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Ökologisch bauen + energetisch sanieren - BUND Saar

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<strong>Ökologisch</strong> <strong>bauen</strong> + <strong>energetisch</strong> <strong>sanieren</strong><br />

Als <strong>Saar</strong>länder oder <strong>Saar</strong>länderin kommt man an dem Thema „Bauen<br />

und Sanieren“ so gut wie nicht vorbei. Denn in keinem anderen Land<br />

in Deutschland ist die Eigenheimdichte so hoch wie im <strong>Saar</strong>land. Dabei<br />

ist der Anteil alter, unsanierter Wohnhäuser recht hoch. Es gibt also noch viel<br />

Potenzial bei der <strong>energetisch</strong>en Gebäudesanierung, was dem Klimaschutz dient<br />

und auch gut für den eigenen Geldbeutel ist.<br />

Und auch das Thema ökologisch <strong>bauen</strong> rückt immer stärker in den Vordergrund.<br />

Denn bei der Auswahl der Baustoffe sollten umweltbewusste Häuslebauer<br />

und –sanierer auf umweltfreundliche Alternativen achten, die es auch<br />

zahlreich am Markt gibt.<br />

Viele Gründe sprechen also dafür, dass wir uns im Umweltmagazin diesem<br />

Thema mit einem Schwerpunkt nähern und vielleicht den einen oder anderen<br />

zur Sanierung des Hauses und zu dem Einsatz ökologischer Baustoffe motivieren<br />

können.<br />

Lesen Sie mehr auf den Seiten 10 bis 17.<br />

Seite 10 - 11<br />

<strong>Ökologisch</strong> <strong>bauen</strong> und <strong>energetisch</strong> <strong>sanieren</strong><br />

Klimaschutz, Kostensenkung und<br />

Wertsteigerung<br />

Seite 12 - 13<br />

Im Gespräch mit Matthias Lutter<br />

Viel Potenzial bei der <strong>energetisch</strong>en<br />

Gebäudesanierung im<br />

<strong>Saar</strong>land<br />

Seite 14<br />

Alchimea, ältestes Unternehmen der Baubiologie im<br />

<strong>Saar</strong>land, erfindet Dämmstoff der Zukunft<br />

„Unser neues Baby heißt<br />

Isoblue“<br />

Seite 15<br />

naturHaus im 22. Jahr<br />

Gesund geschrumpft und<br />

„deutlich entspannter“<br />

Seite 16-17<br />

Im Gespräch mit Michael Lohr<br />

„Wer Naturbaustoffe einbaut,<br />

setzt sich aktiv für den Erhalt<br />

unserer Umwelt ein.“<br />

Schwerpunkt<br />

Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 1/2012 9


Schwerpunkt<br />

Ein weiterer Aspekt kommt hinzu.<br />

Angesichts des demografischen<br />

Wandels, dem bei einer<br />

zurückgehenden Bevölkerung immer<br />

mehr Wohngebäude gegenüber stehen,<br />

ist die <strong>energetisch</strong>e Sanierung<br />

immer auch mit einer Wertsteigerung<br />

eines Gebäudes verbunden. Nur die<br />

Häuser lassen sich zukünftig gut auf<br />

dem Markt verkaufen, die in einem<br />

guten <strong>energetisch</strong>en Zustand sind,<br />

sprich einen geringen Energieverbrauch<br />

haben.<br />

Viele gute Gründe also, die für die<br />

<strong>energetisch</strong>e Sanierung eines<br />

Hauses sprechen und worüber Besitzer<br />

von Wohngebäuden ernsthaft<br />

nachdenken sollten. Und an vielen<br />

Gebäuden lassen sich Energieeinsparungen<br />

von über 50% erreichen.<br />

Angefangen von der Heiztechnik<br />

über den Einsatz erneuerbarer<br />

Energien (Solarthermie, Biomasse,<br />

z.B. Holzpellets) bis hin zur<br />

Dämmung von Fassade, Dach und<br />

Kellerdecke sowie zum Austausch<br />

der Fenster. Überall schlummern Einsparpotenziale,<br />

die es zu erschließen<br />

gilt. Oft jedoch ist eine <strong>energetisch</strong>e<br />

Komplettsanierung recht teuer.<br />

Obwohl sich jeder Euro, den man<br />

hier investiert, doppelt lohnt, sollte<br />

man sich vorher fachkundigen Rat<br />

einholen, was sinnvoll ist und sich<br />

auch rechnet. Einsteigen kann man<br />

auch schon mit einzelnen Maßnahmen.<br />

Gerade bei der Sanierung der<br />

Heizung liegen die größten Einspareffekte.<br />

10 Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012<br />

<strong>Ökologisch</strong> <strong>bauen</strong> und <strong>energetisch</strong> <strong>sanieren</strong><br />

Klimaschutz, Kostensenkung und<br />

Wertsteigerung<br />

Nirgendwo in Deutschland ist die Eigenheimdichte so hoch wie im <strong>Saar</strong>land. Und viele<br />

dieser Wohnhäuser verbrauchen viel Heizenergie, was schlecht für die CO -Bilanz und den<br />

2<br />

Klimaschutz ist und vor allem angesichts immer weiter steigender Energiepreise zunehmend<br />

den eigenen Geldbeutel belastet.<br />

Quelle: Arge Solar<br />

Foto: Luise / pixelio.de<br />

Häuslebauer und -sanierer können<br />

dabei auf einige Förderprogramme<br />

von Bund und Land<br />

zurückgreifen, die zum Teil auch untereinander<br />

kombinierbar sind. Was<br />

dabei zu beachten ist und wo man<br />

Hilfe und Informationen bekommt,<br />

kann man auf den nächsten Seiten<br />

nachlesen. Denn oft ist es schwer, da<br />

den Durchblick zu haben.<br />

Idealerweise verbindet man die<br />

<strong>energetisch</strong>e Sanierung mit dem<br />

Thema Bauökologie, das seine<br />

Ursprünge in der Baubiologie hat.<br />

Schon vor sechs Jahren schrieb die<br />

Baubiologin Mechthild Haberer in<br />

einem Beitrag für das Umweltmagazin,<br />

dass ein Haus, auch als dritte<br />

Haut des Menschen bezeichnet, für<br />

diesen eine hohe Bedeutung habe.<br />

Das Dach über dem Kopf hüllt uns<br />

die meiste Zeit unseres Lebens ein<br />

– unser Körper ist ihm ausgeliefert,<br />

so Haberer. Doch wie gehen wir<br />

damit zum Beispiel in Bezug auf<br />

unsere Gesundheit und Umwelt um?<br />

Denken wir daran, dass ein Gebäude<br />

sich wie ein komplexer Organismus<br />

verhält, mit Sonne, Wind, Wasser,<br />

Standortbedingungen und sonstigen<br />

Einflüssen vielfältig korrespondiert?<br />

Und welche Auswirkung hat es auf<br />

das Umfeld? Wann und wie atmet<br />

das Haus?<br />

Dieser Thematik widmen sich die<br />

Bauökologie und Baubiologie.<br />

Dabei werden eine Reihe von Fragen<br />

behandelt, Zusammenhänge,<br />

Kreislauf- und Wechselwirkungen<br />

betrachtet, die im „normalen“ Baugeschehen<br />

kaum Berücksichtigung<br />

finden. Es gilt hierfür ein verstärktes<br />

Verbrauchbewusstsein zu erzeugen,<br />

so Haberer.<br />

<strong>Ökologisch</strong>es Bauen und auch<br />

Sanieren ist also mehr als nur<br />

der Einsatz umweltfreundlicher<br />

Baustoffe. Es geht um ein, wie es<br />

ein Vertreter des Arbeitskreises Bau-


iologie <strong>Saar</strong>-Westpfalz ausgedrückt<br />

hat, gesundes Bauen ohne karierte<br />

Maiglöckchen.<br />

Unser Organismus reagiert direkt<br />

oder indirekt auf Baustoffe, in<br />

der Regel über die Atemluft und die<br />

Haut. Wichtig sind die bauphysikalischen<br />

Eigenschaften: Atmungsaktivität,<br />

Feuchteverhalten, thermisches<br />

Verhalten, Ausgasungen, Abrieb,<br />

elektrische Aufladung und Staubbindung.<br />

Aber auch die Art und Weise,<br />

wie bestimmte Baustoffe und Produkte<br />

hergestellt werden, ist für viele<br />

Verbraucher ein wichtiges Kriterium.<br />

Nehme ich ein Alu-Fenster oder ein<br />

Fenster aus Holz, das aus heimischen<br />

Wäldern und zertifizierter<br />

nachhaltiger Waldbewirtschaftung<br />

stammt (FSC-Siegel). Hier kann der<br />

Häuslebauer mittlerweile auf eine<br />

Vielzahl umweltfreundlicher Produkte<br />

zurückgreifen, die oftmals auch nicht<br />

oder nur wenig teuerer sind als konventionelle.<br />

Doch das Thema Bauökologie hört<br />

nicht bei Hausbau oder –sanierung<br />

auf. Wichtig ist auch die Umfeldgestaltung<br />

auf dem Grundstück.<br />

Wie fügt sich das Gebäude in den<br />

Lebensraum Natur ein, wie kann ich<br />

meinen Garten naturnah gestalten?<br />

Der <strong>BUND</strong> setzt hier auf einheimische<br />

Gehölze und Sträucher statt auf<br />

tristes und immergrünens Friedhofsgrün,<br />

auf farbenfrohe Wiesen statt<br />

auf steril wirkenden Rasen. Hier kann<br />

man viel machen, und wer Freude<br />

an frischem Gemüse hat, kann sich,<br />

sofern Platz vorhanden ist, auch<br />

einen kleinen Nutzgarten anlegen.<br />

Selbstverständlich verzichtet man<br />

dabei auf chemisch-synthetische<br />

Pflanzenschutz- und Düngemittel.<br />

W er in diese Themen einsteigen<br />

will, steht einem Berg von Informationen<br />

gegenüber. Denn einfache<br />

Antworten und Lösungen gibt es<br />

hier selten. Wer einen ersten, fachkundigen<br />

Einstieg in diese Themen<br />

sucht, kann auch auf zahlreiche Infomaterialien<br />

des <strong>BUND</strong> zurückgreifen<br />

(siehe auch Infokasten). Infos gibt es<br />

im Internet unter anderem auch unter<br />

www.baubiologie.de oder www.<br />

oekologisch-<strong>bauen</strong>.info.<br />

<strong>BUND</strong>-Jahrbuch 2012<br />

<strong>Ökologisch</strong><br />

Bauen und<br />

Renovieren<br />

Der Ausstieg aus der Atomkraft erfordert eine forcierte Nutzung<br />

erneuerbarer Energien. Den Umbau der Energiewirtschaft gibt’s<br />

allerdings nicht umsonst. Deshalb sollten Bauherren und Renovierer<br />

alles tun, um ihre Projekte zukunftssicher zu gestalten. Das heißt vor<br />

allem, angesichts weiter steigender Preise den Energieverbrauch so<br />

weit wie möglich zu reduzieren, wenn nicht sogar den Lauf des Zählers<br />

umzukehren. Dazu gilt es, die fürs eigene Haus am besten geeigneten<br />

Maßnahmen herauszufinden und das Optimum aus den verschiedenen<br />

Förderprogrammen herauszuholen. Dafür bietet die neue Ausgabe des<br />

vom <strong>BUND</strong>-Landesverband Baden-Württemberg herausgegebenen<br />

Jahrbuchs zum ökologischen Bauen und Renovieren umfassende Orientierung<br />

im Rahmen des Schwerpunkts zur Energiewende.<br />

Das 244 Seiten starke und durchgehend farbig gestaltete Heft verknüpft<br />

darüber hinaus bau-ökologische Grundlagen und praktische<br />

Tipps für alle Phasen des Bauens oder Renovierens – von der Planung<br />

und Finanzierung über die Umsetzung mit entsprechenden Baustoffen<br />

und Technologien bis hin zur Einrichtung.<br />

Leicht verständlich geschrieben und anschaulich aufbereitet, mit vielen<br />

Beispielen und Anregungen für die Praxis, bietet das „<strong>BUND</strong>-Jahrbuch<br />

2012 – <strong>Ökologisch</strong> Bauen und Renovieren” einen Rund-um-Service<br />

für Bauherren und Sanierer. Zumal die durchgehenden Literatur- und<br />

Internet-Verweise einen komfortablen Einstieg zur Vertiefung von<br />

Einzelaspekten ermöglichen. Es ist gegliedert in fünf Themenbereiche:<br />

Grundlagen/Planung, Musterhäuser, Gebäudehülle, Haustechnik und<br />

Innenraumgestaltung. Einen einzigartigen Service bieten die Hinweise<br />

zur Förderpolitik sowie die Vergleichstabellen zu Dämmstoffen<br />

und insbesondere zum Vergleich der Heizkosten für unterschiedliche<br />

Haustypen und Anlagenkonstellationen.<br />

Das 244 A4-Seiten umfassende Handbuch kann man zum Preis von<br />

8,90 Euro an größeren Kiosken und beim Bahnhofsbuchhandel kaufen<br />

oder (zzgl. 2,00 Euro Versandkostenanteil) bei Ziel-Marketing, Gerberstr.<br />

5f, 70178 Stuttgart, Tel. 0711/96695-0, Fax 0711/96695-20,<br />

bestellungen@ziel-marketing.de, www.ziel-marketing.de bestellen.<br />

Schwerpunkt<br />

Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012 11


Foto über Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., FNR<br />

Schwerpunkt<br />

?<br />

Warum ist es so wichtig, sich mit<br />

der <strong>energetisch</strong>en Sanierung von<br />

Gebäuden zu beschäftigen?<br />

!<br />

Gebäude sind weltweit für 40<br />

Prozent des Energieverbrauchs<br />

und über 20 Prozent der Emissionen<br />

des Treibhausgases CO verantwort-<br />

2<br />

lich. Dabei wird der größte Teil der<br />

Energie buchstäblich „verheizt“. Drei<br />

Viertel des Altbaubestandes sind nur<br />

wenig energieeffizient. Während<br />

sich der Energiebedarf von neueren<br />

Gebäuden - dank der Wärmeschutzund<br />

Energieeinspar-Verordnungen<br />

- deutlich reduziert hat, wird im<br />

Gebäudebestand zu wenig getan,<br />

um den Energieverbrauch zu senken.<br />

Dabei bestehen Einsparmöglichkeiten<br />

durch Dämmung, sparsamere<br />

Heiztechnik und Umstieg auf erneuerbare<br />

Energiequellen auch für alle<br />

älteren Gebäude. Eine Halbierung<br />

des Verbrauchs ist in der Regel ohne<br />

technische Probleme möglich.<br />

Neben dem Klimaschutz geht es<br />

aber auch darum, dass wir es uns<br />

12 Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012<br />

Im Gespräch mit Matthias Lutter<br />

Viel Potenzial bei der <strong>energetisch</strong>en<br />

Gebäudesanierung im <strong>Saar</strong>land<br />

Angesichts steigender Energiepreise denken immer mehr Menschen darüber nach, an ihrem<br />

Wohn- oder Geschäftshaus entsprechende Dämm- und Energieeinsparmaßnahmen durchzuführen.<br />

Das ist nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern auch oft für den Geldbeutel.<br />

Dabei gibt es gerade im <strong>Saar</strong>land mit seiner hohen Eigenheimdichte und einem relativ hohen<br />

Anteil alter und unsanierter Häuser ein großes Potenzial. Im Gespräch dazu Matthias Lutter,<br />

Architekt und Gebäudeenergieberater.<br />

in Zukunft überhaupt noch leisten<br />

können, unsere Häuser im Winter<br />

zu beheizen. Nicht nur die Preise für<br />

fossile Energieträger laufen davon,<br />

auch erneuerbare Energien werden<br />

in einer Welt schwindender Ressourcen<br />

knapp und teuer sein.<br />

?<br />

Wohin kann man sich wenden,<br />

wenn man bei der Sanierung<br />

fachkundige Hilfe braucht und sich<br />

informieren will?<br />

!<br />

In jedem Fall sollten es Personen<br />

oder Institutionen sein, die unabhängig<br />

von Verkaufsinteressen<br />

beraten. Als erste Anlaufstelle sind<br />

hier die Verbraucherzentralen zu<br />

nennen, die im <strong>Saar</strong>land ein flächendeckendes<br />

Beratungsangebot haben.<br />

Oft sind aber eine detaillierte Berechnung,<br />

ein Ortstermin oder ein ganzes<br />

Energiegutachten erforderlich,<br />

damit eine Sanierungsmaßnahme<br />

den gewünschten Erfolg bringt. In<br />

diesem Fall ist es sinnvoll, einen<br />

Energieberater zu konsultieren, der<br />

passgenaue Lösungsvorschläge erar-<br />

beitet. Dies ist zwar mit Kosten im<br />

dreistelligen Euro-Bereich verbunden,<br />

das Geld ist aber gut angelegt,<br />

denn eine kompetente Beratung hilft,<br />

die richtigen Prioritäten zu setzen<br />

und Fehlinvestitionen zu vermeiden.<br />

Außerdem vermeidet man hierdurch<br />

auch, dass einem aus bloßer Unwissenheit<br />

die Fördermittel, die es für<br />

viele Energiespar-Maßnahmen gibt,<br />

entgehen.<br />

Qualifizierte Ansprechpartner findet<br />

man in der „Experten-Datenbank“<br />

der DENA (Deutsche Energie-Agentur<br />

GmbH) und den Listen der Berufsverbände,<br />

etwa des Vereins Gebäudeenergieberater<br />

<strong>Saar</strong>land e.V.<br />

Am besten sucht man im Internet<br />

(www.zukunft-haus.info/experten<br />

und www.geb-saar.de).<br />

Grundsätzlich bietet das Internet<br />

eine große Menge von Informationen<br />

rund um das Thema Energieeinsparung,<br />

es werden aber auch viele<br />

Halbwahrweiten und Fehlinformationen<br />

verbreitet, die für Laien schwer<br />

zu erkennen sind. Deshalb sollten<br />

hier bevorzugt die Webseiten der<br />

DENA und der Verbraucherzentrale<br />

aufgesucht werden. Auch die<br />

Energieagenturen einiger größerer<br />

Bundesländer betreiben Informationsportale,<br />

die umfassend, neutral<br />

und verständlich informieren (beipielsweise<br />

www.energieagentur.<br />

nrw.de).<br />

?<br />

Wie schätzen Sie als jemand,<br />

der tagtäglich mit Fragen der<br />

<strong>energetisch</strong>en Sanierung zu tun hat,<br />

die Bereitschaft der Bürger ein, an<br />

ihren Gebäuden etwas zu tun? Ist<br />

vielen Bürgern die Sanierung nicht<br />

zu teuer?<br />

!<br />

Das Bild ist gemischt: Wer sein<br />

Wohnhaus selbst bewohnt, ist<br />

tendenziell eher bereit, ins Energiesparen<br />

zu investieren. In den letzten<br />

fünf Jahren ist zu beobachten,


dass das Thema Energiesparen bei<br />

den meisten Bürgern angekommen<br />

ist. Häufiger als früher werden auch<br />

beim Kauf eines Hauses <strong>energetisch</strong>e<br />

Sanierungsmaßnahmen gleich mit<br />

einkalkuliert. Andererseits ist eine<br />

Verunsicherung zu beobachten, die<br />

durch reißerische, verallgemeinernde<br />

Medienberichte über einzelne Negativbeispiele<br />

ausgelöst wird, aber<br />

auch durch die ständig wechselnden<br />

Signale aus der Politik.<br />

Ein Problem stellen weiterhin die<br />

vermieteten Gebäude dar: Zwar profitieren<br />

Immobilienbesitzer bei <strong>energetisch</strong>en<br />

Sanierungsmaßnahmen<br />

von der Wertsteigerung der Objekte,<br />

aber bei der jetzigen Rechtslage besteht<br />

ein Interessenkonflikt zwischen<br />

Mieter und Vermieter. Für letztere ist<br />

es nicht ohne weiteres möglich, die<br />

Kosten für die Energiespar-Maßnahmen<br />

auf die Kaltmiete umzulegen,<br />

während die Mieter keine Garantie<br />

dafür bekommen, dass die Heizkosten<br />

in gleichem Maß sinken, wie die<br />

Miete steigt.<br />

Natürlich gibt es einen gewissen<br />

Anteil von Eigentümern, die wirklich<br />

finanziell oder sonstwie überfordert<br />

sind. Wer etwa nur eine kleine<br />

Rente bezieht und mit Mühe die<br />

notwendigsten Reparaturen finanzieren<br />

kann, kann keine größeren<br />

Investitionen tätigen, auch wenn<br />

sie die Heizkosten senken. Und es<br />

wird immer Mitmenschen geben, an<br />

denen alle Informations- und Aufklärungskampagnen<br />

vorbeigehen.<br />

Aber für die Realisierung der <strong>energetisch</strong>en<br />

Sanierung gibt es weitere<br />

Hemmschwellen: Es ist verständlich,<br />

dass technische Laien angesichts der<br />

Vielzahl von technischen Möglichkeiten<br />

und sich widersprechender<br />

Informationen verunsichert sind,<br />

eine Sanierung zu planen und zu<br />

organisieren. Und niemand gibt gern<br />

fünfstellige Eurobeträge aus, wenn<br />

er nicht weiß, ob die erhofften Heizkosteneinsparungen<br />

auch eintreten.<br />

Nichts gegen einen Besuch bei einer<br />

Messeveranstaltung oder in einem<br />

Baumarkt, aber auch hier kann ich<br />

nur nochmals dafür plädieren, die<br />

bereits genannten Beratungsangebote<br />

anzunehmen. Ein guter Energieberater<br />

ist auch in der Lage, eine<br />

qualifizierte Kosten-Nutzen-Berechnung<br />

für die geplanten Maßnahmen<br />

aufzustellen.<br />

Aber es gibt bei fast jedem Gebäu-<br />

de Möglichkeiten, zumindest einen<br />

Teil des Einsparpotenzials mit geringem<br />

Kostenaufwand zu nutzen,<br />

etwa durch das Anbringen einer<br />

Dämmung, wo dies in Eigenleistung<br />

möglich ist, oder durch eine Verbesserung<br />

der Heizungsregelung.<br />

?<br />

Worauf sollte ich bei der <strong>energetisch</strong>en<br />

Sanierung besonders<br />

achten? Welche Fehler sollte ich<br />

vermeiden?<br />

!<br />

Grundsätzlich ist jede Instandsetzungsmaßnahme<br />

dazu zu nutzen,<br />

dass mit ihr gleichzeitig der Energiebedarf<br />

des Gebäudes gesenkt wird,<br />

und sofern keine technischen Gründe<br />

dagegen sprechen, gilt hier auch:<br />

„nicht kleckern, sondern klotzen“.<br />

Schließlich sollten heute sanierte<br />

Bauteile oder Heizanlagen nicht<br />

schon in wenigen Jahren technisch<br />

überholt sein. Dabei ist aber eine<br />

zeitliche und technische Abstimmung<br />

sinnvoll, um Doppelausgaben, und<br />

vor allem um Fehler wie den folgenden<br />

zu vermeiden:<br />

Wenn in ansonsten unsanierte Gebäude<br />

neue, gut Wärme dämmende<br />

und luftdicht schließende Fenster<br />

eingebaut werden, kommt es immer<br />

wieder dazu, dass sich anschließend<br />

stellenweise Schimmel<br />

an Außenbauteilen bildet. Sicher<br />

vermieden werden kann dies nur,<br />

wenn gleichzeitig die Außenwände,<br />

oder zumindest Schwachstellen,<br />

wie Betonstürze, Rollladenkästen,<br />

usw., gedämmt werden. Außerdem<br />

muss für eine ausreichende Lüftung<br />

gesorgt werden. Zuverlässiger als die<br />

oft propagierte, aber in der Praxis<br />

kaum realisierbare „Stoßlüftung“ ist<br />

eine Lüftungsanlage, wie sie in vielen<br />

europäischen Ländern Standard ist.<br />

?<br />

Tut die Politik genug, um die<br />

Potenziale bei der Gebäudesanierung<br />

zu aktivieren? Was müsste<br />

sich ändern oder verbessert werden?<br />

!<br />

Die Bundesregierung hatte das Ziel<br />

verkündet, den Primärenergieverbrauch<br />

für den Gebäudebestand bis<br />

2050 um 80% zu reduzieren. Dazu<br />

sollte die Energieeinspar-Verordnung<br />

regelmäßig verschärft werden, und<br />

ergänzende Fördermittel bereitgestellt<br />

werden.<br />

Die Lobbygruppen der Hausbesitzer-<br />

und Immobilienbranche sind jedoch<br />

leider relativ erfolgreich darin, das<br />

Energiekonzept der Bundesregie-<br />

rung auch im Gebäudesektor zu<br />

verwässern. So werden die für die<br />

nächste EnEV-Novelle vorgesehenen,<br />

verpflichtenden Anforderungen an<br />

die Altbausanierung voraussichtlich<br />

fallengelassen. Zudem ist nicht<br />

einmal mehr sicher, ob die Novelle<br />

überhaupt noch, wie geplant, 2012<br />

in Kraft tritt.<br />

Auch die Förderung wird nur halbherzig<br />

betrieben: Die Mittel wurden<br />

in den letzten Jahren immer wieder<br />

gekürzt, so dass die Programme zurückgefahren<br />

und monatelang ganz<br />

eingestellt werden mussten. Auch die<br />

vorgesehenen steuerlichen Anreize,<br />

die eine verstärkte Sanierungstätigkeit<br />

bei vermieteten Immobilien<br />

bewirken sollten, wurden zwischen<br />

Bund und Ländern zerredet.<br />

Einzelne Bundesländer versuchen<br />

zwar, mit ergänzenden Programmen<br />

gegenzuhalten, so auch das <strong>Saar</strong>land<br />

mit dem Programm „Klima Plus<br />

<strong>Saar</strong>“. Aber auch hier sind sowohl<br />

verfügbare Mittel als auch der Zeithorizont<br />

begrenzt.<br />

Um Bauherren mehr Planungssicherheit<br />

zu geben, sind eine verlässliche<br />

Ausgestaltung und eine langfristig<br />

gültige Erhöhung der Fördermittel<br />

erforderlich. Ergänzend ist eine steuerliche<br />

Förderung zu schaffen - die<br />

hierbei eintretenden Steuerausfälle<br />

würden durch die Mehreinnahmen im<br />

Zusammenhang mit den Sanierungsmaßnahmen<br />

mehr als ausgeglichen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

Matthias Lutter ....<br />

... ist Dipl.-Ing. Architekt und<br />

im Vorstand des Vereins der<br />

Gebäudeenergieberater (GEB)<br />

<strong>Saar</strong>land als Referent für Öffentlichkeitsarbeit<br />

engagiert. Zudem<br />

betreibt er in <strong>Saar</strong>brücken das<br />

Büro energie.punkt.<br />

Schwerpunkt<br />

Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012 13


Schwerpunkt<br />

Was fehlt, ist die Zielgruppe.<br />

„Die ist uns tatsächlich<br />

teilweise abhanden gekommen“,<br />

resümiert Frank Aulenbacher.<br />

Seit 1995 beobachten der Geschäftsführer<br />

und der Fachverkäufer Thomas<br />

Raber einen stetigen Rückgang<br />

des Interesses an ökologischen<br />

Baustoffen, was sich nie mehr richtig<br />

erholt hat. Dazu gesellt sich die<br />

allgemeine Binnenmarktschwäche,<br />

was summa summarum für die Szene<br />

existentielle Ausmaße annahm.<br />

Kleine Biobaustoff-Handlungen verschwanden<br />

von der Bildfläche. „Die<br />

Verbraucher sind deutlich unkritischer<br />

geworden“, stellt Raber überraschend<br />

fest. Erst wenn Allergien<br />

und Unverträglichkeiten auftreten,<br />

beginnen die Menschen zu hinterfragen,<br />

ob und was da ausdünstet,<br />

strahlt oder staubt. Dieser Klientel zu<br />

helfen, ist selbst für Baubiologen oft<br />

schwierig. „Wegen multipler Allergien<br />

kann man heute nicht mehr mit Sicherheit<br />

ausschließen, dass jemand<br />

auf ein Produkt negativ reagiert. In<br />

der Praxis hat sich bewährt, eine<br />

Probe mit nach Hause zu geben und<br />

auf den Nachttisch zu legen.“<br />

Dass Alchimea als dienstältester<br />

Anbieter im <strong>Saar</strong>land noch am<br />

Markt und Arbeitgeber für acht Frauen<br />

und Männer ist, verdankt es seinen<br />

Eigenprodukten, die seit circa 18<br />

14 Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012<br />

Alchimea, ältestes Unternehmen der Baubiologie im <strong>Saar</strong>land,<br />

erfindet Dämmstoff der Zukunft<br />

„Unser neues Baby heißt Isoblue“<br />

Es riecht immer noch unverschämt gut nach Zitrusölen, wenn man die Ladentür öffnet.<br />

Wie beim Besuch vor sieben Jahren findet man rechts das Pyramidenregal mit Lackdosen,<br />

Naturölkannen und Lasurbechern aus dem Alchimea Naturfarbenprogramm. Mittig grüßen<br />

Stellwände mit Putz- und Lasurmustern, hinten eine Vielzahl Bodenbeläge, Dielen und<br />

Parkette und ein Wandregel mit allerlei Werkzeug zum sofort Loslegen.<br />

Thomas Raber (links) mit lana-Dämmvlies neben Frank<br />

Aulenbacher mit Isoblue-Dämmvlies.<br />

Jahren in mehreren Hallen auf dem<br />

weitläufigen Firmengelände gefertigt<br />

werden. „Baubiologisch und ökologisch<br />

hochwertige Baustoffe sind<br />

nach wie vor unser Thema“, betont<br />

Aulenbacher. Nur dass der Schwerpunkt<br />

jetzt, 30 Jahre nach Gründung<br />

als reines Handelsunternehmen, in<br />

der Herstellung liegt. Was in den<br />

90-ern mit Streich- und Rollputz<br />

begann, hat sich bis heute zu einem<br />

Naturfarbenprogramm gemausert,<br />

das von klassischen Öl-Produkten<br />

zur Holzbehandlung über Lacke,<br />

Reinigungs- und Pflegemittel bis hin<br />

zu Wandfarben und mineralischen<br />

Wandlasuren reicht. „Als Hersteller<br />

mit direktem Endkundenkontakt<br />

haben wir die Möglichkeit, direkt auf<br />

das Feedback der Anwender zu reagieren.<br />

So sind unsere Naturfarben<br />

wohl austariert, und viele sind heute<br />

Selbstläufer. So können wir es uns<br />

leisten, den Schwerpunkt unserer<br />

Forschungen und Entwicklungen auf<br />

unser zweites Standbein zu setzen.<br />

Womit er auf das jüngste Kapitel<br />

der Firmengeschichte zu sprechen<br />

kommt: die Natur-Dämmstoffe.<br />

Die lana-Schafwoll-Serie stellt dabei<br />

ein sehr hochwertiges Dämmvlies<br />

dar, das auch im Ausland sehr gut<br />

ankommt. Die Wirtschaftskrise<br />

und das zeitgleiche Platzen vieler<br />

Immobilienblasen ließ allerdings<br />

den Export von heute auf morgen<br />

einbrechen. Ein neues, wettbewerbsfähigeres<br />

Produkt musste her,<br />

möglichst regional, nachhaltig und<br />

mit kleiner CO -Fahne. „Wir haben<br />

2<br />

uns dann gefragt, wo weitere Fasern<br />

sind, die man zur Vliesproduktion<br />

nutzen kann und sind tatsächlich<br />

bei der Altkleidersammlung hängen<br />

geblieben.“<br />

„Das ist die Zukunft“, sagt Raber und<br />

legt ein Stück federleichte, flauschige<br />

Matte auf den Tisch. Gestatten: Isoblue,<br />

ein sauberes Recyclingprodukt<br />

aus zerfaserter Baumwolle. Diese<br />

stammt aus der Kleidersammlung<br />

und der deutschen Textilproduk-<br />

tion, wo sie als Verschnitt anfällt.<br />

Das vom hohen Jeansanteil blaue<br />

Vlies besteht zu 97 Prozent aus<br />

Baumwollfasern, die unbedenklich<br />

thermobondiert sind. Es ist kuschelig<br />

weich, schimmelunempfindlich (was<br />

übrigens nicht jede Mineralfaser von<br />

sich behaupten kann) und kann ohne<br />

Atemschutz verarbeitet werden. „Die<br />

Entwicklung des Produktes dauerte<br />

drei volle Jahre. Die Markteinführung<br />

ist für diesen Herbst geplant.“ Nach<br />

der Zuteilung der bauaufsichtlichen<br />

Zulassung dürfte das Alchimea Team<br />

mit Messen, Vorträgen und weiteren<br />

Vertriebsbemühungen um den neuen<br />

Naturdämmstoff voll beschäftigt<br />

sein.<br />

„Wir sind uns sicher, dass Isoblue,<br />

als kostengünstiger Naturdämmstoff,<br />

gerade noch auf dem Markt gefehlt<br />

hat“, meint Frank Aulenbacher. „Der<br />

Bedarf an Wärmedämmstoffen ist<br />

riesig und wird durch die Verschärfung<br />

der Energieeinsparverordnung<br />

noch weiter steigen.“ Fakt ist, dass<br />

Hausbesitzer künftig an einer vernünftigen<br />

Dämmung nicht vorbei<br />

kommen, denn, so Thomas Raber:<br />

„Energie kaufen ist schmerzhaft geworden.<br />

Außerdem kann jemand, der<br />

heute noch ein ungedämmtes Dach<br />

bzw. Obergeschoss hat, theoretisch<br />

mit einem Bußgeld belangt werden.“<br />

Dabei amortisiert sich doch eine<br />

einfache Dämmmaßnahme oft schon<br />

nach kurzer Zeit.<br />

Anja Kernig<br />

Alchimea Naturwaren GmbH<br />

Wellesweilerstr. 51 e<br />

66450 Bexbach<br />

Tel. (06826) 520410<br />

e-mail: info@alchimea.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag 9 -12 und 13 -16.30 Uhr<br />

Dienstag 9 -12 und 13 -16.30 Uhr<br />

Mittwoch 9 -12 Uhr<br />

Donnerstag 9 -12 und 13 -18 Uhr<br />

Freitag 9 -14 Uhr


naturHaus im 22. Jahr<br />

Gesund geschrumpft und<br />

„deutlich entspannter“<br />

Fünf Jahre liegt unserer letzter<br />

Besuch hier in der Dudweiler<br />

Landstraße 105 zurück. „Es hat<br />

sich etwas verändert“, meint Hans<br />

Welscheid. Das ist ziemlich untertrieben.<br />

Nicht nur, dass sich auf der anderen<br />

Straßenseite am Güterbahnhof<br />

das Bauhaus breit gemacht hat. Weit<br />

wichtiger: Welscheids naturHaus ist<br />

vom zweistöckig-geräumig luftigen<br />

Ausstellungshaus in den kleinen<br />

Flachbau im Hinterhof umgezogen,<br />

„unser ehemaliges Lager“. Damit<br />

spart er Miet- und Nebenkosten. „Wir<br />

haben keinen Kostendruck mehr, es<br />

rechnet sich wieder. Alles ist deutlich<br />

entspannter.“ Auch beim Personal<br />

zog der Baubiologe die Notbremse.<br />

Jetzt ist man nur noch zu zweit.<br />

Michael Tourneur hütet den von<br />

Donnerstag bis Samstag geöffneten<br />

Laden, Hans Welscheid ist „draußen“<br />

auf Baustellen.<br />

Das war er zwar früher auch<br />

schon, damals aber mehr als<br />

Baustellenleiter. Jetzt dämmt er<br />

wieder selbst, verlegt Fußböden<br />

und bringt Lehmputz auf. „Ich bin<br />

ganz dicht dran.“ Was eigentlich<br />

noch mehr Spaß macht, sagt Hans<br />

Welscheid, und es klingt nicht nach<br />

Schönreden. Geblieben ist die baubiologische<br />

Beratung, und auf Wunsch<br />

hilft er natürlich auch gern bei der<br />

Bauleitung. Zuletzt auf Hiddensee,<br />

wo er zusammen mit den Handwerkern<br />

vor Ort ein altes, mit Reet<br />

gedecktes Haus von 1870 komplett<br />

restaurierte – auch logistisch eine<br />

Meisterleistung: „Die Insel ist autofrei.“<br />

Also mussten sämtliche Baumaterialen<br />

zunächst verschifft und<br />

dann per Kutsche angeliefert wer-<br />

den. „Wir haben allein drei Tonnen<br />

Lehm für Wände und Decken verarbeitet.“<br />

Gedämmt wurde mit Hanf.<br />

Wie man an der Ostsee auf einen<br />

<strong>Saar</strong>länder kommt? „Der Besitzer<br />

hat einen Umbau von uns in der<br />

Schweiz gesehen und war begeistert.“<br />

Das naturHaus fungiert also<br />

nebenbei auch als saarländischer<br />

Botschafter für ökologisches Bauen.<br />

Doch zurück zum Geschäft: Zwar<br />

sind die Quadratmeter reduziert.<br />

Trotzdem finden hier Bauherren und<br />

solche, die es werden wollen, alles,<br />

was man braucht. Angefangen von<br />

Farbpigmenten, Naturfarben und<br />

-lacken über Streich- und Rollputz<br />

bis hin zu Bodenbelägen, Parkett,<br />

Innen- und Außendämmung. Alles<br />

Bio, versteht sich. „An den Produkten<br />

hat sich nicht viel geändert“, erklärt<br />

Hans Welscheid. Wobei es immer<br />

wieder Verbesserungen bei Effizienz<br />

und Funktionalität gibt. Auch der<br />

Einbau gestaltet sich immer leichter,<br />

„professioneller“.<br />

Geblieben ist der große Beratungsbedarf.<br />

Dem das Duo gern<br />

entspricht – auch in den Wohnungen<br />

der Kunden. Großes Thema ist<br />

dort zunehmend Feuchtigkeit und<br />

Schimmelbildung durch intensive<br />

Wärmedämmung. „Da bieten sich<br />

zum Beispiel Kalkfarben und -putze<br />

an. Auf dem alkalischen Milieu<br />

fühlen sich Schimmelpilze nicht so<br />

wohl.“ Unabhängig davon muss<br />

natürlich die Ursache des Problems<br />

gefunden und behoben werden. „Das<br />

können Kältebrücken sein, falsches<br />

Lüften oder auch das Trocknen von<br />

Wäsche.“<br />

Der zweite im Team,<br />

Michael Tourneur,<br />

gelernter Schreiner und<br />

Einzelhandelskaufmann,<br />

hat schon mal vor zehn<br />

Jahren im naturHaus mitgearbeitet.<br />

„Hans und<br />

ich, wir sind beide Bios<br />

der ersten Stunde“, erinnert<br />

er sich. Angefangen<br />

hat alles vor 34 Jahren.<br />

„Wir haben alles selbst<br />

ausprobiert: ohne Strom<br />

leben, ohne Auto, mak-<br />

Michael Tourneur und Hans<br />

Welscheid.<br />

robiotisch, vegan.“ Was mit erklärt,<br />

wieso hier kompetent und engagiert<br />

über biologische Baustoffe beraten<br />

wird, aber gänzlich ohne Druck.<br />

Modewellen nehmen die zwei wahr,<br />

aber nicht mit. Auf Facebook sucht<br />

man das naturHaus vergeblich.<br />

Dafür gibt es schon ewig eine sehr<br />

umfangreiche, informative Internet-<br />

Homepage. „Wir überzeugen, aber<br />

biedern uns nicht an.“ Das nennt<br />

man wohl authentisch.<br />

Anja Kernig<br />

naturHaus <strong>Saar</strong>brücken<br />

Fachgeschäft für bauökologische<br />

Produkte<br />

Dudweiler Landstraße 105<br />

66123 <strong>Saar</strong>brücken<br />

Tel.: 0681 / 4 66 78<br />

Homepage:<br />

www.naturhaus-saarbruecken.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Donnerstag und Freitag:<br />

9 bis 12.30 Uhr und<br />

14.30 bis 18 Uhr<br />

Samstag: 9 bis 12.30 Uhr<br />

sowie nach Vereinbarung<br />

Schwerpunkt<br />

Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012 15


Schwerpunkt<br />

?<br />

Warum ist Bauen mit Naturmaterialien<br />

so wichtig?<br />

!<br />

In einer Zeit wie unserer, in der<br />

der Begriff Ressourcenknappheit<br />

(speziell die Verknappung von fossilen<br />

Rohstoffen) beinahe schon zum<br />

täglichen Sprachgebrauch gehört,<br />

ist es ganz besonders wichtig, dass<br />

man Alternativen aus Nachwachsenden<br />

Rohstoffen aufzeigt. Gerade<br />

bei den Baustoffen gibt es dazu<br />

eine Fülle an Naturmaterialien. So<br />

hat der Anwender z.B. im Bereich<br />

der Dämmstoffe unter anderem die<br />

Wahl zwischen Holzfaser-, Flachs-,<br />

Hanf- und Zelluloseprodukten, um<br />

die bekanntesten zu nennen. Daneben<br />

gib es auch weitere noch weniger<br />

bekannte Produkte aus Wiesengras,<br />

Seegras oder Rohrkolbenschilf. Somit<br />

ist sichergestellt, dass es für nahezu<br />

jeden Einsatzzweck und Geschmack<br />

eine geeignete Alternative zu den<br />

konventionellen Dämmstoffen gibt.<br />

All diesen Naturmaterialien gemein<br />

ist, dass sie aus Nachwachsenden<br />

Rohstoffen bestehen, bei ihrer Herstellung<br />

wesentlich weniger fossile<br />

Energien zum Einsatz kommen,<br />

dadurch der CO -Ausstoß minimiert<br />

2<br />

wird und somit diese Naturmaterialien<br />

aktiv zum Umweltschutz<br />

beitragen.<br />

?<br />

Wie schätzen Sie die Nachfrage<br />

ein? Ist in den letzten Jahren das<br />

Bewusstsein für Bauen und Wohnen<br />

mit Nachwachsenden Rohstoffen<br />

gestiegen?<br />

!<br />

Aus meiner persönlichen Erfahrung<br />

heraus nimmt die Nachfrage<br />

stetig zu.<br />

So waren die Besucher am Beginn<br />

unserer Deutschlandtour vor knapp<br />

drei Jahren häufiger überrascht, dass<br />

es überhaupt Baustoffe aus Nachwachsenden<br />

Rohstoffen gibt. Etliche<br />

16 Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012<br />

Im Gespräch mit Michael Lohr<br />

„Wer Naturbaustoffe einbaut,<br />

setzt sich aktiv für den Erhalt unserer<br />

Umwelt ein.“<br />

Neben der <strong>energetisch</strong>en Gebäudesanierung rückt das Bauen mit Naturmaterialien immer<br />

stärker in den Vordergrund. Denn mittlerweile gibt es viele erprobte Alternativen zu den<br />

„konventionellen“ Baustoffen auf dem Markt, die auch nicht viel teuerer sind, wenn überhaupt.<br />

Im Gespräch dazu Architekt Michael Lohr, hauptverantwortlicher Fachberater und<br />

Organisator der Wanderausstellung BAUnatour.<br />

Eröffnung der Wanderausstellung BAUnatour im Sommer 2011 in<br />

<strong>Saar</strong>brücken.<br />

dachten damals noch, es würde sich<br />

hier um eine Ausstellung zum experimentellen<br />

Bauen handeln. Umso verblüffter<br />

waren die Besucher dann, als<br />

sie erfuhren, dass es die Baustoffe<br />

teilweise bereits seit Jahren regulär<br />

zu kaufen gibt und diese selbstverständlich<br />

auch über die notwendige<br />

bauaufsichtliche Zulassung verfügen.<br />

In letzter Zeit kommen die Besucher<br />

dagegen wesentlich gezielter in die<br />

Ausstellung, um sich dort ganz konkret<br />

über die Einsatzmöglichkeiten<br />

von Naturbaustoffen in den eigenen<br />

vier Wänden beraten zu lassen.<br />

Meiner Meinung nach sind die anfänglichen<br />

Berührungsängste vor<br />

diesen „neuen“ bzw. wiederentdeckten<br />

alten Materialen weniger<br />

geworden.<br />

?<br />

Was müssen Bauherren beim<br />

Bauen mit natürlichen Stoffen<br />

besonders beachten?<br />

!<br />

Beim Bauen mit natürlichen Stoffen<br />

gibt es im Vergleich zu den<br />

konventionellen Materialien keine<br />

besonderen Einschränkungen. Auch<br />

hier gilt es, zunächst die Verarbeitungshinweise<br />

des Herstellers einzuhalten.<br />

Wer jetzt erwartet hat, dass<br />

eventuell besondere Vorsichtsmaßnahmen<br />

im Umgang mit Naturbaustoffen<br />

notwendig sind, den kann ich<br />

also beruhigen!<br />

Oftmals ist die Verarbeitung sogar<br />

leichter und der Einbau aus Gründen<br />

der Wohngesund heit zu empfehlen.<br />

Beispiel: Wenn Sie heute eine Wand<br />

mit Lehm verputzen und am Abend<br />

Ihr Werkzeug und bereits angesetztes<br />

Material stehen lassen, dann können<br />

Sie am nächsten Morgen durch<br />

die Zugabe von Wasser Ihr Tagwerk<br />

einfach fortsetzen. Ein konventioneller<br />

Putz ist dann in der Regel nicht<br />

mehr verarbeitungsfähig.<br />

Ein anderes Beispiel: Die Fasern der


Mineralwolle können bei Hautkontakt<br />

nicht nur Reizungen hervorrufen,<br />

sondern sie gelten auch als möglicherweise<br />

krebserregend. Zwar gibt<br />

es heute entsprechende Bestimmungen,<br />

die besagen, dass die feinen<br />

Fasern innerhalb einer gewissen<br />

Zeit durch körpereigene Substanzen<br />

wieder aufgelöst werden. Doch Hand<br />

auf’s Herz, möchten Sie sich unnötig<br />

dieser Gefahr aussetzen, wenn beim<br />

Einsatz von Naturfaserdämmstoffen<br />

dieses Risiko nicht besteht?<br />

?<br />

Wie viel teuerer ist ein Bauen mit<br />

Naturmaterialien im Vergleich<br />

zum konventionellen Bauen?<br />

!<br />

Bei dieser Frage muss ich differenzieren:<br />

Denn zum einen gibt es Naturmaterialien,<br />

die spürbar teurer sind als konventionelle<br />

Baustoffe. Dies trifft z.B.<br />

insbesondere auf die Dämmstoffe zu.<br />

Hier müssen Sie mit einem Mehrpreis<br />

von teilweise bis zu 30% rechnen.<br />

Dagegen lässt sich mit einem selbst<br />

aufgebrachten Lehmputz mit Strohhäcksel<br />

wiederum Geld sparen.<br />

Wie so oft liegt die Wahrheit also<br />

auch hier in der Mitte. So kann man<br />

sagen, dass Gebäude, bei denen<br />

bereits in der Planungsphase klar ist,<br />

dass ausdrücklich nur Naturmaterialien<br />

zum Einsatz kommen sollen, im<br />

Schnitt ca. 10 bis max. 15% teurer<br />

sind als herkömmliche Gebäude.<br />

Meiner persönlichen Einschätzung<br />

nach ist dies ein Mehrpreis, über<br />

den es sich lohnt, nachzudenken.<br />

Schließlich erhalten die Bewohner<br />

während der Nutzungsdauer einen<br />

Mehrwert in Form einer gesteigerten<br />

Behaglichkeit! Außerdem rechne ich<br />

damit, dass in wenigen Jahren das<br />

Bewusstsein für das Bauen und Wohnen<br />

mit Nachwachsenden Rohstoffen<br />

weiter gewachsen sein wird und sich<br />

somit beim etwaigen Wiederverkauf<br />

auch ein höherer Verkaufserlös<br />

erzielen lässt!<br />

?<br />

Was für Vorteile hat der<br />

Bauherr im Gegenzug?<br />

!<br />

Die Vorteile wurden ja<br />

bei der Beantwortung der<br />

bisherigen Fragen zum Teil<br />

schon kurz angeschnitten,<br />

trotzdem möchte ich an<br />

dieser Stelle nochmals einen<br />

Überblick geben bzw. näher<br />

auf diese eingehen:<br />

Großes Interesse beim Publikum an der Ausstellung.<br />

Wer Naturbaustoffe einbaut,<br />

setzt sich aktiv für die Erhaltung<br />

unserer Umwelt<br />

ein. Zum Beispiel beträgt<br />

der Primärenergieeinsatz<br />

beim Herstellungsprozess<br />

teilweise nur 10% des Bedarfes von<br />

konventionellen Baustoffen, d.h. das<br />

Einsparpotenzial an fossilen Rohstoffen<br />

ist erheblich.<br />

Der wesentliche Vorteil ist jedoch,<br />

dass die Naturbaustoffe für ein besonders<br />

behagliches und gesundes<br />

Wohnraumklima sorgen. Lehmputze<br />

z.B. wirken feuchtigkeitsregulierend.<br />

Stellen Sie sich vor, in Ihrem Bad<br />

wären Decke und Wände (im vor<br />

Spritzwasser geschützten Bereich)<br />

mit Lehm verputzt, dann würde Ihnen<br />

nach dem Duschen der Spiegel<br />

nicht mehr beschlagen. Darüber<br />

hinaus verfügen z.B. Farben von<br />

Naturfarbenherstellern immer über<br />

eine Volldeklaration (dabei gibt der<br />

Hersteller sämtliche Inhaltsstoffe<br />

freiwillig preis). Daher sollten Allergiker<br />

hier genauer hinschauen, um<br />

ein geeignetes Produkt für sich zu<br />

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, Ralph Schmidt (Geschäftsführer<br />

ARGE SOLAR) und Hans-Ulrich Thalhofer<br />

(Geschäftsführer <strong>Saar</strong>-Lor-Lux Umweltzentrum) beim<br />

Schalltest. Rechts: Michael Lohr.<br />

finden. Des Weiteren ist Schafwolle<br />

zudem in der Lage, Schadstoffe aus<br />

der Raumluft zu filtern und diese<br />

dauerhaft in sich zu binden.<br />

?<br />

Wo bekommt der Bauherr kompetente<br />

Beratung und Hilfe?<br />

!<br />

Wer eine kostenfreie und herstellerunabhängige<br />

Fachberatung<br />

rund um das Thema Bauen und Wohnen<br />

mit Nachwachsenden Rohstoffen<br />

sucht, für den ist die BAUnatour<br />

Infobox die erste Anlaufstelle!<br />

Für Spezialfragen stehen Ihnen<br />

zusätzlich die Mitarbeiter der Bauberatung<br />

der Fachagentur Nachwachsende<br />

Rohstoffe e.V. (FNR)<br />

unter 03843/6930180 gerne zur<br />

Verfügung!<br />

?<br />

Wann macht die Wanderausstellung<br />

BAUnatour wieder Station<br />

im <strong>Saar</strong>land?<br />

!<br />

Leider muss ich Ihnen mitteilen,<br />

dass in diesem Jahr kein Standort<br />

im <strong>Saar</strong>land vorgesehen ist.<br />

Den aktuellen Tourplan und viele<br />

weitere wertvolle Informationen<br />

zum Thema Bauen und Wohnen mit<br />

Nachwachsenden Rohstoffen finden<br />

Sie auf unserer Homepage www.<br />

bau-natour.de.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

Schwerpunkt<br />

Umweltmagazin <strong>Saar</strong> 2/2012 17

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