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AdVoice 03/2009September 2009 - Forum Junge Anwaltschaft

AdVoice 03/2009September 2009 - Forum Junge Anwaltschaft

AdVoice 03/2009September 2009 - Forum Junge Anwaltschaft

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G 48742<br />

<strong>03</strong>/09<br />

w w w . d a v f o r u m . d e<br />

Anwalt der Anwälte<br />

FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im DeutschenAnwaltverein<br />

Thema:<br />

Mobilität<br />

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Aus dem Inhalt:<br />

Pilotenkoffer & Co<br />

Im Urlaub Mandanten gewinnen<br />

Nische: Autobahnanwalt<br />

Checkliste: Als Anwalt unterwegs<br />

Das gesunde Büro<br />

WENDE-EXTRA<br />

20 Jahre Mauerfall<br />

FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong>


Mauerfall, Meerblick, Mobilität<br />

Caddy<br />

Metro<br />

Helikopter<br />

Rolltreppe<br />

Motorrad Moped<br />

S-Bahn<br />

Zu Fuß<br />

Editorial<br />

20 Jahre ist es her, dass die Mauer fiel. Der Einigungsvertrag<br />

selbst mit seinen 177.373 Wörtern<br />

(Seite 62) ist fast schon Stoff für die Rechtshistoriker.<br />

Das Thema DDR spielt vor Gerichten<br />

immer weniger eine Rolle. Wenn junge Anwält/<br />

innen mit dem Thema DDR in Berührung kommen,<br />

scheint das schon fast exotisch zu sein. Da wir<br />

unsere Bestandsaufnahme in der kommenden<br />

Ausgabe fortsetzen wollen, gilt: schreibt uns. Was<br />

habt Ihr in Eurem Anwaltsalltag erlebt zum Thema<br />

DDR und Mauerfall?<br />

Caddy oder Power Blades. So unterschiedlich wie<br />

die <strong>Anwaltschaft</strong>, sind auch die anwaltlich bevorzugten<br />

Fortbewegungsmittel (Seite 10). Wer Palmen<br />

mit Meerblick sucht muss allerdings ein Flugzeug<br />

besteigen. Auf Seite 12 verrät ein Strafverteidiger,<br />

wie man trotz Urlaub die Kanzlei nicht komplett<br />

schließen muss und Mandate annehmen kann.<br />

Fahrstuhl<br />

Tram<br />

Tandem<br />

Rollstuhl<br />

Flugzeug<br />

Roller<br />

Taxi<br />

Bus<br />

Seilbahn<br />

Wer wissen will, welch absurde Streitigkeiten Anwälte<br />

in eigener Sache führen, kann im letzten Wort<br />

(Seite 51) nachlesen, warum ein Anwalt für erstrittene<br />

zwei Euro 123,19 Euro an Kosten zahlen muss.<br />

Die Geheimnisse für ein gutes Raumklima verraten<br />

wir im Magazin (Seite 18).<br />

Wie immer gilt: Schreibt uns, wir freuen uns über<br />

Feedback, Leserbriefe (Seite ??) und Eure Geschichten<br />

aus dem Anwaltsalltag (Seite ??)!<br />

Euer RA Tobias Sommer<br />

P.S. Die schönste Bildunterschrift in dieser Ausgabe<br />

ist die „Flucht in die Säumnis“ auf Seite 7.<br />

U-Bahn Inline-Skates<br />

Fahrrad<br />

Boot<br />

Straßenbahn<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Rikscha<br />

Auto Eisenbahn<br />

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Thema: Mobilität<br />

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Flügel unter der Robe<br />

Mobilität als Chance oder Belastung<br />

Jürgen träumt von Pool und Sonne<br />

... und macht mobil<br />

Recht auf Rad<br />

Anwälte steigen aufs Fahrrad<br />

Autofahren lohnt sich (nicht)<br />

Das Für und Wider des Kfz-Betriebs<br />

Taschen machen Leute<br />

Über Tragebehälter im Anwaltsberuf<br />

Kanzlei mit Meerblick<br />

Im Urlaub Mandanten gewinnen<br />

Tipps für unterwegs<br />

Was in den Koffer gehört<br />

Reisen kostet<br />

RVG und Reiskosten<br />

Rasende Mandantschaft<br />

Deutschlands erster Autobahnanwalt<br />

2 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Inhalt<br />

Magazin<br />

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Biosphäre Büro<br />

Das gesunde Büro<br />

Rotstift ./. Kauderwelsch<br />

Redaktionsstab für verständlichere<br />

Gesetze<br />

Anekdoten aus dem Anwaltsleben<br />

Skurrile Mandate<br />

Aufschwung durch Unabhängigkeit<br />

Die mobile Anwältin<br />

Passwörter und Co<br />

Technische Anforderungen an den<br />

Datenschutz<br />

Reden ist Silber, Zuhören ist Gold<br />

Von der Ökonomie der Kommunikation<br />

Das selbstständige Beweisverfahren<br />

Tipps zur richtigen Abwicklung<br />

Kein Versteck für Schuldner<br />

Neues Mahnverfahren erleichtert<br />

Forderungseinzug<br />

Haftungsvermeidung<br />

Haftungsbeschränkungen richtig<br />

vereinbaren<br />

Erfahrungsbericht Kanzleigründung<br />

Autonärrin und Anwältin<br />

Euer FORUM<br />

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Vorteile der FORUMs-Mitgliedschaft<br />

Fälle von der FORUMs-Mailingliste<br />

Termine <strong>AdVoice</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Ehe und Familie<br />

Studienreise Griechenland<br />

FORUM in Kiel<br />

Regional- und Länderbeauftragte<br />

stellen sich vor<br />

Dresden, Slowakei und Türkei<br />

Leserbriefe<br />

News


Bücherforum<br />

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Werkstattbuch Mediation<br />

Formularbuch<br />

Außergerichtliche Streitbeilegung<br />

Mietminderungstabelle<br />

Sozialgerichtsgesetz / Kommentar<br />

Kommentar zum Sozialrecht<br />

Strategie und Taktik im<br />

Kündigungsschutzprozess<br />

Münchener AnwaltsHandbuch<br />

Arbeitsrecht<br />

Handbuch Internet, Arbeitsrecht<br />

Beck´sches Formularbuch Arbeitsrecht<br />

Mietrecht aktuell<br />

Münchener AnwaltsHandbuch<br />

Medizinrecht<br />

Zivilprozessordnung<br />

Kommentiertes Prozessformularbuch<br />

Der Autokauf<br />

Stiftungsrechts-Handbuch<br />

Info + Service<br />

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Autorenverzeichnis<br />

Links<br />

Das letzte Wort<br />

Impressum<br />

Inhalt<br />

Wende-Extra<br />

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Kanzleigründung im<br />

Plattenbauschlafzimmer<br />

Von der Ostrichterin zur Westanwältin<br />

Die Osteroberung<br />

Damals Jurist, heute Friseurkettenchef<br />

Inspektor Grünschnabel<br />

42 Monate BVS<br />

Fall ohne Gleichen<br />

100 Tage Treuhand<br />

DDR Folgen Recht<br />

Gegenstand bundesdeutschen Rechts<br />

45 Mal geschützte DDR<br />

Zahlen, Daten, Zeichen<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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Thema<br />

Flügel unter der Robe<br />

Mobilität als Gelegenheit oder Belastung – eine Frage der inneren Haltung<br />

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos<br />

sein …“ Reinhard Mey singt von der<br />

Benutzung des Verkehrsmittels Flugzeug, aber<br />

eigentlich geht es ihm um Freiheit. Bitteschön,<br />

da haben wir‘s. Wir sprechen über Mobilität, aber<br />

wir meinen: Freiheit. Was also hat die Ausübung<br />

des freien Berufs Rechtsanwalt mit Mobilität zu<br />

tun? Wir könnten fein säuberlich nach räumlicher<br />

und geistiger Mobilität sortieren. Aber<br />

irgendwie haben beide doch ständig miteinander<br />

zu tun. Also lassen wir das Aufteilen in Kästchen.<br />

Stattdessen stellen wir entschieden fest: Noch<br />

nie haben (in unserem Land) die technischen und<br />

rechtlichen Bedingungen uns Anwälten eine<br />

solche (körperliche) Mobilität ermöglicht, wie<br />

heute. Die Kehrseite ist womöglich, dass uns die<br />

wirtschaftlichen Bedingungen eine bisher nicht<br />

gekannte Mobilität abverlangen.<br />

Wenn die Flügel unter der Robe jucken?<br />

Dann auf! Ein kleiner Flug, was soll schon dabei sein?<br />

4 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Vom Nordkap bis Kreta<br />

Der Wegfall der Residenzpflicht erlaubt uns die<br />

Tätigkeit in ganz Deutschland, Befugnis zum Betreiben<br />

von Zweigstellen inklusive. Dank der europäischen<br />

Dienstleistungsfreiheit können wir im<br />

Prinzip unseren Beruf im gesamten Raum zwischen<br />

Kreta, Gibraltar und dem Nordkap ausüben.<br />

Als Kölner Anwalt einen Termin in Berlin oder<br />

München wahrzunehmen ist grundsätzlich kein<br />

Problem ( – vermutlich sogar unkomplizierter, als<br />

von Köln zu einem Amtsgericht im westfälischen<br />

Hochsauerlandkreis zu gelangen). Dank Mobiltelefon<br />

und drahtloser Datenübertragung können<br />

wir auch von unterwegs unser Büro koordinieren<br />

und Schriftsatzentwürfe verschicken.<br />

Das hat seinen Preis: Die neu gewonnenen Möglichkeiten<br />

werden alltäglich, vielleicht sogar lästig.<br />

Die Projektion jedenfalls, die Reinhard Mey vor<br />

vielen Jahren mit dem Fliegen im Flugzeug verband,<br />

wirkt heute fast schon putzig. Im Zeitalter<br />

der Billigflieger macht es für viele emotional keinen<br />

Unterschied, ob sie den Linienbus besteigen oder<br />

sich ins Flugzeug setzen. Das Mobilitätsmittel als<br />

solches ist eben doch nicht mit dem erstrebten (?)<br />

Zustand der Freiheit gleichzusetzen.<br />

Die Mittel der Berufsausübungsfreiheit können zur<br />

Falle werden. Wenn der Anwalt mobil zu erreichen<br />

ist, hat der Mandant als König Kunde einen Anspruch<br />

darauf, ihn jederzeit sprechen zu können,<br />

oder nicht? Kein Ort, nirgends, um noch Privatmensch<br />

zu sein. Gerade für die selbstständigen<br />

Kollegen, die angeblich selbst und ständig arbeiten,<br />

entstehen mit den neuen Möglichkeiten auch neue<br />

Herausforderungen.<br />

Standpunktfrage<br />

Es gibt Kollegen, denen gefällt es, abends um 23<br />

Uhr mit Mandanten am Telefon zu plaudern oder<br />

beim Sonntagsbrunch mit Freunden vor dem<br />

zweiten Cappuccino mal schnell die letzten Mails<br />

zu checken. Mobilität ist also eine Frage des<br />

Standpunktes, nicht wahr? Ohne Bezugspunkt<br />

könnten wir Bewegung und Beweglichkeit gar<br />

nicht feststellen. Es ist vor allem eine Frage der<br />

inneren Haltung, ob ich Möglichkeiten von Mobi-<br />

lität als Gelegenheit oder eher als Belastung empfinde.<br />

Und schließlich: Freiheit hat für uns doch<br />

wohl auch viel mit der Fähigkeit zur Selbstbeschränkung<br />

zu tun. Wenn es mir gelingt, auf<br />

Möglichkeiten der Tätigkeit zu verzichten, etwa:<br />

nicht heute im Recht der unbeweglichen Gegenstände<br />

und morgen im Recht des körperlosen<br />

geistigen Eigentums unterwegs zu sein, bin ich<br />

hoffentlich weniger in Gefahr, von den Umständen<br />

getrieben zu werden (überall auf der Höhe sein zu<br />

wollen und diesen Anspruch an keiner Stelle<br />

einlösen zu können). In der Bescheidung liegt die<br />

Chance, auch die Möglichkeiten von Mobilität als<br />

Mittel der (selbstbestimmten) Gestaltung der<br />

eigenen beruflichen Tätigkeit nutzen zu können.<br />

Überlegene geistige Mobilität drückt sich dann<br />

darin aus, ruhig am richtigen Punkt zu stehen, statt<br />

atemlos durch Zeit und Raum zu hasten. (So wie<br />

ein guter Verteidiger ganz cool zwischen Ball und<br />

Tor steht, statt von hinten die Blutgrätsche<br />

anzusetzen.)<br />

Mobilität braucht Mut<br />

Mobilität braucht Mut: „Dürfen hätten wir schon<br />

gewollt – aber können haben wir uns nicht getraut“<br />

so sagt lakonisch (nach meiner Erinnerung)<br />

der alte Karl Valentin. Und schon kommt der noch<br />

viel ältere Ikarus um die Ecke geflogen. Der hatte<br />

Mut und wollte es wissen. Bis zur Sonne ist er<br />

geflogen. Da ist ihm das Wachs, das die Federn<br />

seiner Flügel hielt, geschmolzen und der Kerl ist<br />

abgeraucht. Der Gebrauch von Mobilität – sprich:<br />

Freiheit – kann selbstzerstörerisch sein. Also bitte,<br />

liebe Junganwälte, erfüllt brav und gradlinig Eure<br />

Pflichten als Organe der Rechtspflege und vollführt<br />

keine tollkühnen Sprünge. (Womit wir wieder bei<br />

Karl Valentin wären.)<br />

Und wenn die Flügel unter der Robe trotzdem<br />

weiter jucken? Dann auf! Ein kleiner Flug, was soll<br />

schon dabei sein? Jeder, der sich durch zwei Staatsexamen<br />

gearbeitet hat, dürfte ausreichend bodenständig<br />

sein, um nicht gleich den direkten Weg zur<br />

Sonne zu nehmen. (Und schließlich: Was dem<br />

einen ein kleiner Hüpfer ist, bedeutet für den<br />

anderen eine Erfahrung von Grenzüberschreitung.<br />

Alles eine Frage des Standpunktes.)<br />

RA Percy Ehlert, Berlin


Jürgen träumt von Pool und Sonne<br />

... und macht mobil<br />

Der Jürgen – der sitzt in seinem schicken Büro,<br />

grübelt über seinem schwierigen Steuerfall eines<br />

neuen Mandanten, den er gestern bekommen<br />

hat und schaut zum Fenster heraus. Die Sonne<br />

scheint – endlich, nachdem der Sommer ja nicht<br />

wirklich toll war. „Ach, wie wär das schön, jetzt<br />

in seinem Garten zu sitzen, am Pool, mit einer<br />

Tasse Kaffee, die Sonne genießen ...“<br />

träumt der Jürgen und denkt im gleichen Moment:<br />

„Warum eigentlich nicht?“ Schließlich ist er ja mobil<br />

mit seinem silbernen Laptop, der elektronischen<br />

Akte und so. Und, er hat sich die Technik ja nicht<br />

nur angeschafft, um immer und überall auf seine<br />

Akten zugreifen zu können, und dann doch nur im<br />

Büro zu sitzen. Ach ja, und das viele Papier wollte er<br />

auch ein wenig reduzieren. Kostet ja schließlich<br />

alles Geld.<br />

Das ist ihm auch ganz gut gelungen. Seine Mandanteninformationen<br />

schickt er jetzt immer direkt<br />

aus der Akte - übers Internet. Einige seiner Kollegen<br />

benutzen sie mittlerweile auch, die elektronische<br />

Akte. Bis jetzt hat der Jürgen ja trotzdem noch seine<br />

„richtigen“ Akten gehabt und auch immer<br />

mitgenommen. Nur neulich, da war ein Kollege, der<br />

hatte seine Akte nur elektronisch mit. Also das wäre<br />

dem Jürgen nichts.<br />

Man stelle sich das mal vor. Da sitzen sich die<br />

beiden Anwälte gegenüber. Jeder guckt in seinen<br />

Laptop und redet so vor sich hin. Nein – so weit<br />

geht die Liebe zur Technik und Mobilität auch<br />

wieder nicht. Außerdem – was ist eigentlich mit<br />

dem Datenschutz? Darüber hat sich der Jürgen<br />

auch so seine Gedanken gemacht. Was, wenn die<br />

Daten seiner Mandanten bei ihrer Reise durch die<br />

virtuelle Welt des Internets verloren gehen?<br />

Nicht, dass bei der guten alten Deutschen Post<br />

nichts verloren ginge. Aber mit diesen Datenpiraten<br />

ist wirklich nicht zu spaßen. Der Vertreter seines<br />

neuen Anwaltsprogrammes jedenfalls hat ihm<br />

versichert, dass das jetzt absolut sicher ist, mit der<br />

elektronischen Akte, den Mandantenschreiben<br />

übers Internet und so. Und das nette Fräulein aus<br />

seinem Vorzimmer meinte auch, dass das alles ganz<br />

plausibel klinge, was der Herr Schulze von der Firma<br />

Supersoftware ihnen da erklärt habe.<br />

Thema<br />

Weil Jürgen so viel Technik angeschafft hat, die ihn total mobil macht, setzt er sich jetzt an seinen Dreiringepool und bearbeitet seine Akten im Internet. Illustration: RAin Anke Schiller-Mönch<br />

Trotzdem, so richtig sicher ist sich der Jürgen da<br />

nicht. Aber verschließen will er sich der neuen<br />

Technik auch nicht. Schließlich möchte er mithalten<br />

können mit den anderen Kollegen und auch so<br />

flexibel und mobil sein wie sie. Es soll ja auch einen<br />

Nutzen für die Mandanten bringen. Schließlich<br />

können die dann immer und von überall per<br />

Passwort auf ihre ganz persönliche Akte zugreifen<br />

und lesen, was ihr Anwalt der Gegenseite geschrieben<br />

hat.<br />

Apropos immer und überall. Eigentlich wollte der<br />

Jürgen doch nach Hause auf seinen Balkon. Also<br />

packt er seine sieben Sachen, gibt dem netten<br />

Fräulein noch ein paar Aufgaben und verabschiedet<br />

sich von ihr. Zu Hause angekommen klappt er<br />

sein schickes Notebook auf und stellt fest, dass ihm<br />

die Sonne direkt aufs Display scheint und er nichts,<br />

aber auch gar nichts lesen kann. Was solls, denkt<br />

sich der Jürgen, schlägt die <strong>AdVoice</strong> auf, die im<br />

Briefkasten war, und beginnt zu lesen.<br />

RAin und Journalistin<br />

Anke Schiller-Mönch, Weimar<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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6 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Thema<br />

Recht auf Rad<br />

Anwälte steigen auf´s Fahrrad<br />

Es ist kein Geheimnis, dass sich im täglichen<br />

Berufsverkehr der Großstädte Autos wie eine<br />

träge Blechlawine von Ampel zu Ampel wälzen.<br />

Wer selbst ein motorisiertes Gefährt allmorgendlich<br />

von daheim zur Kanzlei bewegt, der<br />

kennt die unzähligen Stop-and-Goes, das Gehupe,<br />

das mit den lokalen Verkehrsnachrichten<br />

verschmilzt. Nerven wie Drahtseile sind mitunter<br />

gefordert, doch nicht nur das. Eine kurze Strecke<br />

benötigt Zeit, Extrazeit, die am Frühstückstisch<br />

nicht vertan werden darf. Und Zeit ist bekanntlich<br />

Geld.<br />

Was wäre in so verkehrsreichen Zeiten nicht nahe<br />

liegender, als die nicht rosten wollende Liebe in der<br />

Garage stehen zu lassen und auf die Öffentlichen<br />

oder den Drahtesel umzusatteln. Davon macht die<br />

<strong>Anwaltschaft</strong> zunehmend Gebrauch. Nicht nur bei<br />

strahlendem Sonnenschein wissen „bikende“ Advokaten,<br />

warum sie die mit Muskelkraft betriebenen<br />

Zweiräder so sehr schätzen.<br />

Baurechtsspezialist und <strong>AdVoice</strong>-Redakteur Percy<br />

Ehlert zum Beispiel nutzt den täglichen Radweg,<br />

um sein kleines persönliches Sportprogramm zu<br />

absolvieren. „Gut zum Runterkommen, bevor der<br />

Bürotag startet“, sagt Ehlert. Bei den gut 20 km, die<br />

eine einfache Strecke bis zu seinem Office braucht,<br />

dürfte der Bequeme erst gar nicht auf das Fahrrad<br />

aufsteigen. Doch den erfahrenen Autor Ehlert stört<br />

die Anstrengung nicht. Selbst bei Wind und Wetter<br />

wird geradelt. Er könne sich ja kurz frisch machen,<br />

wenn er angekommen ist, sagt er und begegnet so<br />

allen Kritikern des Frühsports.<br />

Doch es gibt auch eine Kehrseite der Zweiradnutzung.<br />

Die jährliche Unfallstatistik spricht eine<br />

deutliche Sprache. Radfahrer sind nach wie vor<br />

erheblicher Gefährdung im Straßenverkehr ausgesetzt.<br />

Trotz des Ausbaus von Radwegen in den<br />

Metropolen der Republik werden Radler häufig von<br />

stärkeren Verkehrsteilnehmern übersehen. Nicht<br />

selten verlaufen Unfälle besonders schwer, weil<br />

dem Biker bekanntlich die schützende Knautsch-<br />

zone fehlt. Neben der Gefährdung durch andere<br />

Verkehrsteilnehmer müssen die Rad fahrenden Anwälte<br />

die gestiegenen Umweltbelastungen wie<br />

Stickoxide, Kohlenwasserstoffe und Feinstaub hinnehmen,<br />

besonders wenn der Radweg an einer<br />

Hauptverkehrsachse entlangführt.<br />

Doch dies soll kein Plädoyer gegen die Risiken des<br />

Radfahrens, sondern auch ein Beitrag zur Steigerung<br />

der ökologisch sinnvollen Fortbewegung sein.<br />

Der regelmäßige Fahrradnutzer hat längst sein<br />

Lieblingsbike entdeckt und bewegt es fleißig von A<br />

nach B. Besonders allen, die darüber nachdenken,<br />

sich ein zweirädriges Gefährt zuzulegen, seien die<br />

folgenden Zeilen gewidmet. Wie es ungezählte<br />

Bekleidungsstücke zu kaufen gibt, so unterschiedlich<br />

ist das Radangebot im Handel. Und auch dem<br />

Anwalt ist erlaubt, was ihm nutzt und gefällt. Hierbei<br />

gilt unzweifelhaft, dass Qualität, Marke und<br />

Ausstattung ihren Preis haben. Hier eine kleine<br />

Radfibel, die zwischen den einzelnen Typen unterscheiden<br />

hilft:<br />

Entspannt einrollen zum Termin. Schuhputzkontrolle „Wo eigentlich findet mein Termin statt?“


Das Hollandrad<br />

Die gemütlichste und aufrechteste Art zu fahren<br />

kommt aus den Niederlanden. 28 Zoll-Laufräder an<br />

gemufften, aber schweren Stahlrahmen mit gefederten<br />

Ledersätteln erfreuen sich großer Beliebtheit<br />

bei allen, die es gemächlich lieben. Da der<br />

Kettenlauf traditionell geschützt ist, eignet sich das<br />

Hollandrad exzellent zur schmutzfreien Ankunft<br />

bei Gericht.<br />

Das Trekkingrad<br />

Zügig unterwegs sein geht nicht nur mit einem<br />

Rennrad. Gerader Lenker an leichtem Aluminium-<br />

Diamantrahmen, dazu 28er Felgen und Profilreifen<br />

mit geringem Querschnitt, eine gutgängige Kettenschaltung<br />

machen die Technik dieser Radkategorie<br />

aus. Die Radposition ist nach vorn geneigt und<br />

somit erkennbar sportlicher als beim Hollandrad.<br />

Flott reisende Rechtsberaterinnen und -berater, die<br />

auch mit unebenen Straßenverhältnissen leben<br />

müssen, sind mit einem Trekkingrad bestens bedient.<br />

Das Mountainbike<br />

Ihren Siegeszug traten die teils vollgefederten<br />

Geländemaschinen Ende der 1980er Jahre an.<br />

Zwischen 600,- und 6.000,- Euro darf man für<br />

Aluminium- oder Carbonboliden hinblättern. Dass<br />

es wie bei Autos längst um mehr als um Fortbewegung,<br />

sondern vor allen Dingen um Prestige<br />

geht, haben die Hersteller sowie ihre Kunden längst<br />

erkannt. Schick ist eben das, was kostet. In Großstädten<br />

sind sie gerade deswegen beliebtes „Klauobjekt“.<br />

Das sollte man auch beim Anketten vor der<br />

Kanzlei bedenken. Besser in das Büro mitnehmen!<br />

Das Rennrad<br />

Ohne Blutdoping geht es auch, und jeder darf es<br />

fahren, das Rennrad. Elegant sind sie schon,<br />

besonders die alten „Retro-Stahlramen“, die auf der<br />

Internetplattform Ebay für gutes Geld ihren Besitzer<br />

wechseln. Für Furore haben in jüngster Zeit<br />

so genannte Single-Speed-Rennräder („Fixies“)<br />

gesorgt. Sie werden üblicherweise ohne Gangschaltung,<br />

Bremse, ohne Rücktritt und ohne Freilauf<br />

gefahren. Damit sind sie offiziell nicht im<br />

Straßenverkehr zugelassen. Dennoch rasen gern<br />

Fahrradkuriere mit ihnen wie wild durch die<br />

Straßenschluchten.<br />

Flucht in die Säumnis Fotos: Andrea Vollmer<br />

Thema<br />

Das Klapprad<br />

Die guten, aus Oversized-Alurohren gefertigten<br />

Mini-Räder kosten mehr als 500,- Euro und lassen<br />

sich mit wenigen Handgriffen auf ein tragbares<br />

Packmaß zusammenklappen. Damit geht es dann<br />

in Bus und Bahn. Am Ziel angelangt wird auseinander<br />

gefaltet, arretiert und in die Pedale getreten.<br />

Reiseanwälte werden die praktischen Bikes<br />

schätzen und lieben lernen.<br />

Das BMX/Cruiser<br />

Eher für schräge Vögel und juristische Individualisten<br />

geeignet sind BMX-Räder mit ihren 20 Zoll<br />

Laufrädern und Cruiser-Bikes, die an alte Motorräder<br />

erinnern. In jedem Fall ist man so beim Absteigen<br />

vor der Staatsanwaltschaft im piekfeinen<br />

Anzug ein echter Hingucker. Ob sich das in barer<br />

Münze auszahlt, gilt es noch zu überprüfen.<br />

Ganz gleich, welcher Radtyp bevorzugt wird, in<br />

jedem Fall lohnt der Ritt auf dem Drahtesel. Über<br />

geeignete Radwege in der Stadt informieren die<br />

Kommunen selbst oder der ADFC (Allgemeiner<br />

Fahrrad-Club e. V.).<br />

RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

7


Thema<br />

Autofahren lohnt sich (nicht)<br />

Das Für und Wider des Kfz-Betriebs<br />

Oben ohne, aber immer very busy. Weil Kollegin Anke<br />

nicht nur Wind macht, sondern auch welchen braucht,<br />

fährt sie einen flotten Mini Cooper Cabriolet.<br />

Nirgendwo anders in der Welt ist die Liebe zum<br />

Auto so groß wie in Deutschland. Statussymbol,<br />

Hobby und Leidenschaft vereinen sich in diesem<br />

eigentlich profanen Gebrauchsgegenstand. Ein<br />

Blick zum europäischen Nachbarn Frankreich<br />

zeigt, dass dort wichtiger noch als das Auto der<br />

Mensch ist. Eben das, was durch den Magen<br />

geht, nämlich die Liebe und das Essen. So wundert<br />

es nicht, dass in Frankreichs Hauptstadt<br />

verbeulte Nobelkarossen aus dem Hause BMW<br />

und Jaguar ganz ungeniert durch die Avenuen<br />

rollen. Tatsache ist, es stört dort niemanden.<br />

In Deutschland wäre solcher Gleichmut undenkbar.<br />

Bereits der TÜV hätte an der einen oder anderen<br />

frankophonen Blessur etwas auszusetzen. Außerdem<br />

wird im Mutterland des Autotunings getreu<br />

dem Motto „tiefer, breiter, schneller“ geforscht und<br />

vor allen Dingen geschraubt. Erleben es Rechtsanwälte<br />

gänzlich anders?<br />

8 ADVOICE <strong>03</strong>/09 02/09<br />

Zumindest wird manch einer als ausgemachter<br />

Verkehrsrechtler von rein professioneller Seite erfahren,<br />

was Autofahren und alles, was sich darum<br />

rankt, für rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.<br />

So werden Experten für Gebrauchtautokäufe ihre<br />

Anekdoten zu erzählen haben, ebenso die Umweltrechtler,<br />

die illegal in der Landschaft abgestellte<br />

Autowracks bewerten müssen und die<br />

Steuerrechtler, die Fahrtenbücher und Kilometerpauschalen<br />

ihrer Klienten prüfen.<br />

»Der Autotyp ist ein Fingerzeig auf die<br />

beratene Klientel.«<br />

Selbstverständlich unterliegt der in Robe plädierende<br />

Berufsstand allen Begehrlichkeiten, die der<br />

Automobilsektor weckt. Das Kraftfahrzeug ist<br />

nicht zuletzt das Aushängeschild der Kanzlei, an<br />

dem Mandanten den wirtschaftlichen Erfolg<br />

meinen, messen zu können und zu sollen. Der<br />

Autotyp ist ein Fingerzeig auf die beratene beziehungsweise<br />

noch zu gewinnende Klientel. Eine<br />

auf Bank- und Wirtschaftsrecht ausgerichtete<br />

Rechtsanwältin mit einem Porsche Boxter kann<br />

ihre vermögende Kundschaft standesgemäß begrüßen.<br />

Zumindest wäre dies kein Sakrileg. Führe<br />

man jedoch mit derartiger Karosse als Sozialrechtler<br />

bei ratsuchenden Hartz-IV-Empfängern<br />

vor, hätte man wohl rasch ein massives Glaubwürdigkeitsproblem.<br />

Umweltaspekte im Focus<br />

Doch geht es nicht nur um Ansehen und Statussymbolik.<br />

Der Umweltaspekt beeinflusst immer<br />

stärker die Entscheidung, ob und vor allen Dingen<br />

welches Kfz gefahren werden soll. Serienreife<br />

Hybridtechnik aus Fernost contra CO2-reduzierte<br />

Verbrennungstechnik aus Europa, die Kaufentscheidung<br />

wird niemandem leicht gemacht.<br />

Dietmar Wegjahn vom Mercedes-Benz-Autohaus<br />

Rosier aus Oldenburg weist darauf hin, dass<br />

Nachhaltigkeit auf ein gesamtes Autoleben von der<br />

Herstellung bis hin zur Verschrottung betrachtet<br />

werden müsse. So könne, sagt Wegjahn, ein<br />

aktueller Hybrid-Wagen in der Ökobilanz deutlich<br />

schlechter abschneiden, „wenn beispielsweise<br />

dessen Produktion besonders energieintensiv ist“.<br />

Leasing oder Rate<br />

Wenn des Anwalts Dienstflitzer endlich ausgewählt<br />

ist, sind die Kosten zu klären. Leasen oder Abbezahlen?<br />

Vorteil des Leasings ist die steuerliche Berücksichtigung<br />

der monatlichen Raten in Gänze.<br />

Wer vor Kaufvertragsabschluss nicht auf den Mund<br />

gefallen ist, kann durchschnittlich zwischen drei<br />

und sieben Prozent Rabatt auf den Neuwagenpreis<br />

aushandeln. Dietmar Wegjahn rät aber auch hier<br />

zur Vorsicht und genauem Hinschauen. Neue<br />

Wagen stünden bis zu zwölf Monaten in Verkaufsräumen.<br />

Wer sich für ein solches Fahrzeug<br />

entscheide, so der Händler, der sollte überlegen, ob<br />

der Nachlass in einem guten Verhältnis zu möglichen<br />

Standschäden stehe.<br />

Ob sich für Rechtsanwälte der Betrieb eines Autos<br />

lohnt, bedarf einer individuellen Bewertung. Distanzen<br />

zwischen der Wohnung und der Kanzlei,<br />

zwischen Mandanten und Gerichten müssen flexibel<br />

überbrückt werden, was für ein Auto spricht.<br />

Nervtötende Staus und Parkplatzsuche sind ein<br />

deutliches Argument dagegen. Auch muss die<br />

finanzielle Seite stimmen, denn es ist nicht nur die<br />

Finanzierungs- oder Leasingrate, sondern auch der<br />

Treibstoff, die Kfz-Steuer, die Versicherung und<br />

etwaige Werkstattkosten – letzteres wird in Businessplänen<br />

gern vergessen.<br />

Tipp Fahrtenbuch:<br />

Sollen die Fahrten mit dem dienstlich betriebenen<br />

Kraftfahrzeug steuerlich geltend gemacht<br />

werden, hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen<br />

der Führung eines Fahrtenbuchs oder<br />

einer Pauschale, die sich anteilig am Bruttolistenpreis<br />

in Verbindung mit der Laufleistung<br />

des Neuwagens bemisst. Bei Fahrtenbüchern ist<br />

unbedingt darauf zu achten, dass diese nicht<br />

nachträglich am Computer erstellt werden –<br />

auch dann nicht, wenn alle erforderlichen Daten<br />

wie Abfahrts- und Ankunftsort, Kilometerstand<br />

und Zweck der Fahrt wahrheitsgemäß angegeben<br />

wurden. Solche Fahrtennachweise weisen<br />

Finanzämter regelmäßig zurück.<br />

RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln


10 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Thema<br />

Taschen machen Leute<br />

Über Tragebehälter im Anwaltsberuf<br />

Winkeladvocat – nein danke. Von ungeschützter Akte bis safer Sex ist alles drin im Anwaltscrumpler. Foto: Andrea Vollmer<br />

„Jut auf Tasche“, so wie Wohlsituiertheit auf<br />

„Berliner Schnauze“ heißt, will jeder einmal<br />

sein, der in den anwaltlichen Beruf startet.<br />

Doch der Weg dorthin ist mitunter ein steiniger,<br />

werden erfahrene Standesvertreter nicht müde<br />

mahnend zu sagen. Und wenn der Broterwerb<br />

schon als ein harter gilt, dann soll möglichst<br />

viel Arbeitserleichterung für Perspektive sorgen.<br />

Erleichterung bedeutet für fleißige Bürohengste<br />

und -stuten nicht nur der Einsatz von Kanzleisoftware<br />

und die Beschäftigung von Büropersonal.<br />

Die Tasche, basales Transportutensil,<br />

entscheidet ganz wesentlich darüber, mit wie<br />

viel Entspanntheit der Arbeitsalltag begonnen<br />

und dem Gegner im Gerichtssaal begegnet wird.<br />

In Gedanken wandert der Blick über die Heerscharen<br />

von Taschenträgern und -trägerinnen, die<br />

mehr oder weniger gekrümmt unter der Last<br />

des Geschleppten zusammenzubrechen drohen.<br />

Schweißperlen als Ergebnis morgensportlichen<br />

Engagements gehören zu den wenigen positiven<br />

Seiten. Tatsächlich schädigt sich ein gehöriger Teil<br />

der Geplagten beim einseitigen Belasten der<br />

Schulterpartie. Besonders die Frauenwelt steht im<br />

Fokus orthopädischen Interesses.<br />

Bandscheibenvorfälle werden nicht erst durch die<br />

falsche Haltung hinter dem PC ausgelöst. Mit der<br />

Tasche fängt das Übel erst richtig an. Überladene<br />

Trolleys, die die Stufen zum historischen Gerichts-<br />

gebäude hochgewuchtet werden, Attaché-Koffer<br />

mit Laptop und Aufziehfüller inside, die in der<br />

Hand getragen den Arm überdehnen, und zum<br />

Bersten mit Schönfelder und Co. gefüllte Rucksäcke,<br />

die eher lose als fest auf dem Rücken<br />

galoppieren, geben ein skurriles Bild ab.<br />

Schick ist wichtig<br />

Der gesundheitliche Aspekt ist bei Tragegeräten<br />

nur einer unter vielen. Er wird gar vernachlässigt,<br />

wenn man den bunten Auslagen der Fachgeschäfte<br />

glauben darf. Spätestens nach Verlassen der<br />

Grundschule hat der rückenschonende Tornister<br />

ausgedient. Den meisten Anwälten kommt es eher<br />

auf die Funktionalität ihrer Tasche an. Dabei darf<br />

zudem der Schick nicht auf der Strecke bleiben.<br />

Denn ähnlich wie beim Autokauf werden via Taschenmodell<br />

auch Lebensansichten transportiert.<br />

Die Auswahl an Taschen, Koffern und Hüllen ist<br />

schier unerschöpflich. Da tut professsionelle Beratung<br />

Not. In diesem Dschungel kennt sich die<br />

Fachverkäuferin des Kölner Lederwarengeschäfts<br />

Voegels, Sandra Cornely, perfekt aus.<br />

Im Gespräch mit <strong>AdVoice</strong> sagt sie, dass sich<br />

Rechtsanwälte selten als solche zu erkennen<br />

geben. Zuweilen könne man aber schon von dem<br />

gewünschten Taschenmodell auf den Beruf schließen.<br />

„Die Businesskunden wissen meist sehr genau,<br />

was sie wollen“, so Cornely. „Besonders gefragt<br />

sind hochwertige Lederaktentaschen.“ Das verwundert<br />

insofern nicht, als in den Augen vieler<br />

Mandanten Kleider, eben auch Taschen, Leute<br />

machen.<br />

„Wer eine langlebige Tasche sucht“, rät die Kölnerin,<br />

„der achte darauf, dass die Tasche aus der<br />

oberen Rindslederschicht gemacht ist. Die riechen<br />

dann auch wirklich nach echtem Leder und nicht<br />

nach chemischen Zusätzen.“ Wer eine derart gediegene<br />

Alternative bevorzugt, der sollte mit bis zu<br />

500,- Euro als Kaufpreis rechnen. Dafür hat er aber<br />

obendrein die Garantie, dass es „Made in Italy“ und<br />

nicht „Made in Cambodia“ heißt.<br />

Im Folgenden eine kleine Übersicht über die unterschiedlichen<br />

Tragebehältnisse und ihre typische<br />

Trägerschicht.


Pilotenkoffer<br />

Das Urbild in Sachen Aktentransport. Geometrisch<br />

klar, stabil, einfach gut, sagen seine NutzerInnen<br />

über ihn. Gegner behaupten, man könnte den Anwalt<br />

anhand des Pilotenkoffers nicht von Landärzten<br />

oder Hausmeistern unterscheiden.<br />

Vorteil: Ein großer oder mehrere kleinere zu einem<br />

„Gürteltier“ zusammengefügte Ordner plus Robe<br />

finden darin locker Platz, oftmals auch ein Laptop.<br />

Rucksack<br />

Wer längere Strecken zu Fuß oder auf dem Fahrrad<br />

zurücklegen muss, der tut sich und seinem Rücken<br />

sicherlich etwas Gutes mit einem ergonomisch<br />

geformten Rucksack. Wie bei den großen Trekkingvertretern<br />

gilt auch hier der dringende Rat der<br />

Anprobe. Nicht alles, was nach Rückenpflege aussieht,<br />

passt wirklich.<br />

Vorteil: bequem, wenn auf den Rücken des Trägers<br />

angepasst, hochwertige Modelle robust, funktional<br />

Anwaltstyp: Jeansträger auch außerhalb des<br />

„Casual Fridays“, Jugendstraf-, Ausländer- und<br />

Sozialrecht, Alter 35-85<br />

Aktentasche<br />

Besonders edel in braunem oder schwarzem Rindsleder,<br />

wird in der Hand getragen und ist beinah ein<br />

Muss bei Nadelstreifen oder Kostüm.<br />

Vorteil: Gute Ledertaschen halten ein ganzes<br />

Anwaltsleben. Schick und repräsentativ.<br />

Nachteil: oftmals geringes Fassungsvermögen,<br />

teuer (durchschnittlich zwischen 300 und 500 Euro)<br />

Anwaltstyp: Arriviert, Businessdress, Alter 27-67<br />

Umhängetasche<br />

Sie helfen längst Bike-Kurieren, Fotografen, sind<br />

jugendlich und cool. Sie erfüllen garantiert kein<br />

Anwaltsklischee vom Aktenkoffer- und Schlipstragenden<br />

Winkeladvokaten.<br />

Vorteil: Sehr funktional dank unzähliger Fächer,<br />

gern auch mit gepolstertem Bereich für Laptop und<br />

Digicam.<br />

Nachteil: Nylon ist haltbar, Polyester in aller Regel<br />

weniger. Beschädigung beim Tragen von Stoffhosen<br />

und Jacken möglich<br />

Anwaltstyp: Modisch hip und frisch, Urheber- und<br />

Medienrecht, Alter 30-55<br />

Thema<br />

Unterm Arm<br />

Akten, Notizen, Bücher werden locker unter den Arm<br />

geklemmt. Macht einen dynamischen und viel beschäftigten<br />

Eindruck. Je kräftiger der Träger, desto<br />

umfangreicher sein Transportvolumen.<br />

Vorteil: Schnell zur Hand und null Kosten.<br />

Nachteil: Fällt schnell runter.<br />

Anwaltstyp: Der, der keine Zeit und Tasche zur<br />

Hand hat und mit dem Auto vor Gericht vorfährt.<br />

Trolley<br />

Sie werden auch liebevoll „Hackenporsche“ genannt<br />

und folgen einem dank des Teleskopgriffs<br />

und der Inlineskaterollen überall hin. Aus Aluminium-Bi-Carbonat-Kunststoff<br />

gefertigt oder aus<br />

Cordura sind sie in den unterschiedlichsten Größen<br />

stabile Begleiter besonders auf Flugreisen.<br />

Vorteil: Funktional wegen Fächeraufteilung, zeitlos<br />

Nachteil: teuer<br />

Anwaltstyp: Einer für alle, alle für einen, das<br />

gesamte Recht, Alter 27-67<br />

RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln<br />

??? Fotos: links oben, rechts oben, rechts unten - Rainer Sturm . C. Nöhren . pixelio.de / links unten, mittig unten . Andrea Vollmer<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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12 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Thema<br />

Kanzlei mit Meerblick<br />

Mit wenig Aufwand im Urlaub neue Mandanten gewinnen<br />

„Wenn ich Sonne brauche, fahre ich weg.“ Wer<br />

möchte das nicht von sich sagen können. Die<br />

Aktenberge in der Kanzlei sind das Eine – doch<br />

was, wenn sich gerade ein neuer Mandant<br />

meldet? Es gibt einen Strafverteidiger, der fliegt<br />

oder fährt in die Sonne, wenn er meint, er<br />

brauche dies – und neue Mandate, die gehen<br />

ihm dabei nicht durch die Lappen.<br />

Rechtsanwalt Thomas M. Amann ist dieser Strafverteidiger.<br />

Wer sich als Mandant an ihn wendet,<br />

hat es oft eilig, kann nicht warten, bis der Anwalt<br />

aus dem dreiwöchigen Jahresurlaub zurückkehrt.<br />

„Die Mandanten sind in Notlagen. Wenn ich nicht<br />

erreichbar bin, gehen sie zu jemand anderem.“<br />

begründet Strafverteidiger Amann, warum er<br />

in seinen Jahresurlaub sein mobiles Büro mitnimmt.<br />

„So viel ist das gar nicht. Telefon und Mini<br />

PC“ meint er.<br />

So hat er es im vergangenen Jahr gehandhabt und<br />

sich drei neue Mandate gesichert.<br />

Per SMS wird Amann benachrichtigt, dass sich ein<br />

neuer Mandant gemeldet hat. Dann ruft er ihn an,<br />

bespricht die ersten Schritte. Per e-büro kann er<br />

ihm die wichtigsten Unterlagen zuschicken. Sind<br />

Vollmacht und Vergütungsvereinbarung unterzeichnet<br />

und der Vorschuss überwiesen, beantragt<br />

er Akteneinsicht. „Das ist in Strafverfahren das<br />

Erste, was zu tun ist. Eh die Akte da ist, passiert<br />

meist nicht wirklich viel“, weiß er und fügt hinzu:<br />

„Ich kann diese Sachen auf den Weg bringen und<br />

mich, wenn ich zurück bin, dem eigentlichen Fall<br />

widmen.“<br />

Dass er im Urlaub ist, wissen seine Mandanten –<br />

auch die neuen. Aber sie wissen auch, dass er<br />

trotzdem erreichbar ist und die wichtigen Schritte<br />

veranlasst.<br />

Der Erfolg gibt ihm Recht. Seine Mandanten sind<br />

zufrieden. Einen Stundensatz von 300,00 Euro<br />

netto und mehr – den durchzusetzen ist für den<br />

erfolgreichen Strafverteidiger kein Problem.<br />

Seit einem Jahr rechnet er nur noch nach Zeit ab.<br />

Dafür ist er immer erreichbar – auch abends und<br />

am Wochenende. “Nein, das wird nicht zu viel. Die<br />

Mandanten melden sich ja nicht wegen jeder<br />

Belanglosigkeit. Wenn, dann ist es wirklich wichtig.“<br />

Und es rechnet sich für ihn, denn wenn das<br />

Telefon klingelt, läuft die Gebührenuhr – auch im<br />

Urlaub. Eine gute Stunde täglich ist er da mit<br />

Kanzleiarbeit beschäftigt. Das ist Amann lieber, als<br />

der große Berg auf dem Schreibtisch, wenn er aus<br />

dem Urlaub kommt.<br />

RAin und Journalistin<br />

Anke Schiller-Mönch, Weimar<br />

Auch unter Palmen floriert die Kanzlei von Strafverteidiger Thomas M. Amann Foto: privat Foto: Michael Heimann . pixelio.de


14 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Thema<br />

Immer auf Draht<br />

Blackberry, Miniduschgel und Wechselbluse müssen im Reisekoffer sein<br />

Alles drin im Koffer? Foto: Karl Heinz Laube . pixelio.de<br />

Auf Reisen zu sein gehört für Anwälte heute<br />

zum täglichen Geschäft. Auswärtige Gerichtstermine,<br />

Treffen mit Mandanten, Seminare und<br />

Konferenzen erfordern hohe Mobilität. Was<br />

dafür ins Gepäck muss, sollte gut geplant<br />

und überlegt sein. Eine Vielreisende berichtet<br />

von Erfahrungen und gibt Tipps für das Leben<br />

unterwegs.<br />

Da ich recht häufig für das FORUM unterwegs bin,<br />

stellt sich mir die Frage, was ich denn nun<br />

unbedingt mitnehmen muss und was entbehrlich<br />

ist, immer wieder. Aus meiner Erfahrung kann ich<br />

berichten, dass es auf Tagungen immer hilfreich ist,<br />

mehr als nur eine Bluse und einen Anzug dabei zu<br />

haben. Wenn der Gesprächspartner zu später Stunde<br />

sein Sektglas nicht mehr allzu sicher balanciert,<br />

habt ihr dem Problem der hartnäckigen Flecken<br />

Checkliste<br />

auswärtiger Gerichtstermin<br />

Robe<br />

Akte<br />

Stift<br />

Notizblock<br />

Zugverbindungen<br />

Taschenrechner<br />

Fahrkarten, bei der Bahn ausgedrucktes<br />

Onlineticket und Kreditkarte<br />

Gesetzestexte<br />

Lektüre<br />

Schriftsätze<br />

Bargeld für unvorhergesehene Dinge<br />

Kosten klären<br />

Infos über Ankunftsort<br />

Weitere Treffen vor Ort vorab vorbereiten<br />

Mobile Endgeräte laden<br />

Schlüssel<br />

Notrufnummern<br />

Zusammengetragen von RA Tobias Sommer, Berlin<br />

damit schon mal souverän abgeholfen. Zur Kleidung<br />

gehört auch immer etwas Bequemes, ein<br />

Jogging – oder Hausanzug, denn wer tagsüber<br />

immer topp gestylt sein muss, der braucht auch<br />

einen Ausgleich und das Gefühl, im eigenen<br />

Hotelzimmer abschalten zu können.<br />

Wichtig ist, auch auf Reisen unproblematisch<br />

Kontakt mit der Kanzlei, mit den anderen Mitgliedern<br />

des GFAs und den RBs halten zu können.<br />

Dies gelingt einfach und kostengünstig mit einem<br />

mobilen Prepaid – Internet - USB – Stick, der<br />

eingestöpselt ins Notebook, das mit muss, den<br />

preislich überschaubaren Zugang zum Internet und<br />

damit zu E-Mails ermöglicht. Auf diese Weise erspare<br />

ich mir, den oftmals recht teuren WLAN –<br />

Zugang der Hotels nutzen zu müssen und bleibe<br />

dennoch immer erreichbar.<br />

Rufen unterwegs Mandanten an, sehe ich das beim<br />

E-Mail Check zeitnah und kann in einer Sitzungspause<br />

zurückrufen. Das hat den positiven Effekt,<br />

dass sich Mandanten immer wieder erfreut über<br />

ein schnelles Feedback äußern. Zudem habe ich<br />

mein Blackberry dabei, bei dem eintreffende<br />

E-Mails lediglich durch ein unauffälliges Blinken<br />

angezeigt werden. Wer also keine Romane und<br />

längere Antworten auf E-Mails verfassen will,<br />

sondern nur zügig informiert sein möchte, der<br />

kann so sehen, was sich gerade tut.<br />

»Nach einem anstrengenden Sitzungstag<br />

ist es wichtig, abzuschalten.«<br />

Abgesehen von diesen arbeitstechnischen Utensilien,<br />

die ich so rumtrage, habe ich aber auch die<br />

Erfahrung gemacht, dass es nach einem anstrengenden<br />

Sitzungstag oder nach einem mit<br />

Informationen voll gepackten Seminar wichtig ist,<br />

abzuschalten. Das kann ich am Besten, indem ich<br />

die Hoteltür zumache und ein Entspannungsbad in<br />

der Hotelbadewanne nehme.<br />

Die meisten Drogerien bieten Produkte auch in<br />

Mini-Größen an, was das Schleppen großer Duschgelflaschen<br />

erspart. Zusammen mit der Lektüre<br />

einer nicht juristisch angehauchten und mit völlig<br />

unnötigen Informationen, die man sich ganz bestimmt<br />

nicht merken muss, gespickten Zeitschrift,<br />

kann ich dann entspannen und auftanken.<br />

Das ist mindestens genauso wichtig, wie der Ersatz<br />

– Anzug, denn nur wer mitdenken kann, kann von<br />

einem Seminar profitieren oder sich auf einer<br />

Sitzung fundiert einbringen.<br />

Fazit: Arbeitsmaterial ist ein unbedingtes Muss,<br />

optimal auf eine Sitzung und / oder Seminar<br />

vorbereitet zu sein, bedeutet, das Handwerkszeug<br />

anständig gepackt und durchgelesen dabei zu<br />

haben, die passende Kleidung für die jeweilige<br />

Reise muss dabei sein und das nicht nur in<br />

einfacher Ausführung. Es ist aber mindestens genauso<br />

wichtig, für die nötige Entspannung nach<br />

der Seminarteilnahme zu sorgen und auch dafür<br />

zu beachten, dass Hinzugelerntes in Ruhe verarbeitet<br />

können werden muss.<br />

RAin Silke Waterschek, Heilbronn


Thema<br />

Reisen kostet Geld<br />

Wer nicht noch welches mitbringen will, muss Reisekosten geltend machen<br />

Wenn Anwälte auf Reisen gehen, dann bedeutet<br />

das im beruflichen Bereich, dass auch Reisekosten<br />

abzurechnen sind. Vielfach werden in<br />

den Kanzleien Reisekosten jedoch gar nicht<br />

berechnet. Ob aus Unwissenheit oder Nachlässigkeit,<br />

womöglich aus Angst, der Mandant<br />

könnte abspringen, es gibt viele Gründe.<br />

Wir wollen uns mit den Möglichkeiten, die das<br />

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder eine<br />

Vergütungsvereinbarung bieten, befassen.<br />

Man sollte meinen, dass es doch recht einfach sei,<br />

Fahrtkosten zum einen und Tage- und Abwesenheitsgeld<br />

zum anderen abzurechnen, der Kommentar<br />

zu den entsprechenden Ziffern des RVG enthält<br />

immerhin zweiundzwanzig Seiten.<br />

Nach VV 70<strong>03</strong> RVG entstehen für eine Geschäftsreise<br />

bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs<br />

für jeden gefahrenen Kilometer Fahrtkosten von<br />

0,30 EUR. Mit den Fahrtkosten sind die Anschaffungs-,<br />

Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie<br />

die Abnutzung des Kraftfahrzeuges abgegolten. Aus<br />

betriebswirtschaftlicher Sicht wird klar, dass die<br />

0,30 EUR pro Kilometer nicht kostendeckend sind.<br />

Der ADAC hat in einem Test errechnet, dass der<br />

billigste Kleinwagen (Toyota Aygo, Neupreis 9350<br />

EUR) mit monatlichen Kosten von 305 EUR zu<br />

Buche schlägt, das entspricht einem Kilometerpreis<br />

von 0,24 EUR. Der preiswerteste Golf, Neupreis<br />

16.300 EUR, weist schon 0,35 EUR aus. Leistet sich<br />

der Cabrio-Fan ein Mini Cabrio, Neupreis 19.350<br />

EUR, sind bereits 0,37 EUR fällig.<br />

„Kraftfahrzeug“ ist im Sinn von § 1 Abs. 2 StVG zu<br />

verstehen. Also gehören dazu auch Motorrad,<br />

Moped oder Mofa. VV 7004 RVG besagt, dass andere<br />

Verkehrsmittel, soweit sie angemessen sind, in<br />

voller Höhe zu erstatten sind. Dies bedeutet, dass<br />

Bahnfahrten 1. Klasse ebenso zulässig sind wie die<br />

Benutzung von Taxis, von dem RA kann nicht erwartet<br />

werden, dass er grundsätzlich nur mit der<br />

Straßenbahn fährt. Die Kosten einer Bahncard sind<br />

nicht anzusetzen. Bei der Benutzung eines eigenen<br />

Fahrrads können nur die tatsächlichen Aufwendungen<br />

erstattet werden. Eine Pauschale ist insoweit<br />

nicht vorgesehen. Für Fußwegstrecken erhält<br />

der RA keinen Auslagenersatz, das Besohlen der<br />

Schuhe ist im RVG nicht enthalten.<br />

Was sich im ersten Augenblick liest wie eine Glosse<br />

zum Schmunzeln, ist ein Zitat aus der „Bibel“ des<br />

RVG, dem Gerold/Schmidt, langjährig bewährter<br />

RVG-Kommentar. Der unternehmerisch denkende<br />

Anwalt erkennt, dass beim Thema Reisekosten eine<br />

Vergütungsvereinbarung die zwangsläufige Folge<br />

sein muss, will er nicht noch Geld mitbringen.<br />

Ebenso verhält es sich mit VV 7005 RVG: Tage- und<br />

Abwesenheitsgeld bei einer Geschäftsreise<br />

1. von nicht mehr als vier Stunden 20,00 EUR<br />

2. von mehr als vier bis acht Stunden 35,00 EUR<br />

3. von mehr als acht Stunden 60,00 EUR<br />

Bei Auslandsreisen kann ein Zuschlag von 50 %<br />

berechnet werden.<br />

Auch hier ist die gesetzliche Grundlage unzureichend.<br />

Selbst eine Aushilfskraft hat netto mehr<br />

als fünf Euro zur Verfügung.<br />

Da das Tage- und Abwesenheitsgeld vergütungstechnisch<br />

zu den Honoraren zählt, ist es wie dieses<br />

zu versteuern, d. h. es zählt für den Anwalt zum<br />

Umsatz und wird durch die Kanzleikosten entsprechend<br />

reduziert.<br />

Unabhängig davon, welches Verkehrsmittel der Anwalt<br />

benutzt oder ob er teilweise die Fahrzeiten<br />

auch zum mobilen Arbeiten nutzen könnte, ist eine<br />

Vergütungsvereinbarung ratsam.<br />

Besonderheiten ergeben sich bei Prozesskostenhilfe-Mandaten,<br />

hier wird der Anwalt in der Regel<br />

zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts<br />

beigeordnet, dies bedeutet, dass aus der Staatskasse<br />

keine Reisekosten gezahlt werden.<br />

Bei Rechtsschutz-Mandaten sehen die Bedingungen<br />

in der Regel vor, dass Reisekosten nach RVG<br />

erst dann erstattet werden, wenn die Entfernung<br />

zum Gericht über einhundert Kilometer beträgt.<br />

Daher gehören die Reisekosten nicht nur bei Kanzleien<br />

im ländlichen Raum oder einem Einzugsgebiet<br />

mit verteilten Gerichten, sondern bei allen Kanzleien<br />

auf die Checkliste für das Mandantengespräch.<br />

Ermitteln Sie, welche individuellen Kosten das<br />

Kanzleifahrzeug verursacht. Sie finden die Tabelle<br />

des ADAC unter:<br />

> http://www.autobild.de/artikel/grosseautokosten-tabelle_376884.html<br />

Mindestens diese Kosten sind für die Fahrtkosten<br />

anzusetzen, alternativ 0,50 EUR pro Kilometer.<br />

Anstelle des gesetzlichen Tage- und Abwesenheitsgeldes<br />

sollten mindestens folgende Pauschalen<br />

vereinbart werden: bis zu vier Stunden: 80 EUR, bis<br />

zu acht Stunden: 160 EUR, mehr als acht Stunden:<br />

240 EUR.<br />

Checkliste für Mandantengespräche unter:<br />

> www.davforum.de/mandatsannahme.<br />

Ilona Cosack, Mainz<br />

Ganz schön teuer. Foto: Rainer Sturm . pixelio.de<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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16 ADVOICE <strong>03</strong>/09 02/09<br />

Thema<br />

Rasende Mandantschaft<br />

Autobahnanwalt Möller ist jederzeit über CB-Funk zu erreichen<br />

Vor fünf Jahren hat alles angefangen. Eines<br />

Abends saß er mit einem befreundeten Richter<br />

beim Bier, und sie wetteten, dass er es nicht<br />

schaffen würde innerhalb von drei Jahren eine<br />

Kanzlei aufzubauen, die sich ausschließlich mit<br />

Straßenverkehrs-, Straßenverkehrsbußgeld- und<br />

Straßenverkehrsstrafsachen beschäftigt.<br />

Der Wetteinsatz: eine Kiste guter Rotwein.<br />

Die Wette kam zur rechen Zeit und war nur der<br />

letzte Anstoß, endlich seine Idee einer Autobahnkanzlei<br />

umzusetzen. Die hatte er nämlich schon<br />

lange, seit er am Darmstädter Kreuz zweimal hintereinander<br />

geblitzt wurde, einmal mit 178 km/h<br />

und einmal mit 148 km/h; 100 km/h waren erlaubt.<br />

So machte er erste intensive Erfahrungen mit dem<br />

Verkehrsrecht, auch die, dass es keinen Kollegen zu<br />

geben schien, der dieses Gebiet intensiv bearbeitet:<br />

„Irgendwie scheinen das alle so mal mit zu machen,<br />

obwohl es so ein spezielles Feld ist.“ Also eröffnete<br />

Peter Möller, nachdem er bereits seit drei Jahren<br />

Mandanten in Straßenverkehrsrecht- und Buß-<br />

geldsachen vertrat, die erste seiner „Autobahnkanzleien“<br />

in Berg, natürlich direkt an der Autobahn,<br />

auf dem Autohof an der A9, Abfahrt 31.<br />

Heute ist er DER Autobahnanwalt, hat nach Berg<br />

seine zweite Anlaufstelle auf dem Autohof Mellingen<br />

an der A4, Abfahrt 50, eröffnet und plant in<br />

Kürze auch in Uhrsleben, Feuchtwangen und<br />

Mellendorf bei Hannover für seine Mandanten on<br />

tour zu sein.<br />

»Wir Juristen sind viel zu oft viel zu<br />

weit weg von unseren Mandanten.«<br />

Letzteres ist wörtlich zu nehmen. Von seinen Mitarbeitern<br />

verlangt er es und selbst hat er es auch<br />

schon getan. Er war on tour – eine ganze Woche<br />

lang mit einem Truck. Peter Welscher – einer seiner<br />

Mandanten- hat ihn mitgenommen. Seitdem weiß<br />

Peter Möller: „Mit Truckerromantik hat das Arbeiten<br />

und Leben off road nicht wirklich was zu tun.“ Wer<br />

geht schon gern auf versiffte Toiletten ohne Klo-<br />

brille, duscht sich in Duschen ohne Duschköpfe<br />

und verschließbare Türen, kauft sich von seinem<br />

kargen Gehalt den Kaffe für 2,80 EUR an der Raststätte<br />

und kriecht schon um 18:00 Uhr in die enge<br />

LKW-Koje, weil nun die gesetzlich vorgeschriebene<br />

elf-stündige Wartepause ansteht?<br />

Peter Möller wollte erleben, wie es ist, das Leben<br />

seiner Mandanten. Er wollte sie verstehen lernen,<br />

um besser in ihrem Sinne vor Gericht argumentieren<br />

zu können. „Wir Juristen sind viel zu oft viel<br />

zu weit weg von unseren Mandanten. Ich verstehe<br />

ohnehin nicht, warum es keine Lehrgänge für LKW-<br />

Fahrerrecht oder PKW-Fahrerrecht, sondern nur für<br />

Verkehrsrecht gibt“ sagt er und plädiert dafür, dass<br />

sich Anwältinnen und Anwälte mehr als Dienstleister<br />

am Menschen sehen. „Das Recht dient dem<br />

Menschen“ ist seine Maxime. „Wir müssen aus dem<br />

Anwaltsmuff raus – hin zum modernen Dienstleister<br />

am Menschen“ sagt er nicht nur, sondern setzt<br />

es auch in die Tat um. So gibt es in seiner Kanzlei<br />

einen „Mandantenbetreuer“. Der kümmert sich z. B.<br />

um den Mandanten, der von der Bußgeldstelle die<br />

Für Ruhe und Luft, geht Peter Möller in seinen Garten. Der Autobahnanwalt auf seiner Flurpiste. Die „Tatorte“ von Peter Möllers Kanzlei sind deutschlandweit.


Mitteilung bekommt, dass sein Verfahren an die<br />

Staatsanwaltschaft abgegeben wurde.<br />

„Der bekommt einen Riesenschreck. Staatsanwaltschaft<br />

– Verfahren – Führerschein – mein Job – das<br />

geht dem dann alles gleichzeitig durch den Kopf.<br />

Da kann der keinen klaren Gedanken mehr fassen“<br />

weiß Peter Möller. Deshalb gibt es seinen Mandantenbetreuer,<br />

der das erklärt und auch die Gerichtstermine<br />

koordiniert. Die hat die Autobahnkanzlei<br />

bundesweit; und: „Wir nehmen die Gerichtstermine<br />

alle selber wahr, nicht über Korrespondenzanwälte“.<br />

Das ist der Anspruch des Autobahnanwaltes.<br />

»Ein gepackter Rucksack gehört bei<br />

den Autobahnanwälten zur Kanzleiausstattung.«<br />

Also müssen er und seine Kollegen mobil sein. Ein<br />

gepackter Rucksack gehört bei den Autobahnanwälten<br />

zur Kanzleiausstattung. Mittlerweile sind<br />

sie fünf Anwälte, fünf Sekretärinnen, ein Fahrer<br />

und ein Messstellenprüfer. Ja, einen Messstellenprüfer<br />

gibt es bei Peter Möller tatsächlich. Der ist<br />

ständig unterwegs, schaut sich die deutschlandweiten<br />

„Tatorte“ an, sucht die Ursachen, warum der<br />

Mandant das 30 – Schild nicht gesehen hat, ob<br />

wirklich genug Abstand zwischen Ortseingangsschild<br />

und Messgerät war, wie lang die Gelbphase<br />

der Ampel ist, und und und.<br />

„Ich muss für meinen Mandanten eine Lösung finden,<br />

erklären, warum der meist unstreitig feststehende<br />

Sachverhalt zu entschuldigen ist.“<br />

Deshalb macht sich Peter Möller von seinen Fällen<br />

immer ein ganz genaues Bild – er visualisiert den<br />

Tathergang, stellt den vorgeworfenen Sachverhalt<br />

nach und hält ihn aus der Sicht des Mandanten per<br />

Foto fest. Da kann es schon mal passieren, dass er<br />

sich anderthalb Stunden an eine Kreuzung stellt,<br />

um sich in einen Fall hineinzufühlen. Ja, so ein<br />

„Spinner“ sei er, lacht der 50-jährige sympathische<br />

Kollege mit dem schon ergrauten Haar und der<br />

kleinen runden Brille, die er sich gern auf die Stirn<br />

schiebt und mit den tausend Ideen im Kopf, wie er<br />

noch besser für seine Mandanten da sein kann, wo<br />

er die nächste Autobahnkanzlei eröffnet, welches<br />

Highlight das nächste Kanzleifest haben könnte.<br />

Dabei hält es ihn nicht wirklich lange auf dem<br />

Stuhl. Er braucht Bewegung zum Nachdenken. Die<br />

findet er im Garten des Kromsdorfer Schlosses bei<br />

Weimar, wo die Zentrale der Autobahnkanzlei ist.<br />

Idyllisch gelegen, mitten im Grünen, mit kanzleieigenem<br />

Kräutergarten, Tischtennisplatte, Hasen<br />

im Garten, einer Katze und bald auch einem<br />

Kanzleihund. Wenn er wirklich Ruhe und Luft zum<br />

Nachdenken braucht, geht er raus – runter an die<br />

Ilm, manchmal auch mit Mandanten.<br />

In so entspannter Atmosphäre versteht mancher,<br />

warum Peter Möllers Strategie für den anstehenden<br />

Prozess erste Wahl ist.<br />

Aktenberge überall – für die meisten Mandanten geht es um den Führerschein und damit um ihren Job. Fotos: Sascha Mönch<br />

Thema<br />

Er nimmt sich die Zeit für den Mandanten, die es<br />

für eine gute Lösung braucht. Das lohnt sich.<br />

Derart gut vorbereitet gehen seine Mandanten oft<br />

als Sieger mit Führerschein aus der Verhandlung.<br />

Das danken sie ihrem Anwalt auf die, wie Peter<br />

Möller meint, ihnen ganz eigene Art. Da kommt<br />

schon mal ein Trucker und stellt jede Woche einen<br />

Kasten Bier vor die Kanzlei an der Autobahn. Ein<br />

anderer bringt Selbstgeschlachtetes vorbei und<br />

wieder andere fallen ihm vor lauter Dankbarkeit<br />

nach der Verhandlung vor dem Gerichtssaal um<br />

den Hals. „Das muss man mögen, wenn einem so<br />

ein Bär um den Hals fällt. Mir liegt diese bodenständige<br />

Natürlichkeit – vielleicht, weil ich auch<br />

aus einfachen Verhältnissen komme“.<br />

»Da kommt schon mal ein Trucker und<br />

stellt jede Woche einen Kasten Bier<br />

vor die Kanzlei an der Autobahn.«<br />

Peter Möller hält kurz inne: „Meine Eltern waren<br />

Bergleute. Sie mussten sich meine Ausbildung vom<br />

Munde absparen. Vielleicht hatte ich deshalb schon<br />

immer einen guten Draht zu den einfachen Leuten“.<br />

Er vertritt mit seiner „anderen“ Kanzlei auch mittlere<br />

und große Unternehmen. Nicht, dass er deren<br />

Fälle nicht ernst nehme – im Gegenteil. Aber die<br />

Probleme und Sorgen seiner Trucker – die berühren<br />

ihn, da steckt er Herzblut hinein, auch wenn sie<br />

sich unterm Strich nicht immer rechnen – weiter<br />

bringen sie ihn in jedem Fall. Und bekannt machen<br />

sie ihn. Über seine Fälle wird geredet, medial und<br />

per CB Funk; über Kanal 9 ist er erreichbar – immer<br />

mit dem Ohr an seinen Mandanten.<br />

»Über seine Fälle wird geredet, medial<br />

und per CB Funk; über Kanal 9 ist er<br />

erreichbar – immer mit dem Ohr an<br />

seinen Mandanten.«<br />

Seit der Eröffnung der ersten Autobahnkanzlei in<br />

Berg hat sich die Zahl der Mandanten verdoppelt –<br />

jährlich wohl gemerkt. In diesem Jahr wird er die<br />

Zahl 2000 erreichen. Jetzt sucht er gerade geeignete<br />

Unterstützung. Die zu finden ist gar nicht so<br />

einfach. Der neue Kollege oder die neue Kollegin<br />

müssen genauso viel Enthusiasmus, Spaß am<br />

Verkehrsrecht und Mobilität mitbringen wie der<br />

zukünftige Chef.<br />

Die Kiste guten Rotwein hat er übrigens (etwas<br />

verspätet) vom befreundeten Richter zum 50.<br />

Geburtstag bekommen.<br />

RAin und Journalistin<br />

Anke Schiller-Mönch, Weimar<br />

ADVOICE 02/09<br />

17


Magazin<br />

Das grüne Büro<br />

Kanzlei, mein zweites Zuhause<br />

Gute Luft für einen inspirierten Geist - dazu gehört ein wohngiftfreies Arbeitsklima. Foto: Andrea Vollmer<br />

Lebst Du schon oder leidest Du noch? Auf diese<br />

Formel kann man die Frage nach den Aufenthaltsbedingungen<br />

am Arbeitsplatz Kanzlei zuspitzen.<br />

Gesunde Verhältnisse am Arbeitsplatz<br />

zu schaffen – aus baubiologischer Sicht geht es<br />

da um sehr viel mehr als bloß die Einhaltung<br />

gesetzlicher Mindeststandards.<br />

Anwälte haben einen langen Arbeitstag, und viele<br />

gehen auch über das Renteneintrittsalter hinaus<br />

ihrer Profession nach. Da also der Advokat einen<br />

beträchtlichen Teil seiner Lebenszeit in der Kanzlei<br />

verbringt, ist sie zwangsläufig ein zweites Zuhause.<br />

Ob dieser Umstände ist es geboten, das traute<br />

Umfeld juristischen Schaffens so zu gestalten, dass<br />

der Anwalt sich wohl fühlt und Gesundheit und<br />

Leistungsfähigkeit erhalten bleiben.<br />

18 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Prima Klima<br />

Es gilt also, ein im wahrsten Sinne des Wortes<br />

gesundes Arbeitsklima herzustellen. So achte man<br />

idealerweise schon im Zuge des Ausbaus und<br />

der Einrichtung der Kanzlei konsequent auf die<br />

Auswahl natürlicher, wohngiftfreier Materialien<br />

und Einrichtungsgegenstände. Auch die Entscheidungen<br />

hinsichtlich der haustechnischen Anlagen,<br />

wie Heizung, Klimatisierung, Beleuchtung und<br />

Kommunikationstechnik, sind mit Sorgfalt zu<br />

treffen.<br />

Ein gutes Klima zu gewährleisten und vor allem<br />

für gesunde Luft zu sorgen, davon ist die herkömmliche<br />

Bautechnik all zu oft weit entfernt. Die<br />

Raumluftqualität ist aber für unser Wohlbefinden<br />

maßgeblich verantwortlich. Sie wird bestimmt<br />

durch Sauerstoffgehalt, Temperatur, Luftfeuchtigkeit,<br />

Luftionisation, Schadstoffe und Belastungen<br />

durch Staub, Sporen und Pollen – und ist allzu oft<br />

miserabel! Welcher Jurist ist schon umfassend<br />

darüber informiert, dass viele Baustoffe, Farben,<br />

Kleber, Möbel und Ausstattungsgegenstände ungezählte<br />

Chemikalien enthalten, die regelmäßig<br />

über Jahre emittieren und oft schlicht als Wohngifte<br />

zu qualifizieren sind. Lösemittel, Weichmacher,<br />

Flammschutzmittel, Biozide, Fungizide,<br />

Bakterizide und Insektizide sind heute in vielen<br />

Produkten enthalten<br />

Grenzwerte<br />

Mag sein, dass sich die Konzentrationen dieser<br />

Substanzen jeweils unterhalb der mittels gut<br />

honorierter Lobbyarbeit der Chemie festgelegten<br />

Grenzwerte bewegen. Wenn aber Dauermüdigkeit<br />

oder Kopfschmerz zu gewohnten Begleiterscheinungen<br />

des Arbeitstages werden, hat das<br />

womöglich weniger mit den juristischen Herausforderungen<br />

der Tätigkeit zu tun, als vielmehr mit<br />

dem täglichen Atem-Cocktail aus oben genannten<br />

Ingredienzen.<br />

Vielleicht ist es auch die Aura des wollsiegelgeprüften<br />

Teppichs, der – selbstverständlich strikt<br />

gemäß den gesetzlichen Vorgaben – mit dem<br />

mottenvernichtenden Nervengift Permethrin behandelt<br />

wurde. Dann wäre offen die Frage zu<br />

verhandeln, ob nicht der Feldzug gegen die possierlichen<br />

Wollverköster Kollateralschäden unter<br />

den Organen der Rechtspflege verursacht, die nicht<br />

zu tolerieren sind.<br />

Es geht auch anders: Mit einer ordentlichen baubiologische<br />

Planung lässt sich eine gesundheitsgefährdende<br />

Belastung des Raumklimas vermeiden.<br />

So werden Materialien eingesetzt, die ohne<br />

Beimengung gesundheitsschädlicher Substanzen<br />

auskommen. Möbel können aus Vollholz gefertigt<br />

und ihre Oberfläche mit natürlichen Wachsen oder<br />

Ölen veredelt sein. So schmeicheln sie dem Auge<br />

und schonen die Gesundheit. Auch die verwendeten<br />

Wandfarben sind frei vom Verdacht, Teil des<br />

Entsorgungskonzepts der Industrie für ihren Sonder-<br />

und Giftmüll zu sein. Bei gesunden Farben<br />

besteht nämlich nicht die Gefahr, dass die gesetzlich<br />

zulässige Menge ansonsten schwer an den<br />

Mann zu bringender Schadstoffe beigemengt<br />

wurde.


Feldversuch Klimaanlage<br />

Großen Einfluss auf die Büroatmosphäre haben<br />

auch Heizung und Klimatisierung. Gerade Klimaanlagen<br />

sind sehr häufig für die Belastung der<br />

Raumluft mit Krankheitserregern, Pilz- und Hefesporen<br />

verantwortlich. Selbst bei bester Wartung<br />

und vorbildlicher Handhabung ist eine Keimbildung<br />

in den verschlungenen und nicht einsehbaren<br />

Weiten der Blechkanäle nicht auszuschließen.<br />

Ungezählte Unternehmen mussten nach Umzug in<br />

klimatisierte Räume einen sprunghaften Anstieg<br />

des Krankenstands ihrer Mitarbeiter bewältigen –<br />

ein Phänomen, das in den USA als Sick-Building-<br />

Syndrom betitelt wird. Es gibt tatsächlich Firmen,<br />

die ihr wirtschaftliches Überleben nur dadurch<br />

sichern konnten, dass sie Büroräume der beschriebenen<br />

Art wieder verließen. Die künstliche Klimatisierung<br />

von Büroräumen darf als einer der<br />

größten Feldversuche der Medizingeschichte gelten.<br />

Ähnliches gilt für die Beheizung von winterlich<br />

kühlen Räumen mittels Bodenkonvektoren – übrigens<br />

eine von der Pharmaindustrie hochgeschätzte<br />

Bautechnik, die der Branche wie kaum ein anderes<br />

Instrument den Absatz von Erkältungsmitteln in<br />

der kalten Jahreszeit sichert. Noch stärker als bei<br />

herkömmlichen Heizkörpern ist hier nämlich die<br />

Magazin<br />

homogene Exposition aller am Arbeitsprozess<br />

Teilnehmenden mit dem in Bodennähe befindlichen<br />

Staub einschließlich anhaftender Schadstoffe<br />

und Keime gewährleistet. Die im Fußboden<br />

eingelassenen Lamellenheizkörper halten kontinuierlich<br />

eine Walze trockener Raumluft in Gang, die<br />

absinkende Schwebstoffe immer wieder nach oben<br />

reißt, um sie den ausgetrockneten Atemwegen der<br />

anwesenden Probanden wieder und wieder zuzuführen.<br />

„Gesundheit!“, darf man wohl sagen?!<br />

Alles wird gut!<br />

Glücklicherweise gibt es ja Möglichkeiten, sich<br />

einer Teilnahme an den beschriebenen Großversuchen<br />

zu entziehen. Eine gesunde Büroatmosphäre<br />

kann im Sommer z. B. durch natürliche<br />

Lüftung und Temperierung über Kühldecken garantiert<br />

werden. Im Winter wird durch entsprechende<br />

Nutzung der Decken als energieeffiziente<br />

Flächenheizung der Raum mittels einer gesunden<br />

Strahlungswärme, wie sie auch die Sonne zu uns<br />

sendet, wohltemperiert. Gegen zu trockene oder zu<br />

feuchte Raumluft hilft eine schlichte lehmverputzte<br />

Wand, deren Oberflächenstruktur die Luftfeuchtigkeit<br />

auf wohltuende 50 Prozent einpendelt<br />

und so die Schleimhäute geschmeidig hält.<br />

In den meisten Büros emittieren ungezählte Chemikalien über Jahre und machen regelrecht krank. Foto: Andrea Vollmer<br />

Auch eine baubiologisch geplante Elektroinstallation<br />

und Kommunikationstechnik kann die Aufenthaltsqualität<br />

beträchtlich steigern. Elektrische<br />

Spannungen sowie elektromagnetische Felder und<br />

Wellen verursachen Luftionisation und laden<br />

buchstäblich die Arbeitsatmosphäre auf. Vielfach<br />

lassen sich derartige Effekte aber vermeiden oder<br />

jedenfalls reduzieren.<br />

Die beschriebenen Maßnahmen bewirken nicht nur<br />

eine erhebliche Qualitätssteigerung der Büroausstattung,<br />

sondern steigern auch die Leistungsfähigkeit<br />

und den wirtschaftlichen Ertrag der<br />

Kanzlei. Tue für Dich, Deine Angestellten und die<br />

Umwelt etwas Gutes und verdiene Geld damit! Was<br />

kann es Schöneres geben?<br />

Tobias Gammelin,<br />

Architekt und Baubiologe IBN, Potsdam<br />

Baubiologie im Netz<br />

Wer sich zu baubiologischen Themen näher<br />

informieren möchte, sollte sich an einen Architekten<br />

mit baubiologischer Ausbildung wenden.<br />

Dieser plant mit hoher Kompetenz gesunde,<br />

individuelle Lebensräume nach den persönlichen<br />

Vorstellungen für ein gesundes, sinnreiches und<br />

nachhaltiges Wohnen bzw. Arbeiten.<br />

Zudem kann man unter www.baubiologie.de<br />

eine Liste baubiologischer Beratungsstellen des<br />

Instituts für Baubiologie + Oekologie Neubeuern<br />

IBN finden.<br />

Die aufgeführten Berater sind Baubiologen aber<br />

nicht zwingend Architekten, können aber an<br />

diese weitervermitteln. Für das wirtschaftlich<br />

und politisch unabhängige IBN stehen die objektive<br />

Betreuung des Verbrauchers sowie eine<br />

ganzheitlich und baubiologisch-ökologisch orientierte<br />

Lehre und die Ausbildung zum Baubiologen<br />

IBN im Vordergrund.“<br />

Tobias Gammelin<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

19


Magazin<br />

Rotstift ./. Kauderwelsch<br />

Ein Redaktionsstab soll sich um verständlichere Gesetze kümmern<br />

An Gesetzestexte, die selbst Anwälte und Richter kaum<br />

verstehen, wird der Rotstift angesetzt.<br />

20 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Foto. Andrea Vollmer<br />

Gleich zu Beginn ihrer Arbeit bekam Stephanie<br />

Thieme einen ziemlich lebendigen Eindruck<br />

davon, was da auf sie zukommt – an Überzeugungsarbeit<br />

und an hartem sprachlichem Handwerk.<br />

Der Auftrag klang simpel: Man knöpfe<br />

sich das Wohngeldgesetz vor, überprüfe es auf<br />

seine Verständlichkeit und mögliche sprachliche<br />

Fallstricke und stelle seine Erkenntnisse und<br />

Verbesserungsvorschläge dem Bundesjustizministerium<br />

vor.<br />

Kann ja wohl so schwer nicht sein. Dachte sich<br />

auch der zuständige Referent: „Er hat gesagt, zwei<br />

Stunden Zeit schneide er sich aus den Rippen, um<br />

sich unsere sprachlichen Korrekturen anzuhören<br />

und zu diskutieren. Und aus diesen zwei Stunden<br />

sind dann mehrere Tage geworden mit Sitzungen<br />

von morgens bis abends, weil er gemerkt hat, dass<br />

es mit zwei Stunden eben nicht getan ist.“ Das<br />

Wichtigste sei aber gewesen, dass er eingesehen<br />

habe, dass das keine vertane Zeit ist. 1<br />

Buch mit sieben Siegeln<br />

Stephanie Thieme ist Leiterin des „Redaktionsstabes<br />

Rechtssprache“, der seit Anfang Mai im<br />

Bundesjustizministerium darüber wachen soll, dass<br />

Gesetze in Zukunft verständlicher werden. Ein<br />

reiches Betätigungsfeld für Thieme und ihre fünf<br />

Mitstreiter – schließlich gibt es kaum eine andere<br />

Textsorte, die für den gemeinen Bürger so sehr ein<br />

Buch mit sieben Siegeln ist. Schlicht und ergreifend,<br />

weil er nicht versteht, was dieser Text ihm<br />

sagen will. Gar nicht zu reden davon, dass er dann<br />

auch noch entsprechend handeln soll. Beispiel<br />

gefällig?<br />

„Der besondere Steuersatz nach Absatz 1 ist der<br />

Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung<br />

der Einkommensteuer das nach § 32a Abs.1<br />

zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert<br />

wird um - im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 bis<br />

5 - die dort bezeichneten Einkünfte, wobei die<br />

darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit<br />

einem Fünftel zu berücksichtigen sind.“<br />

Aha. Es ließen sich Dutzende solcher Beispiele<br />

zitieren, allein aus dem Einkommensteuergesetz,<br />

das damit nicht unbedingt dazu beiträgt, die<br />

Akzeptanz des deutschen Steuersystems bei Otto<br />

Normalverbraucher zu erhöhen. Schlimmer noch:<br />

Selbst das Fachpersonal hat mittlerweile gelegentlich<br />

Mühe mit seinem eigenen Handwerkszeug. Es<br />

gibt Gesetzestexte, in denen sich einzelne Paragrafen<br />

über drei Seiten lang abmühen, einen<br />

Rechtsgegenstand zu regeln. „So verschachtelte<br />

Vorschriften verstehen selbst Anwälte und Richter<br />

kaum“, sagt Stephanie Thieme. 2<br />

Meist nur Kosmetik<br />

Dabei ist die Idee, Gesetzestexte einem Verständlichkeits-Check<br />

zu unterziehen, alles andere als<br />

neu. Bereits seit 1966 gibt es einen solchen<br />

Redaktionsstab beim Bundestag. Bislang war<br />

dessen Arbeit aber eher mittelmäßiger Erfolg<br />

beschieden. Was vor allem daran liege, dass er viel<br />

zu spät in den Gestaltungsprozess eingreift, nämlich<br />

dann, wenn die Gesetzentwürfe kurz vor der<br />

Kabinettsreife stünden, also schon fast fertig seien,<br />

so Thieme. "In dem Stadium kann kaum noch<br />

sprachlich Einfluss genommen werden. Es sind,<br />

wenn überhaupt, nur noch kosmetische Reparaturen<br />

möglich." 3<br />

Das soll mit dem neuen, ministeriellen, Redaktionsstab<br />

besser werden. Frühzeitig soll er in den<br />

Formulierungsprozess eingebunden werden, möglichst<br />

von Anfang an. Und ist in seiner Arbeit<br />

ausdrücklich nicht aufs Haus Zypries beschränkt.<br />

Getragen wird das Sprachtüftler-Team von der<br />

Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), die vor<br />

einigen Jahren auch schon mal das Steuerbegünstigungsabbaugesetz<br />

als Kandidaten für das<br />

„Wort des Jahres“ in Erwägung zog.<br />

Und den Sprachwächtern ist durchaus klar, dass<br />

ihre Arbeit Grenzen hat: „Es ist natürlich völlig unsinnig,<br />

dass ein Sprachwissenschaftler hingeht und<br />

sagt: ‚Ihr müsst jetzt alle Gesetze so machen, dass<br />

wir sie gut verstehen können, das ist das Primäre.’<br />

Da sagt der Jurist natürlich sofort: ‚Das Primäre ist,<br />

dass wir einen klaren rechtlichen Sachverhalt<br />

schaffen.’ Deshalb sagen wir: ‚Können Sie den nicht<br />

auch in einer anderen Sprache schaffen? Verlieren<br />

Sie irgend etwas, wenn Sie es auf diese Weise<br />

formulieren und nicht auf jene?’“, sagt Rudolf<br />

Hoberg, der Vorsitzende der GfdS. 4<br />

Grammatikfehler<br />

Doch nicht ausschließlich um eine sprachliche<br />

Entrümpelung von Gesetzestexten geht es den<br />

Experten; manchmal müssen sie sogar Deutschlehrer<br />

spielen, Grammatik- und Bezugsfehler seien<br />

keine Seltenheit. Deshalb sieht sich der Redaktionsstab<br />

auch als ein Dienstleister für sprachgeplagte<br />

Beamte. Stephanie Thieme: „Wir machen<br />

auch Sprachberatung im ganz alltäglichen Sinne.<br />

Uns können also Behördenmitarbeiter und Parlamentarier<br />

anrufen und sagen: Wo steht hier das<br />

Komma, welchen Fall muss ich hier benutzen?“ 5<br />

Primat bleibt aber die Arbeit an verständlicheren<br />

Gesetzen. Und da hat das Thieme-Team das erste<br />

Lob schon eingeheimst. Für das neue Versorgungsausgleichgesetz,<br />

das der Redaktionsstab in einer<br />

Pilotphase des Projekts vom ersten Wort an<br />

begleitete. Deshalb ist dort jetzt auch von „Zustellung“<br />

statt „Rechtshängigkeit“ die Rede: „Die Ehezeit…<br />

endet am letzten Tag des Monats vor<br />

Zustellung des Scheidungsantrags.“ Ganz ohne<br />

Amtsdeutsch wird es aber auch in Zukunft nicht<br />

gehen, schließlich können auch die Germanisten<br />

nichts daran ändern, dass Rechtssprache eine<br />

Fachsprache ist und bleibt. Und für „von Amts wegen“<br />

gibt es keinen umgangssprachlichen Ausdruck.<br />

Journalist Sascha Mönch, Weimar<br />

1 Deutschlandradio vom 08.11.2007 I 2 www.spiegel.de vom 29.<strong>03</strong>.<strong>2009</strong> I 3 ebd. I 4 Deutschlandradio vom 08.11.2007 I 5 ebd.


Magazin<br />

Anekdoten aus dem Anwaltsleben<br />

H Zurück in den Wald<br />

H<br />

Mein Mandant beauftragte mich in einer Sorgerechtssache.<br />

Seine Frau war samt Kindern abgehauen<br />

und hatte nun beantragt, ihr das Sorgerecht<br />

allein zu übertragen. Der Mandant war Ausländer<br />

und sprach kein perfektes Deutsch. Er meinte, seine<br />

Frau habe früher „im Wald“ gelebt, und er hätte<br />

große Angst, dass sie die Kinder wieder mit zurück<br />

in den Wald nehme, wenn sie das Sorgerecht bekäme.<br />

Ich wunderte mich, dachte, ihm fehle vielleicht<br />

die korrekte deutsche Formulierung, aber er<br />

wiederholte, sie lebte in einem Wald bei X und ihre<br />

Familie lebt da immer noch.<br />

So trug ich es denn auch dem zunächst erstaunt<br />

dreinschauenden Gericht vor. Auf Nachfrage erklärte<br />

die Ehefrau, sie sei vor der Ehe nicht sesshaft<br />

gewesen. Inzwischen habe sie sich aber an das<br />

Leben in geschlossenen Räumen gewöhnt. Ihre<br />

Mutter lebe immer noch im Wald, und mein Mandant<br />

würde ihr jeglichen Kontakt zur Mutter<br />

verbieten. Er hätte sie sogar geschlagen, wenn er<br />

mitbekommen hatte, dass die Mutter heimlich zu<br />

Besuch war.<br />

Als das Gericht nachfragte, woher er denn wisse,<br />

dass die Mutter zu Besuch war, während er nicht<br />

zu Hause war, antwortete die Frau: Sie möchte ja<br />

nicht sagen, dass ihre Mutter stinkt, aber wenn<br />

man im Wald lebt, hat man doch einen gewissen<br />

Naturgeruch. So habe ihr Mann immer gerochen,<br />

dass die Mutter zu Besuch war, wenn er abends<br />

von der Arbeit nach Hause kam.<br />

RA Florian Lahrmann, Berlin<br />

Naturnahes Familienleben im Wald? Foto: Rainer Klinke . pixelio.de<br />

22 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

h<br />

Schnelle Füße<br />

Ich hatte mit einem Mandanten einen Besprechungstermin<br />

in der JVA vereinbart. Ich meldete<br />

mich ordentlich an und sagte, dass ich gern Herrn<br />

X sprechen würde, mit dem ich einen Termin<br />

vereinbart hatte.<br />

Der Wachtmeister schaut mich an, als ob ich der<br />

erste Mensch wäre und fragte nach, wen ich<br />

sprechen möchte. Ein wenig irritiert überlegte ich,<br />

ob ich in der falschen JVA sei. Daraufhin sagte der<br />

Wachtmeister: " Herr X ist weg!"<br />

Ich dachte, er wäre verlegt worden, da er über<br />

Schmerzen klagte und er in der JVA nicht behandelt<br />

werden konnte. Ich erkundigte mich also,<br />

wohin Herr X verlegt wurde. „Keine Ahnung.", sagte<br />

der Wachtmeister.<br />

Ich: „Wo ist er denn jetzt?"<br />

Der Wachtmeister: „Das wüsste ich auch gern."<br />

Der Wachtmeister: „Gestern Nacht geflüchtet!"<br />

Ich kehre in meine Kanzlei zurück, allerdings mit<br />

einem schlechten Gefühl. Zwei Tagen zuvor hatte<br />

ich einen Antrag auf offenen Vollzug gestellt und<br />

dabei vollmundig behauptet, mein Mandant würde<br />

jeden Abend brav zurück in die JVA kommen.<br />

Um es nicht unversucht gelassen zu haben, wähle<br />

ich die Handynummer meines geflüchteten Mandanten,<br />

der sich prompt meldet und durchs Telefon<br />

strahlt, dass er wieder auf freiem Fuß ist. Das wusste<br />

ich bereits.<br />

Er erkundigt sich bei mir, ob nun ein Haftbefehl<br />

gegen ihn erlassen wird. Ich verschlucke mich fast<br />

an meiner Zunge: „Ja“. „Können wir nichts dagegen<br />

machen?“, fragt er. Ich bin vollends am Ende:<br />

„Nein“, sage ich, beende das Gespräch und wünschte<br />

ihm noch viel Glück.<br />

Da klingelt mein Telefon und ich habe den Leiter<br />

der JVA am Apparat. „Wollte Ihnen nur mitteilen,<br />

dass ich eigentlich Ihrem Mandanten offenen Vollzug<br />

gewähren wollte." Er habe nur „schnelle Füße“<br />

bekommen. Ich erklärte die Erledigung meines<br />

Antrags.<br />

Bis heute wurde mein Mandant trotz eingeschaltenem<br />

Handy nicht gefasst.<br />

RA Rüdiger Hahn, Burgdorf


H<br />

Beweismittel Wurstzettel<br />

Eine Kollegin hatte uns mal einen offensichtlich<br />

verrückten Mandanten geschickt – wohl um sich<br />

an meinem damaligen Chef zu rächen. Ich war zu<br />

dieser Zeit gerade ein paar Wochen im Büro und<br />

habe den Supermandanten (mit Beratungsschein!!)<br />

gewonnen. Er erzählte, dass er gemobbt werde.<br />

Das war damals, 20<strong>03</strong>, gerade total hip, alle wurden<br />

plötzlich gemobbt. Zur Beweismittelsicherung<br />

hatte er eine ausgewachsene Sporttasche vom<br />

Umfang eines Kleinlasters mit „Dokumenten“ mitgebracht<br />

– Hunderte von ihm persönlich eng beschriebene<br />

Zettel und Zettelchen; Wurstzettel, wie<br />

man hier so sagt. Auf denen hatte er angebliches<br />

Fehlverhalten seiner Vorgesetzten, Kollegen, seiner<br />

Nachbarn, des damaligen Bundeskanzlers sowie<br />

des Papstes festgehalten.<br />

Nachdem mehrere Stunden mit rechtlich völlig<br />

belanglosen Erzählungen über sein Leben sowie<br />

das ihm zugefügte Unrecht im Allgemeinen und im<br />

Besonderen vergangen waren, es mittlerweile dunkel<br />

geworden war, alle anderen Kollegen das Büro<br />

längst verlassen hatten, habe ich ihn dann höflich<br />

rauskomplimentiert. Dabei hat er mich wüst beschimpft.<br />

Ich bin die nächsten Wochen nicht mehr<br />

alleine vom Büro zur Tiefgarage gegangen. Leider<br />

habe ich den Namen der netten Kollegin vergessen,<br />

die uns diesen Kerl aufgehalst hat.<br />

H<br />

RAin Dr. jur.<br />

Monika Hermel-Liedtke, Mainz<br />

Sänkju for träveling<br />

Bin 2005 für das <strong>Forum</strong> unterwegs, private Bahncard<br />

ist ausgelaufen, ich buche Ticket zu Normalpreis<br />

und legitimiere mich weiter mit meinen<br />

Kundendaten im Online-Portal der Bahn. Die Schaffnerin<br />

hält das Ticket für ungültig, weil die Bahncard<br />

abgelaufen ist und ich mich damit online legitmiert<br />

habe. Das neue Ticket soll mit Zuschlag das<br />

Doppelte kosten, obwohl das alte Ticket schon der<br />

Normalpreis ohne Rabatte war. Ich beschwere mich<br />

am Zielort, und die Bahn storniert die "Fahrpreisnacherhebung".<br />

Auf der Rückfahrt laufe ich am<br />

Bahnsteig derselben Schaffnerin in die Arme und<br />

halte ihr die Stornierung vor die Nase. Sie droht<br />

mir mit der Bahnpolizei wegen Beförderungserschleichung,<br />

weil mein Ticket ungültig sei. Bei der<br />

Kontrolle macht sie einen riesigen Wirbel und ruft<br />

dann ihren Ausbilder im Schulungszentrum an. Der<br />

bestätigt, dass ich ein Ticket ohne Rabatt auch mit<br />

einer abgelaufenen Bahncard buchen kann. Ich<br />

bleibe ja dieselbe Person, die sich einmal beim<br />

Erwerb der Bahncard mit Personalausweis legitimiert<br />

hat. Also wird die zweite Fahrpreisnacherhebung<br />

storniert.<br />

Magazin<br />

Als ich zwei Monate später wieder in den Zug<br />

steige, geht das Chaos von vorne los. Dieses Mal<br />

schickt die Bahn ein Inkassobüro. Ich maile dem<br />

Pressesprecher der Bahn. Anschließend ändert man<br />

die AGB. Jetzt wäre ab sofort mein Online-Ticket<br />

wirklich ungültig, Nur kapiert das Inkassobüro<br />

nicht, dass auf eine alte Zugfahrt auch nur die<br />

alten AGBs gelten können und nicht rückwirkend<br />

neue AGBs für eine alte Zugfahrt. Ich maile dem<br />

Pressesprecher der Bahn ein zweites Mal und seit<br />

2005 geben das Inkassobüro und die Bahn Ruhe.<br />

Auf der Hinfahrt zum DAT Mai <strong>2009</strong> passiert mir<br />

nun ein ähnliches Problem. Ich buche und bezahle<br />

das Sparticket im Januar 09 mit meiner Kreditkarte<br />

und gebe die als Legitimationsausweis an. Dann<br />

läuft im März die Kreditkarte aus und ich sitze im<br />

Zug nur mit der neu verlängerten DAV-Kreditkarte.<br />

Die Bahn hält mein Ticket für unwirksam. Ticket 1<br />

Online Hinfahrt für 45 EUR ist verfallen, weil ich<br />

die abgelaufene Kreditkarte nicht dabei hatte und<br />

das Ticket 2 (Papier) soll mit Strafzuschlag 153 EUR<br />

kosten. Ich lasse mich jetzt verklagen, auch wenn<br />

die AGBs gegen mich sprechen.<br />

RA Martin Lang, München<br />

Schreibt uns!<br />

Uns interessieren Eure ersten Herausforderungen<br />

als junge Anwälte und Eure skurrilsten Mandate<br />

(1500 Zeichen, inkl. Leerzeichen).<br />

Senden an redaktion@davforum.de !<br />

Trotz eingeschaltetem Handy weiter auf der Flucht. Foto: Peter Reinäcker . pixelio.de<br />

H<br />

Ware gegen cash<br />

Es ging um die Rückgabe eines Autos gegen einen<br />

entsprechenden Preis. Nach einem zähen Marathon<br />

hatten wir uns auf eine Summe X geeinigt. Allerdings<br />

war keine der Parteien bereit, in Vorleistung<br />

zu gehen. Weder meine Mandantin als Eigentümerin<br />

des Autos wollte zunächst das Fahrzeug<br />

übergeben. Sie hatte die berechtigte Sorge, dass das<br />

Autohaus dann tagelang das Fahrzeug untersucht<br />

oder vielleicht noch irgendwas damit angestellt<br />

wird, um schließlich zu behaupten, es seien Schäden<br />

vorhanden. Nach meiner Prüfung mussten die<br />

beiden quasi gleichzeitig übergeben, also in einem<br />

Termin. Ware gegen Cash. Und so kam es zum Show<br />

Down, dem ich leider ich leider nicht beiwohnen<br />

durfte, da mein damaliger Chef hier keine zusätzlichen<br />

Gebühren herauspressen konnte. Sie haben<br />

tatsächlich ungefähr gleichzeitig abgewickelt: Das<br />

Geldbündel wurde in bar gegen den Wagen, die<br />

Schlüssel und die Papiere ausgehändigt. Die Ex-<br />

Mandantin schuldet mir eigentlich noch eine Fahrt<br />

in ihrem von dem Geldbündel neu gekauften Flitzer.<br />

RA Henrik Franz, Frankfurt/M.<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

23


Magazin<br />

Aufschwung durch Unabhängigkeit<br />

Mit Akten im Internet und verfügbaren Datenpools Mandanten gewinnen<br />

Im Umkreis von 200 Kilometern ist Noreen<br />

Loepke, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

und Wirtschaftsmediatorin, die<br />

einzige ihre Art. Sie ist eine von insgesamt 26<br />

Anwälten in Sachsen, die dieses Fachgebiet<br />

bearbeiten. Während sich ihre 25 Kollegen auf<br />

die beiden Großstädte Leipzig und Dresden verteilen,<br />

betreibt Noreen Loepke ihre Kanzlei in<br />

Plauen. Das heißt für die 34-Jährige nicht nur<br />

praktisch, sondern auch virtuell höchst mobil<br />

sein zu müssen.<br />

Zu ihrer Mandantschaft gehören größere Firmen<br />

und Unternehmen, die sowohl aus der Region, als<br />

auch dem gesamten Bundesgebiet kommen. Zwei<br />

Drittel ihrer Tätigkeit bestehen darin, Unternehmen<br />

zu beraten. Um den Bedürfnissen ihrer in aller<br />

Regel viel beschäftigten Kundschaft gerecht zu<br />

werden, aber auch ihre eigne Arbeitskraft effektiv<br />

zu organisieren, begann sie vor eineinhalb Jahren<br />

mit einer Kanzeleisoftware zu arbeiten, die beides<br />

ermöglicht.<br />

Sie führte die Onlineakte ein, auf die sie als Anwältin<br />

von jedem beliebigen Ort via Internet zugreifen<br />

kann, ebenso wie ihre Mandanten. Die<br />

können sich mit einen Passwort auf dem Kanzleiserver<br />

einwählen und dort ihre Akte mit allen<br />

Dokumenten und Schriftsätzen sowie deren Bearbeitungsstand<br />

einsehen. „Das ist ein Service, mit<br />

dem wir uns bisher deutlich abheben“, so Noreen<br />

Loepke. Flexibler und einfacher hat die Arbeit auch<br />

24 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Foto. Andrea Vollmer<br />

Als einzige Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

im Umkreis von 200 Kilometern ist Noreen Loepke auf höchste<br />

Mobilität angewiesen.<br />

die Einführung des digitalen Diktats gemacht.<br />

Außerdem werden die kanzeleieigenen Newsletter<br />

inzwischen einfach per Mail statt mit der Post<br />

versendet.<br />

Kompetenzzentrum<br />

Vorausgegangen waren der Entwicklung Stammtischtreffen<br />

des Kompetenzzentrums Hof/Plauen,<br />

dem unter anderem Noreen Loepke und ihr Kollege<br />

Christian Semmler aus Hof angehörten. Die Idee<br />

dahinter: Durch gemeinsames Auftreten, mehr<br />

Kontakte zu gewinnen und durch gemeinsame<br />

Werbung mehr Umsatz zu erzielen. So entstand<br />

das Projekt, Informationstage mit Fachvorträgen<br />

für Unternehmer anzubieten. Die so genannten<br />

Kompetenz-Zentrum Informationstage waren<br />

schnell über die Stadtgrenzen hinaus bekannt<br />

geworden. Denn Lieblingsthema der beiden jungen<br />

Anwälte ist: die Unternehmensnachfolge und deren<br />

Besteuerung. Immer mehr Unternehmer aus<br />

der Region besuchten die Vorträge.<br />

Die warfen im Golfclub mit Empfehlungen nur so<br />

um sich. Aber auch die anderen Kontakte waren<br />

nicht von schlechten Eltern. Das AdvoWare Team<br />

hatte Recht gehabt. Dieses neue Modul ist Gold<br />

wert. Einfach einen extra PC für das Kompetenz-<br />

Zentrum aufgestellt, auf dem jeder seinen geschützten<br />

Datenpool einrichtet, auf den kein anderer<br />

zugreifen kann. Datenschutzrechtlich unbedenklich.<br />

Auf den PC und die Datenpools konnten alle<br />

dafür autorisierten Personen über das Internet<br />

zugreifen, über die Kanzlei PCs sowieso.<br />

Jeder legt seine Kunden beziehungsweise Mandanten<br />

selbst an. Mit geringem Aufwand sind es<br />

inzwischen schon 3.000 Adressen. Die Sekretärin<br />

hat jetzt viel mehr Zeit für Adresspflege und<br />

Recherche. Da kommen ein paar hundert Adressen<br />

schnell zusammen. Bei den anderen ist das genauso.<br />

Durch die Datenpools erreichen sie zusammen<br />

3.000 Kontakte. Die Veranstaltungen sind<br />

durch die Themenvielfalt attraktiv. Das Ergebnis:<br />

Beziehungsmarketing und Öffentlichkeitsarbeit<br />

vom Feinsten.<br />

Kontinuität bringt Erfolg<br />

„Früher hab ich alle zwei Monate 500 Mandantenbriefe<br />

verschickt. Das hat mich jedes Mal 750<br />

EUR gekostet.”, sagt Noreen Loepke. Mit Grausen<br />

denkt sie an den Aufwand zurück. „Das Büro war<br />

tagelang blockiert. Jetzt verschickten sie ihre<br />

Informationen monatlich - über dieses neue Modul<br />

in der Kanzleisoftware: Erst die Veranstaltungseinladungen,<br />

danach die Vortragsskripte und zum<br />

Schluss die Mandantenrundbriefe. Das Ganze kostet<br />

nicht einen Cent. Die Mandantenbindung ist<br />

top. Zusätzlich bringt es zahlreiche neue Mandate.<br />

Bei den Kollegen vom Pool ist es genauso. Das<br />

Geheimnis des Erfolges liegt in der Kontinuität.<br />

Monat für Monat 3.000 schriftliche Kontakte, und<br />

auf den Informationstagen erreichen sie viele<br />

Mandanten persönlich. Hinzu kommen neue<br />

Kontakte mit viel Potential durch die Mandanten<br />

der Kompetenz-Zentrum-Partner.<br />

Der gestiegene Wettbewerbsdruck beunruhigt sie<br />

nicht mehr. Aber ihre Spezialisierungen im Wirtschaftrecht<br />

sind sehr gefragt. „Die Marketingstrategie<br />

des Kompetenz-Zentrums funktioniert<br />

phantastisch.“, so Loepke, die noch an ihre anfängliche<br />

Skepsis denkt. Dann dieser Hinweis auf die<br />

ARD/ZDF-Onlinestudie: Über 80 Prozent aller<br />

deutschen Berufstätigen sind online. Diese Menschen<br />

verfügen über E-Mail Adressen und nutzen<br />

diese. „Wir rechnen an Portokosten mit einer monatlichen<br />

Ersparnis von 140 EUR allein für die<br />

Kenntnisnahmeschreiben. Praktisch ist es dann viel<br />

mehr. Sie hatte sich entschlossen, jetzt auch noch<br />

die gegnerischen Schriftsätze einscannen zu lassen.<br />

„Damit bin ich 100 Prozent mobil“, denkt sie.<br />

Vielfach kann ich jetzt von Zuhause die Schriftsätze<br />

bearbeiten. Das spart noch mal Zeit und Geld. Eine<br />

Tankfüllung mit 100 EUR spare ich immer.“ Plus die<br />

eingesparte Zeit - ihre und die im Sekretariat.<br />

Mandantenanrufe wegen Kleinigkeiten sind viel<br />

weniger geworden. Denn die können sich jetzt<br />

online über den aktuellen Stand ihres Falls informieren.<br />

„Für wichtige Telefonate , so Loepke, hab<br />

ich jetzt viel mehr Ruhe“.<br />

„Wirklich entscheidend ist aber der Mehrumsatz.“<br />

Auch Kollege Semmler setzt diese neue Technik ein<br />

und arbeitet mit einem VPN – Zugang sogar von<br />

seiner Zweigstelle in Dresden aus.<br />

Noreen Loepke hat gerade eine neuen Kanzlei mit<br />

insgesamt sechs Fachanwälten aus Handels- und<br />

Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht<br />

und gewerblichem Rechtsschutz gegründet.<br />

Was virtuelle Technik und Mobilität<br />

angeht, müssen ihre neuen Kollegen jetzt noch<br />

nachrüsten.<br />

RAin Noreen Loepke, Plauen


Magazin<br />

Passwörter – Belehrungen - Sicherheitskopien<br />

Technische Anforderungen an den Datenschutz in der Rechtsanwaltskanzlei<br />

Der Einsatz leistungsstarker Datenverarbeitungsanlagen<br />

und die Anbindung an vernetzte<br />

Systeme ist heute in jeder Rechtsanwaltskanzlei<br />

Standard. Dies birgt allerdings besondere Risiken<br />

für den Schutz personenbezogener Daten.<br />

Datenschutz stellt deshalb auch organisatorische<br />

und technische Anforderungen an die IT-<br />

Sicherheit.<br />

Zutrittskontrolle<br />

Personen, die nicht zwingend auf das Datenverarbeitungssystem<br />

der Kanzlei zugreifen müssen,<br />

sollten dazu auch keine Gelegenheit bekommen.<br />

Deshalb sind sie bereits räumlich von den technischen<br />

Anlagen fernzuhalten (Zutrittskontrolle).<br />

Fremdpersonal z.B. sollte sich nicht unbeaufsichtigt<br />

in den Kanzleiräumen bewegen können.<br />

Das lässt sich nicht immer vermeiden. Wenn etwa<br />

Wartung- oder Reparaturarbeiten durchgeführt<br />

werden, sollte eine schriftliche Belehrung erfolgen,<br />

dass Informationen bei zufälliger Kenntnisnahme<br />

vertraulich zu behandeln sind und insbesondere<br />

eine Nutzung der Datenverarbeitungsanlagen<br />

untersagt ist.<br />

Zugangskontrolle<br />

Passwörter sind hier das Mittel der Wahl. Allerdings<br />

nützt die beste Kombination nichts, wenn sie sich<br />

zu leicht erahnen lässt. Ein weitgehend sicheres<br />

Passwort besteht aus mindestens acht Zeichen und<br />

beinhaltet sowohl Buchstaben als auch Zahlen und<br />

Sonderzeichen und ergibt kein logisches Wort<br />

(z. B. „hO8+lW$6“). Passwörter müssen in regelmäßigen<br />

Zeitabständen geändert werden.<br />

Zugriffskontrolle<br />

Ein wesentliches Risiko sind Viren, Würmer,<br />

Trojaner u.ä.. Der Einsatz von Anti-Viren-Software<br />

und Firewalls ist unumgänglich. Um zu verhindern,<br />

dass schädliche Software bewusst oder unbewusst<br />

in das System eingeschleust werden kann, sollten<br />

die Zugriffsrechte auf das System grundsätzlich<br />

beschränkt sein (Zugriffskontrolle). Hierzu bietet<br />

sich ein Rechtemanagement an, bei dem Nutzern<br />

jeweils nur Leserechte, nicht aber Schreibrechte<br />

eingeräumt werden, wo dies für die betriebliche<br />

Aufgabe nicht erforderlich ist. Dies verhindert z.B.,<br />

dass Mitarbeiter Software aus dem Internet her-<br />

unterladen oder über einen USB-Stick in das System<br />

einspielen und damit aus Leichtsinn oder Unwissenheit<br />

die Systemsicherheit gefährden.<br />

Mobile Datenträger<br />

Ein weiteres Risiko für die Systemsicherheit und<br />

den Datenbestand besteht immer dann, wenn<br />

Datenträger aus dem geschützten Kanzleibereich<br />

entfernt werden. Dies ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt<br />

digitalisierte Akteninhalte auf dem Laptop<br />

bei sich führt. Datenschutzrechtlich besteht die<br />

Forderung, möglichst wenige Daten aus dem System<br />

auszulagern. Dies schließt Mobilität nicht aus.<br />

Der Markt bietet Lösungen, bei denen über Internetanbindung<br />

extern auf die Netzwerkdaten der<br />

Kanzlei zugegriffen werden können, ohne dass die<br />

Daten das System verlassen. Beim Zugriff auf das<br />

System werden lediglich Bild- und Steuerungssignale<br />

(z. B. Tastatureingaben) übermittelt, ohne<br />

dass ein Datentransfer stattfindet. Geht der Laptop<br />

verloren, hat dies keine Auswirkungen auf den<br />

Datenbestand.<br />

Wer die Kosten und den technischen Aufwand<br />

solcher Terminal-Lösungen scheut, sollte die Daten<br />

auf dem mobilen Arbeitsplatz zumindest verschlüsseln.<br />

Geht der Laptop verloren, ist ein unbefugter<br />

Zugriff auf die unverschlüsselten Daten<br />

gleichwohl ausgeschlossen. Auch hierfür bietet der<br />

Markt entsprechende Softwarelösungen an.<br />

Verfügbarkeit<br />

Datensicherheit setzt jederzeitige Verfügbarkeit<br />

voraus. Vor diesem Hintergrund sollte einem physikalischen<br />

Datenverlust vorgebeugt und der Datenbestand<br />

regelmäßig gesichert werden. Hierbei gilt<br />

es einige Punkte zu beachten.<br />

Bei der Konzeption eines Datensicherungskonzepts<br />

sollte davon ausgegangen werden, dass ein Schadensszenario<br />

nicht nur räumlich begrenzt auftritt.<br />

Ein Zimmerbrand kann die gesamte Zimmereinrichtung<br />

zerstören. Deshalb liegt es nahe,<br />

Datensicherungsträger nicht in unmittelbarer<br />

räumlicher Nähe zum gesicherten System aufzubewahren,<br />

weil das Feuer sonst nicht nur das<br />

gesicherte System, sondern auch den Sicherungsdatenträger<br />

in Mitleidenschaft zieht. Für den<br />

Sicherungsdatenträger gelten dieselben Sicherheitsanforderungen<br />

wie für jeden mobilen Datenträger<br />

auch.<br />

Koordiniertes Löschen<br />

Unter der Prämisse der Datensparsamkeit ist der<br />

Kanzleiinhaber verpflichtet, personenbezogene<br />

Daten auch wieder zu löschen, wenn der Zweck,<br />

für den die Daten erhoben worden sind, erfüllt ist.<br />

Dies setzt voraus, dass geeignete organisatorische<br />

und technische Maßnahmen ergriffen werden, die<br />

sicherstellen, dass zu löschende Daten auch zuverlässig<br />

vernichtet werden und nicht in die Hände<br />

Dritter fallen können. Hierfür reicht es regelmäßig<br />

nicht aus, mit den gängigen Löschmethoden des<br />

Betriebssystems zu arbeiten. Das Löschen einer<br />

Datei oder das Formatieren der Festplatte bewirkt<br />

lediglich, dass der interne Verweis auf die gespeicherten<br />

Daten entfernt wird. Der physische<br />

Speicherzustand auf der Festplatte bleibt dagegen<br />

unverändert. Die auf diese Weise gelöschten Daten<br />

können jederzeit wieder hergestellt werden.<br />

Abhilfe schafft hier das (mehrmalige) Überschreiben<br />

des Datenträgers. Erst hierdurch wird auch der<br />

physische Speicherzustand verändert und die gespeicherten<br />

Daten zuverlässig gelöscht. Der Markt<br />

hält hierfür entsprechende Softwarewerkzeuge<br />

bereit.<br />

RA Dr. Markus Lintner, Nürnberg<br />

Sichere Passwörter statt Vorhängeschloss.<br />

Foto: www.jenpix.de . pixelio.de<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

25


Magazin<br />

Reden ist Silber, Zuhören ist Gold<br />

Von der Ökonomie der Kommunikation<br />

Was ist ein Gespräch wert? Aus der Sicht des<br />

Mandanten lautet die Frage genauer: Was<br />

bringt mir die Kommunikation mit dem Anwalt?<br />

Und der Anwalt fragt sich: Was habe ich<br />

davon, mich mit dem Mandanten, der Gegenseite<br />

und dem Gericht auszutauschen?<br />

Gibt es Mandanten, die mit Genuss zum Anwalt<br />

gehen und sich darauf freuen, für dessen Dienstleistung<br />

Geld auszugeben?<br />

»Keine gute Vorbedingung für konsumund<br />

lustbetontes Geldausgeben.«<br />

Für Privatleute ist fast immer irgendein Ärgernis<br />

der Anlass für den Gang zum Anwalt. Keine gute<br />

Vorbedingung für konsum- und lustbetontes Geld-<br />

26 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

ausgeben. Der gewerbliche Mandant zieht seinen<br />

Anwalt hoffentlich regelmäßig für konfliktvorbeugende<br />

Beratung heran, z. B. für die Erarbeitung<br />

wirksamer und wirkungsvoller Verträge. Für ihn ist<br />

die Kommunikation mit dem Anwalt und die Vergütung<br />

der anwaltlichen Tätigkeit eine Investition,<br />

die er tätigt in der Hoffnung, dass das Wirken des<br />

Anwalts beim Erreichen seiner unternehmerischen<br />

Ziele hilfreich ist.<br />

Aufgrund der jeweiligen Ausgangslage der Mandanten<br />

müssen wir davon ausgehen, dass private<br />

Mandanten das Gespräch mit dem Anwalt und die<br />

Kosten für seine Tätigkeit in vielen Fällen wohl als<br />

unvermeidliche Belastung empfinden. Bei gewerblichen<br />

Mandanten dürfen wir dagegen viel eher<br />

eine nüchterne Kosten/Nutzen-Betrachtung erwarten.<br />

Womöglich gibt es sogar Fälle, in denen der<br />

gewerbliche Mandant sich über die anwaltliche<br />

Dienstleistung so freut, wie über – sagen wir mal –<br />

ein gutes und nützliches Werkzeug, etwa: „So<br />

schöne AGB habe ich noch nie gehabt!“<br />

RVG<br />

So sieht's also aus der Mandantenperspektive aus.<br />

Und aus der Sicht des Anwalts? Was bringt ihm der<br />

mit dem Mandat verbundene Kommunikationsaufwand<br />

nach den verschiedensten Seiten?<br />

Zeit ist Geld, könnte man darauf kurz und bündig<br />

antworten. Diese Antwort wäre so einprägsam wie<br />

falsch. Denn wir alle wissen, dass Anwälte meist<br />

nicht nach Zeitaufwand vergütet werden, sondern<br />

abhängig vom Streitwert.<br />

Für Plaudertaschen empfehlen wir silbernen Lippenstift. Foto: Andrea Vollmer


So sieht es jedenfalls das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz<br />

als Grundmodell vor. Auch in einem<br />

Fall mit einem Gegenstandswert von 425 EUR<br />

kann akribische Sachverhaltsaufklärung und entsprechend<br />

detaillierter Vortrag erforderlich sein.<br />

Rechnet man hier die RVG-Gebühr auf die mit dem<br />

Mandanten verbrachte Zeit, Schriftsätze und vielleicht<br />

zwei Gerichtsverhandlungen um, ist die Vergütung<br />

pro Arbeitsstunde wohl eher in Cent als in<br />

Euro zu berechnen. Zeit ist Geld? Eher nicht. Ruhm<br />

und Ehre sind vermutlich auch nicht zu erwarten.<br />

»Auch in einem Fall mit einem<br />

Gegenstandswert von 425 EUR kann<br />

akribische Sachverhaltsaufklärung<br />

und entsprechend detaillierter Vortrag<br />

erforderlich sein.«<br />

Und dennoch: Auch wenn an dem Mandat finanziell<br />

nicht viel verdient werden kann, darf an der<br />

Kommunikation nicht gespart werden. Während<br />

meines Studiums, als das RVG noch BRAGO hieß,<br />

hatte ich als Ausbilder im Praktikum einen sehr<br />

beschäftigten Partner einer OLG-Kanzlei. Es hat<br />

mich damals sehr beeindruckt, dass er sich für das<br />

erste Beratungsgespräch mit den Mandanten alle<br />

Zeit der Welt genommen hat. Sein Credo war, dass<br />

man den Mandanten Gelegenheit geben müsse,<br />

alles zu erzählen, was ihnen wichtig erscheint.<br />

Andernfalls müsse man während der Mandatsbearbeitung<br />

noch ständig telefonische Nachbesprechungen<br />

abhalten. Reden ist Silber, nämlich<br />

den Mandanten die richtigen Fragen zu stellen.<br />

Den Mandanten konzentriert zuhören und den<br />

Sachverhalt vollständig zu erfassen ist Gold.<br />

»Sein Credo war, dass man den<br />

Mandanten Gelegenheit geben müsse,<br />

alles zu erzählen, was ihnen wichtig<br />

erscheinte.«<br />

Pauschalhonorar<br />

Fortgeschrittene in Sachen Ökonomie der Kommunikation<br />

können sich bei der Vereinbarung von<br />

auskömmlichen Pauschalhonoraren beweisen. Sie<br />

müssen in der Lage sein, ihren Aufwand zuverlässig<br />

einzuschätzen und zugleich den Mandanten<br />

überzeugen, dass das Honorar angemessen ist. Das<br />

Pauschalhonorar bietet sich bei Beratungsdienstleistungen<br />

wie etwa dem Fertigen von Vertragsentwürfen<br />

an. Der Umfang der Kommunikation ist<br />

absehbar, jedenfalls wenn man den Mandanten<br />

kennt. Mit der eigenen juristischen Leistung, dem<br />

Fertigen des Textes, geht man dann ins Risiko, indem<br />

man eine bestimmte Bearbeitungsdauer für<br />

wahrscheinlich hält.<br />

Stundensatz<br />

Magazin<br />

Goldene Regel: Wer zuhört, schweigt. Foto: Andrea Vollmer<br />

Die größte Freiheit der Kommunikation hat der Anwalt,<br />

dem es gelingt, mit dem Mandanten ein akzeptables<br />

Stundensatzhonorar zu vereinbaren. Das<br />

ist vor allem für diejenigen interessant, die gerne<br />

außergerichtliche Einigungen suchen. Hier ist insbesondere<br />

der kommunikative Aufwand im Voraus<br />

schwer abzusehen. Dabei kann der Austausch mit<br />

dem eigenen Mandanten bisweilen sogar mühsamer<br />

und langwieriger sein, als mit der Gegenseite.<br />

Gerade das Gespräch mit dem eigenen Mandanten<br />

kann zum Balanceakt werden, denn der muss, wenn<br />

die Rechnung kommt, überzeugt sein, dass jede<br />

Minute des Gesprächs mit seinem Anwalt sich im<br />

Gegenwert der anwaltlichen Forderung gelohnt hat.<br />

Wenn man den eigenen Mandanten und die andere<br />

Seite überzeugen möchte, muss der Anwalt präzise<br />

argumentieren. Das gelingt am ehesten, wenn er<br />

die Anliegen seines Mandanten und der anderen<br />

Partei kennt. Und wie erfährt der Anwalt von diesen<br />

Anliegen? Die Antwort ist ungeheuer banal,<br />

doch ich glaube, dass viele Anwälte – mich selbst<br />

eingeschlossen – hier täglich an sich arbeiten<br />

müssen: Durch Zuhören! Zuhören ist eine Fertigkeit,<br />

die trainiert und mit den unterschiedlichsten<br />

Methoden verbessert werden kann. Aber das ist<br />

eine andere Geschichte. Für diesmal will ich nur<br />

die Überzeugung bekräftigen: Reden ist Silber.<br />

Zuhören ist Gold!<br />

RA Percy Ehlert, Berlin<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

27


Magazin<br />

Das selbstständige Beweisverfahren<br />

Wichtig in Bausachen, EDV und Mietrecht<br />

In allen Streitigkeiten, bei denen es wesentlich<br />

um den Sachverhalt geht und ein Streit um die<br />

Rechtsfolgen kaum zu erwarten ist, bietet sich<br />

das selbstständige Beweisverfahren nach §§ 485<br />

ff. ZPO an. Der folgende Beitrag bietet – redaktionell<br />

bearbeitet und gekürzt – eine von den<br />

Erfahrungen der Autoren geprägte Darstellung.<br />

Der vollständige Originaltext einschließlich<br />

Muster eines Antrags ist im Internet unter<br />

www.davforum.de/beweisverfahren abrufbar.<br />

Das selbstständige Beweisverfahren hat besondere<br />

Bedeutung erlangt in Bausachen, EDV-Prozessen,<br />

im Deliktsrecht (insbesondere in Folge von Abgrabungen<br />

oder Sprengungen), im Mietrecht und bei<br />

Arzthaftungssachen.<br />

Zeitvorteil<br />

Das selbständige Beweisverfahren ist grundsätzlich<br />

wesentlich schneller abgeschlossen als das Hauptsacheverfahren.<br />

Das Vorliegen oder Nichtvorliegen<br />

von Mängeln kann für beide Parteien verbindlich<br />

festgestellt werden. So lässt sich die Auseinandersetzung<br />

oft ohne folgenden Prozess regeln. In der<br />

Praxis geht es meist darum, ein Sachverständigengutachten<br />

einzuholen. Rechtsschutzversicherte<br />

Mandanten erhalten hierfür regelmäßig Deckungszusage,<br />

was für ein vorprozessuales Gutachten<br />

schwer zu erreichen ist. Für den Anwalt fallen im<br />

selbssttändigen Beweissicherungsverfahren dieselben<br />

Gebühren wie in einem Hauptverfahren an.<br />

Die Ge-bühren des Beweisverfahrens werden nicht<br />

auf das Hauptverfahren angerechnet.<br />

Voraussetzungen<br />

Die Absätze 1 und 2 des § 485 ZPO definieren<br />

unterschiedliche Anwendungsbereiche. Eine Gefahr,<br />

dass das Beweismittel verloren geht oder seine<br />

Benutzung erschwert wird (Absatz 1), stellt der<br />

Verderb der zu besichtigenden Sache dar oder ihre<br />

Veränderung, zum Beispiel im Fall von Bau-arbeiten.<br />

Die Aufzählung der in den Nr.1 bis Nr. 3 des § 485<br />

Abs. 2 ZPO genannten Gründen ist abschließend.<br />

Darüber hinaus muss ein rechtliches Interesse an der<br />

Feststellung bestehen. Das recht-liche Interesse ist<br />

immer zu bejahen, wenn dies zur Vermeidung eines<br />

Rechtsstreits dient. An die Subs-tantiierung des<br />

diesbezüglichen Sachvortrags des Antragstellers<br />

sind keine hohen Anforderungen zu stellen. § 487<br />

ZPO gibt den zwingenden Inhalt des Antrags vor.<br />

28 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Große Aufmerksamkeit ist darauf zu legen, dass die<br />

Tatsachen sehr sorgfältig angegeben wer-den. Ein<br />

sogenannter Ausforschungsbeweis ist auch im<br />

selbssttändigen Beweisverfahren unzulässig, so<br />

etwa die Frage: „Ist es wahr, dass die Arbeiten<br />

entgegen der Regeln der Technik ausgeführt wurden<br />

und dies zu Mängeln führte?“<br />

Der Sachverständige<br />

Bei der Auswahl des Sachverständigen sollte der<br />

Anwalt wachsam sein. Häufig entscheiden die<br />

Qualifikation und die Auswahl des Sachverständigen<br />

über Erfolg und Misserfolg der Tatsachenaufklärung<br />

und letztlich über den Ausgang des<br />

Prozesses. Jede Partei hat das Recht, dem Gericht<br />

Sachverständige vorzuschlagen. Davon sollte man<br />

unbedingt Gebrauch machen. Der Gutachter hat<br />

sich streng an den Gutachterauftrag zu halten. Oft<br />

nehmen die Gutachter jedoch eine „eigene Sachverhaltsermittlung“<br />

vor und gehen auch gerne weit<br />

über den Gutachterauftrag hinaus. Es ist dann<br />

Aufgabe des Parteivertreters, den Gutachter auf die<br />

ihm gestellten Aufgaben hinzuweisen. Manchmal<br />

ist der Übereifer des Gutachters aber auch gut für<br />

die Partei, z. B. wenn er Mängel entdeckt, an die<br />

man als Antragsteller nicht gedacht hat.<br />

Mitteilung des Gutachtens<br />

Das Gutachten wird den Parteien zur Kenntnisnahme<br />

und evtl. Stellungnahme meist unter Fristsetzung<br />

übersandt. Man sollte auf keinen Fall das<br />

gelieferte Ergebnis einfach nur hinnehmen, sondern<br />

prüfen, ob der Gutachter die Fragen unzweideutig<br />

(„ja“ oder „nein“ und nicht „vielleicht“),<br />

vollständig, klar und unmissverständlich beantwortet<br />

hat. Auch Mengenangaben, Preise, DIN-<br />

Normen etc. sollten kontrolliert werden. Zusätzlich<br />

muss darauf geachtet werden, dass der Gutachter<br />

seinerseits keine rechtlichen Schlüsse zieht. Bei<br />

Unstimmigkeiten hat der Bevollmächtigte zum<br />

Gutachten schriftlich Stellung zu nehmen. Allerdings<br />

wird gerade hier häufig der Fehler gemacht,<br />

Schriftsätze zu fertigen, die Parteivorbringen sind.<br />

Es darf nicht vergessen werden, dass man sich in<br />

einer Beweisaufnahme befindet und gerade nicht<br />

bei der Beweiswürdigung. Zweck dieses Verfahrens<br />

ist nicht die Bewertung oder die Entscheidung über<br />

den Anspruch. Dies bedeutet, dass man Fragen<br />

formulieren muss, zu denen der Gutachter Stellung<br />

zu nehmen hat, und dass man begründet, warum<br />

man diese Frage stellt. Des weiteren ist zu prüfen,<br />

ob es ausreicht, dass der Gutachter nochmals zu<br />

einzelnen Punkten schriftlich Stellung nimmt, oder<br />

ob ein mündliche Erläuterung vor Gericht notwendig<br />

erscheint. In der mündlichen Verhandlung<br />

können die Parteien dem Sachverständigen Fragen<br />

zu stellen oder eine Ergänzung des Gutachtens zu<br />

beantragen. Bisweilen versuchen die Parteien, mit<br />

fachlicher Hilfe Dritter den gerichtlich bestellten<br />

Gutachter zu widerlegen.<br />

Wirkungen und Ende<br />

Die Zustellung des Antrags für das selbstständige<br />

Beweisverfahren hemmt die Verjährung. Nach<br />

Auffassung des BGH endet das selbständige<br />

Beweisverfahren mit dem Zugang des Sachverständigengutachten,<br />

sofern die Parteien nicht<br />

innerhalb der ihnen eingeräumten Prüfungsfrist<br />

einen Antrag auf Anhörung stellen oder Einwendungen<br />

vortragen. Wenn das Gericht keine Frist zur<br />

Stellungnahme setzt, muss der Antrag zur Vernehmung<br />

des Sachverständigen in einem „engen<br />

zeitlichen Zusammenhang mit der Zustellung des<br />

Gutachtens“ erfolgen. Der Anwalt kann das Beweisverfahren<br />

als „beendet“ ansehen, wenn der<br />

Streitwertbeschluss verkündet ist. Wenn einer<br />

Partei das Gutachten ausreicht, dann sollte diese<br />

den Streitwertbeschluss beantragen. Ergeht das<br />

Gutachten zugunsten des Antragstellers, fordert<br />

dieser außergerichtlich von der Gegenseite den<br />

sich aus dem Gutachten ergebenden Betrag,<br />

Beseitigung der Mängel, usw. unter Fristsetzung<br />

sowie Erstattung der Kosten. Werden diese Forderungen<br />

nicht erfüllt, so muss geklagt werden.<br />

Kosten<br />

Aufgrund der lückenhaften Regelung in § 494a<br />

ZPO ergeben sich hinsichtlich der Kosten im<br />

selbstständigen Beweisverfahren immer wieder<br />

Schwierigkeiten. Die Kosten des selbstständigen<br />

Beweisverfahrens sind Kosten des Hauptsacheverfahrens.<br />

Wenn also nach Beendigung des selbstständigen<br />

Beweisverfahrens die Kostenfrage nicht<br />

außergerichtlich geklärt werden kann, bleibt einem<br />

der Gang in das Hauptverfahren nicht erspart.<br />

Beide Parteien können eine gerichtliche Klärung<br />

der Kostenfrage veranlassen.<br />

RA Henrik Franz, Frankfurt a. M.<br />

RA Daniel Preiß, Schwäbisch Gmünd


Magazin<br />

Kein Versteck für Schuldner<br />

Neues Mahnverfahren erleichtert Forderungseinzug im europäischen Ausland<br />

Nahezu jeder Rechtsanwalt wird sich im Laufe<br />

seiner Berufstätigkeit mit der Geltendmachung<br />

fälliger Forderungen zu beschäftigen haben.<br />

Neben einer gewissen Mandantenbindung sowie<br />

erheblicher Zufriedenheit der Auftraggeber<br />

bei tatsächlicher Realisierung der offenen Posten<br />

ist die Dienstleistung auch lukrativ.<br />

Insbesondere, weil selbst die Inkassierung im<br />

europäischen Ausland seit einiger Zeit erheblich<br />

vereinfacht worden ist.<br />

Inzwischen finden sich in den §§ 1087ff. ZPO die<br />

Vorschriften zum europäischen Mahnverfahren.<br />

Das Ergebnis ist ein analog dem deutschen Mahnverfahren<br />

anzuwendendes Verfahren zur raschen<br />

und kostengünstigen Beitreibung unbestrittener<br />

Geldforderungen, die auf grenzüberschreitenden<br />

Rechtsverhältnissen beruhen. Am erfolgreichen<br />

Ende desselben steht der „Europäische Zahlungsbefehl“<br />

(EZ) als Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr.<br />

6 ZPO).<br />

AG Wedding zuständig<br />

Sofern zum Beispiel ein als Spediteur tätiger<br />

Mandant darum bittet, eine Entgeltforderung<br />

gegen seinen in Italien ansässigen Auftraggeber<br />

geltend zu machen, ist grundsätzlich das Europäische<br />

Mahngericht Deutschland am Berliner AG<br />

Wedding erste Anlaufstelle (§ 1087 ZPO). Die dort<br />

derzeit vorgehaltenen Informationen und - zwingend<br />

zu verwendenden - Formulare können jedoch<br />

nur als behelfsmäßig eingestuft werden. Die PDF-<br />

Dokumente können am PC nicht ausgefüllt<br />

werden. Für den Praktiker sollte daher der europäische<br />

Gerichtsatlas für Zivilsachen (http://ec.<br />

europa.eu/justice_home/judicialatlascivil/html/epo<br />

_information_de.htm) der Startpunkt sein. Dort<br />

finden sich leichtverständliche Informationen und<br />

insbesondere Formulare, die je nach Bedarf am<br />

Bildschirm auszufüllen, auszudrucken und sodann<br />

an das zuständige Gericht zu übermitteln sind.<br />

Das in der Sache zuständige Gericht ist leicht zu<br />

finden. Unter dem Reiter „Zuständige Gerichte“<br />

sind auch z. B. diejenigen für Italien hinterlegt. Das<br />

Verfahren beginnt sodann mit dem Formblatt A,<br />

dem Antrag auf Erlass eines EZ. Dieser ähnelt den<br />

bekannten Mahnbescheidsanträgen. Neben den<br />

üblichen Angaben ist die Referenzierung auf<br />

Beweismiteln möglich, die Beifügung aber nicht<br />

erforderlich. Wichtig: Alle Formblätter können nach<br />

der Gerichtsauswahl in deutscher Sprache ausge-<br />

füllt werden. Am Ende des Formblattes findet sich<br />

ein Button zur Übersetzung – etwa in die italienische<br />

Sprache!<br />

Gericht prüft Fakten<br />

Das mit dem Antrag befasste Gericht prüft sodann<br />

die Vollständigkeit der gemachten Angaben und<br />

insbesondere, ob die geltend gemachte Forderung<br />

nicht offensichtlich unbegründet ist. Es kann jedoch<br />

auch zur Vervollständigung bzw. Berichtigung des<br />

Antrags auffordern (vgl. Formblatt B) oder einen<br />

Vorschlag zur Änderung des Antrags machen<br />

(Formblatt C). Weiterhin sind Vordrucke für einen<br />

eventuellen Einspruch des Antragsgegners gegen<br />

einen solchen Befehl (Formblatt F) vorgesehen.<br />

Dieser Rechtsbehelf stünde dem italienischen Auftraggeber<br />

binnen 30 Tagen zu, nachdem der beantragte<br />

EZ durch das in Italien zuständige Gericht<br />

erlassen und dem Antragsgegner zusammen mit<br />

einer Kopie des Antragsformulares samt Rechtsbehelfsbelehrung<br />

zugestellt worden ist. Im optimalen<br />

Fall zahlt der Schuldner aufgrund des durch den EZ<br />

aufgebauten „Drucks“. Unterlässt er dies, wird der EZ<br />

mit Ablauf der Widerspruchsfrist automatisch für<br />

vollstreckbar erklärt (§§ 1093ff. ZPO). Unserem Mandanten<br />

läge also ein Vollstreckungstitel vor (§ 794<br />

Abs. 1 Nr. 6 ZPO), aus dem nach dem Recht des<br />

Vollstreckungsmitgliedsstaates die zwangsweise<br />

Durchsetzung der Forderung zu veranlassen wäre.<br />

Alles per Computer<br />

Fazit: Schuldner können sich seit Dezember 2008<br />

nicht mehr hinter Grenzen oder mangelnden<br />

Sprachkenntnissen des Gläubigers verstecken. Die<br />

Anhängigmachung von Mahn- oder/und Vollstreckungs-Verfahren<br />

ist jetzt vom Computer aus<br />

möglich, ohne Fremdsprachenkenntnisse und ohne<br />

Studium der jeweiligen Verfahrensordnung des<br />

Schuldner-Landes. Zwar würde ein Einspruch zu<br />

einem „gewöhnlichen” Prozess führen. Die Anlage 2<br />

zum Antrag auf Erlass eines EZ sieht jedoch für den<br />

Antragsteller die Möglichkeit zur Ablehnung der<br />

Überleitung in ein kontradiktorisches Verfahren vor.<br />

Letztlich ist allein die Titulierung oftmals sinnvoll (§<br />

204 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F.). Folglich steht dem Gläubiger<br />

ein Spielraum zu, der ihm unter Berücksichtigung<br />

der Schuldnerreaktionen während des<br />

EM ein wirtschaftliches Inkasso ermöglicht.<br />

RA Christian Weiß, Bonn<br />

Stephanie Hofschlaeger . pixelio.de<br />

Mahnung auf italienisch: Der EZ macht es möglich.<br />

Europäischer<br />

Zahlungsbefehl (EZ)<br />

Verfahrens-Kosten entsprechen denen für das<br />

lokale Mahnverfahren (Nr. 1110 KV GKG).<br />

Letzteres steht zum EM im Alternativverhältnis.<br />

Vollstreckbarkeit des EZ – bis auf Dänemark –<br />

ohne weiteres in allen EU-Mitgliedsstaaten.<br />

Zweites Novum: Europäisches Verfahren für<br />

geringfügige, grenzüberschreitende Forderungen<br />

bis zu einem Wert von 2.000,- EUR (§§<br />

1097ff. ZPO).<br />

Ein vereinfachtes, effizientes und kostengünstiges<br />

kontradiktorisches Prozedere vor dem<br />

zuständigen Gericht des Schuldners im EU-<br />

Ausland mit standardisierten Formularen zur<br />

Verfahrenseinleitung bzw. Erwiderung. Kein Anwaltszwang,<br />

Durchführung einer mündlichen<br />

Verhandlung nur ausnahmsweise.<br />

> http://www.orderforpayment.eu<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

29


Magazin<br />

Am Draht auf Draht<br />

Zwölf Grundregeln für die Kanzleipräsentation durch die Assistentin<br />

Die Zeiten rosafarbener Telefonzettel sind vorbei und elektronische Nachrichtensysteme angesagt. Foto: Hans Peter Reichartz . pixelio.de<br />

Anwalts-Assistentinnen sind unbestritten das<br />

Herz des Büros, die Visitenkarte der Kanzlei und<br />

Chefin der Büro-Organisation. Sie haben trotz<br />

ihrer bedeutenden Rolle oft schwer zu kämpfen:<br />

Mit Mandanten, die zu 80 % schwierig zu<br />

führen sind, da sie als Probleminhaber externe<br />

(+ teure!) Hilfe holen müssen, mit einer Büroorganisationen,<br />

die oft handgeklöppelt daher<br />

kommt – und mit Chefs, die Mitarbeiterführung<br />

nicht gerade freudestrahlend auf ihre Fahnen<br />

geschrieben haben. Deshalb sollen folgende<br />

zwölf Grundregeln weiter helfen:<br />

Ihre Assistentin...<br />

1) ... ist angewiesen auf Ihre Anweisungen!<br />

Anwälte mögen Anweisungen nicht, weil sie folgenreich<br />

sind. Was genau z. B. soll Ihre Assistentin dem<br />

Mandanten sagen, wenn Sie zum dritten Mal „keine<br />

Lust“ hatten, diesen Anrufer entgegen zu nehmen<br />

oder zum vierten Mal nicht zurück gerufen haben?<br />

Die Weisung „Sagen Sie irgendwas!“ verschärft das<br />

Problem erheblich, weil Sie Ihre eigene Verfehlung<br />

30 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

auf dem Rücken Ihrer Assistentin austragen.<br />

Anweisungen fehlen auch oft im Umgang mit Urlauben,<br />

Krankheiten etc. Anweisungen machen<br />

übrigens oft nur Sinn, wenn alle Anwälte sich dabei<br />

vereinheitlichen, und wenn die Anwälte die Anweisungen<br />

selbst einhalten.<br />

Weisen Sie auch an, wie sie mit Honoraranfragen<br />

umzugehen hat (s. u.) und mit Rechtsgebieten, die<br />

Ihre Kanzlei nicht bietet! (Bitte Kooperationspartner<br />

auf Liste mit Telefonnummern überreichen)<br />

2) ... promotet schon durch ihre Meldung<br />

die Kanzlei!<br />

„Anwaltskanzlei Berger und Partner, mein Name ist<br />

Petra Schulz. Guten Morgen!“ ist eine perfekte Meldung,<br />

vorgetragen lächelnd, frisch und deutlich. Der<br />

Nachname ist abgesetzt. Überlegen Sie bei langen<br />

Kanzleinamen, ob er abgekürzt werden darf bei der<br />

Meldung. Bei Empfangstelefonaten darf bei hohem<br />

Telefonaufkommen der Nachname fehlen. Sorgen<br />

Sie durch ein Schild auf dem Empfangstisch mit dem<br />

Namen der Empfangs-Dame für eine freundliche,<br />

persönliche Ansprache. Einen Verstoß gegen Ihre<br />

Schweigepflicht begehen Sie, wenn im Empfang<br />

wartende Mandanten Nachnamen anderer Mandanten<br />

am Empfangs-Telefon mithören können.<br />

3) ... wird durch Sie dem neuen Mandanten<br />

vorgestellt!<br />

Enorme Vorteile auf allen drei Seiten bringt das<br />

folgende Vorgehen: Das Erstgespräch ist zu Ende.<br />

Sie erklären dem Mandanten, dass Sie ihm nun noch<br />

Ihre Assistentin vorstellen möchten und erläutern,<br />

während diese nach der Begrüßung den Dienst- und<br />

den Honorarvertrag sowie ggfs. die Hausaufgabenliste<br />

„für seine Akten“ kopiert, die genaue Arbeitsteilung<br />

in Ihrem Team: „Frau Bertram arbeitet schon<br />

drei Jahre für mich. Sie ist zuständig für die Abschriftenversendung,<br />

für die Terminsvergabe, für<br />

Auskünfte aus der Akte. Sie weiß immer genau, ob<br />

Ihr Gutachten schon eingetroffen ist. Sie weiß alles<br />

Organisatorische. An mich wenden Sie sich bitte<br />

wegen aller rechtlichen und taktischen Fragen“.<br />

Sofern allerdings der Mandant unterwegs zum<br />

Vorzimmer Namen von anderen Mandanten lesen<br />

kann (Verstoß gegen Schweigepflicht!), holen Sie<br />

Ihre Assistentin ins Besprechungszimmer.


4) ... schreibt eine Begrüßungsmail an den<br />

neuen Mandanten!<br />

Der neue Mandant hat gerade den Vertrag unterschrieben<br />

und verlässt Ihr Büro, da verfasst Ihre<br />

Assistentin per Mail – von ihrem Account aus (!) –<br />

folgenden Brief an den Mandanten: „Sehr geehrter<br />

Herr Weißkirch, auch ich freue mich auf unsere neue<br />

Kooperation. Mit herzlichen Grüßen, Ihre Sybille<br />

Bertram (Assistentin von Herrn Rechtsanwalt Dr.<br />

Burgner). Vorteil: vermeidet Telefonhäufung. bis zu<br />

50 % aller organisatorischen Anfragen – auch Terminwünsche!<br />

- kommen dann per Mail, so dass die<br />

Assistentin diese bearbeiten kann, wenn sie gerade<br />

nicht telefoniert.<br />

5) ... verwendet elektronische Nachrichtensysteme<br />

wie Outlook!<br />

Die Zeit der rosa Telefonzettel und die der geschmäcklerisch<br />

motivierten Verweigerer moderner<br />

Technik ist vorbei. Richten Sie in allen Computern<br />

zumindest Outlook ein, für Rückrufbitten (mit Lesebestätigung!),<br />

Abwesenheitsmeldungen sowohl an<br />

Ihre Assistentin (Wann sind Sie weg, wann kommen<br />

Sie wieder?) als auch an Mandanten (=out of office<br />

reply) und für Mandantendaten. Damit gehören<br />

Formulierungen am Telefon wie: „Ich muss mal<br />

sehen, ob er da ist“ – ebenso wie dauernde Lügerei<br />

– der Vergangenheit an.<br />

Stimmen Sie alle Anwälte darauf ein, einen Computer<br />

auf dem Schreibtisch zu haben und ihn auch<br />

zu bedienen.<br />

6) ... macht Terminvereinbarungen!<br />

„Wenn ich das alles richtig verstanden habe, benötigen<br />

Sie dringend einen Termin bei unserem Spezialisten<br />

für Verkehrsrecht (oder „Fachanwalt für...“<br />

Was anderes haben Sie nicht!), den Herrn Rechtsanwalt<br />

Burgner (Namen sagen!). Ich habe schon mal<br />

in seinem Kalender geschaut und zwei Termine für<br />

Sie zur Auswahl gefunden. Der erste ist schon<br />

Freitag um 14.30 Uhr, der zweite wäre in der nächsten<br />

Woche am Dienstag um 15.15 Uhr. Welchen<br />

nehmen Sie?“ Diesen Text soll Ihre Assistentin auswendig<br />

lernen. In manchen Rechtsgebieten empfiehlt<br />

es sich, zuvor nach der generell besten<br />

Terminszeit zu fragen: „Passt es Ihnen besser vormittags<br />

oder nachmittags?“<br />

7) ... bietet im Ersttelefonat eine<br />

PDF-Anfahrtskizze an!<br />

„Darf ich Ihnen noch eine Anfahrtskizze per Mail<br />

übersenden? Dann wissen Sie gleich den Weg?“<br />

Diese Frage dient hauptsächlich der Ermittlung der<br />

e-Mail Adresse, die sofort korrekt eingetragen wird.<br />

Magazin<br />

8) ... erfragt den Kern des Falles / Wunsches<br />

und leitet diesen an Sie weiter!<br />

Dieser Punkt ist wichtig, damit der Mandant nichts<br />

zweimal sagen muss. Wenn Sie zurückrufen oder Ihr<br />

Erstgespräch beginnen, lesen Sie dem Mandanten<br />

seinen Fall vor und fragen ihn: „Meine Assistentin<br />

Frau Berger hat mir schon aufgeschrieben, dass<br />

Sie.....Stimmt das alles so?“<br />

9) ... gibt dem Mandanten „Hausaufgaben“<br />

für das Erstgespräch!<br />

„Darf ich Sie bitten, drei Dinge zu Ihrem Gespräch<br />

mitzubringen? Dann geht alles viel schneller.<br />

(Nutzenargumentation) Haben Sie etwas zu schreiben?<br />

(warten). Also erstens den Kaufvertrag. Dann<br />

die x-Urkunde und drittens die y-Korrespondenz.<br />

Schaffen Sie das alles bis Donnerstag 14.30 Uhr?“<br />

(Termin wiederholen und Kontrollfrage). Teilen Sie<br />

bitte Ihrer Assistentin mit, welche Unterlagen sie für<br />

das erste Gespräch anfordern soll.<br />

10) ... sagt niemals ein „Nein“ ohne Lösung!<br />

a) „Herr Berger ist leider in einer Besprechung.“ (Es<br />

wird keine Lösung für das Nein geboten und „leider“<br />

ist hier semantisch unsinnig, denn sie bedauert<br />

hoffentlich nicht, dass ihr Chef seine Arbeit macht)<br />

wird zu: „Herr Berger ist in einer Besprechung, so<br />

dass ich Sie leider nicht direkt mit ihm verbinden<br />

kann. Darf ich mir notieren, wie wir helfen können?<br />

Dann geht es nachher schneller für Sie.“ (Nutzenargumentation!!)<br />

b) „Das ist nicht möglich. Der (!) ist bis morgen<br />

Mittag außer Haus“ wird zu: „Der Herr Rechtsanwalt<br />

Dr. Burgner ist bis morgen Mittag auf einem Kongress;<br />

deshalb (niemals ABER!!) würde ich mir gern<br />

Ihre beiden(!) Rückrufnummern notieren, unter<br />

denen WIR (!) Sie bis 18 Uhr zurückrufen können. Ist<br />

Ihnen das Recht?“<br />

c) „Keine Ahnung. Da müssen Sie noch mal anrufen.“<br />

wird zu: „Ich weiß das momentan nicht. Wissen Sie<br />

was? Ich mache mich schlau und rufe Sie bis 15 Uhr<br />

zurück. Ist Ihnen das recht?“<br />

11) ... kann Angriffe neutralisieren und<br />

Beschwerden nutzen!<br />

„Der ist auch nie da!“ (Unspezifizierte und unquantifizierte<br />

Attacke) wird gekontert durch: „Wann<br />

hatten Sie versucht, uns zu erreichen?“ (wenn keine<br />

Verfehlung der Kanzlei im Hintergrund ist). Fragetechnik:<br />

„Was kann ich tun, um Ihnen zu helfen?“<br />

„Wie wollen wir verbleiben?“ „Was kann ich noch für<br />

Sie tun?“ „Was darf ich ausrichten?“ Diese Technik<br />

der Frage zwingt Angreifer zum Denken und minimiert<br />

Widerstände und schlechte Laune. Ihre<br />

Assistentin entschuldigt sich dagegen sofort, wenn<br />

in der Kanzlei ein Fehler passiert ist (am schlimmsten:<br />

gebrochenes Versprechen): „Es tut mir wirklich<br />

leid, das zu hören, und ich möchte mich für die<br />

ganze Kanzlei dafür entschuldigen, dass das passiert<br />

ist. Es ist gewiss nicht im Sinne der Kanzlei. Deshalb<br />

meine Frage: Wie sollen wir jetzt verbleiben?“<br />

12) ... spricht nicht über Honorare!<br />

Ausnahme: „Bei manchen unserer Mandanten hat<br />

ein einziges Gespräch ausgereicht, und das kostet<br />

maximal 190 Euro. Generell gibt nur der Anwalt<br />

darüber Auskunft und das auch erst, nachdem er<br />

die Aktenlage eingesehen hat. Alles andere wäre<br />

unseriös.“ Bitte auch dies auswendig lernen!<br />

Trainerin Johanna Busmann, Hamburg<br />

Eine gute Assistentin sagt niemals NEIN, ohne eine Lösung anzubieten. Foto: Rainer Sturm . pixelio.de<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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32 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Magazin<br />

Die Haftung richtig beschränken<br />

Tipps für allgemeine Grundsätze und besondere Regelen<br />

Ein Anwalt, dessen Arbeitsalltag in der Regel<br />

von Hektik und Zeitdruck geprägt ist, ist nicht<br />

zuletzt wegen der hohen Haftungsmaßstäbe<br />

einer Vielzahl von Fallstricken ausgesetzt.<br />

Neben unerlässlichen Maßnahmen wie beispielsweise<br />

einer ausreichenden Büro- und Fristenorganisation<br />

sowie einer kontinuierlichen Fort- und<br />

Weiterbildung sollte auch das Instrument der<br />

Haftungsbeschränkung im Rahmen der Mandatsbearbeitung<br />

zumindest in Erwägung gezogen<br />

werden.<br />

Zentrale Vorschrift ist insoweit der § 51 a BRAO,<br />

der seit der Neuregelung des Berufsrechts von<br />

Anwälten vom 02.09.1994 die vertragliche Haftungsbeschränkung<br />

für fahrlässig verursachte<br />

Schäden in verschiedenen Konstellationen erlaubt.<br />

Damit eine Haftungsbeschränkung jedoch nicht<br />

das Ziel verfehlt und vielleicht sogar genau das<br />

Gegenteil bewirkt, sind ein paar allgemeine Grundsätze<br />

und einige besondere Regelungen der drei<br />

Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung unbedingt<br />

zu beachten:<br />

Allgemeine Grundsätze<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

Nur die Beschränkung der persönlichen Haftung,<br />

nicht auch der Haftung mit dem Gesellschaftsvermögen<br />

ist möglich.<br />

Nur die vertragliche, nicht auch die gesetzliche<br />

Haftung kann beschränkt werden. Eine Deliktshaftung<br />

kann also nicht ausgehebelt werden.<br />

Vollständige Haftungsausschlüsse sind unzulässig.<br />

Hinweise, nach denen für mündlich oder telefonisch<br />

erteilte Auskünfte keine Haftung übernommen<br />

wird, sind nicht wirksam.<br />

Eine wirksame Haftungsbeschränkung muss<br />

immer vereinbart werden.<br />

Eine Verkürzung der Verjährungsfristen von<br />

Regressansprüchen ist nicht möglich.<br />

Bei Mandaten mit Schutzwirkung zugunsten<br />

Dritter erstreckt sich eine Haftungsbeschränkung<br />

in der Regel auch auf die Dritten.<br />

Individualvereinbarung, § 51 a<br />

Abs. 1 Nr. 1 BRAO<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

§ 51 a Abs. 1 Nr. 1 BRAO erlaubt die schriftliche<br />

Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung im<br />

Einzelfall bis zu einer Höhe der Mindestversicherungssumme<br />

von derzeit 250.000 EUR.<br />

Die Möglichkeit zur Haftungsbegrenzung bezieht<br />

sich auf jegliche Formen der Fahrlässigkeit.<br />

Die Individualvereinbarung bedarf in jedem Fall<br />

der Schriftform. Damit die Haftungsbeschränkung<br />

mit dem Mandatsvertrag verbunden werden<br />

kann, empfiehlt es sich, letzteren ebenfalls<br />

schriftlich zu fixieren.<br />

Eine Unterschreitung der Grenze von 250.000<br />

EUR ist unzulässig.<br />

Damit eine Einzelvereinbarung zur Haftungsbegrenzung<br />

nicht ihr Ziel verfehlt, muss sie mit<br />

dem Mandanten für jedes Mandat „ausgehandelt“<br />

werden.<br />

Dies bedeutet, dass dem Mandanten selbst eine<br />

Gestaltungsmöglichkeit bei der Abfassung der<br />

Vereinbarung zukommen muss. Es reicht nicht<br />

aus, wenn ihm nur die Option eingeräumt wird,<br />

die ausformulierte Haftungsbegrenzung anzunehmen<br />

oder abzulehnen. Aus der Dokumentation<br />

des Anwalts sollte sich zu Beweiszwecken<br />

ergeben, dass die Vereinbarung tatsächlich<br />

„ausgehandelt“ worden ist.<br />

Vorformulierte Haftungsbegrenzung, § 51 a<br />

Abs. 1 Nr. 2 BRAO<br />

.<br />

.<br />

.<br />

Für alle Fälle der einfachen Fahrlässigkeit sieht<br />

§ 51 a Abs. 1 Nr. 2 BRAO eine Möglichkeit zur<br />

Haftungsbeschränkung auf den vierfachen<br />

Betrag der Mindestversicherungssumme von<br />

1 Million EUR vor, wenn insoweit Versicherungsschutz<br />

besteht.<br />

Schwierigkeiten kann die Abgrenzung zwischen<br />

leichter, mittlerer und schwerer Fahrlässigkeit<br />

bereiten, was einen Nachteil der vorformulierten<br />

Haftungsbegrenzung darstellen kann.<br />

Wichtig ist, dass der Mandant ausreichend<br />

Kenntnis von der Haftungsbeschränkung erlangt<br />

(vgl. § 305 BGB).<br />

.<br />

Empfehlenswert ist die Anforderung einer<br />

schriftlichen Bestätigung durch den Mandanten<br />

in Bezug auf die in den Anwaltsvertrag<br />

einbezogene Haftungsbeschränkung.<br />

Haftungsbeschränkung<br />

auf den mandatsbearbeitenden Sozius, § 51<br />

Abs. 2 BRAO<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

Innerhalb von Sozietäten kann die persönliche<br />

Haftung auf die Mitglieder beschränkt werden,<br />

die die Bearbeitung des Mandats innehaben.<br />

Hierfür ist die Zustimmung des Mandanten auf<br />

einem gesonderten Blatt erforderlich.<br />

Die Begrenzung der persönlichen Haftung auf<br />

die das Mandat bearbeitenden Sozien ist mit<br />

den Optionen der Haftungsbeschränkung nach<br />

§ 51 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BRAO kombinierbar.<br />

Es ist eine namentliche Benennung der Sozien<br />

erforderlich. Bearbeit jemand das Mandat,<br />

obwohl er nicht in der Vereinbarung benannt<br />

ist, läuft er Gefahr, trotz der Haftungsbegrenzung<br />

zu haften.<br />

Ein Austausch der Sozietätsmitglieder ist nur<br />

nach erneuter Zustimmung des Mandanten<br />

möglich.<br />

Die in der Haftungsbeschränkung aufgeführten<br />

Sozien müssen berufsrechtlich zur Ausübung<br />

des Mandats befugt sein.<br />

Foto: Claudia Hautumm . pixelio.de<br />

RAin Katrin Spelmeyer,<br />

HDI-Gerling, Hannover<br />

Checkliste zur Haftung immer abarbeiten.


Magazin<br />

Autonärrin und Anwältin mit Leidenschaft<br />

Als Frau in einer Männerdomäne – ein Gründerinnenbericht<br />

Inka Pichler hat schon als Schülerin und Studentin nebenbei in Autowerkstätten geschraubt. Heute ist sie Spezialistin für Verkehrsrecht. Foto: privat<br />

Als ich hörte, dass sich diese Ausgabe um das<br />

Thema Mobilität dreht, war ich begeistert. Denn<br />

Mobilität ist mehr als nur von A nach B zu<br />

kommen. Es bedeutet Leidenschaft, Faszination<br />

und Liebhaberei. Egal ob zu Land, auf Schienen,<br />

zu Wasser oder gar in der Luft, es schließen sich<br />

überall die spannendsten Fragen an. Aber beginnen<br />

wir von ganz vorne.<br />

Wie alles begann<br />

Als ich mich zu Beginn meiner Selbstständigkeit<br />

noch mit den Anträgen zur Ich-AG rumgeschlagen<br />

habe, stand für mich bereits eines fest: Ich wollte<br />

soviel wie möglich mit Fahrzeugen zu tun haben.<br />

Der Leidenschaft für PS-Stärken und der dahinter<br />

stehenden Technik frönte ich bereits während der<br />

Schul- und Studienzeit, als ich nebenher in einer<br />

Autowerkstatt gearbeitet hatte. Schon früh erfuhr<br />

ich, was ein wirtschaftlicher Totalschaden ist, als<br />

ich nämlich einen solchen käuflich erworben und<br />

mit Freunden „hergerichtet“ habe. Neben der Faszination<br />

für die Technik kam – fortan in meiner<br />

studien- und referandarsbegleitenden Nebentätigkeit<br />

in einer Anwaltskanzlei - das Interesse fürs<br />

Verkehrs- und Versicherungsrecht hinzu.<br />

Der 1. Tag im eigenen Büro<br />

Vorab: ich hatte das Glück, dass mein Chef und<br />

Ausbilder mir die Möglichkeit gab, in seiner Kanzlei<br />

als Untermieterin und freie Mitarbeiterin tätig zu<br />

sein, so dass ich nicht nur ein Büro hatte, sondern<br />

auch dank ihm und dem Existenzgründerzuschuss<br />

die erste Zeit überstand. Da saß ich also an meinem<br />

ersten Tag an meinem eigenen Schreibtisch und war<br />

voller Tatendrang. Vor dem Fenster konnte ich mein<br />

Auto sehen, welches mit dem Aufdruck „Verkehrs &<br />

Versicherungsrecht“ sowie meiner Website versehen<br />

war. Kanzleiwerbeaufdruck auf dem Auto mögen<br />

nun einige entsetzt fragen? Zwar durchaus Geschmackssache<br />

– aber wirkungsvoll! Gerade in<br />

meinem ersten Jahr als Einzelkämpferin hatte ich<br />

rund 20% meiner Mandate darüber erhalten. Nicht<br />

wirklich verwunderlich, so oft wie man an Ampeln<br />

oder im Stau steht, haben potentielle Mandaten<br />

genug Zeit sich Werbeaufschriften an Autos anzusehen<br />

und einzuprägen. Kleiner Tipp: macht euch<br />

Listen (übers Anwaltssoftware oder Exel) über die<br />

Herkunft der Mandate, es ist unheimlich hilfreich<br />

um sein Werbe-Budget für das Folgejahr zu planen.<br />

Mein größter Fehler beispielsweise war es, Unmengen<br />

Geld in zu große Branchenbuchanzeigen zu<br />

investieren, die mir kaum Mandate einbrachten.<br />

Akquise<br />

Es war für mich natürlich von unschätzbarem Vorteil,<br />

seit Jahren zum einen in einer Kanzlei gejobbt,<br />

zum anderen vorab zu Werkstätten und Sachverständigen<br />

Kontakte geknüpft zu haben. So stand<br />

das Telefon erfreulicherweise nicht allzu oft still.<br />

Obwohl es durchaus Tage gab, an denen man einige<br />

Stunden Däumchen gedreht und das Telefon angestarrt<br />

hat. Aber diese Zeit wurde dann rasch<br />

genutzt, um Akquise zu betreiben. Also aus Kostengründen<br />

ein elektronisches Vorzimmer geschaltet<br />

und auf Akquisetour gegangen.<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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Mein Ziel war es von Anfang an mich zu spezialisieren,<br />

nicht in zu vielen Rechtsgebieten tätig zu<br />

sein. Voller Freude zog ich fortan einmal die Woche<br />

durch die schöne bayrische Landeshauptstadt an der<br />

Isar. Neben den Privatmandanten wollte ich vor<br />

allem Firmen mit PKW und LKW-Fuhrparks akquirieren.<br />

Es gleicht manchmal einem David gegen<br />

Goliath Kampf, da die meisten rundum durch Großkanzleien<br />

betreut werden.<br />

Breites Publikum<br />

Um ein breiteres Publikum auf die eigene Dienstleistung<br />

aufmerksam zu machen, bin ich bei<br />

Verlagen, Seminaranbietern und Dachverbänden<br />

vorstellig geworden, um mit Fachartikeln und Seminaren<br />

eine möglichst große Zielgruppe zu erreichen.<br />

Ich habe Probeartikel zu aktuellen Urteilen geschrieben,<br />

diese eingesandt oder bei direkten Terminen<br />

Ideen vorgestellt. Allerdings muss man<br />

gerade als „Neuling“ aufpassen, dass man sich nicht<br />

unter dem Wert verkauft. Man sollte abwägen, ob<br />

man ohne oder gegen geringes Honorar schreibt<br />

und referiert oder welche Honorare man nimmt.<br />

Durchaus üblich sind bei Artikeln Pauschalen für<br />

eine gewisse Zeichen- oder Seitenanzahl. Schließlich<br />

bie-tet man einen Mehrwert durch interessante<br />

Artikel, welche auf die Leser zugeschnitten sind. Bei<br />

Semi-naren gibt es oftmals Tagessätze. Seminare<br />

haben den entscheidenden Vorteil, dass man den<br />

persön-lichen Kontakt hat, die Teilnehmer Fragen<br />

stellen können sowie Gespräche entstehen, sodass<br />

auch das kostenlose Anbieten von Vorträgen lohnenswert<br />

sein kann. Apropos veröffentlichen: Auch<br />

Businessnetzwerke im Internet sind nicht zu<br />

unterschätzen, wenn man dort regelmäßig Beiträge<br />

schreibt.<br />

Spezialisierung<br />

Mit den Veröffentlichungen kamen wie erhofft die<br />

Firmen. Da mehr und mehr Speditionen und Logis-<br />

34 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Magazin<br />

tikunternehmen zum Mandantenstamm gehörten,<br />

erweiterte sich auch die Beratungsleistung. Neben<br />

der nationalen und internationalen strategischen<br />

Schadenregulierung – was zunächst meine Haupttätigkeit<br />

war – häuften sich transportrechtliche Probleme.<br />

Es kam Bahn- und Flugverkehr hinzu, so dass<br />

ich beschloss, einen Fachanwaltslehrgang für Transport-<br />

und Speditionsrecht zu machen. Hier ist es<br />

Geschmackssache welcher Lerntyp man ist, ob man<br />

einen Präsenz- oder Fernkurs anstrebt.<br />

Dienstleistung = Service<br />

Unsere Anwaltsleistung ist und bleibt eine Dienstleistung,<br />

in der der Mandant mit seinen Belangen<br />

an erster Stelle stehen sollte. Hauptaugenmerk und<br />

Qualitätsmerkmal ist und bleibt, der schnelle persönliche<br />

Draht zu den jeweiligen Ansprechpartnern. Ob<br />

Privat- oder Firmenmandant, es wird geschätzt,<br />

wenn man nicht im Sekretariat abblitzt, sondern<br />

einen Anwalt hat, der persönlich für die Probleme<br />

da ist. Und wenn dieser keine Terminsvertetungen<br />

wünscht, fahre ich auch mal zu Gerichtsterminen<br />

quer durch Deutschland. Das versteht der Mandant<br />

als Serviceleistung und ist auch bereit, dafür zu<br />

zahlen. Gerade in den ersten Jahren hat man für<br />

diesen Luxus noch Zeit.<br />

Erweiterung<br />

Doch als Einzelkämpfer gerät man früher oder<br />

später an seine Grenzen. Bei mir war dieser Punkt<br />

nach gut zwei Jahren erreicht. Ich musste eingestehen,<br />

dass die Firmen auch in anderen Rechtsgebieten<br />

vom Arbeitsrecht über gewerbliches<br />

Mietrecht zum Wettbewerbsrecht Beratung benötigen.<br />

So beschloss ich, mich mit Kollegen im Rahmen<br />

einer Sozietät zusammenzuschließen. Gesagt,<br />

getan. Über die FORUMs-Anwaltsliste bin ich auf<br />

meine jetzigen Kollegen und Partner gestoßen, die<br />

sich ebenfalls vergrößern wollten und mit denen<br />

unsere Rechtsgebiete sich optimal ergänzten. Fortan<br />

haben wir gemeinsame Räumlichkeiten gesucht,<br />

mein Umzug von München nach Wiesbaden wurde<br />

gemeinsam organisiert und über die Bühne gebracht,<br />

und zum 1. August haben wir nunmehr<br />

unser einjähriges Jubiläum.<br />

Mit Freude dabei<br />

Ich bin bis heute glücklich darüber, dass ich mein<br />

Hobby mit meinem Beruf verbinden konnte und<br />

tagtäglich mit Freude bei der Arbeit bin. Während<br />

andere Anwälte im Anzug Geschäftsessen haben,<br />

sehen mich beispielsweise die Mandanten in Jeans<br />

am Nürburg- oder Hockenheimring. Ich bin live beim<br />

Geschehen dabei, kenne sogar viele Fahrer aufgrund<br />

von Seminaren oder LKW-Fahrsicherheitstrainings<br />

persönlich. Gerade als Frau in einer Männerdomäne<br />

hat man manchmal hart zu kämpfen.<br />

Die Transportrechtsbrache ist ein spezieller Zweig,<br />

dessen Eigenheiten man kennen und mögen muss.<br />

Eine Vielzahl der Firmen sind oftmals Anfang bis<br />

Mitte des 20. Jahrhunderts als kleine Unternehmen<br />

mit ein bis zwei Fahrzeugen gegründet worden und<br />

damit traditionelle Familienunternehmen, die gefestigte<br />

Strukturen aufweisen. Dieser Charme in der<br />

Führungsebene hält oftmals bis heute an, so dass<br />

der persönliche Kontakt nicht nur wichtig und sinnvoll<br />

ist, sondern auch unglaublich Spaß macht!<br />

Neben dem ständigen Email-Verkehr steigen wir also<br />

ab und an ins Auto, um den persönlichen Kontakt<br />

zu pflegen, fahren quer durch die Republik zu den<br />

Mandanten, was nicht selten zu spannenden Werksführungen<br />

führt.<br />

Alles in allem kann ich nur sagen:<br />

Liebe Kollegen, seid in Rechtsgebieten tätig, in denen<br />

ihr euch wohl fühlt und die euch Spaß machen! Die<br />

Mandanten schätzen nach meiner bisherigen<br />

Erfahrung Anwälte, die sie selbst sind, die nicht nur<br />

fachlich, sondern auch zwischenmenschlich überzeugen,<br />

indem sie einfach authentisch sind.<br />

RAin Inka Pichler, Wiesbaden


Der erreichbare Anwalt - Wie kleine und mittelständische Kanzleien ihren<br />

Wettbewerbsvorteil ausbauen können<br />

Anzeige<br />

In den letzten Jahren hat sich der Anwaltsmarkt in Deutschland grundlegend verändert. Mobilität und<br />

reibungslose Kommunikation haben deutlich an Bedeutung gewonnen. Oft werden Anwälte und<br />

Rechtsexperten für Beratungen in die Firmen ihrer Kunden geholt und arbeiten dadurch außerhalb<br />

ihrer Büros. Mobilität und Flexibilität sind für Rechtsberater und Anwälte keine Luxusfrage mehr,<br />

sondern ein essentiell gewordenes Geschäftsmodell.<br />

Die Ergebnisse einer von der Neuen Juristischen Wochenschrift im Auftrag des BlackBerry-Herstellers<br />

Research In Motion durchgeführten Studie zeigen, dass der deutsche Anwaltsmarkt reagiert hat und<br />

zunehmend auf flexible, mobile Arbeitsprozesse setzt, um so Erreichbarkeit und Produktivität zu<br />

steigern. 250 Anwälte aller Schwerpunkte, Altersklassen und Kanzleigrößen beteiligten sich zwischen<br />

dem 1. Mai und dem 1. Juni <strong>2009</strong> an der Befragung.<br />

Auszug der Ergebnisse:<br />

• Fast 90 Prozent der Befragten waren sich einig, dass sich mobiles Arbeiten positiv auf die<br />

Zufriedenheit der Klienten auswirkt.<br />

• 87 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass die Möglichkeit, auch außerhalb des<br />

Büros arbeiten zu können, aus geschäftlicher Sicht sehr wichtig oder wichtig ist.<br />

• Sicherheit, Funktionsumfang und Betriebskosten sind in den Augen deutscher Anwälte die<br />

wichtigsten Kriterien einer Kommunikationslösung für ihre Kanzlei.<br />

Flexible mobile Kommunikationslösungen bieten Anwälten einen echten Mehrwert und steigern ihre<br />

Produktivität außerhalb des Büros deutlich. Mit der richtigen Lösung werden Anwälte unabhängig vom<br />

Schreibtisch in der Kanzlei, verbessern ihre Wettbewerbsposition und amortisieren die Investitionen in<br />

kurzer Zeit durch exzellenten Return on Investment.<br />

Die Ergebnisse der Studie hat Research In Motion in einem Whitepaper zusammengefasst, das Sie<br />

unter http://tinyurl.com/WhitepaperBB kostenlos herunterladen können.


FORUM<br />

<strong>Junge</strong><br />

<strong>Anwaltschaft</strong><br />

im DAV<br />

Das FORUM ist:<br />

Die Stimme der jungen Anwälte.<br />

Eine der größten Arbeitsgemeinschaften<br />

innerhalb des Deutschen Anwaltvereins<br />

(DAV).<br />

Das <strong>Forum</strong> bietet:<br />

Fortbildungen. Netzwerke.<br />

Lobby. Starthilfe.<br />

Antworten und Hilfe<br />

für den Berufsstart und die ersten<br />

Berufsjahre.<br />

Kostenlos:<br />

Anwaltsmagazin <strong>AdVoice</strong><br />

Mit Schwerpunktthemen,<br />

Erfahrungsberichten,<br />

unterhaltsames und wissenswertes aus der<br />

<strong>Anwaltschaft</strong>, Mitgliederinformationen<br />

und natürlich viel Service: Checklisten,<br />

Fachanwaltssteckbriefe, Steuerinfos, Tipps<br />

zur Haftungsvermeidung u.v.m.<br />

Teilnahme an der Mailingliste<br />

Fachliche Unterstützung durch Kollegen,<br />

Antworten auf fast jede Frage des<br />

Anwaltsalltags, Terminvertretungen,<br />

Fällen von Kollegen<br />

günstige Konditionen für die<br />

Berufshaftpflichtversicherung<br />

Mit HDI-Gerling besteht ein Abkommen<br />

exklusiv für FORUMsmitglieder mit hohem<br />

Sparpotenzial<br />

Fortbildung:<br />

eigene Seminare und günstigere<br />

Konditionen bei anderen Anbietern<br />

z.B. Mitglieder-Rabatt teilweise bis zu 50%<br />

bei der Deutschen AnwaltsAkademie<br />

Netzwerk und Erfahrungsaustausch<br />

national<br />

Regelmäßige Stammtische in den allen<br />

LG-Bezirken. Kontakte zu örtlichen und<br />

überörtlichen jungen Kolleginnen und<br />

Kollegen. Regionalbeauftragte als<br />

Ansprechpartner, die Euch gern vor<br />

Ort weiter helfen.<br />

Netzwerk international<br />

Länderbeauftragte als Ansprechpartner bei<br />

grenzüberschreitenden Rechtsproblemen.<br />

Kontakte zu internationalen<br />

Organisationen junger Anwälte und<br />

Mitgliedschaft in der European Young<br />

Lawyers Bar Association.<br />

Eine Mitgliedschaft zahlt sich aus:<br />

Vorteile für alle Anwälte, Assessoren<br />

und Referendare bis 40 Jahre<br />

(Diese Vorteile bietet nur das FORUM<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong>)<br />

Vertretung der Interessen<br />

der jungen <strong>Anwaltschaft</strong> in der<br />

Berufspolitik und der anwaltlichen<br />

Selbstverwaltung<br />

Vergünstigte Teilnahme<br />

beim Anwaltstag z.B. <strong>2009</strong>: 49,00 € statt<br />

89,00 € für DAV-Mitglieder<br />

VORTEILE<br />

für alle die (noch) nicht im DAV sind<br />

Kostenlos: 11x jährlich das Anwaltsblatt<br />

günstige Konditionen des DAV<br />

(http://anwaltverein.de/leistungen/rabatte)<br />

· Auto & Verkehr: z.B. Sonderboni beim<br />

Autokauf, vergünstigte Mietewagen<br />

· Hotels: Mitgliederrabatte des<br />

DAV in vielen Hotels<br />

· Fortbildung/Webdienste: z.B. juris DAV<br />

· Kommunikation: Rahmenabkommen<br />

für Mobilfunk-Rabatte<br />

· Versicherungen: z.B. bei der<br />

Krankenversicherung und<br />

Altersversorgung<br />

Rahmenabkommen für kostenlose<br />

Kreditkarten<br />

NJW-Abo-Ermäßigung um 22 € jährlich<br />

(Referendare erhalten vom Verlag weitere<br />

Ermäßigungen)<br />

VORAUSSETZUNGEN<br />

für eine Mitgliedschaft:<br />

Anwältin/Anwalt unter 40 Jahren,<br />

Referendare und Assessoren<br />

Jährlicher Mitgliedsbeitrag 50,00 €<br />

Ermäßigungen auf 25,00 €:<br />

1. bei Eintritt ab Juli eines Jahres<br />

2. für Mitglieder eines dem DAV<br />

angeschlossenen Anwaltvereins<br />

Beitritt online: www.davforum.de/anmeldung


Euer FORUM<br />

Fälle von der FORUMs-Mailingliste<br />

Die FORUMs-Mailingliste ist eines der hilfreichsten<br />

Instrumente des Anwaltsalltags.<br />

Alle erdenklichen Anwaltsthemen werden hier<br />

diskutiert, vom richtigen Einstieg in eine Fallbearbeitung<br />

über Fundstellen bis hin zur Organisation<br />

der Kanzlei gibt es fast immer eine<br />

konkrete Antwort. Wir stellen in loser Folge<br />

Fragen und Antworten vor, die auf der Liste<br />

gestellt wurden:<br />

Die Frage<br />

Wie würdet Ihr das Kostenrisiko bei einer unbezifferten<br />

Schmerzensgeldklage unter PKH-Bewilligung<br />

einschätzen?<br />

Wenn das zugesprochene SchmG den in der<br />

Begründung dargelegten, für angemessen erachteten<br />

Betrag unterschreitet, werden dann die Kosten<br />

gequotelt und der Mandant muss die Kosten der<br />

Gegenseite tragen oder ist man tatsächlich vollumfänglich<br />

vor den Kosten des Gegners geschützt,<br />

Hauptsache man unterliegt nicht vollumfänglich?<br />

Das kann ich gar nicht glauben ...<br />

Eine Antwort<br />

Die maßgebliche Norm ist § 92 II Nr. 2 ZPO. Im<br />

Musielak, ZPO, § 92 Rz.7 heißt es dazu: "... ist die<br />

Unterschreitung [des vorgeschlagenen Betrages]<br />

nicht mehr unwesentlich, scheidet eine Kostenbelastung<br />

allein des Beklagten aus. Es ist dann § 92<br />

Abs. 1 anzuwenden. Die entscheidende Grenze wird<br />

zuweilen mit 20 bis 33 % angegeben (Röhl ZZP 85,<br />

52, 75 f.; OLG Köln VersR 1995, 358 f.). Feste<br />

Prozentsätze erscheinen im Hinblick auf die Gebührendegression<br />

nicht sachgerecht. Es sollte deshalb §<br />

92 Abs. 2 angewendet werden, wenn die Zuvielforderung<br />

des Klägers auf einem verständlichen<br />

Schätzfehler beruht (Gerstenberg, NJW 1988, 1352,<br />

1357).<br />

Davon abgesehen muss § 92 Abs. 2 jedenfalls<br />

ausscheiden, wenn die Überschreitung 100 % beträgt<br />

(OLG Köln ZfS 1994, 362 f.)."<br />

Ich denke, wenn eine realistische Größenordnung<br />

genannt wird, die ggf. auf die einschlägigen Tabellenwerke<br />

gestützt wird, kann wohl kaum etwas<br />

schief gehen.<br />

Termine<br />

22. September <strong>2009</strong><br />

FORUM + 3<br />

50667 Köln, Kolping Hotel,<br />

Am Römerturm, St. Apern-Str. 32<br />

http://www.davforum.de/forumplusdrei0/<br />

Seminar ist ausgebucht<br />

24./25. September <strong>2009</strong><br />

2. Europäisches Anwaltsforum<br />

Weitere Informationen sind über die Geschäftsstelle<br />

des Kölner Anwaltvereins oder unter:<br />

www.koelner.anwaltverein.de erhältlich.<br />

30./31. Oktober <strong>2009</strong><br />

Existenzgründerveranstaltung –<br />

Seminar für Berufseinsteiger<br />

Timmendorfer Strand<br />

http://www.davforum.de/908/<br />

7. November <strong>2009</strong><br />

Karrieretag für Referendare und<br />

junge Anwälte.<br />

Hamburg,<br />

Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes<br />

9:00 bis 17:00 Uhr<br />

ZUM VORMERKEN:<br />

4./5. Juni 2010<br />

Geburtstagsfeier<br />

15 Jahre FORUM<br />

Berlin<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

37


Ehe und Familie<br />

Studienreise Griechenland<br />

„Ehe und Familie im Wandel der Zeit“ – so lautete<br />

das Thema einer gemeinsamen Studienreise der<br />

ARGE Familienrecht Ende Mai dieses Jahres nach<br />

Griechenland. Als Referentin konnten dafür Frau<br />

Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, Richterin am<br />

BVerfG gewonnen werden. Sie berichtete über Ehe<br />

und Familie aus Sicht unserer Verfassung. Des<br />

Weiteren referierte Herr Eckart Hohmann, Präsident<br />

des Statistischen Landesamtes Wiesbaden<br />

und stellv. Vorsitzender des Rates für Sozial- und<br />

Wirtschaftsdaten über die Ehe und Familie in<br />

Zahlen. Frau Dr. Elisabeth Unger, Rechtsanwältin<br />

aus Hamburg, gab einen geschichtlichen Überblick<br />

über das Thema Ehe und Familie. Aus europäischer<br />

Sicht referiert Dr. Jens M. Scherpe, von der University<br />

of Cambridge über Ehe und Familie in Europa.<br />

Insgesamt haben an der Studienreise 60 Anwältinnen<br />

und Anwälte aus ganz Deutschland teilgenommen,<br />

teilweise auch in Begleitung.<br />

Obwohl die Gruppe damit recht groß war, ließ sich<br />

schnell zu jedem „Griechen“ ein Draht finden.<br />

Gerade die jüngeren Kolleginnen und Kollegen,<br />

noch leider in Unterzahl, hatten somit Gelegenheit<br />

interessante Kontakte zu den alten Hasen zu<br />

knüpfen. Neben den wirklich interessanten Vorträgen<br />

der Referenten blieb genug Zeit zum Entspannen<br />

und Seele – baumeln – lassen. Da wir das<br />

direkt am Meer gelegene Hotel fast für uns allein<br />

hatten, wurde unserer Gruppe jeder Wunsch von<br />

den Lippen abgelesen.<br />

Die Studienreise nach Griechenland war somit mal<br />

wieder eine perfekte Mischung aus erstklassiger<br />

Fortbildung und Erholung. Es lohnt sich daher auch<br />

für jüngere Kolleginnen und Kollegen mit zu fahren,<br />

da die Kosten wirklich überschaubar sind und<br />

man auch zu der Fortbildung einen schönen Urlaub<br />

dazu bekommt.<br />

RAin Carmen Grebe, Köln<br />

Euer FORUM<br />

FORUM in Kiel<br />

Stand gut besucht<br />

Fortbildung und Erholung - Studienreise nach Griechenland. Präsent am FORUMs-Stand: Kollege Triltsch aus Kiel.<br />

38 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Am <strong>03</strong>.06.<strong>2009</strong> fand im Kieler Schloss der 1.<br />

Schleswig-Holsteinische Anwalts- und Notarkammertag<br />

mit geschätzten 130 Teilnehmern statt.<br />

Hier war das FORUM mit einem eigenen Stand<br />

vertreten, welcher viel Beachtung fand. Dies zeigte<br />

sich zunächst daran, dass der Stand in den<br />

Tagungspausen gut besucht war.<br />

Außerdem schrieb die Schleswig-Holsteinische<br />

Rechtsanwaltskammer in ihrem Rundschreiben<br />

„Kammer Online 4/<strong>2009</strong>“ u. a.: „Besonders hervorzuheben<br />

sind Präsenz und Engagement unserer<br />

jungen Kolleginnen und Kollegen, die für das<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Junge</strong>r Anwälte im DAV warben“. Der 1.<br />

Schleswig-Holsteinische Anwalts- und Notarkammertag<br />

begann mit einer Rede des Präsidenten der<br />

Bundesrechtsanwaltskammer, Herrn Rechtsanwalt<br />

Axel C. Filges, zum Thema „Rechtspolitik in Berlin -<br />

Wir Anwälte haben etwas zu sagen!“<br />

Anschließend fand die Mitgliederversammlung des<br />

Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerkes für<br />

Rechtsanwälte statt. Der Versuch des FORUM, ein<br />

Mitglied in den Verwaltungsausschuss des Versorgungswerkes<br />

wählen zu lassen, war leider nicht<br />

erfolgreich. Unser Kandidat Ulf Schönenberg-Wessel<br />

bekam aber immerhin respektable 29 Stimmen.<br />

Der Gegenkandidat und Amtsinhaber brachte es<br />

auf 85 Stimmen. Die Kandidatur des Kollegen<br />

Schönenberg-Wessel fand ebenfalls Eingang in das<br />

Rundschreiben „Kammer Online 4/<strong>2009</strong>“.<br />

Darauf folgten Vorträge zum Thema „Virtuelle<br />

Berufsausübung - vom Nutzen der elektronischen<br />

Signatur“ sowie zum Thema „RVG richtig angewandt<br />

- die schlüssige Gebührenklage“, „Wenn ich<br />

groß bin, möchte ich Notar werden“, Die Neuregelung<br />

des Zugangs zum Anwaltsnotariat sowie<br />

zum Thema „Wenn der Wind aus Brüssel weht“.<br />

RA Dr. Christoph Triltsch, Kiel<br />

Regionalbeauftragte<br />

gesucht!<br />

Regionalbeauftragte gesucht! An alle FORUMskolleginnen<br />

und -kollegen in den LG-Bezirken<br />

Amberg, Bückeburg, Cottbus, Kleve, Landau,<br />

Memmingen, Rottweil und Stendal! In diesen<br />

Bezirken ist die interessante Position des Regionalbeauftragten<br />

nicht oder nur kommissarisch<br />

besetzt. Welche engagierten FORUMs-Mitglieder<br />

möchsten diese Lücken schließen? Der Regionalbeauftragte<br />

ist der Ansprechpartner des<br />

FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> vor Ort und organisiert<br />

in erster Linie den monatlichen Stammtisch<br />

zur Vernetzung der Mitglieder im eigenen<br />

Landgerichtsbezirk. Als RB bist du auch die<br />

Schnittstelle zwischen dem geschäftsführenden<br />

Ausschuss und den Mitgliedern, vor Ort und<br />

stehst in Kontakt mit den anderen RBs im Bundesgebiet.<br />

Das FORUM lebt von der Vernetzung<br />

aller Mitglieder, und der Regionalbeauftragte ist<br />

ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht<br />

Spaß und bringt jede Menge Kontakte mit sich.<br />

Regionalstammtische<br />

Für fast alle in fast allen LG-Bezirken findet<br />

Ihr die Orte und Termine im Internet<br />

www.daforum.de/322, u. a.<br />

Berlin: an jedem 3. Montag des Monats um<br />

19.30 Uhr in der Gaststätte „Cum Laude“ (im<br />

Salon) in der Universitätsstraße<br />

Hamburg: an jedem 1. Montag eines Monats<br />

um 19.30 Uhr im Parlament (www.parlamenthamburg.de)<br />

Rathausmarkt 1<br />

Frankfurt am Main: an jedem 1. Mittwoch des<br />

Monats, 20.00 Uhr in wechselnden Lokalen.<br />

mail an frankfurt@davforum.de<br />

Dortmund: an jedem 1. Donnerstag im Monat<br />

ab 19.30 Uhr im Café Endlos in der Kaiserstraße/Ecke<br />

Goebenstraße<br />

Düsseldorf: an jedem 2. Mittwoch des Monats<br />

um 20.00 Uhr in der Gaststätte Schwan am Burgplatz<br />

in der Mühlenstr. 2<br />

Köln: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab<br />

19.30 Uhr in Hellers Brauhaus, Roonstraße 33<br />

München: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab<br />

19.30 Uhr in der Gaststätte „Marktwirt“ in der<br />

Heiliggeiststraße 2 in München (Viktualienmarkt)<br />

Schreibt uns ...<br />

… Euer Lob, Eure Kritik und Eure Anregungen. Die<br />

<strong>AdVoice</strong> lebt von Euch! Infos und Themen, die<br />

Euch wichtig sind und natürlich Eure Beiträge<br />

schickt Ihr an: redaktion@davforum.de


Euer FORUM<br />

Regional- und Länderbeauftragte<br />

stellen sich vor<br />

RAin Christine Zech<br />

für den LG Bezirk<br />

Dresden<br />

RA Thomas Klimes<br />

Slowakei als<br />

attraktiver<br />

Wirtschaftsstandort<br />

Burg in der Altstadt von<br />

Bratislava.<br />

RA Servet Pinarak<br />

Türkei – mehr als<br />

ein Reiseziel<br />

Istanbul am Bosporus<br />

Als neue Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk<br />

Dresden übernehme ich das Amt von RA Stefan Paul,<br />

der mir aufgrund des Erreichens der magischen<br />

Altersgrenze seine Nachfolge angetragen hat. Ich<br />

bin 30 Jahre jung und habe in Dresden und Wellington<br />

(NZ) studiert. Nachdem ich zunächst im<br />

Insolvenzbereich tätig war, habe ich nunmehr<br />

meinen Schwerpunkt auf das gewerbliche Mietrecht<br />

verlagert. Hier berate und betreue ich als selbstständige<br />

Rechtsanwältin der Sozietät CSC Rechtsanwälte<br />

in Dresden vorrangig Filialisten im gesamten<br />

Bundesgebiet.<br />

Was verbindet dich mit dem Land?<br />

Insbesondere meine Kindheit, Familie, Freunde und<br />

die Wahlstation meines Referendariats bei der<br />

Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer<br />

in Bratislava.<br />

Was sollte ein deutscher Anwalt über die Slowakei<br />

wissen?<br />

Die Slowakei ist, nicht zuletzt aufgrund der EU-<br />

Mitgliedschaft, der Einheitssteuer („Flat Tax“) von<br />

19 Prozent sowie der Mitgliedschaft in der Eurozone,<br />

ein attraktiver Wirtschaftsstandort für deutsche<br />

Unternehmen. Ein Bindeglied zwischen den<br />

beiden Ländern sind die etwa 5.000 Karpatendeutschen<br />

in der Slowakei sowie rund 30.000<br />

slowakische Emigranten in Deutschland. In der<br />

Slowakei muss mit einer langen Verfahrensdauer<br />

Was verbindet Dich mit dem Land?<br />

Meine Kindheit habe ich in Istanbul verbracht und<br />

bis zu meinem zwölften Lebensjahr dort die Schule<br />

besucht. Einen Teil meines Referendariats verbrachte<br />

ich in einer der ältesten und größten Kanzleien<br />

in Istanbul.<br />

Was sollte ein deutscher Anwalt über die Türkei<br />

wissen?<br />

Das Rechtssystem in der Türkei ist mit dem<br />

europäischen Rechtssystem enger verbunden als<br />

manch einer denkt. Nach der Gründung der Republik<br />

Türkei wurden das Zivilrecht aus der<br />

Schweiz, das Strafrecht aus Italien und das Handelsgesetzbuch<br />

aus Deutschland mit wenigen<br />

Änderungen fast vollständig übernommen. Obwohl<br />

die Türkei kein Mitglied der EU ist, so werden viele<br />

Gesetze und Richtlinien der EU auch in der Türkei<br />

Seit zwei Jahren bin ich Mitglied des FORUM und<br />

des hiesigen Stammtisches. In wechselnden Lokalitäten<br />

unserer schönen Landeshauptstadt findet hier<br />

regelmäßig der Erfahrungsaustausch unter Kollegen<br />

statt. Mein Ziel ist es, neue Mitglieder zu gewinnen<br />

und den Stammtisch und das gemeinsame Netzwerk<br />

kontinuierlich auszubauen. Dabei sollen insbesondere<br />

die Referendare als unsere künftigen Kollegen/innen<br />

stärker eingebunden werden. Darüber hinaus<br />

sind weitere gemeinsame Veranstaltungen geplant.<br />

c.zech@email.de<br />

gerechnet werden; ein Zivilprozess dauert im<br />

Durchschnitt vier Jahre. Mit der Zwangsvollstreckung<br />

(„Exekution“) kann sowohl das jeweilige<br />

Kreisgericht oder aber der Gerichtsvollzieher<br />

beauftragt werden. Letzterer ist zwar teurer, in der<br />

Regel aber auch erfolgreicher. Es herrscht mit Ausnahme<br />

des Strafrechts und der Revision in Zivilsachen<br />

- kein Anwaltszwang.<br />

Wie kannst Du bei einem internationalen<br />

Rechtsproblem helfen?<br />

Ich würde ein Rechtsproblem zunächst selbst zu<br />

lösen versuchen, andernfalls könnte ich auf mein<br />

Netzwerk von slowakischen Rechtsanwälten zurückgreifen<br />

und einen Spezialisten empfehlen.<br />

klimes@web.de<br />

– nicht zuletzt getrieben durch die Aufnahmebemühungen<br />

– umgesetzt und an die europäischen<br />

angepasst. Schätzungen zufolge haben sich<br />

zirka 70.000 Deutsche in der Türkei niedergelassen.<br />

Die wirtschaftlichen Verflechtungen wachsen<br />

stetig. Die Zahl deutscher Unternehmen bzw.<br />

türkischer Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung<br />

in der Türkei ist inzwischen auf über<br />

3.600 gestiegen.<br />

Wie kannst Du bei einem internationalen<br />

Rechtsproblem helfen?<br />

Durch meinen Aufenthalt in der Türkei und die sehr<br />

engen Beziehungen zu ortsansässigen Rechtsanwälten<br />

kann ich als Bindeglied zwischen den<br />

beiden Ländern die richtigen Impulse setzen.<br />

www.hukuk24.com<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

39


Leserbriefe<br />

Zweifel an der RA-UG<br />

In der Advoice - Ausgabe 2/<strong>2009</strong> hat Kollege RA<br />

Christian Weiß die Vorteile der neuen Unternehmergesellschaft<br />

(UG haftungsbeschränkt) auch für<br />

Rechtsanwälte dargestellt.<br />

Es mag zwar zutreffen, dass Existenzgründer und<br />

Kleinunternehmen seit dem 1.11.2008 die Unternehmergesellschaft<br />

(UG) mit vielen Erleichterungen<br />

gründen können. Es bestehen jedoch große Zweifel,<br />

ob die UG für Rechtsanwälte die richtige Rechtsform<br />

ist. Die UG ist nicht neu, sondern lediglich eine<br />

Sonderform der GmbH.<br />

Nach den Vorschriften der §§ 59 c ff. BRAO können<br />

GmbHs, deren Unternehmensgegenstand die Beratung<br />

und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist,<br />

als Rechtsanwaltsgesellschaften (RAG) zugelassen<br />

werden. Dieser Antrag auf Zulassung einer RAG ist<br />

bei der jeweiligen RK zu stellen. Je nach Kammergerichtsbezirk<br />

müssen allerdings für die Zulassung<br />

einer RAG zirka 1.000 € Gebühren an die RK<br />

abgeführt werden. Darüber hinaus können Gesellschafter<br />

einer RAG nur Anwälte und sozietätsfähige<br />

Berufe sein. Die Mehrheit der Geschäftsanteile und<br />

der Stimmrechte muss auch Anwälten zustehen.<br />

Damit bestehen bereits größere Schwierigkeiten bei<br />

der Beteiligung von Anwälten, Steuerberatern und<br />

Wirtschaftsprüfern in einer GmbH. Auch die<br />

Geschäftsführer einer RAG müssen mehrheitlich<br />

Anwälte sein.<br />

Ein wesentlicher Nachteil der Rechtsanwalts-GmbH<br />

und der Rechtsanwalts-AG im Vergleich zu BGB-<br />

Gesellschaften oder Partnerschaftgesellschaften<br />

40 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Euer FORUM<br />

nach dem Partnerschaftsgesetz ist, dass die RAG an<br />

ihrem Sitz eine Kanzlei zu unterhalten hat, in der<br />

verantwortungsvoll zumindest ein geschäftsführender<br />

Anwalt tätig ist. Auch an den Zweigniederlassungen<br />

ist zumindest ein geschäftsführender<br />

Anwalt zu beschäftigen.<br />

Im Vergleich zu Einzelkanzleien, zur Partnerschaftsgesellschaft<br />

und den BGB-Gesellschaften sind dies<br />

deutliche Nachteile.<br />

Seit dem 1.7.2007 können Anwälte, BGB-Gesellschaften<br />

und Partnerschaftsgesellschaften Zweigniederlassungen<br />

oder auswärtige Sprechtage<br />

einrichten. Wenngleich auch bei der Einrichtung von<br />

Zweigniederlassungen bestimmte Voraussetzungen<br />

gelten, so ist jedoch berufsrechtlich nicht zwangsläufig<br />

an der Zweigniederlassung auch ein Anwalt<br />

zu beschäftigen.<br />

Damit ist die Rechtsanwalts-GmbH an die Verpflichtung<br />

gebunden, an Zweigniederlassungen und dem<br />

Sitz jeweils Anwälte zu beschäftigen.<br />

Für die RAGs besteht die nach § 59 j BRAO bestehende<br />

Verpflichtung, eine Berufshaftpflichtversicherung<br />

abzuschließen und während der Dauer<br />

der Zulassung auch aufrecht zu erhalten. Die<br />

Mindestversicherungssumme bei RAGs beträgt<br />

2.500.000 EUR für jeden Versicherungsfall. Darüber<br />

hinaus ist vorgeschrieben, dass sich die Jahreshöchstleistung<br />

mindestens auf den 4-fachen Betrag<br />

der Mindestversicherungssumme belaufen muss.<br />

Bereits bei den Prämien der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung<br />

mit einer Mindestversicherungssumme<br />

von 2.500.000 EUR entstehen bei<br />

Existenzgründern, die eine Rechtsanwalts-UG wählen,<br />

hohe Anfangskosten. Darüber hinaus darf nicht<br />

vergessen werden, dass die Gesellschafter und die<br />

Geschäftsführer neben der Gesellschaft persönlich<br />

in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes haften,<br />

wenn die Berufshaftpflichtversicherung nicht<br />

oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten<br />

wird. Der unzureichende Versicherungsschutz<br />

bei einer Rechtsanwalts-UG hat damit existenzbedrohende<br />

Haftungsfolgen.<br />

Neben den berufsrechtlichen Formalien ist bei einer<br />

Rechtsanwalts-UG auch zu berücksichtigen, dass<br />

man aufgrund der Rechtsform Pflichtmitglied in der<br />

Industrie- und Handelskammer ist und damit auch<br />

Beiträge abzuführen hat.<br />

Die Rechtsanwalts-UG ist grundsätzlich zur Erstellung<br />

einer Bilanz verpflichtet. Bei Einzelkanzleien,<br />

BGB-Gesellschaften oder Partnerschaftsgesellschaften<br />

reicht in der Regel eine Einnahme-/<br />

Überschussrechnung aus. Obwohl die Bilanzierung<br />

gewisse Vorteile bietet, ist damit auch ein gewisser<br />

organisatorischer und finanzieller Aufwand verbunden.<br />

Auf die besonderen Publizitätspflichten im Handelsregister<br />

wird ebenfalls hingewiesen. Damit<br />

unterliegen Rechtsanwälte bei der Wahl der UG als<br />

Unternehmensträgerin, unabhängig von der Größe<br />

des Unternehmens, den kaufmännischen Regeln<br />

(UG = Kaufmann kraft Rechtsform) sowie den für<br />

Kapitalgesellschaften bestehenden Offenlegungspflichten.<br />

Es dürfte sich als großer Nachteil erweisen,<br />

wenn die veröffentlichungspflichtigen Tatbestände<br />

wie z. B. Umsätze, über einen Blick ins Handelsregister<br />

von den Kollegen leicht eingesehen werden<br />

können.


Wählt man die UG als Rechtsform, unterwirft man<br />

sich automatisch der Besteuerung mit Gewerbesteuer.<br />

Gerade Anwälte üben einen freien Beruf aus<br />

und unterliegen grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer,<br />

wenn sie als Einzelanwalt, in der BGB-Gesellschaft<br />

oder der Partnerschaftsgesellschaft tätig<br />

sind.<br />

Ob unter diesen Gesichtspunkten für den jeweiligen<br />

Kollegen die UG als Rechtsform noch sinnvoll und<br />

wirtschaftlich erscheint, sollte jeder Kollege vor<br />

Gründung einer UG abwägen.<br />

RAin Noreen Loepke, Plauen<br />

Professionell „rüberkommen“<br />

Diskussion zur Anwaltswerbung via Vorträgen<br />

im Web<br />

Im Advoice 2/09-Artikel zu Vortrag.tv wurde das<br />

Thema Vorträge im Web heiß diskutiert, ein wichtiges<br />

Thema war die Qualität des Auftritts, da<br />

schlecht gemachte Filme dem Vortragenden schaden<br />

könnten.<br />

Hierzu unser Tipp: Professionell „rüberzukommen“<br />

ist kein Problem, z. B. mit einer Applikation, die<br />

Apples iPhone zum kinderleicht bedienbaren Teleprompter<br />

macht.<br />

Damit Sie sich ein eigenes Bild machen können, stellen<br />

wir den ersten 50 Advoice-Lesern das komplette<br />

Equipment leihweise zur Verfügung.<br />

Dafür und für die Nutzung von Vortrag.tv entstehen<br />

selbstverständlich weder Kosten noch andere<br />

Verpflichtungen.<br />

Henning Grimm, www.vortrag.tv<br />

Ganz ehrlich: die <strong>AdVoice</strong> wurde immer besser und<br />

die Ausgabe, die ich heute morgen durchgesehen<br />

habe ist bis jetzt die beste. Toll gemacht. Danke.<br />

Genau so weiter!<br />

RA Holger Praetorius, Heidelberg<br />

Also zunächst mal Gratulation zu der aktuellen<br />

Advoice - super interessante Themen! Das aktuelle<br />

Heft habe ich wirklich "verschlungen", da für einen<br />

jungen Anwalt wichtige Informationen "leicht<br />

verdaulich" dargeboten werden. Ich freue mich<br />

bereits jetzt auf die nächste Ausgabe und bin sehr<br />

gerne bereit, dieses Medium weiter auch tatkräftig<br />

mit zu unterstützen.<br />

RA Christian Weiß, Bonn<br />

Euer FORUM<br />

Nachdem bekanntlich Schelte wesentlich schneller<br />

ausgesprochen wird als Lob, habe ich mich entschlossen,<br />

jetzt mal bewusst hervorzuheben, wie<br />

sehr mir Eure Arbeit gefällt. Noch vor nicht allzu<br />

langer Zeit war die <strong>AdVoice</strong> eher unscheinbar, unstrukturiert<br />

und damit wenig attraktiv. Doch seit<br />

einigen Ausgaben hat sie eine völlig neue Gesamterscheinung,<br />

die mir höchsten Respekt abverlangt:<br />

Die Hefte sind mit Schwerpunktthemen versehen,<br />

die gut recherchiert und ausgewogen dargestellt<br />

werden. Hierdurch lohnt es sich nicht nur, das<br />

aktuelle Heft an Interessierte weiterzugeben, sondern<br />

überdies auch frühere Ausgaben aufzuheben<br />

und weiterzureichen, oft versehen mit dem Hinweis:<br />

„Das ist ein Heft speziell zum Thema XYZ (z. B.<br />

Geld, Kanzleimanagement, Internationales o. ä.), da<br />

solltest du mal reingucken. Dann weißt du auch,<br />

was das FORUM als Organisation für seine Mitglieder<br />

so alles auf die Beine stellt.“<br />

Kurz und gut: die <strong>AdVoice</strong> ist zwischenzeitlich ein<br />

Aushängeschild für das FORUM und sicherlich ein<br />

guter Weg, junge Kollegen auf diese Organisation<br />

aufmerksam zu machen sowie ihren (auch älteren)<br />

Lesern einen Mehrwert zu bieten. In diesem Sinne:<br />

macht weiter so! Es gibt immer noch genügend<br />

Themen, die für Eure Leser interessant genug sind,<br />

um in attraktiver Form zu Papier gebracht zu<br />

werden.<br />

RAin Carolin Ott, Landshut<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

41


Euer FORUM<br />

FORUM meets ARGE Sportrecht<br />

Begeisterung auf der Leichtathletik-WM im Berliner Olympiastadion<br />

Seite an Seite – Betty Heidler und Silke Waterschek<br />

42 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Bekanntlich ist das FORUM immer daran interessiert,<br />

Kontakte zu den anderen Arbeitsgemeinschaften<br />

im DAV zu intensivieren und für<br />

unsere Mitglieder weiter auszubauen. So auch<br />

zum zehnjährigen Jubiläum der ARGE Sportrecht<br />

am 21./ 22. August in Berlin.<br />

Geboten wurde dort hochkarätige Fortbildung, etwa<br />

zum Thema „50+1 Regelung: Bundesliga ohne<br />

Investoren?“ und eine Podiumsdiskussion zu Ausländerklauseln<br />

und Investorenhemmnissen und der<br />

Frage: „Verbandsautonomie trotz Europa?“. Aber<br />

auch der gesellige Teil der Veranstaltung hatte es in<br />

sich.<br />

Cornelia Blankenfeld, im FORUM zuständig für die<br />

ARGE Sportrecht, verteilte zunächst kleine Geschenke<br />

an die Referenten, die auf dem diesjährigen DAT<br />

gemeinsam mit dem FORUM die Veranstaltung<br />

„Sportrecht – ein Tätigkeitsfeld für junge Rechtsanwältinnen<br />

und Rechtsanwälte“ auf die Beine<br />

gestellt hatten. Dann ging es los. Der Besuch der<br />

Leichtathletik – WM im Olympia-Stadion in Berlin<br />

stand an.<br />

Wer gedacht hat, es könne Langeweile aufkommen,<br />

wenn man bei bei gefühlten 27 Grad besonders<br />

sportlichen Mitbürgern beim „Schnell-im-Kreisrennen“,„Über-die-Stange-springen“<br />

und „Hammerdurch-die-Gegend-werfen“<br />

zugucken soll, der hatte<br />

sich mächtig geirrt. 60.000 begeisterte Zuschauer<br />

haben die Mädels der deutschen 4x100 Meter Staffel<br />

regelrecht über die Ziellinie und zu Bronze geschrieen,<br />

Usain Bolt bei der gleichen Staffel der Männer<br />

zugejubelt und haben sich vor Freude in den Armen<br />

gelegen, als Betty Heidler es schaffte, Silber im Hammerwerfen<br />

der Frauen zu gewinnen.<br />

Im Anschluss der Wettkämpfe reihten wir uns in die<br />

Schlange der Autogrammjäger ein, mittlerweile um<br />

ein weiteres ehemaliges FORUMs-Mitglied verstärkt,<br />

das uns versprach, für ein Autogramm des Goldmedaillengewinners<br />

im Stabhochsprung, Steven<br />

Hooker aus Australien, zu sorgen. Todesmutig rief<br />

der Kollege, der dem englischen nicht unbedingt<br />

vollumfänglich mächtig ist, dem dann tatsächlich<br />

aufgetauchten Hooker hinterher: „My girl want to<br />

left me !!!“, um diesen zum Stehen bleiben zu bewegen.<br />

Das tat Hooker zwar nicht, er drehte sich<br />

aber augenblicklich nach uns um und hat sich dabei<br />

vor Lachen fast verschluckt.<br />

Auch Usain Bolt lief an uns vorbei, allerdings ohne<br />

auf unseren Autogrammwunsch einzugehen. Den<br />

erfüllte uns dann die bis über beide Ohren vor Glück<br />

strahlende Betty Heidler, der wir außer dem begehrten<br />

Autogramm auch ein offizielles Foto für die<br />

<strong>AdVoice</strong> abringen konnten genauso, wie ein Mitglied<br />

des drittplazierten Teams aus Großbritannien der<br />

4x100 m Staffel der Männer.<br />

Fazit: Dank Connys engagiertem Einsatz als Ansprechpartnerin<br />

des FORUMs für die ARGE Sportrecht<br />

ist es uns gelungen, zu den Sportrechtlern ein<br />

herzliches und von gegenseitigem Respekt und Verständnis<br />

geprägtes Verhältnis zu entwickeln, das<br />

unseren Mitgliedern zugute kommt. Gemeinsame<br />

Veranstaltungen, von denen junge Kolleginnen und<br />

Kollegen, die im Bereich des Sportrechts tätig sind<br />

oder es künftig sein möchten, profitieren können,<br />

werden also ganz sicher wieder stattfinden.<br />

RAin Silke Waterschek Heilbronn


Als Rechtsanwalt<br />

betreuen Sie<br />

Ihre Mandanten ERFOLGREICH sind Sie auch als Kanzleichef.<br />

Denn mit der DATEV-Software<br />

für Ihre Kanzlei haben Sie<br />

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jederzeit im Griff.<br />

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und Controlling führen Sie Ihre Kanzlei auch<br />

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der Kanzlei ebenso wie zum Aktenstatus und<br />

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minimieren und sich ganz auf Ihre wichtigste<br />

Aufgabe konzentrieren – die anwaltliche Betreuung<br />

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Werkstattbuch Mediation<br />

Hannelore Diez, 1. Aufl. 2004, 3<strong>03</strong> S., 34,80 Euro, Verlag Dr.<br />

Otto Schmidt<br />

Mediation ist eine außergerichtliche Konfliktlösung, der<br />

zunehmend Bedeutung beigemessen wird. Die Ausbildungszahlen<br />

haben bereits beachtliche Höhen erreicht, auch die allgemeine<br />

Ausbildungsliteratur wird zusehends unübersichtlicher. Das<br />

Werkstattbuch Mediation von Hannelore Diez fällt diesbezüglich<br />

etwas aus der Reihe, handelt es sich hierbei eben nicht um das<br />

typische „Was-ist-Mediation-Buch“, sondern um ein Arbeitsbuch,<br />

mit welchem bereits ausgebildete Mediatoren einen Leitfaden zur<br />

Erprobung verschiedener, interdisziplinär entwickelter Mediationstechniken<br />

in der Praxis erhalten.<br />

Das Buch beginnt mit einem exemplarischen Fall einer Erb-<br />

Mediation, der in Ablauf und Darstellung den üblichen fiktiven<br />

Fallbeispielen in der Mediationsliteratur ähnelt. Das folgende<br />

Kapitel der Werkstattmethoden kann als das Herzstück des<br />

Buches bezeichnet werden. Der Leser erhält eine gründliche<br />

Darstellung aller Elemente eines Mediationsverfahrens beginnend<br />

mit Hintergrundwissen über Konflikte im Allgemeinen sowie dem<br />

Selbstverständnis einer Mediation. Anschließend erläutert Diez<br />

die methodischen Grundbausteine der Mediation anhand der<br />

Begriffe Autonomie, Selbstbehauptung, Wechselseitigkeit sowie<br />

Gemeinsamkeit. Schließlich geht die Autorin sowohl auf die<br />

Prozess-Bausteine ein, welche die einzelnen Stadien eines<br />

Mediationsverfahrens auf die Handlungsmöglichkeiten des Mediators<br />

durchleuchtet als auch auf die technischen Bausteine,<br />

welche das Verhalten des Mediators einer kritischen Überprüfung<br />

unterziehen. Schließlich enthält das dritte Kapitel Praxismethoden<br />

angefangen mit Vorüberlegungen zur Vorbereitung eines<br />

Mediationsfalles bis hin zu Werbung, Marketing und Akquise.<br />

Schließlich finden sich auch sogenannte Praxismuster, eine<br />

umfangreiche Sammlung verschiedener Muster wie Mediationsvereinbarung,<br />

Organi-, Sozio- oder Genogramm sowie Vermögens-<br />

oder Einkommensaufstellung.<br />

Die mittlerweile verstorbene Hannelore Diez gehörte zu den<br />

Pionieren der Mediation in Deutschland. Sie war Autorin zahlreicher<br />

Publikationen und sammelte breite Erfahrungen in der<br />

Mediationsausbildung. In der Praxis war sie überwiegend im<br />

Bereich der Familienmediation tätig.<br />

Fazit: Das Werkstattbuch Mediation ist ein sehr praktisches<br />

Arbeitsbuch, das jedem Mediator nach der Ausbildung als ein<br />

guter Wegbegleiter für die Praxis dienen kann. Es lädt ein<br />

zum Ausprobieren, Selbstreflektieren und Vergleichen gängiger<br />

Mediationsmethoden. Durch den interdisziplinären<br />

Charakter des Werkes geht der Blick auch etwas über den<br />

Tellerrand hinaus.<br />

RA Florian Wörtz, Heilbronn<br />

44 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Bücher-FORUM<br />

Formularbuch<br />

Außergerichtliche Streitbeilegung<br />

Robert Walz (Hrsg.),<br />

1. Aufl. 2006, 1.074 S. inkl. CD-ROM, 89,80 Euro,<br />

Verlag Dr. Otto-Schmidt<br />

Im Alltag eines Rechtsanwalts spielt das Thema Außergerichtliche<br />

Streitbeilegung regelmäßig eine beachtliche Rolle. Statt den<br />

mühsamen Klageweg zu beschreiten, einigen sich die Konfliktparteien<br />

häufig bereits außergerichtlich durch Vergleich. Im<br />

Gegensatz zu den vielen Formularsammlungen mit Musterklagen<br />

oder zu spezifischen Rechtsgebieten gibt es jedoch im Bereich<br />

der Außergerichtlichen Streitbeilegung kaum Literatur. Dabei soll<br />

das Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung gerade<br />

hierfür Abhilfe schaffen.<br />

In zehn Kapiteln wird das Instrumentarium der Außergerichtlichen<br />

Streitbeilegung umfassend dargestellt. Neben den<br />

wahrscheinlich praxisrelevantesten Kapiteln der Mediation,<br />

Schlichtungsverfahren und Schiedsgerichtsbarkeit enthält das<br />

Buch ein eigenes Kapitel zu Vergleichsvereinbarungen. Hierbei<br />

werden neben allgemeinen Vergleichsvereinbarungen auch<br />

Vergleichsvereinbarungen in den wichtigsten Rechtsgebieten<br />

dargestellt: Mietrecht, Werkvertragsrecht, Deliktsrecht, Grundstücksrecht,<br />

Familien- und Erbrecht, Gesellschaftsrecht und<br />

Arbeitsrecht. Sehr dankbar dürfte der Leser auch über das abschließende<br />

Kapitel des Vertragsvollzugs sein. Wie kann ich die<br />

Bedingungen meiner Vereinbarung sichern, wie sieht es bei den<br />

Vollmachten oder Treuhandgestaltungen aus? Dies alles sind<br />

wichtige Punkte, die eine gelungene außergerichtliche Streitbeilegung<br />

„abrunden“.<br />

Neben dem Herausgeber selbst – einem Münchner Notar – sind<br />

weitere 8 von insgesamt 15 Autoren Notare, alle weiteren<br />

Autoren sind Anwälte. Die Autoren pflegen einen präzisen und<br />

leicht verständlichen Sprachstil. Neben den zahlreichen Mustern<br />

selbst finden sich eine Vielzahl an Anmerkungen zu den einzelnen<br />

Klauseln sowie viele Erläuterungen in Form von Einführungen,<br />

die neben einem passenden Muster auch gleich die Thematik<br />

erklären und das Problembewusstsein schärfen sollen, um einem<br />

„blinden“ und unsinnigen Gebrauch der einzelnen Musterformulare<br />

vorzubeugen.<br />

Fazit: Das Formularbuch Außergerichtliche Streitbeilegung<br />

ist ein sehr praktischer und kompetenter Leitfaden. Das Preis-<br />

Leistungs-Verhältnis ist sehr ansprechend. Im Hinblick auf<br />

mögliche Haftungsrisiken bei außergerichtlicher Streitbeilegung<br />

ist dieses Werk eigentlich schon ein Muss für jede<br />

Kanzlei-Bibliothek.<br />

RA Florian Wörtz, Heilbronn<br />

Mietminderungstabelle<br />

Entscheidungssammlung in Tabellenform<br />

Cathrin Börstinghaus,<br />

1. Aufl. <strong>2009</strong>, 363 S. mit CD-ROM, 38,00 Euro,<br />

Verlag C.H. Beck<br />

Das Wichtigste vorab: Endlich gibt es Mietminderungstabellen,<br />

mit denen man „richtig“ arbeiten kann.<br />

Wer ein weiteres Werk von Herrn Börstinghaus erwartet, wird<br />

allerdings enttäuscht, denn das Buch ist von seiner Tochter. Der<br />

Vater hat aber immerhin die Einführung in das Recht der<br />

Mietminderung geschrieben. Womit man auch schon bei der<br />

Gliederung wäre: Das Buch ist in zwei Teile gegliedert:<br />

- der erste Teil behandelt das Recht der Mietminderung<br />

(21 Seiten)<br />

- der zweite Teil enthält in fünf Tabellen die Entscheidungssammlung<br />

(341 Seiten).<br />

Bemerkenswert ist nicht nur die Auflistung nach Mängeln und<br />

deren jeweiligen Minderungsquoten, sondern die Unterteilung<br />

nach Gerichten und sogar nach Spruchkörpern. Der Nutzer kann<br />

sich „seinem“ Gericht und sogar einzelnen Richtern oder<br />

Kammern annähern. Man kann Unterschiede zwischen einzelnen<br />

Gerichten und Spruchkörpern herausarbeiten und zur<br />

Argumentation heranziehen oder auch Tendenzen ausmachen.<br />

Die einzelnen Tabellen beinhalten:<br />

Tabelle 1: Minderungsquoten nach Art des Mangels<br />

Tabelle 2: Minderungsquoten zugeordnet zum jeweiligen<br />

Spruchkörper<br />

Tabelle 3: Entscheidungen sortiert nach Mangel und Gericht<br />

Tabelle 4: Entscheidungen sortiert nach Gericht und Minderungsquote<br />

Tabelle 5: Entscheidungssammlung sortiert nach Minderungsquote<br />

Zudem sind in vielen Entscheidungen Auszüge aus dem<br />

Urteilstext enthalten, was die Arbeit erheblich erleichtert. Die<br />

Arbeit mit dem Buch erschließt sich von alleine. Meist reicht das<br />

Zusammenspiel aus Tabelle 1 und 5, was von der Art her an die<br />

bekannten „Schmerzensgeldstabellen“ erinnert.<br />

Die im Lieferumfang enthaltene CD-Rom erstellt auf MS Excel-<br />

Basis Minderungsberechnungen. Diese könnten übersichtlicher<br />

und anwenderfreundlicher gestaltet sein.<br />

Fazit: Das Buch „Mietminderungstabelle“ ermöglicht endlich<br />

systematisches Arbeiten, um Minderungsquoten zu ermitteln<br />

und mit Urteilen zu untermauern – und das bei Bedarf sogar<br />

nach Gerichten und Spruchkörpern unterteilt. Das Buch ist<br />

uneingeschränkt zu empfehlen. Der Fleißarbeit von Frau<br />

Börstinghaus gebührt ein großes Lob. Es bleibt zu hoffen,<br />

dass das Buch regelmäßig aktualisiert wird.<br />

Rechtsanwalt Dr. Stephan Cymutta, Mannheim


SGG Sozialgerichtsgesetz Kommentar<br />

Breitkreuz/ Fichte, 1.168 Seiten, 76,80 Euro<br />

Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. Berlin<br />

Soeben neu erschienen ist der Berliner Kommentar zum<br />

Sozialgerichtsgesetz, der den Anspruch erhebt, fundierte Antworten<br />

auf viele wichtige Fragen des sozialgerichtlichen Verfahrens<br />

– z. B. nach der richtigen Klageart, den einzuhaltenden<br />

Fristen, den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes<br />

oder den richtigen Rechtsmitteln - zu bieten.<br />

Tatsächlich schafft es der Kommentar, diesem Anspruch gerecht<br />

zu werden. Die Berücksichtigung der Neuerungen durch das<br />

Gesetz zur Änderung des SGG und des ArbGG zum 01.04.2008<br />

sowie weiterer Änderungen der §§ 16 und 1<strong>03</strong> SGG zum<br />

01.01.<strong>2009</strong> tragen zur absoluten Aktualität des Kommentars bei.<br />

In der Anwendung überzeugen die Übersichtlichkeit und die<br />

Ausführlichkeit der Kommentierung. Als angenehm erweist sich<br />

dabei, dass vorab der gesamte Gesetzestext abgedruckt wurde, was<br />

den zusätzlichen Griff zur Gesetzessammlung erspart. Auch die<br />

Kommentierung der einzelnen Paragraphen ist klar strukturiert<br />

und durch das ausführliche Inhaltsverzeichnis gut zu erfassen.<br />

So wird beispielsweise das - seit Einführung von Hartz IV sehr viel<br />

bedeutsamere - Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter<br />

Einbeziehung der in diesem Bereich ergangenen Rechtsprechung<br />

sehr umfassend dargestellt. Dabei werden die verschiedenen<br />

Gegenstände des einstweiligen Rechtsschutzes voneinander<br />

abgegrenzt und die jeweiligen Besonderheiten aufgezeigt, wobei<br />

die Anforderungen an die Antragsschrift und die wesentlichen<br />

Gesichtspunkte des Verfahrens klar dargestellt werden. So wird<br />

unter anderem auch thematisiert, ob im ER-Verfahren eine<br />

mündliche Verhandlung durchzuführen ist oder unter welchen<br />

Gesichtspunkten diese zumindest sinnvoll wäre.<br />

Gerade hier zeigt sich, daß die Autoren um die beiden<br />

Herausgeber Dr. Tilmann Breitkreuz, Richter am Sozialgericht, und<br />

Dr. Wolfgang Fichte, Richter am Bundessozialgericht, aufgrund<br />

ihrer täglichen Arbeit in der Sozialgerichtsbarkeit das Verfahren<br />

und dessen Eigenheiten in- und auswendig kennen und ihr<br />

Wissen dem Leser gekonnt weitergeben. Dabei profitieren Leser,<br />

die bislang noch nicht im Sozialrecht tätig waren, von der<br />

vergleichenden Einbeziehung von Parallelvorschriften aus ZPO<br />

und VwGO.<br />

Insgesamt kann der Berliner Kommentar als Neuerscheinung<br />

problemlos mit den Standardwerken anderer Verlage konkurrieren<br />

und im Hinblick auf Übersichtlichkeit und Struktur<br />

der Kommentierung die Mitbewerber sogar ausstechen.<br />

Rechtsanwältin Carolin Ott, Landshut<br />

Bücher-FORUM<br />

Vorname<br />

Ort<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

45


Kommentar zum Sozialrecht<br />

Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann,<br />

1. Aufl. <strong>2009</strong>, 2.643 S., 166,00 Euro<br />

Verlag C.H. Beck<br />

Der neue Kommentar zum Sozialrecht ist nach Vorbild des<br />

Palandts in der Reihe Beck'sche Kurzkommentare erschienen.<br />

Erstmals werden alle wesentlichen Vorschriften aus dem SGB I<br />

bis SGB XII sowie zusätzliche Sammelkommentierungen zu Europarecht,<br />

BEEG, BAföG, Wohngeldgesetz und SGG in einem Band<br />

von Richtern des Bundessozialgerichts, von Rechtsanwälten,<br />

Rechtswissenschaftlern und Praktikern des Sozialrechts bearbeitet.<br />

Das Ziel der Herausgeber, dem Anwender einen klar gegliederten<br />

Überblick zu verschaffen und in Einzelheiten schnell und zuverlässig<br />

unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung zu informieren,<br />

ist voll erreicht. Mit Stand Februar <strong>2009</strong> sind alle<br />

Neuregelungen berücksichtigt, die zum 01.<strong>03</strong>.<strong>2009</strong> in Kraft<br />

getreten sind. Neuauflagen im regelmäßigen Rhythmus sind<br />

angekündigt.<br />

Abgedruckt sind alle Paragraphen, kommentiert ist eine Auswahl<br />

der Vorschriften, die nach Ansicht der Herausgeber in der Praxis<br />

zwingend notwendig sind. Neben der Einzelkommentierung findet<br />

der Nutzer Sammelkommentierungen zu Paragraphen, um ein<br />

besseres Verständnis der Materie zu erreichen. So sind zum<br />

Beispiel im SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung - nach einer<br />

Einleitung die §§ 5 bis 62 a, 73b, 74, 76, 81a einzeln kommentiert.<br />

Die Einzelkommentierung ist logisch aufgebaut, gegliedert nach<br />

Normzweck und Anspruchsvoraussetzungen sowie Pflichten und<br />

Rechtsfolgen. Eine Sammelkommentierung der §§ 95 bis 105<br />

sowie die §§ 124 bis 127 ist gelungen. Die prüfungsrelevanten<br />

Stichworte sind im Text deutlich durch Fettdruck hervorgehoben.<br />

Neben der historisch gegliederten Rechtsprechung wird bezüglich<br />

ergänzender Nachweise auf weiterführende Literatur verwiesen.<br />

Die Nachweise sind nicht überfrachtet. Es finden sich Hinweise<br />

auf Lehrbücher der Kommentatoren, auf andere Kommentare und<br />

vereinzelt auf Aufsätze.<br />

Die Kommentierung des § 5 I Nr. 13 SGB V bezüglich der<br />

Versicherungspflicht für Nichtversicherte von Berchtold behandelt<br />

umfassend die Probleme der nicht ausgereiften Gesetzgebung,<br />

ohne Lösungen für die Praxis aufzuzeigen. Seine kurze<br />

und prägnante Kommentierung zu § 6 SGB V bezüglich der<br />

Versicherungsfreiheit ermöglicht dem Praktiker, die Voraussetzungen<br />

anhand der Kommentierung im Einzelfall zu prüfen.<br />

Fazit: Die Bearbeiter haben das vorgegebene Ziel, einen Kurzkommentar<br />

über alle notwendigen sozialrechtlichen Normen<br />

zu schreiben, voll erreicht. Auch der nicht ständig im Sozialrecht<br />

tätige Rechtsanwalt findet einen leichten Einstieg in<br />

die Materie mit guten Vertiefungshinweisen.<br />

RAin Ines Müller-Baumgarten, Bielefeld<br />

46 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Bücher-FORUM<br />

Strategie und Taktik im<br />

Kündigungsschutzprozess<br />

Kleinmann/Meyer-Renkes,<br />

2. Aufl. <strong>2009</strong>, 290 S., 34,00 EUR,<br />

Deutscher Anwaltverlag<br />

Dieses Werk beinhaltet, wie schon der Titel verspricht, die<br />

Strategie und Taktik im Kündigungsschutzprozess, der nicht nur<br />

für Arbeitsrechtsspezialisten, sondern auch für Anwälte ohne<br />

arbeitsrechtliche Spezialisierung eines der häufigsten anzutreffenden<br />

Mandate darstellt.<br />

Das Buch ist in sechs verschiedene Themenkomplexe (§ 1 Das<br />

Mandat im Kündigungsschutzprozess, § 2 Materielles Recht, § 3<br />

Prozess um die Wirksamkeit der Kündigung, § 4 Zwangsvollstreckung,<br />

§ 5 Berufungsverfahren, § 6 Revision und Nichtzulassungsbeschwerde)<br />

unterteilt und beginnt u. a. mit den<br />

Problemen bei der Mandatsaufnahme, welche Fristen zu beachten<br />

sind, welche Unterlagen benötigt werden. Dann behandelt es z. B.<br />

die Voraussetzungen einer betriebs-, personen- und verhaltensbedingten<br />

Kündigung, die Anfertigung der Klage und den Ablauf<br />

des Arbeitsgerichtsprozesses unterteilt in Güte- und Kammerverhandlung.<br />

Das Werk endet mit der Möglichkeit der Revision<br />

vor dem BAG.<br />

Auch enthält das Werk Rechtsprechungshinweise (Stand Juni<br />

2008), Beispiele zur Verdeutlichung und Verständlichkeit und viele<br />

Praxistipps, die vor allem für Neulinge und Nichtspezialisten eine<br />

wertvolle Stütze sind z. B. bei der Frage, wie sich der Arbeitgeberoder<br />

Arbeitnehmeranwalt bei der „Rücknahme“ der Kündigung in<br />

der Verhandlung oder im Rahmen eines Auflösungsantrags gemäß<br />

§ 9 KschG am sinnvollsten verhalten bzw. handeln sollte.<br />

Checklisten für die außerordentliche oder Änderungskündigung<br />

sind ebenso in diesem Werk zu finden wie beispielsweise Muster<br />

einer Kündigungsschutzklage oder Formulierungsbeispiele verschiedener<br />

Leistungsanträge und Abmahnungen.<br />

Insgesamt ist dieses Werk daher ein guter und preiswerter<br />

Leitfaden für den Kündigungsschutzprozess. Hinsichtlich des<br />

Umfangs von nur 298 Seiten versteht es sich jedoch von<br />

selbst, dass das Werk nur einen Überblick über die komplexe<br />

Materie des Kündigungsschutzprozesses gewähren kann und<br />

daher für das Nachschlagen eines spezifischen Problems eher<br />

nicht zu empfehlen ist. Das Buch ist aber als Leitfaden für<br />

Anwälte, die nicht schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht tätig<br />

sind, uneingeschränkt zu empfehlen und auch der ein oder<br />

andere fundierte Arbeitsrechter wird neue Praxistipps in<br />

diesem Buch finden. Dies dürfte auch genau der Intention<br />

der beiden Autoren, die ausschließlich als Fachanwälte für<br />

Arbeitsrecht tätig sind, entsprechen.<br />

RAin Nicole Meißner, Berlin<br />

A<br />

C<br />

Münchener<br />

Anwalts<br />

Handbuch<br />

Arbeitsrecht<br />

Herausgegeben von<br />

Wilhelm Moll<br />

2. Au� age<br />

C. H. Beck<br />

Münchener AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht<br />

Wilhelm Moll (Hrsg.),<br />

2. Aufl. <strong>2009</strong>, 2.535 S., 148,00 EUR,<br />

Verlag C.H. Beck<br />

Für das Münchener AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht haben sich<br />

29 Autoren zusammengefunden. Erfahrene Praktiker von beiden<br />

Seiten des richterlichen Tresens. So umfasst es auch 2.535 Seiten<br />

und bietet einen umfassenden Überblick über das Arbeitsrecht in<br />

allen seinen Spielarten. Gesetzgebung, Rechtsprechung und das<br />

Schrifttum sind bis September 2008 berücksichtigt.<br />

Erfasst werden alle relevanten Themen, beginnend mit der Anbahnung<br />

eines Mandatsverhältnisses im Arbeitsrecht, bis zum<br />

gerichtlichen Verfahren. Positiv ist hier, dass auch dem GmbH-<br />

Geschäftsführer ein Kapitel gewidmet ist. Ebenso dem Bereich<br />

Mediation und Konfliktmanagement.<br />

Besonders das AGG-Recht hat im Arbeitsverhältnis eine deutliche<br />

Entwicklung genommen. Daher wird hier nicht nur ein Grundüberblick<br />

über diesen Bereich gegeben, sondern das AGG-Recht<br />

wird dann erläutert, wenn es bei der Bearbeitung der anderen<br />

Rechtsbereiche zu beachten ist.<br />

Bei der anwaltlichen Beratung im Arbeitsrecht kann man selten<br />

nach dem Lehrbuch vorgehen. Es ist oft nicht möglich, die individualrechtlichen<br />

Probleme eines Falles von den kollektivrechtlichen<br />

zu trennen. In diesem Anwaltshandbuch wird dies auch nicht<br />

versucht. Im Gegenteil. es werden die Bereiche des Tarifvertragsrechts<br />

und des Betriebsverfassungsrechts nicht gesondert<br />

dargestellt, sondern dann erläutert, wenn sie für andere Bereiche<br />

relevant werden. Dies verhindert lästiges Blättern und ein zwischen<br />

den Kapiteln „Hin-und-her-Springen“. Nebenbei führt es<br />

dazu, dass der Leser auch bei der Recherche für ein individualrechtliches<br />

Problem die kollektivrechtliche Seite nie aus dem Blick<br />

verliert.<br />

Ergänzt wird dies durch zahlreiche Fallbeispiele, die den<br />

praktischen Einsatz des Buches weiterhin erleichtern. Abgerundet<br />

wird die Darstellung durch Muster, Formulierungsvorschläge und<br />

Checklisten, die nicht nur die Prüfung des Sachverhaltes, sondern<br />

auch die Erstellung von Schriftsätzen erleichtern.<br />

Fazit: Ein Buch für Praktiker, welches die Möglichkeit bietet,<br />

die relevanten Fragestellungen eines Falles im Blick zu behalten<br />

und fast wie ein Formularbuch durch seinen Aufbau<br />

auf mögliche andere relevante Themenbereiche hinweist. Für<br />

die tägliche Arbeit einsetzbar und seinen Preis wirklich wert.<br />

RAin Barbara Gersmann, Mönchengladbach


Handbuch Internet.Arbeitsrecht<br />

Besgen/Prinz (Hrsg.),<br />

2. Aufl. <strong>2009</strong>, 567 S., 59,00 EUR,<br />

Deutscher Anwalt Verlag<br />

Im Frühjahr <strong>2009</strong> ist das Handbuch Internet.Arbeitsrecht neu<br />

erschienen. Die Undurchsichtigkeit der arbeits- und datenschutzrechtlichen<br />

Vorschriften verbunden mit der vermehrten Nutzung<br />

und dem Einsatz von Internet, E-Mail, Mobiltelefon, BlackBerry<br />

etc. in der Arbeitswelt führen zum erhöhten Beratungsbedarf in<br />

diesem sensiblen Bereich.<br />

In diese Zielrichtung stößt das Handbuch Internet.Arbeitsrecht.<br />

Die Autoren – alle Rechtsanwälte, Arbeitsrichter und Professoren<br />

– streben an, dem arbeitsrechtlichen Berater die nötigen Informationen,<br />

Materialen und Formulierungshilfen aus den Bereichen<br />

des Arbeits-, Arbeitsschutz-, Datenschutz- und Steuerrechts zu<br />

vermitteln.<br />

Das Werk gliedert sich in zwölf Paragraphen. Kernstück sind die<br />

ersten beiden Paragraphen zur dienstlichen und privaten Nutzung<br />

von Internet, Intranet und E-Mail aus individualarbeitsrechtlicher<br />

Sicht (§ 1) und von Inter- und Intranet und E-Mail aus<br />

kollektivrechtlicher Sicht (§ 2). Umfassend und auf der Basis<br />

neuester Rechtsprechung sind in § 1 von den Gestaltungsmöglichkeiten<br />

ausgehend, die Kontrolle der Internet- und E-Mail-<br />

Nutzung über die Erläuterung möglicher Sanktionen bis zu den<br />

Kündigungsmöglichkeiten nach einer unzulässigen Nutzung und<br />

die Probleme der Beweisverwertung beschrieben. In § 2 bilden die<br />

Beteiligungsrechte, die Sachmittel und der Schulungsbedarf des<br />

Betriebsrats den Schwerpunkt. Es folgen u. a. Ausführungen zu<br />

Überwachungseinrichtungen (§ 5), zur Telearbeit, zum Arbeitsund<br />

Datenschutz (§§ 6, 9, 10) sowie zum grenzüberschreitenden<br />

Verkehr arbeitnehmerbezogener Daten (§ 11). Auch das Steuerrecht<br />

(§ 12) ist nicht ausgespart. Das technische Glossar und das<br />

Stichwortverzeichnis runden das Handbuch ab.<br />

Die hohe Praxistauglichkeit des Werks bemerkt der Leser schon<br />

beim ausführlichen Inhaltsverzeichnis. Sämtliche Beiträge sind<br />

gespickt mit Praxishinweisen, Formulierungsmustern und -beispielen<br />

zu Arbeitsvertragsklauseln, zu Betriebsvereinbarungen<br />

und zu Rahmenvereinbarungen, grafischen Darstellungen, Aufzählungen<br />

und Checklisten.<br />

Fazit: Mit dem Handbuch Internet.Arbeitsrecht bieten<br />

Besgen/Prinz ein überaus praktisches und überzeugendes<br />

Handbuch mit einer Vielzahl von Formulierungshilfen<br />

bei gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Arbeit mit ihm<br />

gewährt hohe Beratungsqualität in diesem schwierigen<br />

Fahrwasser. Insbesondere lassen sich zwingende datenschutzrechtliche<br />

Vorgaben, vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten<br />

und personalpolitische Erwägungen zum Ausgleich bringen.<br />

RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock<br />

Bücher-FORUM<br />

Beck'sches Formularbuch Arbeitsrecht<br />

Klemm/Kornbichler/Löw/Ohmann-Sauer/Schwarz/Ubber<br />

(Hrsg.),<br />

2. Aufl. <strong>2009</strong>, 1.6<strong>03</strong> S. mit CD-ROM, 148,00 EUR,<br />

Verlag C.H. Beck<br />

Das Formularbuch präsentiert sich in der 2. aktualisierten und<br />

erweiterten Auflage und ist auf dem Stand vom 01.01.<strong>2009</strong>,<br />

jedoch wurde u. a. schon die neueste EuGH Entscheidung zur<br />

Urlaubsabgeltung und -übertragung berücksichtigt. Im Vergleich<br />

zur Vorauflage wurde das Werk z. B. um Compliance im Arbeitsrecht,<br />

Mitbestimmung auf Unternehmensebene und zweisprachige<br />

Formulare erweitert, auf das Personalvertretungsrecht<br />

jedoch verzichtet.<br />

Das Werk gliedert sich in verschiedene Hauptteile A - H (Individualarbeitsrecht,<br />

Dienstverträge und andere Verträge, Betriebsverfassungsrecht,<br />

Tarifvertragsrecht, Compliance im Arbeitsrecht,<br />

Betriebliche Altersversorgung, Mitbestimmung auf Unternehmensebene,<br />

zweisprachige Formulare) und beinhaltet neben<br />

Formularen für eine Vielzahl von Verträgen, Kündigungen, Betriebsvereinbarungen,<br />

Direktzusagen auch spezielle Formulare für<br />

Dienstwagen, Car Allowance, Datenschutzverpflichtungen, Vereinbarungen<br />

über Internetnutzung, US- Stock – Options,<br />

Abmahnungen, Zeugnisse und einen deutsch-englischen Arbeitsvertrag.<br />

Die Formulare verstehen sich als Gestaltungsvorschläge und<br />

erleichtern die Arbeit. Es wird in den Formularen von konkreten<br />

Sachverhalten ausgegangen, die zu Beginn der Anmerkungen<br />

jeweils erläutert werden. Die Anmerkungen selbst dienen als<br />

Erklärungen der Formulierungsvorschläge und zeigen nicht nur<br />

Formulierungsalternativen auf, sondern weisen auch auf rechtliche<br />

Risiken, Besonderheiten, Literatur und Rechtsprechung hin.<br />

Zur Verdeutlichung und Verständlichkeit beinhalten die Anmerkungen<br />

weitere Beispiele, Tipps für Arbeitgeber etwa im<br />

Rahmen Ermahnung oder Abmahnung, Reaktionsmöglichkeiten<br />

des Arbeitnehmers bei Änderungskündigungen oder auch eine<br />

Checkliste für Compliance-Audit. Die CD-ROM beinhaltet alle<br />

Formulare ohne Anmerkungen.<br />

Fazit: Das Buch überzeugt aufgrund der Vielzahl von<br />

Formularen inklusive umfassender Erläuterungen, deren<br />

Verständlichkeit und einer klaren Struktur. Jeder Rechtsanwalt,<br />

Justitiar, Betriebsrat etc. wird zahlreiche Formulierungshilfen<br />

und Erklärungen finden. Aufgrund der<br />

Aktualität, der zahlreichen Erläuterungen und auch der<br />

internationalen Bezugnahme ist das Werk uneingeschränkt<br />

allen, die im Arbeitsrecht tätig sind, zu empfehlen. Die<br />

Autoren und Herausgeber sind erfahrene Rechtsanwälte der<br />

Sozietät LOVELLS LLP.<br />

Rechtsanwältin Nicole Meißner, Berlin<br />

Mietrecht aktuell<br />

FriedemannSternel,<br />

4. Aufl. <strong>2009</strong>, 1.919 Seiten, 99,00 EUR,<br />

Verlag Dr. Otto Schmidt<br />

Der Sternel ist ein Klassiker. Die letzte Auflage erschien im Jahre<br />

1996. Aufgrund der Mietrechtsreform im Jahre 2001 und der<br />

Vielzahl von BGH-Entscheidungen war eine völlig neu bearbeitete<br />

Auflage dringend notwendig. Das Werk bringt den Leser nun auf<br />

den aktuellsten Stand. Berücksichtigt ist die Rechtsprechung bis<br />

Ende 2008. Das Buch ist eine akribische Zusammenstellung der<br />

Rechtsprechung zum Mietrecht. Aufgrund der Vielzahl von<br />

Entscheidungen hat sich das Werk im Vergleich zur Vorauflage in<br />

seinem Umfang auch verdreifacht.<br />

Die Vielzahl von Entscheidungen zum Mietrecht, die sich mit der<br />

Meinung des Sternel auseinandersetzen, zeigt, dass das Wort des<br />

Autors, welcher lange Zeit Vorsitzender einer auf das Mietrecht<br />

spezialisierten Zivilkammer des Landgerichts Hamburg war,<br />

Gewicht hat.<br />

Thematisch gliedert sich das Werk in 14 Kapitel und folgt dabei<br />

dem typischen Verlauf eines Mietverhältnisses. Vom Abschluss<br />

des Mietvertrages bis zur Abwicklung des Mietverhältnisses<br />

werden alle wichtigen Situationen behandelt.<br />

Das Werk zeichnet sich dadurch aus, dass es zu jedem Thema eine<br />

Fülle von Gerichtsentscheidungen bietet und oft die Leitsätze von<br />

obergerichtlichen Entscheidungen beifügt. Dies erleichtert die<br />

Beurteilung, ob eine der vielen zitierten Entscheidungen tatsächlich<br />

zur Problemlösung beitragen kann und sich ein<br />

Nachlesen der Fundstelle lohnt.<br />

Die Schwäche des Werkes verrät der Name des Werkes selbst:<br />

Mietrecht aktuell. Mietrecht ist Rechtsprechung und hier muss<br />

der Anwalt stets auf dem aktuellsten Stand sein. Der Stand Ende<br />

2008 ist heute schon überholt. Dies zeigt sich am Beispiel des<br />

Kostenerstattungsanspruchs bei einer unwirksamen Endrenovierungsklausel.<br />

Während das Werk die Rechtsfolgen noch<br />

ausführlich zur Diskussion stellt, liegt zwischenzeitlich eine<br />

Entscheidung des BGH vor, die hierzu abschließend Stellung<br />

nimmt. Einem solchen Anspruch auf Aktualität kann ein Druckwerk<br />

nicht gerecht werden. Umso positiver ist es, dass der Autor<br />

dort Literarturquellen nennt, wo sich noch keine herrschende<br />

Meinung gebildet hat und keine höchstrichterliche Entscheidung<br />

vorliegt.<br />

Die klare Gliederung und die verständlichen Ausführungen<br />

des Autors überzeugen. Mit der Neuauflage wird der Sternel<br />

wieder zum unverzichtbaren Nachschlagewerk eines Anwalts.<br />

Rechtsanwalt Jonas Leder, München<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

47


M<br />

C<br />

n<br />

Münchener<br />

Anwalts<br />

Handbuch<br />

Medizinrecht<br />

Herausgegeben von<br />

Michael Terbille<br />

C.H. Beck<br />

Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht<br />

Michael Terbille † (Hrsg.),<br />

1. Aufl. <strong>2009</strong>, 1.282 S., 128,00 EUR,<br />

Verlag C.H. Beck<br />

Die Reihe Münchener AnwaltsHandbücher ist um das Münchener<br />

AnwaltsHandbuch Medizinrecht erweitert worden. Konzipiert ist<br />

das Werk als Nachschlagewerk und zur Unterstützung in der<br />

täglichen Arbeit für die im Medizinrecht tätigen Anwälte und<br />

Richter sowie medizinrechtlich befassten Berufsträger in anderen<br />

Einrichtungen.<br />

Das Autorenteam, bestehend aus Rechtsanwälten, Richtern,<br />

Professoren und einem Tierarzt, bürgt aufgrund seiner langjährigen<br />

Berufspraxis für eine hohe Bearbeitungsqualität.<br />

In 13 Paragraphen bedient das Werk alle Facetten des Zivil-,<br />

Straf-, Verwaltungs-, Sozial- und des Berufsrechts, die zur Bearbeitung<br />

medizinrechtlicher Fragen wichtig sind. Kernpunkt ist<br />

die Bearbeitung der zivilrechtlichen Arzthaftung (§1). Sie beginnt<br />

mit vorprozessualen Überlegungen, in denen u. a. die Sachverhaltsermittlung,<br />

Auskunftsansprüche bezüglich beteiligter<br />

Ärzte und nichtärztlichen Personals, Fragen der Passivlegitimation<br />

und der Verjährung bis zur Entbindung von der Schweigepflicht<br />

erläutert sind. Es folgt die Prozessführung mit Hinweisen zum<br />

selbstständigen Beweisverfahren, zu Informationsobliegenheiten<br />

gegenüber der Rechtsschutzversicherung, zur Leistungs- und<br />

Feststellungsklage, zu Fehlerquellen bei der Antragsstellung bis<br />

zu den Auswirkungen der ZPO-Reform 2002 auf den Arzthaftungsprozess.<br />

Innerhalb des materiellen Arzthaftungsrechts<br />

ragen die Ausführungen zur ärztlichen Aufklärungspflicht (z. B.<br />

verschiedenste aufzuklärende Personen, Zeitpunkt, hypothetische<br />

Aufklärung, Aufklärungsverzicht) und zum Behandlungsfehler<br />

heraus. Bei Letztgenanntem sind ausgehend von den Grundlagen<br />

z. B. die Gruppenfahrlässigkeit, die horizontale und vertikale<br />

Arbeitsteilung, typische Behandlungsfehler oder das Übernahmeund<br />

Organisationsverschulden bearbeitet.<br />

In dem nutzerfreundlich gestalteten Werk findet der Leser viele<br />

Praxistipps, Musterschreiben und -klagen, Formulierungsvorschläge,<br />

Checklisten, Tabellen und Schaubilder.<br />

Fazit: Mit Rechtsstand Februar <strong>2009</strong> und der schon beachteten<br />

Gesundheitsreform <strong>2009</strong> hält man mit dem neuen<br />

Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht das derzeit wohl<br />

aktuellste medizinrechtliche Werk in der Hand. Mit dem<br />

klaren Aufbau, der eindeutigen Sprache und einer gelungenen<br />

thematischen Gewichtung eignet es sich zur Einarbeitung,<br />

als Ausbildungslektüre für den Fachanwaltskurs und als<br />

Nachschlagewerk, da es das Medizinrecht mit seinen vielen<br />

Verästelungen aufbereitet. Daher ist es allen mit dem Medizinrecht<br />

befassten Juristen zu empfehlen.<br />

RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock<br />

48 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Bücher-FORUM<br />

Zivilprozessordnung Kommentiertes<br />

Prozessformularbuch<br />

Saenger/Ullrich/Siebert (Hrsg.)<br />

1. Aufl. <strong>2009</strong>, 2.224 S. mit CD-ROM, 118,00 EUR,<br />

Nomos Verlag<br />

Kommentare und Formularbücher gehören zur juristischen<br />

Standardausstattung. Das Kommentierte Prozessformularbuch<br />

soll die Lücke dazwischen schließen und orientiert sich statt an<br />

Lebenssachverhalten am Aufbau der ZPO. Die Autoren bieten als<br />

Anwälte und Richter Muster aus ihrer jeweiligen Perspektive. Die<br />

Umsetzung soll an einigen Beispielen dargestellt werden.<br />

Beim Mahnverfahren werden zunächst die Einreichungsmöglichkeiten,<br />

die Online-Antragstellung und die Gerichtssuche im<br />

Internet dargestellt. Der weitere Ablauf des Verfahrens wird mit<br />

Mustertexten und anhand der Vordrucke erläutert. Insgesamt<br />

wird das Mahnverfahren gerade für Einsteiger verständlich<br />

dargestellt.<br />

Bei der Zwangsvollstreckung werden verschiedene Pfändungsund<br />

Pfändungsschutzmöglichkeiten dargestellt und formularmäßig<br />

umgesetzt. Für den Pfändungsschutz für Sozialleistungen<br />

nach § 55 SGB I ist kein Muster enthalten, es wird aber<br />

auf die analoge Anwendung des § 850k nach Ablauf der 7-Tage-<br />

Sperrfrist hingewiesen und an das praxisrelevante Problem<br />

erinnert, dass eine bankinterne Saldierung nicht mit § 850k<br />

verhindert werden kann. Der Gerichtsvollzieherauftrag zur<br />

Räumungsvollstreckung umfasst auch die Mobiliarpfändung. Der<br />

Unterschied zwischen dieser „Berliner Räumung“ und der „Hamburger<br />

Räumung“ mit Spedition und Schlosser wird genauer<br />

erläutert, wobei auch die Kosten und Risiken dargestellt werden.<br />

Beim Thema einstweilige Verfügung muss in der Regel unter<br />

Zeitdruck gearbeitet werden,<br />

daher sind brauchbare Muster besonders wichtig. Das Buch enthält<br />

nicht nur einen Antrag für eine Sicherungsverfügung (mit<br />

drei Seiten Erläuterung), sondern auch für Regelungs- und<br />

Leistungsverfügungen sowie das Muster für eine Schutzschrift.<br />

Auf www.schutzschriftenregister.de wurde wohl deshalb nicht<br />

hingewiesen, weil nur relativ wenige Gerichte daran teilnehmen.<br />

Neben der ZPO werden das FamFG (auf 232 Seiten), die EuGVVO,<br />

die EuZVO und die EuMVVO behandelt.<br />

Fazit: Interessant ist, die ZPO auch aus Richtersicht zu sehen.<br />

Die Formulare sind praxistauglich und gut erläutert. Man<br />

kann sich schnell einlesen und die Anregungen sofort umsetzen.<br />

Das Buch ist eine gute Ergänzung zu einem<br />

Kommentar, um die jeweils passenden Anträge zu stellen,<br />

kann und will ihn aber nicht ersetzen.<br />

RA Malte Dedden, Offenburg<br />

Der Autokauf<br />

Reinking/Eggert,<br />

10. Aufl., 1.159 S., 154,00 EUR,<br />

Werner Verlag<br />

Bei der neu erschienenen zehnten Auflage des Autokaufs handelt<br />

es sich um die Jubiläumsausgabe dieses Standardwerks. Diese<br />

untergliedert sich in drei Teile, beginnend mit dem Verkauf neuer<br />

Fahrzeuge, gefolgt von dem An- und Verkauf gebrauchter<br />

Fahrzeuge und abschließend mit dem Autoleasing.<br />

Obwohl vom Umfang her sehr unterschiedlich ausgefallen,<br />

erweckt kein Kapitel beim Leser den Eindruck, dass es nur der<br />

Vollständigkeit wegen aufgenommen wurde. Durchgängig alle<br />

Kapitel sind durch einen lehrreichen und verständlichen Inhalt<br />

gekennzeichnet. Beim aufmerksamen Lesen erkennt man die<br />

durchdachte Gliederung dieses Werks. Mit Freude erblickt man<br />

die zahlreichen Beispiele, Rechtsprechungshinweise und Fußnoten,<br />

die trotz ihrer Fülle nicht die Grenze zur Ausgewogenheit<br />

überschreiten.<br />

Es ist schwer einzelne Ausführungen hervorzuheben, da sich zu<br />

jedem Problemfeld etwas Gehaltvolles findet. Sei es zur Vertragsgestaltung<br />

beim Neuwagenkauf innerhalb Deutschlands und<br />

der Europäischen Union, zum Montagsauto oder zur Finanzierung<br />

des Autokaufs, Agenturgeschäften oder einfach nur einer Vielzahl<br />

von Sachmängelbeispielen beim Gebrauchtwagenkauf. Dennoch<br />

mag gerade der Abschnitt der Sachmängelhaftung auf dem<br />

Gebiet des Gebrauchtwagenkaufs aufgrund seiner anschaulichen<br />

und praxisrelevanten Darstellung etwas genauer betrachtet<br />

werden. Geradezu lehrbuchmäßig im besten Sinne wird mit den<br />

Voraussetzungen der Sachmängelhaftung an Hand des Begriffs<br />

der Beschaffenheitsvereinbarung begonnen. Es wird erklärt,<br />

welche Auswirkungen das Fehlen einer Vereinbarung oder auch<br />

von öffentlichen Äußerungen des Verkäufers haben kann. Im<br />

nächsten Abschnitt findet sich eine gut gestaltete Schilderung<br />

zum Beweis des Sachmangels und der Beweislastumkehr beim<br />

Verbrauchsgüterkauf.<br />

Das vorliegende Werk schließt mit dem Kapitel Leasing. Diese<br />

gerade beim gewerblichen Neuwagenkauf vorherrschende Form<br />

der Kfz-Beschaffung ist ein wichtiger Bestandteil der anwaltlichen<br />

Praxis im Umgang mit gewerblichen Kunden. Durch<br />

die vorliegende Aufbereitung des Themas Leasing sieht man sich<br />

für alle Problemfälle gut gerüstet.<br />

Fazit: Mit dieser Neuauflage des Standardwerks zum Autokauf<br />

zeigt sich, dass man auch ein gutes und bewährtes Buch<br />

noch verbessern kann. Diese Auflage ist unverzichtbar für die<br />

Verkehrsrechtspraxis; praxisrelevant, klar gegliedert, lehrreich<br />

und tatsächlich noch besser als die Vorauflage.<br />

RA Sascha Brandt, Duisburg


Stiftungsrechts-Handbuch<br />

Seifart/von Campenhausen (Hrsg.), 3. Auflage, <strong>2009</strong>, 1.151<br />

Seiten, 178,00 Euro, Verlag C.H. Beck<br />

Nach rund 10 Jahren ist dieses Werk nunmehr in der 3. Auflage<br />

erschienen. Nachdem die Vorauflage als Klassiker dieses Rechtsgebiets<br />

galt, war eine Überarbeitung nach den verschiedenen<br />

Änderungen im Stiftungsrecht der letzten Jahre dringend nötig<br />

geworden.<br />

Auch die neue Auflage ist aufgrund der sehr umfangreichen<br />

Darstellungen wieder sowohl für die Praxis als auch für die<br />

Wissenschaft sehr nützlich und wertvoll. Insbesondere werden<br />

neben dem „normalen“ Stiftungsrecht auch Bereiche, die in<br />

anderen stiftungsrechtlichen Werken keine oder nur geringe<br />

Beachtung finden, umfangreich dargestellt. Hier sind insbesondere<br />

die kirchlichen und kommunalen Stiftungen sowie die<br />

verschiedensten Sonderformen zu nennen, deren Darstellungen<br />

in diesem Umfang selten sind. Das fachliche Niveau ist dabei über<br />

jeden Zweifel erhaben, wofür insbesondere der als Experte weit<br />

bekannte Herausgeber v. Campenhausen garantiert. Bedauerlich<br />

ist jedoch, dass der Abschnitt zum immer mehr an Bedeutung<br />

gewinnenden internationalen Stiftungsrecht sehr kurz geraten<br />

ist. Hier hätte man sich mehr gewünscht.<br />

Ausführlich und inhaltlich ebenfalls auf hohem Niveau ist der Teil<br />

zum Stiftungssteuerrecht. Es fällt allerdings deutlich auf, dass die<br />

Bearbeiter dieses Abschnitts weite Teile ihrer Ausführungen in die<br />

Fußnoten verlagern. Auf nicht wenigen Seiten ist der Raum für<br />

die Fußnoten größer als jener für den eigentlichen Text. Dies ist<br />

im Steuerrecht sicher nicht immer vermeidbar, macht die Arbeit<br />

mit diesem Abschnitt aber nicht einfacher und ist der Lesbarkeit/<br />

Verständlichkeit nicht immer zuträglich.<br />

Aus wissenschaftlicher Sicht ist am Rande auffallend, dass der<br />

Verfasser Hof in den von ihm bearbeiteten Abschnitten scheinbar<br />

bei den Quellenangaben durchweg nicht auf die aktuelle Kommentierung<br />

von Reuter im MüKo BGB verweist, sondern hier<br />

Fundstellen aus Vorauflagen zitiert. Ein recht großes Missgeschick<br />

ist zudem dem Verlag unterlaufen, als dort das Sachregister der<br />

Vorauflage übernommen und abgedruckt wurde. Mittlerweile ist<br />

zwar ein entsprechender Nachtrag lieferbar oder beigelegt, jedoch<br />

ist dies für die Arbeit mit dem Buch nicht vorteilhaft.<br />

Grundsätzlich ist das vorgestellte Buch auch weiterhin ein<br />

Standardwerk für jeden, der im Stiftungsrecht tätig ist. Die<br />

fachliche Qualität ist und bleibt unbestritten. Die genannten<br />

Kritikpunkte fallen jedoch unangenehm auf, so dass es hier<br />

keine uneingeschränkte Empfehlung geben kann. Angesichts<br />

des stolzen Preises von 178,- EUR hätte man hier stellenweise<br />

ein wenig mehr Sorgfalt erwarten dürfen.<br />

RA Marcus Bauckmann, Paderborn<br />

assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter an der UMIT<br />

Bücher-FORUM<br />

Nicht allen gelingt es,<br />

bei jedem Fall sicher<br />

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ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

49


50 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Autorenverzeichnis<br />

Christian Weiß ist als Rechtsanwalt in der Kanzlei HOELLER RECHTS-<br />

ANWÄLTE in Bonn überwiegend in den Bereichen Forderungsmanagement,<br />

Insolvenzrecht und IP tätig.<br />

kanzlei@hoeller.info<br />

Florian Lahrmann ist seit 2004 selbstständiger Rechtsanwalt in Berlin,<br />

seit Anfang <strong>2009</strong> Sozius bei Irgang & Partner, einer alteingesessenen<br />

Kreuzberger Kanzlei. Hauptsächlich im Familienrecht tätig, Fachanwaltstitel<br />

ist bereits beantragt.<br />

lahrmann@anwalt-kreuzberg.de<br />

Dr. jur. Ulrich Firnhaber war Richter bei den Landgerichten Köln und<br />

Düsseldorf und beim OLG Düsseldorf, im Justizministerium NRW u. a.<br />

persönlicher Referent des Ministers und schließlich Präsident des LG<br />

Mönchengladbach. Kurz vor der Pensionierung leitete er kommissarisch<br />

die Direktion Recht der Treuhandanstalt Berlin.<br />

Rüdiger Hahn ist Rechtsanwalt in Burgdorf bei Hannover und Regional-<br />

beauftragter des <strong>Forum</strong> <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> des Landgerichtbezirks<br />

Hildesheim. Die Arbeitsschwerpunkte sind Miet- und Wohnungseigentumsrecht<br />

sowie Gesellschaftsrecht.<br />

r.hahn@baakundreichelt.de<br />

Inka Pichler ist Rechtsanwältin und Partnerin der Sozietät Kasten, Mat-<br />

tern & Pichler in Wiesbaden. Ihr Hauptaugenmerk liegt in der nationalen<br />

und internationalen Betreuung von Firmenkunden im Verkehrs-, Versicherungs-<br />

sowie Transport- und Speditionsrecht. Ergänzend ist sie<br />

Referentin und Fachautorin für branchenspezifische Zeitschriften und<br />

Seminare. www.kmp-recht.de<br />

Tobias Gammelin ist Architekt und Baubiologe. Er ist Partner des Büros<br />

GRÜNHAUS ARCHITEKTEN in Potsdam. Das Büro bietet Bauherren umfassende<br />

baubiologische und ökologische Planung und Ausführung von<br />

Gebäuden und Räumen.<br />

www.gruenhaus-architekten.de<br />

Sascha Mönch ist freier Journalist in Weimar. Er arbeitet unter anderem<br />

für den MDR im Bereich Sport und liebt vor allem Sprache.<br />

Sasch_moench@hotmail.com<br />

Johanna Busmann ist selbstständiger Coach für Führungskräfte und<br />

Trainerin für Rhetorik, Kommunikation, Verhandlungsführung und Konfliktmanagement<br />

in Hamburg . Sie ist spezialisiert auf Beratung und<br />

Training von Rechtsanwälten und deren Mitarbeitern.<br />

info@busmann-training.de<br />

Silke Waterschek ist seit 2005 in eigener Kanzlei in Heilbronn als Rechts-<br />

anwältin und Mediatorin mit den Schwerpunkten Familien-, Straf- und<br />

Vertragsrecht tätig. Sie ist Regionalbeauftragte des FORUMs für den LG-<br />

Bezirk Heilbronn und seit Mai 2007 die Vorsitzende des Geschäftsführenden<br />

Ausschusses des FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong>.<br />

info@kanzlei-waterschek.de<br />

Henrik Franz ist Justitiar bei der AOK Hessen in Bad Homburg und<br />

selbstständiger Rechtsanwalt in Frankfurt a. M. Er ist FA für Arbeitsrecht.<br />

Weitere Schwerpunkte sind Baurecht, gewerblicher Rechtsschutz und<br />

Wettbewerbsrecht. Er der Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk Frankfurt<br />

a. M. Anwalt_H.Franz@email.de<br />

Daniel Preiß ist selbstständiger Rechtsanwalt in Schwäbisch Gmünd. Er<br />

ist Vertrauensrechtsanwalt des Automobilclubs von Deutschland e.V.<br />

(AvD) und Mitglied der Deutschen Akademie für Verkehrswissenschaft<br />

e.V.. Tätigkeitsscherpunkte sind das private Baurecht, Arbeits- und<br />

Familienrecht. epost@anwaltskanzlei-preiss.de<br />

Noreen Loepke ist selbstständige Rechtsanwältin in Plauen und Fachanwältin<br />

für Handels- und Gesellschaftsrecht und Wirtschafstmediatorin.<br />

plauen@iovos.de<br />

Dr. Markus Lintner ist Rechtsanwalt in Nürnberg mit Schwerpunkt<br />

Wettbewerbsrecht sowie IT-Recht und IT-Compliance. Er ist seit 2008<br />

außerdem als Datenschutzbeauftragter tätig.<br />

info@meixner-rsm.de<br />

Katrin Spelmeyer ist seit 1999 angestellte Rechtsanwältin bei HDI Gerling<br />

und dort im Bereich Vermögensschadenshaftpflicht und Heilwesen tätig.<br />

Katrin.spelmeyer@hdi-gerling.de<br />

Martin Lang ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht in München.<br />

Er ist Mitglied der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer.<br />

Von 1999 - 2007 war er im <strong>Forum</strong> <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> zunächst<br />

Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses und dann dessen Vorsitzender.<br />

ra.martin.lang@t-online.de<br />

Dr. Christoph Triltsch ist seit Februar 2006 selbstständiger Rechtsanwalt<br />

in Kiel mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht, Mietrecht, Internetrecht<br />

sowie Verkehrsrecht. Er ist Regionalbeauftragter des LG-Bezirkes Kiel.<br />

Christoph_Triltsch@web.de<br />

Carmen Grebe ist seit 2001 als selbstständige Rechtsanwältin mit eigener<br />

Kanzlei in Köln tätig. Sie ist Fachanwältin für Familienrecht. Weitere<br />

Schwerpunkte liegen im Erbrecht und allgemeinen Zivilrecht. Sie ist RB<br />

für den LG Köln und in der AG Familienrecht im DAV tätig.<br />

C.Grebe@ra-grebe.de<br />

Ilona Cosack ist seit zehn Jahren als Beraterin für Rechtsanwälte tätig,<br />

zuvor hat sie 18 Jahre lang Kanzleien geleitet. Neben einer betriebswirtschaftlichen<br />

Ausbildung sind ihre Fortbildungsschwerpunkte<br />

Marketing und Management. Für Kammern und Vereine ist sie Referentin<br />

zu allen Themen des Anwaltsmanagements. cosack@abc-anwalt.de


Service / Das letzte Wort<br />

Das letzte Wort<br />

Recht auf 2,00 Euro - Ein Anwalt geht aufs Ganze<br />

Mandanten sind es, die den Streit lieben und<br />

wollen! Oder sind es gar wir selbst? Sex ist gut,<br />

wenn er schmutzig ist und Streit nur, wenn es<br />

(ausschließlich) ums Prinzip geht! Letzteres jedenfalls<br />

könnte ein Kollege aus Augsburg in eigener<br />

Sache gedacht haben, als er sich für den unglaublichen<br />

Forderungsbetrag von acht Euro gegen einen<br />

Baumarkt in Stellung brachte.<br />

Der Baumarkt hatte sich geweigert, dem Rechtsanwalt<br />

Reisekosten in nämlicher Höhe zu erstatten,<br />

die er wegen eines Umtauschs einer mangelhaften<br />

Sache aufwenden musste. Das Amtsgericht Augsburg<br />

verdonnerte den Baumarkt zur Zahlung von<br />

zwei Euro an den engagiert kämpfenden Kollegen.<br />

Die Schadensersatzklage hatte er jedoch im<br />

laufenden Verfahren in Höhe von sechs Euro wegen<br />

eines „Schreibfehlers“ zurückgenommen.<br />

Richtig schmutzig, aber eben nicht sexy wurde es<br />

für den streitlustigen Kollegen, als er daraufhin<br />

Dreiviertel der Kosten des Rechtsstreits schultern<br />

durfte, immerhin 123,19 Euro. Beinah folgerichtig<br />

sein Widerstand gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss.<br />

Doch der nutzte nichts. Die Begründung,<br />

das Amtsgericht hätte nicht ausreichend und<br />

rechtzeitig auf die Kostenlast hingewiesen und den<br />

Kläger somit überrascht, teilte das Gericht nicht<br />

und wies die Rüge zurück. Wegen Nichterreichens<br />

Ausblick und Impressum<br />

Ausblick:<br />

Schwerpunkt in Heft 4/<strong>2009</strong>: Frauen und Männer<br />

Redaktionsschluss:<br />

Heft 4/<strong>2009</strong> (Dezember-Ausgabe), 15. Oktober <strong>2009</strong><br />

Impressum:<br />

Redaktion verantwortlich für diese Ausgabe: Stefanie Salzmann,<br />

RAin Anke Schiller-Mönch, RA Patrick Ruppert, RA Percy Ehlert.<br />

Bildredaktion: Andrea Vollmer<br />

Bücherforum: Jens Jenau<br />

Chefredaktion: RA Tobias Sommer, Mitglied im Geschäftsführenden<br />

Ausschuss des FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im DAV<br />

Erscheinungsweise: vierteljährlich<br />

(März/Juni/September/Dezember)<br />

Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1.1.<strong>2009</strong><br />

Redaktionsanschrift:<br />

Redaktion <strong>AdVoice</strong>, Deutscher Anwaltverein<br />

Littenstraße 11, 10179 Berlin<br />

Tel. <strong>03</strong>0 / 7261520<br />

ADVOICE 02/09<br />

Eisern bleiben! – auch wenn’s nur um Peanuts geht!<br />

der Berufungssumme ist weiterer Streit wohl unwahrscheinlich.<br />

Oder ist mit dem Gang nach Karlsruhe<br />

zu rechnen? Nachzulesen unter AG Augsburg,<br />

Az. 17 C 2311/08.<br />

RA und Journalist Patrick Ruppert, Köln<br />

Anzeigenverwaltung:<br />

sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos<br />

Siegburger Str. 123, 53229 Bonn<br />

Tel. 0228 / 97898-10, Fax: 0228 / 97898-20<br />

E-Mail: roos@sales-friendly.de<br />

Bezugspreis 47,00 EUR (inkl. MwSt.)<br />

zzgl: Versandkosten für 4 Ausgaben.<br />

Einzelheft: 14,50 EUR.<br />

Für Mitglieder des FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im Deutschen<br />

Anwaltverein ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag<br />

enthalten.<br />

ISSN 1437-3084<br />

Lektorat Textmanufaktur MA PAROLE, www.ma-parole.de<br />

Layout/Satz: GUDMAN DESIGN WEIMAR, www.gudman.de<br />

Druck: Liebeskind Druck, Apolda<br />

Auflage: 14.000<br />

Artikel und Beiträge sind Meinungsäußerungen der Autoren<br />

und geben nicht immer die Meinung der Redaktion bzw. des<br />

Deutschen Anwaltvereins und seiner Gremien wieder.<br />

Foto: krümel . pixelio.de<br />

Linktipps zur Mobilität<br />

DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht:<br />

neue Mandanten via schadenfix.de<br />

Diskussionsforum, Mustertexten etc.<br />

http://www.verkehrsrecht,de und<br />

http://verkehrsanwaelte.de<br />

Weitere Treffpunkte<br />

von Verkehrsrechtlern im Netz<br />

http://www.captain-huk.de<br />

https://www.xing.com/net/verkehrsrecht<br />

http://www.unfall-recht.info/<br />

Deutsche Verkehrsflughäfen<br />

http://www.azworldairports.com/azworld/<br />

p1600.cfm<br />

Umfangreiche Linksammlung<br />

zum Thema Reisen<br />

http://www.sellpage.de/reiseinformationen/<br />

index.html<br />

Wetterportal<br />

http://www.wetteronline.de<br />

Reiserecht<br />

http://www.internetratgeberrecht.de/<br />

Reiserecht/hauptseite.htm<br />

http://www.reiserecht-fuehrich.de<br />

http://www.ronald-schmid.de/reiserecht.html<br />

http://www.hera.fh-heilbronn.de<br />

Eures - EU-Portal zur beruflichen Mobilität<br />

http://ec.europa.eu/eures<br />

Wechselkursarchiv für 164 Währungen<br />

http://www.oanda.com/convert/classic?lang=de<br />

Bundesfinanzministerium Informationen<br />

rund um das Thema Mobilität und Reisen<br />

http://tinyurl.com/nd4k4h bzw.<br />

http://www.bundesfinanzministerium.de/DE/<br />

Buergerinnen_und_Buerger/Mobilitaet_und_<br />

Reisen/node.html<br />

Zusammengetragen von<br />

RA Martin Lang, München<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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52 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />

Kanzleigründung im Plattenbauschlafzimmer<br />

Von der ostdeutschen Richterin zur westdeutschen Anwältin<br />

Beate Kahl ist Rechtsanwältin in Ludwigsfelde<br />

bei Berlin. Als die Mauer fiel, war sie 27 Jahre<br />

alt und Richterin am Bezirksgericht Zossen.<br />

Zwei Jahre später gründete sie mit einer anderen<br />

Richterkollegin ihre noch heute bestehende<br />

Kanzlei.<br />

A: Frau Kahl, welche Bedeutung hatte die Wende<br />

für Sie: persönlich, politisch und beruflich?<br />

Kahl: Beruflich stand ich damals vor der Schwierigkeit,<br />

mein juristisches Wissen in einem mir<br />

fremden Land mit einem völlig anderen Rechtssystem<br />

anwenden zu müssen. Es gab anfangs<br />

rechtlich ein paar Versuche, ein vereinigtes Recht<br />

zu entwickeln. Aber es dauerte nicht lange, ich<br />

glaube, spätestens nach einem halben Jahr war<br />

davon keine Rede mehr. Im Wesentlichen wurde<br />

das Recht der Bundesrepublik auf die ehemalige<br />

DDR übertragen.<br />

Das gesamte DDR-Recht war in einem Verzeichnis<br />

gesammelt, das hatte für den Zeitraum vom 7.10.<br />

1949 bis 31.12.1972 811 Seiten. An den Bezeichnungen<br />

der Gesetze konnte man erkennen, was<br />

darin geregelt ist. Versuchen Sie mal, ein Verzeichnis<br />

sämtlicher in der Bundesrepublik in nur einem<br />

Jahr geltenden Rechtsvorschriften auf 811 Seiten<br />

zu bekommen. Jetzt können Sie sich vielleicht vorstellen,<br />

welche gewaltige Umstellung für uns DDR-<br />

Juristen erforderlich war.<br />

Bis zur Wende hatte ich manchmal das Gefühl,<br />

mein Leben fährt auf einem Gleis, an dem vielleicht<br />

hier oder da mal eine Weiche gestellt werden<br />

musste. Plötzlich war auch das anders. Das Gleis<br />

war zu Ende und ich musste trotzdem meinen Weg<br />

finden. Das hatte ich mir eigentlich immer gewünscht.<br />

Aus heutiger Sicht eröffneten sich für mich mit der<br />

Wende in jeder Hinsicht neue Perspektiven. Beruflich<br />

stand für mich die Entscheidung zwischen<br />

Richter und Anwalt. Andere Einsatzmöglichkeiten<br />

sah ich nicht. Ich habe heute beruflich viel mehr<br />

Freiräume, aber auch das Risiko des wirtschaftlichen<br />

Untergangs. Der Wegfall der sozialen Geborgenheit<br />

ist für mich der größte Verlust.<br />

Persönlich bedeutete die Wende für mich einerseits<br />

weniger Freizeit, weniger Zeit für soziale Kontakte,<br />

weniger Möglichkeiten zur Vereinbarung von Beruf<br />

und Familie, weniger Kultur, mehr Kommerz, mehr<br />

Egoismus, wachsende Bedeutung von Geld und<br />

materiellem Wohlstand als gesellschaftlich aner-<br />

kanntem Wert. Dabei habe ich aber den schnell<br />

wachsenden Wohlstand nach der Wende natürlich<br />

als sehr angenehm empfunden und auch die<br />

Entwicklung von mehr Selbstbewusstsein, mehr<br />

Toleranz, mehr Individualität.<br />

Politisch habe ich mich nach der Wende eher<br />

zurückgezogen. Ich war 27 Jahre und vom System<br />

des Sozialismus überzeugt. Ich war auch politisch<br />

engagiert und habe während des Studiums ein politisches<br />

Amt bekleidet. Ich habe mich bei meinen<br />

Entscheidungen jedoch immer von bestimmten, mir<br />

wichtigen Grundwerten leiten lassen, wie Menschlichkeit,<br />

Verständnis und Achtung gegenüber anderen<br />

Menschen, ihren Gefühlen, Ansichten und<br />

ihrer Arbeit. Sofern ich mich manchmal aus politischen<br />

Gründen über diese Werte hinweggesetzt<br />

habe, sehe ich das aus heutiger Sicht als Fehler. Seit<br />

der Wende bin ich nicht mehr politisch, aber sozial<br />

engagiert. Ich glaube auch, dass es wichtig ist,<br />

politisch Partei zu ergreifen, aber immer an der<br />

Sache und an den Menschen orientiert.<br />

A: Wären Sie Anwältin geworden, wenn es die<br />

Wende nicht gegeben hätte?<br />

Kahl: Nein, ich wollte nie Anwältin werden. Ich<br />

hätte mein Gleis wahrscheinlich nicht verlassen.<br />

A: Was war die Motivation, 1991 auf die Seite der<br />

Anwälte zu wechseln?<br />

Kahl: Dafür gab es politische, fachliche und tatsächliche<br />

Gründe. Bis 1989 war die Bundesrepublik<br />

für mich feindlich. Da hatte ich gefühlsmäßig<br />

schon ein paar Schwierigkeiten, juristischer Diener<br />

dieses Staates zu werden. Außerdem wurde ich zur<br />

Prüfung, ob ich als Richter übernommen werden<br />

kann, in einem Fragebogen von ca. vier Seiten<br />

umfangreich nach meiner politischen Vergangenheit<br />

und meiner derzeitigen politischen Betätigung<br />

befragt und auch danach, ob ich oder auch meine<br />

Verwandten Mitglied der PDS seien. Ich fühlte mich<br />

politisch verfolgt. Das Gefühl kannte ich bis dahin<br />

nicht.<br />

Fachlich war die Situation am Gericht in Zossen<br />

unerträglich. Wir erhielten zwar ein paar Schulungen<br />

durch westdeutsche Richter, uns standen<br />

jedoch keinerlei aktuelle Bücher oder Zeitschriften<br />

zur Verfügung. Ich erinnere mich noch, dass ich<br />

1990 mit einem Palandt von, ich glaube 1982, arbeiten<br />

musste. Mit DDR-Rechtskenntnissen und<br />

nahezu ohne Literatur musste ich dann in Zossen<br />

den häufig erscheinenden, sehr selbstbewussten,<br />

aus damaliger Sicht für mich gelackten und zum<br />

Teil widerlich überheblichen Anwälten aus West-<br />

Berlin gegenübertreten. Sie waren mir jedenfalls<br />

fachlich zu dieser Zeit in jeder Hinsicht überlegen.<br />

Kein gutes Gefühl als Richter.<br />

A: Und dann haben Sie sich als Anwältin selbständig<br />

gemacht?<br />

Kahl: Eine Richterkollegin, die bereits formell die<br />

Anwaltszulassung beantragt hatte, fragte mich, ob<br />

wir zusammen eine Kanzlei gründen wollen. Ich<br />

habe „ja“ gesagt.<br />

Bevor man eine Entscheidung solcher Tragweite<br />

trifft, sollte man mit möglichst vielen, mit der<br />

Materie vertrauten, erfahrenen Menschen sprechen<br />

und ihre Meinung nicht unterschätzen. Das<br />

war für mich seinerzeit allerdings insofern schwierig,<br />

als ich wenig Kontakte zu Menschen aus den<br />

alten Bundesländern hatte.<br />

A: Sehen Sie grundlegende Unterschiede zwischen<br />

den Situationen einer anwaltlichen Berufsanfängerin<br />

damals und heute?<br />

Kahl: In Ludwigsfelde gab es 1991 eine Anwaltskanzlei<br />

mit zwei Anwälten, das waren wir. Heute<br />

sind dort ca. 20 bis 25 Anwälte tätig. In der<br />

gesamten DDR gab es 1990 circa 600 Anwälte, in<br />

Westberlin 1200. Wir haben damals im Schlafzimmer<br />

einer Plattenbauwohnung unser Büro eingerichtet.<br />

Die Mandanten warteten auf einem<br />

Stuhl vor der Toilettentür. Unser einziges Marketing<br />

war ein Schild neben der Eingangstür und, ich<br />

glaube, eine Annonce zur Kanzleieröffnung. Die<br />

Bedeutung des Wortes Akquise war uns fremd. Als<br />

Kommunikationsmittel besaßen wir lediglich ein<br />

aktentaschengroßes C-Netz Mobilfunktelefon.<br />

Einen Festnetztelefon- und damit Faxanschluss<br />

gab es nicht. Als Schreibtechnik stand uns immerhin<br />

schon ein Robotron Personalcomputer mit dem<br />

Textverarbeitungsprogramm Q-text adress und<br />

einem Nadeldrucker zur Verfügung. Bedienen<br />

konnte ich das Teil zunächst nicht, denn ich hatte<br />

zu Ostzeiten noch keinen PC gesehen. Der Umsatz<br />

im ersten Monat lag bei ca. 50 DM, die wir in einer<br />

Kasse unter dem Schreibtisch vereinnahmten. Davon<br />

wollten wir irgendwann Bücher kaufen. Wir<br />

hatten keine Ahnung davon, dass von den 50 DM<br />

ein nicht unerheblicher Teil dem Finanzamt gehört.<br />

Unseren ersten Palandt (vorletze Auflage) schenkte<br />

uns ein netter Berliner Kollege. Im übrigen suchten


wir zwecks juristischer Recherchen die Bibliothek<br />

auf. Trotz abgeschlossener Juristenausbildung<br />

brauchten wir einige Zeit, um den Palandt stolperfrei<br />

lesen zu können, wegen der vielen, uns nicht<br />

vertrauten Abkürzungen.<br />

A: Die juristischen Schlagzeilen haben nach der<br />

Wende Themen wie die Mauerschützen-Prozesse,<br />

Gauck-Behörde, Eigentumsrückübertragung etc.<br />

bestimmt. Hat sich das auch in Ihrem beruflichen<br />

Alltag bemerkbar gemacht?<br />

Kahl: Mein beruflicher Alltag war davon kaum<br />

berührt. Dafür war meine Zeit als Jurist in der DDR<br />

zu kurz und ich war zu wenig clever, meine DDR-<br />

Vergangenheit zu vermarkten. Die Berührungspunkte<br />

mit diesen Angelegenheiten bestanden eher<br />

im privaten Bekanntenkreis. Mein Alltag war<br />

seinerzeit davon geprägt, das Recht der Bundesrepublik<br />

beherrschen zu lernen. Ich habe ein<br />

juristisches Repetitorium besucht und juristische<br />

Bücher studiert, bei Gerichten hospitiert, um ein<br />

neues Selbstbewusstsein gekämpft und um meine<br />

wirtschaftliche Existenz. Ich habe alle Mandate<br />

angenommen. Es waren Mandate aus allen möglichen<br />

Bereichen. Da ich als Richterin schon vorwiegend<br />

im Arbeitsrecht tätig war, wollte ich gern<br />

auf diesem Gebiet arbeiten.<br />

A: Gibt es spezifische Erfahrungen aus der Wendeund<br />

Nachwendezeit, die für Ihre berufliche Tätigkeit<br />

bis heute prägend sind?<br />

Kahl: Ich kenne die Denk-und Verhaltensweisen<br />

der Menschen in der ehemaligen DDR, die sich<br />

nach meiner Ansicht insbesondere bei älteren<br />

Menschen auch heute zum Teil noch deutlich von<br />

denen der Menschen in den alten Bundesländern<br />

unterscheiden. Dies ist für meinen Beruf sehr<br />

hilfreich.<br />

Vielleicht hat für mich die durch die plötzliche<br />

gesellschaftliche Änderung besonders spürbare Erfahrung,<br />

dass die Auslegung von Gesetzen immer<br />

politisch und durch gesellschaftliche Moralvorstellungen<br />

geprägt ist, eine besondere Bedeutung.<br />

Ist man in eine Gesellschaft integriert, erfordert es<br />

einen umfassenden Weitblick, zu erkennen, ob<br />

diese politischen oder gesellschaftlichen Maßstäbe<br />

richtig sind. Woran soll das gemessen werden? Und<br />

es kostet sehr viel Mut, davon abzuweichen. Es ist<br />

auch unbequem. Meine Erfahrung ist, dass es nur<br />

ganz wenige Menschen gibt, die dazu in der Lage<br />

sind. Ich kann nicht sagen, dass das für mich<br />

prägend wäre. Aber ich bin vielleicht aufmerksamer<br />

geworden.<br />

Frau Kahl, wir danken für Ihre offenen Antworten!<br />

Das Gespräch führte <strong>AdVoice</strong>-<br />

Redakteur und RA Percy Ehlert, Berlin.<br />

20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />

Beate Kahl wollte nie Anwältin werden. Foto: privat<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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54 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />

Von einem, der auszog, den Osten zu erobern<br />

Die Wendegeschichte eines Juristen, der heute Chef einer Friseurkette ist<br />

1990 sprach sich schnell herum, dass da einer aus dem Westen ist, der Ahnung hat. Thomas L. Kemmrich ist heute Chef einer großen Friseurkette. Foto: Sascha Mönch<br />

Als Thomas L. Kemmerich am 10. Juni 1989 das<br />

erste Mal nach Weimar und Dresden kam, war<br />

das für ihn, wie er sagt, „eine Zeitreise“. Heute<br />

lebt der gebürtige Aachener Jurist in Thüringen,<br />

hat hier Frau und sechs Kinder, betreibt eine<br />

Friseurkette und marschiert gerade mit großen<br />

Schritten für die FDP in den Thüringer Landtag.<br />

Wir sitzen im „Resi“ – einem über die Grenzen Weimars<br />

hinaus bekannten Lokal, in dem schon so<br />

manche Berühmtheit ihren Kaffee geschlürft hat.<br />

Neupolitiker Kemmerich erinnert sich an seine<br />

erste Reise in die damalige DDR: „Die Autos – das<br />

war wie in alten Filmen.“ Der smarte Mittvierziger,<br />

der eigentlich immer lacht, hält inne, wird nachdenklich.<br />

„Man hat sich nicht damit auseinandergesetzt,<br />

dass jenseits der Mauer Menschen wie<br />

du und ich leben.“<br />

»Mein Vater – der hat den Fernseher<br />

ausgeschaltet, wenn die DDR eine<br />

Goldmedaille gewonnen hat. Er hatte<br />

tiefe Vorurteile.«<br />

Wieder eine kurze Pause. „Mein Vater – der hat den<br />

Fernseher ausgeschaltet, wenn die DDR eine Goldmedaille<br />

gewonnen hat. Er hatte tiefe Vorurteile“,<br />

erinnert er sich. So ist er aufgewachsen, macht in<br />

Aachen Abitur, studiert in Bonn Jura, lernt parallel<br />

Kaufmann und studiert anschließend BWL in<br />

Aachen.<br />

Keine Frage – Thomas L. Kemmerich wird in die<br />

Wirtschaft gehen. Aber nicht einfach so, in einen<br />

Großkonzern, mit geregelten Arbeitszeiten, siche-<br />

rem Einkommen, sechs Wochen Urlaub im Jahr –<br />

dafür ist er nicht gemacht. Thomas L. Kemmerich<br />

will selbst Unternehmer werden. Er ist offener als<br />

der Vater. Osteuropa hat es ihm angetan. Budapest<br />

oder Prag – das sind seine Ziele. Dann bekommt er<br />

zwei Einladungen nach Erfurt, folgt ihnen und<br />

erlebt die Wende im Osten: „Ich hab’ gespürt: Hier<br />

passiert was. Es knallt, aber friedlich.“<br />

Seine Augen funkeln, und man kann sie beinahe<br />

spüren, die Aufbruchstimmung, die vor 20 Jahren<br />

hier herrschte.<br />

»Ich war 24, hier tat sich<br />

Sensationelles. Ich sagte einfach ja,<br />

ohne groß nachzudenken.«<br />

„Am 07. Oktober 1989 haben sie mir in Berlin die<br />

Einreise verweigert.“ Also kommt er am 01.11.1989<br />

wieder – erlebt in Erfurt, wie die Mauer fällt. „Dass<br />

das so schnell geht, hätte ich nie gedacht. Die<br />

Stimmung hier war einfach sensationell.“ Die Entscheidung,<br />

in Thüringen zu bleiben, ist gefallen.<br />

Jungunternehmer Kemmerich trifft Leute vom<br />

„Demokratischen Aufbruch“, die ihn fragen, ob er<br />

helfen könne. „Ich war 24, hier tat sich Sensationelles.<br />

Ich sagte einfach ja, ohne groß nachzudenken.“<br />

Also hält er seinen ersten Vortrag über<br />

soziale Marktwirtschaft. Das ist Anfang Januar<br />

1990. Es spricht sich schnell herum, dass da einer<br />

aus dem Westen ist, der Ahnung hat. „Ein Kombinatsmann<br />

kam auf mich zu und bat mich um<br />

Hilfe.“ Ein paar Tage später ist er arbeitsfähig, eröffnet<br />

sein Büro.<br />

„Unternehmensberatung“ steht auf dem Schild an<br />

der Tür. Die notwendigen Genehmigungen vom<br />

damaligen Kreisamt hat er in der Tasche. „‚Wieviel<br />

wollen Sie denn so verdienen?’, hatte mich die<br />

Dame dort gefragt. Ich sagte: ‚So 150 Mark.’ ‚Im<br />

Monat?’, fragte sie. ‚Nein – in der Stunde’, antwortete<br />

ich. Dann sie wieder: ‚Machen Sie doch,<br />

was Sie wollen!’“ Er amüsiert sich heute noch über<br />

diese Szene. Von da an berät er LPGs – wandelt<br />

viele in AGs um. „80% der Unternehmen, die wir<br />

damals betreuten, sind noch am Markt“, schätzt<br />

Kemmerich.<br />

Irgendwann ist mal ein Friseur dabei, nahezu insolvent.<br />

„Können Sie uns bitte helfen, wir haben aber<br />

kein Geld“, lautete die Anfrage. Das Projekt wurde<br />

zur Chefsache. Heute hat die Friseurkette Masson<br />

50 Geschäfte in Thüringen, Berlin und Leipzig mit<br />

350 Mitarbeitern.<br />

Ach ja – und vor drei Jahren kam die Politik. „Mit<br />

40 denkt man sich solche Sachen halt aus. Politisch<br />

aktiv war ich schon immer, z.B. in der <strong>Junge</strong>n Union<br />

in Aachen.“ Außerdem: „Ich verfolgte die politische<br />

Entwicklung genau; auch, dass die LINKE immer<br />

mehr die Rathäuser eroberte.“ Das war nicht nach<br />

seinem Gusto. Er engagierte sich wieder politisch,<br />

für den Mittelstand. „Es fing an, Spaß zu machen.“<br />

Sollte Kemmerich tatsächlich in den Thüringer<br />

Landtag einziehen – es wäre die dritte, persönliche,<br />

Wende in seinem Leben. Das mit der Rechtspflege<br />

nicht mehr viel zu tun hat. Thomas L. Kemmerich<br />

macht nicht den Eindruck, als würde ihn das stören.<br />

RAin und Journalistin<br />

Anke Schiller-Mönch, Weimar


20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />

Thomas L. Kemmrich, Chef der Friseurkette Masson mit 50 Geschäfte in Thüringen, Berlin und Leipzig. Foto: Masson<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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56 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />

Inspektor Grünschnabel<br />

42 Monate bei der Treuhandnachfolgerin BvS<br />

Die wirtschaftlichen Folgen des Endes der DDR<br />

zu bewältigen, bot nicht nur für alte Juristenhasen<br />

ungeahnte Herausforderungen. Noch<br />

Jahre nach dem Mauerfall gab es drängende<br />

juristische Fragen zu bearbeiten:<br />

Eine Gelegenheit für junge Juristen, bei der<br />

Treuhandnachfolgerin BvS das Spannungsfeld<br />

zwischen akademisch-juristischem Ideal und<br />

pragmatischer Problembewältigung kennen zu<br />

lernen.<br />

Dieter R. kam im Herbst 1996 zur Bundesanstalt<br />

für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS),<br />

so hieß die Treuhandanstalt seit Januar 1995. Er<br />

wollte die Zeit bis zum Beginn des Referendariats<br />

überbrücken und wurde dem Direktorat Vertragsmanagement<br />

zugeordnet. Das überwachte die<br />

Einhaltung der Privatisierungsverträge durch die<br />

Erwerber von Unternehmen.<br />

Eine anspruchsvolle Aufgabe für einen Frischling<br />

von der Uni, in zuarbeitender Funktion mögliche<br />

Vertragsverletzungen von Unternehmenskäufern<br />

zu untersuchen. So etwa, als ein Investor nicht<br />

mehr benötigte Gebäude samt Fundamenten<br />

abräumte und die Kosten vom Steuerzahler erstattet<br />

verlangte. Der Privatisierungsvertrag regelte<br />

jedoch ausdrücklich, dass erstattungsfähig nur die<br />

Kosten für das Beseitigen bestimmter Altanlagen<br />

bis auf ein Niveau von 30 Zentimetern unter Geländeoberkante<br />

waren, darunter nur bei Nachweis<br />

der Notwendigkeit für ein konkretes Neubauvorhaben.<br />

Suche nach Perspektive<br />

Eine eigene Perspektive zu finden, war für den Jungjuristen<br />

Dieter mit erstem Staatsexamen schwierig<br />

bis unmöglich. „Was bitte ist eine Bilanz?“ war eine<br />

der Fragen, die er sich zu stellen hatte. Und offenbar<br />

spielten auch gewisse politische Erwägungen eine<br />

Rolle. Jedenfalls sprach Dieters Chef einmal davon,<br />

dass es auch darum gehe, einige der Zuckerstückchen<br />

wieder einzusammeln, die den Investoren bei<br />

den Vertragsverhandlungen ausgelegt worden seien.<br />

Jedenfalls gab es bisweilen irritierte Reaktionen auf<br />

Seiten der Erwerber, wenn BvS-Mitarbeiter sich bei<br />

der Vertragsauslegung eng an den Wortlaut hielten.<br />

Die große Politik: Da gab es ein gewaltiges öffentliches<br />

Tam-Tam um den Verkauf der Mitteldeutschen<br />

Erdölraffinerie in Leuna an Elf Aquitaine. Der Verdacht<br />

wurde laut, die Franzosen hätten den Zuschlag<br />

aufgrund von Bestechung erhalten. Da<br />

wollten es die Politiker ganz genau wissen und das<br />

zuständige Vertragsteam bei der BvS musste die<br />

Akten aufarbeiten. Von diesen Leuten hat Dieter<br />

gehört, dass gar nicht erkennbar gewesen sei, wes-<br />

halb Elf hätte schmieren sollen. Es habe bei der<br />

Privatisierung keinen Wettbewerber gegeben, der<br />

bereit war, ebenso große Verpflichtungen einzugehen<br />

und eigenes Geld anzufassen.<br />

Skandal! Skandal?<br />

Politischen Ärger hat Dieter auch erlebt, als ein<br />

Unternehmen von einem Treuhand-Berater aufgekauft<br />

wurde. Da war von einem anrüchigen Insidergeschäft<br />

die Rede. Nach allem jedoch, was Dieter<br />

über den Vorgang in Erfahrung bringen konnte, war<br />

es eher so, dass das verkaufte Unternehmen einen<br />

erheblichen Instandhaltungsrückstau hatte, der im<br />

Kaufpreis nicht angemessen berücksichtigt worden<br />

war.<br />

Damals ist Dieter, frisch von der Uni kommend, mit<br />

der reinen Vertragsrechtslehre an die ihm zur Prüfung<br />

gegebenen Vorgänge herangegangen. Aus<br />

heutiger Sicht scheint ihm, dass es in vielen Fällen<br />

gute Gründe gab, den Privatisierungsprozess mit<br />

einer ordentlichen Portion Pragmatismus zu begleiten.<br />

Jedenfalls hatte er immer, so versichert Dieter,<br />

den größten Respekt vor der persönlichen Integrität<br />

der Juristen, Ingenieure und Betriebswirte der BvS,<br />

mit denen er Umgang hatte.<br />

RA Percy Ehlert, Berlin<br />

Großes öffentliches Tam Tam gab es um den Verkauf der Erölraffinerie in Leuna an das französische Unternehmen Elf Aquitaine. Foto: hennesd . pixelio.de


20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />

Bei verkauften maroden Industrieobjekten entstand nicht selten ein großer Instandhaltungsstau. Foto: Kurt Michel . pixelio.de<br />

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58 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />

Fall ohne Gleichen<br />

100 Tage Direktor Recht in der Treuhandanstalt Berlin<br />

Hausausweis der Treuhandanstalt. Repro: Andrea Vollmer<br />

Der erste Leiter der Direktion Recht der Treuhandanstalt<br />

berichtet von den Pionieraufgaben<br />

bei der Neuordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

in der ehemaligen DDR. Am 10. September<br />

1990, kurz vor meiner Pensionierung als<br />

Landgerichtspräsident in Mönchengladbach, bin<br />

ich bei der Treuhandanstalt in Berlin als kommissarischer<br />

Leiter der Rechtsabteilung eingesprungen,<br />

und zwar bis zum Ende des Jahres<br />

1990.<br />

Während dieser Zeit entwickelte sich die Treuhandanstalt<br />

unter der Leitung ihres Präsidenten<br />

Rohwedder vom von der Regierung Modrow<br />

eingesetzten Provisorium zur kompetenten Bundesanstalt<br />

für die Neuordnung der gesamten<br />

ehemaligen DDR-Volkswirtschaft. Wenn auch die<br />

Erwartungen erst im Ansatz erfüllt werden konnten,<br />

wurde – entgegen weitgehend unberechtigter<br />

Kritik – von „Wessis“ und „Ossis“, vom Vorstand bis<br />

zu den Sekretärinnen, mit ungeheurem Einsatz<br />

gearbeitet. Die Größe der Aufgabe war unvorstellbar,<br />

es handelte sich schließlich um den Verkauf,<br />

die Sanierung oder Stilllegung von zigtausend<br />

Einzelunternehmen mit ca. 6 Millionen Beschäftigten,<br />

um über 1,7 Millionen Hektar Landwirtschaft,<br />

400 Staatsdomänen, die Stasi-Immobilien<br />

mit 2.900 Objekten und die sogenannte Staatsreserve<br />

im Wert von 650 Millionen DM.<br />

Auch von der Rechtsabteilung wurde fast Unmögliches<br />

verlangt. Es galt bisher unbekannte,<br />

äußerst schwierige juristische Probleme zu lösen,<br />

die aus dem Zusammentreffen zweier gänzlich<br />

unterschiedlicher Rechtskreise, den Unzulänglichkeiten<br />

des Einigungsvertrages und den zahllosen<br />

Schwierigkeiten der DDR-Wirtschaft insbesondere<br />

aus Altlasten und den Altforderungen herrührten.<br />

Wir hatten die Verkaufsverhandlungen juristisch<br />

zu begleiten, Musterverträge und Satzungen zu<br />

entwerfen, und daneben auch Prozesse zu führen.<br />

Unmögliche Aufgaben<br />

Ich selbst war juristisch insbesondere mit den Fragen<br />

des „Unmöglichen“, dem die Rückübertragungsansprüche<br />

für Unternehmen regelnden § 6 des<br />

Gesetzes zur Regelung der offenen Vermögensfragen<br />

und entsprechenden Auseinandersetzungen<br />

mit dem Bundesjustizministerium befasst.<br />

Es wird immer wieder gefragt, ob die Entstaatlichung<br />

der ehemaligen DDR-Wirtschaft nicht hätte<br />

anders, besser gemacht werden können. Nach<br />

meiner Einschätzung jedenfalls grundsätzlich nicht.<br />

Man muss sich vor Augen halten, dass kaum jemand<br />

mit der Wiedervereinigung gerechnet hatte. Eine<br />

Vorbereitung auf diesen Fall hat es nicht gegeben<br />

und es gab auch keinen Vergleichsfall.<br />

Da wir eine bewährte, auf Privatinitiative bauende<br />

soziale Marktwirtschaft hatten und haben, kam nur<br />

eine Angleichung an diese durch eine möglichst<br />

schnelle Privatisierung in Betracht, und zwar durch<br />

eine Institution, der – und das war das Entschei-<br />

dende – für diese ungeheure Aufgabe möglichst<br />

freie Hand von obrigkeitlichen und von Partei-<br />

Einflüssen gelassen wurde. Diese Institution war die<br />

Treuhandanstalt , und ich meine, ihre Erfolge geben<br />

dem Recht.<br />

Als ich aus der Treuhandanstalt Ende 1990 ausschied,<br />

habe ich die weitere Entwicklung sehr<br />

pessimistisch beurteilt. Die „Filet-Stücke“ konnten<br />

zwar schnell abgesetzt werden. Auch die wenigen in<br />

Frage kommenden Großunternehmen, insbesondere<br />

der Autoindustrie waren ihren Verpflichtungen,<br />

nicht nur aus merkantilen Gründen, sondern auch<br />

nationalem Engagement, nachgekommen. Aber was<br />

denn nun?<br />

Erfolgreiche Arbeit<br />

Die produzierenden Unternehmen stellten zu einem<br />

großen Teil Produkte her, die nicht wettbewerbsfähigem<br />

Standard entsprachen, die Maschinen<br />

waren veraltet, stammten zum Teil aus Kriegs- und<br />

Vorkriegszeiten, die Gebäude waren heruntergekommen,<br />

die Personalbestände um das drei- bis<br />

vierfache zu hoch, Altschulden und Altlasten wegen<br />

der Bodenverseuchungen belasteten die die Bilanzen,<br />

die Ost-Märkte mit 60 % des bisherigen<br />

Absatzes waren wegen der DM-Umstellung verschwunden,<br />

geschultes Management und knowhow<br />

fehlten auf allen Gebieten. Und wenn ein<br />

Produkt doch einmal neuestem Standard entsprach,<br />

war es wegen der hohen Fertigungskosten nicht<br />

wettbewerbsfähig. Wer also sollte denn diese Unternehmen<br />

kaufen, mit denen frühestens in 10<br />

Jahren die erste „müde Mark“ zu verdienen war?<br />

Hinzu kamen die nach wie vor ungeklärten Eigentumsverhältnisse,<br />

ferner die erst allmählich funktionierenden<br />

Behörden, die Schaffung ausreichender<br />

Infrastrukturen, insbesondere des Verkehrswesens<br />

und der Kommunikationssysteme.<br />

Der Vorwurf, die Treuhandanstalt habe ganze Industriegegenden<br />

„platt gemacht“, trifft allein das<br />

vorangegangene Regime. Die betreffenden Industriegegenden<br />

waren bereits zugrunde gerichtet,<br />

wenn dies auch so verdeckt war, dass das volle<br />

Ausmaß erst im Nachhinein offenkundig wurde und<br />

zu den bekannten, bedauerlichen Fehleinschätzungen<br />

geführt hat. Es ist erstaunlich und bewunderungswürdig,<br />

dass trotz der aberwitzigen<br />

Schwierigkeiten die Aufgaben der Treuhandanstalt<br />

im wesentlichen bis Ende 1994 ausgeführt wurden.<br />

Dr. jur. Ulrich Firnhaber, Meerbusch


20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />

Ehemaliger Sitz der Treuhandanstalt, heute Bundesministerium der Finanzen Foto: Andrea Vollmer<br />

ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

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60 ADVOICE <strong>03</strong>/09<br />

Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />

DDR Folgen Recht<br />

Ein untergegangener Staat als Regelungsgegenstand bundesdeutschen Rechts<br />

Neue Mauern in Berlins Mitte?<br />

Foto: Tobias Sommer<br />

Die DDR ist untergegangen? Nicht im Recht. Im<br />

Recht ist und bleibt sie präsent. Zahlreiche<br />

Prozesse haben DDR-Sachverhalte, seien es<br />

Äußerungen über angebliche Stasi-Mitarbeit,<br />

Prozesse um die Stasi-Unterlagen, geführt von<br />

Prominenten und so gegensätzlichen Politikern<br />

wie Gysi oder Kohl, Mauerschützen-Prozesse,<br />

Prozesse um Renteneingruppierungen, Anerkennungen<br />

von Ausbildungen, offene Vermögensfragen,<br />

baurechtliche Prozesse um ausgebaute<br />

Wochenendhäuschen usw., usf. In gewissen Anwaltssuchmaschinen<br />

wird noch heute mit dem<br />

Rechtsgebiet „DDR Folgen Recht“ geworben.<br />

Ganze Gesetze beschäftigen sich mit dem Thema<br />

DDR. Und auch in zahlreichen Einzelnormen taucht<br />

der Begriff DDR in den unterschiedlichsten Zusammenhängen<br />

auf, sei es, dass ein Sachverhalt extra<br />

geregelt wird, sei es dass eine DDR-Norm fortgilt,<br />

wie im Fall des Urlaubsanspruchs für Kämpfer<br />

gegen den Faschismus:<br />

„EUrlV DDR (Verordnung über den Erholungsurlaub)<br />

§ 8 Erholungsurlaub für Kämpfer gegen den Faschismus<br />

und Verfolgte des Faschismus, Kämpfer gegen<br />

den Faschismus und Verfolgte des Faschismus<br />

erhalten einen jährlichen Erholungsurlaub von 27<br />

Arbeitstagen. Alle Arten von Zusatzurlaub, mit<br />

Ausnahme des arbeitsbedingten Zusatzurlaubs,<br />

werden bei Vorliegen der Voraussetzungen zusätzlich<br />

gewährt.“<br />

Wie schafft man eigentlich eine Währung ab,<br />

speziell die der DDR? Nun ja, ein Blick ins Gesetz<br />

erleichtert die Rechtsfindung, und zwar in die<br />

„Bekanntmachung über die Außerkurssetzung der<br />

im Beitrittsgebiet noch gültigen Umlaufmünzen<br />

der ehemaligen DDR zu 1, 5, 10, 20 und 50<br />

Pfennig“.<br />

In zahlreichen Einzelnormen finden sich auch 20<br />

Jahre nach dem Mauerfall Regelungen, die speziell<br />

die DDR in den Blick nehmen. Eine größerer Teil der<br />

Regelungen entfällt auf die Anerkennung von amtlichen<br />

Dokumenten, Ausweisen, Urkunden, Titeln<br />

usw. Es geht um Versicherungen, die Währung oder<br />

Renten. Viele Reglungen, vor allem diejenigen, um<br />

die heftig gestritten wird, beziehen sich letztlich auf<br />

das Geld im Portomonaise der beigetretenen Bundesbürger,<br />

um strafrechtliche Verantwortlichkeiten<br />

oder um Wissen und das historische Gedächtnis.<br />

Begriffe wie Beitrittsgebiet, Deutsche Demokratische<br />

Republik und DDR finden sich in mehreren hundert<br />

Normen. Einige Regelungen, die laut Einigungsvertag<br />

fortgelten, sind reichlich absurd, nach § 3 Abs.<br />

2 S. 2 der Fürsorge- und Aufsichtsordnung gilt:<br />

„Der Leiter soll jedoch im Zusammenwirken mit<br />

den Lehrern und Erziehern, der FDJ und Pionierorganisation,<br />

dem Elternbeirat und den Organen<br />

der Volkspolizei durch Aufklärung und Erziehung<br />

dafür Sorge tragen, dass die Sicherheit der Kinder<br />

auf dem Schulweg erhöht wird.“<br />

Das Anliegen ist gut. Neben all dem geschrieben<br />

und gelebtem Recht gibt es noch das Recht in den<br />

Köpfen. In Filmen und Büchern überleben das<br />

Recht und die rechtlichen Wertvorstellungen der<br />

DDR. Das „Recht auf Arbeit“, ein elementarer Wert<br />

der DDR, wird immer mal wieder gefordert. Es wird<br />

auch noch ein paar Jahre dauern, bis ein paar<br />

Millionen ehemalige DDR-Bürger nicht mehr auf<br />

den Gedanken kommen, eine „Eingabe“ einreichen<br />

zu wollen.<br />

RA Tobias Sommer, Berlin<br />

Einige Bundesdeutsche Gesetze, die sich<br />

speziell mit dem Thema DDR beschäftigen:<br />

Einigungsvertrag Samt Nebenbestimmungen<br />

wie z.B. EGRechtÜblV Verordnung zur Überleitung<br />

des Rechts der Europäischen Gemeinschaften auf<br />

das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte<br />

Gebiet<br />

StUG – Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />

der ehemaligen Deutschen<br />

Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz<br />

_ StUG)<br />

DDR-EErfG – Gesetz zur Regelung in der Deutschen<br />

Demokratischen Republik nicht erfüllter<br />

Entschädigungsansprüche aus Enteignung<br />

FinBerG DDR – Gesetz zur Bereinigung von in<br />

der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik<br />

zwischen den öffentlichen Haushalten und<br />

volkseigenen Unternehmen, Genossenschaften<br />

sowie Gewerbetreibenden begründeten Finanzbeziehungen<br />

ASLwApFG – Gesetz zur Förderung der agrarstrukturellen<br />

und agrarsozialen Anpassung der<br />

Landwirtschaft der DDR an die soziale Marktwirtschaft<br />

- Fördergesetz -<br />

SchuldBBerG – Gesetz zur Behandlung von<br />

Schuldbuchforderungen gegen die ehemalige<br />

Deutsche Demokratische Republik<br />

SEDDiktStiftG – Gesetz über die Errichtung einer<br />

Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur<br />

VermG – Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen<br />

Gesetz über den Nachweis der Rechtmäßigkeit<br />

des Erwerbs von Umstellungsguthaben<br />

Gesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen<br />

für Opfer politischer Verfolgung im<br />

Beitrittsgebiet<br />

Treuhandgesetz samt Nebengesetzen und Durchführungsverordnungen


20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />

Checkpoint Charlie: Mit juristischen Mitteln von 1963-1989 unüberwindlich. Heute unter den top ten für Berlin-Touristen. Foto: Tobias Sommer<br />

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Wende-Extra / 20 Jahre Mauerfall<br />

45 Mal geschützte DDR<br />

Zahlen, Daten, Zeichen eines Staates im Untergang<br />

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45 eingetragene Marken im Register des Deutschen<br />

Patent- und Markenamts , die den Begriff<br />

DDR enthalten.<br />

93,38% Wahlbeteiligung an der 1. freien Volkskammerwahl<br />

am 18. März 1990<br />

164 vollstreckte Todesurteile in der DDR<br />

136 oder 222 / Zahl der Mauertoten (Berliner<br />

Mauer), die bei einem Fluchtversuch gestorben<br />

sind<br />

236 Kreisgerichte (vergleichbar einem Amtsgericht)<br />

in der DDR Mitte der 80er-Jahre /<br />

126 Amtsgerichte in Sachsen, Sachsen-Anhalt,<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und<br />

Brandenburg Ende 2006<br />

560 Rechtsanwälte gab es in der DDR 1989 /<br />

54.108 Rechtsanwälte gab es in der BRD 1989<br />

12.301 Rechtsanwälte bei den RAK Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Thüringen, Brandenburg<br />

(Berlin gesamt: 12.049) zum 1. Januar <strong>2009</strong><br />

150.377 Rechtsanwälte in Deutschland zum<br />

1. Januar <strong>2009</strong><br />

><br />

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ca. 3.400 DDR-Häftlinge, die zwischen 1963<br />

und 1989 von der Bundesrepublik freigekauft<br />

wurden<br />

ca. 6.000 DDR-Bürger, die sich im Spätsommer<br />

1989 in die Botschaft der BRD in Prag flüchten<br />

ca. 8.000 DDR-Bürger, die im Sommer 1989<br />

von Ungarn erlaubt bekommen, die Grenze nach<br />

Österreich zu überschreiten<br />

70.000 Teilnehmer an der Montagsdemonstration<br />

in Leipzig am 4. November 1989<br />

177.373 Wörter hat der Einigungsvertrag<br />

inklusive der Anlagen (1.267.464 Zeichen<br />

inklusive Leerzeichen), zum Vergleich BGB:<br />

197.925<br />

780.861 Besucher im DDR-Museum (eröffnet<br />

2006), davon 37,4% aus der ehemaligen DDR,<br />

38,4% aus dem ehemaligen Westdeutschland<br />

><br />

><br />

><br />

77.000.000 Euro aus dem ehemaligen SED-<br />

Vermögen stehen der Bundesstiftung Aufarbeitung<br />

als Kapital zur Verfügung.<br />

6.315.792 Anträge und Ersuchen bei der Birthler-Behörde<br />

BStU bis Ende 2008<br />

250 Milliarden Mark. Nationaleinkommen der<br />

DDR 1989 = ca. 14.705 pro Kopf<br />

Zusammengetragen von<br />

RA Tobias Sommer, Berlin<br />

Mauerreste in Berlin Foto: Andrea Vollmer


20 Jahre Mauerfall / Wende-Extra<br />

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Erfahrungen für die <strong>AdVoice</strong> auf! Sie sollten<br />

einen Bezug zum Recht in Ost und West haben<br />

und natürlich zu Eurer eigenen Geschichte.<br />

Senden an redaktion@davforum. de !<br />

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FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong><br />

WENDE-EXTRA<br />

20 Jahre Mauerfall<br />

Richterin Ost / Anwältin West<br />

��<br />

Osteroberung - eine Karriere<br />

42 Monate Treuhandnachfolge<br />

FORUM <strong>Junge</strong> <strong>Anwaltschaft</strong> im DeutschenAnwaltverein<br />

Anwalt der Anwälte<br />

100 Tage Treuhandanstalt<br />

DDR Folgenrecht<br />

45 Mal geschützte DDR<br />

Aus dem Inhalt:<br />

20 Jahre<br />

Mauerfall<br />

w w w . d a v f o r u m . d e<br />

<strong>03</strong>/09<br />

G ????

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