möller meint, ihnen ganz eigene Art. Da kommt<br />
schon mal ein Trucker und stellt jede Woche einen<br />
Kasten Bier vor die Kanzlei an der Autobahn. Ein<br />
anderer bringt Selbstgeschlachtetes vorbei und<br />
wieder andere fallen ihm vor lauter Dankbarkeit<br />
nach der Verhandlung vor dem Gerichtssaal um<br />
den Hals. „Das muss man mögen, wenn einem so<br />
ein Bär um den Hals fällt. Mir liegt diese bodenständige<br />
Natürlichkeit – vielleicht, weil ich auch<br />
aus einfachen Verhältnissen komme“.<br />
»Da kommt schon mal ein Trucker und<br />
stellt jede Woche einen Kasten Bier<br />
vor die Kanzlei an der Autobahn.«<br />
Peter Möller hält kurz inne: „Meine Eltern waren<br />
Bergleute. Sie mussten sich meine Ausbildung vom<br />
Munde absparen. Vielleicht hatte ich deshalb schon<br />
immer einen guten Draht zu den einfachen Leuten“.<br />
Er vertritt mit seiner „anderen“ Kanzlei auch mittlere<br />
und große Unternehmen. Nicht, dass er deren<br />
Fälle nicht ernst nehme – im Gegenteil. Aber die<br />
Probleme und Sorgen seiner Trucker – die berühren<br />
ihn, da steckt er Herzblut hinein, auch wenn sie<br />
sich unterm Strich nicht immer rechnen – weiter<br />
bringen sie ihn in jedem Fall. Und bekannt machen<br />
sie ihn. Über seine Fälle wird geredet, medial und<br />
per CB Funk; über Kanal 9 ist er erreichbar – immer<br />
mit dem Ohr an seinen Mandanten.<br />
»Über seine Fälle wird geredet, medial<br />
und per CB Funk; über Kanal 9 ist er<br />
erreichbar – immer mit dem Ohr an<br />
seinen Mandanten.«<br />
Seit der Eröffnung der ersten Autobahnkanzlei in<br />
Berg hat sich die Zahl der Mandanten verdoppelt –<br />
jährlich wohl gemerkt. In diesem Jahr wird er die<br />
Zahl 2000 erreichen. Jetzt sucht er gerade geeignete<br />
Unterstützung. Die zu finden ist gar nicht so<br />
einfach. Der neue Kollege oder die neue Kollegin<br />
müssen genauso viel Enthusiasmus, Spaß am<br />
Verkehrsrecht und Mobilität mitbringen wie der<br />
zukünftige Chef.<br />
Die Kiste guten Rotwein hat er übrigens (etwas<br />
verspätet) vom befreundeten Richter zum 50.<br />
Geburtstag bekommen.<br />
RAin und Journalistin<br />
Anke Schiller-Mönch, Weimar<br />
ADVOICE 02/09<br />
17
Magazin<br />
Das grüne Büro<br />
Kanzlei, mein zweites Zuhause<br />
Gute Luft für einen inspirierten Geist - dazu gehört ein wohngiftfreies Arbeitsklima. Foto: Andrea Vollmer<br />
Lebst Du schon oder leidest Du noch? Auf diese<br />
Formel kann man die Frage nach den Aufenthaltsbedingungen<br />
am Arbeitsplatz Kanzlei zuspitzen.<br />
Gesunde Verhältnisse am Arbeitsplatz<br />
zu schaffen – aus baubiologischer Sicht geht es<br />
da um sehr viel mehr als bloß die Einhaltung<br />
gesetzlicher Mindeststandards.<br />
Anwälte haben einen langen Arbeitstag, und viele<br />
gehen auch über das Renteneintrittsalter hinaus<br />
ihrer Profession nach. Da also der Advokat einen<br />
beträchtlichen Teil seiner Lebenszeit in der Kanzlei<br />
verbringt, ist sie zwangsläufig ein zweites Zuhause.<br />
Ob dieser Umstände ist es geboten, das traute<br />
Umfeld juristischen Schaffens so zu gestalten, dass<br />
der Anwalt sich wohl fühlt und Gesundheit und<br />
Leistungsfähigkeit erhalten bleiben.<br />
18 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Prima Klima<br />
Es gilt also, ein im wahrsten Sinne des Wortes<br />
gesundes Arbeitsklima herzustellen. So achte man<br />
idealerweise schon im Zuge des Ausbaus und<br />
der Einrichtung der Kanzlei konsequent auf die<br />
Auswahl natürlicher, wohngiftfreier Materialien<br />
und Einrichtungsgegenstände. Auch die Entscheidungen<br />
hinsichtlich der haustechnischen Anlagen,<br />
wie Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung und<br />
Kommunikationstechnik, sind mit Sorgfalt zu<br />
treffen.<br />
Ein gutes Klima zu gewährleisten und vor allem<br />
für gesunde Luft zu sorgen, davon ist die herkömmliche<br />
Bautechnik all zu oft weit entfernt. Die<br />
Raumluftqualität ist aber für unser Wohlbefinden<br />
maßgeblich verantwortlich. Sie wird bestimmt<br />
durch Sauerstoffgehalt, Temperatur, Luftfeuchtigkeit,<br />
Luftionisation, Schadstoffe und Belastungen<br />
durch Staub, Sporen und Pollen – und ist allzu oft<br />
miserabel! Welcher Jurist ist schon umfassend<br />
darüber informiert, dass viele Baustoffe, Farben,<br />
Kleber, Möbel und Ausstattungsgegenstände ungezählte<br />
Chemikalien enthalten, die regelmäßig<br />
über Jahre emittieren und oft schlicht als Wohngifte<br />
zu qualifizieren sind. Lösemittel, Weichmacher,<br />
Flammschutzmittel, Biozide, Fungizide,<br />
Bakterizide und Insektizide sind heute in vielen<br />
Produkten enthalten<br />
Grenzwerte<br />
Mag sein, dass sich die Konzentrationen dieser<br />
Substanzen jeweils unterhalb der mittels gut<br />
honorierter Lobbyarbeit der Chemie festgelegten<br />
Grenzwerte bewegen. Wenn aber Dauermüdigkeit<br />
oder Kopfschmerz zu gewohnten Begleiterscheinungen<br />
des Arbeitstages werden, hat das<br />
womöglich weniger mit den juristischen Herausforderungen<br />
der Tätigkeit zu tun, als vielmehr mit<br />
dem täglichen Atem-Cocktail aus oben genannten<br />
Ingredienzen.<br />
Vielleicht ist es auch die Aura des wollsiegelgeprüften<br />
Teppichs, der – selbstverständlich strikt<br />
gemäß den gesetzlichen Vorgaben – mit dem<br />
mottenvernichtenden Nervengift Permethrin behandelt<br />
wurde. Dann wäre offen die Frage zu<br />
verhandeln, ob nicht der Feldzug gegen die possierlichen<br />
Wollverköster Kollateralschäden unter<br />
den Organen der Rechtspflege verursacht, die nicht<br />
zu tolerieren sind.<br />
Es geht auch anders: Mit einer ordentlichen baubiologische<br />
Planung lässt sich eine gesundheitsgefährdende<br />
Belastung des Raumklimas vermeiden.<br />
So werden Materialien eingesetzt, die ohne<br />
Beimengung gesundheitsschädlicher Substanzen<br />
auskommen. Möbel können aus Vollholz gefertigt<br />
und ihre Oberfläche mit natürlichen Wachsen oder<br />
Ölen veredelt sein. So schmeicheln sie dem Auge<br />
und schonen die Gesundheit. Auch die verwendeten<br />
Wandfarben sind frei vom Verdacht, Teil des<br />
Entsorgungskonzepts der Industrie für ihren Sonder-<br />
und Giftmüll zu sein. Bei gesunden Farben<br />
besteht nämlich nicht die Gefahr, dass die gesetzlich<br />
zulässige Menge ansonsten schwer an den<br />
Mann zu bringender Schadstoffe beigemengt<br />
wurde.
Feldversuch Klimaanlage<br />
Großen Einfluss auf die Büroatmosphäre haben<br />
auch Heizung und Klimatisierung. Gerade Klimaanlagen<br />
sind sehr häufig für die Belastung der<br />
Raumluft mit Krankheitserregern, Pilz- und Hefesporen<br />
verantwortlich. Selbst bei bester Wartung<br />
und vorbildlicher Handhabung ist eine Keimbildung<br />
in den verschlungenen und nicht einsehbaren<br />
Weiten der Blechkanäle nicht auszuschließen.<br />
Ungezählte Unternehmen mussten nach Umzug in<br />
klimatisierte Räume einen sprunghaften Anstieg<br />
des Krankenstands ihrer Mitarbeiter bewältigen –<br />
ein Phänomen, das in den USA als Sick-Building-<br />
Syndrom betitelt wird. Es gibt tatsächlich Firmen,<br />
die ihr wirtschaftliches Überleben nur dadurch<br />
sichern konnten, dass sie Büroräume der beschriebenen<br />
Art wieder verließen. Die künstliche Klimatisierung<br />
von Büroräumen darf als einer der<br />
größten Feldversuche der Medizingeschichte gelten.<br />
Ähnliches gilt für die Beheizung von winterlich<br />
kühlen Räumen mittels Bodenkonvektoren – übrigens<br />
eine von der Pharmaindustrie hochgeschätzte<br />
Bautechnik, die der Branche wie kaum ein anderes<br />
Instrument den Absatz von Erkältungsmitteln in<br />
der kalten Jahreszeit sichert. Noch stärker als bei<br />
herkömmlichen Heizkörpern ist hier nämlich die<br />
Magazin<br />
homogene Exposition aller am Arbeitsprozess<br />
Teilnehmenden mit dem in Bodennähe befindlichen<br />
Staub einschließlich anhaftender Schadstoffe<br />
und Keime gewährleistet. Die im Fußboden<br />
eingelassenen Lamellenheizkörper halten kontinuierlich<br />
eine Walze trockener Raumluft in Gang, die<br />
absinkende Schwebstoffe immer wieder nach oben<br />
reißt, um sie den ausgetrockneten Atemwegen der<br />
anwesenden Probanden wieder und wieder zuzuführen.<br />
„Gesundheit!“, darf man wohl sagen?!<br />
Alles wird gut!<br />
Glücklicherweise gibt es ja Möglichkeiten, sich<br />
einer Teilnahme an den beschriebenen Großversuchen<br />
zu entziehen. Eine gesunde Büroatmosphäre<br />
kann im Sommer z. B. durch natürliche<br />
Lüftung und Temperierung über Kühldecken garantiert<br />
werden. Im Winter wird durch entsprechende<br />
Nutzung der Decken als energieeffiziente<br />
Flächenheizung der Raum mittels einer gesunden<br />
Strahlungswärme, wie sie auch die Sonne zu uns<br />
sendet, wohltemperiert. Gegen zu trockene oder zu<br />
feuchte Raumluft hilft eine schlichte lehmverputzte<br />
Wand, deren Oberflächenstruktur die Luftfeuchtigkeit<br />
auf wohltuende 50 Prozent einpendelt<br />
und so die Schleimhäute geschmeidig hält.<br />
In den meisten Büros emittieren ungezählte Chemikalien über Jahre und machen regelrecht krank. Foto: Andrea Vollmer<br />
Auch eine baubiologisch geplante Elektroinstallation<br />
und Kommunikationstechnik kann die Aufenthaltsqualität<br />
beträchtlich steigern. Elektrische<br />
Spannungen sowie elektromagnetische Felder und<br />
Wellen verursachen Luftionisation und laden<br />
buchstäblich die Arbeitsatmosphäre auf. Vielfach<br />
lassen sich derartige Effekte aber vermeiden oder<br />
jedenfalls reduzieren.<br />
Die beschriebenen Maßnahmen bewirken nicht nur<br />
eine erhebliche Qualitätssteigerung der Büroausstattung,<br />
sondern steigern auch die Leistungsfähigkeit<br />
und den wirtschaftlichen Ertrag der<br />
Kanzlei. Tue für Dich, Deine Angestellten und die<br />
Umwelt etwas Gutes und verdiene Geld damit! Was<br />
kann es Schöneres geben?<br />
Tobias Gammelin,<br />
Architekt und Baubiologe IBN, Potsdam<br />
Baubiologie im Netz<br />
Wer sich zu baubiologischen Themen näher<br />
informieren möchte, sollte sich an einen Architekten<br />
mit baubiologischer Ausbildung wenden.<br />
Dieser plant mit hoher Kompetenz gesunde,<br />
individuelle Lebensräume nach den persönlichen<br />
Vorstellungen für ein gesundes, sinnreiches und<br />
nachhaltiges Wohnen bzw. Arbeiten.<br />
Zudem kann man unter www.baubiologie.de<br />
eine Liste baubiologischer Beratungsstellen des<br />
Instituts für Baubiologie + Oekologie Neubeuern<br />
IBN finden.<br />
Die aufgeführten Berater sind Baubiologen aber<br />
nicht zwingend Architekten, können aber an<br />
diese weitervermitteln. Für das wirtschaftlich<br />
und politisch unabhängige IBN stehen die objektive<br />
Betreuung des Verbrauchers sowie eine<br />
ganzheitlich und baubiologisch-ökologisch orientierte<br />
Lehre und die Ausbildung zum Baubiologen<br />
IBN im Vordergrund.“<br />
Tobias Gammelin<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
19
Magazin<br />
Rotstift ./. Kauderwelsch<br />
Ein Redaktionsstab soll sich um verständlichere Gesetze kümmern<br />
An Gesetzestexte, die selbst Anwälte und Richter kaum<br />
verstehen, wird der Rotstift angesetzt.<br />
20 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Foto. Andrea Vollmer<br />
Gleich zu Beginn ihrer Arbeit bekam Stephanie<br />
Thieme einen ziemlich lebendigen Eindruck<br />
davon, was da auf sie zukommt – an Überzeugungsarbeit<br />
und an hartem sprachlichem Handwerk.<br />
Der Auftrag klang simpel: Man knöpfe<br />
sich das Wohngeldgesetz vor, überprüfe es auf<br />
seine Verständlichkeit und mögliche sprachliche<br />
Fallstricke und stelle seine Erkenntnisse und<br />
Verbesserungsvorschläge dem Bundesjustizministerium<br />
vor.<br />
Kann ja wohl so schwer nicht sein. Dachte sich<br />
auch der zuständige Referent: „Er hat gesagt, zwei<br />
Stunden Zeit schneide er sich aus den Rippen, um<br />
sich unsere sprachlichen Korrekturen anzuhören<br />
und zu diskutieren. Und aus diesen zwei Stunden<br />
sind dann mehrere Tage geworden mit Sitzungen<br />
von morgens bis abends, weil er gemerkt hat, dass<br />
es mit zwei Stunden eben nicht getan ist.“ Das<br />
Wichtigste sei aber gewesen, dass er eingesehen<br />
habe, dass das keine vertane Zeit ist. 1<br />
Buch mit sieben Siegeln<br />
Stephanie Thieme ist Leiterin des „Redaktionsstabes<br />
Rechtssprache“, der seit Anfang Mai im<br />
Bundesjustizministerium darüber wachen soll, dass<br />
Gesetze in Zukunft verständlicher werden. Ein<br />
reiches Betätigungsfeld für Thieme und ihre fünf<br />
Mitstreiter – schließlich gibt es kaum eine andere<br />
Textsorte, die für den gemeinen Bürger so sehr ein<br />
Buch mit sieben Siegeln ist. Schlicht und ergreifend,<br />
weil er nicht versteht, was dieser Text ihm<br />
sagen will. Gar nicht zu reden davon, dass er dann<br />
auch noch entsprechend handeln soll. Beispiel<br />
gefällig?<br />
„Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der<br />
Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung<br />
der Einkommensteuer das nach § 32a Abs.1<br />
zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert<br />
wird um - im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 bis<br />
5 - die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die<br />
darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit<br />
einem Fünftel zu berücksichtigen sind.“<br />
Aha. Es ließen sich Dutzende solcher Beispiele<br />
zitieren, allein aus dem Einkommensteuergesetz,<br />
das damit nicht unbedingt dazu beiträgt, die<br />
Akzeptanz des deutschen Steuersystems bei Otto<br />
Normalverbraucher zu erhöhen. Schlimmer noch:<br />
Selbst das Fachpersonal hat mittlerweile gelegentlich<br />
Mühe mit seinem eigenen Handwerkszeug. Es<br />
gibt Gesetzestexte, in denen sich einzelne Paragrafen<br />
über drei Seiten lang abmühen, einen<br />
Rechtsgegenstand zu regeln. „So verschachtelte<br />
Vorschriften verstehen selbst Anwälte und Richter<br />
kaum“, sagt Stephanie Thieme. 2<br />
Meist nur Kosmetik<br />
Dabei ist die Idee, Gesetzestexte einem Verständlichkeits-Check<br />
zu unterziehen, alles andere als<br />
neu. Bereits seit 1966 gibt es einen solchen<br />
Redaktionsstab beim Bundestag. Bislang war<br />
dessen Arbeit aber eher mittelmäßiger Erfolg<br />
beschieden. Was vor allem daran liege, dass er viel<br />
zu spät in den Gestaltungsprozess eingreift, nämlich<br />
dann, wenn die Gesetzentwürfe kurz vor der<br />
Kabinettsreife stünden, also schon fast fertig seien,<br />
so Thieme. "In dem Stadium kann kaum noch<br />
sprachlich Einfluss genommen werden. Es sind,<br />
wenn überhaupt, nur noch kosmetische Reparaturen<br />
möglich." 3<br />
Das soll mit dem neuen, ministeriellen, Redaktionsstab<br />
besser werden. Frühzeitig soll er in den<br />
Formulierungsprozess eingebunden werden, möglichst<br />
von Anfang an. Und ist in seiner Arbeit<br />
ausdrücklich nicht aufs Haus Zypries beschränkt.<br />
Getragen wird das Sprachtüftler-Team von der<br />
Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), die vor<br />
einigen Jahren auch schon mal das Steuerbegünstigungsabbaugesetz<br />
als Kandidaten für das<br />
„Wort des Jahres“ in Erwägung zog.<br />
Und den Sprachwächtern ist durchaus klar, dass<br />
ihre Arbeit Grenzen hat: „Es ist natürlich völlig unsinnig,<br />
dass ein Sprachwissenschaftler hingeht und<br />
sagt: ‚Ihr müsst jetzt alle Gesetze so machen, dass<br />
wir sie gut verstehen können, das ist das Primäre.’<br />
Da sagt der Jurist natürlich sofort: ‚Das Primäre ist,<br />
dass wir einen klaren rechtlichen Sachverhalt<br />
schaffen.’ Deshalb sagen wir: ‚Können Sie den nicht<br />
auch in einer anderen Sprache schaffen? Verlieren<br />
Sie irgend etwas, wenn Sie es auf diese Weise<br />
formulieren und nicht auf jene?’“, sagt Rudolf<br />
Hoberg, der Vorsitzende der GfdS. 4<br />
Grammatikfehler<br />
Doch nicht ausschließlich um eine sprachliche<br />
Entrümpelung von Gesetzestexten geht es den<br />
Experten; manchmal müssen sie sogar Deutschlehrer<br />
spielen, Grammatik- und Bezugsfehler seien<br />
keine Seltenheit. Deshalb sieht sich der Redaktionsstab<br />
auch als ein Dienstleister für sprachgeplagte<br />
Beamte. Stephanie Thieme: „Wir machen<br />
auch Sprachberatung im ganz alltäglichen Sinne.<br />
Uns können also Behördenmitarbeiter und Parlamentarier<br />
anrufen und sagen: Wo steht hier das<br />
Komma, welchen Fall muss ich hier benutzen?“ 5<br />
Primat bleibt aber die Arbeit an verständlicheren<br />
Gesetzen. Und da hat das Thieme-Team das erste<br />
Lob schon eingeheimst. Für das neue Versorgungsausgleichgesetz,<br />
das der Redaktionsstab in einer<br />
Pilotphase des Projekts vom ersten Wort an<br />
begleitete. Deshalb ist dort jetzt auch von „Zustellung“<br />
statt „Rechtshängigkeit“ die Rede: „Die Ehezeit…<br />
endet am letzten Tag des Monats vor<br />
Zustellung des Scheidungsantrags.“ Ganz ohne<br />
Amtsdeutsch wird es aber auch in Zukunft nicht<br />
gehen, schließlich können auch die Germanisten<br />
nichts daran ändern, dass Rechtssprache eine<br />
Fachsprache ist und bleibt. Und für „von Amts wegen“<br />
gibt es keinen umgangssprachlichen Ausdruck.<br />
Journalist Sascha Mönch, Weimar<br />
1 Deutschlandradio vom 08.11.2007 I 2 www.spiegel.de vom 29.<strong>03</strong>.<strong>2009</strong> I 3 ebd. I 4 Deutschlandradio vom 08.11.2007 I 5 ebd.
Magazin<br />
Anekdoten aus dem Anwaltsleben<br />
H Zurück in den Wald<br />
H<br />
Mein Mandant beauftragte mich in einer Sorgerechtssache.<br />
Seine Frau war samt Kindern abgehauen<br />
und hatte nun beantragt, ihr das Sorgerecht<br />
allein zu übertragen. Der Mandant war Ausländer<br />
und sprach kein perfektes Deutsch. Er meinte, seine<br />
Frau habe früher „im Wald“ gelebt, und er hätte<br />
große Angst, dass sie die Kinder wieder mit zurück<br />
in den Wald nehme, wenn sie das Sorgerecht bekäme.<br />
Ich wunderte mich, dachte, ihm fehle vielleicht<br />
die korrekte deutsche Formulierung, aber er<br />
wiederholte, sie lebte in einem Wald bei X und ihre<br />
Familie lebt da immer noch.<br />
So trug ich es denn auch dem zunächst erstaunt<br />
dreinschauenden Gericht vor. Auf Nachfrage erklärte<br />
die Ehefrau, sie sei vor der Ehe nicht sesshaft<br />
gewesen. Inzwischen habe sie sich aber an das<br />
Leben in geschlossenen Räumen gewöhnt. Ihre<br />
Mutter lebe immer noch im Wald, und mein Mandant<br />
würde ihr jeglichen Kontakt zur Mutter<br />
verbieten. Er hätte sie sogar geschlagen, wenn er<br />
mitbekommen hatte, dass die Mutter heimlich zu<br />
Besuch war.<br />
Als das Gericht nachfragte, woher er denn wisse,<br />
dass die Mutter zu Besuch war, während er nicht<br />
zu Hause war, antwortete die Frau: Sie möchte ja<br />
nicht sagen, dass ihre Mutter stinkt, aber wenn<br />
man im Wald lebt, hat man doch einen gewissen<br />
Naturgeruch. So habe ihr Mann immer gerochen,<br />
dass die Mutter zu Besuch war, wenn er abends<br />
von der Arbeit nach Hause kam.<br />
RA Florian Lahrmann, Berlin<br />
Naturnahes Familienleben im Wald? Foto: Rainer Klinke . pixelio.de<br />
22 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
h<br />
Schnelle Füße<br />
Ich hatte mit einem Mandanten einen Besprechungstermin<br />
in der JVA vereinbart. Ich meldete<br />
mich ordentlich an und sagte, dass ich gern Herrn<br />
X sprechen würde, mit dem ich einen Termin<br />
vereinbart hatte.<br />
Der Wachtmeister schaut mich an, als ob ich der<br />
erste Mensch wäre und fragte nach, wen ich<br />
sprechen möchte. Ein wenig irritiert überlegte ich,<br />
ob ich in der falschen JVA sei. Daraufhin sagte der<br />
Wachtmeister: " Herr X ist weg!"<br />
Ich dachte, er wäre verlegt worden, da er über<br />
Schmerzen klagte und er in der JVA nicht behandelt<br />
werden konnte. Ich erkundigte mich also,<br />
wohin Herr X verlegt wurde. „Keine Ahnung.", sagte<br />
der Wachtmeister.<br />
Ich: „Wo ist er denn jetzt?"<br />
Der Wachtmeister: „Das wüsste ich auch gern."<br />
Der Wachtmeister: „Gestern Nacht geflüchtet!"<br />
Ich kehre in meine Kanzlei zurück, allerdings mit<br />
einem schlechten Gefühl. Zwei Tagen zuvor hatte<br />
ich einen Antrag auf offenen Vollzug gestellt und<br />
dabei vollmundig behauptet, mein Mandant würde<br />
jeden Abend brav zurück in die JVA kommen.<br />
Um es nicht unversucht gelassen zu haben, wähle<br />
ich die Handynummer meines geflüchteten Mandanten,<br />
der sich prompt meldet und durchs Telefon<br />
strahlt, dass er wieder auf freiem Fuß ist. Das wusste<br />
ich bereits.<br />
Er erkundigt sich bei mir, ob nun ein Haftbefehl<br />
gegen ihn erlassen wird. Ich verschlucke mich fast<br />
an meiner Zunge: „Ja“. „Können wir nichts dagegen<br />
machen?“, fragt er. Ich bin vollends am Ende:<br />
„Nein“, sage ich, beende das Gespräch und wünschte<br />
ihm noch viel Glück.<br />
Da klingelt mein Telefon und ich habe den Leiter<br />
der JVA am Apparat. „Wollte Ihnen nur mitteilen,<br />
dass ich eigentlich Ihrem Mandanten offenen Vollzug<br />
gewähren wollte." Er habe nur „schnelle Füße“<br />
bekommen. Ich erklärte die Erledigung meines<br />
Antrags.<br />
Bis heute wurde mein Mandant trotz eingeschaltenem<br />
Handy nicht gefasst.<br />
RA Rüdiger Hahn, Burgdorf
H<br />
Beweismittel Wurstzettel<br />
Eine Kollegin hatte uns mal einen offensichtlich<br />
verrückten Mandanten geschickt – wohl um sich<br />
an meinem damaligen Chef zu rächen. Ich war zu<br />
dieser Zeit gerade ein paar Wochen im Büro und<br />
habe den Supermandanten (mit Beratungsschein!!)<br />
gewonnen. Er erzählte, dass er gemobbt werde.<br />
Das war damals, 20<strong>03</strong>, gerade total hip, alle wurden<br />
plötzlich gemobbt. Zur Beweismittelsicherung<br />
hatte er eine ausgewachsene Sporttasche vom<br />
Umfang eines Kleinlasters mit „Dokumenten“ mitgebracht<br />
– Hunderte von ihm persönlich eng beschriebene<br />
Zettel und Zettelchen; Wurstzettel, wie<br />
man hier so sagt. Auf denen hatte er angebliches<br />
Fehlverhalten seiner Vorgesetzten, Kollegen, seiner<br />
Nachbarn, des damaligen Bundeskanzlers sowie<br />
des Papstes festgehalten.<br />
Nachdem mehrere Stunden mit rechtlich völlig<br />
belanglosen Erzählungen über sein Leben sowie<br />
das ihm zugefügte Unrecht im Allgemeinen und im<br />
Besonderen vergangen waren, es mittlerweile dunkel<br />
geworden war, alle anderen Kollegen das Büro<br />
längst verlassen hatten, habe ich ihn dann höflich<br />
rauskomplimentiert. Dabei hat er mich wüst beschimpft.<br />
Ich bin die nächsten Wochen nicht mehr<br />
alleine vom Büro zur Tiefgarage gegangen. Leider<br />
habe ich den Namen der netten Kollegin vergessen,<br />
die uns diesen Kerl aufgehalst hat.<br />
H<br />
RAin Dr. jur.<br />
Monika Hermel-Liedtke, Mainz<br />
Sänkju for träveling<br />
Bin 2005 für das <strong>Forum</strong> unterwegs, private Bahncard<br />
ist ausgelaufen, ich buche Ticket zu Normalpreis<br />
und legitimiere mich weiter mit meinen<br />
Kundendaten im Online-Portal der Bahn. Die Schaffnerin<br />
hält das Ticket für ungültig, weil die Bahncard<br />
abgelaufen ist und ich mich damit online legitmiert<br />
habe. Das neue Ticket soll mit Zuschlag das<br />
Doppelte kosten, obwohl das alte Ticket schon der<br />
Normalpreis ohne Rabatte war. Ich beschwere mich<br />
am Zielort, und die Bahn storniert die "Fahrpreisnacherhebung".<br />
Auf der Rückfahrt laufe ich am<br />
Bahnsteig derselben Schaffnerin in die Arme und<br />
halte ihr die Stornierung vor die Nase. Sie droht<br />
mir mit der Bahnpolizei wegen Beförderungserschleichung,<br />
weil mein Ticket ungültig sei. Bei der<br />
Kontrolle macht sie einen riesigen Wirbel und ruft<br />
dann ihren Ausbilder im Schulungszentrum an. Der<br />
bestätigt, dass ich ein Ticket ohne Rabatt auch mit<br />
einer abgelaufenen Bahncard buchen kann. Ich<br />
bleibe ja dieselbe Person, die sich einmal beim<br />
Erwerb der Bahncard mit Personalausweis legitimiert<br />
hat. Also wird die zweite Fahrpreisnacherhebung<br />
storniert.<br />
Magazin<br />
Als ich zwei Monate später wieder in den Zug<br />
steige, geht das Chaos von vorne los. Dieses Mal<br />
schickt die Bahn ein Inkassobüro. Ich maile dem<br />
Pressesprecher der Bahn. Anschließend ändert man<br />
die AGB. Jetzt wäre ab sofort mein Online-Ticket<br />
wirklich ungültig, Nur kapiert das Inkassobüro<br />
nicht, dass auf eine alte Zugfahrt auch nur die<br />
alten AGBs gelten können und nicht rückwirkend<br />
neue AGBs für eine alte Zugfahrt. Ich maile dem<br />
Pressesprecher der Bahn ein zweites Mal und seit<br />
2005 geben das Inkassobüro und die Bahn Ruhe.<br />
Auf der Hinfahrt zum DAT Mai <strong>2009</strong> passiert mir<br />
nun ein ähnliches Problem. Ich buche und bezahle<br />
das Sparticket im Januar 09 mit meiner Kreditkarte<br />
und gebe die als Legitimationsausweis an. Dann<br />
läuft im März die Kreditkarte aus und ich sitze im<br />
Zug nur mit der neu verlängerten DAV-Kreditkarte.<br />
Die Bahn hält mein Ticket für unwirksam. Ticket 1<br />
Online Hinfahrt für 45 EUR ist verfallen, weil ich<br />
die abgelaufene Kreditkarte nicht dabei hatte und<br />
das Ticket 2 (Papier) soll mit Strafzuschlag 153 EUR<br />
kosten. Ich lasse mich jetzt verklagen, auch wenn<br />
die AGBs gegen mich sprechen.<br />
RA Martin Lang, München<br />
Schreibt uns!<br />
Uns interessieren Eure ersten Herausforderungen<br />
als junge Anwälte und Eure skurrilsten Mandate<br />
(1500 Zeichen, inkl. Leerzeichen).<br />
Senden an redaktion@davforum.de !<br />
Trotz eingeschaltetem Handy weiter auf der Flucht. Foto: Peter Reinäcker . pixelio.de<br />
H<br />
Ware gegen cash<br />
Es ging um die Rückgabe eines Autos gegen einen<br />
entsprechenden Preis. Nach einem zähen Marathon<br />
hatten wir uns auf eine Summe X geeinigt. Allerdings<br />
war keine der Parteien bereit, in Vorleistung<br />
zu gehen. Weder meine Mandantin als Eigentümerin<br />
des Autos wollte zunächst das Fahrzeug<br />
übergeben. Sie hatte die berechtigte Sorge, dass das<br />
Autohaus dann tagelang das Fahrzeug untersucht<br />
oder vielleicht noch irgendwas damit angestellt<br />
wird, um schließlich zu behaupten, es seien Schäden<br />
vorhanden. Nach meiner Prüfung mussten die<br />
beiden quasi gleichzeitig übergeben, also in einem<br />
Termin. Ware gegen Cash. Und so kam es zum Show<br />
Down, dem ich leider ich leider nicht beiwohnen<br />
durfte, da mein damaliger Chef hier keine zusätzlichen<br />
Gebühren herauspressen konnte. Sie haben<br />
tatsächlich ungefähr gleichzeitig abgewickelt: Das<br />
Geldbündel wurde in bar gegen den Wagen, die<br />
Schlüssel und die Papiere ausgehändigt. Die Ex-<br />
Mandantin schuldet mir eigentlich noch eine Fahrt<br />
in ihrem von dem Geldbündel neu gekauften Flitzer.<br />
RA Henrik Franz, Frankfurt/M.<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
23
Magazin<br />
Aufschwung durch Unabhängigkeit<br />
Mit Akten im Internet und verfügbaren Datenpools Mandanten gewinnen<br />
Im Umkreis von 200 Kilometern ist Noreen<br />
Loepke, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
und Wirtschaftsmediatorin, die<br />
einzige ihre Art. Sie ist eine von insgesamt 26<br />
Anwälten in Sachsen, die dieses Fachgebiet<br />
bearbeiten. Während sich ihre 25 Kollegen auf<br />
die beiden Großstädte Leipzig und Dresden verteilen,<br />
betreibt Noreen Loepke ihre Kanzlei in<br />
Plauen. Das heißt für die 34-Jährige nicht nur<br />
praktisch, sondern auch virtuell höchst mobil<br />
sein zu müssen.<br />
Zu ihrer Mandantschaft gehören größere Firmen<br />
und Unternehmen, die sowohl aus der Region, als<br />
auch dem gesamten Bundesgebiet kommen. Zwei<br />
Drittel ihrer Tätigkeit bestehen darin, Unternehmen<br />
zu beraten. Um den Bedürfnissen ihrer in aller<br />
Regel viel beschäftigten Kundschaft gerecht zu<br />
werden, aber auch ihre eigne Arbeitskraft effektiv<br />
zu organisieren, begann sie vor eineinhalb Jahren<br />
mit einer Kanzeleisoftware zu arbeiten, die beides<br />
ermöglicht.<br />
Sie führte die Onlineakte ein, auf die sie als Anwältin<br />
von jedem beliebigen Ort via Internet zugreifen<br />
kann, ebenso wie ihre Mandanten. Die<br />
können sich mit einen Passwort auf dem Kanzleiserver<br />
einwählen und dort ihre Akte mit allen<br />
Dokumenten und Schriftsätzen sowie deren Bearbeitungsstand<br />
einsehen. „Das ist ein Service, mit<br />
dem wir uns bisher deutlich abheben“, so Noreen<br />
Loepke. Flexibler und einfacher hat die Arbeit auch<br />
24 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Foto. Andrea Vollmer<br />
Als einzige Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
im Umkreis von 200 Kilometern ist Noreen Loepke auf höchste<br />
Mobilität angewiesen.<br />
die Einführung des digitalen Diktats gemacht.<br />
Außerdem werden die kanzeleieigenen Newsletter<br />
inzwischen einfach per Mail statt mit der Post<br />
versendet.<br />
Kompetenzzentrum<br />
Vorausgegangen waren der Entwicklung Stammtischtreffen<br />
des Kompetenzzentrums Hof/Plauen,<br />
dem unter anderem Noreen Loepke und ihr Kollege<br />
Christian Semmler aus Hof angehörten. Die Idee<br />
dahinter: Durch gemeinsames Auftreten, mehr<br />
Kontakte zu gewinnen und durch gemeinsame<br />
Werbung mehr Umsatz zu erzielen. So entstand<br />
das Projekt, Informationstage mit Fachvorträgen<br />
für Unternehmer anzubieten. Die so genannten<br />
Kompetenz-Zentrum Informationstage waren<br />
schnell über die Stadtgrenzen hinaus bekannt<br />
geworden. Denn Lieblingsthema der beiden jungen<br />
Anwälte ist: die Unternehmensnachfolge und deren<br />
Besteuerung. Immer mehr Unternehmer aus<br />
der Region besuchten die Vorträge.<br />
Die warfen im Golfclub mit Empfehlungen nur so<br />
um sich. Aber auch die anderen Kontakte waren<br />
nicht von schlechten Eltern. Das AdvoWare Team<br />
hatte Recht gehabt. Dieses neue Modul ist Gold<br />
wert. Einfach einen extra PC für das Kompetenz-<br />
Zentrum aufgestellt, auf dem jeder seinen geschützten<br />
Datenpool einrichtet, auf den kein anderer<br />
zugreifen kann. Datenschutzrechtlich unbedenklich.<br />
Auf den PC und die Datenpools konnten alle<br />
dafür autorisierten Personen über das Internet<br />
zugreifen, über die Kanzlei PCs sowieso.<br />
Jeder legt seine Kunden beziehungsweise Mandanten<br />
selbst an. Mit geringem Aufwand sind es<br />
inzwischen schon 3.000 Adressen. Die Sekretärin<br />
hat jetzt viel mehr Zeit für Adresspflege und<br />
Recherche. Da kommen ein paar hundert Adressen<br />
schnell zusammen. Bei den anderen ist das genauso.<br />
Durch die Datenpools erreichen sie zusammen<br />
3.000 Kontakte. Die Veranstaltungen sind<br />
durch die Themenvielfalt attraktiv. Das Ergebnis:<br />
Beziehungsmarketing und Öffentlichkeitsarbeit<br />
vom Feinsten.<br />
Kontinuität bringt Erfolg<br />
„Früher hab ich alle zwei Monate 500 Mandantenbriefe<br />
verschickt. Das hat mich jedes Mal 750<br />
EUR gekostet.”, sagt Noreen Loepke. Mit Grausen<br />
denkt sie an den Aufwand zurück. „Das Büro war<br />
tagelang blockiert. Jetzt verschickten sie ihre<br />
Informationen monatlich - über dieses neue Modul<br />
in der Kanzleisoftware: Erst die Veranstaltungseinladungen,<br />
danach die Vortragsskripte und zum<br />
Schluss die Mandantenrundbriefe. Das Ganze kostet<br />
nicht einen Cent. Die Mandantenbindung ist<br />
top. Zusätzlich bringt es zahlreiche neue Mandate.<br />
Bei den Kollegen vom Pool ist es genauso. Das<br />
Geheimnis des Erfolges liegt in der Kontinuität.<br />
Monat für Monat 3.000 schriftliche Kontakte, und<br />
auf den Informationstagen erreichen sie viele<br />
Mandanten persönlich. Hinzu kommen neue<br />
Kontakte mit viel Potential durch die Mandanten<br />
der Kompetenz-Zentrum-Partner.<br />
Der gestiegene Wettbewerbsdruck beunruhigt sie<br />
nicht mehr. Aber ihre Spezialisierungen im Wirtschaftrecht<br />
sind sehr gefragt. „Die Marketingstrategie<br />
des Kompetenz-Zentrums funktioniert<br />
phantastisch.“, so Loepke, die noch an ihre anfängliche<br />
Skepsis denkt. Dann dieser Hinweis auf die<br />
ARD/ZDF-Onlinestudie: Über 80 Prozent aller<br />
deutschen Berufstätigen sind online. Diese Menschen<br />
verfügen über E-Mail Adressen und nutzen<br />
diese. „Wir rechnen an Portokosten mit einer monatlichen<br />
Ersparnis von 140 EUR allein für die<br />
Kenntnisnahmeschreiben. Praktisch ist es dann viel<br />
mehr. Sie hatte sich entschlossen, jetzt auch noch<br />
die gegnerischen Schriftsätze einscannen zu lassen.<br />
„Damit bin ich 100 Prozent mobil“, denkt sie.<br />
Vielfach kann ich jetzt von Zuhause die Schriftsätze<br />
bearbeiten. Das spart noch mal Zeit und Geld. Eine<br />
Tankfüllung mit 100 EUR spare ich immer.“ Plus die<br />
eingesparte Zeit - ihre und die im Sekretariat.<br />
Mandantenanrufe wegen Kleinigkeiten sind viel<br />
weniger geworden. Denn die können sich jetzt<br />
online über den aktuellen Stand ihres Falls informieren.<br />
„Für wichtige Telefonate , so Loepke, hab<br />
ich jetzt viel mehr Ruhe“.<br />
„Wirklich entscheidend ist aber der Mehrumsatz.“<br />
Auch Kollege Semmler setzt diese neue Technik ein<br />
und arbeitet mit einem VPN – Zugang sogar von<br />
seiner Zweigstelle in Dresden aus.<br />
Noreen Loepke hat gerade eine neuen Kanzlei mit<br />
insgesamt sechs Fachanwälten aus Handels- und<br />
Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht<br />
und gewerblichem Rechtsschutz gegründet.<br />
Was virtuelle Technik und Mobilität<br />
angeht, müssen ihre neuen Kollegen jetzt noch<br />
nachrüsten.<br />
RAin Noreen Loepke, Plauen
Magazin<br />
Passwörter – Belehrungen - Sicherheitskopien<br />
Technische Anforderungen an den Datenschutz in der Rechtsanwaltskanzlei<br />
Der Einsatz leistungsstarker Datenverarbeitungsanlagen<br />
und die Anbindung an vernetzte<br />
Systeme ist heute in jeder Rechtsanwaltskanzlei<br />
Standard. Dies birgt allerdings besondere Risiken<br />
für den Schutz personenbezogener Daten.<br />
Datenschutz stellt deshalb auch organisatorische<br />
und technische Anforderungen an die IT-<br />
Sicherheit.<br />
Zutrittskontrolle<br />
Personen, die nicht zwingend auf das Datenverarbeitungssystem<br />
der Kanzlei zugreifen müssen,<br />
sollten dazu auch keine Gelegenheit bekommen.<br />
Deshalb sind sie bereits räumlich von den technischen<br />
Anlagen fernzuhalten (Zutrittskontrolle).<br />
Fremdpersonal z.B. sollte sich nicht unbeaufsichtigt<br />
in den Kanzleiräumen bewegen können.<br />
Das lässt sich nicht immer vermeiden. Wenn etwa<br />
Wartung- oder Reparaturarbeiten durchgeführt<br />
werden, sollte eine schriftliche Belehrung erfolgen,<br />
dass Informationen bei zufälliger Kenntnisnahme<br />
vertraulich zu behandeln sind und insbesondere<br />
eine Nutzung der Datenverarbeitungsanlagen<br />
untersagt ist.<br />
Zugangskontrolle<br />
Passwörter sind hier das Mittel der Wahl. Allerdings<br />
nützt die beste Kombination nichts, wenn sie sich<br />
zu leicht erahnen lässt. Ein weitgehend sicheres<br />
Passwort besteht aus mindestens acht Zeichen und<br />
beinhaltet sowohl Buchstaben als auch Zahlen und<br />
Sonderzeichen und ergibt kein logisches Wort<br />
(z. B. „hO8+lW$6“). Passwörter müssen in regelmäßigen<br />
Zeitabständen geändert werden.<br />
Zugriffskontrolle<br />
Ein wesentliches Risiko sind Viren, Würmer,<br />
Trojaner u.ä.. Der Einsatz von Anti-Viren-Software<br />
und Firewalls ist unumgänglich. Um zu verhindern,<br />
dass schädliche Software bewusst oder unbewusst<br />
in das System eingeschleust werden kann, sollten<br />
die Zugriffsrechte auf das System grundsätzlich<br />
beschränkt sein (Zugriffskontrolle). Hierzu bietet<br />
sich ein Rechtemanagement an, bei dem Nutzern<br />
jeweils nur Leserechte, nicht aber Schreibrechte<br />
eingeräumt werden, wo dies für die betriebliche<br />
Aufgabe nicht erforderlich ist. Dies verhindert z.B.,<br />
dass Mitarbeiter Software aus dem Internet her-<br />
unterladen oder über einen USB-Stick in das System<br />
einspielen und damit aus Leichtsinn oder Unwissenheit<br />
die Systemsicherheit gefährden.<br />
Mobile Datenträger<br />
Ein weiteres Risiko für die Systemsicherheit und<br />
den Datenbestand besteht immer dann, wenn<br />
Datenträger aus dem geschützten Kanzleibereich<br />
entfernt werden. Dies ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt<br />
digitalisierte Akteninhalte auf dem Laptop<br />
bei sich führt. Datenschutzrechtlich besteht die<br />
Forderung, möglichst wenige Daten aus dem System<br />
auszulagern. Dies schließt Mobilität nicht aus.<br />
Der Markt bietet Lösungen, bei denen über Internetanbindung<br />
extern auf die Netzwerkdaten der<br />
Kanzlei zugegriffen werden können, ohne dass die<br />
Daten das System verlassen. Beim Zugriff auf das<br />
System werden lediglich Bild- und Steuerungssignale<br />
(z. B. Tastatureingaben) übermittelt, ohne<br />
dass ein Datentransfer stattfindet. Geht der Laptop<br />
verloren, hat dies keine Auswirkungen auf den<br />
Datenbestand.<br />
Wer die Kosten und den technischen Aufwand<br />
solcher Terminal-Lösungen scheut, sollte die Daten<br />
auf dem mobilen Arbeitsplatz zumindest verschlüsseln.<br />
Geht der Laptop verloren, ist ein unbefugter<br />
Zugriff auf die unverschlüsselten Daten<br />
gleichwohl ausgeschlossen. Auch hierfür bietet der<br />
Markt entsprechende Softwarelösungen an.<br />
Verfügbarkeit<br />
Datensicherheit setzt jederzeitige Verfügbarkeit<br />
voraus. Vor diesem Hintergrund sollte einem physikalischen<br />
Datenverlust vorgebeugt und der Datenbestand<br />
regelmäßig gesichert werden. Hierbei gilt<br />
es einige Punkte zu beachten.<br />
Bei der Konzeption eines Datensicherungskonzepts<br />
sollte davon ausgegangen werden, dass ein Schadensszenario<br />
nicht nur räumlich begrenzt auftritt.<br />
Ein Zimmerbrand kann die gesamte Zimmereinrichtung<br />
zerstören. Deshalb liegt es nahe,<br />
Datensicherungsträger nicht in unmittelbarer<br />
räumlicher Nähe zum gesicherten System aufzubewahren,<br />
weil das Feuer sonst nicht nur das<br />
gesicherte System, sondern auch den Sicherungsdatenträger<br />
in Mitleidenschaft zieht. Für den<br />
Sicherungsdatenträger gelten dieselben Sicherheitsanforderungen<br />
wie für jeden mobilen Datenträger<br />
auch.<br />
Koordiniertes Löschen<br />
Unter der Prämisse der Datensparsamkeit ist der<br />
Kanzleiinhaber verpflichtet, personenbezogene<br />
Daten auch wieder zu löschen, wenn der Zweck,<br />
für den die Daten erhoben worden sind, erfüllt ist.<br />
Dies setzt voraus, dass geeignete organisatorische<br />
und technische Maßnahmen ergriffen werden, die<br />
sicherstellen, dass zu löschende Daten auch zuverlässig<br />
vernichtet werden und nicht in die Hände<br />
Dritter fallen können. Hierfür reicht es regelmäßig<br />
nicht aus, mit den gängigen Löschmethoden des<br />
Betriebssystems zu arbeiten. Das Löschen einer<br />
Datei oder das Formatieren der Festplatte bewirkt<br />
lediglich, dass der interne Verweis auf die gespeicherten<br />
Daten entfernt wird. Der physische<br />
Speicherzustand auf der Festplatte bleibt dagegen<br />
unverändert. Die auf diese Weise gelöschten Daten<br />
können jederzeit wieder hergestellt werden.<br />
Abhilfe schafft hier das (mehrmalige) Überschreiben<br />
des Datenträgers. Erst hierdurch wird auch der<br />
physische Speicherzustand verändert und die gespeicherten<br />
Daten zuverlässig gelöscht. Der Markt<br />
hält hierfür entsprechende Softwarewerkzeuge<br />
bereit.<br />
RA Dr. Markus Lintner, Nürnberg<br />
Sichere Passwörter statt Vorhängeschloss.<br />
Foto: www.jenpix.de . pixelio.de<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
25
Magazin<br />
Reden ist Silber, Zuhören ist Gold<br />
Von der Ökonomie der Kommunikation<br />
Was ist ein Gespräch wert? Aus der Sicht des<br />
Mandanten lautet die Frage genauer: Was<br />
bringt mir die Kommunikation mit dem Anwalt?<br />
Und der Anwalt fragt sich: Was habe ich<br />
davon, mich mit dem Mandanten, der Gegenseite<br />
und dem Gericht auszutauschen?<br />
Gibt es Mandanten, die mit Genuss zum Anwalt<br />
gehen und sich darauf freuen, für dessen Dienstleistung<br />
Geld auszugeben?<br />
»Keine gute Vorbedingung für konsumund<br />
lustbetontes Geldausgeben.«<br />
Für Privatleute ist fast immer irgendein Ärgernis<br />
der Anlass für den Gang zum Anwalt. Keine gute<br />
Vorbedingung für konsum- und lustbetontes Geld-<br />
26 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
ausgeben. Der gewerbliche Mandant zieht seinen<br />
Anwalt hoffentlich regelmäßig für konfliktvorbeugende<br />
Beratung heran, z. B. für die Erarbeitung<br />
wirksamer und wirkungsvoller Verträge. Für ihn ist<br />
die Kommunikation mit dem Anwalt und die Vergütung<br />
der anwaltlichen Tätigkeit eine Investition,<br />
die er tätigt in der Hoffnung, dass das Wirken des<br />
Anwalts beim Erreichen seiner unternehmerischen<br />
Ziele hilfreich ist.<br />
Aufgrund der jeweiligen Ausgangslage der Mandanten<br />
müssen wir davon ausgehen, dass private<br />
Mandanten das Gespräch mit dem Anwalt und die<br />
Kosten für seine Tätigkeit in vielen Fällen wohl als<br />
unvermeidliche Belastung empfinden. Bei gewerblichen<br />
Mandanten dürfen wir dagegen viel eher<br />
eine nüchterne Kosten/Nutzen-Betrachtung erwarten.<br />
Womöglich gibt es sogar Fälle, in denen der<br />
gewerbliche Mandant sich über die anwaltliche<br />
Dienstleistung so freut, wie über – sagen wir mal –<br />
ein gutes und nützliches Werkzeug, etwa: „So<br />
schöne AGB habe ich noch nie gehabt!“<br />
RVG<br />
So sieht's also aus der Mandantenperspektive aus.<br />
Und aus der Sicht des Anwalts? Was bringt ihm der<br />
mit dem Mandat verbundene Kommunikationsaufwand<br />
nach den verschiedensten Seiten?<br />
Zeit ist Geld, könnte man darauf kurz und bündig<br />
antworten. Diese Antwort wäre so einprägsam wie<br />
falsch. Denn wir alle wissen, dass Anwälte meist<br />
nicht nach Zeitaufwand vergütet werden, sondern<br />
abhängig vom Streitwert.<br />
Für Plaudertaschen empfehlen wir silbernen Lippenstift. Foto: Andrea Vollmer
So sieht es jedenfalls das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz<br />
als Grundmodell vor. Auch in einem<br />
Fall mit einem Gegenstandswert von 425 EUR<br />
kann akribische Sachverhaltsaufklärung und entsprechend<br />
detaillierter Vortrag erforderlich sein.<br />
Rechnet man hier die RVG-Gebühr auf die mit dem<br />
Mandanten verbrachte Zeit, Schriftsätze und vielleicht<br />
zwei Gerichtsverhandlungen um, ist die Vergütung<br />
pro Arbeitsstunde wohl eher in Cent als in<br />
Euro zu berechnen. Zeit ist Geld? Eher nicht. Ruhm<br />
und Ehre sind vermutlich auch nicht zu erwarten.<br />
»Auch in einem Fall mit einem<br />
Gegenstandswert von 425 EUR kann<br />
akribische Sachverhaltsaufklärung<br />
und entsprechend detaillierter Vortrag<br />
erforderlich sein.«<br />
Und dennoch: Auch wenn an dem Mandat finanziell<br />
nicht viel verdient werden kann, darf an der<br />
Kommunikation nicht gespart werden. Während<br />
meines Studiums, als das RVG noch BRAGO hieß,<br />
hatte ich als Ausbilder im Praktikum einen sehr<br />
beschäftigten Partner einer OLG-Kanzlei. Es hat<br />
mich damals sehr beeindruckt, dass er sich für das<br />
erste Beratungsgespräch mit den Mandanten alle<br />
Zeit der Welt genommen hat. Sein Credo war, dass<br />
man den Mandanten Gelegenheit geben müsse,<br />
alles zu erzählen, was ihnen wichtig erscheint.<br />
Andernfalls müsse man während der Mandatsbearbeitung<br />
noch ständig telefonische Nachbesprechungen<br />
abhalten. Reden ist Silber, nämlich<br />
den Mandanten die richtigen Fragen zu stellen.<br />
Den Mandanten konzentriert zuhören und den<br />
Sachverhalt vollständig zu erfassen ist Gold.<br />
»Sein Credo war, dass man den<br />
Mandanten Gelegenheit geben müsse,<br />
alles zu erzählen, was ihnen wichtig<br />
erscheinte.«<br />
Pauschalhonorar<br />
Fortgeschrittene in Sachen Ökonomie der Kommunikation<br />
können sich bei der Vereinbarung von<br />
auskömmlichen Pauschalhonoraren beweisen. Sie<br />
müssen in der Lage sein, ihren Aufwand zuverlässig<br />
einzuschätzen und zugleich den Mandanten<br />
überzeugen, dass das Honorar angemessen ist. Das<br />
Pauschalhonorar bietet sich bei Beratungsdienstleistungen<br />
wie etwa dem Fertigen von Vertragsentwürfen<br />
an. Der Umfang der Kommunikation ist<br />
absehbar, jedenfalls wenn man den Mandanten<br />
kennt. Mit der eigenen juristischen Leistung, dem<br />
Fertigen des Textes, geht man dann ins Risiko, indem<br />
man eine bestimmte Bearbeitungsdauer für<br />
wahrscheinlich hält.<br />
Stundensatz<br />
Magazin<br />
Goldene Regel: Wer zuhört, schweigt. Foto: Andrea Vollmer<br />
Die größte Freiheit der Kommunikation hat der Anwalt,<br />
dem es gelingt, mit dem Mandanten ein akzeptables<br />
Stundensatzhonorar zu vereinbaren. Das<br />
ist vor allem für diejenigen interessant, die gerne<br />
außergerichtliche Einigungen suchen. Hier ist insbesondere<br />
der kommunikative Aufwand im Voraus<br />
schwer abzusehen. Dabei kann der Austausch mit<br />
dem eigenen Mandanten bisweilen sogar mühsamer<br />
und langwieriger sein, als mit der Gegenseite.<br />
Gerade das Gespräch mit dem eigenen Mandanten<br />
kann zum Balanceakt werden, denn der muss, wenn<br />
die Rechnung kommt, überzeugt sein, dass jede<br />
Minute des Gesprächs mit seinem Anwalt sich im<br />
Gegenwert der anwaltlichen Forderung gelohnt hat.<br />
Wenn man den eigenen Mandanten und die andere<br />
Seite überzeugen möchte, muss der Anwalt präzise<br />
argumentieren. Das gelingt am ehesten, wenn er<br />
die Anliegen seines Mandanten und der anderen<br />
Partei kennt. Und wie erfährt der Anwalt von diesen<br />
Anliegen? Die Antwort ist ungeheuer banal,<br />
doch ich glaube, dass viele Anwälte – mich selbst<br />
eingeschlossen – hier täglich an sich arbeiten<br />
müssen: Durch Zuhören! Zuhören ist eine Fertigkeit,<br />
die trainiert und mit den unterschiedlichsten<br />
Methoden verbessert werden kann. Aber das ist<br />
eine andere Geschichte. Für diesmal will ich nur<br />
die Überzeugung bekräftigen: Reden ist Silber.<br />
Zuhören ist Gold!<br />
RA Percy Ehlert, Berlin<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
27
Magazin<br />
Das selbstständige Beweisverfahren<br />
Wichtig in Bausachen, EDV und Mietrecht<br />
In allen Streitigkeiten, bei denen es wesentlich<br />
um den Sachverhalt geht und ein Streit um die<br />
Rechtsfolgen kaum zu erwarten ist, bietet sich<br />
das selbstständige Beweisverfahren nach §§ 485<br />
ff. ZPO an. Der folgende Beitrag bietet – redaktionell<br />
bearbeitet und gekürzt – eine von den<br />
Erfahrungen der Autoren geprägte Darstellung.<br />
Der vollständige Originaltext einschließlich<br />
Muster eines Antrags ist im Internet unter<br />
www.davforum.de/beweisverfahren abrufbar.<br />
Das selbstständige Beweisverfahren hat besondere<br />
Bedeutung erlangt in Bausachen, EDV-Prozessen,<br />
im Deliktsrecht (insbesondere in Folge von Abgrabungen<br />
oder Sprengungen), im Mietrecht und bei<br />
Arzthaftungssachen.<br />
Zeitvorteil<br />
Das selbständige Beweisverfahren ist grundsätzlich<br />
wesentlich schneller abgeschlossen als das Hauptsacheverfahren.<br />
Das Vorliegen oder Nichtvorliegen<br />
von Mängeln kann für beide Parteien verbindlich<br />
festgestellt werden. So lässt sich die Auseinandersetzung<br />
oft ohne folgenden Prozess regeln. In der<br />
Praxis geht es meist darum, ein Sachverständigengutachten<br />
einzuholen. Rechtsschutzversicherte<br />
Mandanten erhalten hierfür regelmäßig Deckungszusage,<br />
was für ein vorprozessuales Gutachten<br />
schwer zu erreichen ist. Für den Anwalt fallen im<br />
selbssttändigen Beweissicherungsverfahren dieselben<br />
Gebühren wie in einem Hauptverfahren an.<br />
Die Ge-bühren des Beweisverfahrens werden nicht<br />
auf das Hauptverfahren angerechnet.<br />
Voraussetzungen<br />
Die Absätze 1 und 2 des § 485 ZPO definieren<br />
unterschiedliche Anwendungsbereiche. Eine Gefahr,<br />
dass das Beweismittel verloren geht oder seine<br />
Benutzung erschwert wird (Absatz 1), stellt der<br />
Verderb der zu besichtigenden Sache dar oder ihre<br />
Veränderung, zum Beispiel im Fall von Bau-arbeiten.<br />
Die Aufzählung der in den Nr.1 bis Nr. 3 des § 485<br />
Abs. 2 ZPO genannten Gründen ist abschließend.<br />
Darüber hinaus muss ein rechtliches Interesse an der<br />
Feststellung bestehen. Das recht-liche Interesse ist<br />
immer zu bejahen, wenn dies zur Vermeidung eines<br />
Rechtsstreits dient. An die Subs-tantiierung des<br />
diesbezüglichen Sachvortrags des Antragstellers<br />
sind keine hohen Anforderungen zu stellen. § 487<br />
ZPO gibt den zwingenden Inhalt des Antrags vor.<br />
28 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Große Aufmerksamkeit ist darauf zu legen, dass die<br />
Tatsachen sehr sorgfältig angegeben wer-den. Ein<br />
sogenannter Ausforschungsbeweis ist auch im<br />
selbssttändigen Beweisverfahren unzulässig, so<br />
etwa die Frage: „Ist es wahr, dass die Arbeiten<br />
entgegen der Regeln der Technik ausgeführt wurden<br />
und dies zu Mängeln führte?“<br />
Der Sachverständige<br />
Bei der Auswahl des Sachverständigen sollte der<br />
Anwalt wachsam sein. Häufig entscheiden die<br />
Qualifikation und die Auswahl des Sachverständigen<br />
über Erfolg und Misserfolg der Tatsachenaufklärung<br />
und letztlich über den Ausgang des<br />
Prozesses. Jede Partei hat das Recht, dem Gericht<br />
Sachverständige vorzuschlagen. Davon sollte man<br />
unbedingt Gebrauch machen. Der Gutachter hat<br />
sich streng an den Gutachterauftrag zu halten. Oft<br />
nehmen die Gutachter jedoch eine „eigene Sachverhaltsermittlung“<br />
vor und gehen auch gerne weit<br />
über den Gutachterauftrag hinaus. Es ist dann<br />
Aufgabe des Parteivertreters, den Gutachter auf die<br />
ihm gestellten Aufgaben hinzuweisen. Manchmal<br />
ist der Übereifer des Gutachters aber auch gut für<br />
die Partei, z. B. wenn er Mängel entdeckt, an die<br />
man als Antragsteller nicht gedacht hat.<br />
Mitteilung des Gutachtens<br />
Das Gutachten wird den Parteien zur Kenntnisnahme<br />
und evtl. Stellungnahme meist unter Fristsetzung<br />
übersandt. Man sollte auf keinen Fall das<br />
gelieferte Ergebnis einfach nur hinnehmen, sondern<br />
prüfen, ob der Gutachter die Fragen unzweideutig<br />
(„ja“ oder „nein“ und nicht „vielleicht“),<br />
vollständig, klar und unmissverständlich beantwortet<br />
hat. Auch Mengenangaben, Preise, DIN-<br />
Normen etc. sollten kontrolliert werden. Zusätzlich<br />
muss darauf geachtet werden, dass der Gutachter<br />
seinerseits keine rechtlichen Schlüsse zieht. Bei<br />
Unstimmigkeiten hat der Bevollmächtigte zum<br />
Gutachten schriftlich Stellung zu nehmen. Allerdings<br />
wird gerade hier häufig der Fehler gemacht,<br />
Schriftsätze zu fertigen, die Parteivorbringen sind.<br />
Es darf nicht vergessen werden, dass man sich in<br />
einer Beweisaufnahme befindet und gerade nicht<br />
bei der Beweiswürdigung. Zweck dieses Verfahrens<br />
ist nicht die Bewertung oder die Entscheidung über<br />
den Anspruch. Dies bedeutet, dass man Fragen<br />
formulieren muss, zu denen der Gutachter Stellung<br />
zu nehmen hat, und dass man begründet, warum<br />
man diese Frage stellt. Des weiteren ist zu prüfen,<br />
ob es ausreicht, dass der Gutachter nochmals zu<br />
einzelnen Punkten schriftlich Stellung nimmt, oder<br />
ob ein mündliche Erläuterung vor Gericht notwendig<br />
erscheint. In der mündlichen Verhandlung<br />
können die Parteien dem Sachverständigen Fragen<br />
zu stellen oder eine Ergänzung des Gutachtens zu<br />
beantragen. Bisweilen versuchen die Parteien, mit<br />
fachlicher Hilfe Dritter den gerichtlich bestellten<br />
Gutachter zu widerlegen.<br />
Wirkungen und Ende<br />
Die Zustellung des Antrags für das selbstständige<br />
Beweisverfahren hemmt die Verjährung. Nach<br />
Auffassung des BGH endet das selbständige<br />
Beweisverfahren mit dem Zugang des Sachverständigengutachten,<br />
sofern die Parteien nicht<br />
innerhalb der ihnen eingeräumten Prüfungsfrist<br />
einen Antrag auf Anhörung stellen oder Einwendungen<br />
vortragen. Wenn das Gericht keine Frist zur<br />
Stellungnahme setzt, muss der Antrag zur Vernehmung<br />
des Sachverständigen in einem „engen<br />
zeitlichen Zusammenhang mit der Zustellung des<br />
Gutachtens“ erfolgen. Der Anwalt kann das Beweisverfahren<br />
als „beendet“ ansehen, wenn der<br />
Streitwertbeschluss verkündet ist. Wenn einer<br />
Partei das Gutachten ausreicht, dann sollte diese<br />
den Streitwertbeschluss beantragen. Ergeht das<br />
Gutachten zugunsten des Antragstellers, fordert<br />
dieser außergerichtlich von der Gegenseite den<br />
sich aus dem Gutachten ergebenden Betrag,<br />
Beseitigung der Mängel, usw. unter Fristsetzung<br />
sowie Erstattung der Kosten. Werden diese Forderungen<br />
nicht erfüllt, so muss geklagt werden.<br />
Kosten<br />
Aufgrund der lückenhaften Regelung in § 494a<br />
ZPO ergeben sich hinsichtlich der Kosten im<br />
selbstständigen Beweisverfahren immer wieder<br />
Schwierigkeiten. Die Kosten des selbstständigen<br />
Beweisverfahrens sind Kosten des Hauptsacheverfahrens.<br />
Wenn also nach Beendigung des selbstständigen<br />
Beweisverfahrens die Kostenfrage nicht<br />
außergerichtlich geklärt werden kann, bleibt einem<br />
der Gang in das Hauptverfahren nicht erspart.<br />
Beide Parteien können eine gerichtliche Klärung<br />
der Kostenfrage veranlassen.<br />
RA Henrik Franz, Frankfurt a. M.<br />
RA Daniel Preiß, Schwäbisch Gmünd
Magazin<br />
Kein Versteck für Schuldner<br />
Neues Mahnverfahren erleichtert Forderungseinzug im europäischen Ausland<br />
Nahezu jeder Rechtsanwalt wird sich im Laufe<br />
seiner Berufstätigkeit mit der Geltendmachung<br />
fälliger Forderungen zu beschäftigen haben.<br />
Neben einer gewissen Mandantenbindung sowie<br />
erheblicher Zufriedenheit der Auftraggeber<br />
bei tatsächlicher Realisierung der offenen Posten<br />
ist die Dienstleistung auch lukrativ.<br />
Insbesondere, weil selbst die Inkassierung im<br />
europäischen Ausland seit einiger Zeit erheblich<br />
vereinfacht worden ist.<br />
Inzwischen finden sich in den §§ 1087ff. ZPO die<br />
Vorschriften zum europäischen Mahnverfahren.<br />
Das Ergebnis ist ein analog dem deutschen Mahnverfahren<br />
anzuwendendes Verfahren zur raschen<br />
und kostengünstigen Beitreibung unbestrittener<br />
Geldforderungen, die auf grenzüberschreitenden<br />
Rechtsverhältnissen beruhen. Am erfolgreichen<br />
Ende desselben steht der „Europäische Zahlungsbefehl“<br />
(EZ) als Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr.<br />
6 ZPO).<br />
AG Wedding zuständig<br />
Sofern zum Beispiel ein als Spediteur tätiger<br />
Mandant darum bittet, eine Entgeltforderung<br />
gegen seinen in Italien ansässigen Auftraggeber<br />
geltend zu machen, ist grundsätzlich das Europäische<br />
Mahngericht Deutschland am Berliner AG<br />
Wedding erste Anlaufstelle (§ 1087 ZPO). Die dort<br />
derzeit vorgehaltenen Informationen und - zwingend<br />
zu verwendenden - Formulare können jedoch<br />
nur als behelfsmäßig eingestuft werden. Die PDF-<br />
Dokumente können am PC nicht ausgefüllt<br />
werden. Für den Praktiker sollte daher der europäische<br />
Gerichtsatlas für Zivilsachen (http://ec.<br />
europa.eu/justice_home/judicialatlascivil/html/epo<br />
_information_de.htm) der Startpunkt sein. Dort<br />
finden sich leichtverständliche Informationen und<br />
insbesondere Formulare, die je nach Bedarf am<br />
Bildschirm auszufüllen, auszudrucken und sodann<br />
an das zuständige Gericht zu übermitteln sind.<br />
Das in der Sache zuständige Gericht ist leicht zu<br />
finden. Unter dem Reiter „Zuständige Gerichte“<br />
sind auch z. B. diejenigen für Italien hinterlegt. Das<br />
Verfahren beginnt sodann mit dem Formblatt A,<br />
dem Antrag auf Erlass eines EZ. Dieser ähnelt den<br />
bekannten Mahnbescheidsanträgen. Neben den<br />
üblichen Angaben ist die Referenzierung auf<br />
Beweismiteln möglich, die Beifügung aber nicht<br />
erforderlich. Wichtig: Alle Formblätter können nach<br />
der Gerichtsauswahl in deutscher Sprache ausge-<br />
füllt werden. Am Ende des Formblattes findet sich<br />
ein Button zur Übersetzung – etwa in die italienische<br />
Sprache!<br />
Gericht prüft Fakten<br />
Das mit dem Antrag befasste Gericht prüft sodann<br />
die Vollständigkeit der gemachten Angaben und<br />
insbesondere, ob die geltend gemachte Forderung<br />
nicht offensichtlich unbegründet ist. Es kann jedoch<br />
auch zur Vervollständigung bzw. Berichtigung des<br />
Antrags auffordern (vgl. Formblatt B) oder einen<br />
Vorschlag zur Änderung des Antrags machen<br />
(Formblatt C). Weiterhin sind Vordrucke für einen<br />
eventuellen Einspruch des Antragsgegners gegen<br />
einen solchen Befehl (Formblatt F) vorgesehen.<br />
Dieser Rechtsbehelf stünde dem italienischen Auftraggeber<br />
binnen 30 Tagen zu, nachdem der beantragte<br />
EZ durch das in Italien zuständige Gericht<br />
erlassen und dem Antragsgegner zusammen mit<br />
einer Kopie des Antragsformulares samt Rechtsbehelfsbelehrung<br />
zugestellt worden ist. Im optimalen<br />
Fall zahlt der Schuldner aufgrund des durch den EZ<br />
aufgebauten „Drucks“. Unterlässt er dies, wird der EZ<br />
mit Ablauf der Widerspruchsfrist automatisch für<br />
vollstreckbar erklärt (§§ 1093ff. ZPO). Unserem Mandanten<br />
läge also ein Vollstreckungstitel vor (§ 794<br />
Abs. 1 Nr. 6 ZPO), aus dem nach dem Recht des<br />
Vollstreckungsmitgliedsstaates die zwangsweise<br />
Durchsetzung der Forderung zu veranlassen wäre.<br />
Alles per Computer<br />
Fazit: Schuldner können sich seit Dezember 2008<br />
nicht mehr hinter Grenzen oder mangelnden<br />
Sprachkenntnissen des Gläubigers verstecken. Die<br />
Anhängigmachung von Mahn- oder/und Vollstreckungs-Verfahren<br />
ist jetzt vom Computer aus<br />
möglich, ohne Fremdsprachenkenntnisse und ohne<br />
Studium der jeweiligen Verfahrensordnung des<br />
Schuldner-Landes. Zwar würde ein Einspruch zu<br />
einem „gewöhnlichen” Prozess führen. Die Anlage 2<br />
zum Antrag auf Erlass eines EZ sieht jedoch für den<br />
Antragsteller die Möglichkeit zur Ablehnung der<br />
Überleitung in ein kontradiktorisches Verfahren vor.<br />
Letztlich ist allein die Titulierung oftmals sinnvoll (§<br />
204 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F.). Folglich steht dem Gläubiger<br />
ein Spielraum zu, der ihm unter Berücksichtigung<br />
der Schuldnerreaktionen während des<br />
EM ein wirtschaftliches Inkasso ermöglicht.<br />
RA Christian Weiß, Bonn<br />
Stephanie Hofschlaeger . pixelio.de<br />
Mahnung auf italienisch: Der EZ macht es möglich.<br />
Europäischer<br />
Zahlungsbefehl (EZ)<br />
Verfahrens-Kosten entsprechen denen für das<br />
lokale Mahnverfahren (Nr. 1110 KV GKG).<br />
Letzteres steht zum EM im Alternativverhältnis.<br />
Vollstreckbarkeit des EZ – bis auf Dänemark –<br />
ohne weiteres in allen EU-Mitgliedsstaaten.<br />
Zweites Novum: Europäisches Verfahren für<br />
geringfügige, grenzüberschreitende Forderungen<br />
bis zu einem Wert von 2.000,- EUR (§§<br />
1097ff. ZPO).<br />
Ein vereinfachtes, effizientes und kostengünstiges<br />
kontradiktorisches Prozedere vor dem<br />
zuständigen Gericht des Schuldners im EU-<br />
Ausland mit standardisierten Formularen zur<br />
Verfahrenseinleitung bzw. Erwiderung. Kein Anwaltszwang,<br />
Durchführung einer mündlichen<br />
Verhandlung nur ausnahmsweise.<br />
> http://www.orderforpayment.eu<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
29
Magazin<br />
Am Draht auf Draht<br />
Zwölf Grundregeln für die Kanzleipräsentation durch die Assistentin<br />
Die Zeiten rosafarbener Telefonzettel sind vorbei und elektronische Nachrichtensysteme angesagt. Foto: Hans Peter Reichartz . pixelio.de<br />
Anwalts-Assistentinnen sind unbestritten das<br />
Herz des Büros, die Visitenkarte der Kanzlei und<br />
Chefin der Büro-Organisation. Sie haben trotz<br />
ihrer bedeutenden Rolle oft schwer zu kämpfen:<br />
Mit Mandanten, die zu 80 % schwierig zu<br />
führen sind, da sie als Probleminhaber externe<br />
(+ teure!) Hilfe holen müssen, mit einer Büroorganisationen,<br />
die oft handgeklöppelt daher<br />
kommt – und mit Chefs, die Mitarbeiterführung<br />
nicht gerade freudestrahlend auf ihre Fahnen<br />
geschrieben haben. Deshalb sollen folgende<br />
zwölf Grundregeln weiter helfen:<br />
Ihre Assistentin...<br />
1) ... ist angewiesen auf Ihre Anweisungen!<br />
Anwälte mögen Anweisungen nicht, weil sie folgenreich<br />
sind. Was genau z. B. soll Ihre Assistentin dem<br />
Mandanten sagen, wenn Sie zum dritten Mal „keine<br />
Lust“ hatten, diesen Anrufer entgegen zu nehmen<br />
oder zum vierten Mal nicht zurück gerufen haben?<br />
Die Weisung „Sagen Sie irgendwas!“ verschärft das<br />
Problem erheblich, weil Sie Ihre eigene Verfehlung<br />
30 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
auf dem Rücken Ihrer Assistentin austragen.<br />
Anweisungen fehlen auch oft im Umgang mit Urlauben,<br />
Krankheiten etc. Anweisungen machen<br />
übrigens oft nur Sinn, wenn alle Anwälte sich dabei<br />
vereinheitlichen, und wenn die Anwälte die Anweisungen<br />
selbst einhalten.<br />
Weisen Sie auch an, wie sie mit Honoraranfragen<br />
umzugehen hat (s. u.) und mit Rechtsgebieten, die<br />
Ihre Kanzlei nicht bietet! (Bitte Kooperationspartner<br />
auf Liste mit Telefonnummern überreichen)<br />
2) ... promotet schon durch ihre Meldung<br />
die Kanzlei!<br />
„Anwaltskanzlei Berger und Partner, mein Name ist<br />
Petra Schulz. Guten Morgen!“ ist eine perfekte Meldung,<br />
vorgetragen lächelnd, frisch und deutlich. Der<br />
Nachname ist abgesetzt. Überlegen Sie bei langen<br />
Kanzleinamen, ob er abgekürzt werden darf bei der<br />
Meldung. Bei Empfangstelefonaten darf bei hohem<br />
Telefonaufkommen der Nachname fehlen. Sorgen<br />
Sie durch ein Schild auf dem Empfangstisch mit dem<br />
Namen der Empfangs-Dame für eine freundliche,<br />
persönliche Ansprache. Einen Verstoß gegen Ihre<br />
Schweigepflicht begehen Sie, wenn im Empfang<br />
wartende Mandanten Nachnamen anderer Mandanten<br />
am Empfangs-Telefon mithören können.<br />
3) ... wird durch Sie dem neuen Mandanten<br />
vorgestellt!<br />
Enorme Vorteile auf allen drei Seiten bringt das<br />
folgende Vorgehen: Das Erstgespräch ist zu Ende.<br />
Sie erklären dem Mandanten, dass Sie ihm nun noch<br />
Ihre Assistentin vorstellen möchten und erläutern,<br />
während diese nach der Begrüßung den Dienst- und<br />
den Honorarvertrag sowie ggfs. die Hausaufgabenliste<br />
„für seine Akten“ kopiert, die genaue Arbeitsteilung<br />
in Ihrem Team: „Frau Bertram arbeitet schon<br />
drei Jahre für mich. Sie ist zuständig für die Abschriftenversendung,<br />
für die Terminsvergabe, für<br />
Auskünfte aus der Akte. Sie weiß immer genau, ob<br />
Ihr Gutachten schon eingetroffen ist. Sie weiß alles<br />
Organisatorische. An mich wenden Sie sich bitte<br />
wegen aller rechtlichen und taktischen Fragen“.<br />
Sofern allerdings der Mandant unterwegs zum<br />
Vorzimmer Namen von anderen Mandanten lesen<br />
kann (Verstoß gegen Schweigepflicht!), holen Sie<br />
Ihre Assistentin ins Besprechungszimmer.
4) ... schreibt eine Begrüßungsmail an den<br />
neuen Mandanten!<br />
Der neue Mandant hat gerade den Vertrag unterschrieben<br />
und verlässt Ihr Büro, da verfasst Ihre<br />
Assistentin per Mail – von ihrem Account aus (!) –<br />
folgenden Brief an den Mandanten: „Sehr geehrter<br />
Herr Weißkirch, auch ich freue mich auf unsere neue<br />
Kooperation. Mit herzlichen Grüßen, Ihre Sybille<br />
Bertram (Assistentin von Herrn Rechtsanwalt Dr.<br />
Burgner). Vorteil: vermeidet Telefonhäufung. bis zu<br />
50 % aller organisatorischen Anfragen – auch Terminwünsche!<br />
- kommen dann per Mail, so dass die<br />
Assistentin diese bearbeiten kann, wenn sie gerade<br />
nicht telefoniert.<br />
5) ... verwendet elektronische Nachrichtensysteme<br />
wie Outlook!<br />
Die Zeit der rosa Telefonzettel und die der geschmäcklerisch<br />
motivierten Verweigerer moderner<br />
Technik ist vorbei. Richten Sie in allen Computern<br />
zumindest Outlook ein, für Rückrufbitten (mit Lesebestätigung!),<br />
Abwesenheitsmeldungen sowohl an<br />
Ihre Assistentin (Wann sind Sie weg, wann kommen<br />
Sie wieder?) als auch an Mandanten (=out of office<br />
reply) und für Mandantendaten. Damit gehören<br />
Formulierungen am Telefon wie: „Ich muss mal<br />
sehen, ob er da ist“ – ebenso wie dauernde Lügerei<br />
– der Vergangenheit an.<br />
Stimmen Sie alle Anwälte darauf ein, einen Computer<br />
auf dem Schreibtisch zu haben und ihn auch<br />
zu bedienen.<br />
6) ... macht Terminvereinbarungen!<br />
„Wenn ich das alles richtig verstanden habe, benötigen<br />
Sie dringend einen Termin bei unserem Spezialisten<br />
für Verkehrsrecht (oder „Fachanwalt für...“<br />
Was anderes haben Sie nicht!), den Herrn Rechtsanwalt<br />
Burgner (Namen sagen!). Ich habe schon mal<br />
in seinem Kalender geschaut und zwei Termine für<br />
Sie zur Auswahl gefunden. Der erste ist schon<br />
Freitag um 14.30 Uhr, der zweite wäre in der nächsten<br />
Woche am Dienstag um 15.15 Uhr. Welchen<br />
nehmen Sie?“ Diesen Text soll Ihre Assistentin auswendig<br />
lernen. In manchen Rechtsgebieten empfiehlt<br />
es sich, zuvor nach der generell besten<br />
Terminszeit zu fragen: „Passt es Ihnen besser vormittags<br />
oder nachmittags?“<br />
7) ... bietet im Ersttelefonat eine<br />
PDF-Anfahrtskizze an!<br />
„Darf ich Ihnen noch eine Anfahrtskizze per Mail<br />
übersenden? Dann wissen Sie gleich den Weg?“<br />
Diese Frage dient hauptsächlich der Ermittlung der<br />
e-Mail Adresse, die sofort korrekt eingetragen wird.<br />
Magazin<br />
8) ... erfragt den Kern des Falles / Wunsches<br />
und leitet diesen an Sie weiter!<br />
Dieser Punkt ist wichtig, damit der Mandant nichts<br />
zweimal sagen muss. Wenn Sie zurückrufen oder Ihr<br />
Erstgespräch beginnen, lesen Sie dem Mandanten<br />
seinen Fall vor und fragen ihn: „Meine Assistentin<br />
Frau Berger hat mir schon aufgeschrieben, dass<br />
Sie.....Stimmt das alles so?“<br />
9) ... gibt dem Mandanten „Hausaufgaben“<br />
für das Erstgespräch!<br />
„Darf ich Sie bitten, drei Dinge zu Ihrem Gespräch<br />
mitzubringen? Dann geht alles viel schneller.<br />
(Nutzenargumentation) Haben Sie etwas zu schreiben?<br />
(warten). Also erstens den Kaufvertrag. Dann<br />
die x-Urkunde und drittens die y-Korrespondenz.<br />
Schaffen Sie das alles bis Donnerstag 14.30 Uhr?“<br />
(Termin wiederholen und Kontrollfrage). Teilen Sie<br />
bitte Ihrer Assistentin mit, welche Unterlagen sie für<br />
das erste Gespräch anfordern soll.<br />
10) ... sagt niemals ein „Nein“ ohne Lösung!<br />
a) „Herr Berger ist leider in einer Besprechung.“ (Es<br />
wird keine Lösung für das Nein geboten und „leider“<br />
ist hier semantisch unsinnig, denn sie bedauert<br />
hoffentlich nicht, dass ihr Chef seine Arbeit macht)<br />
wird zu: „Herr Berger ist in einer Besprechung, so<br />
dass ich Sie leider nicht direkt mit ihm verbinden<br />
kann. Darf ich mir notieren, wie wir helfen können?<br />
Dann geht es nachher schneller für Sie.“ (Nutzenargumentation!!)<br />
b) „Das ist nicht möglich. Der (!) ist bis morgen<br />
Mittag außer Haus“ wird zu: „Der Herr Rechtsanwalt<br />
Dr. Burgner ist bis morgen Mittag auf einem Kongress;<br />
deshalb (niemals ABER!!) würde ich mir gern<br />
Ihre beiden(!) Rückrufnummern notieren, unter<br />
denen WIR (!) Sie bis 18 Uhr zurückrufen können. Ist<br />
Ihnen das Recht?“<br />
c) „Keine Ahnung. Da müssen Sie noch mal anrufen.“<br />
wird zu: „Ich weiß das momentan nicht. Wissen Sie<br />
was? Ich mache mich schlau und rufe Sie bis 15 Uhr<br />
zurück. Ist Ihnen das recht?“<br />
11) ... kann Angriffe neutralisieren und<br />
Beschwerden nutzen!<br />
„Der ist auch nie da!“ (Unspezifizierte und unquantifizierte<br />
Attacke) wird gekontert durch: „Wann<br />
hatten Sie versucht, uns zu erreichen?“ (wenn keine<br />
Verfehlung der Kanzlei im Hintergrund ist). Fragetechnik:<br />
„Was kann ich tun, um Ihnen zu helfen?“<br />
„Wie wollen wir verbleiben?“ „Was kann ich noch für<br />
Sie tun?“ „Was darf ich ausrichten?“ Diese Technik<br />
der Frage zwingt Angreifer zum Denken und minimiert<br />
Widerstände und schlechte Laune. Ihre<br />
Assistentin entschuldigt sich dagegen sofort, wenn<br />
in der Kanzlei ein Fehler passiert ist (am schlimmsten:<br />
gebrochenes Versprechen): „Es tut mir wirklich<br />
leid, das zu hören, und ich möchte mich für die<br />
ganze Kanzlei dafür entschuldigen, dass das passiert<br />
ist. Es ist gewiss nicht im Sinne der Kanzlei. Deshalb<br />
meine Frage: Wie sollen wir jetzt verbleiben?“<br />
12) ... spricht nicht über Honorare!<br />
Ausnahme: „Bei manchen unserer Mandanten hat<br />
ein einziges Gespräch ausgereicht, und das kostet<br />
maximal 190 Euro. Generell gibt nur der Anwalt<br />
darüber Auskunft und das auch erst, nachdem er<br />
die Aktenlage eingesehen hat. Alles andere wäre<br />
unseriös.“ Bitte auch dies auswendig lernen!<br />
Trainerin Johanna Busmann, Hamburg<br />
Eine gute Assistentin sagt niemals NEIN, ohne eine Lösung anzubieten. Foto: Rainer Sturm . pixelio.de<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
31
32 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Magazin<br />
Die Haftung richtig beschränken<br />
Tipps für allgemeine Grundsätze und besondere Regelen<br />
Ein Anwalt, dessen Arbeitsalltag in der Regel<br />
von Hektik und Zeitdruck geprägt ist, ist nicht<br />
zuletzt wegen der hohen Haftungsmaßstäbe<br />
einer Vielzahl von Fallstricken ausgesetzt.<br />
Neben unerlässlichen Maßnahmen wie beispielsweise<br />
einer ausreichenden Büro- und Fristenorganisation<br />
sowie einer kontinuierlichen Fort- und<br />
Weiterbildung sollte auch das Instrument der<br />
Haftungsbeschränkung im Rahmen der Mandatsbearbeitung<br />
zumindest in Erwägung gezogen<br />
werden.<br />
Zentrale Vorschrift ist insoweit der § 51 a BRAO,<br />
der seit der Neuregelung des Berufsrechts von<br />
Anwälten vom 02.09.1994 die vertragliche Haftungsbeschränkung<br />
für fahrlässig verursachte<br />
Schäden in verschiedenen Konstellationen erlaubt.<br />
Damit eine Haftungsbeschränkung jedoch nicht<br />
das Ziel verfehlt und vielleicht sogar genau das<br />
Gegenteil bewirkt, sind ein paar allgemeine Grundsätze<br />
und einige besondere Regelungen der drei<br />
Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung unbedingt<br />
zu beachten:<br />
Allgemeine Grundsätze<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
Nur die Beschränkung der persönlichen Haftung,<br />
nicht auch der Haftung mit dem Gesellschaftsvermögen<br />
ist möglich.<br />
Nur die vertragliche, nicht auch die gesetzliche<br />
Haftung kann beschränkt werden. Eine Deliktshaftung<br />
kann also nicht ausgehebelt werden.<br />
Vollständige Haftungsausschlüsse sind unzulässig.<br />
Hinweise, nach denen für mündlich oder telefonisch<br />
erteilte Auskünfte keine Haftung übernommen<br />
wird, sind nicht wirksam.<br />
Eine wirksame Haftungsbeschränkung muss<br />
immer vereinbart werden.<br />
Eine Verkürzung der Verjährungsfristen von<br />
Regressansprüchen ist nicht möglich.<br />
Bei Mandaten mit Schutzwirkung zugunsten<br />
Dritter erstreckt sich eine Haftungsbeschränkung<br />
in der Regel auch auf die Dritten.<br />
Individualvereinbarung, § 51 a<br />
Abs. 1 Nr. 1 BRAO<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
§ 51 a Abs. 1 Nr. 1 BRAO erlaubt die schriftliche<br />
Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung im<br />
Einzelfall bis zu einer Höhe der Mindestversicherungssumme<br />
von derzeit 250.000 EUR.<br />
Die Möglichkeit zur Haftungsbegrenzung bezieht<br />
sich auf jegliche Formen der Fahrlässigkeit.<br />
Die Individualvereinbarung bedarf in jedem Fall<br />
der Schriftform. Damit die Haftungsbeschränkung<br />
mit dem Mandatsvertrag verbunden werden<br />
kann, empfiehlt es sich, letzteren ebenfalls<br />
schriftlich zu fixieren.<br />
Eine Unterschreitung der Grenze von 250.000<br />
EUR ist unzulässig.<br />
Damit eine Einzelvereinbarung zur Haftungsbegrenzung<br />
nicht ihr Ziel verfehlt, muss sie mit<br />
dem Mandanten für jedes Mandat „ausgehandelt“<br />
werden.<br />
Dies bedeutet, dass dem Mandanten selbst eine<br />
Gestaltungsmöglichkeit bei der Abfassung der<br />
Vereinbarung zukommen muss. Es reicht nicht<br />
aus, wenn ihm nur die Option eingeräumt wird,<br />
die ausformulierte Haftungsbegrenzung anzunehmen<br />
oder abzulehnen. Aus der Dokumentation<br />
des Anwalts sollte sich zu Beweiszwecken<br />
ergeben, dass die Vereinbarung tatsächlich<br />
„ausgehandelt“ worden ist.<br />
Vorformulierte Haftungsbegrenzung, § 51 a<br />
Abs. 1 Nr. 2 BRAO<br />
.<br />
.<br />
.<br />
Für alle Fälle der einfachen Fahrlässigkeit sieht<br />
§ 51 a Abs. 1 Nr. 2 BRAO eine Möglichkeit zur<br />
Haftungsbeschränkung auf den vierfachen<br />
Betrag der Mindestversicherungssumme von<br />
1 Million EUR vor, wenn insoweit Versicherungsschutz<br />
besteht.<br />
Schwierigkeiten kann die Abgrenzung zwischen<br />
leichter, mittlerer und schwerer Fahrlässigkeit<br />
bereiten, was einen Nachteil der vorformulierten<br />
Haftungsbegrenzung darstellen kann.<br />
Wichtig ist, dass der Mandant ausreichend<br />
Kenntnis von der Haftungsbeschränkung erlangt<br />
(vgl. § 305 BGB).<br />
.<br />
Empfehlenswert ist die Anforderung einer<br />
schriftlichen Bestätigung durch den Mandanten<br />
in Bezug auf die in den Anwaltsvertrag<br />
einbezogene Haftungsbeschränkung.<br />
Haftungsbeschränkung<br />
auf den mandatsbearbeitenden Sozius, § 51<br />
Abs. 2 BRAO<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
Innerhalb von Sozietäten kann die persönliche<br />
Haftung auf die Mitglieder beschränkt werden,<br />
die die Bearbeitung des Mandats innehaben.<br />
Hierfür ist die Zustimmung des Mandanten auf<br />
einem gesonderten Blatt erforderlich.<br />
Die Begrenzung der persönlichen Haftung auf<br />
die das Mandat bearbeitenden Sozien ist mit<br />
den Optionen der Haftungsbeschränkung nach<br />
§ 51 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BRAO kombinierbar.<br />
Es ist eine namentliche Benennung der Sozien<br />
erforderlich. Bearbeit jemand das Mandat,<br />
obwohl er nicht in der Vereinbarung benannt<br />
ist, läuft er Gefahr, trotz der Haftungsbegrenzung<br />
zu haften.<br />
Ein Austausch der Sozietätsmitglieder ist nur<br />
nach erneuter Zustimmung des Mandanten<br />
möglich.<br />
Die in der Haftungsbeschränkung aufgeführten<br />
Sozien müssen berufsrechtlich zur Ausübung<br />
des Mandats befugt sein.<br />
Foto: Claudia Hautumm . pixelio.de<br />
RAin Katrin Spelmeyer,<br />
HDI-Gerling, Hannover<br />
Checkliste zur Haftung immer abarbeiten.
Magazin<br />
Autonärrin und Anwältin mit Leidenschaft<br />
Als Frau in einer Männerdomäne – ein Gründerinnenbericht<br />
Inka Pichler hat schon als Schülerin und Studentin nebenbei in Autowerkstätten geschraubt. Heute ist sie Spezialistin für Verkehrsrecht. Foto: privat<br />
Als ich hörte, dass sich diese Ausgabe um das<br />
Thema Mobilität dreht, war ich begeistert. Denn<br />
Mobilität ist mehr als nur von A nach B zu<br />
kommen. Es bedeutet Leidenschaft, Faszination<br />
und Liebhaberei. Egal ob zu Land, auf Schienen,<br />
zu Wasser oder gar in der Luft, es schließen sich<br />
überall die spannendsten Fragen an. Aber beginnen<br />
wir von ganz vorne.<br />
Wie alles begann<br />
Als ich mich zu Beginn meiner Selbstständigkeit<br />
noch mit den Anträgen zur Ich-AG rumgeschlagen<br />
habe, stand für mich bereits eines fest: Ich wollte<br />
soviel wie möglich mit Fahrzeugen zu tun haben.<br />
Der Leidenschaft für PS-Stärken und der dahinter<br />
stehenden Technik frönte ich bereits während der<br />
Schul- und Studienzeit, als ich nebenher in einer<br />
Autowerkstatt gearbeitet hatte. Schon früh erfuhr<br />
ich, was ein wirtschaftlicher Totalschaden ist, als<br />
ich nämlich einen solchen käuflich erworben und<br />
mit Freunden „hergerichtet“ habe. Neben der Faszination<br />
für die Technik kam – fortan in meiner<br />
studien- und referandarsbegleitenden Nebentätigkeit<br />
in einer Anwaltskanzlei - das Interesse fürs<br />
Verkehrs- und Versicherungsrecht hinzu.<br />
Der 1. Tag im eigenen Büro<br />
Vorab: ich hatte das Glück, dass mein Chef und<br />
Ausbilder mir die Möglichkeit gab, in seiner Kanzlei<br />
als Untermieterin und freie Mitarbeiterin tätig zu<br />
sein, so dass ich nicht nur ein Büro hatte, sondern<br />
auch dank ihm und dem Existenzgründerzuschuss<br />
die erste Zeit überstand. Da saß ich also an meinem<br />
ersten Tag an meinem eigenen Schreibtisch und war<br />
voller Tatendrang. Vor dem Fenster konnte ich mein<br />
Auto sehen, welches mit dem Aufdruck „Verkehrs &<br />
Versicherungsrecht“ sowie meiner Website versehen<br />
war. Kanzleiwerbeaufdruck auf dem Auto mögen<br />
nun einige entsetzt fragen? Zwar durchaus Geschmackssache<br />
– aber wirkungsvoll! Gerade in<br />
meinem ersten Jahr als Einzelkämpferin hatte ich<br />
rund 20% meiner Mandate darüber erhalten. Nicht<br />
wirklich verwunderlich, so oft wie man an Ampeln<br />
oder im Stau steht, haben potentielle Mandaten<br />
genug Zeit sich Werbeaufschriften an Autos anzusehen<br />
und einzuprägen. Kleiner Tipp: macht euch<br />
Listen (übers Anwaltssoftware oder Exel) über die<br />
Herkunft der Mandate, es ist unheimlich hilfreich<br />
um sein Werbe-Budget für das Folgejahr zu planen.<br />
Mein größter Fehler beispielsweise war es, Unmengen<br />
Geld in zu große Branchenbuchanzeigen zu<br />
investieren, die mir kaum Mandate einbrachten.<br />
Akquise<br />
Es war für mich natürlich von unschätzbarem Vorteil,<br />
seit Jahren zum einen in einer Kanzlei gejobbt,<br />
zum anderen vorab zu Werkstätten und Sachverständigen<br />
Kontakte geknüpft zu haben. So stand<br />
das Telefon erfreulicherweise nicht allzu oft still.<br />
Obwohl es durchaus Tage gab, an denen man einige<br />
Stunden Däumchen gedreht und das Telefon angestarrt<br />
hat. Aber diese Zeit wurde dann rasch<br />
genutzt, um Akquise zu betreiben. Also aus Kostengründen<br />
ein elektronisches Vorzimmer geschaltet<br />
und auf Akquisetour gegangen.<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
33
Mein Ziel war es von Anfang an mich zu spezialisieren,<br />
nicht in zu vielen Rechtsgebieten tätig zu<br />
sein. Voller Freude zog ich fortan einmal die Woche<br />
durch die schöne bayrische Landeshauptstadt an der<br />
Isar. Neben den Privatmandanten wollte ich vor<br />
allem Firmen mit PKW und LKW-Fuhrparks akquirieren.<br />
Es gleicht manchmal einem David gegen<br />
Goliath Kampf, da die meisten rundum durch Großkanzleien<br />
betreut werden.<br />
Breites Publikum<br />
Um ein breiteres Publikum auf die eigene Dienstleistung<br />
aufmerksam zu machen, bin ich bei<br />
Verlagen, Seminaranbietern und Dachverbänden<br />
vorstellig geworden, um mit Fachartikeln und Seminaren<br />
eine möglichst große Zielgruppe zu erreichen.<br />
Ich habe Probeartikel zu aktuellen Urteilen geschrieben,<br />
diese eingesandt oder bei direkten Terminen<br />
Ideen vorgestellt. Allerdings muss man<br />
gerade als „Neuling“ aufpassen, dass man sich nicht<br />
unter dem Wert verkauft. Man sollte abwägen, ob<br />
man ohne oder gegen geringes Honorar schreibt<br />
und referiert oder welche Honorare man nimmt.<br />
Durchaus üblich sind bei Artikeln Pauschalen für<br />
eine gewisse Zeichen- oder Seitenanzahl. Schließlich<br />
bie-tet man einen Mehrwert durch interessante<br />
Artikel, welche auf die Leser zugeschnitten sind. Bei<br />
Semi-naren gibt es oftmals Tagessätze. Seminare<br />
haben den entscheidenden Vorteil, dass man den<br />
persön-lichen Kontakt hat, die Teilnehmer Fragen<br />
stellen können sowie Gespräche entstehen, sodass<br />
auch das kostenlose Anbieten von Vorträgen lohnenswert<br />
sein kann. Apropos veröffentlichen: Auch<br />
Businessnetzwerke im Internet sind nicht zu<br />
unterschätzen, wenn man dort regelmäßig Beiträge<br />
schreibt.<br />
Spezialisierung<br />
Mit den Veröffentlichungen kamen wie erhofft die<br />
Firmen. Da mehr und mehr Speditionen und Logis-<br />
34 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Magazin<br />
tikunternehmen zum Mandantenstamm gehörten,<br />
erweiterte sich auch die Beratungsleistung. Neben<br />
der nationalen und internationalen strategischen<br />
Schadenregulierung – was zunächst meine Haupttätigkeit<br />
war – häuften sich transportrechtliche Probleme.<br />
Es kam Bahn- und Flugverkehr hinzu, so dass<br />
ich beschloss, einen Fachanwaltslehrgang für Transport-<br />
und Speditionsrecht zu machen. Hier ist es<br />
Geschmackssache welcher Lerntyp man ist, ob man<br />
einen Präsenz- oder Fernkurs anstrebt.<br />
Dienstleistung = Service<br />
Unsere Anwaltsleistung ist und bleibt eine Dienstleistung,<br />
in der der Mandant mit seinen Belangen<br />
an erster Stelle stehen sollte. Hauptaugenmerk und<br />
Qualitätsmerkmal ist und bleibt, der schnelle persönliche<br />
Draht zu den jeweiligen Ansprechpartnern. Ob<br />
Privat- oder Firmenmandant, es wird geschätzt,<br />
wenn man nicht im Sekretariat abblitzt, sondern<br />
einen Anwalt hat, der persönlich für die Probleme<br />
da ist. Und wenn dieser keine Terminsvertetungen<br />
wünscht, fahre ich auch mal zu Gerichtsterminen<br />
quer durch Deutschland. Das versteht der Mandant<br />
als Serviceleistung und ist auch bereit, dafür zu<br />
zahlen. Gerade in den ersten Jahren hat man für<br />
diesen Luxus noch Zeit.<br />
Erweiterung<br />
Doch als Einzelkämpfer gerät man früher oder<br />
später an seine Grenzen. Bei mir war dieser Punkt<br />
nach gut zwei Jahren erreicht. Ich musste eingestehen,<br />
dass die Firmen auch in anderen Rechtsgebieten<br />
vom Arbeitsrecht über gewerbliches<br />
Mietrecht zum Wettbewerbsrecht Beratung benötigen.<br />
So beschloss ich, mich mit Kollegen im Rahmen<br />
einer Sozietät zusammenzuschließen. Gesagt,<br />
getan. Über die FORUMs-Anwaltsliste bin ich auf<br />
meine jetzigen Kollegen und Partner gestoßen, die<br />
sich ebenfalls vergrößern wollten und mit denen<br />
unsere Rechtsgebiete sich optimal ergänzten. Fortan<br />
haben wir gemeinsame Räumlichkeiten gesucht,<br />
mein Umzug von München nach Wiesbaden wurde<br />
gemeinsam organisiert und über die Bühne gebracht,<br />
und zum 1. August haben wir nunmehr<br />
unser einjähriges Jubiläum.<br />
Mit Freude dabei<br />
Ich bin bis heute glücklich darüber, dass ich mein<br />
Hobby mit meinem Beruf verbinden konnte und<br />
tagtäglich mit Freude bei der Arbeit bin. Während<br />
andere Anwälte im Anzug Geschäftsessen haben,<br />
sehen mich beispielsweise die Mandanten in Jeans<br />
am Nürburg- oder Hockenheimring. Ich bin live beim<br />
Geschehen dabei, kenne sogar viele Fahrer aufgrund<br />
von Seminaren oder LKW-Fahrsicherheitstrainings<br />
persönlich. Gerade als Frau in einer Männerdomäne<br />
hat man manchmal hart zu kämpfen.<br />
Die Transportrechtsbrache ist ein spezieller Zweig,<br />
dessen Eigenheiten man kennen und mögen muss.<br />
Eine Vielzahl der Firmen sind oftmals Anfang bis<br />
Mitte des 20. Jahrhunderts als kleine Unternehmen<br />
mit ein bis zwei Fahrzeugen gegründet worden und<br />
damit traditionelle Familienunternehmen, die gefestigte<br />
Strukturen aufweisen. Dieser Charme in der<br />
Führungsebene hält oftmals bis heute an, so dass<br />
der persönliche Kontakt nicht nur wichtig und sinnvoll<br />
ist, sondern auch unglaublich Spaß macht!<br />
Neben dem ständigen Email-Verkehr steigen wir also<br />
ab und an ins Auto, um den persönlichen Kontakt<br />
zu pflegen, fahren quer durch die Republik zu den<br />
Mandanten, was nicht selten zu spannenden Werksführungen<br />
führt.<br />
Alles in allem kann ich nur sagen:<br />
Liebe Kollegen, seid in Rechtsgebieten tätig, in denen<br />
ihr euch wohl fühlt und die euch Spaß machen! Die<br />
Mandanten schätzen nach meiner bisherigen<br />
Erfahrung Anwälte, die sie selbst sind, die nicht nur<br />
fachlich, sondern auch zwischenmenschlich überzeugen,<br />
indem sie einfach authentisch sind.<br />
RAin Inka Pichler, Wiesbaden
Der erreichbare Anwalt - Wie kleine und mittelständische Kanzleien ihren<br />
Wettbewerbsvorteil ausbauen können<br />
Anzeige<br />
In den letzten Jahren hat sich der Anwaltsmarkt in Deutschland grundlegend verändert. Mobilität und<br />
reibungslose Kommunikation haben deutlich an Bedeutung gewonnen. Oft werden Anwälte und<br />
Rechtsexperten für Beratungen in die Firmen ihrer Kunden geholt und arbeiten dadurch außerhalb<br />
ihrer Büros. Mobilität und Flexibilität sind für Rechtsberater und Anwälte keine Luxusfrage mehr,<br />
sondern ein essentiell gewordenes Geschäftsmodell.<br />
Die Ergebnisse einer von der Neuen Juristischen Wochenschrift im Auftrag des BlackBerry-Herstellers<br />
Research In Motion durchgeführten Studie zeigen, dass der deutsche Anwaltsmarkt reagiert hat und<br />
zunehmend auf flexible, mobile Arbeitsprozesse setzt, um so Erreichbarkeit und Produktivität zu<br />
steigern. 250 Anwälte aller Schwerpunkte, Altersklassen und Kanzleigrößen beteiligten sich zwischen<br />
dem 1. Mai und dem 1. Juni <strong>2009</strong> an der Befragung.<br />
Auszug der Ergebnisse:<br />
• Fast 90 Prozent der Befragten waren sich einig, dass sich mobiles Arbeiten positiv auf die<br />
Zufriedenheit der Klienten auswirkt.<br />
• 87 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass die Möglichkeit, auch außerhalb des<br />
Büros arbeiten zu können, aus geschäftlicher Sicht sehr wichtig oder wichtig ist.<br />
• Sicherheit, Funktionsumfang und Betriebskosten sind in den Augen deutscher Anwälte die<br />
wichtigsten Kriterien einer Kommunikationslösung für ihre Kanzlei.<br />
Flexible mobile Kommunikationslösungen bieten Anwälten einen echten Mehrwert und steigern ihre<br />
Produktivität außerhalb des Büros deutlich. Mit der richtigen Lösung werden Anwälte unabhängig vom<br />
Schreibtisch in der Kanzlei, verbessern ihre Wettbewerbsposition und amortisieren die Investitionen in<br />
kurzer Zeit durch exzellenten Return on Investment.<br />
Die Ergebnisse der Studie hat Research In Motion in einem Whitepaper zusammengefasst, das Sie<br />
unter http://tinyurl.com/WhitepaperBB kostenlos herunterladen können.
FORUM<br />
<strong>Junge</strong><br />
<strong>Anwaltschaft</strong><br />
im DAV<br />
Das FORUM ist:<br />
Die Stimme der jungen Anwälte.<br />
Eine der größten Arbeitsgemeinschaften<br />
innerhalb des Deutschen Anwaltvereins<br />
(DAV).<br />
Das <strong>Forum</strong> bietet:<br />
Fortbildungen. Netzwerke.<br />
Lobby. Starthilfe.<br />
Antworten und Hilfe<br />
für den Berufsstart und die ersten<br />
Berufsjahre.<br />
Kostenlos:<br />
Anwaltsmagazin <strong>AdVoice</strong><br />
Mit Schwerpunktthemen,<br />
Erfahrungsberichten,<br />
unterhaltsames und wissenswertes aus der<br />
<strong>Anwaltschaft</strong>, Mitgliederinformationen<br />
und natürlich viel Service: Checklisten,<br />
Fachanwaltssteckbriefe, Steuerinfos, Tipps<br />
zur Haftungsvermeidung u.v.m.<br />
Teilnahme an der Mailingliste<br />
Fachliche Unterstützung durch Kollegen,<br />
Antworten auf fast jede Frage des<br />
Anwaltsalltags, Terminvertretungen,<br />
Fällen von Kollegen<br />
günstige Konditionen für die<br />
Berufshaftpflichtversicherung<br />
Mit HDI-Gerling besteht ein Abkommen<br />
exklusiv für FORUMsmitglieder mit hohem<br />
Sparpotenzial<br />
Fortbildung:<br />
eigene Seminare und günstigere<br />
Konditionen bei anderen Anbietern<br />
z.B. Mitglieder-Rabatt teilweise bis zu 50%<br />
bei der Deutschen AnwaltsAkademie<br />
Netzwerk und Erfahrungsaustausch<br />
national<br />
Regelmäßige Stammtische in den allen<br />
LG-Bezirken. Kontakte zu örtlichen und<br />
überörtlichen jungen Kolleginnen und<br />
Kollegen. Regionalbeauftragte als<br />
Ansprechpartner, die Euch gern vor<br />
Ort weiter helfen.<br />
Netzwerk international<br />
Länderbeauftragte als Ansprechpartner bei<br />
grenzüberschreitenden Rechtsproblemen.<br />
Kontakte zu internationalen<br />
Organisationen junger Anwälte und<br />
Mitgliedschaft in der European Young<br />
Lawyers Bar Association.<br />
Eine Mitgliedschaft zahlt sich aus:<br />
Vorteile für alle Anwälte, Assessoren<br />
und Referendare bis 40 Jahre<br />
(Diese Vorteile bietet nur das FORUM<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong>)<br />
Vertretung der Interessen<br />
der jungen <strong>Anwaltschaft</strong> in der<br />
Berufspolitik und der anwaltlichen<br />
Selbstverwaltung<br />
Vergünstigte Teilnahme<br />
beim Anwaltstag z.B. <strong>2009</strong>: 49,00 € statt<br />
89,00 € für DAV-Mitglieder<br />
VORTEILE<br />
für alle die (noch) nicht im DAV sind<br />
Kostenlos: 11x jährlich das Anwaltsblatt<br />
günstige Konditionen des DAV<br />
(http://anwaltverein.de/leistungen/rabatte)<br />
· Auto & Verkehr: z.B. Sonderboni beim<br />
Autokauf, vergünstigte Mietewagen<br />
· Hotels: Mitgliederrabatte des<br />
DAV in vielen Hotels<br />
· Fortbildung/Webdienste: z.B. juris DAV<br />
· Kommunikation: Rahmenabkommen<br />
für Mobilfunk-Rabatte<br />
· Versicherungen: z.B. bei der<br />
Krankenversicherung und<br />
Altersversorgung<br />
Rahmenabkommen für kostenlose<br />
Kreditkarten<br />
NJW-Abo-Ermäßigung um 22 € jährlich<br />
(Referendare erhalten vom Verlag weitere<br />
Ermäßigungen)<br />
VORAUSSETZUNGEN<br />
für eine Mitgliedschaft:<br />
Anwältin/Anwalt unter 40 Jahren,<br />
Referendare und Assessoren<br />
Jährlicher Mitgliedsbeitrag 50,00 €<br />
Ermäßigungen auf 25,00 €:<br />
1. bei Eintritt ab Juli eines Jahres<br />
2. für Mitglieder eines dem DAV<br />
angeschlossenen Anwaltvereins<br />
Beitritt online: www.davforum.de/anmeldung
Euer FORUM<br />
Fälle von der FORUMs-Mailingliste<br />
Die FORUMs-Mailingliste ist eines der hilfreichsten<br />
Instrumente des Anwaltsalltags.<br />
Alle erdenklichen Anwaltsthemen werden hier<br />
diskutiert, vom richtigen Einstieg in eine Fallbearbeitung<br />
über Fundstellen bis hin zur Organisation<br />
der Kanzlei gibt es fast immer eine<br />
konkrete Antwort. Wir stellen in loser Folge<br />
Fragen und Antworten vor, die auf der Liste<br />
gestellt wurden:<br />
Die Frage<br />
Wie würdet Ihr das Kostenrisiko bei einer unbezifferten<br />
Schmerzensgeldklage unter PKH-Bewilligung<br />
einschätzen?<br />
Wenn das zugesprochene SchmG den in der<br />
Begründung dargelegten, für angemessen erachteten<br />
Betrag unterschreitet, werden dann die Kosten<br />
gequotelt und der Mandant muss die Kosten der<br />
Gegenseite tragen oder ist man tatsächlich vollumfänglich<br />
vor den Kosten des Gegners geschützt,<br />
Hauptsache man unterliegt nicht vollumfänglich?<br />
Das kann ich gar nicht glauben ...<br />
Eine Antwort<br />
Die maßgebliche Norm ist § 92 II Nr. 2 ZPO. Im<br />
Musielak, ZPO, § 92 Rz.7 heißt es dazu: "... ist die<br />
Unterschreitung [des vorgeschlagenen Betrages]<br />
nicht mehr unwesentlich, scheidet eine Kostenbelastung<br />
allein des Beklagten aus. Es ist dann § 92<br />
Abs. 1 anzuwenden. Die entscheidende Grenze wird<br />
zuweilen mit 20 bis 33 % angegeben (Röhl ZZP 85,<br />
52, 75 f.; OLG Köln VersR 1995, 358 f.). Feste<br />
Prozentsätze erscheinen im Hinblick auf die Gebührendegression<br />
nicht sachgerecht. Es sollte deshalb §<br />
92 Abs. 2 angewendet werden, wenn die Zuvielforderung<br />
des Klägers auf einem verständlichen<br />
Schätzfehler beruht (Gerstenberg, NJW 1988, 1352,<br />
1357).<br />
Davon abgesehen muss § 92 Abs. 2 jedenfalls<br />
ausscheiden, wenn die Überschreitung 100 % beträgt<br />
(OLG Köln ZfS 1994, 362 f.)."<br />
Ich denke, wenn eine realistische Größenordnung<br />
genannt wird, die ggf. auf die einschlägigen Tabellenwerke<br />
gestützt wird, kann wohl kaum etwas<br />
schief gehen.<br />
Termine<br />
22. September <strong>2009</strong><br />
FORUM + 3<br />
50667 Köln, Kolping Hotel,<br />
Am Römerturm, St. Apern-Str. 32<br />
http://www.davforum.de/forumplusdrei0/<br />
Seminar ist ausgebucht<br />
24./25. September <strong>2009</strong><br />
2. Europäisches Anwaltsforum<br />
Weitere Informationen sind über die Geschäftsstelle<br />
des Kölner Anwaltvereins oder unter:<br />
www.koelner.anwaltverein.de erhältlich.<br />
30./31. Oktober <strong>2009</strong><br />
Existenzgründerveranstaltung –<br />
Seminar für Berufseinsteiger<br />
Timmendorfer Strand<br />
http://www.davforum.de/908/<br />
7. November <strong>2009</strong><br />
Karrieretag für Referendare und<br />
junge Anwälte.<br />
Hamburg,<br />
Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes<br />
9:00 bis 17:00 Uhr<br />
ZUM VORMERKEN:<br />
4./5. Juni 2010<br />
Geburtstagsfeier<br />
15 Jahre FORUM<br />
Berlin<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
37
Ehe und Familie<br />
Studienreise Griechenland<br />
„Ehe und Familie im Wandel der Zeit“ – so lautete<br />
das Thema einer gemeinsamen Studienreise der<br />
ARGE Familienrecht Ende Mai dieses Jahres nach<br />
Griechenland. Als Referentin konnten dafür Frau<br />
Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, Richterin am<br />
BVerfG gewonnen werden. Sie berichtete über Ehe<br />
und Familie aus Sicht unserer Verfassung. Des<br />
Weiteren referierte Herr Eckart Hohmann, Präsident<br />
des Statistischen Landesamtes Wiesbaden<br />
und stellv. Vorsitzender des Rates für Sozial- und<br />
Wirtschaftsdaten über die Ehe und Familie in<br />
Zahlen. Frau Dr. Elisabeth Unger, Rechtsanwältin<br />
aus Hamburg, gab einen geschichtlichen Überblick<br />
über das Thema Ehe und Familie. Aus europäischer<br />
Sicht referiert Dr. Jens M. Scherpe, von der University<br />
of Cambridge über Ehe und Familie in Europa.<br />
Insgesamt haben an der Studienreise 60 Anwältinnen<br />
und Anwälte aus ganz Deutschland teilgenommen,<br />
teilweise auch in Begleitung.<br />
Obwohl die Gruppe damit recht groß war, ließ sich<br />
schnell zu jedem „Griechen“ ein Draht finden.<br />
Gerade die jüngeren Kolleginnen und Kollegen,<br />
noch leider in Unterzahl, hatten somit Gelegenheit<br />
interessante Kontakte zu den alten Hasen zu<br />
knüpfen. Neben den wirklich interessanten Vorträgen<br />
der Referenten blieb genug Zeit zum Entspannen<br />
und Seele – baumeln – lassen. Da wir das<br />
direkt am Meer gelegene Hotel fast für uns allein<br />
hatten, wurde unserer Gruppe jeder Wunsch von<br />
den Lippen abgelesen.<br />
Die Studienreise nach Griechenland war somit mal<br />
wieder eine perfekte Mischung aus erstklassiger<br />
Fortbildung und Erholung. Es lohnt sich daher auch<br />
für jüngere Kolleginnen und Kollegen mit zu fahren,<br />
da die Kosten wirklich überschaubar sind und<br />
man auch zu der Fortbildung einen schönen Urlaub<br />
dazu bekommt.<br />
RAin Carmen Grebe, Köln<br />
Euer FORUM<br />
FORUM in Kiel<br />
Stand gut besucht<br />
Fortbildung und Erholung - Studienreise nach Griechenland. Präsent am FORUMs-Stand: Kollege Triltsch aus Kiel.<br />
38 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Am <strong>03</strong>.06.<strong>2009</strong> fand im Kieler Schloss der 1.<br />
Schleswig-Holsteinische Anwalts- und Notarkammertag<br />
mit geschätzten 130 Teilnehmern statt.<br />
Hier war das FORUM mit einem eigenen Stand<br />
vertreten, welcher viel Beachtung fand. Dies zeigte<br />
sich zunächst daran, dass der Stand in den<br />
Tagungspausen gut besucht war.<br />
Außerdem schrieb die Schleswig-Holsteinische<br />
Rechtsanwaltskammer in ihrem Rundschreiben<br />
„Kammer Online 4/<strong>2009</strong>“ u. a.: „Besonders hervorzuheben<br />
sind Präsenz und Engagement unserer<br />
jungen Kolleginnen und Kollegen, die für das<br />
<strong>Forum</strong> <strong>Junge</strong>r Anwälte im DAV warben“. Der 1.<br />
Schleswig-Holsteinische Anwalts- und Notarkammertag<br />
begann mit einer Rede des Präsidenten der<br />
Bundesrechtsanwaltskammer, Herrn Rechtsanwalt<br />
Axel C. Filges, zum Thema „Rechtspolitik in Berlin -<br />
Wir Anwälte haben etwas zu sagen!“<br />
Anschließend fand die Mitgliederversammlung des<br />
Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerkes für<br />
Rechtsanwälte statt. Der Versuch des FORUM, ein<br />
Mitglied in den Verwaltungsausschuss des Versorgungswerkes<br />
wählen zu lassen, war leider nicht<br />
erfolgreich. Unser Kandidat Ulf Schönenberg-Wessel<br />
bekam aber immerhin respektable 29 Stimmen.<br />
Der Gegenkandidat und Amtsinhaber brachte es<br />
auf 85 Stimmen. Die Kandidatur des Kollegen<br />
Schönenberg-Wessel fand ebenfalls Eingang in das<br />
Rundschreiben „Kammer Online 4/<strong>2009</strong>“.<br />
Darauf folgten Vorträge zum Thema „Virtuelle<br />
Berufsausübung - vom Nutzen der elektronischen<br />
Signatur“ sowie zum Thema „RVG richtig angewandt<br />
- die schlüssige Gebührenklage“, „Wenn ich<br />
groß bin, möchte ich Notar werden“, Die Neuregelung<br />
des Zugangs zum Anwaltsnotariat sowie<br />
zum Thema „Wenn der Wind aus Brüssel weht“.<br />
RA Dr. Christoph Triltsch, Kiel<br />
Regionalbeauftragte<br />
gesucht!<br />
Regionalbeauftragte gesucht! An alle FORUMskolleginnen<br />
und -kollegen in den LG-Bezirken<br />
Amberg, Bückeburg, Cottbus, Kleve, Landau,<br />
Memmingen, Rottweil und Stendal! In diesen<br />
Bezirken ist die interessante Position des Regionalbeauftragten<br />
nicht oder nur kommissarisch<br />
besetzt. Welche engagierten FORUMs-Mitglieder<br />
möchsten diese Lücken schließen? Der Regionalbeauftragte<br />
ist der Ansprechpartner des<br />
FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> vor Ort und organisiert<br />
in erster Linie den monatlichen Stammtisch<br />
zur Vernetzung der Mitglieder im eigenen<br />
Landgerichtsbezirk. Als RB bist du auch die<br />
Schnittstelle zwischen dem geschäftsführenden<br />
Ausschuss und den Mitgliedern, vor Ort und<br />
stehst in Kontakt mit den anderen RBs im Bundesgebiet.<br />
Das FORUM lebt von der Vernetzung<br />
aller Mitglieder, und der Regionalbeauftragte ist<br />
ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht<br />
Spaß und bringt jede Menge Kontakte mit sich.<br />
Regionalstammtische<br />
Für fast alle in fast allen LG-Bezirken findet<br />
Ihr die Orte und Termine im Internet<br />
www.daforum.de/322, u. a.<br />
Berlin: an jedem 3. Montag des Monats um<br />
19.30 Uhr in der Gaststätte „Cum Laude“ (im<br />
Salon) in der Universitätsstraße<br />
Hamburg: an jedem 1. Montag eines Monats<br />
um 19.30 Uhr im Parlament (www.parlamenthamburg.de)<br />
Rathausmarkt 1<br />
Frankfurt am Main: an jedem 1. Mittwoch des<br />
Monats, 20.00 Uhr in wechselnden Lokalen.<br />
mail an frankfurt@davforum.de<br />
Dortmund: an jedem 1. Donnerstag im Monat<br />
ab 19.30 Uhr im Café Endlos in der Kaiserstraße/Ecke<br />
Goebenstraße<br />
Düsseldorf: an jedem 2. Mittwoch des Monats<br />
um 20.00 Uhr in der Gaststätte Schwan am Burgplatz<br />
in der Mühlenstr. 2<br />
Köln: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab<br />
19.30 Uhr in Hellers Brauhaus, Roonstraße 33<br />
München: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab<br />
19.30 Uhr in der Gaststätte „Marktwirt“ in der<br />
Heiliggeiststraße 2 in München (Viktualienmarkt)<br />
Schreibt uns ...<br />
… Euer Lob, Eure Kritik und Eure Anregungen. Die<br />
<strong>AdVoice</strong> lebt von Euch! Infos und Themen, die<br />
Euch wichtig sind und natürlich Eure Beiträge<br />
schickt Ihr an: redaktion@davforum.de
Euer FORUM<br />
Regional- und Länderbeauftragte<br />
stellen sich vor<br />
RAin Christine Zech<br />
für den LG Bezirk<br />
Dresden<br />
RA Thomas Klimes<br />
Slowakei als<br />
attraktiver<br />
Wirtschaftsstandort<br />
Burg in der Altstadt von<br />
Bratislava.<br />
RA Servet Pinarak<br />
Türkei – mehr als<br />
ein Reiseziel<br />
Istanbul am Bosporus<br />
Als neue Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk<br />
Dresden übernehme ich das Amt von RA Stefan Paul,<br />
der mir aufgrund des Erreichens der magischen<br />
Altersgrenze seine Nachfolge angetragen hat. Ich<br />
bin 30 Jahre jung und habe in Dresden und Wellington<br />
(NZ) studiert. Nachdem ich zunächst im<br />
Insolvenzbereich tätig war, habe ich nunmehr<br />
meinen Schwerpunkt auf das gewerbliche Mietrecht<br />
verlagert. Hier berate und betreue ich als selbstständige<br />
Rechtsanwältin der Sozietät CSC Rechtsanwälte<br />
in Dresden vorrangig Filialisten im gesamten<br />
Bundesgebiet.<br />
Was verbindet dich mit dem Land?<br />
Insbesondere meine Kindheit, Familie, Freunde und<br />
die Wahlstation meines Referendariats bei der<br />
Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer<br />
in Bratislava.<br />
Was sollte ein deutscher Anwalt über die Slowakei<br />
wissen?<br />
Die Slowakei ist, nicht zuletzt aufgrund der EU-<br />
Mitgliedschaft, der Einheitssteuer („Flat Tax“) von<br />
19 Prozent sowie der Mitgliedschaft in der Eurozone,<br />
ein attraktiver Wirtschaftsstandort für deutsche<br />
Unternehmen. Ein Bindeglied zwischen den<br />
beiden Ländern sind die etwa 5.000 Karpatendeutschen<br />
in der Slowakei sowie rund 30.000<br />
slowakische Emigranten in Deutschland. In der<br />
Slowakei muss mit einer langen Verfahrensdauer<br />
Was verbindet Dich mit dem Land?<br />
Meine Kindheit habe ich in Istanbul verbracht und<br />
bis zu meinem zwölften Lebensjahr dort die Schule<br />
besucht. Einen Teil meines Referendariats verbrachte<br />
ich in einer der ältesten und größten Kanzleien<br />
in Istanbul.<br />
Was sollte ein deutscher Anwalt über die Türkei<br />
wissen?<br />
Das Rechtssystem in der Türkei ist mit dem<br />
europäischen Rechtssystem enger verbunden als<br />
manch einer denkt. Nach der Gründung der Republik<br />
Türkei wurden das Zivilrecht aus der<br />
Schweiz, das Strafrecht aus Italien und das Handelsgesetzbuch<br />
aus Deutschland mit wenigen<br />
Änderungen fast vollständig übernommen. Obwohl<br />
die Türkei kein Mitglied der EU ist, so werden viele<br />
Gesetze und Richtlinien der EU auch in der Türkei<br />
Seit zwei Jahren bin ich Mitglied des FORUM und<br />
des hiesigen Stammtisches. In wechselnden Lokalitäten<br />
unserer schönen Landeshauptstadt findet hier<br />
regelmäßig der Erfahrungsaustausch unter Kollegen<br />
statt. Mein Ziel ist es, neue Mitglieder zu gewinnen<br />
und den Stammtisch und das gemeinsame Netzwerk<br />
kontinuierlich auszubauen. Dabei sollen insbesondere<br />
die Referendare als unsere künftigen Kollegen/innen<br />
stärker eingebunden werden. Darüber hinaus<br />
sind weitere gemeinsame Veranstaltungen geplant.<br />
c.zech@email.de<br />
gerechnet werden; ein Zivilprozess dauert im<br />
Durchschnitt vier Jahre. Mit der Zwangsvollstreckung<br />
(„Exekution“) kann sowohl das jeweilige<br />
Kreisgericht oder aber der Gerichtsvollzieher<br />
beauftragt werden. Letzterer ist zwar teurer, in der<br />
Regel aber auch erfolgreicher. Es herrscht mit Ausnahme<br />
des Strafrechts und der Revision in Zivilsachen<br />
- kein Anwaltszwang.<br />
Wie kannst Du bei einem internationalen<br />
Rechtsproblem helfen?<br />
Ich würde ein Rechtsproblem zunächst selbst zu<br />
lösen versuchen, andernfalls könnte ich auf mein<br />
Netzwerk von slowakischen Rechtsanwälten zurückgreifen<br />
und einen Spezialisten empfehlen.<br />
klimes@web.de<br />
– nicht zuletzt getrieben durch die Aufnahmebemühungen<br />
– umgesetzt und an die europäischen<br />
angepasst. Schätzungen zufolge haben sich<br />
zirka 70.000 Deutsche in der Türkei niedergelassen.<br />
Die wirtschaftlichen Verflechtungen wachsen<br />
stetig. Die Zahl deutscher Unternehmen bzw.<br />
türkischer Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung<br />
in der Türkei ist inzwischen auf über<br />
3.600 gestiegen.<br />
Wie kannst Du bei einem internationalen<br />
Rechtsproblem helfen?<br />
Durch meinen Aufenthalt in der Türkei und die sehr<br />
engen Beziehungen zu ortsansässigen Rechtsanwälten<br />
kann ich als Bindeglied zwischen den<br />
beiden Ländern die richtigen Impulse setzen.<br />
www.hukuk24.com<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
39
Leserbriefe<br />
Zweifel an der RA-UG<br />
In der Advoice - Ausgabe 2/<strong>2009</strong> hat Kollege RA<br />
Christian Weiß die Vorteile der neuen Unternehmergesellschaft<br />
(UG haftungsbeschränkt) auch für<br />
Rechtsanwälte dargestellt.<br />
Es mag zwar zutreffen, dass Existenzgründer und<br />
Kleinunternehmen seit dem 1.11.2008 die Unternehmergesellschaft<br />
(UG) mit vielen Erleichterungen<br />
gründen können. Es bestehen jedoch große Zweifel,<br />
ob die UG für Rechtsanwälte die richtige Rechtsform<br />
ist. Die UG ist nicht neu, sondern lediglich eine<br />
Sonderform der GmbH.<br />
Nach den Vorschriften der §§ 59 c ff. BRAO können<br />
GmbHs, deren Unternehmensgegenstand die Beratung<br />
und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist,<br />
als Rechtsanwaltsgesellschaften (RAG) zugelassen<br />
werden. Dieser Antrag auf Zulassung einer RAG ist<br />
bei der jeweiligen RK zu stellen. Je nach Kammergerichtsbezirk<br />
müssen allerdings für die Zulassung<br />
einer RAG zirka 1.000 € Gebühren an die RK<br />
abgeführt werden. Darüber hinaus können Gesellschafter<br />
einer RAG nur Anwälte und sozietätsfähige<br />
Berufe sein. Die Mehrheit der Geschäftsanteile und<br />
der Stimmrechte muss auch Anwälten zustehen.<br />
Damit bestehen bereits größere Schwierigkeiten bei<br />
der Beteiligung von Anwälten, Steuerberatern und<br />
Wirtschaftsprüfern in einer GmbH. Auch die<br />
Geschäftsführer einer RAG müssen mehrheitlich<br />
Anwälte sein.<br />
Ein wesentlicher Nachteil der Rechtsanwalts-GmbH<br />
und der Rechtsanwalts-AG im Vergleich zu BGB-<br />
Gesellschaften oder Partnerschaftgesellschaften<br />
40 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Euer FORUM<br />
nach dem Partnerschaftsgesetz ist, dass die RAG an<br />
ihrem Sitz eine Kanzlei zu unterhalten hat, in der<br />
verantwortungsvoll zumindest ein geschäftsführender<br />
Anwalt tätig ist. Auch an den Zweigniederlassungen<br />
ist zumindest ein geschäftsführender<br />
Anwalt zu beschäftigen.<br />
Im Vergleich zu Einzelkanzleien, zur Partnerschaftsgesellschaft<br />
und den BGB-Gesellschaften sind dies<br />
deutliche Nachteile.<br />
Seit dem 1.7.2007 können Anwälte, BGB-Gesellschaften<br />
und Partnerschaftsgesellschaften Zweigniederlassungen<br />
oder auswärtige Sprechtage<br />
einrichten. Wenngleich auch bei der Einrichtung von<br />
Zweigniederlassungen bestimmte Voraussetzungen<br />
gelten, so ist jedoch berufsrechtlich nicht zwangsläufig<br />
an der Zweigniederlassung auch ein Anwalt<br />
zu beschäftigen.<br />
Damit ist die Rechtsanwalts-GmbH an die Verpflichtung<br />
gebunden, an Zweigniederlassungen und dem<br />
Sitz jeweils Anwälte zu beschäftigen.<br />
Für die RAGs besteht die nach § 59 j BRAO bestehende<br />
Verpflichtung, eine Berufshaftpflichtversicherung<br />
abzuschließen und während der Dauer<br />
der Zulassung auch aufrecht zu erhalten. Die<br />
Mindestversicherungssumme bei RAGs beträgt<br />
2.500.000 EUR für jeden Versicherungsfall. Darüber<br />
hinaus ist vorgeschrieben, dass sich die Jahreshöchstleistung<br />
mindestens auf den 4-fachen Betrag<br />
der Mindestversicherungssumme belaufen muss.<br />
Bereits bei den Prämien der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung<br />
mit einer Mindestversicherungssumme<br />
von 2.500.000 EUR entstehen bei<br />
Existenzgründern, die eine Rechtsanwalts-UG wählen,<br />
hohe Anfangskosten. Darüber hinaus darf nicht<br />
vergessen werden, dass die Gesellschafter und die<br />
Geschäftsführer neben der Gesellschaft persönlich<br />
in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes haften,<br />
wenn die Berufshaftpflichtversicherung nicht<br />
oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten<br />
wird. Der unzureichende Versicherungsschutz<br />
bei einer Rechtsanwalts-UG hat damit existenzbedrohende<br />
Haftungsfolgen.<br />
Neben den berufsrechtlichen Formalien ist bei einer<br />
Rechtsanwalts-UG auch zu berücksichtigen, dass<br />
man aufgrund der Rechtsform Pflichtmitglied in der<br />
Industrie- und Handelskammer ist und damit auch<br />
Beiträge abzuführen hat.<br />
Die Rechtsanwalts-UG ist grundsätzlich zur Erstellung<br />
einer Bilanz verpflichtet. Bei Einzelkanzleien,<br />
BGB-Gesellschaften oder Partnerschaftsgesellschaften<br />
reicht in der Regel eine Einnahme-/<br />
Überschussrechnung aus. Obwohl die Bilanzierung<br />
gewisse Vorteile bietet, ist damit auch ein gewisser<br />
organisatorischer und finanzieller Aufwand verbunden.<br />
Auf die besonderen Publizitätspflichten im Handelsregister<br />
wird ebenfalls hingewiesen. Damit<br />
unterliegen Rechtsanwälte bei der Wahl der UG als<br />
Unternehmensträgerin, unabhängig von der Größe<br />
des Unternehmens, den kaufmännischen Regeln<br />
(UG = Kaufmann kraft Rechtsform) sowie den für<br />
Kapitalgesellschaften bestehenden Offenlegungspflichten.<br />
Es dürfte sich als großer Nachteil erweisen,<br />
wenn die veröffentlichungspflichtigen Tatbestände<br />
wie z. B. Umsätze, über einen Blick ins Handelsregister<br />
von den Kollegen leicht eingesehen werden<br />
können.
Wählt man die UG als Rechtsform, unterwirft man<br />
sich automatisch der Besteuerung mit Gewerbesteuer.<br />
Gerade Anwälte üben einen freien Beruf aus<br />
und unterliegen grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer,<br />
wenn sie als Einzelanwalt, in der BGB-Gesellschaft<br />
oder der Partnerschaftsgesellschaft tätig<br />
sind.<br />
Ob unter diesen Gesichtspunkten für den jeweiligen<br />
Kollegen die UG als Rechtsform noch sinnvoll und<br />
wirtschaftlich erscheint, sollte jeder Kollege vor<br />
Gründung einer UG abwägen.<br />
RAin Noreen Loepke, Plauen<br />
Professionell „rüberkommen“<br />
Diskussion zur Anwaltswerbung via Vorträgen<br />
im Web<br />
Im Advoice 2/09-Artikel zu Vortrag.tv wurde das<br />
Thema Vorträge im Web heiß diskutiert, ein wichtiges<br />
Thema war die Qualität des Auftritts, da<br />
schlecht gemachte Filme dem Vortragenden schaden<br />
könnten.<br />
Hierzu unser Tipp: Professionell „rüberzukommen“<br />
ist kein Problem, z. B. mit einer Applikation, die<br />
Apples iPhone zum kinderleicht bedienbaren Teleprompter<br />
macht.<br />
Damit Sie sich ein eigenes Bild machen können, stellen<br />
wir den ersten 50 Advoice-Lesern das komplette<br />
Equipment leihweise zur Verfügung.<br />
Dafür und für die Nutzung von Vortrag.tv entstehen<br />
selbstverständlich weder Kosten noch andere<br />
Verpflichtungen.<br />
Henning Grimm, www.vortrag.tv<br />
Ganz ehrlich: die <strong>AdVoice</strong> wurde immer besser und<br />
die Ausgabe, die ich heute morgen durchgesehen<br />
habe ist bis jetzt die beste. Toll gemacht. Danke.<br />
Genau so weiter!<br />
RA Holger Praetorius, Heidelberg<br />
Also zunächst mal Gratulation zu der aktuellen<br />
Advoice - super interessante Themen! Das aktuelle<br />
Heft habe ich wirklich "verschlungen", da für einen<br />
jungen Anwalt wichtige Informationen "leicht<br />
verdaulich" dargeboten werden. Ich freue mich<br />
bereits jetzt auf die nächste Ausgabe und bin sehr<br />
gerne bereit, dieses Medium weiter auch tatkräftig<br />
mit zu unterstützen.<br />
RA Christian Weiß, Bonn<br />
Euer FORUM<br />
Nachdem bekanntlich Schelte wesentlich schneller<br />
ausgesprochen wird als Lob, habe ich mich entschlossen,<br />
jetzt mal bewusst hervorzuheben, wie<br />
sehr mir Eure Arbeit gefällt. Noch vor nicht allzu<br />
langer Zeit war die <strong>AdVoice</strong> eher unscheinbar, unstrukturiert<br />
und damit wenig attraktiv. Doch seit<br />
einigen Ausgaben hat sie eine völlig neue Gesamterscheinung,<br />
die mir höchsten Respekt abverlangt:<br />
Die Hefte sind mit Schwerpunktthemen versehen,<br />
die gut recherchiert und ausgewogen dargestellt<br />
werden. Hierdurch lohnt es sich nicht nur, das<br />
aktuelle Heft an Interessierte weiterzugeben, sondern<br />
überdies auch frühere Ausgaben aufzuheben<br />
und weiterzureichen, oft versehen mit dem Hinweis:<br />
„Das ist ein Heft speziell zum Thema XYZ (z. B.<br />
Geld, Kanzleimanagement, Internationales o. ä.), da<br />
solltest du mal reingucken. Dann weißt du auch,<br />
was das FORUM als Organisation für seine Mitglieder<br />
so alles auf die Beine stellt.“<br />
Kurz und gut: die <strong>AdVoice</strong> ist zwischenzeitlich ein<br />
Aushängeschild für das FORUM und sicherlich ein<br />
guter Weg, junge Kollegen auf diese Organisation<br />
aufmerksam zu machen sowie ihren (auch älteren)<br />
Lesern einen Mehrwert zu bieten. In diesem Sinne:<br />
macht weiter so! Es gibt immer noch genügend<br />
Themen, die für Eure Leser interessant genug sind,<br />
um in attraktiver Form zu Papier gebracht zu<br />
werden.<br />
RAin Carolin Ott, Landshut<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
41
Euer FORUM<br />
FORUM meets ARGE Sportrecht<br />
Begeisterung auf der Leichtathletik-WM im Berliner Olympiastadion<br />
Seite an Seite – Betty Heidler und Silke Waterschek<br />
42 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Bekanntlich ist das FORUM immer daran interessiert,<br />
Kontakte zu den anderen Arbeitsgemeinschaften<br />
im DAV zu intensivieren und für<br />
unsere Mitglieder weiter auszubauen. So auch<br />
zum zehnjährigen Jubiläum der ARGE Sportrecht<br />
am 21./ 22. August in Berlin.<br />
Geboten wurde dort hochkarätige Fortbildung, etwa<br />
zum Thema „50+1 Regelung: Bundesliga ohne<br />
Investoren?“ und eine Podiumsdiskussion zu Ausländerklauseln<br />
und Investorenhemmnissen und der<br />
Frage: „Verbandsautonomie trotz Europa?“. Aber<br />
auch der gesellige Teil der Veranstaltung hatte es in<br />
sich.<br />
Cornelia Blankenfeld, im FORUM zuständig für die<br />
ARGE Sportrecht, verteilte zunächst kleine Geschenke<br />
an die Referenten, die auf dem diesjährigen DAT<br />
gemeinsam mit dem FORUM die Veranstaltung<br />
„Sportrecht – ein Tätigkeitsfeld für junge Rechtsanwältinnen<br />
und Rechtsanwälte“ auf die Beine<br />
gestellt hatten. Dann ging es los. Der Besuch der<br />
Leichtathletik – WM im Olympia-Stadion in Berlin<br />
stand an.<br />
Wer gedacht hat, es könne Langeweile aufkommen,<br />
wenn man bei bei gefühlten 27 Grad besonders<br />
sportlichen Mitbürgern beim „Schnell-im-Kreisrennen“,„Über-die-Stange-springen“<br />
und „Hammerdurch-die-Gegend-werfen“<br />
zugucken soll, der hatte<br />
sich mächtig geirrt. 60.000 begeisterte Zuschauer<br />
haben die Mädels der deutschen 4x100 Meter Staffel<br />
regelrecht über die Ziellinie und zu Bronze geschrieen,<br />
Usain Bolt bei der gleichen Staffel der Männer<br />
zugejubelt und haben sich vor Freude in den Armen<br />
gelegen, als Betty Heidler es schaffte, Silber im Hammerwerfen<br />
der Frauen zu gewinnen.<br />
Im Anschluss der Wettkämpfe reihten wir uns in die<br />
Schlange der Autogrammjäger ein, mittlerweile um<br />
ein weiteres ehemaliges FORUMs-Mitglied verstärkt,<br />
das uns versprach, für ein Autogramm des Goldmedaillengewinners<br />
im Stabhochsprung, Steven<br />
Hooker aus Australien, zu sorgen. Todesmutig rief<br />
der Kollege, der dem englischen nicht unbedingt<br />
vollumfänglich mächtig ist, dem dann tatsächlich<br />
aufgetauchten Hooker hinterher: „My girl want to<br />
left me !!!“, um diesen zum Stehen bleiben zu bewegen.<br />
Das tat Hooker zwar nicht, er drehte sich<br />
aber augenblicklich nach uns um und hat sich dabei<br />
vor Lachen fast verschluckt.<br />
Auch Usain Bolt lief an uns vorbei, allerdings ohne<br />
auf unseren Autogrammwunsch einzugehen. Den<br />
erfüllte uns dann die bis über beide Ohren vor Glück<br />
strahlende Betty Heidler, der wir außer dem begehrten<br />
Autogramm auch ein offizielles Foto für die<br />
<strong>AdVoice</strong> abringen konnten genauso, wie ein Mitglied<br />
des drittplazierten Teams aus Großbritannien der<br />
4x100 m Staffel der Männer.<br />
Fazit: Dank Connys engagiertem Einsatz als Ansprechpartnerin<br />
des FORUMs für die ARGE Sportrecht<br />
ist es uns gelungen, zu den Sportrechtlern ein<br />
herzliches und von gegenseitigem Respekt und Verständnis<br />
geprägtes Verhältnis zu entwickeln, das<br />
unseren Mitgliedern zugute kommt. Gemeinsame<br />
Veranstaltungen, von denen junge Kolleginnen und<br />
Kollegen, die im Bereich des Sportrechts tätig sind<br />
oder es künftig sein möchten, profitieren können,<br />
werden also ganz sicher wieder stattfinden.<br />
RAin Silke Waterschek Heilbronn
Als Rechtsanwalt<br />
betreuen Sie<br />
Ihre Mandanten ERFOLGREICH sind Sie auch als Kanzleichef.<br />
Denn mit der DATEV-Software<br />
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mit den aktuellen Daten. Zur Ertragslage<br />
der Kanzlei ebenso wie zum Aktenstatus und<br />
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minimieren und sich ganz auf Ihre wichtigste<br />
Aufgabe konzentrieren – die anwaltliche Betreuung<br />
Ihrer Mandanten. Informieren Sie sich<br />
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www.datev.de/anwalt
Werkstattbuch Mediation<br />
Hannelore Diez, 1. Aufl. 2004, 3<strong>03</strong> S., 34,80 Euro, Verlag Dr.<br />
Otto Schmidt<br />
Mediation ist eine außergerichtliche Konfliktlösung, der<br />
zunehmend Bedeutung beigemessen wird. Die Ausbildungszahlen<br />
haben bereits beachtliche Höhen erreicht, auch die allgemeine<br />
Ausbildungsliteratur wird zusehends unübersichtlicher. Das<br />
Werkstattbuch Mediation von Hannelore Diez fällt diesbezüglich<br />
etwas aus der Reihe, handelt es sich hierbei eben nicht um das<br />
typische „Was-ist-Mediation-Buch“, sondern um ein Arbeitsbuch,<br />
mit welchem bereits ausgebildete Mediatoren einen Leitfaden zur<br />
Erprobung verschiedener, interdisziplinär entwickelter Mediationstechniken<br />
in der Praxis erhalten.<br />
Das Buch beginnt mit einem exemplarischen Fall einer Erb-<br />
Mediation, der in Ablauf und Darstellung den üblichen fiktiven<br />
Fallbeispielen in der Mediationsliteratur ähnelt. Das folgende<br />
Kapitel der Werkstattmethoden kann als das Herzstück des<br />
Buches bezeichnet werden. Der Leser erhält eine gründliche<br />
Darstellung aller Elemente eines Mediationsverfahrens beginnend<br />
mit Hintergrundwissen über Konflikte im Allgemeinen sowie dem<br />
Selbstverständnis einer Mediation. Anschließend erläutert Diez<br />
die methodischen Grundbausteine der Mediation anhand der<br />
Begriffe Autonomie, Selbstbehauptung, Wechselseitigkeit sowie<br />
Gemeinsamkeit. Schließlich geht die Autorin sowohl auf die<br />
Prozess-Bausteine ein, welche die einzelnen Stadien eines<br />
Mediationsverfahrens auf die Handlungsmöglichkeiten des Mediators<br />
durchleuchtet als auch auf die technischen Bausteine,<br />
welche das Verhalten des Mediators einer kritischen Überprüfung<br />
unterziehen. Schließlich enthält das dritte Kapitel Praxismethoden<br />
angefangen mit Vorüberlegungen zur Vorbereitung eines<br />
Mediationsfalles bis hin zu Werbung, Marketing und Akquise.<br />
Schließlich finden sich auch sogenannte Praxismuster, eine<br />
umfangreiche Sammlung verschiedener Muster wie Mediationsvereinbarung,<br />
Organi-, Sozio- oder Genogramm sowie Vermögens-<br />
oder Einkommensaufstellung.<br />
Die mittlerweile verstorbene Hannelore Diez gehörte zu den<br />
Pionieren der Mediation in Deutschland. Sie war Autorin zahlreicher<br />
Publikationen und sammelte breite Erfahrungen in der<br />
Mediationsausbildung. In der Praxis war sie überwiegend im<br />
Bereich der Familienmediation tätig.<br />
Fazit: Das Werkstattbuch Mediation ist ein sehr praktisches<br />
Arbeitsbuch, das jedem Mediator nach der Ausbildung als ein<br />
guter Wegbegleiter für die Praxis dienen kann. Es lädt ein<br />
zum Ausprobieren, Selbstreflektieren und Vergleichen gängiger<br />
Mediationsmethoden. Durch den interdisziplinären<br />
Charakter des Werkes geht der Blick auch etwas über den<br />
Tellerrand hinaus.<br />
RA Florian Wörtz, Heilbronn<br />
44 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Bücher-FORUM<br />
Formularbuch<br />
Außergerichtliche Streitbeilegung<br />
Robert Walz (Hrsg.),<br />
1. Aufl. 2006, 1.074 S. inkl. CD-ROM, 89,80 Euro,<br />
Verlag Dr. Otto-Schmidt<br />
Im Alltag eines Rechtsanwalts spielt das Thema Außergerichtliche<br />
Streitbeilegung regelmäßig eine beachtliche Rolle. Statt den<br />
mühsamen Klageweg zu beschreiten, einigen sich die Konfliktparteien<br />
häufig bereits außergerichtlich durch Vergleich. Im<br />
Gegensatz zu den vielen Formularsammlungen mit Musterklagen<br />
oder zu spezifischen Rechtsgebieten gibt es jedoch im Bereich<br />
der Außergerichtlichen Streitbeilegung kaum Literatur. Dabei soll<br />
das Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung gerade<br />
hierfür Abhilfe schaffen.<br />
In zehn Kapiteln wird das Instrumentarium der Außergerichtlichen<br />
Streitbeilegung umfassend dargestellt. Neben den<br />
wahrscheinlich praxisrelevantesten Kapiteln der Mediation,<br />
Schlichtungsverfahren und Schiedsgerichtsbarkeit enthält das<br />
Buch ein eigenes Kapitel zu Vergleichsvereinbarungen. Hierbei<br />
werden neben allgemeinen Vergleichsvereinbarungen auch<br />
Vergleichsvereinbarungen in den wichtigsten Rechtsgebieten<br />
dargestellt: Mietrecht, Werkvertragsrecht, Deliktsrecht, Grundstücksrecht,<br />
Familien- und Erbrecht, Gesellschaftsrecht und<br />
Arbeitsrecht. Sehr dankbar dürfte der Leser auch über das abschließende<br />
Kapitel des Vertragsvollzugs sein. Wie kann ich die<br />
Bedingungen meiner Vereinbarung sichern, wie sieht es bei den<br />
Vollmachten oder Treuhandgestaltungen aus? Dies alles sind<br />
wichtige Punkte, die eine gelungene außergerichtliche Streitbeilegung<br />
„abrunden“.<br />
Neben dem Herausgeber selbst – einem Münchner Notar – sind<br />
weitere 8 von insgesamt 15 Autoren Notare, alle weiteren<br />
Autoren sind Anwälte. Die Autoren pflegen einen präzisen und<br />
leicht verständlichen Sprachstil. Neben den zahlreichen Mustern<br />
selbst finden sich eine Vielzahl an Anmerkungen zu den einzelnen<br />
Klauseln sowie viele Erläuterungen in Form von Einführungen,<br />
die neben einem passenden Muster auch gleich die Thematik<br />
erklären und das Problembewusstsein schärfen sollen, um einem<br />
„blinden“ und unsinnigen Gebrauch der einzelnen Musterformulare<br />
vorzubeugen.<br />
Fazit: Das Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung<br />
ist ein sehr praktischer und kompetenter Leitfaden. Das Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis ist sehr ansprechend. Im Hinblick auf<br />
mögliche Haftungsrisiken bei außergerichtlicher Streitbeilegung<br />
ist dieses Werk eigentlich schon ein Muss für jede<br />
Kanzlei-Bibliothek.<br />
RA Florian Wörtz, Heilbronn<br />
Mietminderungstabelle<br />
Entscheidungssammlung in Tabellenform<br />
Cathrin Börstinghaus,<br />
1. Aufl. <strong>2009</strong>, 363 S. mit CD-ROM, 38,00 Euro,<br />
Verlag C.H. Beck<br />
Das Wichtigste vorab: Endlich gibt es Mietminderungstabellen,<br />
mit denen man „richtig“ arbeiten kann.<br />
Wer ein weiteres Werk von Herrn Börstinghaus erwartet, wird<br />
allerdings enttäuscht, denn das Buch ist von seiner Tochter. Der<br />
Vater hat aber immerhin die Einführung in das Recht der<br />
Mietminderung geschrieben. Womit man auch schon bei der<br />
Gliederung wäre: Das Buch ist in zwei Teile gegliedert:<br />
- der erste Teil behandelt das Recht der Mietminderung<br />
(21 Seiten)<br />
- der zweite Teil enthält in fünf Tabellen die Entscheidungssammlung<br />
(341 Seiten).<br />
Bemerkenswert ist nicht nur die Auflistung nach Mängeln und<br />
deren jeweiligen Minderungsquoten, sondern die Unterteilung<br />
nach Gerichten und sogar nach Spruchkörpern. Der Nutzer kann<br />
sich „seinem“ Gericht und sogar einzelnen Richtern oder<br />
Kammern annähern. Man kann Unterschiede zwischen einzelnen<br />
Gerichten und Spruchkörpern herausarbeiten und zur<br />
Argumentation heranziehen oder auch Tendenzen ausmachen.<br />
Die einzelnen Tabellen beinhalten:<br />
Tabelle 1: Minderungsquoten nach Art des Mangels<br />
Tabelle 2: Minderungsquoten zugeordnet zum jeweiligen<br />
Spruchkörper<br />
Tabelle 3: Entscheidungen sortiert nach Mangel und Gericht<br />
Tabelle 4: Entscheidungen sortiert nach Gericht und Minderungsquote<br />
Tabelle 5: Entscheidungssammlung sortiert nach Minderungsquote<br />
Zudem sind in vielen Entscheidungen Auszüge aus dem<br />
Urteilstext enthalten, was die Arbeit erheblich erleichtert. Die<br />
Arbeit mit dem Buch erschließt sich von alleine. Meist reicht das<br />
Zusammenspiel aus Tabelle 1 und 5, was von der Art her an die<br />
bekannten „Schmerzensgeldstabellen“ erinnert.<br />
Die im Lieferumfang enthaltene CD-Rom erstellt auf MS Excel-<br />
Basis Minderungsberechnungen. Diese könnten übersichtlicher<br />
und anwenderfreundlicher gestaltet sein.<br />
Fazit: Das Buch „Mietminderungstabelle“ ermöglicht endlich<br />
systematisches Arbeiten, um Minderungsquoten zu ermitteln<br />
und mit Urteilen zu untermauern – und das bei Bedarf sogar<br />
nach Gerichten und Spruchkörpern unterteilt. Das Buch ist<br />
uneingeschränkt zu empfehlen. Der Fleißarbeit von Frau<br />
Börstinghaus gebührt ein großes Lob. Es bleibt zu hoffen,<br />
dass das Buch regelmäßig aktualisiert wird.<br />
Rechtsanwalt Dr. Stephan Cymutta, Mannheim
SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar<br />
Breitkreuz/ Fichte, 1.168 Seiten, 76,80 Euro<br />
Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. Berlin<br />
Soeben neu erschienen ist der Berliner Kommentar zum<br />
Sozialgerichtsgesetz, der den Anspruch erhebt, fundierte Antworten<br />
auf viele wichtige Fragen des sozialgerichtlichen Verfahrens<br />
– z. B. nach der richtigen Klageart, den einzuhaltenden<br />
Fristen, den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes<br />
oder den richtigen Rechtsmitteln - zu bieten.<br />
Tatsächlich schafft es der Kommentar, diesem Anspruch gerecht<br />
zu werden. Die Berücksichtigung der Neuerungen durch das<br />
Gesetz zur Änderung des SGG und des ArbGG zum 01.04.2008<br />
sowie weiterer Änderungen der §§ 16 und 1<strong>03</strong> SGG zum<br />
01.01.<strong>2009</strong> tragen zur absoluten Aktualität des Kommentars bei.<br />
In der Anwendung überzeugen die Übersichtlichkeit und die<br />
Ausführlichkeit der Kommentierung. Als angenehm erweist sich<br />
dabei, dass vorab der gesamte Gesetzestext abgedruckt wurde, was<br />
den zusätzlichen Griff zur Gesetzessammlung erspart. Auch die<br />
Kommentierung der einzelnen Paragraphen ist klar strukturiert<br />
und durch das ausführliche Inhaltsverzeichnis gut zu erfassen.<br />
So wird beispielsweise das - seit Einführung von Hartz IV sehr viel<br />
bedeutsamere - Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter<br />
Einbeziehung der in diesem Bereich ergangenen Rechtsprechung<br />
sehr umfassend dargestellt. Dabei werden die verschiedenen<br />
Gegenstände des einstweiligen Rechtsschutzes voneinander<br />
abgegrenzt und die jeweiligen Besonderheiten aufgezeigt, wobei<br />
die Anforderungen an die Antragsschrift und die wesentlichen<br />
Gesichtspunkte des Verfahrens klar dargestellt werden. So wird<br />
unter anderem auch thematisiert, ob im ER-Verfahren eine<br />
mündliche Verhandlung durchzuführen ist oder unter welchen<br />
Gesichtspunkten diese zumindest sinnvoll wäre.<br />
Gerade hier zeigt sich, daß die Autoren um die beiden<br />
Herausgeber Dr. Tilmann Breitkreuz, Richter am Sozialgericht, und<br />
Dr. Wolfgang Fichte, Richter am Bundessozialgericht, aufgrund<br />
ihrer täglichen Arbeit in der Sozialgerichtsbarkeit das Verfahren<br />
und dessen Eigenheiten in- und auswendig kennen und ihr<br />
Wissen dem Leser gekonnt weitergeben. Dabei profitieren Leser,<br />
die bislang noch nicht im Sozialrecht tätig waren, von der<br />
vergleichenden Einbeziehung von Parallelvorschriften aus ZPO<br />
und VwGO.<br />
Insgesamt kann der Berliner Kommentar als Neuerscheinung<br />
problemlos mit den Standardwerken anderer Verlage konkurrieren<br />
und im Hinblick auf Übersichtlichkeit und Struktur<br />
der Kommentierung die Mitbewerber sogar ausstechen.<br />
Rechtsanwältin Carolin Ott, Landshut<br />
Bücher-FORUM<br />
Vorname<br />
Ort<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
45
Kommentar zum Sozialrecht<br />
Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann,<br />
1. Aufl. <strong>2009</strong>, 2.643 S., 166,00 Euro<br />
Verlag C.H. Beck<br />
Der neue Kommentar zum Sozialrecht ist nach Vorbild des<br />
Palandts in der Reihe Beck'sche Kurzkommentare erschienen.<br />
Erstmals werden alle wesentlichen Vorschriften aus dem SGB I<br />
bis SGB XII sowie zusätzliche Sammelkommentierungen zu Europarecht,<br />
BEEG, BAföG, Wohngeldgesetz und SGG in einem Band<br />
von Richtern des Bundessozialgerichts, von Rechtsanwälten,<br />
Rechtswissenschaftlern und Praktikern des Sozialrechts bearbeitet.<br />
Das Ziel der Herausgeber, dem Anwender einen klar gegliederten<br />
Überblick zu verschaffen und in Einzelheiten schnell und zuverlässig<br />
unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung zu informieren,<br />
ist voll erreicht. Mit Stand Februar <strong>2009</strong> sind alle<br />
Neuregelungen berücksichtigt, die zum 01.<strong>03</strong>.<strong>2009</strong> in Kraft<br />
getreten sind. Neuauflagen im regelmäßigen Rhythmus sind<br />
angekündigt.<br />
Abgedruckt sind alle Paragraphen, kommentiert ist eine Auswahl<br />
der Vorschriften, die nach Ansicht der Herausgeber in der Praxis<br />
zwingend notwendig sind. Neben der Einzelkommentierung findet<br />
der Nutzer Sammelkommentierungen zu Paragraphen, um ein<br />
besseres Verständnis der Materie zu erreichen. So sind zum<br />
Beispiel im SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung - nach einer<br />
Einleitung die §§ 5 bis 62 a, 73b, 74, 76, 81a einzeln kommentiert.<br />
Die Einzelkommentierung ist logisch aufgebaut, gegliedert nach<br />
Normzweck und Anspruchsvoraussetzungen sowie Pflichten und<br />
Rechtsfolgen. Eine Sammelkommentierung der §§ 95 bis 105<br />
sowie die §§ 124 bis 127 ist gelungen. Die prüfungsrelevanten<br />
Stichworte sind im Text deutlich durch Fettdruck hervorgehoben.<br />
Neben der historisch gegliederten Rechtsprechung wird bezüglich<br />
ergänzender Nachweise auf weiterführende Literatur verwiesen.<br />
Die Nachweise sind nicht überfrachtet. Es finden sich Hinweise<br />
auf Lehrbücher der Kommentatoren, auf andere Kommentare und<br />
vereinzelt auf Aufsätze.<br />
Die Kommentierung des § 5 I Nr. 13 SGB V bezüglich der<br />
Versicherungspflicht für Nichtversicherte von Berchtold behandelt<br />
umfassend die Probleme der nicht ausgereiften Gesetzgebung,<br />
ohne Lösungen für die Praxis aufzuzeigen. Seine kurze<br />
und prägnante Kommentierung zu § 6 SGB V bezüglich der<br />
Versicherungsfreiheit ermöglicht dem Praktiker, die Voraussetzungen<br />
anhand der Kommentierung im Einzelfall zu prüfen.<br />
Fazit: Die Bearbeiter haben das vorgegebene Ziel, einen Kurzkommentar<br />
über alle notwendigen sozialrechtlichen Normen<br />
zu schreiben, voll erreicht. Auch der nicht ständig im Sozialrecht<br />
tätige Rechtsanwalt findet einen leichten Einstieg in<br />
die Materie mit guten Vertiefungshinweisen.<br />
RAin Ines Müller-Baumgarten, Bielefeld<br />
46 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Bücher-FORUM<br />
Strategie und Taktik im<br />
Kündigungsschutzprozess<br />
Kleinmann/Meyer-Renkes,<br />
2. Aufl. <strong>2009</strong>, 290 S., 34,00 EUR,<br />
Deutscher Anwaltverlag<br />
Dieses Werk beinhaltet, wie schon der Titel verspricht, die<br />
Strategie und Taktik im Kündigungsschutzprozess, der nicht nur<br />
für Arbeitsrechtsspezialisten, sondern auch für Anwälte ohne<br />
arbeitsrechtliche Spezialisierung eines der häufigsten anzutreffenden<br />
Mandate darstellt.<br />
Das Buch ist in sechs verschiedene Themenkomplexe (§ 1 Das<br />
Mandat im Kündigungsschutzprozess, § 2 Materielles Recht, § 3<br />
Prozess um die Wirksamkeit der Kündigung, § 4 Zwangsvollstreckung,<br />
§ 5 Berufungsverfahren, § 6 Revision und Nichtzulassungsbeschwerde)<br />
unterteilt und beginnt u. a. mit den<br />
Problemen bei der Mandatsaufnahme, welche Fristen zu beachten<br />
sind, welche Unterlagen benötigt werden. Dann behandelt es z. B.<br />
die Voraussetzungen einer betriebs-, personen- und verhaltensbedingten<br />
Kündigung, die Anfertigung der Klage und den Ablauf<br />
des Arbeitsgerichtsprozesses unterteilt in Güte- und Kammerverhandlung.<br />
Das Werk endet mit der Möglichkeit der Revision<br />
vor dem BAG.<br />
Auch enthält das Werk Rechtsprechungshinweise (Stand Juni<br />
2008), Beispiele zur Verdeutlichung und Verständlichkeit und viele<br />
Praxistipps, die vor allem für Neulinge und Nichtspezialisten eine<br />
wertvolle Stütze sind z. B. bei der Frage, wie sich der Arbeitgeberoder<br />
Arbeitnehmeranwalt bei der „Rücknahme“ der Kündigung in<br />
der Verhandlung oder im Rahmen eines Auflösungsantrags gemäß<br />
§ 9 KschG am sinnvollsten verhalten bzw. handeln sollte.<br />
Checklisten für die außerordentliche oder Änderungskündigung<br />
sind ebenso in diesem Werk zu finden wie beispielsweise Muster<br />
einer Kündigungsschutzklage oder Formulierungsbeispiele verschiedener<br />
Leistungsanträge und Abmahnungen.<br />
Insgesamt ist dieses Werk daher ein guter und preiswerter<br />
Leitfaden für den Kündigungsschutzprozess. Hinsichtlich des<br />
Umfangs von nur 298 Seiten versteht es sich jedoch von<br />
selbst, dass das Werk nur einen Überblick über die komplexe<br />
Materie des Kündigungsschutzprozesses gewähren kann und<br />
daher für das Nachschlagen eines spezifischen Problems eher<br />
nicht zu empfehlen ist. Das Buch ist aber als Leitfaden für<br />
Anwälte, die nicht schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht tätig<br />
sind, uneingeschränkt zu empfehlen und auch der ein oder<br />
andere fundierte Arbeitsrechter wird neue Praxistipps in<br />
diesem Buch finden. Dies dürfte auch genau der Intention<br />
der beiden Autoren, die ausschließlich als Fachanwälte für<br />
Arbeitsrecht tätig sind, entsprechen.<br />
RAin Nicole Meißner, Berlin<br />
A<br />
C<br />
Münchener<br />
Anwalts<br />
Handbuch<br />
Arbeitsrecht<br />
Herausgegeben von<br />
Wilhelm Moll<br />
2. Au� age<br />
C. H. Beck<br />
Münchener AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht<br />
Wilhelm Moll (Hrsg.),<br />
2. Aufl. <strong>2009</strong>, 2.535 S., 148,00 EUR,<br />
Verlag C.H. Beck<br />
Für das Münchener AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht haben sich<br />
29 Autoren zusammengefunden. Erfahrene Praktiker von beiden<br />
Seiten des richterlichen Tresens. So umfasst es auch 2.535 Seiten<br />
und bietet einen umfassenden Überblick über das Arbeitsrecht in<br />
allen seinen Spielarten. Gesetzgebung, Rechtsprechung und das<br />
Schrifttum sind bis September 2008 berücksichtigt.<br />
Erfasst werden alle relevanten Themen, beginnend mit der Anbahnung<br />
eines Mandatsverhältnisses im Arbeitsrecht, bis zum<br />
gerichtlichen Verfahren. Positiv ist hier, dass auch dem GmbH-<br />
Geschäftsführer ein Kapitel gewidmet ist. Ebenso dem Bereich<br />
Mediation und Konfliktmanagement.<br />
Besonders das AGG-Recht hat im Arbeitsverhältnis eine deutliche<br />
Entwicklung genommen. Daher wird hier nicht nur ein Grundüberblick<br />
über diesen Bereich gegeben, sondern das AGG-Recht<br />
wird dann erläutert, wenn es bei der Bearbeitung der anderen<br />
Rechtsbereiche zu beachten ist.<br />
Bei der anwaltlichen Beratung im Arbeitsrecht kann man selten<br />
nach dem Lehrbuch vorgehen. Es ist oft nicht möglich, die individualrechtlichen<br />
Probleme eines Falles von den kollektivrechtlichen<br />
zu trennen. In diesem Anwaltshandbuch wird dies auch nicht<br />
versucht. Im Gegenteil. es werden die Bereiche des Tarifvertragsrechts<br />
und des Betriebsverfassungsrechts nicht gesondert<br />
dargestellt, sondern dann erläutert, wenn sie für andere Bereiche<br />
relevant werden. Dies verhindert lästiges Blättern und ein zwischen<br />
den Kapiteln „Hin-und-her-Springen“. Nebenbei führt es<br />
dazu, dass der Leser auch bei der Recherche für ein individualrechtliches<br />
Problem die kollektivrechtliche Seite nie aus dem Blick<br />
verliert.<br />
Ergänzt wird dies durch zahlreiche Fallbeispiele, die den<br />
praktischen Einsatz des Buches weiterhin erleichtern. Abgerundet<br />
wird die Darstellung durch Muster, Formulierungsvorschläge und<br />
Checklisten, die nicht nur die Prüfung des Sachverhaltes, sondern<br />
auch die Erstellung von Schriftsätzen erleichtern.<br />
Fazit: Ein Buch für Praktiker, welches die Möglichkeit bietet,<br />
die relevanten Fragestellungen eines Falles im Blick zu behalten<br />
und fast wie ein Formularbuch durch seinen Aufbau<br />
auf mögliche andere relevante Themenbereiche hinweist. Für<br />
die tägliche Arbeit einsetzbar und seinen Preis wirklich wert.<br />
RAin Barbara Gersmann, Mönchengladbach
Handbuch Internet.Arbeitsrecht<br />
Besgen/Prinz (Hrsg.),<br />
2. Aufl. <strong>2009</strong>, 567 S., 59,00 EUR,<br />
Deutscher Anwalt Verlag<br />
Im Frühjahr <strong>2009</strong> ist das Handbuch Internet.Arbeitsrecht neu<br />
erschienen. Die Undurchsichtigkeit der arbeits- und datenschutzrechtlichen<br />
Vorschriften verbunden mit der vermehrten Nutzung<br />
und dem Einsatz von Internet, E-Mail, Mobiltelefon, BlackBerry<br />
etc. in der Arbeitswelt führen zum erhöhten Beratungsbedarf in<br />
diesem sensiblen Bereich.<br />
In diese Zielrichtung stößt das Handbuch Internet.Arbeitsrecht.<br />
Die Autoren – alle Rechtsanwälte, Arbeitsrichter und Professoren<br />
– streben an, dem arbeitsrechtlichen Berater die nötigen Informationen,<br />
Materialen und Formulierungshilfen aus den Bereichen<br />
des Arbeits-, Arbeitsschutz-, Datenschutz- und Steuerrechts zu<br />
vermitteln.<br />
Das Werk gliedert sich in zwölf Paragraphen. Kernstück sind die<br />
ersten beiden Paragraphen zur dienstlichen und privaten Nutzung<br />
von Internet, Intranet und E-Mail aus individualarbeitsrechtlicher<br />
Sicht (§ 1) und von Inter- und Intranet und E-Mail aus<br />
kollektivrechtlicher Sicht (§ 2). Umfassend und auf der Basis<br />
neuester Rechtsprechung sind in § 1 von den Gestaltungsmöglichkeiten<br />
ausgehend, die Kontrolle der Internet- und E-Mail-<br />
Nutzung über die Erläuterung möglicher Sanktionen bis zu den<br />
Kündigungsmöglichkeiten nach einer unzulässigen Nutzung und<br />
die Probleme der Beweisverwertung beschrieben. In § 2 bilden die<br />
Beteiligungsrechte, die Sachmittel und der Schulungsbedarf des<br />
Betriebsrats den Schwerpunkt. Es folgen u. a. Ausführungen zu<br />
Überwachungseinrichtungen (§ 5), zur Telearbeit, zum Arbeitsund<br />
Datenschutz (§§ 6, 9, 10) sowie zum grenzüberschreitenden<br />
Verkehr arbeitnehmerbezogener Daten (§ 11). Auch das Steuerrecht<br />
(§ 12) ist nicht ausgespart. Das technische Glossar und das<br />
Stichwortverzeichnis runden das Handbuch ab.<br />
Die hohe Praxistauglichkeit des Werks bemerkt der Leser schon<br />
beim ausführlichen Inhaltsverzeichnis. Sämtliche Beiträge sind<br />
gespickt mit Praxishinweisen, Formulierungsmustern und -beispielen<br />
zu Arbeitsvertragsklauseln, zu Betriebsvereinbarungen<br />
und zu Rahmenvereinbarungen, grafischen Darstellungen, Aufzählungen<br />
und Checklisten.<br />
Fazit: Mit dem Handbuch Internet.Arbeitsrecht bieten<br />
Besgen/Prinz ein überaus praktisches und überzeugendes<br />
Handbuch mit einer Vielzahl von Formulierungshilfen<br />
bei gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Arbeit mit ihm<br />
gewährt hohe Beratungsqualität in diesem schwierigen<br />
Fahrwasser. Insbesondere lassen sich zwingende datenschutzrechtliche<br />
Vorgaben, vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten<br />
und personalpolitische Erwägungen zum Ausgleich bringen.<br />
RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock<br />
Bücher-FORUM<br />
Beck'sches Formularbuch Arbeitsrecht<br />
Klemm/Kornbichler/Löw/Ohmann-Sauer/Schwarz/Ubber<br />
(Hrsg.),<br />
2. Aufl. <strong>2009</strong>, 1.6<strong>03</strong> S. mit CD-ROM, 148,00 EUR,<br />
Verlag C.H. Beck<br />
Das Formularbuch präsentiert sich in der 2. aktualisierten und<br />
erweiterten Auflage und ist auf dem Stand vom 01.01.<strong>2009</strong>,<br />
jedoch wurde u. a. schon die neueste EuGH Entscheidung zur<br />
Urlaubsabgeltung und -übertragung berücksichtigt. Im Vergleich<br />
zur Vorauflage wurde das Werk z. B. um Compliance im Arbeitsrecht,<br />
Mitbestimmung auf Unternehmensebene und zweisprachige<br />
Formulare erweitert, auf das Personalvertretungsrecht<br />
jedoch verzichtet.<br />
Das Werk gliedert sich in verschiedene Hauptteile A - H (Individualarbeitsrecht,<br />
Dienstverträge und andere Verträge, Betriebsverfassungsrecht,<br />
Tarifvertragsrecht, Compliance im Arbeitsrecht,<br />
Betriebliche Altersversorgung, Mitbestimmung auf Unternehmensebene,<br />
zweisprachige Formulare) und beinhaltet neben<br />
Formularen für eine Vielzahl von Verträgen, Kündigungen, Betriebsvereinbarungen,<br />
Direktzusagen auch spezielle Formulare für<br />
Dienstwagen, Car Allowance, Datenschutzverpflichtungen, Vereinbarungen<br />
über Internetnutzung, US- Stock – Options,<br />
Abmahnungen, Zeugnisse und einen deutsch-englischen Arbeitsvertrag.<br />
Die Formulare verstehen sich als Gestaltungsvorschläge und<br />
erleichtern die Arbeit. Es wird in den Formularen von konkreten<br />
Sachverhalten ausgegangen, die zu Beginn der Anmerkungen<br />
jeweils erläutert werden. Die Anmerkungen selbst dienen als<br />
Erklärungen der Formulierungsvorschläge und zeigen nicht nur<br />
Formulierungsalternativen auf, sondern weisen auch auf rechtliche<br />
Risiken, Besonderheiten, Literatur und Rechtsprechung hin.<br />
Zur Verdeutlichung und Verständlichkeit beinhalten die Anmerkungen<br />
weitere Beispiele, Tipps für Arbeitgeber etwa im<br />
Rahmen Ermahnung oder Abmahnung, Reaktionsmöglichkeiten<br />
des Arbeitnehmers bei Änderungskündigungen oder auch eine<br />
Checkliste für Compliance-Audit. Die CD-ROM beinhaltet alle<br />
Formulare ohne Anmerkungen.<br />
Fazit: Das Buch überzeugt aufgrund der Vielzahl von<br />
Formularen inklusive umfassender Erläuterungen, deren<br />
Verständlichkeit und einer klaren Struktur. Jeder Rechtsanwalt,<br />
Justitiar, Betriebsrat etc. wird zahlreiche Formulierungshilfen<br />
und Erklärungen finden. Aufgrund der<br />
Aktualität, der zahlreichen Erläuterungen und auch der<br />
internationalen Bezugnahme ist das Werk uneingeschränkt<br />
allen, die im Arbeitsrecht tätig sind, zu empfehlen. Die<br />
Autoren und Herausgeber sind erfahrene Rechtsanwälte der<br />
Sozietät LOVELLS LLP.<br />
Rechtsanwältin Nicole Meißner, Berlin<br />
Mietrecht aktuell<br />
FriedemannSternel,<br />
4. Aufl. <strong>2009</strong>, 1.919 Seiten, 99,00 EUR,<br />
Verlag Dr. Otto Schmidt<br />
Der Sternel ist ein Klassiker. Die letzte Auflage erschien im Jahre<br />
1996. Aufgrund der Mietrechtsreform im Jahre 2001 und der<br />
Vielzahl von BGH-Entscheidungen war eine völlig neu bearbeitete<br />
Auflage dringend notwendig. Das Werk bringt den Leser nun auf<br />
den aktuellsten Stand. Berücksichtigt ist die Rechtsprechung bis<br />
Ende 2008. Das Buch ist eine akribische Zusammenstellung der<br />
Rechtsprechung zum Mietrecht. Aufgrund der Vielzahl von<br />
Entscheidungen hat sich das Werk im Vergleich zur Vorauflage in<br />
seinem Umfang auch verdreifacht.<br />
Die Vielzahl von Entscheidungen zum Mietrecht, die sich mit der<br />
Meinung des Sternel auseinandersetzen, zeigt, dass das Wort des<br />
Autors, welcher lange Zeit Vorsitzender einer auf das Mietrecht<br />
spezialisierten Zivilkammer des Landgerichts Hamburg war,<br />
Gewicht hat.<br />
Thematisch gliedert sich das Werk in 14 Kapitel und folgt dabei<br />
dem typischen Verlauf eines Mietverhältnisses. Vom Abschluss<br />
des Mietvertrages bis zur Abwicklung des Mietverhältnisses<br />
werden alle wichtigen Situationen behandelt.<br />
Das Werk zeichnet sich dadurch aus, dass es zu jedem Thema eine<br />
Fülle von Gerichtsentscheidungen bietet und oft die Leitsätze von<br />
obergerichtlichen Entscheidungen beifügt. Dies erleichtert die<br />
Beurteilung, ob eine der vielen zitierten Entscheidungen tatsächlich<br />
zur Problemlösung beitragen kann und sich ein<br />
Nachlesen der Fundstelle lohnt.<br />
Die Schwäche des Werkes verrät der Name des Werkes selbst:<br />
Mietrecht aktuell. Mietrecht ist Rechtsprechung und hier muss<br />
der Anwalt stets auf dem aktuellsten Stand sein. Der Stand Ende<br />
2008 ist heute schon überholt. Dies zeigt sich am Beispiel des<br />
Kostenerstattungsanspruchs bei einer unwirksamen Endrenovierungsklausel.<br />
Während das Werk die Rechtsfolgen noch<br />
ausführlich zur Diskussion stellt, liegt zwischenzeitlich eine<br />
Entscheidung des BGH vor, die hierzu abschließend Stellung<br />
nimmt. Einem solchen Anspruch auf Aktualität kann ein Druckwerk<br />
nicht gerecht werden. Umso positiver ist es, dass der Autor<br />
dort Literarturquellen nennt, wo sich noch keine herrschende<br />
Meinung gebildet hat und keine höchstrichterliche Entscheidung<br />
vorliegt.<br />
Die klare Gliederung und die verständlichen Ausführungen<br />
des Autors überzeugen. Mit der Neuauflage wird der Sternel<br />
wieder zum unverzichtbaren Nachschlagewerk eines Anwalts.<br />
Rechtsanwalt Jonas Leder, München<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
47
M<br />
C<br />
n<br />
Münchener<br />
Anwalts<br />
Handbuch<br />
Medizinrecht<br />
Herausgegeben von<br />
Michael Terbille<br />
C.H. Beck<br />
Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht<br />
Michael Terbille † (Hrsg.),<br />
1. Aufl. <strong>2009</strong>, 1.282 S., 128,00 EUR,<br />
Verlag C.H. Beck<br />
Die Reihe Münchener AnwaltsHandbücher ist um das Münchener<br />
AnwaltsHandbuch Medizinrecht erweitert worden. Konzipiert ist<br />
das Werk als Nachschlagewerk und zur Unterstützung in der<br />
täglichen Arbeit für die im Medizinrecht tätigen Anwälte und<br />
Richter sowie medizinrechtlich befassten Berufsträger in anderen<br />
Einrichtungen.<br />
Das Autorenteam, bestehend aus Rechtsanwälten, Richtern,<br />
Professoren und einem Tierarzt, bürgt aufgrund seiner langjährigen<br />
Berufspraxis für eine hohe Bearbeitungsqualität.<br />
In 13 Paragraphen bedient das Werk alle Facetten des Zivil-,<br />
Straf-, Verwaltungs-, Sozial- und des Berufsrechts, die zur Bearbeitung<br />
medizinrechtlicher Fragen wichtig sind. Kernpunkt ist<br />
die Bearbeitung der zivilrechtlichen Arzthaftung (§1). Sie beginnt<br />
mit vorprozessualen Überlegungen, in denen u. a. die Sachverhaltsermittlung,<br />
Auskunftsansprüche bezüglich beteiligter<br />
Ärzte und nichtärztlichen Personals, Fragen der Passivlegitimation<br />
und der Verjährung bis zur Entbindung von der Schweigepflicht<br />
erläutert sind. Es folgt die Prozessführung mit Hinweisen zum<br />
selbstständigen Beweisverfahren, zu Informationsobliegenheiten<br />
gegenüber der Rechtsschutzversicherung, zur Leistungs- und<br />
Feststellungsklage, zu Fehlerquellen bei der Antragsstellung bis<br />
zu den Auswirkungen der ZPO-Reform 2002 auf den Arzthaftungsprozess.<br />
Innerhalb des materiellen Arzthaftungsrechts<br />
ragen die Ausführungen zur ärztlichen Aufklärungspflicht (z. B.<br />
verschiedenste aufzuklärende Personen, Zeitpunkt, hypothetische<br />
Aufklärung, Aufklärungsverzicht) und zum Behandlungsfehler<br />
heraus. Bei Letztgenanntem sind ausgehend von den Grundlagen<br />
z. B. die Gruppenfahrlässigkeit, die horizontale und vertikale<br />
Arbeitsteilung, typische Behandlungsfehler oder das Übernahmeund<br />
Organisationsverschulden bearbeitet.<br />
In dem nutzerfreundlich gestalteten Werk findet der Leser viele<br />
Praxistipps, Musterschreiben und -klagen, Formulierungsvorschläge,<br />
Checklisten, Tabellen und Schaubilder.<br />
Fazit: Mit Rechtsstand Februar <strong>2009</strong> und der schon beachteten<br />
Gesundheitsreform <strong>2009</strong> hält man mit dem neuen<br />
Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht das derzeit wohl<br />
aktuellste medizinrechtliche Werk in der Hand. Mit dem<br />
klaren Aufbau, der eindeutigen Sprache und einer gelungenen<br />
thematischen Gewichtung eignet es sich zur Einarbeitung,<br />
als Ausbildungslektüre für den Fachanwaltskurs und als<br />
Nachschlagewerk, da es das Medizinrecht mit seinen vielen<br />
Verästelungen aufbereitet. Daher ist es allen mit dem Medizinrecht<br />
befassten Juristen zu empfehlen.<br />
RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock<br />
48 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Bücher-FORUM<br />
Zivilprozessordnung Kommentiertes<br />
Prozessformularbuch<br />
Saenger/Ullrich/Siebert (Hrsg.)<br />
1. Aufl. <strong>2009</strong>, 2.224 S. mit CD-ROM, 118,00 EUR,<br />
Nomos Verlag<br />
Kommentare und Formularbücher gehören zur juristischen<br />
Standardausstattung. Das Kommentierte Prozessformularbuch<br />
soll die Lücke dazwischen schließen und orientiert sich statt an<br />
Lebenssachverhalten am Aufbau der ZPO. Die Autoren bieten als<br />
Anwälte und Richter Muster aus ihrer jeweiligen Perspektive. Die<br />
Umsetzung soll an einigen Beispielen dargestellt werden.<br />
Beim Mahnverfahren werden zunächst die Einreichungsmöglichkeiten,<br />
die Online-Antragstellung und die Gerichtssuche im<br />
Internet dargestellt. Der weitere Ablauf des Verfahrens wird mit<br />
Mustertexten und anhand der Vordrucke erläutert. Insgesamt<br />
wird das Mahnverfahren gerade für Einsteiger verständlich<br />
dargestellt.<br />
Bei der Zwangsvollstreckung werden verschiedene Pfändungsund<br />
Pfändungsschutzmöglichkeiten dargestellt und formularmäßig<br />
umgesetzt. Für den Pfändungsschutz für Sozialleistungen<br />
nach § 55 SGB I ist kein Muster enthalten, es wird aber<br />
auf die analoge Anwendung des § 850k nach Ablauf der 7-Tage-<br />
Sperrfrist hingewiesen und an das praxisrelevante Problem<br />
erinnert, dass eine bankinterne Saldierung nicht mit § 850k<br />
verhindert werden kann. Der Gerichtsvollzieherauftrag zur<br />
Räumungsvollstreckung umfasst auch die Mobiliarpfändung. Der<br />
Unterschied zwischen dieser „Berliner Räumung“ und der „Hamburger<br />
Räumung“ mit Spedition und Schlosser wird genauer<br />
erläutert, wobei auch die Kosten und Risiken dargestellt werden.<br />
Beim Thema einstweilige Verfügung muss in der Regel unter<br />
Zeitdruck gearbeitet werden,<br />
daher sind brauchbare Muster besonders wichtig. Das Buch enthält<br />
nicht nur einen Antrag für eine Sicherungsverfügung (mit<br />
drei Seiten Erläuterung), sondern auch für Regelungs- und<br />
Leistungsverfügungen sowie das Muster für eine Schutzschrift.<br />
Auf www.schutzschriftenregister.de wurde wohl deshalb nicht<br />
hingewiesen, weil nur relativ wenige Gerichte daran teilnehmen.<br />
Neben der ZPO werden das FamFG (auf 232 Seiten), die EuGVVO,<br />
die EuZVO und die EuMVVO behandelt.<br />
Fazit: Interessant ist, die ZPO auch aus Richtersicht zu sehen.<br />
Die Formulare sind praxistauglich und gut erläutert. Man<br />
kann sich schnell einlesen und die Anregungen sofort umsetzen.<br />
Das Buch ist eine gute Ergänzung zu einem<br />
Kommentar, um die jeweils passenden Anträge zu stellen,<br />
kann und will ihn aber nicht ersetzen.<br />
RA Malte Dedden, Offenburg<br />
Der Autokauf<br />
Reinking/Eggert,<br />
10. Aufl., 1.159 S., 154,00 EUR,<br />
Werner Verlag<br />
Bei der neu erschienenen zehnten Auflage des Autokaufs handelt<br />
es sich um die Jubiläumsausgabe dieses Standardwerks. Diese<br />
untergliedert sich in drei Teile, beginnend mit dem Verkauf neuer<br />
Fahrzeuge, gefolgt von dem An- und Verkauf gebrauchter<br />
Fahrzeuge und abschließend mit dem Autoleasing.<br />
Obwohl vom Umfang her sehr unterschiedlich ausgefallen,<br />
erweckt kein Kapitel beim Leser den Eindruck, dass es nur der<br />
Vollständigkeit wegen aufgenommen wurde. Durchgängig alle<br />
Kapitel sind durch einen lehrreichen und verständlichen Inhalt<br />
gekennzeichnet. Beim aufmerksamen Lesen erkennt man die<br />
durchdachte Gliederung dieses Werks. Mit Freude erblickt man<br />
die zahlreichen Beispiele, Rechtsprechungshinweise und Fußnoten,<br />
die trotz ihrer Fülle nicht die Grenze zur Ausgewogenheit<br />
überschreiten.<br />
Es ist schwer einzelne Ausführungen hervorzuheben, da sich zu<br />
jedem Problemfeld etwas Gehaltvolles findet. Sei es zur Vertragsgestaltung<br />
beim Neuwagenkauf innerhalb Deutschlands und<br />
der Europäischen Union, zum Montagsauto oder zur Finanzierung<br />
des Autokaufs, Agenturgeschäften oder einfach nur einer Vielzahl<br />
von Sachmängelbeispielen beim Gebrauchtwagenkauf. Dennoch<br />
mag gerade der Abschnitt der Sachmängelhaftung auf dem<br />
Gebiet des Gebrauchtwagenkaufs aufgrund seiner anschaulichen<br />
und praxisrelevanten Darstellung etwas genauer betrachtet<br />
werden. Geradezu lehrbuchmäßig im besten Sinne wird mit den<br />
Voraussetzungen der Sachmängelhaftung an Hand des Begriffs<br />
der Beschaffenheitsvereinbarung begonnen. Es wird erklärt,<br />
welche Auswirkungen das Fehlen einer Vereinbarung oder auch<br />
von öffentlichen Äußerungen des Verkäufers haben kann. Im<br />
nächsten Abschnitt findet sich eine gut gestaltete Schilderung<br />
zum Beweis des Sachmangels und der Beweislastumkehr beim<br />
Verbrauchsgüterkauf.<br />
Das vorliegende Werk schließt mit dem Kapitel Leasing. Diese<br />
gerade beim gewerblichen Neuwagenkauf vorherrschende Form<br />
der Kfz-Beschaffung ist ein wichtiger Bestandteil der anwaltlichen<br />
Praxis im Umgang mit gewerblichen Kunden. Durch<br />
die vorliegende Aufbereitung des Themas Leasing sieht man sich<br />
für alle Problemfälle gut gerüstet.<br />
Fazit: Mit dieser Neuauflage des Standardwerks zum Autokauf<br />
zeigt sich, dass man auch ein gutes und bewährtes Buch<br />
noch verbessern kann. Diese Auflage ist unverzichtbar für die<br />
Verkehrsrechtspraxis; praxisrelevant, klar gegliedert, lehrreich<br />
und tatsächlich noch besser als die Vorauflage.<br />
RA Sascha Brandt, Duisburg
Stiftungsrechts-Handbuch<br />
Seifart/von Campenhausen (Hrsg.), 3. Auflage, <strong>2009</strong>, 1.151<br />
Seiten, 178,00 Euro, Verlag C.H. Beck<br />
Nach rund 10 Jahren ist dieses Werk nunmehr in der 3. Auflage<br />
erschienen. Nachdem die Vorauflage als Klassiker dieses Rechtsgebiets<br />
galt, war eine Überarbeitung nach den verschiedenen<br />
Änderungen im Stiftungsrecht der letzten Jahre dringend nötig<br />
geworden.<br />
Auch die neue Auflage ist aufgrund der sehr umfangreichen<br />
Darstellungen wieder sowohl für die Praxis als auch für die<br />
Wissenschaft sehr nützlich und wertvoll. Insbesondere werden<br />
neben dem „normalen“ Stiftungsrecht auch Bereiche, die in<br />
anderen stiftungsrechtlichen Werken keine oder nur geringe<br />
Beachtung finden, umfangreich dargestellt. Hier sind insbesondere<br />
die kirchlichen und kommunalen Stiftungen sowie die<br />
verschiedensten Sonderformen zu nennen, deren Darstellungen<br />
in diesem Umfang selten sind. Das fachliche Niveau ist dabei über<br />
jeden Zweifel erhaben, wofür insbesondere der als Experte weit<br />
bekannte Herausgeber v. Campenhausen garantiert. Bedauerlich<br />
ist jedoch, dass der Abschnitt zum immer mehr an Bedeutung<br />
gewinnenden internationalen Stiftungsrecht sehr kurz geraten<br />
ist. Hier hätte man sich mehr gewünscht.<br />
Ausführlich und inhaltlich ebenfalls auf hohem Niveau ist der Teil<br />
zum Stiftungssteuerrecht. Es fällt allerdings deutlich auf, dass die<br />
Bearbeiter dieses Abschnitts weite Teile ihrer Ausführungen in die<br />
Fußnoten verlagern. Auf nicht wenigen Seiten ist der Raum für<br />
die Fußnoten größer als jener für den eigentlichen Text. Dies ist<br />
im Steuerrecht sicher nicht immer vermeidbar, macht die Arbeit<br />
mit diesem Abschnitt aber nicht einfacher und ist der Lesbarkeit/<br />
Verständlichkeit nicht immer zuträglich.<br />
Aus wissenschaftlicher Sicht ist am Rande auffallend, dass der<br />
Verfasser Hof in den von ihm bearbeiteten Abschnitten scheinbar<br />
bei den Quellenangaben durchweg nicht auf die aktuelle Kommentierung<br />
von Reuter im MüKo BGB verweist, sondern hier<br />
Fundstellen aus Vorauflagen zitiert. Ein recht großes Missgeschick<br />
ist zudem dem Verlag unterlaufen, als dort das Sachregister der<br />
Vorauflage übernommen und abgedruckt wurde. Mittlerweile ist<br />
zwar ein entsprechender Nachtrag lieferbar oder beigelegt, jedoch<br />
ist dies für die Arbeit mit dem Buch nicht vorteilhaft.<br />
Grundsätzlich ist das vorgestellte Buch auch weiterhin ein<br />
Standardwerk für jeden, der im Stiftungsrecht tätig ist. Die<br />
fachliche Qualität ist und bleibt unbestritten. Die genannten<br />
Kritikpunkte fallen jedoch unangenehm auf, so dass es hier<br />
keine uneingeschränkte Empfehlung geben kann. Angesichts<br />
des stolzen Preises von 178,- EUR hätte man hier stellenweise<br />
ein wenig mehr Sorgfalt erwarten dürfen.<br />
RA Marcus Bauckmann, Paderborn<br />
assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter an der UMIT<br />
Bücher-FORUM<br />
Nicht allen gelingt es,<br />
bei jedem Fall sicher<br />
dazustehen.<br />
Ich bin schon bei Haufe.<br />
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ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
49
50 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Autorenverzeichnis<br />
Christian Weiß ist als Rechtsanwalt in der Kanzlei HOELLER RECHTS-<br />
ANWÄLTE in Bonn überwiegend in den Bereichen Forderungsmanagement,<br />
Insolvenzrecht und IP tätig.<br />
kanzlei@hoeller.info<br />
Florian Lahrmann ist seit 2004 selbstständiger Rechtsanwalt in Berlin,<br />
seit Anfang <strong>2009</strong> Sozius bei Irgang & Partner, einer alteingesessenen<br />
Kreuzberger Kanzlei. Hauptsächlich im Familienrecht tätig, Fachanwaltstitel<br />
ist bereits beantragt.<br />
lahrmann@anwalt-kreuzberg.de<br />
Dr. jur. Ulrich Firnhaber war Richter bei den Landgerichten Köln und<br />
Düsseldorf und beim OLG Düsseldorf, im Justizministerium NRW u. a.<br />
persönlicher Referent des Ministers und schließlich Präsident des LG<br />
Mönchengladbach. Kurz vor der Pensionierung leitete er kommissarisch<br />
die Direktion Recht der Treuhandanstalt Berlin.<br />
Rüdiger Hahn ist Rechtsanwalt in Burgdorf bei Hannover und Regional-<br />
beauftragter des <strong>Forum</strong> <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> des Landgerichtbezirks<br />
Hildesheim. Die Arbeitsschwerpunkte sind Miet- und Wohnungseigentumsrecht<br />
sowie Gesellschaftsrecht.<br />
r.hahn@baakundreichelt.de<br />
Inka Pichler ist Rechtsanwältin und Partnerin der Sozietät Kasten, Mat-<br />
tern & Pichler in Wiesbaden. Ihr Hauptaugenmerk liegt in der nationalen<br />
und internationalen Betreuung von Firmenkunden im Verkehrs-, Versicherungs-<br />
sowie Transport- und Speditionsrecht. Ergänzend ist sie<br />
Referentin und Fachautorin für branchenspezifische Zeitschriften und<br />
Seminare. www.kmp-recht.de<br />
Tobias Gammelin ist Architekt und Baubiologe. Er ist Partner des Büros<br />
GRÜNHAUS ARCHITEKTEN in Potsdam. Das Büro bietet Bauherren umfassende<br />
baubiologische und ökologische Planung und Ausführung von<br />
Gebäuden und Räumen.<br />
www.gruenhaus-architekten.de<br />
Sascha Mönch ist freier Journalist in Weimar. Er arbeitet unter anderem<br />
für den MDR im Bereich Sport und liebt vor allem Sprache.<br />
Sasch_moench@hotmail.com<br />
Johanna Busmann ist selbstständiger Coach für Führungskräfte und<br />
Trainerin für Rhetorik, Kommunikation, Verhandlungsführung und Konfliktmanagement<br />
in Hamburg . Sie ist spezialisiert auf Beratung und<br />
Training von Rechtsanwälten und deren Mitarbeitern.<br />
info@busmann-training.de<br />
Silke Waterschek ist seit 2005 in eigener Kanzlei in Heilbronn als Rechts-<br />
anwältin und Mediatorin mit den Schwerpunkten Familien-, Straf- und<br />
Vertragsrecht tätig. Sie ist Regionalbeauftragte des FORUMs für den LG-<br />
Bezirk Heilbronn und seit Mai 2007 die Vorsitzende des Geschäftsführenden<br />
Ausschusses des FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong>.<br />
info@kanzlei-waterschek.de<br />
Henrik Franz ist Justitiar bei der AOK Hessen in Bad Homburg und<br />
selbstständiger Rechtsanwalt in Frankfurt a. M. Er ist FA für Arbeitsrecht.<br />
Weitere Schwerpunkte sind Baurecht, gewerblicher Rechtsschutz und<br />
Wettbewerbsrecht. Er der Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk Frankfurt<br />
a. M. Anwalt_H.Franz@email.de<br />
Daniel Preiß ist selbstständiger Rechtsanwalt in Schwäbisch Gmünd. Er<br />
ist Vertrauensrechtsanwalt des Automobilclubs von Deutschland e.V.<br />
(AvD) und Mitglied der Deutschen Akademie für Verkehrswissenschaft<br />
e.V.. Tätigkeitsscherpunkte sind das private Baurecht, Arbeits- und<br />
Familienrecht. epost@anwaltskanzlei-preiss.de<br />
Noreen Loepke ist selbstständige Rechtsanwältin in Plauen und Fachanwältin<br />
für Handels- und Gesellschaftsrecht und Wirtschafstmediatorin.<br />
plauen@iovos.de<br />
Dr. Markus Lintner ist Rechtsanwalt in Nürnberg mit Schwerpunkt<br />
Wettbewerbsrecht sowie IT-Recht und IT-Compliance. Er ist seit 2008<br />
außerdem als Datenschutzbeauftragter tätig.<br />
info@meixner-rsm.de<br />
Katrin Spelmeyer ist seit 1999 angestellte Rechtsanwältin bei HDI Gerling<br />
und dort im Bereich Vermögensschadenshaftpflicht und Heilwesen tätig.<br />
Katrin.spelmeyer@hdi-gerling.de<br />
Martin Lang ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht in München.<br />
Er ist Mitglied der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer.<br />
Von 1999 - 2007 war er im <strong>Forum</strong> <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> zunächst<br />
Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses und dann dessen Vorsitzender.<br />
ra.martin.lang@t-online.de<br />
Dr. Christoph Triltsch ist seit Februar 2006 selbstständiger Rechtsanwalt<br />
in Kiel mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht, Mietrecht, Internetrecht<br />
sowie Verkehrsrecht. Er ist Regionalbeauftragter des LG-Bezirkes Kiel.<br />
Christoph_Triltsch@web.de<br />
Carmen Grebe ist seit 2001 als selbstständige Rechtsanwältin mit eigener<br />
Kanzlei in Köln tätig. Sie ist Fachanwältin für Familienrecht. Weitere<br />
Schwerpunkte liegen im Erbrecht und allgemeinen Zivilrecht. Sie ist RB<br />
für den LG Köln und in der AG Familienrecht im DAV tätig.<br />
C.Grebe@ra-grebe.de<br />
Ilona Cosack ist seit zehn Jahren als Beraterin für Rechtsanwälte tätig,<br />
zuvor hat sie 18 Jahre lang Kanzleien geleitet. Neben einer betriebswirtschaftlichen<br />
Ausbildung sind ihre Fortbildungsschwerpunkte<br />
Marketing und Management. Für Kammern und Vereine ist sie Referentin<br />
zu allen Themen des Anwaltsmanagements. cosack@abc-anwalt.de
Service / Das letzte Wort<br />
Das letzte Wort<br />
Recht auf 2,00 Euro - Ein Anwalt geht aufs Ganze<br />
Mandanten sind es, die den Streit lieben und<br />
wollen! Oder sind es gar wir selbst? Sex ist gut,<br />
wenn er schmutzig ist und Streit nur, wenn es<br />
(ausschließlich) ums Prinzip geht! Letzteres jedenfalls<br />
könnte ein Kollege aus Augsburg in eigener<br />
Sache gedacht haben, als er sich für den unglaublichen<br />
Forderungsbetrag von acht Euro gegen einen<br />
Baumarkt in Stellung brachte.<br />
Der Baumarkt hatte sich geweigert, dem Rechtsanwalt<br />
Reisekosten in nämlicher Höhe zu erstatten,<br />
die er wegen eines Umtauschs einer mangelhaften<br />
Sache aufwenden musste. Das Amtsgericht Augsburg<br />
verdonnerte den Baumarkt zur Zahlung von<br />
zwei Euro an den engagiert kämpfenden Kollegen.<br />
Die Schadensersatzklage hatte er jedoch im<br />
laufenden Verfahren in Höhe von sechs Euro wegen<br />
eines „Schreibfehlers“ zurückgenommen.<br />
Richtig schmutzig, aber eben nicht sexy wurde es<br />
für den streitlustigen Kollegen, als er daraufhin<br />
Dreiviertel der Kosten des Rechtsstreits schultern<br />
durfte, immerhin 123,19 Euro. Beinah folgerichtig<br />
sein Widerstand gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss.<br />
Doch der nutzte nichts. Die Begründung,<br />
das Amtsgericht hätte nicht ausreichend und<br />
rechtzeitig auf die Kostenlast hingewiesen und den<br />
Kläger somit überrascht, teilte das Gericht nicht<br />
und wies die Rüge zurück. Wegen Nichterreichens<br />
Ausblick und Impressum<br />
Ausblick:<br />
Schwerpunkt in Heft 4/<strong>2009</strong>: Frauen und Männer<br />
Redaktionsschluss:<br />
Heft 4/<strong>2009</strong> (Dezember-Ausgabe), 15. Oktober <strong>2009</strong><br />
Impressum:<br />
Redaktion verantwortlich für diese Ausgabe: Stefanie Salzmann,<br />
RAin Anke Schiller-Mönch, RA Patrick Ruppert, RA Percy Ehlert.<br />
Bildredaktion: Andrea Vollmer<br />
Bücherforum: Jens Jenau<br />
Chefredaktion: RA Tobias Sommer, Mitglied im Geschäftsführenden<br />
Ausschuss des FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im DAV<br />
Erscheinungsweise: vierteljährlich<br />
(März/Juni/September/Dezember)<br />
Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1.1.<strong>2009</strong><br />
Redaktionsanschrift:<br />
Redaktion <strong>AdVoice</strong>, Deutscher Anwaltverein<br />
Littenstraße 11, 10179 Berlin<br />
Tel. <strong>03</strong>0 / 7261520<br />
ADVOICE 02/09<br />
Eisern bleiben! – auch wenn’s nur um Peanuts geht!<br />
der Berufungssumme ist weiterer Streit wohl unwahrscheinlich.<br />
Oder ist mit dem Gang nach Karlsruhe<br />
zu rechnen? Nachzulesen unter AG Augsburg,<br />
Az. 17 C 2311/08.<br />
RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln<br />
Anzeigenverwaltung:<br />
sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos<br />
Siegburger Str. 123, 53229 Bonn<br />
Tel. 0228 / 97898-10, Fax: 0228 / 97898-20<br />
E-Mail: roos@sales-friendly.de<br />
Bezugspreis 47,00 EUR (inkl. MwSt.)<br />
zzgl: Versandkosten für 4 Ausgaben.<br />
Einzelheft: 14,50 EUR.<br />
Für Mitglieder des FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im Deutschen<br />
Anwaltverein ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag<br />
enthalten.<br />
ISSN 1437-3084<br />
Lektorat Textmanufaktur MA PAROLE, www.ma-parole.de<br />
Layout/Satz: GUDMAN DESIGN WEIMAR, www.gudman.de<br />
Druck: Liebeskind Druck, Apolda<br />
Auflage: 14.000<br />
Artikel und Beiträge sind Meinungsäußerungen der Autoren<br />
und geben nicht immer die Meinung der Redaktion bzw. des<br />
Deutschen Anwaltvereins und seiner Gremien wieder.<br />
Foto: krümel . pixelio.de<br />
Linktipps zur Mobilität<br />
DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht:<br />
neue Mandanten via schadenfix.de<br />
Diskussionsforum, Mustertexten etc.<br />
http://www.verkehrsrecht,de und<br />
http://verkehrsanwaelte.de<br />
Weitere Treffpunkte<br />
von Verkehrsrechtlern im Netz<br />
http://www.captain-huk.de<br />
https://www.xing.com/net/verkehrsrecht<br />
http://www.unfall-recht.info/<br />
Deutsche Verkehrsflughäfen<br />
http://www.azworldairports.com/azworld/<br />
p1600.cfm<br />
Umfangreiche Linksammlung<br />
zum Thema Reisen<br />
http://www.sellpage.de/reiseinformationen/<br />
index.html<br />
Wetterportal<br />
http://www.wetteronline.de<br />
Reiserecht<br />
http://www.internetratgeberrecht.de/<br />
Reiserecht/hauptseite.htm<br />
http://www.reiserecht-fuehrich.de<br />
http://www.ronald-schmid.de/reiserecht.html<br />
http://www.hera.fh-heilbronn.de<br />
Eures - EU-Portal zur beruflichen Mobilität<br />
http://ec.europa.eu/eures<br />
Wechselkursarchiv für 164 Währungen<br />
http://www.oanda.com/convert/classic?lang=de<br />
Bundesfinanzministerium Informationen<br />
rund um das Thema Mobilität und Reisen<br />
http://tinyurl.com/nd4k4h bzw.<br />
http://www.bundesfinanzministerium.de/DE/<br />
Buergerinnen_und_Buerger/Mobilitaet_und_<br />
Reisen/node.html<br />
Zusammengetragen von<br />
RA Martin Lang, München<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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52 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />
Kanzleigründung im Plattenbauschlafzimmer<br />
Von der ostdeutschen Richterin zur westdeutschen Anwältin<br />
Beate Kahl ist Rechtsanwältin in Ludwigsfelde<br />
bei Berlin. Als die Mauer fiel, war sie 27 Jahre<br />
alt und Richterin am Bezirksgericht Zossen.<br />
Zwei Jahre später gründete sie mit einer anderen<br />
Richterkollegin ihre noch heute bestehende<br />
Kanzlei.<br />
A: Frau Kahl, welche Bedeutung hatte die Wende<br />
für Sie: persönlich, politisch und beruflich?<br />
Kahl: Beruflich stand ich damals vor der Schwierigkeit,<br />
mein juristisches Wissen in einem mir<br />
fremden Land mit einem völlig anderen Rechtssystem<br />
anwenden zu müssen. Es gab anfangs<br />
rechtlich ein paar Versuche, ein vereinigtes Recht<br />
zu entwickeln. Aber es dauerte nicht lange, ich<br />
glaube, spätestens nach einem halben Jahr war<br />
davon keine Rede mehr. Im Wesentlichen wurde<br />
das Recht der Bundesrepublik auf die ehemalige<br />
DDR übertragen.<br />
Das gesamte DDR-Recht war in einem Verzeichnis<br />
gesammelt, das hatte für den Zeitraum vom 7.10.<br />
1949 bis 31.12.1972 811 Seiten. An den Bezeichnungen<br />
der Gesetze konnte man erkennen, was<br />
darin geregelt ist. Versuchen Sie mal, ein Verzeichnis<br />
sämtlicher in der Bundesrepublik in nur einem<br />
Jahr geltenden Rechtsvorschriften auf 811 Seiten<br />
zu bekommen. Jetzt können Sie sich vielleicht vorstellen,<br />
welche gewaltige Umstellung für uns DDR-<br />
Juristen erforderlich war.<br />
Bis zur Wende hatte ich manchmal das Gefühl,<br />
mein Leben fährt auf einem Gleis, an dem vielleicht<br />
hier oder da mal eine Weiche gestellt werden<br />
musste. Plötzlich war auch das anders. Das Gleis<br />
war zu Ende und ich musste trotzdem meinen Weg<br />
finden. Das hatte ich mir eigentlich immer gewünscht.<br />
Aus heutiger Sicht eröffneten sich für mich mit der<br />
Wende in jeder Hinsicht neue Perspektiven. Beruflich<br />
stand für mich die Entscheidung zwischen<br />
Richter und Anwalt. Andere Einsatzmöglichkeiten<br />
sah ich nicht. Ich habe heute beruflich viel mehr<br />
Freiräume, aber auch das Risiko des wirtschaftlichen<br />
Untergangs. Der Wegfall der sozialen Geborgenheit<br />
ist für mich der größte Verlust.<br />
Persönlich bedeutete die Wende für mich einerseits<br />
weniger Freizeit, weniger Zeit für soziale Kontakte,<br />
weniger Möglichkeiten zur Vereinbarung von Beruf<br />
und Familie, weniger Kultur, mehr Kommerz, mehr<br />
Egoismus, wachsende Bedeutung von Geld und<br />
materiellem Wohlstand als gesellschaftlich aner-<br />
kanntem Wert. Dabei habe ich aber den schnell<br />
wachsenden Wohlstand nach der Wende natürlich<br />
als sehr angenehm empfunden und auch die<br />
Entwicklung von mehr Selbstbewusstsein, mehr<br />
Toleranz, mehr Individualität.<br />
Politisch habe ich mich nach der Wende eher<br />
zurückgezogen. Ich war 27 Jahre und vom System<br />
des Sozialismus überzeugt. Ich war auch politisch<br />
engagiert und habe während des Studiums ein politisches<br />
Amt bekleidet. Ich habe mich bei meinen<br />
Entscheidungen jedoch immer von bestimmten, mir<br />
wichtigen Grundwerten leiten lassen, wie Menschlichkeit,<br />
Verständnis und Achtung gegenüber anderen<br />
Menschen, ihren Gefühlen, Ansichten und<br />
ihrer Arbeit. Sofern ich mich manchmal aus politischen<br />
Gründen über diese Werte hinweggesetzt<br />
habe, sehe ich das aus heutiger Sicht als Fehler. Seit<br />
der Wende bin ich nicht mehr politisch, aber sozial<br />
engagiert. Ich glaube auch, dass es wichtig ist,<br />
politisch Partei zu ergreifen, aber immer an der<br />
Sache und an den Menschen orientiert.<br />
A: Wären Sie Anwältin geworden, wenn es die<br />
Wende nicht gegeben hätte?<br />
Kahl: Nein, ich wollte nie Anwältin werden. Ich<br />
hätte mein Gleis wahrscheinlich nicht verlassen.<br />
A: Was war die Motivation, 1991 auf die Seite der<br />
Anwälte zu wechseln?<br />
Kahl: Dafür gab es politische, fachliche und tatsächliche<br />
Gründe. Bis 1989 war die Bundesrepublik<br />
für mich feindlich. Da hatte ich gefühlsmäßig<br />
schon ein paar Schwierigkeiten, juristischer Diener<br />
dieses Staates zu werden. Außerdem wurde ich zur<br />
Prüfung, ob ich als Richter übernommen werden<br />
kann, in einem Fragebogen von ca. vier Seiten<br />
umfangreich nach meiner politischen Vergangenheit<br />
und meiner derzeitigen politischen Betätigung<br />
befragt und auch danach, ob ich oder auch meine<br />
Verwandten Mitglied der PDS seien. Ich fühlte mich<br />
politisch verfolgt. Das Gefühl kannte ich bis dahin<br />
nicht.<br />
Fachlich war die Situation am Gericht in Zossen<br />
unerträglich. Wir erhielten zwar ein paar Schulungen<br />
durch westdeutsche Richter, uns standen<br />
jedoch keinerlei aktuelle Bücher oder Zeitschriften<br />
zur Verfügung. Ich erinnere mich noch, dass ich<br />
1990 mit einem Palandt von, ich glaube 1982, arbeiten<br />
musste. Mit DDR-Rechtskenntnissen und<br />
nahezu ohne Literatur musste ich dann in Zossen<br />
den häufig erscheinenden, sehr selbstbewussten,<br />
aus damaliger Sicht für mich gelackten und zum<br />
Teil widerlich überheblichen Anwälten aus West-<br />
Berlin gegenübertreten. Sie waren mir jedenfalls<br />
fachlich zu dieser Zeit in jeder Hinsicht überlegen.<br />
Kein gutes Gefühl als Richter.<br />
A: Und dann haben Sie sich als Anwältin selbständig<br />
gemacht?<br />
Kahl: Eine Richterkollegin, die bereits formell die<br />
Anwaltszulassung beantragt hatte, fragte mich, ob<br />
wir zusammen eine Kanzlei gründen wollen. Ich<br />
habe „ja“ gesagt.<br />
Bevor man eine Entscheidung solcher Tragweite<br />
trifft, sollte man mit möglichst vielen, mit der<br />
Materie vertrauten, erfahrenen Menschen sprechen<br />
und ihre Meinung nicht unterschätzen. Das<br />
war für mich seinerzeit allerdings insofern schwierig,<br />
als ich wenig Kontakte zu Menschen aus den<br />
alten Bundesländern hatte.<br />
A: Sehen Sie grundlegende Unterschiede zwischen<br />
den Situationen einer anwaltlichen Berufsanfängerin<br />
damals und heute?<br />
Kahl: In Ludwigsfelde gab es 1991 eine Anwaltskanzlei<br />
mit zwei Anwälten, das waren wir. Heute<br />
sind dort ca. 20 bis 25 Anwälte tätig. In der<br />
gesamten DDR gab es 1990 circa 600 Anwälte, in<br />
Westberlin 1200. Wir haben damals im Schlafzimmer<br />
einer Plattenbauwohnung unser Büro eingerichtet.<br />
Die Mandanten warteten auf einem<br />
Stuhl vor der Toilettentür. Unser einziges Marketing<br />
war ein Schild neben der Eingangstür und, ich<br />
glaube, eine Annonce zur Kanzleieröffnung. Die<br />
Bedeutung des Wortes Akquise war uns fremd. Als<br />
Kommunikationsmittel besaßen wir lediglich ein<br />
aktentaschengroßes C-Netz Mobilfunktelefon.<br />
Einen Festnetztelefon- und damit Faxanschluss<br />
gab es nicht. Als Schreibtechnik stand uns immerhin<br />
schon ein Robotron Personalcomputer mit dem<br />
Textverarbeitungsprogramm Q-text adress und<br />
einem Nadeldrucker zur Verfügung. Bedienen<br />
konnte ich das Teil zunächst nicht, denn ich hatte<br />
zu Ostzeiten noch keinen PC gesehen. Der Umsatz<br />
im ersten Monat lag bei ca. 50 DM, die wir in einer<br />
Kasse unter dem Schreibtisch vereinnahmten. Davon<br />
wollten wir irgendwann Bücher kaufen. Wir<br />
hatten keine Ahnung davon, dass von den 50 DM<br />
ein nicht unerheblicher Teil dem Finanzamt gehört.<br />
Unseren ersten Palandt (vorletze Auflage) schenkte<br />
uns ein netter Berliner Kollege. Im übrigen suchten
wir zwecks juristischer Recherchen die Bibliothek<br />
auf. Trotz abgeschlossener Juristenausbildung<br />
brauchten wir einige Zeit, um den Palandt stolperfrei<br />
lesen zu können, wegen der vielen, uns nicht<br />
vertrauten Abkürzungen.<br />
A: Die juristischen Schlagzeilen haben nach der<br />
Wende Themen wie die Mauerschützen-Prozesse,<br />
Gauck-Behörde, Eigentumsrückübertragung etc.<br />
bestimmt. Hat sich das auch in Ihrem beruflichen<br />
Alltag bemerkbar gemacht?<br />
Kahl: Mein beruflicher Alltag war davon kaum<br />
berührt. Dafür war meine Zeit als Jurist in der DDR<br />
zu kurz und ich war zu wenig clever, meine DDR-<br />
Vergangenheit zu vermarkten. Die Berührungspunkte<br />
mit diesen Angelegenheiten bestanden eher<br />
im privaten Bekanntenkreis. Mein Alltag war<br />
seinerzeit davon geprägt, das Recht der Bundesrepublik<br />
beherrschen zu lernen. Ich habe ein<br />
juristisches Repetitorium besucht und juristische<br />
Bücher studiert, bei Gerichten hospitiert, um ein<br />
neues Selbstbewusstsein gekämpft und um meine<br />
wirtschaftliche Existenz. Ich habe alle Mandate<br />
angenommen. Es waren Mandate aus allen möglichen<br />
Bereichen. Da ich als Richterin schon vorwiegend<br />
im Arbeitsrecht tätig war, wollte ich gern<br />
auf diesem Gebiet arbeiten.<br />
A: Gibt es spezifische Erfahrungen aus der Wendeund<br />
Nachwendezeit, die für Ihre berufliche Tätigkeit<br />
bis heute prägend sind?<br />
Kahl: Ich kenne die Denk-und Verhaltensweisen<br />
der Menschen in der ehemaligen DDR, die sich<br />
nach meiner Ansicht insbesondere bei älteren<br />
Menschen auch heute zum Teil noch deutlich von<br />
denen der Menschen in den alten Bundesländern<br />
unterscheiden. Dies ist für meinen Beruf sehr<br />
hilfreich.<br />
Vielleicht hat für mich die durch die plötzliche<br />
gesellschaftliche Änderung besonders spürbare Erfahrung,<br />
dass die Auslegung von Gesetzen immer<br />
politisch und durch gesellschaftliche Moralvorstellungen<br />
geprägt ist, eine besondere Bedeutung.<br />
Ist man in eine Gesellschaft integriert, erfordert es<br />
einen umfassenden Weitblick, zu erkennen, ob<br />
diese politischen oder gesellschaftlichen Maßstäbe<br />
richtig sind. Woran soll das gemessen werden? Und<br />
es kostet sehr viel Mut, davon abzuweichen. Es ist<br />
auch unbequem. Meine Erfahrung ist, dass es nur<br />
ganz wenige Menschen gibt, die dazu in der Lage<br />
sind. Ich kann nicht sagen, dass das für mich<br />
prägend wäre. Aber ich bin vielleicht aufmerksamer<br />
geworden.<br />
Frau Kahl, wir danken für Ihre offenen Antworten!<br />
Das Gespräch führte <strong>AdVoice</strong>-<br />
Redakteur und RA Percy Ehlert, Berlin.<br />
20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />
Beate Kahl wollte nie Anwältin werden. Foto: privat<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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54 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />
Von einem, der auszog, den Osten zu erobern<br />
Die Wendegeschichte eines Juristen, der heute Chef einer Friseurkette ist<br />
1990 sprach sich schnell herum, dass da einer aus dem Westen ist, der Ahnung hat. Thomas L. Kemmrich ist heute Chef einer großen Friseurkette. Foto: Sascha Mönch<br />
Als Thomas L. Kemmerich am 10. Juni 1989 das<br />
erste Mal nach Weimar und Dresden kam, war<br />
das für ihn, wie er sagt, „eine Zeitreise“. Heute<br />
lebt der gebürtige Aachener Jurist in Thüringen,<br />
hat hier Frau und sechs Kinder, betreibt eine<br />
Friseurkette und marschiert gerade mit großen<br />
Schritten für die FDP in den Thüringer Landtag.<br />
Wir sitzen im „Resi“ – einem über die Grenzen Weimars<br />
hinaus bekannten Lokal, in dem schon so<br />
manche Berühmtheit ihren Kaffee geschlürft hat.<br />
Neupolitiker Kemmerich erinnert sich an seine<br />
erste Reise in die damalige DDR: „Die Autos – das<br />
war wie in alten Filmen.“ Der smarte Mittvierziger,<br />
der eigentlich immer lacht, hält inne, wird nachdenklich.<br />
„Man hat sich nicht damit auseinandergesetzt,<br />
dass jenseits der Mauer Menschen wie<br />
du und ich leben.“<br />
»Mein Vater – der hat den Fernseher<br />
ausgeschaltet, wenn die DDR eine<br />
Goldmedaille gewonnen hat. Er hatte<br />
tiefe Vorurteile.«<br />
Wieder eine kurze Pause. „Mein Vater – der hat den<br />
Fernseher ausgeschaltet, wenn die DDR eine Goldmedaille<br />
gewonnen hat. Er hatte tiefe Vorurteile“,<br />
erinnert er sich. So ist er aufgewachsen, macht in<br />
Aachen Abitur, studiert in Bonn Jura, lernt parallel<br />
Kaufmann und studiert anschließend BWL in<br />
Aachen.<br />
Keine Frage – Thomas L. Kemmerich wird in die<br />
Wirtschaft gehen. Aber nicht einfach so, in einen<br />
Großkonzern, mit geregelten Arbeitszeiten, siche-<br />
rem Einkommen, sechs Wochen Urlaub im Jahr –<br />
dafür ist er nicht gemacht. Thomas L. Kemmerich<br />
will selbst Unternehmer werden. Er ist offener als<br />
der Vater. Osteuropa hat es ihm angetan. Budapest<br />
oder Prag – das sind seine Ziele. Dann bekommt er<br />
zwei Einladungen nach Erfurt, folgt ihnen und<br />
erlebt die Wende im Osten: „Ich hab’ gespürt: Hier<br />
passiert was. Es knallt, aber friedlich.“<br />
Seine Augen funkeln, und man kann sie beinahe<br />
spüren, die Aufbruchstimmung, die vor 20 Jahren<br />
hier herrschte.<br />
»Ich war 24, hier tat sich<br />
Sensationelles. Ich sagte einfach ja,<br />
ohne groß nachzudenken.«<br />
„Am 07. Oktober 1989 haben sie mir in Berlin die<br />
Einreise verweigert.“ Also kommt er am 01.11.1989<br />
wieder – erlebt in Erfurt, wie die Mauer fällt. „Dass<br />
das so schnell geht, hätte ich nie gedacht. Die<br />
Stimmung hier war einfach sensationell.“ Die Entscheidung,<br />
in Thüringen zu bleiben, ist gefallen.<br />
Jungunternehmer Kemmerich trifft Leute vom<br />
„Demokratischen Aufbruch“, die ihn fragen, ob er<br />
helfen könne. „Ich war 24, hier tat sich Sensationelles.<br />
Ich sagte einfach ja, ohne groß nachzudenken.“<br />
Also hält er seinen ersten Vortrag über<br />
soziale Marktwirtschaft. Das ist Anfang Januar<br />
1990. Es spricht sich schnell herum, dass da einer<br />
aus dem Westen ist, der Ahnung hat. „Ein Kombinatsmann<br />
kam auf mich zu und bat mich um<br />
Hilfe.“ Ein paar Tage später ist er arbeitsfähig, eröffnet<br />
sein Büro.<br />
„Unternehmensberatung“ steht auf dem Schild an<br />
der Tür. Die notwendigen Genehmigungen vom<br />
damaligen Kreisamt hat er in der Tasche. „‚Wieviel<br />
wollen Sie denn so verdienen?’, hatte mich die<br />
Dame dort gefragt. Ich sagte: ‚So 150 Mark.’ ‚Im<br />
Monat?’, fragte sie. ‚Nein – in der Stunde’, antwortete<br />
ich. Dann sie wieder: ‚Machen Sie doch,<br />
was Sie wollen!’“ Er amüsiert sich heute noch über<br />
diese Szene. Von da an berät er LPGs – wandelt<br />
viele in AGs um. „80% der Unternehmen, die wir<br />
damals betreuten, sind noch am Markt“, schätzt<br />
Kemmerich.<br />
Irgendwann ist mal ein Friseur dabei, nahezu insolvent.<br />
„Können Sie uns bitte helfen, wir haben aber<br />
kein Geld“, lautete die Anfrage. Das Projekt wurde<br />
zur Chefsache. Heute hat die Friseurkette Masson<br />
50 Geschäfte in Thüringen, Berlin und Leipzig mit<br />
350 Mitarbeitern.<br />
Ach ja – und vor drei Jahren kam die Politik. „Mit<br />
40 denkt man sich solche Sachen halt aus. Politisch<br />
aktiv war ich schon immer, z.B. in der <strong>Junge</strong>n Union<br />
in Aachen.“ Außerdem: „Ich verfolgte die politische<br />
Entwicklung genau; auch, dass die LINKE immer<br />
mehr die Rathäuser eroberte.“ Das war nicht nach<br />
seinem Gusto. Er engagierte sich wieder politisch,<br />
für den Mittelstand. „Es fing an, Spaß zu machen.“<br />
Sollte Kemmerich tatsächlich in den Thüringer<br />
Landtag einziehen – es wäre die dritte, persönliche,<br />
Wende in seinem Leben. Das mit der Rechtspflege<br />
nicht mehr viel zu tun hat. Thomas L. Kemmerich<br />
macht nicht den Eindruck, als würde ihn das stören.<br />
RAin und Journalistin<br />
Anke Schiller-Mönch, Weimar
20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />
Thomas L. Kemmrich, Chef der Friseurkette Masson mit 50 Geschäfte in Thüringen, Berlin und Leipzig. Foto: Masson<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />
Inspektor Grünschnabel<br />
42 Monate bei der Treuhandnachfolgerin BvS<br />
Die wirtschaftlichen Folgen des Endes der DDR<br />
zu bewältigen, bot nicht nur für alte Juristenhasen<br />
ungeahnte Herausforderungen. Noch<br />
Jahre nach dem Mauerfall gab es drängende<br />
juristische Fragen zu bearbeiten:<br />
Eine Gelegenheit für junge Juristen, bei der<br />
Treuhandnachfolgerin BvS das Spannungsfeld<br />
zwischen akademisch-juristischem Ideal und<br />
pragmatischer Problembewältigung kennen zu<br />
lernen.<br />
Dieter R. kam im Herbst 1996 zur Bundesanstalt<br />
für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS),<br />
so hieß die Treuhandanstalt seit Januar 1995. Er<br />
wollte die Zeit bis zum Beginn des Referendariats<br />
überbrücken und wurde dem Direktorat Vertragsmanagement<br />
zugeordnet. Das überwachte die<br />
Einhaltung der Privatisierungsverträge durch die<br />
Erwerber von Unternehmen.<br />
Eine anspruchsvolle Aufgabe für einen Frischling<br />
von der Uni, in zuarbeitender Funktion mögliche<br />
Vertragsverletzungen von Unternehmenskäufern<br />
zu untersuchen. So etwa, als ein Investor nicht<br />
mehr benötigte Gebäude samt Fundamenten<br />
abräumte und die Kosten vom Steuerzahler erstattet<br />
verlangte. Der Privatisierungsvertrag regelte<br />
jedoch ausdrücklich, dass erstattungsfähig nur die<br />
Kosten für das Beseitigen bestimmter Altanlagen<br />
bis auf ein Niveau von 30 Zentimetern unter Geländeoberkante<br />
waren, darunter nur bei Nachweis<br />
der Notwendigkeit für ein konkretes Neubauvorhaben.<br />
Suche nach Perspektive<br />
Eine eigene Perspektive zu finden, war für den Jungjuristen<br />
Dieter mit erstem Staatsexamen schwierig<br />
bis unmöglich. „Was bitte ist eine Bilanz?“ war eine<br />
der Fragen, die er sich zu stellen hatte. Und offenbar<br />
spielten auch gewisse politische Erwägungen eine<br />
Rolle. Jedenfalls sprach Dieters Chef einmal davon,<br />
dass es auch darum gehe, einige der Zuckerstückchen<br />
wieder einzusammeln, die den Investoren bei<br />
den Vertragsverhandlungen ausgelegt worden seien.<br />
Jedenfalls gab es bisweilen irritierte Reaktionen auf<br />
Seiten der Erwerber, wenn BvS-Mitarbeiter sich bei<br />
der Vertragsauslegung eng an den Wortlaut hielten.<br />
Die große Politik: Da gab es ein gewaltiges öffentliches<br />
Tam-Tam um den Verkauf der Mitteldeutschen<br />
Erdölraffinerie in Leuna an Elf Aquitaine. Der Verdacht<br />
wurde laut, die Franzosen hätten den Zuschlag<br />
aufgrund von Bestechung erhalten. Da<br />
wollten es die Politiker ganz genau wissen und das<br />
zuständige Vertragsteam bei der BvS musste die<br />
Akten aufarbeiten. Von diesen Leuten hat Dieter<br />
gehört, dass gar nicht erkennbar gewesen sei, wes-<br />
halb Elf hätte schmieren sollen. Es habe bei der<br />
Privatisierung keinen Wettbewerber gegeben, der<br />
bereit war, ebenso große Verpflichtungen einzugehen<br />
und eigenes Geld anzufassen.<br />
Skandal! Skandal?<br />
Politischen Ärger hat Dieter auch erlebt, als ein<br />
Unternehmen von einem Treuhand-Berater aufgekauft<br />
wurde. Da war von einem anrüchigen Insidergeschäft<br />
die Rede. Nach allem jedoch, was Dieter<br />
über den Vorgang in Erfahrung bringen konnte, war<br />
es eher so, dass das verkaufte Unternehmen einen<br />
erheblichen Instandhaltungsrückstau hatte, der im<br />
Kaufpreis nicht angemessen berücksichtigt worden<br />
war.<br />
Damals ist Dieter, frisch von der Uni kommend, mit<br />
der reinen Vertragsrechtslehre an die ihm zur Prüfung<br />
gegebenen Vorgänge herangegangen. Aus<br />
heutiger Sicht scheint ihm, dass es in vielen Fällen<br />
gute Gründe gab, den Privatisierungsprozess mit<br />
einer ordentlichen Portion Pragmatismus zu begleiten.<br />
Jedenfalls hatte er immer, so versichert Dieter,<br />
den größten Respekt vor der persönlichen Integrität<br />
der Juristen, Ingenieure und Betriebswirte der BvS,<br />
mit denen er Umgang hatte.<br />
RA Percy Ehlert, Berlin<br />
Großes öffentliches Tam Tam gab es um den Verkauf der Erölraffinerie in Leuna an das französische Unternehmen Elf Aquitaine. Foto: hennesd . pixelio.de
20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />
Bei verkauften maroden Industrieobjekten entstand nicht selten ein großer Instandhaltungsstau. Foto: Kurt Michel . pixelio.de<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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58 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />
Fall ohne Gleichen<br />
100 Tage Direktor Recht in der Treuhandanstalt Berlin<br />
Hausausweis der Treuhandanstalt. Repro: Andrea Vollmer<br />
Der erste Leiter der Direktion Recht der Treuhandanstalt<br />
berichtet von den Pionieraufgaben<br />
bei der Neuordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse<br />
in der ehemaligen DDR. Am 10. September<br />
1990, kurz vor meiner Pensionierung als<br />
Landgerichtspräsident in Mönchengladbach, bin<br />
ich bei der Treuhandanstalt in Berlin als kommissarischer<br />
Leiter der Rechtsabteilung eingesprungen,<br />
und zwar bis zum Ende des Jahres<br />
1990.<br />
Während dieser Zeit entwickelte sich die Treuhandanstalt<br />
unter der Leitung ihres Präsidenten<br />
Rohwedder vom von der Regierung Modrow<br />
eingesetzten Provisorium zur kompetenten Bundesanstalt<br />
für die Neuordnung der gesamten<br />
ehemaligen DDR-Volkswirtschaft. Wenn auch die<br />
Erwartungen erst im Ansatz erfüllt werden konnten,<br />
wurde – entgegen weitgehend unberechtigter<br />
Kritik – von „Wessis“ und „Ossis“, vom Vorstand bis<br />
zu den Sekretärinnen, mit ungeheurem Einsatz<br />
gearbeitet. Die Größe der Aufgabe war unvorstellbar,<br />
es handelte sich schließlich um den Verkauf,<br />
die Sanierung oder Stilllegung von zigtausend<br />
Einzelunternehmen mit ca. 6 Millionen Beschäftigten,<br />
um über 1,7 Millionen Hektar Landwirtschaft,<br />
400 Staatsdomänen, die Stasi-Immobilien<br />
mit 2.900 Objekten und die sogenannte Staatsreserve<br />
im Wert von 650 Millionen DM.<br />
Auch von der Rechtsabteilung wurde fast Unmögliches<br />
verlangt. Es galt bisher unbekannte,<br />
äußerst schwierige juristische Probleme zu lösen,<br />
die aus dem Zusammentreffen zweier gänzlich<br />
unterschiedlicher Rechtskreise, den Unzulänglichkeiten<br />
des Einigungsvertrages und den zahllosen<br />
Schwierigkeiten der DDR-Wirtschaft insbesondere<br />
aus Altlasten und den Altforderungen herrührten.<br />
Wir hatten die Verkaufsverhandlungen juristisch<br />
zu begleiten, Musterverträge und Satzungen zu<br />
entwerfen, und daneben auch Prozesse zu führen.<br />
Unmögliche Aufgaben<br />
Ich selbst war juristisch insbesondere mit den Fragen<br />
des „Unmöglichen“, dem die Rückübertragungsansprüche<br />
für Unternehmen regelnden § 6 des<br />
Gesetzes zur Regelung der offenen Vermögensfragen<br />
und entsprechenden Auseinandersetzungen<br />
mit dem Bundesjustizministerium befasst.<br />
Es wird immer wieder gefragt, ob die Entstaatlichung<br />
der ehemaligen DDR-Wirtschaft nicht hätte<br />
anders, besser gemacht werden können. Nach<br />
meiner Einschätzung jedenfalls grundsätzlich nicht.<br />
Man muss sich vor Augen halten, dass kaum jemand<br />
mit der Wiedervereinigung gerechnet hatte. Eine<br />
Vorbereitung auf diesen Fall hat es nicht gegeben<br />
und es gab auch keinen Vergleichsfall.<br />
Da wir eine bewährte, auf Privatinitiative bauende<br />
soziale Marktwirtschaft hatten und haben, kam nur<br />
eine Angleichung an diese durch eine möglichst<br />
schnelle Privatisierung in Betracht, und zwar durch<br />
eine Institution, der – und das war das Entschei-<br />
dende – für diese ungeheure Aufgabe möglichst<br />
freie Hand von obrigkeitlichen und von Partei-<br />
Einflüssen gelassen wurde. Diese Institution war die<br />
Treuhandanstalt , und ich meine, ihre Erfolge geben<br />
dem Recht.<br />
Als ich aus der Treuhandanstalt Ende 1990 ausschied,<br />
habe ich die weitere Entwicklung sehr<br />
pessimistisch beurteilt. Die „Filet-Stücke“ konnten<br />
zwar schnell abgesetzt werden. Auch die wenigen in<br />
Frage kommenden Großunternehmen, insbesondere<br />
der Autoindustrie waren ihren Verpflichtungen,<br />
nicht nur aus merkantilen Gründen, sondern auch<br />
nationalem Engagement, nachgekommen. Aber was<br />
denn nun?<br />
Erfolgreiche Arbeit<br />
Die produzierenden Unternehmen stellten zu einem<br />
großen Teil Produkte her, die nicht wettbewerbsfähigem<br />
Standard entsprachen, die Maschinen<br />
waren veraltet, stammten zum Teil aus Kriegs- und<br />
Vorkriegszeiten, die Gebäude waren heruntergekommen,<br />
die Personalbestände um das drei- bis<br />
vierfache zu hoch, Altschulden und Altlasten wegen<br />
der Bodenverseuchungen belasteten die die Bilanzen,<br />
die Ost-Märkte mit 60 % des bisherigen<br />
Absatzes waren wegen der DM-Umstellung verschwunden,<br />
geschultes Management und knowhow<br />
fehlten auf allen Gebieten. Und wenn ein<br />
Produkt doch einmal neuestem Standard entsprach,<br />
war es wegen der hohen Fertigungskosten nicht<br />
wettbewerbsfähig. Wer also sollte denn diese Unternehmen<br />
kaufen, mit denen frühestens in 10<br />
Jahren die erste „müde Mark“ zu verdienen war?<br />
Hinzu kamen die nach wie vor ungeklärten Eigentumsverhältnisse,<br />
ferner die erst allmählich funktionierenden<br />
Behörden, die Schaffung ausreichender<br />
Infrastrukturen, insbesondere des Verkehrswesens<br />
und der Kommunikationssysteme.<br />
Der Vorwurf, die Treuhandanstalt habe ganze Industriegegenden<br />
„platt gemacht“, trifft allein das<br />
vorangegangene Regime. Die betreffenden Industriegegenden<br />
waren bereits zugrunde gerichtet,<br />
wenn dies auch so verdeckt war, dass das volle<br />
Ausmaß erst im Nachhinein offenkundig wurde und<br />
zu den bekannten, bedauerlichen Fehleinschätzungen<br />
geführt hat. Es ist erstaunlich und bewunderungswürdig,<br />
dass trotz der aberwitzigen<br />
Schwierigkeiten die Aufgaben der Treuhandanstalt<br />
im wesentlichen bis Ende 1994 ausgeführt wurden.<br />
Dr. jur. Ulrich Firnhaber, Meerbusch
20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />
Ehemaliger Sitz der Treuhandanstalt, heute Bundesministerium der Finanzen Foto: Andrea Vollmer<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
59
60 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />
DDR Folgen Recht<br />
Ein untergegangener Staat als Regelungsgegenstand bundesdeutschen Rechts<br />
Neue Mauern in Berlins Mitte?<br />
Foto: Tobias Sommer<br />
Die DDR ist untergegangen? Nicht im Recht. Im<br />
Recht ist und bleibt sie präsent. Zahlreiche<br />
Prozesse haben DDR-Sachverhalte, seien es<br />
Äußerungen über angebliche Stasi-Mitarbeit,<br />
Prozesse um die Stasi-Unterlagen, geführt von<br />
Prominenten und so gegensätzlichen Politikern<br />
wie Gysi oder Kohl, Mauerschützen-Prozesse,<br />
Prozesse um Renteneingruppierungen, Anerkennungen<br />
von Ausbildungen, offene Vermögensfragen,<br />
baurechtliche Prozesse um ausgebaute<br />
Wochenendhäuschen usw., usf. In gewissen Anwaltssuchmaschinen<br />
wird noch heute mit dem<br />
Rechtsgebiet „DDR Folgen Recht“ geworben.<br />
Ganze Gesetze beschäftigen sich mit dem Thema<br />
DDR. Und auch in zahlreichen Einzelnormen taucht<br />
der Begriff DDR in den unterschiedlichsten Zusammenhängen<br />
auf, sei es, dass ein Sachverhalt extra<br />
geregelt wird, sei es dass eine DDR-Norm fortgilt,<br />
wie im Fall des Urlaubsanspruchs für Kämpfer<br />
gegen den Faschismus:<br />
„EUrlV DDR (Verordnung über den Erholungsurlaub)<br />
§ 8 Erholungsurlaub für Kämpfer gegen den Faschismus<br />
und Verfolgte des Faschismus, Kämpfer gegen<br />
den Faschismus und Verfolgte des Faschismus<br />
erhalten einen jährlichen Erholungsurlaub von 27<br />
Arbeitstagen. Alle Arten von Zusatzurlaub, mit<br />
Ausnahme des arbeitsbedingten Zusatzurlaubs,<br />
werden bei Vorliegen der Voraussetzungen zusätzlich<br />
gewährt.“<br />
Wie schafft man eigentlich eine Währung ab,<br />
speziell die der DDR? Nun ja, ein Blick ins Gesetz<br />
erleichtert die Rechtsfindung, und zwar in die<br />
„Bekanntmachung über die Außerkurssetzung der<br />
im Beitrittsgebiet noch gültigen Umlaufmünzen<br />
der ehemaligen DDR zu 1, 5, 10, 20 und 50<br />
Pfennig“.<br />
In zahlreichen Einzelnormen finden sich auch 20<br />
Jahre nach dem Mauerfall Regelungen, die speziell<br />
die DDR in den Blick nehmen. Eine größerer Teil der<br />
Regelungen entfällt auf die Anerkennung von amtlichen<br />
Dokumenten, Ausweisen, Urkunden, Titeln<br />
usw. Es geht um Versicherungen, die Währung oder<br />
Renten. Viele Reglungen, vor allem diejenigen, um<br />
die heftig gestritten wird, beziehen sich letztlich auf<br />
das Geld im Portomonaise der beigetretenen Bundesbürger,<br />
um strafrechtliche Verantwortlichkeiten<br />
oder um Wissen und das historische Gedächtnis.<br />
Begriffe wie Beitrittsgebiet, Deutsche Demokratische<br />
Republik und DDR finden sich in mehreren hundert<br />
Normen. Einige Regelungen, die laut Einigungsvertag<br />
fortgelten, sind reichlich absurd, nach § 3 Abs.<br />
2 S. 2 der Fürsorge- und Aufsichtsordnung gilt:<br />
„Der Leiter soll jedoch im Zusammenwirken mit<br />
den Lehrern und Erziehern, der FDJ und Pionierorganisation,<br />
dem Elternbeirat und den Organen<br />
der Volkspolizei durch Aufklärung und Erziehung<br />
dafür Sorge tragen, dass die Sicherheit der Kinder<br />
auf dem Schulweg erhöht wird.“<br />
Das Anliegen ist gut. Neben all dem geschrieben<br />
und gelebtem Recht gibt es noch das Recht in den<br />
Köpfen. In Filmen und Büchern überleben das<br />
Recht und die rechtlichen Wertvorstellungen der<br />
DDR. Das „Recht auf Arbeit“, ein elementarer Wert<br />
der DDR, wird immer mal wieder gefordert. Es wird<br />
auch noch ein paar Jahre dauern, bis ein paar<br />
Millionen ehemalige DDR-Bürger nicht mehr auf<br />
den Gedanken kommen, eine „Eingabe“ einreichen<br />
zu wollen.<br />
RA Tobias Sommer, Berlin<br />
Einige Bundesdeutsche Gesetze, die sich<br />
speziell mit dem Thema DDR beschäftigen:<br />
Einigungsvertrag Samt Nebenbestimmungen<br />
wie z.B. EGRechtÜblV Verordnung zur Überleitung<br />
des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf<br />
das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte<br />
Gebiet<br />
StUG – Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der ehemaligen Deutschen<br />
Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz<br />
_ StUG)<br />
DDR-EErfG – Gesetz zur Regelung in der Deutschen<br />
Demokratischen Republik nicht erfüllter<br />
Entschädigungsansprüche aus Enteignung<br />
FinBerG DDR – Gesetz zur Bereinigung von in<br />
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik<br />
zwischen den öffentlichen Haushalten und<br />
volkseigenen Unternehmen, Genossenschaften<br />
sowie Gewerbetreibenden begründeten Finanzbeziehungen<br />
ASLwApFG – Gesetz zur Förderung der agrarstrukturellen<br />
und agrarsozialen Anpassung der<br />
Landwirtschaft der DDR an die soziale Marktwirtschaft<br />
- Fördergesetz -<br />
SchuldBBerG – Gesetz zur Behandlung von<br />
Schuldbuchforderungen gegen die ehemalige<br />
Deutsche Demokratische Republik<br />
SEDDiktStiftG – Gesetz über die Errichtung einer<br />
Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur<br />
VermG – Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen<br />
Gesetz über den Nachweis der Rechtmäßigkeit<br />
des Erwerbs von Umstellungsguthaben<br />
Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen<br />
für Opfer politischer Verfolgung im<br />
Beitrittsgebiet<br />
Treuhandgesetz samt Nebengesetzen und Durchführungsverordnungen
20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />
Checkpoint Charlie: Mit juristischen Mitteln von 1963-1989 unüberwindlich. Heute unter den top ten für Berlin-Touristen. Foto: Tobias Sommer<br />
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62<br />
Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />
45 Mal geschützte DDR<br />
Zahlen, Daten, Zeichen eines Staates im Untergang<br />
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><br />
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><br />
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><br />
45 eingetragene Marken im Register des Deutschen<br />
Patent- und Markenamts , die den Begriff<br />
DDR enthalten.<br />
93,38% Wahlbeteiligung an der 1. freien Volkskammerwahl<br />
am 18. März 1990<br />
164 vollstreckte Todesurteile in der DDR<br />
136 oder 222 / Zahl der Mauertoten (Berliner<br />
Mauer), die bei einem Fluchtversuch gestorben<br />
sind<br />
236 Kreisgerichte (vergleichbar einem Amtsgericht)<br />
in der DDR Mitte der 80er-Jahre /<br />
126 Amtsgerichte in Sachsen, Sachsen-Anhalt,<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und<br />
Brandenburg Ende 2006<br />
560 Rechtsanwälte gab es in der DDR 1989 /<br />
54.108 Rechtsanwälte gab es in der BRD 1989<br />
12.301 Rechtsanwälte bei den RAK Sachsen,<br />
Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Thüringen, Brandenburg<br />
(Berlin gesamt: 12.049) zum 1. Januar <strong>2009</strong><br />
150.377 Rechtsanwälte in Deutschland zum<br />
1. Januar <strong>2009</strong><br />
><br />
><br />
><br />
><br />
><br />
ca. 3.400 DDR-Häftlinge, die zwischen 1963<br />
und 1989 von der Bundesrepublik freigekauft<br />
wurden<br />
ca. 6.000 DDR-Bürger, die sich im Spätsommer<br />
1989 in die Botschaft der BRD in Prag flüchten<br />
ca. 8.000 DDR-Bürger, die im Sommer 1989<br />
von Ungarn erlaubt bekommen, die Grenze nach<br />
Österreich zu überschreiten<br />
70.000 Teilnehmer an der Montagsdemonstration<br />
in Leipzig am 4. November 1989<br />
177.373 Wörter hat der Einigungsvertrag<br />
inklusive der Anlagen (1.267.464 Zeichen<br />
inklusive Leerzeichen), zum Vergleich BGB:<br />
197.925<br />
780.861 Besucher im DDR-Museum (eröffnet<br />
2006), davon 37,4% aus der ehemaligen DDR,<br />
38,4% aus dem ehemaligen Westdeutschland<br />
><br />
><br />
><br />
77.000.000 Euro aus dem ehemaligen SED-<br />
Vermögen stehen der Bundesstiftung Aufarbeitung<br />
als Kapital zur Verfügung.<br />
6.315.792 Anträge und Ersuchen bei der Birthler-Behörde<br />
BStU bis Ende 2008<br />
250 Milliarden Mark. Nationaleinkommen der<br />
DDR 1989 = ca. 14.705 pro Kopf<br />
Zusammengetragen von<br />
RA Tobias Sommer, Berlin<br />
Mauerreste in Berlin Foto: Andrea Vollmer
20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />
Schreibt uns!<br />
Schreibt Eure persönlichen Wendeerlebnisse und<br />
Erfahrungen für die <strong>AdVoice</strong> auf! Sie sollten<br />
einen Bezug zum Recht in Ost und West haben<br />
und natürlich zu Eurer eigenen Geschichte.<br />
Senden an redaktion@davforum. de !<br />
ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />
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FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong><br />
WENDE-EXTRA<br />
20 Jahre Mauerfall<br />
Richterin Ost / Anwältin West<br />
��<br />
Osteroberung - eine Karriere<br />
42 Monate Treuhandnachfolge<br />
FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im DeutschenAnwaltverein<br />
Anwalt der Anwälte<br />
100 Tage Treuhandanstalt<br />
DDR Folgenrecht<br />
45 Mal geschützte DDR<br />
Aus dem Inhalt:<br />
20 Jahre<br />
Mauerfall<br />
w w w . d a v f o r u m . d e<br />
<strong>03</strong>/09<br />
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