Focal 165 W-RC
Focal 165 W-RC
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<strong>Focal</strong> <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> · Test: Lautsprecher · auto hifi 1/2012<br />
Junge Elite<br />
Die berühmte Utopia-Be-Serie von <strong>Focal</strong><br />
hat Nachwuchs bekommen.<br />
Was kann das <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong>?<br />
<strong>Focal</strong> Utopia <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong><br />
Eben erst durften wir das aktive System<br />
<strong>Focal</strong> Utopia Be <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> actif<br />
bewundern (autohifi 6/2011), nun ist<br />
auch die passive Version lieferbar, die<br />
wir umgehend für einen Exklusivtest<br />
verhaftet haben. Wenn man bedenkt,<br />
dass die anderen Kompos der französischen<br />
Utopia-Be-Serie bei 2390 Euro<br />
beginnen, ist das Utopia Be <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong><br />
mit 990 Euro ein echtes Schnäppchen.<br />
Schauen wir uns zunächst einmal die<br />
Chassis an, beginnend mit dem Highlight,<br />
das die Serie ausmacht: Es ist<br />
der Hochtöner, genau genommen sein<br />
Absolute Sound – Phänomenaler Auftritt ...<br />
Membranmaterial Beryllium. In allen<br />
Disziplinen, die eine Membran ausmachen,<br />
also Festigkeit, Dämpfung<br />
und Gewicht, hat Beryllium die Nase<br />
IM VERGLEICH ZU<br />
DEN GROSSEN<br />
UTOPIA-KOMPOS IST<br />
DAS <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> EIN<br />
SCHNÄPPCHEN<br />
vorn. Und das, obwohl sich diese drei<br />
Eigenschaften im Normalfall teilweise<br />
gegenseitig ausschließen.<br />
Beryllium ist äußerst stabil<br />
Vergleicht man gängige Membranmaterialien<br />
miteinander, so hat jedes seine<br />
Vorteile, erkauft diese allerdings mit<br />
einem Handicap. Eine Gewebemembran<br />
beispielsweise ist zwar leicht und<br />
besitzt eine hohe innere Dämpfung, ist<br />
aber nicht sonderlich fest. Eine Titan<br />
oder Alu-Membran ist zwar sehr stabil<br />
und auch schön leicht, neigt aber<br />
aufgrund ihrer geringen inneren Dämpfung<br />
zu Resonanzen, die sich als Überhöhungen<br />
(Peaks) im Frequenzgang<br />
niederschlagen.
<strong>Focal</strong> <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> · Test: Lautsprecher · auto hifi 1/2012<br />
Beryllium ist mit einer Dichte von 1,85<br />
g/cm³ deutlich leichter als Aluminium<br />
mit 2,7 g/cm³ und Titan mit 4,5 g/cm³).<br />
Auch die Schallgeschwindigkeit liegt<br />
mit 13000 m/s deutlich über der<br />
von Aluminium (5100 m/s) und Titan<br />
(4140 m/s). Gepaart mit einer hohen<br />
inneren Dämpfung bringt Beryllium<br />
ideale Voraussetzungen für den Einsatz<br />
als Membran mit.<br />
Die Kehrseite der Medaille: Dämpfe<br />
und Mikropartikel des Materials sind<br />
giftig und krebserregend. Sie dürfen<br />
also weder verschluckt noch eingeatmet<br />
werden, Hautkontakt ist zu vermeiden.<br />
Laut <strong>Focal</strong> soll die Membranfolie<br />
so stabil sein, dass bei normalem Gebrauch<br />
keinerlei Gefahr für den Hörer<br />
besteht. Und für den Fall der Fälle,<br />
dass die Membran doch einmal Schaden<br />
nehmen sollte, liegt dem System<br />
ein Klebepad bei, das die Bruchstücke<br />
aufnehmen und die beschädigte Membran<br />
versiegeln soll.<br />
Ähnlichkeiten mit dem TBe<br />
Auf den ersten Blick sieht der Hochtöner<br />
TB 872 des <strong>RC</strong>-Kompos aus wie<br />
der TBe aus den ganz großen Kits. Sie<br />
teilen sich das ovale Metallgehäuse<br />
mit dem cooIen gefrästen „Beryllium“-<br />
Schriftzug und sind folglich gleich<br />
groß. Auch der schwarze Einbautopf<br />
aus Aluguss und die schwarze, stoffbespannte<br />
Kunststoffabdeckung sind‚ bei<br />
beiden Tweetern gleich.<br />
Erst sein knapp 30 mm größerer Membrandurchmesser<br />
unterscheidet den<br />
Lecker Teilchen: Der Woofer macht auch von<br />
hinten eine tolle Figur. Der stabile Gusskorb, die<br />
Lüftungsschlitze und der kräftige Antrieb passen<br />
hervorragend zu seinem kräftigen, packenden<br />
Klang<br />
TB 872 vom TBe: Der Neue weist mit<br />
7,07 cm² eine größere Membranfläche<br />
Sd auf als der TBe mit 4,9 cm². Trotzdem<br />
liegen die Resonanzfrequenzen<br />
vergleichbar hoch bei rund 1600 Hz.<br />
Dem TB 872 liegt jedoch noch ein Diffusor<br />
bei, der im Frequenzgang zwischen<br />
8 und 15 kHz für einen höheren<br />
Wirkungsgrad sorgt. Zwar bricht der<br />
Pegel bei 20 kHz stärker ein, doch in<br />
der Praxis überwiegen sicher die Vorteile.<br />
Wer eines der großen Kompos besitzt,<br />
der kann ohne Probleme nachrüsten:<br />
Den Diffusor gibt‘s beim Vertrieb ACR<br />
unter der Bezeichnung N-FUB-XHPPT<br />
1084 für 12 Euro das Stück als Zubehörteil<br />
für den TBe. Er wird einfach mit<br />
einem leichten Dreh auf die Schraubenköpfe<br />
geschnappt. Die schwarze<br />
Stoffbespannung passt dann allerdings<br />
nicht mehr. Man muss sich also entscheiden:<br />
Diffusor oder Abdeckung.<br />
Mit Sandwich-Membran<br />
Auch der Tieftöner profitiert vom Membranmaterial<br />
seiner großen Be-Brüder.<br />
Die W-Membran fertigen die Franzosen<br />
in Handarbeit in Saint Etienne. Der<br />
Kern besteht aus einem Hartschaumkonus,<br />
der für eine ordentliche Dämpfung<br />
sorgen soll. Die grau-weiß gesprenkelte<br />
Farbschicht dient der Optik. Sowohl<br />
auf der Vorder- als auch auf der Rückseite<br />
sitzt dann jeweils ein Glasfaservlies.<br />
Beim Verbacken schließen sich<br />
die Poren, und das Sandwich ist fertig.<br />
Laut <strong>Focal</strong> soll die W-Membran einen<br />
über 18-fach höheren Steifigkeit-Index<br />
haben als beispielsweise Papier.<br />
Die Membran wird von einer breiten<br />
Gummisicke geführt, die ihr ausreichend<br />
Bewegungsspielraum lässt. Das<br />
ist auch nötig, schließlich schafft der<br />
Woofer beachtliche ±5 mm lineare<br />
Auslenkung.<br />
Der stattliche 90-mm-FerritAntrieb erhöht<br />
das Gesamtgewicht auf 1,8 kg.<br />
Damit der Brocken auch stabil sitzt,<br />
sollten im Auto ausnahmslos alle acht<br />
Befestigungslöcher genutzt werden.<br />
Optisch weiß der <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> durch<br />
seinen abgedrehten Frontring zu gefallen.<br />
Auf einem Achtelsegment ist die<br />
<strong>Focal</strong>-Flamme nebst Markenschriftzug<br />
eingefräst, gegenüber ist die Typenbezeichnung<br />
nebst „Made in France“ zu<br />
lesen. Wer hier genauer hinschaut, der<br />
entdeckt die Seriennummer, die absolut<br />
fälschungssicher in die Sicke (!) eingeprägt<br />
ist. Die Polplatten sind hochglänzend<br />
verchromt. Auf dem Emblem auf<br />
der Rückseite hat sich Chefentwickler<br />
Guy Bonneville mit seiner Unterschrift<br />
verewigt.<br />
Leistungsfördernde<br />
2-0hm-Spule<br />
Die Schwingspule ist mit ihren 32 mm<br />
Durchmesser auf den ersten Blick leicht<br />
außergewöhnlich. Ihre Nennimpedanz<br />
von 2 Ohm macht sie allerdings sehr<br />
interessant, weil sie damit dem Verstärker<br />
im Idealfall eine doppelt so hohe<br />
Leistung wie an 4 Ohm entlockt.<br />
Auch der Wirkungsgrad an 2 Volt fällt<br />
Oberknaller: Der neue Hochtöner TB 872 mit<br />
seiner großen 30-mm-Membran aus reinem<br />
Beryllium prägt das dynamische Klangbild des<br />
Kompos. Der Diffusor hält sich an den Schraubenköpfen<br />
fest.
<strong>Focal</strong> <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> · Test: Lautsprecher · auto hifi 1/2012<br />
damit rechnerisch um 3 dB höher aus,<br />
doch das ist nur die halbe Wahrheit.<br />
Wegen der niedrigen Impedanz fließt<br />
bei gleicher Spannung ein höherer<br />
Strom, der für eine höhere Leistung<br />
sorgt. Umgerechnet auf den Wirkungs-<br />
grad an 1 Watt tut<br />
sich hingegen nichts.<br />
Unser Labor attestierte<br />
dem 6W<strong>RC</strong> an<br />
2 Volt genau 87,7<br />
dB, die er im Mittel<br />
zwischen 100 Hz und 4 kHz erreicht.<br />
Im Bass schaffte er sogar knackige 90<br />
dB an 2 Volt respektive an umgerechnet<br />
2 Watt.<br />
In Sachen Maximalschalldruck beeindruckten<br />
die rund 98 dB, die er im tiefen<br />
50-Hz-Band aus seiner Membran<br />
kloppte. Das Ergebnis lautete 16 Punkte<br />
– mehr schafften mit Ausnahme der<br />
selbstredend stärkeren Doppelwoofer-<br />
Kompos bisher nur vier andere 16-cm-<br />
Systeme.<br />
Tolle Frequenzweiche<br />
Nur feinste Bauteile durften auf der<br />
schwarzen Epoxy-Platine Platz nehmen.<br />
Sämtliche Kondensatoren sind<br />
aus einer Polypropylen-Folie (MKP) gewickelt,<br />
im 18-dB-Hochpass sind gleich<br />
fünf davon verbaut. Bei einem regulären<br />
Filter hätten zwei gereicht, doch<br />
Guy Bonneville hat einige Anpassungsmöglichkeiten<br />
vorgesehen.<br />
In der ersten Kondensatorstufe schaltet<br />
der Musikfreund über zwei Kippschal-<br />
Rechts: Einbautopf und<br />
Abdeckung hat der<br />
Hochtöner vom<br />
großen Bruder TBe<br />
mitbekommen. Der<br />
Diffusor gehört hier<br />
sogar zum<br />
Lieferumfang.<br />
DIE UNBÄNDIGE<br />
SPIELFREUDE<br />
SORGTE FÜR ECHTE<br />
BEGEISTERUNG<br />
ter jeweils einen Kondensator dazu.<br />
Während der eine den Pegel des<br />
Hochtöners absenken soll, beeinflusst<br />
der zweite die Übernahmefrequenz<br />
(siehe Kasten letzte Seite). Ausschließlich<br />
körperlose Luftspulen arbeiten hier,<br />
die bis zur Sättigung<br />
keine Verzerrungen<br />
aufweisen. Der<br />
Drahtdurchmesser<br />
im Hochpass ist mit<br />
0,85 mm schon solide<br />
bemessen, doch die 1,25 mm der<br />
Tiefpass-Spule sind dann so richtig fett<br />
und setzen nur wenig Widerstand entgegen.<br />
Und das ist auch gut so, denn<br />
gerade bei einem niederohmigen Tieftöner<br />
ist eine widerstandsarme Weichenbestückung<br />
äußerst wichtig.<br />
Da wird dann schließlich auch der<br />
Kabelwiderstand zu einer ernstzunehmenden<br />
Größe – entsprechend üppig<br />
sind die vergoldeten Anschlussblöcke<br />
dimensioniert. Hier passt mit ein<br />
bisschen Liebe und Geduld sogar ein<br />
6-qmm-Kabel hinein.<br />
Ausgewogener Frequenzgang<br />
Unser verlagseigenes Messlabor TESTfactory<br />
vermeldet insgesamt einen ausgewogenen<br />
Frequenzgang. Die deutlich<br />
sichtbare Membranresonanz des<br />
Tieftöners (siehe dazu auch den Test in<br />
autohifi 6/2011) wird hier im Set durch<br />
die Weiche wirkungsvoll bedämpft. Lediglich<br />
im Wasserfalldiagramm sind<br />
ihre Überreste noch im Ausschwingen<br />
Links: An der eingeprägten<br />
Seriennummer<br />
in der Gummisicke sollen<br />
sich Plagiatoren die<br />
Zähne ausbeißen.
<strong>Focal</strong> <strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> · Test: Lautsprecher · auto hifi 1/2012<br />
erkennbar. Die leichte Senke bei 4,5<br />
kHz ist aller Wahrscheinlichkeit ebenfalls<br />
auf den Filter zurückzuführen.<br />
Alles Wissenswerte über die Auswirkungen<br />
dieser beiden Schalter lesen<br />
Sie im Kasten unten.<br />
Phänomenaler Auftritt<br />
Im Klangcheck legte das <strong>Focal</strong> Utopia<br />
<strong>165</strong> W-<strong>RC</strong> los wie die Feuerwehr und<br />
strotzte nur so vor Spielfreude. Der Bass<br />
baute ein kräftiges‚ und tiefreichendes<br />
Fundament, hing aber trotz der fülligen<br />
Wärme immer verdammt gut am Gas.<br />
Selbst schnelle Kicks feuerte er mühelos<br />
in den Hörraum.<br />
Der Hochton stand dem nicht nach und<br />
zelebrierte förmlich jeden einzelnen<br />
Zupfer von Nils Lofgrens Akustikgitarre<br />
im beliebten Test-Track „Keith don‘t go“<br />
Stellwerk: <strong>Focal</strong> setzt auf feine Bauteile wie hochwertige MKP-<br />
Kondensatoren, körperlose Luftspulen mit dickem Drahtdurchmesser<br />
und vergoldete Schraubterminals. Es gibt zwar hochwertigere<br />
Widerstände, aber wegen der hohen Belastbarkeit ist der Einsatz<br />
der Keramik-Blöcke dennoch sinnvoll.<br />
Die Schalterstellungen der Frequenzweiche<br />
Die beiden Schalter der Frequenzweiche<br />
sind ausschließlich für den Hochtöner<br />
zuständig. Mit beiden schaltet man<br />
jeweils einen Kondensator parallel zu<br />
bestehenden Bauteilen. Der Schalter<br />
S1 ist mit den Stellungen „0 dB“ und<br />
„-3 dB“ gekennzeichnet und dient der<br />
Pegelanpassung. Anstatt aber einen<br />
festen Betrag im gesamten Frequenzbereich<br />
abzuziehen, reduziert man<br />
mit ihm lediglich den Pegel im Bereich<br />
der breitbandigen Uberhöhung.<br />
lm Superhochton hingegen nimmt der<br />
Schalter keinen Einfluss auf die Übertragungsfunktion.<br />
Der Schalter S2 trägt<br />
die Bezeichnungen „2,5 kHz“ und<br />
„3,5 kHz“, was auf eine veränderbare<br />
Trennfrequenz hindeutet. Vergleicht<br />
man die blaue (3,5 kHz) mit der roten<br />
Kurve (2,5 kHz) zeigt sich die höher<br />
angesetzte Übernahme zum Tieftöner.<br />
Spielen beide Lautsprecher auf Achse,<br />
dann ist eindeutig der roten Kurve der<br />
Vorzug zu geben. Die Überhöhung<br />
zwischen 8 und 15 kHz wirkt sich<br />
hauptsächlich auf dIe Obertöne aus<br />
und bringt eine frische Brise ins Klangbild.<br />
Die Stellung „-3 dB“ (grüne Kurve) reduziert<br />
bereits oberhalb von 4 kHz den<br />
Pegel und könnte Stimmen etwas nasal<br />
erklingen lassen.<br />
aus dem Live-Album „Back it up!“<br />
Speziell die gnadenlose Anschlagdynamik<br />
machte das fetzige Klangbild<br />
des <strong>Focal</strong>-Kompos aus. Dass es Stimmen<br />
dabei nicht immer hundertprozentig<br />
naturgetreu abbildete, geriet im<br />
Grunde zur Nebensache: Das Wettbewerbssystem<br />
– die Endung <strong>RC</strong> steht für<br />
„Ready for Competition“– dürfte seine<br />
tonalen Eigenheiten in der Praxis mit<br />
ein wenig Equalizer-Unterstützung vollständig<br />
ablegen.<br />
Was übrig bleibt, ist ein packend dynamisches<br />
Set, das selbst langweiliger<br />
Musik Feuer macht und mit seiner unbändigen<br />
Spielfreude wahre Begeisterungsstürme<br />
ernten wird. Die Mitbewerber<br />
dürfen sich schon mal warm<br />
anziehen. Go for competition!<br />
Mit den Schaltern S1 und S2 der Frequenzweiche<br />
lässt sich ausschließlich die Übertragungsfunktion<br />
des Hochtöners beeinflussen.<br />
Rot = Schalter S1: 0 dB, Schalter S2: 2,5 kHz<br />
Grün = Schalter S1: -3 dB, Schalter S2: 2,5 kHz<br />
Blau = Schalter S1: 0 dB, Schalter S2: 3,5 kHz