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Beratungsmodell hochstrittige Eltern\374 - FamThera . Institut für ...

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© <strong>FamThera</strong> <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Familientherapie und Systemische Beratung, Beratungsstelle in der Schirmerstraße. Leipzig 2006<br />

Sabine Holdt und Marcus Schönherr<br />

<strong>Beratungsmodell</strong> zur Arbeit mit getrennten und<br />

<strong>hochstrittige</strong>n Elternpaaren<br />

Aus der praktischen Relevanz heraus, besteht ein verstärktes Bemühen,<br />

die Erfahrungen aus der Arbeit mit o.g. Klientengruppe fachlich<br />

aufzuarbeiten 1 . Was kennzeichnet die Beziehungsdynamik dieses Klientels<br />

und was sind die methodischen Konsequenzen <strong>für</strong> die Beratungsarbeit?<br />

Worin bestehen die Möglichkeiten der Erziehungs- und<br />

Familienberatungsstellen, worin ihre Grenzen? Gehört die Arbeit mit<br />

diesem Klientel überhaupt zu ihrem Versorgungsauftrag? Immer wenn<br />

Kinder in den Konflikt involviert und entsprechende<br />

Entwicklungsgefährdungen damit verbunden sind, ist unsere Hilfe gefragt.<br />

Wir wollen mit den nachfolgenden Beschreibungen, die eigene Arbeit<br />

reflektieren und strukturieren.<br />

1. Was erleben wir immer wieder in der Begegnung mit zerstrittenen<br />

Elternpaaren?<br />

Die Beziehung der Elternteile ist durch eine deutliche Spannung<br />

gekennzeichnet. Die „Altlasten“ der gescheiterten Beziehung sind spürbar<br />

mit im Raum. Das Streitpotential ergibt sich aus einer latenten<br />

Bereitschaft zum Angriff oder zur Verteidigung. Es besteht die Tendenz,<br />

den Ex-Partner anzuklagen, zu beschuldigen bzw. zu beleidigen und sich<br />

auf der anderen Seite zu verteidigen. Daher besteht auch das Bedürfnis,<br />

Verbündete <strong>für</strong> die Auseinandersetzung zu gewinnen – die eigenen Kinder,<br />

Rechtsanwälte, Jugendamtsmitarbeiter und auch die Berater. Hier lauern<br />

verdeckte Aufträge. Die Berater werden in die Position des „Richters“<br />

gedrängt, um zugunsten einer Seite Recht zu sprechen. So wird der<br />

Konflikt mit dem Ex-Partner auf Stellvertreter-Schauplätze übertragen<br />

bzw. ausgedehnt. Oft ist auch der vom Familienrichter angeordnete<br />

Begleitete Umgang Ausdruck dieser Dynamik. Eine solche Maßnahme wird<br />

meistens von den betroffenen Vätern als zusätzliche Demütigung<br />

empfunden.<br />

Die in dieser Kampfstimmung liegende enorme Anspannung überträgt sich<br />

auch auf die Berater. Sie sind einerseits gefordert, strikte Neutralität zu<br />

waren und andererseits mit ihrer Autorität disziplinierend einzugreifen. Oft<br />

ist die entstehende Dynamik im Beraterteam ein Spiegelbild des<br />

Elternkonfliktes. Die bei den Elternteilen anzutreffende Ambivalenz<br />

zwischen Wollen und Müssen, zwischen Abgrenzungs-/ Schutzbedarf<br />

einerseits und Kontaktnotwendigkeit andererseits trifft nicht selten auch<br />

auf die Berater in Bezug auf diese schwierigen Klienten zu.<br />

1 Vgl. Rita Müller: Beratungsarbeit mit <strong>hochstrittige</strong>n Eltern – Ein Arbeitsfeld <strong>für</strong><br />

Beratungsstellen?. In: DAS INFOJOURNAL 2005, Bundeskonferenz <strong>für</strong><br />

Erziehungsberatung – LAG Sachsen;<br />

Zur Beratung hoch strittiger Eltern. In: Informationen <strong>für</strong> Erziehungsberatungsstellen<br />

1/05, Bundeskonferenz <strong>für</strong> Erziehungsberatung;<br />

Ulrich Alberstötter: Hocheskalierte Elternkonflikte – professionelles Handeln zwischen<br />

Hilfe und Kontrolle. In: Kind- Prax 3/2004


2. Versuch einer Einordnung<br />

Es fällt schwer, allgemein von „den <strong>hochstrittige</strong>n Elternpaaren“ zu<br />

sprechen. Wenn Eltern(paare) zu uns kommen, befinden sie sich<br />

individuell an unterschiedlichen Zeit- Punkten im Trennungsprozess, jedes<br />

Paar hat seine eigene „Trennungsgeschichte“. Der Überweisungskontext<br />

spielt eine große Rolle (kommen die Eltern auf eigenen Wunsch, sind sie<br />

von anderen Stellen „geschickt“ oder wurde die Beratung vom<br />

Familiengericht angeordnet etc.). Wir haben es also in der Beratungsarbeit<br />

mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Konflikten zu tun.<br />

Es macht daher Sinn, zu Beginn einer Trennungsberatung, das aktuelle<br />

Konfliktpotential des jeweiligen Paares einzuschätzen. Angelehnt an<br />

Alberstötter (Kind-Prax 3/04) versuchen wir im Folgenden eine<br />

Einordnung der Konfliktstufen aus der Perspektive unserer<br />

Beratungsarbeit.<br />

1. Stufe: zeitweilig gegeneinander gerichtetes Reden und Tun.<br />

Konflikt zeitlich begrenzt, kleine Menge an in Anspruch<br />

genommenen professionellen Helfern, (bzw. wir als allererste<br />

Anlaufstelle), es gelingt, das Elternpaar als gemeinsame Eltern<br />

wahrzunehmen und anzusprechen, Wohl des Kindes ist im<br />

Blickpunkt und als gemeinsames Anliegen nutzbar, vielfältige<br />

Ressourcen: z.B. Fähigkeit der Würdigung des anderen Elternteils in<br />

seiner jeweiligen Rolle, Fähigkeit zur Deeskalation, Dialogfähigkeit<br />

schnell wiederherstellbar<br />

2. Stufe: Verletzendes Agieren und Ausweitung des Konfliktfeldes.<br />

Konflikt dauert bereits über einen längeren Zeitraum an, bestehende<br />

Regelungen (z.B. zum Umgang) sind sehr konfliktanfällig, (meist)<br />

ein Elternteil mit bestehender Regelung unzufrieden,<br />

Emotionalisierung des Geschehens, Größe des Helfersystems nimmt<br />

zu („Überengagement Dritter“, „Wächteramt“ „Bündnisgenossen“),<br />

Ressourcen wenig vorhanden<br />

3. Stufe: „Beziehungskrieg- Kampf um jeden Preis“.<br />

Konflikt dauert oft bereits über mehrere Jahre an, im Hintergrund<br />

laufen verschiedene gerichtliche Prozesse- mit Vermischung der<br />

Paar- und Elternebene, wir sind in einem sehr ausgeweiteten<br />

Helfersystem eine Stelle von vielen, es gab vor uns schon<br />

verschiedene Versuche in anderen Stellen, es kommt zur<br />

Instrumentalisierung Dritter - Begutachtungswunsch, auf der<br />

gemeinsamen Elternebene scheinen keine Ressourcen mehr<br />

vorhanden- Ebene scheint geprägt von Verzweiflung, Hassgefühlen<br />

auf den anderen, komplette Ablehnung als Mensch, Verleumdungen,<br />

Drohungen, Kontaktvermeidung bis hin zu Kontaktabbruch auch <strong>für</strong><br />

die Kinder, Loyalitätskonflikt des Kindes bis hin zu<br />

Umgangsverweigerung<br />

Nach einer ersten Einschätzung des bestehenden Konfliktpotentials eines<br />

Elternpaares ist es besser möglich, die passenden Rahmenbedingungen<br />

und hilfreichsten methodischen Vorgehensweisen <strong>für</strong> die weitere Beratung<br />

auszuwählen.


3. Welche methodischen Arbeitsprinzipien haben sich bei uns entwickelt?<br />

Im folgenden möchten wir die methodischen Prinzipien erläutern, die sich<br />

im Laufe unserer Arbeit mit getrennten und <strong>hochstrittige</strong>n Elternpaaren<br />

spezifisch <strong>für</strong> diese Klientengruppe entwickelt haben.<br />

Trennung der Ebenen zum Schutz und zur Entlastung der<br />

Beteiligten<br />

Die methodische Herausforderung liegt im wesentlichen in der – eigentlich<br />

unmöglichen - Trennung von Eltern- und Paarebene, von Sach- und<br />

Beziehungsebene sowie von Erwachsenen- und Kinderebene, um die<br />

involvierten Kinder vor einer seelischen Überforderung zu schützen.<br />

Elternarbeit hat erfahrungsgemäß oberste Priorität. Bei strittigen Paaren<br />

noch mal ganz besonders, damit Trennungen <strong>für</strong> Kinder am wenigsten<br />

belastend und am meisten nutzbringend verlaufen. Die Berater stehen vor<br />

der Aufgabe, die Kinderperspektive immer wieder stellvertretend<br />

einzubringen. Der Loyalitätskonflikt des Kindes bzw. seine Triangulation<br />

kann den Eltern z.B. durch eine anschauliche Darstellung der<br />

Familienkonstellation (Figurenaufstellung / „Puppenskulptur“) deutlich vor<br />

Augen geführt werden.<br />

Eltern wieder in gemeinsame Verantwortung bringen<br />

Der Fokus der Arbeit richtet sich dabei auf die Unterstützung und<br />

Stärkung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung und Kompetenz.<br />

Die Folge davon ist, dass wir in jedem Fall zuerst versuchen, beide<br />

Elternteile einzubeziehen und sie trotz Trennung hinsichtlich ihrer<br />

gemeinsamen Möglichkeiten und Grenzen als Einheit zu betrachten. Die<br />

Familie existiert weiter in anderer Form. Wir unterstützen Eltern bei<br />

diesem Umorganisationsprozess und dabei, die notwendigen<br />

Entscheidungen selbst zu treffen. Damit werden Stellvertreter zum großen<br />

Teil überflüssig. Wir sprechen daher auch von einem Vermittlungsmodell.<br />

Prinzip der weiblich-männlichen Co-Beratung<br />

Eine sehr sinnvolle und hilfreiche Variante in der Arbeit mit <strong>hochstrittige</strong>n<br />

Paaren ist die gleichgeschlechtliche Zuordnung zwischen Elternteilen und<br />

Beratungsfachkräften. Diese Form des Settings eröffnet an mehreren<br />

Stellen des Vermittlungsprozesses entscheidende Möglichkeiten, auf die<br />

wir im Einzelnen zu sprechen kommen werden.<br />

Schon bei der Anmeldung am Telefon wird von unserer Seite auf die<br />

Notwendigkeit des Einbezugs des anderen Elternteils hingewiesen. Je<br />

nachdem, wie die Eltern miteinander im Kontakt sind, gibt es<br />

verschiedene Einstiegsmöglichkeiten:<br />

1. bei gutem Kontakt der Eltern wird ein gemeinsames Vorgespräch im<br />

„gemischten Doppel“, d. h. mit dem Co-Beraterpaar in einem Raum<br />

empfohlen; dies trifft <strong>für</strong> alle Elternpaare zu, deren Konfliktpotential<br />

das der ersten Stufe nicht übersteigt (s. vorn),


2. bei schwierigem Kontakt der Eltern wird das Vorgespräch parallel<br />

getrennt (gleiche Zeit, verschiedene Räume) oder getrennt<br />

(verschiedene Zeiten und Räume) jeweils beim<br />

gleichgeschlechtlichen Berater angeboten, zum „gemischten Doppel“<br />

kommt es dann erst im weiteren Verlauf des Beratungsprozesses;<br />

Konfliktpotential entspricht max. dem der zweiten Stufe,<br />

3. bei bestehendem Abbruch des Kontaktes zwischen den Eltern<br />

(Eskalationsstufe 3) wird mit Einverständnis des sich anmeldenden<br />

Elternteils von unserer Seite das andere Elternteil schriftlich zu<br />

einem Vorgespräch beim gleichgeschlechtlichen Berater eingeladen,<br />

auch hier vor dem Hintergrund, Arbeit in Richtung „gemischtes<br />

Doppel“;<br />

Aus unserer Erfahrung ist die strikte Geschlechtszuordnung der Berater,<br />

auch innerhalb der Sitzungen sehr sinnvoll, da sonst die Gefahr besteht,<br />

dass der gegengeschlechtliche Berater von den Klienten in die Position des<br />

„besseren“ Mannes bzw. der „besseren“ Frau gebracht wird, was den<br />

Vermittlungsprozess stark behindern würde. Eine Beratung, die einmal als<br />

Co-Beratung angefangen wurde, sollte auch immer nur als Co-Beratung<br />

fortgeführt werden, da sonst die Loyalitäten nicht gewahrt werden<br />

können. Dies kann sofort wieder zu einem Ansteigen des Konfliktpotentials<br />

führen.<br />

Den Prozess stark leiten und strukturieren<br />

Die wichtigste Rahmenbedingung und damit die Arbeitsgrundlage <strong>für</strong> die<br />

Arbeit mit <strong>hochstrittige</strong>n Paaren stellt die Bedingung dar, dass die Eltern<br />

während der Beratungsphase auf (weitere) juristische Schritte verzichten<br />

und bereits gegangene Schritte ruhen lassen müssen. Kann diese<br />

Rahmenbedingung nicht von beiden Seiten garantiert werden, ist eine<br />

Beratung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aus diesem Grund sind<br />

wir in den letzten Jahren sehr streng geworden, was diese Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> unsere Arbeit betrifft.<br />

Eine weitere Besonderheit bei der Arbeit mit sehr zerstrittenen Eltern und<br />

zum Schutz vor destruktiver Eskalation notwendig, ist der Einsatz<br />

pädagogischer Mittel. Gesprächs- bzw. Schutzregeln sollten vorgegeben<br />

und ergänzend ausgehandelt werden. Grundlegend ist der Verzicht auf<br />

Beleidigungen, Anschuldigungen und Vorwürfe. In der angespannten<br />

Anfangsphase der Beratung ist es dabei hilfreich, die Regel zu formulieren,<br />

dass sich die Elternteile nicht direkt ansprechen sollen.<br />

Geklärt werden muss, wie die Interventionsmittel der Berater /<br />

Konsequenzen / Unterbrechungskriterien bei Regelverstoß aussehen. Die<br />

Berater lassen sich z.B. von den Eltern die Erlaubnis geben, bei Verstoß<br />

gegen die vereinbarten Regeln zu unterbrechen. Bei wiederholtem Verstoß<br />

droht die Aufteilung der Sitzung, Abbruch der Sitzung oder Beendigung<br />

der Beratung.<br />

Es sind auch Fragen der kollegialen Vernetzung und Transparenz zu<br />

klären, also wer erfährt wann was von wem? Sinnvoll ist die Festlegung,<br />

dass während der Beratungsphase fachliche Stellungnahmen nur auf


Anfrage von Gericht oder Jugendamt erfolgen, und zwar transparent <strong>für</strong><br />

alle Beteiligten. Dabei wahren die Berater strikt ihre Neutralität. Sie sehen<br />

das getrennte Elternpaar weiterhin als eine Einheit hinsichtlich ihrer<br />

gemeinsamen Möglichkeiten und Grenzen an.<br />

Ist ein Begleiteter Umgang vorgesehen, sind Details der Übergabe des<br />

Kindes zu besprechen. Sogenannte „Raum-Zeit-Schleusen“ sind ggf. zu<br />

organisieren, um eine unmittelbare Konfrontation der Eltern in<br />

Anwesenheit des Kindes zu vermeiden.<br />

Wichtig ist, alle Festlegungen in einer schriftlichen Vereinbarung zu<br />

fixieren, die von allen Beteiligten unterzeichnet und an beide Seiten<br />

ausgehändigt wird.<br />

Erarbeitung eines gemeinsamen Themenkataloges<br />

Neben dem Abschluss der schriftlichen Vereinbarung steht am Anfang der<br />

gemeinsamen Beratung die Erstellung eines gemeinsamen<br />

Themenkataloges. Es empfiehlt sich, die Fragen, die beide Elternteile in<br />

der Beratung klären wollen, auf einer Flipchart-Tafel aufzulisten und im<br />

Beratungsverlauf nacheinander abzuarbeiten. Das könnten z.B. folgende<br />

Fragen sein:<br />

§ Wie können wir als Eltern einen normaleren und entspannteren<br />

Kontakt miteinander haben und uns als ehemalige Partner dennoch<br />

gut abgrenzen?<br />

§ Wie erklären wir unserem Kind die neue Familiensituation? Wie sieht<br />

eine gemeinsame Version aus?<br />

§ Wie kann das gegenseitige Informieren bezüglich des Kindes<br />

funktionieren- wann? wie? worüber?<br />

§ Was darf jeder allein entscheiden, was sollte oder muss gemeinsam<br />

entschieden werden ?<br />

§ Wie bekommen wir als Eltern ein gemeinsames Bild davon, wie es<br />

unserem Kind geht und wie darauf zu reagieren ist ?<br />

§ Wie sieht eine akzeptable Umgangsregelung <strong>für</strong> die nächste Zeit<br />

aus, wie die Urlaubsplanung ?<br />

§ Wie können zwischen uns flexible Absprachen funktionieren?<br />

§ Welche Rolle sollen und dürfen die jeweils neuen Partner <strong>für</strong> das<br />

Kind spielen?<br />

§ Welche weiteren Betreuungspersonen sind im Ersatzfall gegenseitig<br />

akzeptiert?<br />

§ Wie können wir uns als Eltern gegenseitig unterstützen ?<br />

Als zusätzliche Intervention bietet sich an, auch den vermutlichen Auftrag<br />

des Kindes an die Beratung durch die Eltern formulieren zu lassen und in<br />

den Katalog mit aufzunehmen, z.B. „Kriegt es hin, Euch zu vertragen!“<br />

Bei der Erstellung des Fragenkataloges sollte darauf geachtet werden,<br />

dass es sich ausschließlich um Wie- Fragen und nicht um Warum- Fragen


handelt und dass die Fragen durchgängig konstruktiv formuliert sind. Der<br />

Effekt ist, dass ein gemeinsamer Fragenkatalog entsteht, in dem sich<br />

beide Eltern mit ihren Klärungswünschen wiederfinden, was schon ein<br />

erster entscheidender Erfolg hin zu gelebter gemeinsamer Elternschaft ist.<br />

Vom indirekten zum direkten Dialog<br />

Damit Eltern ihrer Verantwortung auch nach einer Trennung gerecht<br />

werden können, braucht es eine konstruktive Form der Kommunikation.<br />

Um diese entwickeln zu können, sind oft mehrere Deeskalationsstufen<br />

notwendig.<br />

Kommen Eltern zuerst getrennt (s. 2.u.3. Eskalationsstufe), wird die<br />

einzelne Sicht der Elternteile von dem jeweiligen Berater aufgenommen<br />

und die Ansatzpunkte herausgefiltert und verstärkt, die ein gemeinsames<br />

Gespräch in der Zukunft möglich machen können. Manchmal braucht es<br />

mehrere Einzelsitzungen bevor beide Seiten zu einer gemeinsamen<br />

Sitzung zustimmen. Oft hilft schon die Aussage, dass die Beratungssitzung<br />

jeder Zeit wieder aufgeteilt werden kann, dass Eltern den gemeinsamen<br />

Schritt wagen.<br />

In einer gemeinsamen Sitzung der Elternteile sorgt das Co-Beraterpaar<br />

zuerst da<strong>für</strong>, dass die Kommunikation zwischen den Eltern weiterhin über<br />

die Berater läuft, d. h. die Frau spricht mit der Beraterin und der Mann mit<br />

dem Berater auch in Anwesenheit der anderen. Die Berater fassen jeweils<br />

das Gesagte zusammen und verstärken besonders die konstruktiven<br />

Ansätze. Es kann sein, dass es spontan zu einer Trennung der Sitzung<br />

kommt, weil ein konstruktives Gespräch nicht mehr möglich erscheint. In<br />

diesem Fall wird angestrebt, dass es nach einer festgelegten Zeit einen<br />

gemeinsamen Sitzungsabschluss gibt, bei dem wiederum die Berater eine<br />

hilfreiche Zusammenfassung liefern.<br />

Ist das nicht möglich, kann in seltenen Fällen vorübergehend das „Shuttle-<br />

Prinzip“ genutzt werden. Es bedeutet, dass nach einer Einzelsprechzeit nur<br />

die Berater zusammenkommen und sich austauschen und die Information<br />

wiederum gefiltert an das andere Elternteil weitergeben.<br />

Durch die Arbeit als Co-Beraterpaar und die Möglichkeit, verschiedene<br />

Räume zu nutzen, ergibt sich eine hohe Flexibilität im Umgang mit der<br />

aktuellen Situation des Paares. Die verschiedenen Varianten werden je<br />

nach Heftigkeit des Konfliktpotentiales des Paares (s.o.) genutzt. Im Laufe<br />

des Beratungsprozesses kann es immer auch wieder zu Rückfällen<br />

kommen. Das Beraterpaar muss also bei jeder Sitzung wieder neu<br />

erfassen, zu welchem Grad von direktem Dialog das Paar fähig scheint<br />

und dementsprechend das Setting gestalten. Um die o.g. Trennung von<br />

Paar- und Elternebene bzw. Beziehungs- und Sachebene zu unterstützen,<br />

sind flankierende Einzelgespräche zum Abfangen der individuellen<br />

Kränkung im Laufe des Beratungsprozesses immer wieder sinnvoll.<br />

In einem fortgeschrittenen Stadium des Beratungsprozesses sind die<br />

Eltern zunehmend in der Lage, direkt miteinander zu kommunizieren. In<br />

der Beratungssitzung können beide gegenüber sitzen und sich direkt<br />

ansprechen. Die Unterstützung durch die Berater erfolgt entweder durch


flankierendes Doppeln auf jeder Seite oder hilfreiches Kommentieren von<br />

einer Außenposition aus. Es ist wichtig, dass die Berater immer wieder die<br />

Perspektive des Kindes / der Kinder einbringen, also was bedeutet dieses<br />

oder jenes <strong>für</strong> die Kinder.<br />

Vermittlung bezüglich Umgangs- und Sorgerecht<br />

Oft ist eine außergerichtliche Einigung über Umgangs- und/oder<br />

Sorgerechtsfragen ein Hauptziel der Beratung. Es hat sich strategisch<br />

bewährt, zunächst eine mögliche Umgangsregelung zu besprechen, und<br />

dann erst den primären Aufenthaltsort des Kindes zu klären. Das heißt,<br />

beide Elternteile stehen vor der Frage, wie umfänglich sie sich den<br />

Kontakt zum Kind vorstellen, wenn sie nicht den Lebensmittelpunkt<br />

darstellen. Das ermöglicht den Zugang zur Perspektive des anderen.<br />

Bei der Diskussion des Umganges ist es sinnvoll, vom Wechsel der<br />

Zuständigkeit <strong>für</strong>s Kind zu sprechen, und die Frage nicht auf reine<br />

Kontaktzeiten zu reduzieren. Die Elternteile können so evtl. eine<br />

durchgängige Zuständigkeit <strong>für</strong> einen Lebensbereich des Kindes finden<br />

bzw. behalten. Bei größeren Kindern wäre es ohnehin lebensfremd,<br />

permanente Kontaktzeiten festzulegen. Hier geht es vielmehr darum zu<br />

klären, wann Vater oder Mutter verantwortlich sind.<br />

Des weiteren ist es ratsam, ein vielleicht favorisiertes „Wechselmodell“<br />

(Kind lebt abwechselnd eine Woche beim Vater und der Mutter) an den<br />

Möglichkeiten und Bedürfnissen der Beteiligten und deren Lebensrhythmus<br />

zu orientieren. Dann kommen Lösungen zustande, die den Elternteilen<br />

eine feste Zuständigkeit im Alltag des Kindes zuweisen, wie z.B. sportliche<br />

oder musische Freizeitaktivitäten, die dann auch jede Woche von dem<br />

zuständigen Elternteil betreut werden. Solche subtilen Verschiebungen<br />

führen zu Kompromissen. Im übrigen bedeuten solche am Leben<br />

orientierte Umgangsregelungen <strong>für</strong>s Kind ein hohes Maß an Sicherheit und<br />

Integrationspotential.<br />

Die Geltungsdauer einer Regelung sollte befristet und immer wieder an die<br />

Lebensphase des Kindes angepasst werden.<br />

Eine von beiden Elternteilen unterzeichnete Schriftform steht am Ende<br />

einer solchen Einigung.<br />

Psychohygiene <strong>für</strong> Berater und Team<br />

Wie zu Beginn des Artikels ausgeführt, unterliegen die Berater bei der<br />

Arbeit mit extrem zerstrittenen Eltern enormen Belastungen. Hier ein paar<br />

kleine und große Möglichkeiten, um sich immer wieder <strong>für</strong> diese Arbeit zu<br />

stärken und <strong>für</strong> eine ausreichende Psychohygiene zu sorgen:<br />

- Information der Sekretärin über Fall und Verlauf<br />

- Trennung von Büro und Wartebereich<br />

- Supervision / Unterstützung im Team holen<br />

- Pausen einplanen<br />

- Bewegung / Duschen nach der Sitzung<br />

- „Belohnung“, z.B. Schokolade.

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